Die Zergliederungskunde ist die Grund-
lage der ganzen übrigen Arzneywissen-
schaft; und es bedarf hoffentlich keines Be-
weises, daß man auch blos bey einem unbe-
lebten, unendlich weniger kunstreichen Uhr-
werke als der menschliche Körper ist, erst den
Bau desselben kennen müsse, bevor man seine
Stockungen zu heben oder seine fehlerhaften
Bewegungen in ihren bestimmten Gang zu
bringen, unternehmen kan.
[Seite VI] Unter den Theilen der Zergliederungskunde
aber ist wiederum die Osteologie die Basis
aller übrigen, da es die Hauptbestimmung
der Knochen ist, den weichen Theilen zur An-
lage und Stütze zu dienen, und folglich die
feste Grundlage des ganzen Körperbaues zu
machen.
Ohne solide osteologische Kentnis kan
daher gar keine gesunde Einsicht in die übrige
Anatomie gedacht werden, so wie hingegen
ein tüchtiger Grund von jener das sonst so
schwierig scheinende Studium dieser übrigen
zum Wunder erleichtert.
Die unabbittliche Verpflichtung jedes an-
gehenden Arztes oder Wundarztes zur ernsten
Betreibung der Knochenlehre ergiebt sich also
wohl von selbst; und Boerhaave's Be-
hauptung ist wahrer als sie vielleicht man-
chem unkundigen Anfänger auf den ersten
Blick scheinen möchte: ‘„Ossium cognitio
[Seite VII] est basis totius praxeos medicae.“’ –
Was hat nicht, um nur ein Beyspiel zum
Erweis dafür statt vieler anzuführen, die
Pathologie und Therapie so vieler wichtigen
Knochenkrankheiten, der Necrose, des ge-
spaltnen Rückgraats etc. u.a.m. eine ganz
andere Gestalt gewonnen, seit man durch
physiologische Versuche so vieles neues Licht
über die Textur und Erzeugung und Ernäh-
rung und Reproduction der Knochen verbrei-
tet hat? – Und wie offenbar gründen sich
nicht ganze große Abschnitte der Chirurgie,
wie z.B. der von den Verrenkungen, fast ein-
zig und allein auf osteologische Kentnisse?
Nur ist schlechterdings aller dieser wichtige
Nutzen durchaus nicht von einer superficiellen
sondern lediglich von einer sehr gründli-
chen Einsicht in die feinere Osteologie zu
erwarten. Denn so wie überhaupt eine
jede seichte Kentnis ein armseliges Ding
[Seite VIII] bleibt, so ist besonders eine blos flachgeschöpfte
Osteologie ein so ermüdendes, trocknes und
so wenig fruchtbares Gedächtniswerk, daß
es sich kaum der Mühe lohnt, die man aufs
memoriren derselben verwendet.
Es versteht sich aber von selbst, daß man
hier eben so wenig als irgend sonst wo, Weit-
läuftigkeit und Gründlichkeit für gleichbedeu-
tend annehmen darf. Die eine schließt zwar
die andere nicht schlechterdings aus. Aber
die letztere wird doch durch die erstere gar sehr
geschwächt. Bertin's vier Bände Osteo-
logie sind gründlich – aber dabey an hun-
dert Stellen so zum verzweifeln weitschweifig,
daß sie auch eine Engelsgedult ermüden müssen.
In dem gegenwärtigen Handbuche habe
ich mich überhaupt bemüht, jenen Vorzug
zu erreichen, ohne dabey in diesen Fehler zu
verfallen; dann aber auch demselben außer-
[Seite IX] dem verschiedne andere brauchbare Vorzüge
zu verschaffen.
Besonders durch die Noten, die hoffent-
lich zur Belehrung und zur Unterhaltung die-
nen können, da sie theils physiologische und
practische Anwendungen, theils neue Bemer-
kungen, zumal aber Parallelen aus der ver-
gleichenden Anatomie enthalten, als welche
auch hier, so wie in der ganzen übrigen Zer-
gliederungskunde des menschlichen Körpers,
den Nutzen der Theile am sichersten bestimmt,
wie sich davon auffallende Beweise hin und
wieder im Buche, wie z.B. bey den Stirn-
hölen etc. finden.
Doch hoffe ich bey dieser Anwendung der
osteologia comparata immer die nöthige Be-
hutsamkeit gebraucht und dadurch die Fehler
vermieden zu haben, in welche viele berühmte
Zergliederer und Physiologen durch voreilige
[Seite X] Schlüsse die sie aus derselben gezogen, ver-
fallen sind.
Selbst Hr. von Haller hat sich durch
seine Beobachtungen über die Bildung der
Knochen im bebrüteten Hühnchen zu Fehl-
schlüssen auf eine vermeynte vollkommene Ana-
logie mit der Bildung der Knochen der mensch-
lichen Leibesfrucht*), so wie Dü Hamel
(übrigens einer der verdienstvollsten und geist-
reichsten Naturforscher die Frankreich im ge-
genwärtigen Jahrhundert gehabt) durch seine
Untersuchung des jährlichen Wachsthums
des Holzes zu änlichen Fehlschlüssen auf die
vermeynte schichtweise Bildung der Knochen
aus Beinhaut**) verleiten lassen.
[Seite XI] Der rohen Irthümer nicht zu gedenken,
die Galenus dadurch in die Osteologie
der folgenden 13 Jahrhunderte gebracht, daß
er sein Handbuch, wenigstens nicht ganz nach
menschlichen Gerippen, sondern großentheils
nach Affen verfaßt*).
Und doch habe ich sein kleines Werk
durchgehends citirt, weil es so lange Zeit der
osteologische Canon war, und weil es zum
Verständnis der classischen Schriften von
Vesalius, Fallopius, und Eusta-
chius nöthig ist, die durch dasselbe veran-
laßt worden.
Nächstdem habe ich auch die Vesali-
schen meisterhaften Abbildungen, und zur
Osteogenie jedes Knochen die Albinischen
[Seite XII] unübertrefflichen icones ossium foetus an-
geführt.
Die Beschreibung der Knochen selbst aber
habe ich einzig und allein ganz nach der
Natur entworfen, und dieselben so deutlich,
und wo es nöthig war, gleichsam so male-
risch zu schildern gesucht, als es mir immer
möglich gewesen.
Durchgehends habe ich mich bemüht,
mich bündig und doch zugleich faßlich aus-
zudrucken, und dazu war nach meiner ganzen
Ueberzeugung nöthig, mehrentheils die allge-
mein bekannten und allgemein verständlichen
griechischen und lateinischen Kunst-
wörter beyzubehalten, oder sie wenigstens in
Parenthese beyzusetzen.
Ich glaube nicht daß es über meine Kräfte
gewesen wäre, dieselben zu verdolmetschen,
aber ich weis gewiß, daß dadurch die Brauch-
[Seite XIII] barkeit des Buchs um ein großes erschwert,
und hingegen schlechterdings nichts weiter ge-
wonnen seyn würde, als etwa ein gleichför-
migeres Aussehen des Drucks, das aber doch
wohl bey einem blos wissenschaftlichen Buche
wie das gegenwärtige, der Nutzbarkeit des-
selben immer nachstehen mußte.
Fast überall habe ich die Albinischen
Benennungen beybehalten, doch daß ich die
Synonymen beygesetzt. Nur ein paarmal
habe ich jene mit andern bekanntern und passen-
dern vertauscht, und z.B. das letzte Beinchen
in der Handwurzel lieber wie gewönlich vnci-
forme als mit ihm cuneiforme genannt.
Hingegen habe ich mich sehr für der eitlen
Sucht gehütet, bekannte Dinge mit neuen
Namen zu belegen, nur die wenigen Fälle
ausgenommen, wo entweder von einem von
meinen Vorgängern übersehenen Theil, wie
[Seite XIV] beym cliuus in der Grundfläche der Hirnhöle
(S. 155.) oder von einem zwar nicht unbe-
kannten aber doch noch mit keinem expressi-
ven Namen bezeichneten, wie beym processus
vncinatus des Siebbeins (S. 171.) die
Rede war.
Seinen größten Schmuck hat das Buch
durch die beiden Kupfertafeln erhalten, an
denen jeder Kunstverständige auf den ersten
Blick die Meisterhand des Hrn. Profess.
Camper erkennen wird.
Dieser große Zergliederer hat die Freund-
schaft für mich gehabt, sie selbst zu zeichnen,
und unter seiner Aufsicht von dem trefflichen
Künstler Hrn. Reinier Winkeles in
Amsterdam stechen zu lassen.
Ich habe gerade die Unterseite des Sche-
dels, und Hand und Fus gewählt, weil diese
[Seite XV] wichtigen Theile, wie ich aus der Erfahrung
weis, Anfängern oft besonders schwer zu
fassen sind.
Auf der zweyten Tafel sind die einzelnen
Knochen in eine solche Lage gebracht, daß sie
alle deutlich erkannt und unterschieden, und
doch auch in Gedanken leicht aneinander
gepaßt und in ihre natürliche Verbindung ge-
bracht werden können.
Noch muß ich endlich zum Verständnis
einiger Stellen des Buchs erinnern, daß es
schon vor 6 Jahren zu drucken angefangen,
und ich nur durch andere Geschäfte in seiner
Fortsetzung mehrmalen unterbrochen, und
an seiner frühern Beendigung gehindert wor-
den hin.
Ich habe den Vortheil von diesem Ver-
zug gehabt, daß ich das ganze mehr ausfei-
[Seite XVI] len und auch noch einige Verbesserungen und
Zusätze anhängen können, auf die ich vor
dem Gebrauche des Buchs bey den verbesser-
ten Stellen zu verweisen bitte. Göttingen,
den 24sten April 1786.
Unter den ächten Hippocratischen Schrif-
ten gehört vorzüglich das Buch de articulis
hieher. Unter den unächten das de ossium na-
tura das auch den Titel mochlicus führt, und
nicht mit einem andern ächten Werke gleiches
Titels verwechselt werden darf.
Die vier ersten Capitel im letzten Buch
des Celsus enthalten eine kurze aber elegante
Osteologie.
Galenus hat außerdem was sich in sei-
nen andern voluminosen Werken zerstreut fin-
det, das berühmte osteologische Handbuch ge-
schrieben, dessen schon in der Vorrede gedacht
worden, und das im XVIten Jahrhundert zu
den heftigen, aber der Erweiterung der Zerglie-
derungskunde sehr vorteilhaften Streitigkei-
[Seite XVIII] ten zwischen Vesalius und seinen Gegnern
Sylvius, Eustach etc. Anlaß gegeben.
Zu den vorzüglichen Commentarien über dieses
kleine aber merkwürdige Buch, gehören:
Die Araber haben auch in der Osteologie,
so wie fast durchgehends, den Galenus meist
blos ausgeschrieben. – Zumal Rhazes, Avi-
cenna, und Avenzoar.
Mundinus, der im XIVten Jahrhun-
dert, wie es scheint das allererste Handbuch
der Anatomie nach menschlichen Leichen ver-
faßt, hat doch bey den Knochen gerade am we-
nigsten geleistet, weil Pabst Bonifacius VIII
2. 1300 in einem besondern Edicte verboten
hatte, Scelete auszukochen! und er sich daher,
wie er ausdrücklich sagt, der Sünde fürchtete,
die feinern Kopfknochen zu untersuchen.
[Seite XIX] Die erste Abbildung eines in Absicht auf
Osteologie gezeichneten Menschengerippes fin-
det sich meines Wissens in dem tractatus de ani-
malibus, der zu Ende des XVten Jahrhunderts
herausgekommen, und gewöhnlich den zweyten
Band zum ortus sanitatis ausmacht. Freylich
noch eine sehr rohe Abbildung. – Weit besser
ist schon die in Meister Hans von Gerßdorf,
genannt Schylhans, Feldtbuch der Wundarz-
ney. Strasb. 1528. 4.
Doch die allerwichtigste Periode für die
Osteologie so wie für die ganze übrige Zerglie-
derungskunde, fällt in die Mitte des XVIten
Jahrhunderts, in die Zeiten des großen ana-
tomischen Triumvirats von Vesalius, Fallo-
pius und Eustachius.
Sein Commentar über Galen's Osteologie ist
schon oben angeführt.
Ein Schüler von Fallopius, Volcher
Royter hat kurz nachher zwey classische Werke
herausgegeben, von welchen zumal das letztere
noch bis jetzt als eine der allerwichtigsten und
reichhaltigsten Quellen zur osteologia comparata
anzusehen ist:
Im XVIIten Jahrhundert hat der eigentlich
anatomische Theil der Osteologie, nemlich die
Beschreibung der Knochen, wenig Zuwachs und
[Seite XXI] Erweiterung erhalten. Nur etwa die beiden
vollständigen Werke von Casp. Bauhin und
dem jüngern Riolan, und dann Paaw's
Schriften und Bucretii Tafeln ausgenom-
men, welche er den Casserischen beygefügt,
und die sehr oft wieder aufgelegt und nachgesto-
chen worden.
Seinen Commentar über Celsi Osteologie s. oben.
jvl. casserii Placent. tabulae anatomicae (posthumae)Zur osteologia comparata sind in jenem
Jahrhundert ein paar eigne Werke herausge-
kommen:
[Seite XXII] Am mehresten hat hingegen um diese Zeit
die Geschichte der Knochen, ihre eigentliche
Physiologie, gewonnen.
Theils nemlich noch ferner die Osteogenie
durch Eyßon's und Rerkring's Schriften
(s. S. 11. N. *)
Vorzüglichst aber die nun durch Mal-
pighi, Gagliardi und Havers zuerst recht
näher untersuchte Textur der Knochen (– s.
S. 45. N. *) –).
Im gegenwärtigen Jahrhundert hat sich
Weitbrecht durch sein mühsames Werk über
die Gelenkbänder gar sehr um die Kentnis der
frischen Knochen verdient gemacht.
So auch Nesbitt und Herissant, dü
Hamel und Hr. von Haller um die tiefere
Erforschung der Entstehungs- und Ernährungs-
art der Knochen. (– s. S. 11. N. *) u. **)
– und S. 54. N. ***) –).
Besonders sind auch in den letzten 50 Jah-
ren folgende prachtvolle große Kupferwerke
erschienen, worin die Knochen in Lebensgröße
abgebildet worden:
Vor allen aber hat sich der große Albinus
so wie um die ganze Zergliederungskunde, so
vorzüglichst um die Osteologie durch meisterhafte
Beschreibungen und eben so meisterhafte Ab-
bildungen, (wozu er sich eines der größten Künst-
ler die je in diesem Felde gearbeitet, des ber.
Jo. Wandelaar bedient) unsterblich verdient
gemacht.
Zwey Werke, auf deren Ausgabe Albinus 24000
Gulden verwandt hat.
Zu den übrigen neuern Zergliederern die
durch eigne Werke die Osteologie bereichert,
gehören vorzüglich:
Der verstorbene Alex. Monro, der Va-
ter, von dessen osteologischen Handbuche die
prachtvolle französische Ausgabe oben angeführt
worden. (– Die neueste Auflage seiner
Urschrift findet sich unter seinen zu Edinburg
1781. 4. herausgegebnen sämtlichen Werken
pag. 27-227. –)
[Seite XXV] Bertin (s. S. 22. N. *) – und die
Vorrede –)
Hr. Hofrath Böhmer (– s. S. 33.
N. **) –)
Hr. Prof. Walter (– s. S. 23. N. *) –)
ej. descriptio ossium hominis. Leid. 1785. 4.Ich übergehe die Handbücher der ganzen
Anatomie von Winslow u.a. worin die
Osteologie zugleich mit abgehandelt wird.
Noch muß ich hingegen zweyer großen Werke
gedenken, durch welche das Studium der osteo-
logia comparata gar sehr erweitert und aufge-
klärt worden. – Nemlich die Osteologie der
warmblütigen vierfüßigen Thiere durch Dau-
benton's Antheil an des Gr. Büffon histoire
naturelle, vom IVten bis zum XVten Band der
Originalausgabe in 4.
[Seite XXVI] Und die Osteologie der sämtlichen vier
Classen von rothblütigen Thieren durch folgen-
des wenig bekannte aber überaus reichhaltige
und zuverlässige Werk:
Zu S. 3. N. *) – Daß die Knochen bey der Fringilla
amandaua gelb seyen, sagt Franz Nicholl's im compen-
dium anatomicum. Ich habe aber seit dem Abdruck jener
Note diesen niedlichen Vogel selbst erhalten, und diesel-
ben bey der Untersuchung völlig so weiß als an unsern hie-
ländischen kleinen Sangvögeln gefunden. – Und eben so
vermuthe ich auch auch, daß die angebliche Schwärze in
den Knochen der daselbst gedachten Vögel mehr in der Bein-
haut als im Knochen selbst liegen mag.
Daß aber die Knochen vom Genuß der Färberröthe ge-
färbt werden, erwähnt schon ant. mizaldvs (Misaud) in
seinen Centuriis memorabilium. Paris. 1567. 12. Cent. VII.
Nro. 91.
Zu S. 68. N. *) – Eben so fand auch Jac. Keil
diese cartilagines permanentes in der Leiche des 130jährigen
Joh. Bayles unverändert, bey welchem doch die große
Schlagader im Unterleibe nebst den iliacis großentheils ver-
knorpelt war, und sich auch Verknöcherungen im Si-
chelförmigen Fortsatz der harten Hirnhaut fanden. –
Philos. Transact. 1706. n. 306. pag. 2248.
Zu S. 70. §. 99. – Mit dem Namen von Näthen
belegt man auch, aber freylich sehr uneigentlich, die beiden
Spalten an der obern und innern Seite der Oberkiefer:
nemlich die infraorbitalis (S. 194. §. 103.) und die incisiua
(S. 195. §. 104.)
Im 101 §. müssen S. 71 in der untersten Zeile, und
und S. 72 in der obersten die Worte: zwischen dem er-
sten Paar Rippen und dem Brustbeine, ausgestrichen
werden. Ich hatte mich damals durch Albinus etc. und
durch das Ansehen an blos trocknen Gerippen verführen
lassen. Hingegen habe ich diesen ziemlich allgemein, auch
in die Physiologie, aufgenommenen Irthum in der Folge
S. 340. N. *) nach der Natur verbessert.
[[XXVIII]] Zu S. 127. Z. 5. Zuweilen findet sich der Griffelfort-
satz hohl, fast wie ein kleiner Röhrenknochen.
Zu S. 249. §. 181. Auch haben die Eckzähne das
eigne, daß sie ungleich seltner als die andern dem Bein-
fras ausgesetzt sind.
Die Knochen sind die härtesten Theile
des menschlichen Körpers, undurchsich-
tig, und von gelblichweisser Farbe.*) Sie
[Seite 4] dienen den Muskeln zur Befestigung*), so
wie überhaupt den weichen Theilen zur
Stütze**), und bestimmen im Ganzen die
Bildung und Gelenkigkeit***) des Körpers.
So mannichfaltig die Gestalt der verschie-
denen Knochen ihren besondern Bestimmungen
gemäs seyn muß, so lassen sie sich doch über-
haupt aus dieser Rücksicht auf vier Classen
zurückbringen: I. flache Knochen. II. Röh-
renknochen. III. rundliche und IV. viel-
eckichte Knochen.
I. Die flachen Knochen, (ossa plana,
lata, ampla) bilden gleichsam breite Schaa-
len, und bestehen aus einer innern Lage von
schwammichten Knochengewebe (Diploë), die
auf beiden Flächen mit einer dichten Knochen-
rinde bekleidet ist.
II. Die Röhrenknochen (ossa cylin-
drica, longa) sind walzenförmig, laufen an
beiden Enden in dickere Köpfe zu, und ent-
halten inwendig eine Markhöle.
III. Die rundlichen und würflichten
Knochen (ossa subglobosa et cuboidea) sind
mehr oder weniger kuglicht oder stumpfeckicht,
bestehen fast ganz aus einem mürben schwam-
michten Gewebe das von aussen nur mit einer
dünnen Knochenrinde überzogen ist.
IV. Endlich fassen wir unter dem Namen
der vieleckichten Knochen (ossa multan-
gula, polyedrica) alle die übrigen Gebeine des
Gerippes, zumal des Kopfes, zusammen, die
wegen ihrer mehr zusammengesetzten vielfachern
Gestalt sich nicht füglich unter die vorigen drey
Abteilungen bringen lassen.
Die menschliche Leibesfrucht, die überhaupt
erst in der dritten Woche nach der Em-
pfängnis unter einer ziemlich unförmlichen läng-
lichtrunden Gestalt sichtbar wird, besteht an-
fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten
Gallerre, daß sie bey starker Berührung leicht
zerfliest und über Kohlfeuer gehalten, beynah
gänzlich verdunstet. Sie erhält aber schon
in den nächstfolgenden Wochen, so wie sie im-
mer mehr und mehr ausgebildet wird, auch
eine grössere Festigkeit, so daß man schon bey
wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten
Hälfte des zweyten Monats der Schwan-
gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied,
sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so
wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei-
den, und die festere Grundlage der künftigen
Knochen, zumal an der Brust und am Rück-
grate ganz deutlich erkennen kan.
Diese zarte Grundlage des künftigen Ge-
rippes besteht aber dann noch blos aus weich-
lichen gallertigen Knorpeln*), die erst nach
und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh-
men, und zugleich immer schärfer ausgebildet
werden und selbst schon grossentheils die Form
der nachher in ihnen entstehenden Knochen
erhalten.
Ohngefähr in der siebenten**) oder achten
Woche nach der Empfängnis zeigen sich endlich
[Seite 9] meist in der Mitte einiger von diesen bis dahin
fast durchsichtig gewesenen Knorpeln, weisse un-
durchsichtige Fleckchen, nemlich die ersten Kno-
chenkerne (puncta ossificationis): und zwar
zu allererst in den Schlüsselbeinen, in den
Rippen, in den Wirbelbeinen, in den grösten
Röhrenknochen, in den Kinnladen und einigen
andern Gesichtsknochen, auch im Stirn- und
Hinterhauptsbeine: später erst in den Scheitel-
beinen u.s.w.
Die Form dieser ersten Knochenkerne diffe-
rirt nach der oben angezeigten vierfachen Ver-
schiedenheit der Knochen selbst. In den fla-
chen Knochen nemlich, zumal am Kopfe,
sind es dünne, netzförmige, oder theils wie ein
Siebchen durchlöcherte Schuppen, aus deren
Mitte die Knochenfasern wie Kammzinken, oder
vielmehr wie divergirende Stralen nach dem äus-
sern Rande zu gerichtet sind. Bey den Röhren-
knochen sind es kurze Walzen die an beiden
Endflächen eine kleine Vertiefung haben, und de-
ren Fasern mehr parallel laufen. In den rund-
lichen Knochen haben sie die Form kleiner
Körner: und in den vieleckichten endlich eine
mannichfaltigere, meist zackichte Gestalt.
Es ist jetzt allgemein angenommen, daß die
se Knochenkerne aus einem besondern, verhält-
nismässig groben Stoffe, nemlich aus dem so-
genannten Knochensafte bestehen; der in eige-
nen Schlagadern von einer ansehnlichen Weite
durch die den Knorpel umkleidende Beinhaut
geleitet, und in dessen Mitte nachher abgesetzt
wird. Hingegen sind die Meynungen der neuern
Zergliederer über das Verhältnis und die Ver-
bindung dieses Knochenkerns mit dem ihn um-
gebenden Knorpel getheilt gewesen.
Rob. Nesbitt nemlich, der zuerst durch
sorgfältige Erfahrungen die alte Meynung*)
[Seite 11] widerlegt, daß die Verknöcherung ein bloßes
Verhärten des vorher weichen Knorpels sey,
(ohngefähr so wie ein weicher Thon oder Teig
allgemach verhärtet etc.) behauptete*) der
Knochensaft mische oder verbinde sich gar nicht
mit dem Knorpel, sondern nehme nur dessen
Stelle ein, und verdränge ihn, so daß
endlich beym vollkommnen Knochen blos noch
an den Gelenkflächen einige Spur davon
übrig bleibe.
Dieser Lehre hat F. Dav. Herissant*)
seine Versuche mit dem Einbeizen der Knochen
in verdünnten rauchenden Salpetergeist entge-
gengesetzt, und behauptet, der Knorpelstoff
bleibe der Verknöcherung ungeachtet selbst im
festesten Knochen unverändert, und werde
blos von der kreitenartigen Knochenerde durch-
drungen u.s.w.
Beide Männer scheinen aber in ihren Be-
hauptungen zu weit gegangen zu seyn. Frey-
lich ist das vermeynte Schwinden des Knorpels,
und daß er blos vom Knochenkern verdrängt
werde, ungegründet, wie sich zumal aus eini-
gen Knochenkrankheiten, z.B. aus ihrer Er-
weichung (osteosarcosis) und aus dem mürben
schwammichten Gewebe der venerisch-rhachiti-
schen Kinderknochen, wovon z.B. Taf. I. Fig. 1.
ein Schenkelbein abgebildet ist, ersehen läßt.
Allein der Knorpel bleibt auch während der Ver-
[Seite 13] knöcherung nicht unverändert, wird nicht blos
wie ein getränkter Schwamm mit Knochensaft
durchdrungen, sondern leidet dabey wesentliche
Veränderungen die selbst aus dem Aussehn der
in mineralische Säuren eingebeizten Knochen;
ferner aus verschiedenen Knochenkrankheiten, be-
sonders aus dem Beinfras; und theils auch schon
aus der Leichtigkeit erhellen, mit welcher die Kno-
chenkerne bey sehr zarten Leibesfrüchten aus ihren
Knorpeln springen, und womit auch noch nachher,
bey reifern jugendlichen Knochen, sich die Knor-
pelflächen von den Enden derselben, und die Kno-
chenansätze (Epiphyses) von ihren Hauptstücken
(Diaphyses) losgeben.
Endlich fragt sich, durch was für Kräfte
und Triebfedern, diese anfänglichen Knorpel und
der in ihnen abgesetzte Knochensaft ihre be-
stimmt Ausbildung und Form erhalten? Die
mehresten neuern Physiologen sind hierin dem
Hrn. von Haller gefolgt, der bekanntlich
gar keine wirkliche Erzeugung – sondern eine
blosse Entwickelung der vermeyntlichen seit
der ersten Schöpfung präformirten, wie ein-
gepackte Schachteln in einander steckenden Keime
annahm: und ausdrücklich behauptete, daß
bey diesen seinen längst vor der Befruchtung
präexistirenden Keimen, die Knochen, so wie
alle übrige Theile, Eingeweide etc. schon vor-
her gebaut gegenwärtig gewesen u.s.w.
Allein, so wie ich überhaupt schon vor
einigen Jahren die angestellten Versuche und
daraus folgenden Schlüsse angegeben, die mich
von dieser, vorher selbst von mir vertheidig-
ten Evolutionstheorie zurückgebracht: so zei-
gen sich besonders in der Geschichte der Er-
zeugung der Knochen und ihrer Ernährung und
Wiederersetzung (– dieser drey so unzertrenn-
lich verwandten Geschäfte in der organisirten
Schöpfung –) die unauflöslichsten Schwie-
rigkeiten, die sich gegen jene vorgeblichen Keime
empören. So z.B. die vollkommne und theils
gar wiederholte mehrmalige Reproduction durch
Unfall gänzlich verlohrner Knochen; die zu-
fällige Entstehung ganz neuer, beym natürli-
chen Bau gar nicht existirender Gelenke, nach
Beinbrüchen, Verrenkungen etc.; überhaupt
auch die grossen Veränderungen die mit der
Zeit in der Bildung der Knochen vorgehn,
die Entstehung der Markhölen in den Röh-
renknochen, der Schleimhölen in einigen Kno-
chen des Kopfs u.s.w. Müssen nicht selbst
die Vertheidiger der Evolution bey diesen Er-
scheinungen immer noch auf andre Kräfte zu-
rückkommen, wodurch die ursprüngliche Form
ihres vermeyntlichen präexistirenden Keims um-
geändert, umgebildet wird u.s.w.
Und wie ungleich befriedigender und einfa-
cher lassen sich hingegen nicht alle diese merk-
würdigen Erscheinungen erklären, wenn man
auch hierbey einen überhaupt in der ganzen
übrigen Schöpfung so allgemeinen und so leicht
sichtbaren Bildungstrieb (Nisus formatiuus)
annimmt –; einen, dem Zeugungssioffe
aller belebten Geschöpfe eingepflanzten Trieb
die ihnen bestimmte Gestalt anfangs bey
der Erzeugung anzunehmen, dann mit-
telst der Ernährung lebenslang zu erhalten,
und wenn sie ja zerstört worden, so viel
möglich durch die Reproductionskraft wie-
der herzustellen: – einen Trieb der we-
nigstens eben nicht mehr als die Gesetze der
Schwere, der Attraction u.a.m. die wir auch
blos aus ihren Würkungen vermuthen, für eine
blosse qualitas occulta gehalten werden darf, da
sich die Phänomene des Zeugungsgeschäftes und
besonders der Osteogenie eben so leicht durch
ihn, als andre natürliche Erscheinungen durch
jene, erklären lassen.
Die Verknöcherung, deren allerersten An-
fänge im vorigen Abschnitt beschrieben
worden, gewinnt zwar im ganzen genommen,
in Mutterleibe, und selbst schon in der ersten
Hälfte der Schwangerschaft, einen sehr ansehn-
lichen, schnellen und bestimmten, aber doch
in Rücksicht auf die einzelnen Knochen sehr
ungleichen Fortgang, dessen Verschieden-
heit sich nicht nur auf die Zeit, sondern auch auf
die Art ihrer Ossification und auf ihre un-
gleiche Vervollkomnung erstrecket.
Bey vielen nemlich, wie z.B. in den Fin-
gern und Fuszehen, im Zungenbein, im
Brustbein etc. zeigen sich die Knochenkerne erst
späte; bey einigen aber gar erst nach der Ge-
burt, wohin besonders verschiedene rund-
liche Knochen, z. E. die in der Handwurzel
und einige von denen in der Ferse*), fer-
[Seite 17] ner die Kniescheibe, das Kuckucksbein, und
die Sesamsbeinchen an Füssen und Händen ge-
hören, von welchen die letztern meist gar erst
im männlichen Alter oder auch nie, sich zeigen.
Manche erhalten erst sehr späte ihre voll-
kommene Ausbildung, wie z.B. das Sieb-
bein u.a. zur innern Nase gehörige Kno-
chen: da hingegen andere, wie die Schlüs-
selbeine und Rippen schon in den ersten Mo-
naten nach der Empfängnis fast ganz ihre be-
stimmte Gestalt bekommen. Am auffallend-
sten aber ist diese frühzeitige Vervollkommung
bey den innern Gehörwerkzeugen im Felsen-
beine, die schon im fünften, sechsten Monat,
nicht nur ihre gehörige Form, sondern sogar
fast ihre vollkommne Größe erreichen*).
Ueberhaupt steht das Wachsthum der
verschiedenen Knochen in einem sehr ungleichen
Verhältnis. Bey einem Fötus von zehn Wo-
chen z. E. sind die Knochenkerne der Schul-
terblätter wenigstens zweymal so gros als die in
den Hüftknochen; die Schlüsselbeine wol drey-
mal so gros als die Schenkelknochen, die so wie
überhaupt die ganzen Beine beym Fötus in
Verhältnis gegen Kopf und Rumpf überaus
kurz und schwach sind*). Eine gleiche schein-
bare Disproportion zeigt sich auch am Kopfe,
da nur die flachen Knochen der Hirnschaale gar
frühzeitig ausserordentlich gros werden, hinge-
[Seite 19] gen die eigentlichen Gesichtsknochen eine ver-
hältnismässig sehr geringe Grösse haben*).
Gewöhnlich sängt sich die Verknöchrung in
der Mitte des Knorpels an; doch leidet auch
dieß seine Ausnahmen, da z.B. die äussersten
Knochen der Finger und Fußzehen vorn an der
Spitze zu verknöchern anfangen.
Es sind ferner nur wenige Knochen die aus
einem einzigen Knochenkerne gebildet werden,
wohin z.B. die Scheitelbeine, Nasenbeine,
Nagelbeinchen, Jochbeine, die Kniescheibe, die
Knochen in der Handwurzel, die mehresten in
der Ferse, die Sesamsbeinchen etc. gehören.
Bey weiten die allermeisten haben hinge-
gen deren mehrere, die entweder meist zu
gleicher Zeit entstehen und einander gleichsam
entgegen wachsen, so daß alsdenn ein derglei-
chen Knochen aus mehrern grössern oder Haupt-
[Seite 20] stücken zusammengesetzt scheint, (wie dieß z.B.
der Fall beym Hinterhauptsbeine ist, das an-
fänglich aus vier Stücken, beym Wespenbeine
das aus fünfen, bey den Wirbelbeinen die aus
dreyen, beym Brustbeine das wol aus ach-
ten und mehreren, bey den ungenannten Bei-
nen, die aus dreyen u.s.w. zu bestehen schei-
nen): oder bey welchen hingegen anfänglich
nur ein Hauptkern entsteht, der erst eine be-
trächtliche Grösse erreicht, und das Haupt-
stück (Diaphysis) des ganzen Knochen aus-
macht, ehe sich nachher, und zwar meist an
seinen Enden ungleich kleinere Kernchen zeigen,
die die sogenannten Ansätze oder Anwüchse
oder Endstückchen (Epiphyses) am Haupt-
knochen ausmachen.
So wie diese Bildung der grössern Kno-
chen aus mehreren Knochenkernen schon im gan-
zen genommen beides fürs Kind in Mutter-
leibe selbst, und auch für die schwangere
Mutter von mannichfaltigen Nutzen ist, da
sich jenes dadurch leichter in seine bestimmte
kuglichte Stellung zusammenlegen kan, und
diese hingegen eben dadurch weniger beschwehrt,
auch überhaupt die Geburt nachher erleichtert
wird, und selbst nachher noch das junge Kind
in seinen ersten Lebensjahren beym fallen etc.
weniger Gefahr läuft: so ist es besonders eine
[Seite 21] weise Einrichtung des Schöpfers, daß gerade
alle die Knochen, die in ihrer Mitte eine sehr
grosse Oeffnung zum Durchgang für weiche
Theile, oder zur Aufnahme anderer Knochen,
haben, anfänglich aus mehrern Stücken beste-
hen, damit diese nach und nach auseinandertre-
ten, die Oeffnung erweitern, und dem hinein-
tretenden Theile so wie er selbst wächst immer
mehr Raum machen können. So ist es z.B.
beym Hinterhauptsbein und bey den Wirbel-
beinen zum Durchgange des Rückenmarkes,
bey der Hüftpfanne zur Aufnahme der Kugel
des Schenkelbeins u.s.w.
Eine Hauptveränderung, die während
des Wachsthums der Knochenkerne in ihrem
innern vorgeht, ist die Entstehung der Zellen
und Hölen, die zur künftigen Aufnahme des
Knochenmarkes bestimmt sind. Bey den fla-
chen Knochen nemlich legt die anfängliche kleine
siebförmige Schuppe den ersten Grund zu dem
nachher in ihrer Mitte entstehenden schwam-
michten Gewebe (§. 3.), indem sich durch den
fernern Absatz von Knochensaft mehrere der-
gleichen fast netzförmige Blättchen über einan-
der legen, wovon die innersten am lockersten
sind, und durch ihre Verbindung die soge-
nannte Diploë bilden, statt daß die äussern
[Seite 22] hingegen auf beiden*) Seiten immer mehr
verdichten und die festen Aussenblätter oder
gleichsam die Rinde zu jener schwammichten
Mittellage ausmachen.
Bey den Röhrenknochen werden die dickern
Enden in ein änliches schwammichtes oder zel-
lichtes Knochengewebe umgebildet, da hinge-
gen in ihrer Mitte eine gänzliche nur mit dün-
nen Knochenfäden durchkreuzte Höle (§. 4.)
entsteht, die aber dafür mit einer desto festern
und dichtern Knochenwand umschlossen wird.
Die rundlichen und würflichten Knochen
werden, wie schon oben gesagt ist (§. 5.) fast
[Seite 23] ganz bis zu ihrer äussersten Oberfläche schwam-
micht, und haben theils nur wie einen dünnen
Anstrich von einer glatten dichten Aussenseite.
Die Substanz der vieleckichten Knochen
(§. 6.) ist zwar bey weiten dichter und schweh-
rer, doch sind auch sie, vielleicht ohne Aus-
nahme nicht ganz von dergleichen lockern Zellen
entblöst, die selbst bey den grössern Gehörknö-
chelchen, und im Felsenbeine an der Aussenseite
der Schnecke sehr sichtlich sind.
Alle diese Zunahme und überhaupt das
ganze Wachsthum der Knochen wird von ihren
ernährenden Schlagadern bewürkt, die
aus der äussern Beinhaut in dieselben hinein-
treten, und die nachdem sie wie obgedacht
(§. 11.) den ersten Knochensaft in den Knor-
pel geführt, ihn vom ersten Knochenkerne wie
aus einem Mittelpunkt nach allen Seiten zu,
immer weiter verbreiten.*)
Es hat daher ein jeder Knochen wenigstens
eine dergleichen Schlagader, die meist in sei-
[Seite 24] ner Mitte durch eine weite Oeffnung*) in sein
inneres hineintritt: bey den meisten aber sind
deren mehrere nach der Anzahl der Knochen-
kerne woraus sie zusammenwachsen, befindlich;
die zumal bey denen, die aus mehr als einem
Hauptstücke bestehen (§. 24.) wie z.B. bey
den ungenannten Beinen, eine ansehnliche
Stärke haben.
Die Stämme dieser Schlagadern treten
meist bis in die Mitte des Knochen, wo sich
ein Theil ihrer Zweige in die schwammichten
Markzellen vertheilt, da hingegen die übrigen
zwischen die Knochenblätter selbst und in die
dichtere Rinde eindringen.**)
Durch die verschiedene Richtung und den
Lauf dieser leztern Gefässe wird vorzüglich die
Richtung der Knochenfasern selbst bestimmt,
[Seite 25] die wie gesagt (§. 10.) bey den breiten Kno-
chen, wie aus einem Mittelpunkt divergiren,
und bey den Röhrenknochen hingegen mehr
gleichlaufend sind. Bey den leztern zumal,
sind nach des Hrn. von Haller*) sorgfälti-
gen Untersuchungen zwey besondere netzförmige
Aderkronen (hemisphaeria vasculosa) zu mer-
ken, die das Hauptstück des Knochen an bei-
den Enden begrenzen, und deren Bogen und
Aeste endlich in die Knochenansätze übertreten,
und sich mit deren ihren Gefässen verbinden.
Der aus dem Blute abgeschiedne Knochen-
saft wird vermuthlich längst der Häute dieser
Schlagadern durch dieselben ausgeschwitzt,
daher man sie theils von einer zarten Knochen-
röhre wie von einen Futteral umschlossen fin-
det:**) das übrige Blut wird hingegen von
den zurückführenden Adern der Knochen,
(die sehr zweckmässig von den Schlagadern ent-
fernt liegen, sie nicht so wie in andern Theilen
des Körpers in der Nähe begleiten) wiederum
aus den Knochen hinausgeleitet.
Das ganze Ernährungsgeschäfte läßt sich bey
den Knochen weit sinnlicher, anschaulicher als bey
irgend einem andern Bestandtheil des thierischen
Körpers durch die bekannten Versuche mit der
Färberröthe erweisen, deren Wurzel blos
die Knochen und knochenartigen Theile*) der
damit gefütterten**) warmblütigen***)
[Seite 27] Thiere Carminroth färbt; da hingegen alle
übrigen Theile ihres Körpers und selbst die
Beinhaut und der Knorpel für diese Röthe
schlechterdings unempfänglich bleiben.
Wir fassen die vorzüglichsten fernern Verän-
derungen in einen besondern Abschnitt
zusammen, die sich mit den Knochen nach der
Geburt des Kindes bis zu ihrer Vervollkom-
nung in den männlichen Jahren, und von da
endlich bis zum höhern Alter ereignen; die
theils die innere mehr zunehmende Festigkeit
derselben, theils auch ihre schärfere bestimm-
tere Ausbildung betreffen; und deren genauere
Kentnis zumal für ausübende Wundärzte von
größter Wichtigkeit ist.
So wie nemlich einige rundliche Knochen
erst nach der Geburt zu verknöchern anfangen
(§. 19.); so sind überhaupt fast alle übrigen,
nur sehr wenige ausgenommen (§. 20.) beym
neugebohrnen Kinde noch weit von ihrer nach-
wärtigen Vollkommenheit entfernt. Die flachen
Knochen der Hirnschale sind dann nur locker und
[Seite 29] nachgiebig, – noch nicht durch feste Näthe – un-
ter einander verbunden; sie haben erst nur stumpfe
Ecken, die noch nicht an einander stossen, son-
dern weiche, blos knorplichte Zwischenräume
lassen; wovon vornemlich der größte, mitten
über der Stirne, zwischen den beiden Scheitel-
beinen und dem noch in zwey Helften getheilten
Stirnbein, von beynah viereckter Form, ins-
gemein das Blättchen (Fontanella) genannt;
und zwey kleinere zwischen den Ohren und dem
Nacken, da wo die Scheitelbeine, die Felsen-
beine und das Hinterhauptsbein aneinander
stossen (Fontanellae casserii) zu mer-
ken sind.
Sehr viele andre Knochen bestehen dann im-
mer noch aus mehrern grössern Stücken, z.B. das
Stirnbein, das Hinterhauptsbein, das Brust-
bein, die ungenannten Beine, und die Wirbel-
beine, die besonders nach hinten zu noch sehr
unvollkommen und ohne dornichte Fortsätze
(processus spinosi) sind. Fast alle übrige aber,
zumal die Röhrenknochen haben noch einzelne
kleine mit dem Hauptstück noch nicht zusammen-
gewachsene sondern nur durch Knorpel mit dem-
selben verbundene Enden.
So wie sich aber überhaupt die ganze fett-
rundliche Form und das Verhältnis der Theile
[Seite 30] des Kindes zur Form und Proportion des
schlankern erwachsenen Körpers verhalten, so
verhalten sich besonders die Knochen und das
Gerippe (als von welchen die ganze übrige Bil-
dung abhängt) des erstern und leztern gegen
einander. Beym Kinde nemlich ist die Hirn-
schaale sehr gros, die Brust weit, die Hüf-
ten schmahl etc. Seine flachen Knochen glatt
und eben; die Röhrenknochen kurz, meist cy-
lindrisch u.s.w. Während aber, daß ihre
Verknöchrung fortgeht und sie an Festigkeit
mehr und mehr zunehmen, so nähern sie
sich auch in Rücksicht ihrer Bildung immer
mehr der künftigen Bestimmtheit und Voll-
kommenheit.
Grossentheils nemlich werden sie schon blos
durch die öftere Anstrengung der daran befestig-
ten Muskeln schärfer ausgewürkt: wodurch
denn zumal den breiten Knochen sich allerhand
bestimmte Flächen eindrucken; die Röhrenkno-
chen eine eckichte, meist prismatische Gestalt
gewinnen; besonders auch manche Fortsätze (wie
z. E. der zitzenförmige durch den Musc. ster-
nomastoideus) gleichsam ausgearbeitet werden.
Zweytens aber wird die Ausbildung der
Knochen auch dadurch befördert, daß sich der
[Seite 31] zu ihrer Ernährung und Wachsthum unauf-
hörlich zugeführte Knochensaft in seiner Anlage
nach den benachbarten weichen Theilen fügt,
wie dieß z.B. besonders bey den eingefurchten
Abdrücken der Schlagadern der harten Hirn-
haut auf der innern Seite der Hirnschaale sicht-
lich ist.*)
Allein, alle diese beide Ursachen der schär-
fern Ausbildung der Kinderknochen sind doch
nicht allein zureichend viele noch weit wesentli-
chere Veränderungen und gleichsam Umbildun-
gen zu erklären, die zumal im innern von vie-
len derselben vorgehen, und von deren Entste-
hung man sich schwerlich anders als durch Hülfe
des Bildungstriebes (§. 17.) einen gesun-
den Begriff wird machen können. Vorzüglich
gehört dahin die schon mit dem Ende des ersten
Jahres beginnende Formation der drey sogenann-
ten wahren Näthe (Suturae verae) der Hirn-
schaale, und die Entstehung der Hölen in eini-
gen vorher dichten Knochen des Schedels, nem-
lich im Stirnbein (Sinus frontales), im Sieb-
bein (Cellulae ethmoidales), im Keilbein (Si-
nus sphenoidales), und im Oberkiefer (antra
Highmori), deren so mannichfaltiger theils un-
gemein sonderbarer und durchgehends zweckmäs-
[Seite 32] siger Bau bey den verschiedenen Säugethieren
sich schlechterdings nicht blos aus dem Ziehen
der Muskeln*), oder aus dem Anlegen des
Knochensaftes erklären läßt.
Hieher gehöret auch theils schon das Her-
vorbrechen der ersten Zähne, mehr aber noch
die nachwärtigen Veränderungen die sich meist
im siebenten Lebensjahre mit den Zahnzellen
in beiden Kiefern ereignen, deren weitere
Anzeige aber mit der Geschichte der Zähne
überhaupt für einen andern Abschnitt ver-
spart bleibt. Hier bemerke ich blos noch, daß
um die Zeit des Zähnewechselns die ganze
kindliche Gesichtsform überhaupt sich in so fern
verändert, daß die vorher sehr niedrigen Kinn-
[Seite 33] laden, zumal die obern, an Höhe zunehmen,
und dadurch das rundliche Gesicht überhaupt
eine merklich verlängerte Gestalt gewinnt.
Allein eine weit allgemeinere Veränderung,
die fast alle Knochen des Gerippes betrifft, wo-
mit zugleich meist ihrem ganzen Wachsthum
in die Länge die bestimmten Grenzen gesetzt
werden, und die sich gewöhnlich gegen die Zeit
der Mannbarkeit ereignet, ist das völlige
Verwachsen aller zeitherigen Knochenan-
sätze mit ihren Hauptstücken, wodurch sie denn
zu sogenannten Fortsätzen werden.
Die Endstücke oder Ansätze nemlich (epi-
physes, bey Fallopius appendices) die an den
Ecken, Seiten oder Enden sehr vieler junger
Knochen ansitzen, und aus besondern kleinern
Knochenkernen entstanden sind, bleiben nur bis
zum männlichen Alter, wie mittelst eines zar-
ten, dazwischen liegenden Knorpelblättgens*)
[Seite 34] am Hauptstück des Knochen (diaphysis) gleich-
sam angeleimt, und zwar meist so, daß der
Ansatz mit einer unebenen, aber im Ganzen
etwas concaven Fläche, an einer ebenfalls hüg-
lichten aber gewölbten Fläche des Hauptstückes
ansitzt: sich aber sowohl durchs Kochen als auch
durch äussere Gewalt, und in einigen Knochen-
krankheiten davon ablösen läßt.
Um die Zeit des völlig erreichten Wachs-
thums aber werden diese Ansätze so innigst fest
mit den Hauptstücken verbunden, schmelzen
gleichsam so gänzlich mit ihnen zusammen, daß
man nachher gar die Spur der ehemaligen Ab-
sonderung nicht mehr unterscheiden kan. Doch
wird der Termin dieses Verwachsens durch zu-
fällige Umstände verzögert oder beschleunigt.
Ueberhaupt nemlich tritt er, ceteris paribus,
bey Mannspersonen früher ein, als bey
Frauenzimmern, bey robusten und sich stark be-
wegenden Leuten früher als bey zärtlichen von
sitzender Lebensart. Noch später bey würklich
kranken Personen, zumal bey den mit der Engli-
schen Krankheit behaffteten u.s.w.
Die auf diese Weise verwachsenen End-
stücke werden alsdann Fortsätze (apophyses,
processus oder productiones), und zwar eigent-
lich falsche oder unächte Fortsätze (apophyses
[Seite 35] spuriae) genannt. Denn da man überhaupt
jede Ecke oder Spitze eines Knochen mit dem
Namen eines Fortsatzes belegt, und doch viele
Knochen, zumal von den vieleckichten am Kopfe,
die theils überhaupt nur aus einem einzigen
Knochenkerne entstehen (§. 23.), schon ur-
sprünglich dergleichen haben; so nennt man
diese letztern wahre und hingegen die, so erst
abgesondre Endstückgen gewesen, unächte
Fortsätze. Von jener Art ist z.B. am Schul-
terblatt das Grat-Ende (acromium); von den
unächten hingegen der Schnabel-Fortsatz (pro-
cessus coracoides). Auch giebt es wahre Fort-
sätze an welchen andre unächte ansitzen, wie
z.B. der Kopf am sogenannten Schenkelhalse
(collum ossis femoris); und umgekehrt Ansätze
die noch ihre besondern Fortsätze haben, wie
das untre Ende der Ellnbogenröhre (vlna)
mit ihrem Griffelförmigen Fortsatze (processus
styliformis)*).
So wie überhaupt die Fortsätze von beider-
ley Art**) gar vielseitigen Nutzen zur Befesti-
gung der Sehnen und Gelenkbänder, zur Er-
leichterung vieler Bewegungen, zur Verhütung
[Seite 36] mancher sonstigen Verrenkungen u.s.w. haben;
so scheint eo insbesondere die Absicht der Ansätze
(dieser scheinbaren Unvollkommenkeit) beym
jugendlichen Gerippe zu seyn, daß es dadurch
einige Nachgiebigkeit und Geschmeidigkeit er-
hält, die der Zartheit der daran befestigten
Muskeln u.a. weichen Theile im jugendlichen
Alter, entspricht, so daß beide mit gleichen
Schritten, in zunehmenden reifern Jahren, zu
ihrer völligen robusten Festigkeit gelangen.
Allein diese Vollkommenheit, wozu die
Knochen in den mannbaren Jahren gelangen,
ist von keiner lebenswierigen Dauer: sondern
auch diese, dem Anschein nach so festen Theile,
sind, so wie alle übrigen bey den organisirten
Körpern, endlich im höhern Alter, wenn sie
sich allgemach ihrem natürlichen Lebensziel nä-
hern, wiederum der Abnahme und der Ge-
brechlichkeit unterworfen.
Im zunehmenden Alter nemlich häuft
sich die Erde im Körper an, und trägt, nebst
der in diesen Jahren mehr und mehr abneh-
menden Reizbarkeit und Empfindlichkeit ein
großes zur dagegen immer mehr zunehmenden
Steifigkeit und Ungelenksamkeit der ganzen
Maschine bey. Diese Anhäufung der Erde,
[Seite 37] zeigt sich theils schon in den im Alter nicht un-
gewöhnlichen Verknöcherungen der weichen
Theile, deren sehr wenige am Körper seyn
werden, die man nicht irgend einmal in einer
alten Leiche verknöchert gefunden haben sollte*):
besonders aber in den Veränderungen die mit
den Knochen selbst alsdann vorgehn.
Vorzüglich gehört dahin das wiedernatürliche
Verwachsen der unbeweglich zusammen ver-
bundenen Knochen des Kopfs, da z.B. die
[Seite 38] wahren Näthe allgemach verschwinden*), der
Vordertheil des Hinterhauptbeins mit dem
Mittelstück des Keilbeins in eins verwächst u.s.w.
Aber auch von den durch bewegliche Ge-
lenke unter einander verbundnen Knochen wach-
sen manche, theils aus allmäliger Abnahme
oder Zähigkeit des Gliedwassers, theils durch
anhaltenden vieljährigen äussern Druck etc. leicht
zusammen: wie sich dieß besonders an den Hals-
wirbeln und an den vordern Gelenken der Fus-
zehen gar nicht selten ereignet**).
Ferner hat das zunehmende Alter gewöhn-
lich das Ausfallen der Zähne zur Folge, wor-
nach sich, wie überhaupt auch nach ihrem son-
stigen Verlust die Zahnzellen allgemach schlie-
sen*), und bey gänzlich zahnlosen Alten end-
lich der ganze Zellenrand beider Kiefer schwin-
det**). Dadurch wird aber die sonstige Höhe
der Kiefer wieder sehr gemindert und dadurch
die untere Hälfte des Gesichts fast wieder wie
im kindischen Alter gar sehr verkürzt: zugleich
aber die Winkel womit beide Kiefer auf einan-
her schließen gar sehr verändert; folglich das
Kinn vorgeschoben, und dadurch die eigne auf-
fallende Gesichtsbildung dieses zahnlosen Alters
verursacht***).
So wie endlich im hohen Alter das ganze
Nutritions-Geschäffte unvollkommner und man-
gelhafter vollzogen wird: so zeigt sich auch diese
Gebrechlichkeit der immer mehr abgestümpften
und stockenden Maschine in der bey jenen Jah-
ren sehr schwachen Ernährung der Knochen,
die zumal an den flachen Knochen der Hirn-
schaale, sehr merklich wird; als bey welchen
anfangs die Diploë schwindet*) und nachher
die Dicke der Tafeln selbst abnimmt; so daß
man nicht selten bey uralten Menschen die
Scheitelknochen fast so dünne wie Papier abge-
schliffen, und theils wohl gar durchlöchert
findet.**).
Alle diese angezeigten Veränderungen der
Knochen sind natürlich oder nothwendig,
wie sie der Lauf des menschlichen Lebens von
der Empfängnis bis ins höhere Alter mit sich
[Seite 41] bringt, und wie sie durch die beiden sehr ver-
wandten Geschäffte, die Erzeugung und Er-
nährung, bewürkt werden. Noch müssen wir
aber auch der wichtigsten ausserordentlichen
Veränderungen gedenken, da mittelst der Re-
productionskraft, – dieser dritten Modifica-
tion des Bildungstriebes, – allerhand zufälliger
Verlust oder Verstümmelung der Knochen von
selbst wieder ergänzt werden kan.
Denn obschon die Reproductionskraft bey
den warmblütigen Thieren überhaupt ungleich
eingeschränkter und nicht so auffallend ist als
bey den kaltblütigen: so ist sie doch bey ihren
Knochen in Vergleich gegen die weichen
Theile ganz vorzüglich würksam: und das nach
einer sehr weisen Einrichtung des Schöpfers,
der gerade diesen Theilen den kräftigsten und
thätigsten Bildungstrieb beygelegt hat, da von
ihrer Bildung die Bildung des Körpers ab-
hängt, und das Gerippe die ganze übrige Form
bestimmen muß (§. 1.).
Ueberhaupt lassen sich alle Arten von Re-
production unter zwey Hauptklassen bringen:
[Seite 42] A. Bloße Wiederherstellung der entstellten
Bildung, ohne Verlust von Stoff. Repro-
ductio formae.
B. Wiederersetzung der verlohrnen Sub-
stanz. Reproductio materiei.
Beiderley Arten von Reproduction sind bey
den Knochen nicht ungewöhnlich.
Zur ersten Classe gehört zuförderst das
wiederfestwachsen eigenthümlicher Theile des
Gerippes, die gewaltsamerweise davon getrennt
worden waren. Wie z.B. daß ausgerißne
und sogleich wieder in ihre Lücke eingesetzte Zähne
wiederum fest halten*); oder daß ganze breite
Stücken die vom Hirnschedel abgehauen worden,
dennoch wieder angeheilt sind**) u.s.w. –
Ferner die künstliche Einpfropfung fremder
Theile zum Ersatz der verlornen, wovon das Ein-
setzen fremder Zähne***) ein bekanntes Bey-
spiel giebt. Und endlich auch die Bildung
[Seite 43] neuer Gelenke nach Verrenkungen*), z.B.
einer neuen Hüfftpfanne nach Verrenkung des
Schenkelkopfs**) u.s.w.
Zur zweyten Classe der Reproduction
(§. 57.) gehört erstens die Erzeugung der Bein-
schwiele (Callus) und dann die Wiederersetzung
gänzlich verlohrner Theile des Gerippes. –
Jene entsteht nach Beinbrüchen nicht sowohl wie
Malpighi***), Haller****), u.a. meyn-
ten durch ausschwitzen eines neuen Knochensaf-
tes aus den gebrochenen Knochenenden selbst,
sondern wird vielmehr aus einem Extravasat
[Seite 44] der Gefäße in der zerrißnen Beinhaut er-
goßen*), wie dieß z.B. aus dem Taf. I. Fig. 1.
abgebildeten Schenkelbeine anschaulich wird,
um dessen Bruch sich ein breiter Ring (a. b. c. d.)
von ausgetretnen Knochensaft herumgelegt
hat, da hingegen die gebrochnen Enden der
Röhre selbst, durch eine ansehnliche leere Lücke
von einander getrennt sind.
Vom Ersatz großer Knochenstücke aber,
die durch Beinfras oder gewaltsames Zersplit-
tern verlohren gegangen, ja selbst von der Re-
production ganzer Röhrenknochen, sind, zu-
mal in neuern Zeiten, fast unzälige Beyspiele
bekannt gemacht worden**).
Der innere Bau der Knochen*) erhellt
zwar schon großentheils aus dem was in
den vorigen Abschnitten über ihre Entstehung
u.s.w. gesagt worden: doch müssen hier noch
[Seite 46] einige genauere Untersuchungen darüber nachge-
holt werden.
Ihre Grundlage bleibt immer ein schwam-
michtes zellichtes Gewebe, dessen Zwischen-
räume vor ihrer Verknöcherung mit einer bloßen
Knorpel-Gallerte, nachher aber mit einem
mehr erdichten Knochensaft gefüllt sind. Dieses
Gewebe zeigt sich am augenscheinlichsten, wenn
man Knochen eine Zeit lang in verdünnten mi-
neralischen – oder in concentrirten vegetabili-
schen Säuren eingeweicht hat, da denn die in
selbigen vertheilte Kalkerde allgemach aufgelößt,
und dasselbe im gleichen Verhältnis erweicht und
dadurch sichtbar gemacht wird. – Dann
auch durch die Versuche mit dem Papinischen
Kessel*) in welchem die Knochen bey einem
mäßigen Feuer mittelst eingeschloßener Dämpfe
wieder zu einer Gallerte zerkocht werden kön-
nen. – Und endlich auch durch das Aussehen
der durch verschiedne Krankheiten gleichsam wie-
der decomponirten und mürbe gemachten Kno-
chen (Taf. I. Fig. 1.).
Die erste Gestalt unter welcher sich der durch
das Schlagaderblut dem Schwammgewebe der
Knorpel zugeführte Knochensaft anlegt, ist die
von geraden cylindrischen Fasern*), die zu-
mal bey den flachen Knochen der Hirnschaale
an zarten Leibesfrüchten und noch ausnehmen-
der an großen innern Wasserköpfen junger Kin-
der überaus deutlich zu setzen sind.
Diese Fasern werden aber bald durch Quer-
Fäden zu einer Art von Netz*) verknüpft,
die allgemach so wie sich immer mehr Knochen-
saft in die Zwischenräume der Maschen anlegt
und dieselben verengert, das Ansehn eines
durchbohrten Siebes**) erhalten.
Aus der Schichtweisen Anlage dieser an-
fänglichen Netze oder siebförmigen Scheibgen
entstehen nachher die Knochen-Blätter***),
die ferner durch andere kleine Vertical-Zapfen
und Blättgen****) mit einander verbunden,
oder auch zu Knochen-Zellen und Waben
gebildet werden.
Aus diesen anfänglichen Fasern, Netzen,
Blättern, und Zellen, werden nun alle die
übrigen gar sehr mannichfaltigen Gestalten in
der innern Textur der Knochen, wie z.B. die
[Seite 49] Röhrgen (§. 34.) und die mancherley Gag-
liardischen Lamellen gebildet, die zumal in
der Hölung der großen Röhrenknochen, ein so
sauberes Aussehn haben*).
Von den Blutgefäßen der Knochen, und
den für ihren Lauf bestimmten Gängen in der
Knochensubstanz, ist schon oben die Rede gewe-
sen (§. 30-34). Und noch wird ihrer bey Ge-
legenheit der Beinhaut gedacht werden.
Lymphatische Gefäße hat man bisher
noch nicht in den Knochen ausfinden und dar-
legen können**). Dennoch aber halten sich
berühmte Männer durch verschiedene Erschei-
nungen in einigen Knochenkrankheiten, und eben
durch die obgedachte Verdünnung der Hirn-
schaale im hohen Alter (§. 54) von dem Da-
seyn dieser einsaugenden Adern in den Knochen,
a priori überzeugt***).
Auch von Nerven habe ich bey aller ge-
nauen Nachforschung, selbst an den größten
hieländischen Thieren, nicht eine Spur irgend
eines Faden entdecken können, der sich in den
Knochen selbst vertheilte: (– denn von den zu
den Zähnen, oder in die Schnecke des innern
Ohrs etc. laufenden Nerven ist hier nicht die
Rede –). Demohngeachtet werden auch diese
aus ähnlichen Schlüssen, wie bey den einsau-
genden Gefäßen von einigen neuern Zergliede-
rern als existirend angenommen. – Doch
davon noch ein Wort bey Gelegenheit des
Marks.
Die Beinhaut (periosteum) ist eine über-
aus feste und gefäßreiche Haut, womit,
den Schmelz der Zähne ausgenommen, die
Aussenseite der Knochen bis an ihre Gelenkflä-
chen, aufs festeste bekleidet ist. Auf den
Knorpeln heist sie perichondrium, auf der
Hirnschaale pericranium, innerhalb derselben
die harte Hirnhaut (dura mater), in den Au-
genhölen periorbita u.s.w.
Man nennt sie insgemein die äussere
Beinhaut, zum Unterschied des sogenannten
innern periostei, das die Markhölen der Kno-
chen auskleidet. Allein die leztere hat so sehr
wenig mit der erstern gemein, daß man sie
weit schicklicher mit dem Namen der Markhaut
belegt, und dadurch gänzlich von der wahren
Beinhaut, wovon hier die Rede ist, unter-
scheidet.
Diese wahre Beinhaut besteht, wie die
übrigen Häute des menschlichen Körpers, aus
einem verdichteteten Zellgewebe, das bey der
unreifen Leibesfrucht nur sehr locker, mit den
Jahren aber immer fester am Knochen anschliest,
am allerfestesten aber da, wo die Knochenan-
sätze am Hauptstücke ansitzen (§. 45. N.*)),
und die Sehnen der Muskeln befestigt sind.
Hieraus erklärt sich, in welchem Sinn man
sagen kann, daß die Beinhaut nicht blos die
einzelnen Knochen, sondern das ganze Gerippe
ununterbrochen überziehe, da nemlich ihr Zell-
gewebe woraus sie besteht, wenn es an den
Rand der knorplichten Gelenkflächen der einzel-
nen Knochen gelangt ist, sich dann in die Ge-
lenkbänder forterstreckt, und so freylich von
einem Knochen zum andern übergeht**).
Und eben hiedurch beantwortet sich die spitz-
findige Frage von selbst, wie fern auch die
Beinhaut als eine Fortsetzung der harten Hirn-
haut anzusehen sey.
Sie ist mit unzähligen Blutgefäßen durch-
webt*), deren größere Stämme schon im ge-
funden Zustande, zur Ernährung des Knochen
(§. 30), bey Beinbrüchen aber, oder bey
Verlust von Knochensubstanz zu Erzeugung
der Beinschwiele (§. 59.) dienen. Des alten –
weiland so furchtbaren – aber von Hrn. von
Haller**) gestürzten Vorurtheils von der
äussersten Empfindlichkeit der Beinhaut über-
haupt, nicht zu gedenken, so hat man bisher
eben so wenig in ihr, als in der Knochensub-
stanz selbst die mindeste deutliche Spur eines
Nervenfaden erweisen können.
Ihr Nutze ist zuförderst dem Knochensafte
selbst behörige Schranken zu setzen, der sonst
[Seite 54] bey ihrer Verletzung wuchert, und die Knochen-
schwiele verursacht: Ferner liefert sie eben die
Nahrungsgefäße für den Knochen und für sein
Mark: verbindet gewissermaßen die einzelnen
Knochen zum ganzen Gerippe zusammen: und
befestigt die Ansätze der Knochen an das Haupt-
stück derselben. Der besondern Zwecke der
harten Hirnhaut u.a.m. zu geschweigen.
Hingegen war der vermeinte Nutze unge-
gründet, den einige berühmte Männer des vo-
rigen Jahrhunderts; z.B. Malpighi*),
Grew**) und Pitcairn***) der Beinhaut
zuschrieben, daß aus ihr der Knoche selbst er-
zeugt werde, und den nun neuerlich der scharf-
sinnige Dühamel****) aus der Vergleichung
[Seite 55] der Beinhaut mit dem Bast der Bäume zu
bestärken suchte*).
Das Knochenmark ist ein ölichter Saft,
der dem übrigen thierischen Fette ähnelt,
und fast blos in Rücksicht seines Aufenthalts
und seiner Bestimmung einige besondre Ver-
schiedenheit zeigt*).
Es wird eben so wie anders Fett, auf eine
ganz einfache Weise aus den Häuten der Schlag-
adern in anfänglich flüssiger Gestalt durch-
geschwitzt (diapedesis), wird aber durch den
Aufenthalt nach und nach etwas fester und
schmieriger*).
In größter Menge findet es sich in den
mittlern Markhölen der Röhrenknochen,
wo es gleichsam eine dichte Wulst bildet, da
es hingegen an den Enden dieser Knochen, so wie
in den flachen- und rundlichten und vieleckichten
Knochen nur in das schwammichte Knochenge-
webe (§. 66.) vertheilt ist.
So wie aber anderes Fett von den Zellen
des gemeinen Zellgewebes umschlossen wird,
so die einzelnen Marktröpfgen von den kleinen
Zellchen**) der Markhaut (tela medullaris,
oder sogenanntes periosteum internum §. 71.),
womit zu dieser Absicht, die sämmtlichen
[Seite 58] Markzellen und Hölen der Knochen, ausgeklei-
det sind, und welche, zumal in den großen
Röhrenknochen selbst wieder mit einem überaus
kunstreichen Gewebe von sich durchkreuzenden,
theils unbeschreiblich feinen Knochenfäden, un-
terstützt und befestigt werden.
Diese Markhaut besteht zwar auch aus
Zellgewebe, und steht in sofern mit der wahren
äussern Beinhaut in einiger Verbindung, hat
aber doch übrigens so sehr wenige Aehnlichkeit
mit derselben, daß sie nur sehr unschicklich mit
dem Namen von periosteum internum belegt
werden kann (§. 71.). Sie entsteht ursprüng-
lich von der äussern tunica cellulosa der Blut-
gefäße*), die sich in die Knochenzellen und
Markhölen vertheilen (§. 32.).
Die obgedachte Frage über die Empfind-
lichkeit der Knochen, ist besonders in Bezie-
hung auf das Mark sehr verschiedentlich ver-
[Seite 59] fochten oder bestritten worden*). So wie ich
nie einen Nervenfaden habe entdecken können,
der nur in die Knochen, geschweige zum Mark
gegangen wäre, so sind auch von meinen über
das vermeinte Gefühl desselben angestellten Ver-
suchen, die an Thieren ungleich und nicht ent-
scheidend, die an Menschen aber völlig ver-
neinend ausgefallen**).
Eben so ungewiß ist man lange Zeit über
den Nutzen des Markes gewesen. – Die
alte Meynung, daß es zur Ernährung der
Knochen beytrage, hat doch noch in neuern
Zeiten*) Beyfall gefunden, ohngeachtet sie
längst von de Marque**), L. Lemery***)
u.a. widerlegt worden war. Jetzt ist sie fol-
gends durch die merkwürdigen Entdeckungen
über so viele marklose Knochen des Vogelge-
rippes abolirt****). Auch trägt sie so we-
[Seite 61] nig zur Erzeugung des Callus bey, das viel-
mehr nach Herrn Troja's und meinen eignen
[Seite 62] Versuchen*) dieselbe durch Zerstörung des
Markes sehr merklich befördert wird. Auch
der von Havers dem Marke zugeschriebene
[Seite 63] Nutze, daß ein Theil davon durch die Knor-
pelfläche der Röhrenknochen dringen, und sich
dem Gelenkwasser beymischen solle, steht zu
bezweifeln, so wie sich die besondern Gänge die
er zu dieser Absicht in den Knochen annahm,
bey genauerer Untersuchung keinesweges be-
stätigen*).
Der Hauptnutze des Markes ist hingegen
den Knochen gleichsam einzuölen, ihm dadurch
Festigkeit, und doch zugleich Geschmeidigkeit**)
und Schnellkraft zu geben: Besonders aber auch
die Verbindung der Bestandtheile des Knochen,
nemlich der kalkichten Knochenerde und der
Phosphorussäure mit der thierischen Gallerte,
zu befördern und zu verstärken.
Die Knorpel*) unterscheiden sich von
den Knochen (§. 1.) dadurch, daß sie
von milchweisser Farbe, halbdurchsich-
tig, äusserst elastisch, und überaus glatt sind.
Sie kommen zwar in so fern mit den Kno-
chen überein, daß sie auch so wie diese, ein
schwammichtes Zellgewebe (§. 62.) zu ihrer
Grundlage haben, das nur – statt des Kno-
chensafts – blos mit einem gallertartigen Leim
getränket ist, und daß sie von aussen so wie die
Knochen, auch mit einer Art Beinhaut (peri-
chondrium §. 70.) bekleidet werden.
Hingegen zeichnen sie sich auser den obge-
dachten (§. 86.) auch noch durch andre sehr
auffallende Verschiedenheiten gar sehr von den
Knochen aus. Erstens enthält ihr inneres
selbst da wo es porens ist, kein wahres Mark*),
folglich auch keine Markhaut (§. 81.). Fer-
ner werden sie nicht so wie die Knochen, von
der Färberröthe angegriffen: auch nicht so leicht
von Säuren, und noch weniger vom Beinfras,
und den ihm verwandten Knochenkrankheiten.
Und dann heilen auch ihre Wunden nicht, wie
bey Knochen durch eine Beinschwiele, sondern
durch eine Narbe.
Bey der zarten Leibesfrucht ist bekanntlich
das ganze Gerippe blos knorplicht; wovon
aber nach und nach der bey weiten größte Theil
verknöchert; und hingegen nur ein geringer le-
benswierig Knorpel bleibt.
Nach dieser Verschiedenheit, lassen sich die
Knorpel überhaupt sehr füglich in zwey Classen
abtheilen:
A) verknöchernde (ossescentes) und
B) beständig bleibende (permanentes oder
wie sie Fallopius nennt, verae).
Die letztern sind wieder entweder vom Ge-
rippe abgesondert, wie z.B. die knorplichten
Bogen in den Rändern der Augenlider, oder
sie stehen mit demselben in Verbindung.
Zu diesen, als von welchen hier allein die
Rede ist, gehört zuförderst die Knorpelrinde,
die nach beendigter Verknöcherung noch an allen
Gelenkflächen der Knochen übrig bleibt, die
Köpfe überzieht, die Pfannen auskleidet u.s.w.
Ferner die abgesonderten flach ausgeholten
Knorpelscheibgen (Menisci) die zwischen einigen
Gelenken, wie z.B. im Kniegelenke, in der
Einlenkung des Unterkiefers mit dem Schlaf-
bein, zwischen dem Schlüsselbein und dem
Brustbein, zwischen der Elnbogenröhre und
dem dreyeckten Beinchen (os triquetrum), inne
liegen: dann auch die Knorpelblätter, die zwi-
[Seite 67] schen einigen unbeweglich mit einander verbun-
denen Knochen, z.B. am Becken etc. fest sitzen,
und endlich die, so als Fortsätze mit gewissen
Knochen, z.B. mit den vordern Enden der
Rippen fortlaufen.
Der Nutze dieser Knorpel geht zuförderst
dahin, die Bewegung der Theile des Gerippes,
entweder überhaupt – wie in allen Gelenken –,
oder zu besondern Absichten – wie beym Tho-
rax – zu erleichtern. Dann aber auch durch
ihre große Schnellkraft, Nachgiebigkeit bey
starken Druck zu bewürken*): und endlich auch
die Befestigung mancher Knochen unter einan-
der auf gewisse Weise noch zu verstärken.
Bey diesem wichtigen Nutzen, den die Knor-
pel leisten sollen, gehört es zu den merkwür-
digsten aber weisesten Einrichtungen des thie-
rischen Körperbaues, daß – ohngeachtet alle
diejenigen Knorpel, die bey der Leibesfrucht
[Seite 68] noch die Stelle der nachherigen Knochen einneh-
men, zu ihrer Zeit so leichte verknöchern –;
diese hingegen in Verhältnis so sehr selten, ja
würklich weit seltner als andre weiche Theile
des Körpers (§. 50. N. *)), in Knochen ver-
ändert werden, und selbst bey Personen vom
höchsten Alter meist noch ganz biegsam und un-
verändert gefunden werden*).
So wie aber gar viele welche Theile des
Körpers durch Krankheit oder Alter verknö-
chern können, so sind auch manche, wie z.B.
die Sehnen u.a. Theile des Fußes durch an-
haltenden äusern Druck dem Verknorpeln aus-
gesetzt**).
Das Gerippe des erwachsenen Menschen
ist aus 242 Knochen zusammengesetzt,
die nach der vielfachen Bewegung zu deren Voll-
ziehung der Körper und seine Gliedmaßen ge-
schickt seyn müssen, auf eben so vielfache Weise,
und nach den weisesten Gesetzen einer bewun-
dernswürdigen Mechanik unter einander ver-
bunden sind*).
Alle diese nur mögliche Verbindungsarten,
zerfallen doch von selbst gleich in zwey Haupt-
classen:
I. unbewegliche Befestigung der Kno-
chen unter einander (Synarthrosis).
Die erste Hauptclasse, die Synarthrosis
begreift dreyerley Arten von unbeweglicher
Befestigung.
A) Durch sogenannte Näthe (Suturae).
A) Unter den Näthen*) sind alle dieje-
nigen Verbindungsarten begriffen, wodurch –
auser den Zähnen, den Gehörknöchelgen und
dem Unterkiefer – die sämmtlichen Knochen
der Hirnschaale*) untereinander befestigt sind.
[Seite 71] Man theilt sie wieder in zwey Gattungen
a) ächte Näthe (Suturae verae). Wenn
die zusammenstoßenden Ränder von einem
paar flacher Knochen, mit doppelt und dreyfa-
chen Reihen von zackichten Zähngen und Zapfen
in einander greifen; die zumal auf der Ausen-
seite ein sonderbares Ansehn geben*). Ihrer sind
eigentlich nur drey bis vier: 1. Die Kreuznath
(S. coronalis). 2. Die Pfeilnath (S. sagittalis)
und 3. die Hinterhauptsnath (S. lambdoidea).
Hierzu kommt, gewöhnlich doch nur bey jungen
Personen 4. die Stirnnath (S. frontalis).
b) unächte Näthe (suturae spuriae),
worunter alle übrige Suturen des Kopfs be-
griffen werden. Besonders sind dieß 1. die
[Seite 72] Fugen (harmoniae), wobey die Knochen zwar
mit rauhen und unebnen, aber doch nicht so gezäh-
nelten Rändern an einander stoßen: und 2.
die Schuppennath (S. squamosa), womit die
scharfzulaufende Fläche des Schlafbeins am
Scheitelbeine anliegt.
B) Gomphosis heist blos die Befestigung
der Zähne in den Kinnladen, da sie mit ihren
Wurzeln in die Zahnzellen wie eingenagelt
sind*)
C) Die Symphysis ist wieder von zweyer-
ley Art.
a) Entweder sind die an einander stoßenden
Knochen durch eine dazwischen liegende Knor-
pelscheibe verbunden (Synchondrosis), derglei-
chen z.B. zwischen den Schaambeinen, zwi-
schen den Hüftknochen und dem, heiligen Beine,
zwischen den Wirbelbeinen, zwischen dem ersten
[Seite 73] Paar Rippen und dem Brustbeine befindlich
sind. Oder
b) die Verbindung geschieht durch sehnichte
Bänder (Synneurosis) wie bey den Stücken aus
welchen das Brustbein zusammengesetzt ist etc.
Die zweyte Hauptclasse von Verbin-
dungsarten der Knochen ist die Diarthrosis
(Articulus, iunctura), wenn Knochen durch
bewegliche Gelenke mit einander verbunden
sind. Mehrentheils geschieht dies blos mittelst
einer glatten Knorpelrinde, womit die Gelenk-
flächen der Knochen überzogen sind: bey eini-
gen aber liegen auserdem wie schon gedacht
(§. 92.), noch besondre Knorpelscheiben zwi-
schen inne. Sie zerfällt nach der verschiedenen
Richtung und Beweglichkeit der Gelenke, wie-
der in vier Arten:
A) wenn die Gelenkflächen zweyer Knochen
straff aneinander sitzen (Amphiarthrosis).
B) Wenn ein Knochen sich um einen andern
wie um eine Angel oder Axe dreht
(Rotatio).
C) Wenn er wie ein Gewinde, nur nach
einer geraden Richtung bewegt werden
kann (Ginglymus).
D) Wenn er wie in einer Nuß, nach allen
Seiten beweglich ist (Arthrodia).
Zur A) Amphiarthrosis gehört vorzüglich
die Verbindung der Knochen der Handwurzel
(carpus) und der mehresten der Fuswurzel
(tarsus), sowol unter einander als mit den
Knochen der Mittelhand (metacarpus) und des
Mittelfußes (metatarsus); so wie auch dieser
ihre Zusammenfügung untereinander. Ferner
die der schrägen Fortsätze (process. obliqui) der
Rückgradswirbel untereinander, und der beiden
Knöchel (malleoli) mit dem Knöchelbeine
(talus). – Nicht ganz so flach, aber eben so
straff ist auch die Verbindung der Rippen mit
den Rückenwirbeln und der Gehörknöchelgen
unter einander.
Die B) Rotatio (commissura trochoides bey
Fallopius*)) hat ebenfalls einen sehr einge-
schränkten Bewegungskreis; meist nur im hal-
ben Cirkel. Das vollkommenste Beyspiel da-
von giebt der erste Halswirbel, der sich um den
zahnförmigen Fortsatz des zweyten völlig wie
um eine Angel dreht. Eben dahin gehört aber
auch die Bewegung der Speiche (radius) um
[Seite 75] die Elnbogenröhre (vlna), zur sogenannten
pronatio und supinatio.
Der C) Ginglymus – eine überaus starke
robuste Verbindungsart – gleicht einem Ge-
winde oder Knie (charniere) wo zwey Kno-
chen mittelst mehrerer erhabener Reife und
dazwischen liegenden Vertiefungen in einander
greifen. Beyspiele davon geben vorzüglich
die Verbindung des Schulterbeins mit der
Elnbogenröhre mittelst der sogenannten Rolle
(trochlea), und des Schenkelbeins mit der
Schienbeinröhre. Ferner die Einlenkung des
vordern Glieds des Daumen und der großen
Zehe, und die beiden vordersten Reihen von
Gliedern der übrigen Finger und Fuszehen.
Auserdem kann aber auch freylich die Bewe-
gung des Kopfs auf dem ersten Halswirbel,
der Kniescheibe am Knie, und der Schienbein-
röhre über dem Knöchelbein dahin gerechnet
werden.
Endlich D) Arthrodia, wenn eine mehr
oder weniger convexe Kugelfläche, in einer
tiefer oder flacher ausgeschweiften Gelenkhöhle
bewegt wird. Von der Art ist die Articula-
tion des hintersten Glieds aller Finger, Dau-
men und Fuszehen, mit den Knochen der Mit-
[Seite 76] telhand und des Mittelfußes. Ferner das
Gelenk der Speiche (radius), sowol mit dem
Schulterbeine als mit den Schiffgen (os naui-
culare carpi) und dem halbmondförmigen
Beinchen (os lunatum) der Handwurzel. Auch
das der Elnbogenröhre mit dem dreyeckten
Beinchen (os triquetrum); des Knöchelbeins
mit dem Schiffgen (os nauiculare tarsi), und
des Unterkiefers mit dem Schlafbein. Beson-
ders aber des Schulterknochen mit dem Schul-
terblatt, als des allerbeweglichsten Gelenkes
am ganzen menschlichen Körper –: und endlich
die tiefste von allen, nemlich die Einlenkung
des Schenkelkopfs in die Hüftpfanne, die we-
gen ihrer auszeichnenden Bildung mit dem be-
sondern Namen der Enarthrosis belegt worden.
Was von den Knochen überhaupt gesagt
worden, (§. 1. 56.) daß sie die
übrige Form der weichen Theile bestimmen,
das gilt nun vorzüglich vom ganzen Gerippe,
dessen Form bey allen Menschen, und durch
alle Stuffen ihres Lebens der Form ihres ganzen
Körpers so angemessen entspricht*), daß es
[Seite 78] einem irgend geübten Auge nicht schwer fallen
muß, aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe
nicht blos Alter und Geschlecht, sondern auch
Wuchs, Constitution und die Hauptzüge der
Gesichtsbildung des Körpers, dem es ehedem
zur Grundlage gedient, zu erkennen.
So unendlich nemlich der individuelle Kör-
perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan-
zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge-
schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben
solch eine unendliche Verschiedenheit findet sich
bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung unter
der Bildung und Form und Taille und mehrern
oder mindern Eleganz u.s.w. der, freylich auch
im Ganzen einander gleich scheinenden mensch-
[Seite 79] lichen Gerippe*): – und selbst in der ver-
schiednen Feinheit und Festigkeit des Korns
der Knochen u.s.w.
Auser diesen endlosen individuellen Cha-
racteren, wodurch sich ein jedes Gerippe vom an-
dern auszeichnet, unterscheidet man überhaupt
die Scelete nach der Verschiedenheit des Alters
und des Geschlechts der Subjecte.
So theilt man sie aus jener Rücksicht ins-
gemein in vollkommne und unvollkommne,
und belegt mit dem letztern – im Grunde nicht
treffenden Namen, die Gerippe von Leibes-
früchten, Kindern und von denjenigen Per-
sonen, an welchen nur die Knochenansätze noch
nicht zu würklichen Fortsätzen verwachsen sind
(§. 44. 46.); die aber doch übrigens so gut
als die erwachsnen – alle ihren Bestimmungen
angemeßne äuserste Bollkommenheit zeigen.
Sie zeichnen sich besonders durch eine dop-
pelte Verschiedenheit aus: Daß sie nemlich,
je unreifer sie sind, erstens desto mehr knorp-
lichte, oder nicht verknöcherte Stellen haben:
und daß zweytens auch alsdann sowol über-
haupt der Kopf zum Rumpf, und dieser zu den
Armen und Beinen, als auch insbesondre die
flachen Knochen der Hirnschaale zu den eigent-
lichen Gesichtsknochen, die Brust zum Becken,
die Schlüsselbeine zu andern Röhrenknochen ein
anders Verhältniß haben, als beym Gerippe
des erwachsenen Menschen*). Von beiden
dieser Verschiedenheiten ist schon oben (im
[Seite 81] dritten und vierten Abschnitt) das wichtigste
angegeben worden.
In Rücksicht des Geschlechts unterscheidet
sich das weibliche Gerippe vom männlichen so-
wol in Ansehung seines ganzen habitus, des
Totaleindrucks den es bey der Vergleichung
macht, als mich in Bildung und Verhältnis
der einzelnen Theile. Doch werden diese bei-
derley Verschiedenheiten erst bey den Gerippen
etwas erwachsener Kinder und jugendlicher Per-
sonen recht merklich.
Der ganze habitus des weiblichen Ge-
rippes verrätht nemlich, wenn es mit einem
männlichen von gleichem Alter, Wuchs, Con-
stitution etc. verglichen wird, fast die gleichen
Verschiedenheiten, wodurch sich auch der ganze
Bau des weiblichen Körpers, zumal in der
Blüthe des Lebens, vom männlichen auszeich-
net. So wie hier am weiblichen Körper alles
weit feiner, glatter, zarter, rundlicher, schö-
ner gewölbt ist als beym männlichen, so auch
am weiblichen Gerippe ceteris paribus alles
weit schlanker, ebner, gewissermaßen weichli-
cher als am männlichen*); die flachen Knochen
[Seite 82] dünner, die Röhren-Knochen schwächer*);
durchgehends die Ecken und Fortsätze nicht so
scharf ausgewürkt, die Furchen nicht so tief, die
Insertion der Sehnen nicht so rauh, die mehre-
sten Articulationen etwas flächer u.s.w.**).
Am weiblichen Schedel finden sich außer
den gedachten allgemeinen, wenige besonders
merkliche Verschiedenheiten. Denn daß er in
Verhältnis zur übrigen Statur kleiner*), und
der Gaumen flächer und runder gewölbt sey**);
und daß sich die Stirnnath länger erhalte**) etc.
finde ich in der Natur nicht oft genug bestätigt
um es für bestimmte Kennzeichen annehmen zu
können. – Das Zungenbein aber ist bey
[Seite 84] diesem Geschlechte so wie der ganze Kehlkopf
kleiner und enger.
Der weibliche Thorax hat schon mehr
auszeichnendes. Er ist überhaupt enger und
schmaler als bey Mannspersonen: da wo die
Brüste aufsitzen flacher: dabey aber bewegli-
cher, zumal im obern Theil*). Daß hingegen
seine Rippen dicker und rundlicher**), oder
das untre Ende des Brustbeins öfter durch-
bohrt seyn sollte***) scheint ebenfalls eine un-
gegründete Behauptung.
Die auffallendste Verschiedenheit zeigt sich
im weiblichen Becken, als welches die nächste
Beziehung auf die ganze Bestimmung des an-
dern Geschlechts hat****). Es ist überhaupt
weiter und geräumiger als das männliche.
[Seite 85] Das Kreuzbein breiter und flacher****); das
Kuckucksbein beweglicher; die Hüften weit
breiter, ihr obrer Rand mehr divergirend; die
Schaambeinverbindung dicker; ihr untrer Bo-
gen weiter in einen stumpfen Winkel ausge-
schweist; die Sitzbeine mehr von einander ab-
stehend und mehr vorwärts gebogen.
Dagegen sind die Schultern, wie es der
schmalere Thorax mit sich bringt, nicht so breit
als beym männlichen Geschlecht, und auch die
Schlüsselbeine weit gerader, schwächer ge-
krümmt*).
Die Schenkelbeine aber stehen wegen des
weiten Beckens auch selbst nach oben weiter
auseinder; ihr Hals lauft mehr horizontal;
die Kniee aber stoßen dagegen desto schräger
zusammen.
Soviel von den Verschiedenheiten der Ge-
rippe in Rücksicht des Alters und des Ge-
schlechts. – Es giebt noch eine dritte Rück-
[Seite 86] sicht, die ich aber hier nicht weiter verfolgen
kann**), ohngeachtet sie noch ganz andre und
[Seite 87] äußerst merkwürdie Besonderheiten zeigt; nem-
lich – das characterische der Gerippe nach der
[Seite 88] Nationalverschiedenheit der Menschen-
racen. – Ein überaus fruchtbares, aber
[Seite 89] weites und nur sehr Stückweise bekanntes
Feld: – das aber, nur nach dem wenigen
[Seite 90] zu urtheilen, was bisher davon bekannt wor-
den, noch sehr reiche Ernden für Osteologie
und Physiologie sowol als für Menschen- und
Völkerkunde hoffen läßt.
Man theilt bekanntlich das Gerippe in Kopf,
Rumpf und Gliedmaßen; und wir
machen mit dem Kopfe den Anfang, der wie-
der füglich in die eigentliche Hirnschale und
in die Gesichtsknochen eingetheilt wird.
Die Hirnschaale begreift, wie es der
Name anzeigt, die große Höle in welcher das
Gehirn verwahrt ligt: die Gesichtsknochen
hingegen den übrigen Schedel von der Nasen-
wurzel an seitwärts zu den Wangen und unten
zum Kinne.
Den Unterkiefer und die Gehörknöchelgen
ausgenommen, sind die übrigen Kopfknochen
durch Näthe oder Einkeilung unbeweglich unter
einander befestigt. (Th. I. §. 99.)
Der Menschenschedel unterscheidet sich
von aller andern Thiere ihren durch eine doppelte
Verschiedenheit, erstens nemlich durch den
ausnehmend großen Umfang seiner Hirnschaale
in Verhältnis gegen die Gesichtsknochen: und
zweytens durch seine ziemlich senkrechte Ge-
sichtslinie.
Das Verhältnis der Hirnschaale zu den
Gesichtsknochen ist zwar nach Verschiedenheit
des Alters und der Menschenraçen relativ: bey
Kindern z.B. größer als bey Erwachsnen; bey
Negern etwas kleiner als bey Europäern: doch
durchgehends auffallend größer als bey irgend
einer andern, auch noch so menschenänlichen,
Thiergattung*).
Auch in der Richtung der Gesichtslinie
herscht zwar, nach den scharfsinnigen Unter-
suchungen des Hrn. Prof. Camper viele Na-
tionalverschiedenheit, vom Griechischen Profil
bis zu der oben (S. 87. u. f.) beschriebenen Neger-
bildung: – dennoch bleibt immer zwischen dieser
[Seite 95] letztern und dem Profil der Affen und andrer
Thiere ein äußerst auffallender Abstand, der
besonders in dem Mangel des ossis intermaxilla-
ris seinen Grund hat, wovon unten besonders
die Rede seyn wird.
Nun zuerst von der Hirnschaale die aus
acht Knochen zusammen gesetzt ist: aus vier
flachen (Th. I. §. 3.), nemlich: 1. dem Stirn-
deine 2. 3. den beiden Scheitelbeinen, und 4.
dem Hinterhauptbeine: und aus eben so viel
vieleckigten (Th. I. §. 6.) nemlich 5. 6. den
beiden Schlafbeinen, 7. dem Keilbeine und 8.
dem Siebbeine.
Das Stirnbein (os frontis)*) wie es die
Griechen nannten**) (bey den Arabern
das Kranzbein, os coronale) ist der größte
Knochen am ganzen Köpfe, und wird seiner
Form nach mit einer Trinkschaale oder mit
einer Muschelschaale verglichen.
Es steht mit 12 benachbarten Knochen in
Verbindung: nemlich 1. 2. mit den Scheitel-
beine; 3. dem Keilbeine; 4. dem Siebbeine;
5. 6. den Oberkiefer; 7. 8. den Jochbeinen;
9. 10. den Nasenbeinen, und 11. 12. den Thrä-
nenbeinchen.
Bey der ungebohrnen Leibesfrucht besteht
dieser Knochen aus zwey Hälften***), die in
den ersten Lebens-Jähren durch eine Nath mit
[Seite 97] einander verbunden werden, gewönlich aber
nachher völlig zusammen verwachsen. Nicht
selten aber erhält sich auch diese Stirnnath
(sutura frontalis), und zwar wie wir finden
würklich im Durchschnitt bey breiter Stirne
öfter als bey schmaler*), hingegen bey Manns-
personen eben so wol als bey Frauenzim-
mern –**). Oft bleibt wenigstens eine
Spur der vormaligen Nath an der Nasen-
wurzel übrig.
Der ganze Knochen hilft dreyerley Hölen
am Kopf bilden, die Hirnhöle, die Augenhö-
len und die Nasenhöle. Und hiernach läßt
er sich selbst füglich in drey Abtheilungen brin-
gen A) pars frontalis: B) partes orbitales;
und C) pars nasalis.
A) der Stirntheil ist bey weiten der aller-
größte; von außen gewölbt, von innen aus-
gehölt.
Die Vorderfläche jener Ausenseite***)
ist glatt, meist wie abgeschliffen.
[Seite 98] Gewönlich sind gegen die Mitte zu, über
den Augen, auf beiden Seiten ein paar flache
Erhabenheiten (eminentiae frontales, tubera
frontalia)*) an der Stelle merklich, wo bey
der Leibesfrucht zu Ende des zweyten Monats
nach ihrer Empfängnis die Verknöcherung des
Beins ihren Anfang genommen hatte**).
Tiefer herunter, nach der Nasenwurzel zu,
liegen ein paar kleinere Erhabenheiten, (arcus
superciliares), die sich aber erst am Ende des
ersten Lebensjahres zu heben anfangen. Sie
werden durch die glabella von einander abgeson-
[Seite 99] dert, und tragen, so wie das ganze Stirnbein
vorzüglich viel zum charakteristischen der Ge-
sichtsbildung bey*).
Die pars frontalis grenzt an die orbitalem
mittelst des bogenförmigen Randes der Augen-
höle, der von innen, etwas tiefer als die gla-
bella anfängt, und sich nach außen in einen
starken zackichten Fortsatz, (den processus orbi-
talis externus s. malaris) endigt.
Hinter ihm liegt die fossa temporalis:
und von ihm steigt ein unebner Rand nach
hinten zu in die Höhe der die glatte Stirnfläche
des Knochen von der rauhen Seitenfläche (pla-
num semicirculare) scheidet.
B) der Theil des Stirnbeins der das Ge-
wölbe der Augenhölen bildet (pars orbitalis),
ist flach ausgehölt, und läuft von dem gedach-
ten bogenförmigen Rande nach hinten.
Nach vorn zu zeigt sich gewönlich eine
Spur der Anlage zweyer merkwürdiger Theile
des Auges. Nach innen nemlich meist ein
Grübgen oder ein stumpfer Stachel (spina
trochlearis) woran die Rolle des musc. obliqui
super. befestigt ist.
[Seite 100] Auswärts aber, nach der apoph. malari
zu, eine mehrentheils etwas rauhe Delle,
worin die Thränendrüse liegt.
Endlich C) der Theil des Knochen, der
mit der Nase in Verbindung steht (pars na-
salis).
Er fängt unter der glabella mit einer tief
ausgezackten Grube an, aus deren Mitte ein
zackichter Stachel (spina nasalis) hervorsteht,
der so wie die Grube selbst zur Befestigung der
Nasenbeine; dann aber aber auch zur Anlage
der Scheidewand der Nase am Siebbein, dient.
Zu seinen beiden Seiten laufen ein paar
vorn breitre nachher schmalere zellichte Ränder
nach hinten; die auf die Zellen des Siebbeins
aufpassen.
Nach vorn aber wo diese Ränder am brei-
testen sind führen ein paar große, meist unre-
gelmäßige Oeffnungen zu den Stirnhölen
(sinus frontales)*) die in den mittlern und
untern Theil dieses Knochen gleichsam einge-
[Seite 101] graben sind; aber auch erst zu Ende des ersten
Lebensjahres ausgebildet werden*).
Diese beiden Stirnhölen sind durch eine,
meist durchbrochene Scheidewand von einander
abgesondert, die wenn sich die Stirnnath er-
halten hat, von selbiger wie in zwey Blätter
durchschnitten wird, so daß jede Hälfte des
Knochen ein Blatt bildet, die dann mit einer
rauhen zackichten Fläche an einander liegen.
Oft ist jede dieser Hölen wie in mehrere
Fächer eingetheilt, die theils selbst noch besondere
Nebenhölen bilden; überhaupt aber variiren sie
fast ins unendliche**) sowol in Rücksicht ihrer
Gestalt, als ihres Umfangs, ihrer Verbin-
dung mit den Zellen des Siebbeins u.s.w.
Ihre große Oeffnung verlauft sich in einen
trichterförmigen Canal der vom Thränenbein-
chen, vom Nasenfortsatz des Oberkiefers und
vom Siebbeine gebildet wird, in die Nase
hinabsteigt und sich vorne im mittlern Nasen-
[Seite 102] gang (meatus narium medius) mit einer
schrägen Mündung öffnet.
Beides, die Hölen selbst und diese ihre
Gänge sind mit einer zarten äußerst Gefäs-
reichen Haut ausgekleidet deren unzälige Schlag-
adern einen wässerichen Duft absondern der
auf die wahre Schleimhaut (membr.
Schneideriana) der untern Muschelbeine (spon-
giosa infer.) hinab fließt, die dann durch dieses
benetzen für den Geruch desto empfänglicher
wird.
Denn daß dieß, und keinesweges die Ver-
stärkung der Stimme, ihr Hauptnutze*) sey,
wird schon aus der Zeit wenn sie erst ent-
stehen, theils aber auch durch Bemerkungen
in Krankheiten**), am unwiederredlichsten
[Seite 103] aber aus der vergleichenden Anatomie*),
erweislich.
Nun zur innern Seite des Stirnbeins, und
wieder nach seinen drey Theilen.
A) pars frontalis**) wird hier längst der
Stirnnath, durch die Anlage des Sichelför-
migen Fortsatzes der harten Hirnhaut in zwey
Hälften getheilt.
Diese Anlage macht mitten auf dem Kno-
chen eine länglichte Furche (sulcus frontalis),
die nach oben zu flacher und unmerklicher wird,
deren Ränder aber nach unten zusammen stoßen
und in einen gewölbten Rand mit einem schar-
fen Rücken (spina frontalis) auslaufen.
[Seite 104] Auf der übrigen großen Fläche zeigen sich
verschiedene Arten von Grübgen und Furchen,
von deren Entstehungsart oben (Th. I. §. 41.)
gehandelt worden ist: und die sich meist auch
in der übrigen Hirnschedelhöle finden.
Es gehören dahin die astigen Furchen von
der arter meningea anter. Ferner die im-
pressiones digitatae und iuga cerebralia die von
den Furchen und Wulsten der Oberfläche des
Gehirns entstehen, und dann auch zuweilen
Grübgen von den Pacchionischen Drüsen der
harten Hirnhaut*).
Die impressiones und iuga sind zumal auf
der B) pars orbitalis**) am sichtlichsten, wo
die lobi cerebri anter. aufliegen, und sich daher
theils merklich tiefe Gruben, zwischen ziemlich
spitzen Hügeln ausbilden.
Großentheils gehören sie mit zur C) pars
nasalis, da sie die Decke der Stirnhölen, und
theils auch der Zellen des Siebbeins abgeben.
[Seite 105] Hier sind sie durch die große incisura
ethmoidea wie ausgeschnitten, in welcher das
Siebgen mit dem Hanenkamme zu liegen kommt,
und wo sich vorn nach der spina frontali (§. 16.)
zu, gemeiniglich ein paar Grübgen zur Auf-
nahme der kleinen Flügelansätze des Hanenkam-
mes finden.
Endlich die foramina am Stirnbein.
Erstens das supraorbitale am Rand der
Augenhöle (§. 12.) gegen die glabella zu;
zum Durchgang des Stirnnerven vom ersten Aste
des 5ten Paares, und kleiner Blutgefäße. Oft
ist statt dessen, wenigstens auf der einen Seite
eine bloße Kerbe. Zuweilen aber auch mehr
als ein Loch beysammen.
Dann zwey oder drey for. orbitalia interiora
s. ethmoidea am innern Rande der pars orbita-
lis. Das vordre ist mehrentheils ein for. pro-
prium, (das nemlich den Knochen selbst durch-
bohrt,) und dient zum Durchgang des Nasen-
nerven von dem gedachten Aste des 5ten P. –
Die hintern sind meist for. communia, (die
nemlich erst durch die Verbindung zweyer an
einander stoßenden Knocken gebildet werden)
und sind für arter. ethmoideas bestimmt.
Endlich auf der innren Seite des Beins,
unter der spina frontali (§. 16.) ist das ins-
[Seite 106] gemein sogenannte for. coecum, das auch bald
ein proprium ist und bald als ein commune
durch den dranstoßenden Hanenkamm gebildet
wird, und das auch nicht immer geschlossen
sondern nicht selten offen ist und in die Stirn-
hölen geht, da dann Zellgewebe und kleine
Blutgefäße von dem in diesem Loche bestestig-
ten Ende des process. falciformis hindurch
laufen*).
Die Scheitelbeine*) (ossa verticis, sinci-
pitis, parietalia**), s. bregmatis)***)
sind ein paar sehr einfache Schaalenförmige
Knochen die das oberste Gewölbe des Hirn-
schedels ausmachen****).
Sie liegen an einander und sind außerdem
noch mit fünf andern Knochen verbunden: nem-
lich mit 1. dem Stirnbein; 2. dem Hinter-
hauptbein: 3. 4. den Schlafbeinen; und 5. dem
[Seite 108] Keilbein. Diese ihre Verbindungen sind um
so merkwürdiger weil dadurch die drey wahren
Näthe (S. 71.) und die Schuppennath
(S. 72.) gebildet werden.
Sie sind die einzigen von den acht Kno-
chen der Hirnschaale, die aus einem einzigen
puncto ossificationis verknöchern (Th. I. §. 23),
da jeder derselben bey der Leibesfrucht einer
flachen Schuppe gleicht*), deren abgerundete
Ecken da wo sie an den benachbarten Knochen
anliegen, die sogenannten Fontanellen (Th. I.
§. 37.) zwischen sich lassen**), die sich theils
erst im zweyten Jahre oder noch später***)
schließen. Auch entstehen im äußern Umfange
dieser Knochen die Zwickelbeinchen (offic. Wor-
miana) von denen unten noch besonders die
Rede seyn wird.
Jeder dieser beiden Knochen hat eine fast
viereckte Gestalt und läßt sich daher am füg-
lichsten in vier Ecken und eben so viele Ränder
eintheilen.
Jette sind 1. angulus frontalis mitten über
der Stirne. 2. occipitalis mitten am Hinter-
haupte. 3. mastoideus, über dem zitzenformigen
Fortsatz, die stumpfste Ecke von allen. und
4. der sphenoideus an den Schläfen, der wie
in eine eckichte Spitze verlängert ist.
Die Ränder lassen sich am natürlichsten
nach den Suturen die sie bilden, benennen.
Also 1. margo coronalis nach vorn an der
Kranznath. 2. sagittalis oben, an der Pfeil-
nath; der längste von allen. 3. lambdoideus
nach hinten, an der Hinterhauptsnath. und 4.
temporalis, nach außen und unten wie schräg
abgehobelt, an der Schuppennath des Schlaf-
beins; der kürzeste Rand.
Die äußere Fläche dieser Knochen*) ist
gewölbt und am obern Theile glatt wie die
[Seite 110] Vorderseite des Stirnbeins (§. 12.); von
dessen Seiten wie obgedacht das planum semi-
circulare entspringt, das nun hier am Schei-
telbeine mit einem unebnen bogenförmigen Rand
fortlauft.
Auf der innern ausgehöhlten Fläche*)
zeigen sich erstens wieder wie im Stirnbeine
(§. 16.) impressiones digitatae, und iuga
cerebralia, und theils Grübgen für die Pacchio-
nischen Drüsgen. Ferner auch zahlreiche gea-
derte Furchen der art. meningea media, derent-
wegen man diese innre Seite mit einem Feigen-
blatt verglichen hat; und deren Hauptstamm
am angulus sphenoideus mit einer tiefen Rinne
anfängt, die zuweilen noch mit einem Knochen-
blatte wie mit einer Brücke bedeckt ist, und
dann einen geschloßenen Canal bildet**).
Außerdem sind aber auf dieser Fläche noch
ein paar breitre flache Furchen von den Blut-
behaltern der harten Hirnhaut zu merken: nem-
lich längst des margo sagittalis die vom sinus
longitudinalis, wie im Stirnbein (§. 16.):
am angulus mastoideus aber eine kurze von
einem Theil des sinus lateralis.
Von foraminibus sind blos die parietalia
zu merken*) die nicht einmal immer da sind,
und zu beiden Seiten der Pfeilnath nach hin-
ten zu ein paar emissaria Santorini zur harten
Hirnhaut lassen.
Das Hinterhauptbein*) (os occipitis)**)
ist ebenfalls ein großer flacher Knochen,
fast von der Gestalt einer Kamm-Muschelschaale,
mittelst dessen der ganze Kopf auf dem Halse
ruht; der aber weit mehr als alle übrigen Kno-
chen des Schedels sowol in der Größe, als
dem Verhältnis seiner Theile u.s.w. variirt.
Er steht 1. 2. mit den Scheitelbeinen, 3. 4.
mit den Schlafbeinen 5. mit dem Keilbeine und
6. mit dem ersten Halswirbel in Verbindung.
Beym ungebohrnen Kinde besteht er gleich-
sam aus vier***) abgesonderten Stü-
[Seite 113] cken*), die zwar schon zu Ende des ersten
Lebensjahres blos noch wie zusammen geleimt
scheinen, doch daß oft bis gegen das erwachsne
Alter die Spur der vordern Fugen an den
condylis noch merklich bleibt.
Nach diesen vier Stücken woraus dieses
Bein vor seiner Verknöcherung besieht, läßt
es sich auch am füglichsten überhaupt in eben
so viele Abschnitte eintheilen:
a) pars occipitalis der breite Muschelförmige
Theil im Genicke; bey weiten der größte.
b) die beiden partes condyloideae die auf
dem obersten Halswirbel aufliegen.
und c) pars basilaris der kurze dicke Zapfe
der vorwärts an das Keilbein anstößt.
Dann laßen sich auch am äußern Umfange
des Knochen dreyerley Ränder unterscheiden:
a) margo lambdoideus s. posterior der die
pars occipitalis umschreibt
b) margines mamillares s. medii zu bei-
den Seiten der partium condyloidearum, welche
[Seite 114] die zitzenförmigen Fortsätze des Schlafbeins wie
in einem halben Monde umfaßen.
und c) margines petrosi s. anteriores, ne-
ben der pars basilaris, längst der beiden Felsen-
beine.
Zuerst von der Außenseite*) des Kno-
chen nach der Ordnung obiger drey Abthei-
lungen.
a) auf der pars occipitalis werden, zumal
nach unten zu, durch die Anlage zahlreicher
und starker Muskeln mancherley Gruben und
Erhabenheiten ausgewürkt.
Zuförderst nemlich, ohngefähr in der Mitte,
die protuberantia occipitalis externa, die bald
mehr bald weniger merklich ist**).
[Seite 115] Von dieser gehen zu beiden Seiten ein
paar bogenförmige erhabne Linien nach den
zitzenförmigen Fortsätzen.
Und unter diesen, meist mit ihnen parallel,
ein paar andre die sich oft in einen sehr zuge-
spitzten Hügel (zwischen der Anlage des musc.
recti postici maioris und des obliqui superio-
ris) verlaufen.
Mitten durch diese beiderley Linien erstreckt
sich von obiger Protuberanz an nach dem hin-
tersten Rand des foram. magni die spina occi-
pitalis externa.
b) Die beiden*) condyli liegen zu beiden
Seiten der vordern Hälfte des foram. magni,
von hinten nach vorn convergirend, bald mehr
[Seite 116] bald weniger*) gewölbt, und überhaupt in
der Größe, Verhältnis der Länge zur Breite,
und in der Richtung gar sehr variirend.
Gleich hinter diesen flachen Knöpfen liegen
ein paar ziemlich tiefe Gruben (fossae condy-
loideae) und seitwärts ein paar rauhe eckichte
Zapfen für die processus spinosos.
c) pars basilaris läuft conisch von den
condylis nach der Mitte des Keilbeins: und
ist auf dieser Außenseite theils stumpfeckicht,
theils flach rundlich.
Nun die innere Seite**) des ganzen
Knochen; nach der gleichen Ordnung.
Also wieder a) pars occipitalis: und da
zuförderst, meist gerade in der Mitte, die pro-
tuberantia occipitalis interna.
Von dieser als von einem gemeinschaftlichen
Mittelpunkte laufen die lineae cruciatae emi-
nentes; in deren Winkeln vier breite flache
[Seite 117] Gruben gebildet werden, in den beiden obern
nemlich zwey kleinere für die lobos cerebri
posteriores: in den beiden untern hingegen
(wo der Knochen gewöhnlich am dünnsten ist)
zwey größere fürs kleine Gehirn: – auf allen
vieren wieder impressiones digitatae und iuga
cerebralia: auch theils Ader-Furchen u.s.w.
Außerdem sind auch noch auf diesem Theile
einige wie mit dem Finger gezogne Furchen von
der Anlage der Blutbehälter der harten Hirn-
haut zu merken. Vom Ende der Pfeilnath
nemlich bis zur Protuberanz, meist zur rech-
ten, die Fortsetzung der obgedachten Spur des
sinus longitudinalis (§. 27.): über den beiden
Seitentheilen des Kreuzes aber die von den
sinibus lateralibus*), davon mehrentheils die
[Seite 118] zur rechten mit der vorigen Furche in einem
weg lauft: und endlich nunterwärts zu beiden
Seiten des for. magni nach den for. iugulari-
bus die sinus occipitales posteriores*).
b) die partes condyloideae erheben sich auf
dieser innern Seite am äußersten Rande in die
zackichten processus iugulares s. spinosos die von
einer ähnlichen Halbmondförmigen Furche der
Seiten-Blutbehälter umzogen werden, welche
[Seite 119] sich endlich nach vorn in die großen foramina
iugularia verlaufen.
c) die pars basilaris ist hier wie eine flache
Rinne ausgeschnitten; und steigt aufwärts
zur Mitte des Keilbeins mit welcher sie in der
Jugend durch eine Knorpelscheibe verbunden
ist; mit den Jahren aber meist wie zu einem
Stücke mit ihr verwächst (Th. I. §. 51.).
Zu beiden Seiten dieser pars basilaris lau-
fen ein paar bogenförmige Furchen von den
sinib. petrosis inferioribus nach dem for. lacerum.
Endlich die foramina an diesem Knochen,
sowol die propria als communia.
Vor allen das for. magnum occipitale*):
meist eyförmig oder fast rhomboidal; wodurch
das verlängerte Rückenmark nebst den venis verte-
bralib. und spinalib. heraus – und hingegen die
Schlagadern gleichen Namens so wie die nerui
recurrentes in die Hirnschaale hinein treten.
[Seite 120] Dann die for. condyloidea anteriora
(Tab. I. fig. 2. i.) womit die Gelenkknöpfe
in ihrer Dicke, von hinten und innen nach
vorn und außen, durchbohrt sind. Sie laßen
das neunte Nerven-Paar durch, und sind zu-
weilen, wenigstens auf der einen Seite, durch
eine Scheidewand in zwey getheilt.
Nicht so beständig sind die for. condyloi-
dea posteriora (Tab. I. fig. 2. l.), die oft, we-
nigstens auf einer Seite fehlen und zum Durch-
gang eines Santorinischen emissarii dienen.
Zuweilen ist das for. mastoideum (Tab. I.
fig. 2. m.), dessen unten gedacht werden wird,
hier im Hinterhauptbeine, noch am margo
mastoideus befindlich; oder läuft zwischen die-
sem und den Schlafbeinen als ein for. com-
mune hindurch. zuweilen fehlt es gar.
Wichtiger ist das for. iugulare oder lace-
rum, ein großes for. commune dessen innerer
und hinterer Rand neben dem Ausgang der
for. condyloid. anterior. durch diesen Knochen
gebildet wird; wovon unten mit mehrern.
Die Schlafbeine*) (ossa temporum)**)
machen die untern Seitentheile***) des
Hirnschedels aus, und enthalten zugleich in
ihrem innern die Gehörwerkzeuge, die im fol-
genden Abschnitt besonders abgehandelt werden.
Sie stehen mit fünferley andern Knochen
in Verbindung. Vorzüglich nemlich 1. mit
den Scheitelbeinen mittelst der Schuppen-
nath (Th. I. §. 99.); 2. mit dem Hinter-
hauptsbein; und 3. mit dem Keilbein. –
Außerdem aber auch noch 4. mit den Jochbeinen,
und 5. mit dem an ihnen eingelenkten Unter-
kiefer.
Bey der reifern Leibesfrucht und dem neu-
gebohrnen Kinde besteht das Schlafbein aus
zweyen Stücken, dem Schuppenbeine nemlich
mit dem daran hängenden Ringe des Paucken-
fells; und dem Felsenbeine. Bey fünfmonat-
lichen und noch zartern Embryonen aber ist
auch dieser unvollkommne – nach oben offne –
Ring selbst noch von dem Schuppenbeine ab-
gesondert, so daß dann der ganze Knochen aus
drey einzelnen Stücken zusammengesetzt ist*).
Wir gehen auch hier die Außenseite**)
des Knochen zuerst durch, und nachher die so
in die Hirnhöle hinein gekehrt ist.
Der Theil der dem ganzen Knochen den
Namen gegeben hat, gleicht einer breiten flachen
aufrechtstehenden Schuppe, die mit ihrem schar-
fen halbcirkelförmigen Rande ans Scheitel-
und Keilbein anschließt.
Von ihrer Grundlinie entspringt, etwas
nach vorn, der processus Zygomaticus, der in
einem ansehnlichen Abstande von derselben sich
vorwärts krümmt und mit einer rauhen zackich-
ten Nath an das Jochbein schließt.
[Seite 123] An der dicken Wurzel dieses Zacken läuft
das tuberculum articulare in die Quere. (Tab. I.
fig. 2. q.)
Und hinter diesem liegt die cauitas articula-
ris f. glenoidea (Tab. I. fig. 2. p.), die zur
Aufnahme des Gelenkknopfs vom Unterkiefer
dient, deßen unten mit mehrern gedacht werden
wird.
Die Grenze zwischen dieser Gelenkgrube und
der vordern Wand des äußern Gehörganges
wird durch die fissura glaseri*) (Tab. I.
fig. 2. h. und o.) gezogen, hinter welcher die
chorda tympani in einem besondern Canal nach
vorn und innen läuft**).
Der äußere Gehörgang***) (porus acu-
sticus externus) wird erst nach der Geburt in
[Seite 124] den ersten Lebensjahren durch eine überaus ein-
fache Ausbreitung oder Verlängerung des
Pauckenfellringes gebildet, die aber mehren-
theils irrig oder dunkel angegeben wird. Dieser
unvollkommne flache Ring selbst nemlich fängt
erst an, zumal nach unten breiter zu werden,
fast wie ein halber Mond oder wie eine oben
durchbrochne aber zugleich nach unten und
außen gewölbte Scheibe, deren Ausschnitt nach
und nach immer enger und endlich gar ge-
schloßen wird, so daß dann schon aus dem
vormaligen Ringe eine nach innen flach ausge-
hölte Schaale worden ist, die hinten am Rand
der Paucke anschließt, dann, in einigen Ab-
stand vom Pauckenfell, und von ihm divergi-
rend nach vorn lauft, und sich da mit einem
ausgeschweiften bogichten Rande öffnet. –
Mit den Jahren wird dann erstens dieser bo-
gichte Rand so wie der gleich drüber liegende
Theil des Schlafbeins immer mehr nach außen
[Seite 125] zu getrieben, verlängert; so daß dadurch das
Pauckenfell immer tiefer nach innen und siche-
rer zu liegen kommt: zweytens aber wird die
Außenseite der obgedachten flachausgehölten
Schaale zu einer am untern und innern Rande
frey abstehenden Schaufelartigen Schulpe mit
wellenförmigen Rändern ausgewürkt.
An der hintern Seite jenes ausgeschweif-
ten bogichten Randes liegt der processus mastoi-
deus, der ebenfalls erst nach der Geburt gebil-
det, und durch den musc. sternomastoideus im-
mer mehr ausgewürkt, folglich bey Wilden
und bey andern Leuten, die schwere Handar-
beit verrichten, ansehnlich verlängert wird.
An seiner Wurzel ist nach innen zu eine tiefe
Furche wie ausgefeilt, aus welcher der biuen-
ter maxillae inf. entspringt.– Der Fortsatz
selbst ist meist durch eine oder mehrere ansehn-
liche Hölen und viele Nebenzellen ausgehölt*),
[Seite 126] die gewönlich theils mit diesen Hölen, theils
auch mit der Paucke*) in Verbindung stehen.
(Th. I. S. 62.)
Rückwärts hinter diesem Fortsatz ist gewön-
lich (s. §. 39.) das for. mastoideum s. ma-
millare s. occipitale venosum (Tab. I. fig. 2. m.)
wodurch ein emissarium Santorini und zuweilen
auch ein kleiner Zweig der carotis ext. lauft**).
Vorwärts hingegen, ohngefähr an der
Mitte der Schaufelförmigen Schulpe des
äußern Gehörgangs, entspringt hinter dersel-
ben der Griffel-Fortsatz***) (process. stylifor-
[Seite 127] mis) der auch erst in der Kindheit aus einem
besondern tiefen Grübchen hervorwächst und
dann schräg nach vorn und innen herabsteigt,
und sowohl in seiner Länge als Dicke und übri-
gen Form gar sehr variirt*).
Zwischen dem Zitzenförmigen- und diesem
Griffel-Fortsatz, doch näher an diesem und
etwas nach innen, öffnet sich das for. stylo-
mastoideum (Tab. I. fig. 2. mitten zwischen g.
und h.), nemlich die äußere Mündung des
Fallopischen Canals wodurch der harte Ohr-
Nerve heraustritt.
Neben dem process. styliformis nach innen
zu, ist eine ansehnliche tiefe glattausgerundete
Grube aufwärts ins Felsenbein eingegraben,
die den bulbus venae cauae aufnimmt und de-
ren hintrer Rand einen Theil der vordern Wand
des for. laceri s. iugularis bildet, durch welchen
nemlich die Droßelader heraustritt. Vor die-
sem Rande liegt dann ein andrer Halbmondför-
miger Ausschnitt, der zum gleichen foram. ge-
[Seite 128] hört und den großen herum schweifenden Nerven
nebst dem spinalis recurrens durchläßt.
Endlich ist nahe vor jener glattausge-
rundeten Grube etwas nach außen der große
Eingang des weiten aber kurzen und wie ein
Knie gebognen Canals zum Durchgang der
carotis cerebralis*) und des Intercostalner-
ven. (Tab. I. fig. 2. g.)
Nun zur innern Seite des Knochen.
Am bogenförmigen Rand desselben bildet
die Schuppennath eine, theils Fingerbreite,
rauhe scharfzulaufende Einfassung.
Die übrige Fläche der pars squamosa hat
so wie an den vorigen Knochen ihre impressio-
nes digitatas, iuga cerebralia u.s.w. besonders
auch Ader-Furchen von der art. meningea
media.
Hinter dem Felsenbein ragt noch ein flaches
Knochenstück hintenraus, das an die ehemali-
gen fontanellas Casserii stößt (Th. I. §. 37.),
und worin die fossa sigmoidea für den sinus
lateralis der harten Hirnbaut eingedruckt ist;
an dessen hintern Rande das obgedachte for.
mastoideum sich meist als ein bedeckter Canal
öffnet.
[Seite 129] Das Felsenbein wird auf dieser innern Seite
durch einen scharfen Rücken, an welchen sich die
sinus petrosi superiores in einer eignen Furche
anlegen*), in zwey höckrige Flächen getheilt,
wovon die eine nach oben und vorn, die andre
aber nach hinten gekehrt ist.
Auf jener zeigt sich erstens nach hinten zu
eine bogenförmige Wölbung von dem darun-
ter liegenden canalis semicircularis superior.
Ferner in der Mitte etwas nach vorn eine
ganz schräge unter einem dünnen Knochenblätt-
gen hervorlaufende Oeffnung, nemlich die
apertura interna des Fallopischen Ganges.
Noch weiter nach vorn das Ende des knö-
chernen Theils der Eustachischen Röhre (die aus
der Pauckenhöle nach den innern processib. pte-
rygoid. des Keilbeins läuft.)
Daneben etwas nach innen und unten der
Ausgang des obgedachten canalis carotici**)
(Tab. I. fig. 2. f.).
[Seite 130] Auf der hintern Fläche liegt nahe vor der
fossa sigmoidea eine schräg nach hinten sich
öffnende Ritze, wo die hintre von den beiden
Cotunnischen Wasserleitungen heraustritt.
Gleich über ihr aber eine schwache Spur
vom obern Schenkel des darunter liegenden
canalis semicircularis inferior.
Und noch weiter vorwärts der meatus au-
ditorius (oder porus acusticus) internus (Tab. I.
fig. 2. k.), eine weite Mündung die dem ersten
Anblick nach zu einem blinden am Ende ver-
schloßnen Gange zu führen scheint; auf dessen
Boden aber sich drey wie im Triangel an ein-
ander stehende Gruben*) unterscheiden lassen,
zweye nach unten; die dritte zwischen diesen,
drüber. Von jenen beiden zeigt sich die vordre
durch ihre saubre Windung als die Basis der
dahinter liegende Schnecke: die hintre hingegen
stößt an den Vorhof des Labyrinths: – beide
diese Gruben sind mit überaus feinen Löchergen
zum Durchgange der zarten Fäden des Gehör-
nerven durchbohrt**).
[Seite 131] Die dritte oder obre jener gedachten drey
Gruben geht etwas tiefer ein und verliert sich
in eine ansehnliche Mündung, den Anfang
nemlich des Fallopischen Ganges.
Endlich ist gerade unter diesem porus acu-
sticus internus am Rande des for. laceri ein
enger gewölbter Gang der zur vordern Co-
tunnischen Wasserleitung führt.
Man theilt das ganze Gehörwerkzeug*) am
füglichsten in drey Abschnitte:
A) in das äußere, bis zum Pauckenfell.
B) in das mittlere, das nemlich die Paucke
und die darin liegenden kleinen Knochen
begreift.
A) Was vom äußern Ohr in die Osteo-
logie gehört, ist der Gehörgang der schon im
[Seite 135] 43. §. beschrieben worden. Seine äußere
Mündung ist Trichterförmig erweitert, und
seine obre Wand ungleich kürzer als die untre,
so wie es die schräge Lage des Pauckenfells mit
sich bringt die ihn am Ende verschließt und
die Scheidewand zwischen dem äußern und
mittlern Ohre macht. Dieses Fell liegt nem-
lich mit seinem obern Rande sehr vorwärts und
nach außen und ist hingegen mit dem untern nach
innen zurückgezogen. – So weit der obge-
dachte Ring beym ungebohrnen Kinde ge-
schlossen war, so weit bleibt auch nachher zur
Anlage des Pauckenfells eine saubre ausgefurchte
Rinne; die hingegen nach oben an der Stelle
wo jener Ring unterbrochen war, wenigstens
nicht so deutlich ist.
Nun B) zum mittlern Ohr das die
Pauckenhöle nebst den drey kleinen Gehörkno-
chen begreift.
[Seite 136] Erst die Höle selbst. – Sie hat im
Ganzen genommen fast die Gestalt und Lage
eines schräg umgekehrten Kessels, der nemlich
mit seinem Rand um das Pauckenfell anschließt
und hingegen mit seinem freylich sehr höckrichten
Boden aufrecht und vielmehr etwas nach oben
gekehrt ist.
Wir nehmen die darin zu merkende Theile
in der Ordnung wie sie fürs Gedächtnis am
faßlichsten zu seyn scheint.
Zuförderst die beiden sogenannten Fen-
ster. – Das Eyförmige und das rundliche.
Jenes, die fenestra oualis, liegt in einer
besondern kleinen Grube fast mitten im Boden
der Pauckenhöle doch etwas mehr nach oben:
meist mit dem Pauckenfell parallel. Der obere
Rand ist mehr bogenförmig ausgeschweift, der
untre mehr gerade. Es stößt nüber in den
dahinter liegenden Vorhof des Labyrinths;
und ist durch den Fustritt des darin sitzenden
Steigbügels ausgefüllt.
Das andre Fenster, das rundliche (fenestra
rotunda) oder vielmehr dreyeckte*), liegt unter
dem vorigen; nach hinten zu, und in einer ganz
andren Richtung als jenes; nemlich nicht mit
[Seite 137] dem Pauckenfelle parallel, sondern vertical.
Es stößt auf den untern Gang (scala inf.) der
Schnecke; und ist durch eine überaus zarte
Haut verschlossen.
Gerade unter dem eyförmigen Fenster,
und vor dem rundlichen, liegt das sogenannte
Vorgebürge (promontorium), eine ansehn-
liche ziemlich glatte Erhöhung, unter welcher
sich die größte Windung der Schnecke endigt.
Ueber dem eyförmigen Fenster hingegen,
und mehr hinterwärts, also fast in der
Diagonale vom Vorgebirge liegt eine andre än-
liche Erhöhung, die von den vordern Schen-
keln des obern und äußern Bogenganges (canal.
semicircular. super. und exterior) verursacht
wird.
Neben dem gleichen Fenster nach vorn
fängt sich eine ansehnliche Rinne an, die der
Spitze einer Hohlsonde änelt, und von da längst
des Felsenbeins vorwärts schräg hinabsteigt.
In ihr liegt der tensor tympani dessen zarte
Sehne am Stiel des Hammers ansitzt.
Ebenfalls neben der fenestra ouali aber
nach hinten, also meist jener Rinne gegen
über, zeigt sich ein kleines wie mit einer Nadel
eingebohrtes Löchelgen, aus welchem die faden-
förmige Sehne des stapedius heraustritt und
sich an den Kopf des Steigbügels befestigt.
[Seite 138] Dieser kleinste Muskel des menschlichen Kör-
pers selbst liegt aber in einer spindelförmigen
Höle, die sich von jener kleinen Oeffnung nach
unten und hinten erstreckt.
In einiger Entfernung von dieser letztge-
dachten Oeffnung, aber meist mit derselben
horizontal, nach außen, ist nahe am hintern
Ende der eingefurchten Rinne des Pauckenfells
eine andre kleine Mündung, die nach dem for.
stylomastoideo hin in einen Canal führt, durch
welchen die chorda tympani läuft.
Unmittelbar vor dem obern Rande der ge-
dachten kleinen Grube, in deren Boden das
eyförmige Fenster eingegraben ist, quer zwischen
der Rinne für den tensor tympani und dem
kleinen Loche für den stapedius komme ein Theil
des Fallopischen Canals*) (aquaeductus
fall.) zum Vorschein, der den harten Ohr-
nerven einschließt, und dessen Anfang wir oben
beym porus acusticus internus, so wie seine aper-
turam internam (§. 44.), und seinen Ausgang
als for. stylomastoideum (§. 43.) gesehen
haben.
Endlich die ebenfalls schon gedachte Eusta-
chische Röhre**) (tuba evstach. §. 44.) die
[Seite 139] vor dem canal. carotico und neben der Rinne
des tensor. tymp. liegt, und sich vom vordern
Rande des Pauckenfells nach der obern und
vordern Fläche des Felsenbeins erstreckt*).
In dieser Pauckenhöle liegen nun die drey
kleinen Gehörknochen, der Hammer, der
Ambos, und der Steigbügel**), die sich
[Seite 140] durch ihre Kleinheit*) und Sauberkeit aus-
zeichnen, und die wichtige Verrichtung haben
den Schall vom Pauckenfell zum Vorhof des
Labyrinths fortzupflanzen. Sie verbinden
gleichsam zu diesem Behuf durch die Art wie
sie mit einander eingelenkt sind**), das
Pauckenfell mit dem eyförmigen Fenster***),
und können durch die gedachten zarten Muskeln,
[Seite 141] zwar unmerklich – aber doch zum Theil will-
kürlich bewegt werden*).
Sie sind die einzigen Knochen des ganzen
Körpers die schon vor der Geburt ihre ganze
Größe, Form, vollkommne Verknöcherung
u.s.w.**) erreichen: und haben, im ganzen
und in ihren Haupttheilen genommen eine sehr
bestimmte, im Verhältnis derselben aber eine
oft verschiedentlich variirende Gestalt.
Der Hammer***) (malleus) hat ehr die
Figur einer kurzen krummgebognen knotichten
[Seite 142] Keule – oder des obern Theils vom Schen-
kelbein – und wird in den Kopf, Griff und
noch zwey andre kleinere Fortsätze eingetheilt.
Der Griff (manubrium) liegt an dem
Pauckenfelle an, und zwar mit seinem untern
äußersten Ende meist im Mittelpunkte desselben,
den er einwärts zieht, so daß das Fellgen an
dieser Stelle von außen eine kleine trichterför-
mige Grube zeigt*). – So liegt der Griff
hinter diesem Fellgen gleichsam wie ein radius
eines Cirkels, und setzt oben mit einem stum-
pfen Fortsatze ab (processus obtusus).
Seitwärts von diesen process. obtusus, et-
was höher, gleichsam am Halse des Kopfs
liegt ein dornförmiger Fortsatz (processus spi-
nosus) der vorwärts nach der schaufelförmigen
Schulpe (§. 43.) des äußern Gehörganges
gerichtet ist, und zuweilen bey Leibesfrüchten
und kleinen Kindern in eine lange gekrümmte
am Ende gleichsam flachgedrückte und sehr
elastische Gräte**) auslauft; die aber meist
[Seite 143] mit den Jahren mit der vordern Seite des
Pauckenfellringes verwächst.
Der Kopf macht mit dem Stiel einen stum-
pfen Winkel, gleicht einer rundlichen Kolbe,
liegt über dem Pauckenfell hinaus, und hat
nach hinten eine gleichsam ausgeschnitzte läng-
liche Vertiefung womit er in der Gelenkfläche
des Amboses wie in einer Pfanne aufliegt.
Der Ambos (incus) ist kürzer aber dicker
als der Hammer, und seiner Gestalt nach von
Vesalius nicht uneben einem Backenzahn ver-
glichen worden. Er dient zur Verbindung
des Hammers mit dem Steigbügel und wird
in den Körper und zwey Fortsätze eingetheilt.
Jener, das corpus, ist mit einer ungleich
ausgeschweisten Gelenkfläche versehen, in wel-
cher, wie gedacht, der Kopf des Hammers,
wie in einer Pfanne articulirt.
[Seite 144] Von den beiden Fortsätzen ist der eine
kürzer aber dicker, fast wie ein flachgedrückter
Kegel, und liegt meist in gleicher Linie mit
dem obgedachten process. spinosus des Ham-
mers, aber rückwärts gekehrt.
Der andre Fortsatz ist schlanker und ragt
mitten in die Pauckenhöle hinab. Er liegt
meist mit dem Stiel des Hammers parallel, so
daß zwischen beiden die chorda tympani hin-
durchlauft*).
Am Ende dieses schlanken Fortsatzes wo
er mit dem Steigbügel eingelenkt ist, nehmen
die mehresten Zergliederer ein viertes Gehör-
knöchelgen an, das Linsenbeinchen**) (lenticu-
lus s. ossic. orbiculare), das da wo sich dieser
Fortsatz nach innen krümmt, zwischen ihm und
dem Steigbügel inne liegen soll etc. das ich
aber nach oft wiederholten und möglichst ge-
nauen Untersuchungen im natürlichsten ge-
wönlichsten Bau für nichts anders, als
für eine – noch darzu sehr unbeständige –
[Seite 145] epiphysis*) dieser apophysis ansehen kann.
Sie fehlt oft**), auch bey den übrigens vollkom-
mensten Gehörknöchelgen – (auch bey denen
von Negern und vom Nordamericanischen Wil-
den, die ich vor mir habe,) und wenn sie bey
erwachsnen Personen da ist, so springt sie nur
nach einiger angewandten Gewalt davon ab,
da sich dann aber unter dem Microscop die
zackichte Spur des Knochenbruchs aufs deut-
lichste zeigt. – Und wenn sich hingegen, wie
ich auch selbst gesehen, ein würklich abgeson-
dertes Beinchen zwischen dem Ambos und
Steigbügel zeigt, so darf man dieß doch, mei-
nes Bedünkens eben so wenig für den gewön-
lichen natürlichen Bau halten als andre
überzälige Gehörknöchelgen die auch nicht so
gar selten in Menschen***) oder Thieren****)
gefunden werden.
Das dritte wahre Gehörbeinchen ist der
Steigbügel*) (stapes, stapha), der kleinste
Knoche am Gerippe, von einer ausnehmenden
Eleganz, und von einer sehr ausgezeichneten
Gestalt, wovon er eben seinen so völlig passen-
den Namen erhalten hat.
Er liegt horizontal und man unterscheidet
an ihm den Knopf, die beiden Schenkel und
den Fustritt.
Der Knopf ist an der untern Seite rund-
lich gewölbt, an der obern aber mit zweyen,
meines wissens sonst noch nicht bemerkten, flachen
Grübchen zur Anlage des stapedius ausgehölt.
Von den beiden Schenkeln ist der vordere
gerade und folglich kürzer als der nach hinten
gekehrte, mehr krumm gebogne. Sie sind nach
innen wie eine Rinne ausgefurcht, und ihr
nach oben liegender Rand ist etwas weiter aus-
geschweift, als der unterwärts gekehrte.
Der Fustritt hat meist völlig die Form des
eyförmigen Fensters das er ausfüllt, mithin
ist auch der obre Rand mehr bogenförmig, der
untre hingegen mehr gerade.
Es folgt endlich C) das innere Ohr oder
der Labyrinth – der wieder in drey Ab-
schnitte eingetheilt wird, nemlich:
1) in den Vorhof, der zwischen den beiden
folgenden mitten inne liegt;
1) der Vorhof (vestibulum), bildet
gleichsam eine zweyte Pauckenhöle, die gerade
hinter der vorigen eigentlich sogenannten liegt,
und durch das eyförmiye Fenster mit derselben
verbunden wird. Ihre Hölung ist kleiner*),
aber ihre innern Wände weit glatter als je-
ner ihre.
Sie zeigt außer dem eyförmigen Fenster,
und dem einen cotunnischen Wassergange, dessen
nachher gedacht werden wird, sechs andre an-
sehnliche runde Oeffnungen; davon fünfe
zu den Bogengängen, die sechste aber zur
Schnecke führt.
Die eine derselben liegt im Hintergrunde
des Vorhofs, dem eyförmigen Fenster meist
[Seite 148] gegenüber, etwas nach oben, und ist die ge-
meinschaftliche Mündung der beiden zusam-
menstoßenden Schenkel vom obern und un-
tern Bogengange. – Die zweyte, vorn,
gerade über dem eyförmigen Fenster, vom vor-
dern Schenkel des obern Bogenganges. –
Die dritte gleich daneben, nach hinten, vom
vordern Schenkel des äußern Bogenganges.–
Die vierte auch mehr im Hintergrunde, rück-
wärts, vom hintern Schenkel des nemlichen
Ganges. – Die fünfte, auch rückwärts
aber tiefer unten, vom andern Schenkel des
untern Bogenganges. – Endlich die sechste
gerade unter dem eyförmigen Fenster, vom
obern Gange (Scala) der Mündung an der
Schnecke.
2) die drey Bogengänge*) selbst (ca-
nales semicirculares): die hinter dem Vorhof
und mehr nach oben liegen: und deren sechs
Schenkel sich gedachtermaßen mit fünf Mün-
dungen in den Vorhof öffnen.
[Seite 149] a) der obere (canal. semicircular. super.
s. minor) steht aufrecht: mit dem Bogen nach
oben, die Schenkel niederwärts gerichtet.
b) der untre (canal. semicircular. infer. s.
maior) liegt vertical; meist mit der Schnecke
in gleicher Richtung – mit dem Bogen nach
hinten; sein oberer Schenkel macht mit dem
hintern des vorigen Bogenganges die gedachte
gemeinschaftliche Mündung. (§. 53.)
c) der äußere (canal. semicircular. exterior
s. minimus) liegt gleichsam mitten zwischen
beiden vorigen: aber mehr horizontal: sein
Bogen auch nach hinten. Sein vorder Schen-
kel macht nut dem vordern Schenkel des obern
Ganges beynah einen rechten Winkel, sein
hinterer läuft mitten zwischen beide Schenkel
des untern Bogenganges.
3) die Schnecke*) (cochlea) – eines
der erstaunenswürdigsten Meisterstücke, das
[Seite 150] doch so ganz versteckt mitten in dem festen Kno-
chenguß des Felsenbeins vergraben liegt*). –
Sie änelt einer kleinen Gartenschnecke von
drittehalb Windungen. – Sie liegt vertical
gleichsam aufgerichtet, neben dem Vorhof nach
vorn und etwas nach unten – ihre Grund-
fläche im Boden des innern Gehörganges
(§. 44.) und ihre letzte große Windung hinter
dem promontorium in der Pauckenhöle. (§. 47.)
Die Windungen der Schnecke im rechten
Ohr sind wie bey den gewönlichen Garten-
schnecken rechts gewunden, die im linken
Ohr aber links (anfractibus sinistris). Sie
laufen – ebenfalls wie in den Garten-
schnecken – um eine Spindel (modiolus,
nucleus, s. columella) die aber hohl ist und
einen starken Faden vom weichen Gehörnerven
aus dem innern Gehörgang aufnimmt**),
der sich an ihrer Spitze in einen kleinen Trich-
ter (scyphus vievssenii)***) verbreitet.
[Seite 151] Die Windungen selbst werden aber längst
ihres ganzen Laufs durch eine überaus merk-
würdige äußerst seingebaute Scheidewand (la-
mina spiralis) die gegen die Spitze zu in einen
kleinen Hacken (hamulus) ausläuft, in zwey
Gänge (scalae) – einen obern und einen un-
tern – abgetheilt.
Diese Scheidewand ist da wo sie um die
Spindel herum läuft, knöchern: – wo sie
hingegen an den äußern Wänden der Gewinde
anliegt, häutich. Jener, der knöcherne Theil,
besteht aber eigentlich aus zwey feinen Kno-
chenblättgen, zwischen welchen sich die End-
fädgen des Gehörnerven, in der Gestalt eines
unbeschreiblich feinen quergestreiften oder netz-
förmigen Bändgens*), verbreiten; dessen
streifichte Eindrücke sich auch auf dem Knochen-
blättgen der Scheidewand selbst, zeigen**).
Der untre der beiden, durch diese Schei-
dewand von einander abgesonderten Gänge,
stößt, wie obgedacht, aufs rundliche Fenster
der Paukenhöle: und heißt deshalb scala tym-
pani. – Der obere aber scala vestibuli, weil
er sich wie gesagt, in den Vorhof des Laby-
rinths öffnet.
Der ganze Labyrinth ist mit einem Wäß-
richten Dufte (aquula cotvnnii) gefüllt, der
durch die beiden, neuerlich berühmt wordenen
Wassergänge (aquaeductus cotvnnii*) oder
diuerticula des jüng. Hrn. Prof. Meckel**))
abgeleitet werden kann.
Der hintere, (diuerticulum vestibuli)
öffnet sich im Vorhof, gleich unter der gemein-
schaftlichen Mündung des obern und untern
Bogenganges (§. 53.) nach vorn; und führt
zu der obgedachten (§. 44.) schrägen Ritze
des Felsenbeins, nahe bey der fossa sigmoidea.
Der vordere (diverticulum cochleae) läuft
von der scala tympani (§. 55.) nach dem
ebenfalls oberwähnten (§. 44.) gewölbten
Gang am for. lacerum.
Das Keilbein (os sphenoideum*) s. cu-
neiforme, sonst auch basilare, polymor-
phon s. multiforme, vespiforme etc.**) ge-
nannt –) hat diesen seinen gewönlichsten und
angemessenen Namen von den vielseitigen Nä-
then, Furchen und andern Verbindungen, wo-
mit es zwischen die ganze übrige Hirnschaale
und mehrere andre Knochen wie eingekeilt
steckt. – Eben daher rührt aber auch seine
ganz eigne vielzackichte, schwer zu beschreibende
[Seite 154] oder zu vergleichende Gestalt*), und die große
Menge seiner Fortsätze die an keinem andern
Knochen des Gerippes so zahlreich sind.
Es steht dieser Knoche erst, wie schon er-
innert, mit allen übrigen sieben Knochen der
Hirnschaale – außerdem aber auch 8. mit
der Pflugschaar 9. 10. mit den Jochbeinen und
11. 12. mit den Gaumenbeinen, in Verbindung.
Bey der reifen Leibesfrucht besteht das
Keilbein aus drey einzelnen Stücken: dem
Mittelstück nemlich, und den beiden Seiten-
flügeln**).
Dem zu folge läßt sich auch der ganze Kno-
chen am füglichsten in das mittlere corpus und
die beiden partes laterales eintheilen.
Jenes begreift den Türkensattel mit dem
darunter liegenden sinus sphenoidalis, und den
processus clinoideis.
Diese aber die großen Flügel und die pro-
cessus pterygoideos.
An dem corpus des Keilbeins zeigt sich eine
sehr häufige Verschiedenheit, die um so merk-
würdiger ist, da übrigens der Bildungstrieb
in der Ausbildung des Gehirns und der in-
nern Grundfläche des Hirnschedels weit seltner
und weniger als in andern Theilen des Körpers
von der bestimmten Richtschnur abweicht*).
Diese Verschiedenheit besteht darin, daß
in manchen Schedeln die obere Seite der pars
basilaris des Hinterhauptbeins (§. 38.) dicht
an die hintern process. clinoideos anstößt –
in andern hingegen weit davon entfernt bleibt,
so daß eine ganz eigne schräge Fläche des Keil-
beins vom Ende jener pars basilaris zu den ge-
dachten process. clinoideis schräg emporsteigt**)
die wol durch den besondern Namen der Abda-
chung (cliuus) unterschieden zu werden verdient.
Dieser Unterschied ist so sehr beträchtlich
und auffallend, daß dadurch das Profil von
diesem corpus des Keilbeins, wenn es von vorn
nach hinten vertical durchschnitten wird, im
ersten Fall ein Quadrat, im letztern hingegen
ein Pentagon vorstellt. – Die obere Seite
dieses Pentagons läuft von den hintern pro-
[Seite 156] cessib. clinoideis nach den vordern, über den
Sattel weg. Die zweyte Seile macht vorn
die scharfe Kante zur Anlage für die Scheide-
wand der Nase. Die dritte nach unten zur An-
lage für die Pflugschaar. Die vierte nach hinten
die aus Hinterhauptbein stößt und endlich die
5te aufwärts nach vorn, der cliuus, der zu-
weilen länger ist als die ganze vierte Fläche an
welcher das Hinterhauptbein anliegt.
Zu den Veränderungen die dieser cliuus in
den Verhältnißen der basis cranii hervor-
bringt, gehört vorzüglich die weit tiefere und
engere Lage des Sattels und die große Ver-
längerung des Raums von den hintern pro-
cessib. clinoideis bis zum for. magnum des
Hinterhauptbeins*).
Der Sattel (sella turcica) hat oben eine
ausgehölte Fläche für die glandula pituitaria:
und zu jeder Seite eine andre zur Anlage des
receptaculi oder sinus cauernosi der harten
Hirnhaut**).
[Seite 157] Vor dem Sattel liegen die sogenannten
Säbelfortsätze (process. ensiformes s. clinoi-
dei anteriores) die zu beiden Seiten in ein paar
lange Spitzen, nach vorn mit einer zackichten
Schneide auslaufen.
Hinter dem Sattel, an dem cliuus, die
weit kleinern processus clinoidei posteriores
(s. inclinati.)
Zuweilen erheben sich aber auch noch zu
beiden Seiten des Sattels, doch mehr nach
vorn, processus clinoidei medii (s. pyramida-
les) die sich auch wol mit den hintern Knöpfen
der vordern process. clinoideor. verbinden
und ein eignes foramen bilden.
Unter diesen vordern processib. clinoideis
steigt der scharfe Rand zur Anlage des septi
narium hinunter; zu dessen beiden Seiten sich
die sogenannten Schleimhölen (sinus) dieses
Knochen in den obern Nasengang öffnen.
Er macht unten eine stumpfe Ecke von
welcher ein änlicher Rand nach hinten läuft,
und auf der Pflugschaar aufsteht. – Zu
dieses seinen beiden Seiten liegen die cornua
sphenoidalia ein paar dreyeckte gewölbte kleine
Knochenschaalen, die oft dem Keilbein selbst –
zuweilen aber auch dem Siebbein zugehören,
[Seite 158] und hier die gedachten Schleimhölen verschließen
helfen*).
Hierauf folgt endlich nach hinten diejenige
schon erwähnte Fläche, an welcher der process.
basilaris des Hinterhauptbeins anliegt, und
mit zunehmenden Jahren gewönlich gar mit
ihm zu einem Stücke verwächst. (Th. I. §. 51.
Th. II. §. 38.)
Der größte Theil dieses Mittelstücks des
Keilbeins, ist, nur etwa die sämtlichen pro-
cessus clinoideos ausgenommen, durch die
sinus sphenoidales ausgehölt**), die kleiner
sind als die Stirnhölen, übrigens aber den
[Seite 159] gleichen Zweck haben. Gewönlich sind ihrer
zweye die durch eine verticale Scheidewand,
die aber nicht wie die zwischen den Stirnhölen
durchbrochen ist, von einander abgesondert
werden. – Nach vorn öffnen sie sich wie ge-
dacht, in den meatus narium superior. – Zu-
weilen sind sie durch mehrere Knochenblättgen
in Zellen und Fächer abgetheilt: – in andern,
aber weit seltnern Fällen fehlen sie gar und
sind mit einer Art von diploë ausgefüllt.
Ihre innere Bekleidung etc. ist so wie bey den
übrigen sogenannten Schleimhölen des Sieb-
beins, Oberkiefers etc. die nemliche die oben bey
den Stirnhölen angegeben worden (§. 15.)
Nun die beiden Seitentheile des Keil-
beins: worunter wie gedacht die großen Flügel
und die beiderley processus pterygoidei begrif-
fen werden.
Von jenen zuerst. – Sie erstrecken sich
von innen und hinten nach außen und vorn,
und zugleich auch aufwärts. – Sie haben
eine beynah prismatische Gestalt, daher man
sie in folgende drey Hauptflächen eintheilen kan.
1. Superficies cerebralis s. interna, auf
welcher die lobi cerebri medii liegen; daher sie
auch so wie die übrige Hirnhöle ihre im-
pressiones digitatas, iuga cerebralia u.s.w. hat.
[Seite 160] 2. Superficies temporalis s. externa, die
größte Fläche: Sie stößt öden an den angulus
sphenoideus der Scheitelbeine: wird in der
Mitte durch einen erhabnen in die quere laufen-
den Rücken gleichsam in zwey Helften getheilt;
und endigt sich nach hinten und unten in die
spina sphenoidalis s. angularis, an deren hintern
Seite die alae paruae ingrassiae*) anliegen.
3. Superficies orbitalis s. anterior: die
kleinste Fläche, welche die hintre Hälfte der
äußern Wand in den Augenhölen bildet.
Die beiberley processus pterygoidei stei-
gen hinten, neben dem corpus des Keilbeins
hinab. Es sind ihrer auf jeder Seite zweye,
ein größerer und ein kleinerer.
Jener, der proc. pteryg. maior liegt nach
außen, und seine Ausenfläche continuirt mit der
superfic. temporalis der großen Flügel; unten
stößt er an die Hinterseile des Oberkiefers.
Die proc. pteryg. minores sind schmaler,
liegen nach innen, nächst hinter den Gaumen-
beinen, mit welchen sie die große fast viereckte
hintre Oeffnung der Nasenhöle, die sogenannte
choana bilden helfen. – Nach unten endi-
[Seite 161] gen sie sich in einen auswärts gekrümmten klei-
nen Hacken (hamulus) zur Anlage des circum-
flexus palati.
Der hintre Zwischenraum zwischen den
beiderley processib. pterygoideis heißt die fossa
pterygoidea. (Tab. I. fig. 2. c.)
Gerade über derselben, und nach der choana
zu steigt vom Ende des Felsenbeins eine flache
rinnenförmige Furche herab, in welcher die
knorpliche Fortsetzung der Eustachischen Röhre
liegt. (§. 44.)
Endlich die am Keilbein befindlichen fo-
ramina*). Sie liegen meist zu beiden Sei-
ten des corporis. –
Zu vorderst nemlich unter den processib.
clinoideis anterioribus die foromina optica zum
Durchgang des Sehenerven, und der unter
ihm hinauslaufenden arteria ophthalmica.
Dann weiter unten und nach hinten, wo
die großen Flügel ansitzen die foramina rotunda
s. maxillaria super. zum Durchgange des zwey-
ten Astes vom fünften Paare.
[Seite 162] Noch weiter zurück und nach außen die
foramina oualia s. maxillaria inferiora (Tab. I.
fig. 2. d.) für den dritten Ast vom fünften
Paare. – Dieses foramen steht auf der
obern Fläche mit dem vorigen durch eine flache
Furche in Verbindung.
Noch mehr nach außen, in der spina sphe-
noidali die foramina spinosa (Tab. I. fig. 2. e.)
zum Eingang der arter. meningea media.
Hinten gerade über den processib. ptery-
goid. internis ist ein Gang durch den Knochen
wie eingebohrt, der canalis vidianvs*) s.
pterygoideus, zum Durchgang des nach diesem
Canal benannten Zweiges vom zweyten Ast
des fünften Paares**).
Von den beiderley fissuris orbitalis s.
sphenoidalibus die sich in den Hintergrund der
Augenhöle öffnen, ist die obere eine fissura
propria, die nemlich blos vom Keilbein allein
gebildet wird. Sie dient zum Durchgange
dreyer ganzen Nervenpaare, des dritten nem-
lich, vierten, und sechsten: dann des ersten
Astes vom fünften Paare: ferner auch des seh-
nichten Bandes, von welchem drey Muskeln des
[Seite 163] Augapfels, der abducens, adducens und depri-
mens, entspringen: und der vena ophthalmica.
Die untere Spalte der Augenhöle (Tab. I.
fig. 2. r.) ist eine fissura communis; die haupt-
sächlich durch das Keilbein und den Oberkiefer;
doch auch zum Theil nach hinten vom Gau-
menbein und nach vorn vom Jochbein gebildet
wird. Sie läßt den zweyten Ast des fünften
Paares durch: und ist übrigens mit Beinhaut
verschlossen.
Das Siebbein*) (os ethmoideum s. cri-
briforme, auch spongoides**), colato-
rium etc.) ist der kleinste unter den acht Kno-
chen der Hirnschaale und ungemein leicht: aber
sowol wegen seines überaus zarten und ver-
wickelten Baues***), als weil er die vorzüglich-
[Seite 165] sten Werkzeuge des Geruchs enthält, doppelt
wichtig. So schwer zu bestimmend auch seine
Gestalt scheint, so läßt sie sich doch nicht une-
ben mit einem stumpfeckichten Würfel verglei-
chen, der gerade zwischen beide Augenhölen
eingeschoben*), oben nach der Hirnhöle und
unten in die Nase gekehrt ist.
Eben diese versteckte Lage setzt ihn aber mit
einer großen Menge der benachbarten Knochen
in Verbindung. – Gewönlich nemlich 1.
mit dem Stirnbein 2. dem Keilbein 3. 4. den
Oberkiefern 5. 6. den Gaumenbeinen 7. 8.
den Nasenbeinen 9. 10. den Thränenbeinchen
und 11. der Pflugschaar. Zuweilen aber auch
noch 12. 13. mie den untern Muschelbeinen.
Beym ungebohrnen Kinde besteht die ganze
Scheidewand der Nase und selbst der Hanen-
kamm blos noch aus einem Knorpelblatte: und
[Seite 166] nur in den Seitentheilen des Siebbeins hat die
Verknöcherung angefangen: diese Theile sind
aber so wie das ganze Geruchwerkzeug des
Fötus und des neugebohrnen Kindes noch sehr
unvollkommen, eng, bey weiten noch nicht
ausgebildet u.s.w.*).
Am faßlichsten läßt sich das Siebbein in
drey Abschnitte eintheilen: nemlich in
A) das Siebgen (cribrum) wovon der
ganze Knochen den Namen hat, liegt oben
horizontal, von vorn nach hinten, paßt in
die incisura ethmoidea des Stirnbeins (§. 18.)
und deckt folglich nur das mittlere Drittel der
ganzen Oberfläche des Knochen, da hingegen
das übrige zu beiden Seiten von der pars nasa-
lis des Stirnbeins (§. 14.) bedeckt wird**).
[Seite 167] Nach vorn wird es durch den Hahnenkamm
unterbrochen, der aus seiner Mitte emporragt.
B) die Scheidewand (septum osseum)
nebst dem vorn auf ihr stehenden Hanenkamm
(crista galli) liegt vertical von vorn nach hin-
ten. Der letztere variirt sehr in der Höhe und
Dicke. Meist enthält er leere Zellen wie der
zitzenförmige Fortsatz. Ich habe aber auch
Exemplare vor mir wo er zu einem wahren
sinus ausgehölt ist, der sich nach vorn in die
Stirnhölen öffnet. An seiner Wurzel ragen
vorn zu beiden Seiten die kleinen apophyses
alares heraus, womit er in einem Paar dazu
paßender Grübchen des Stirnbeins (§. 18.)
anfliegt.
Das eigentlich sogenannte septum narium
ist da wo es vorn vom Hanenkamm herunter
steigt, und an der spina nasalis des Stirnbeins
(§. 14.) anliegt, am stärksten. Uebrigens
bildet es ein dünnes, sehr oft nach einer oder
[Seite 168] der andern Seite schief gebognes*), Knochen-
blatt; das unten in einen wieder etwas stär-
kern bogenförmigen rauhen Rand auslauft der
auf der Pflugschaar aufliegt.
In den Fällen wo die cornua sphenoidalia
(§. 62.) Theile des Siebbeins ausmachen,
sitzen sie entweder an dem hintern Rande dieses
septi oder an den hintersten cellulis ethmoidali-
bus fest.
C) die Seitentheile haben wegen ihres
verwickelten Baues auch den Namen des Laby-
rinths erhalten, und lassen sich am füglichsten
wieder eintheilen in
1) die Muscheln (conchae s. ossa tur-
binata s. spongiosa superiora) stellen eigentlich
ein schwammichtes rauhes Knochenblatt vor**),
[Seite 169] das mit der Scheidewand (§. 72.) parallel
läuft: mit seinem obern Rande am Siebgen
(§. 71.) befestigt ist, und mit dem obern Theil
des vordern am processus nasalis des Ober-
kiefers anliegt: das aber nach hinten bis über
die Mitte quer durchschnitten und dadurch
gleichsam in zwey Flügel abgetheilt ist.
Diese Flügel sind gleichsam muschelförmig
gewölbt, so daß die convexe Fläche nach der
Scheidewand, die concave aber nach den Au-
genhölen zu gekehrt ist.
Der untre gleichsam frey hängende dieser
beiden Flügel ist die concha media: die sich
nach hinten tutenförmig zusammenrolle und
mit ihrer holen Seite den meatus narium me-
dius deckt. Zuweilen bildet sie eine kleine ver-
schloßne Blase, die Santorini zu den Schleim-
hölen zählte*).
[Seite 170] Der obere Flügel (concha superior s. mor-
gagniana)*) ist weit kleiner als der vorige,
ist nach oben und hinten gewölbt, läuft hinge-
gen unten in einen bogenförmigen etwas her-
vorstehenden Rand aus, der den meatus narium
superior bedeckt. – Zuweilen ist auch diese
oberste Muschel durch eine tiefe Furche wieder
wie in zwey noch kleinere getheilt**), und
was dergleichen Varietäten***) mehr sind.
2) die cellulae ethmoideae oder sinus ste-
hen zu beiden Seiten des Siebbeins zwischen
den Muscheln und den Papierbeinchen fast wie
Bienenzellen von vorn nach hinten an einan-
der. – Nach oben sind sie offen und werden
da von den beiden untern Rändern der pars
nasalis des Stirnbeins bedeckt. – So die
vordersten nach außen von den Thränenbein-
chen, und dem process. nasalis des Oberkiefers.
[Seite 171] Die hintern (die rückwärts und nach unten zu-
weilen eine zarte knöcherne Blase bilden) an
ihrem obern Rande von der pars orbitalis der
Gaumenbeinchen u.s.w. – Die Anzahl und
Abtheilung dieser Zellen ist ziemlich unbestän-
dig. Gewönlich sind ihrer fünfe auf jeder
Seite wovon sich die vordern in die Stirnhö-
len, die mittlern und hintern aber in den
obern Nasengang öffnen. – Zuweilen stehen
aber auch ihrer mehrere neben- oder übereinan-
der. – Ihre Zwischenwände sind wol die
feinsten Knochenblättgen am ganzen Gerippe.
Gerade unter den vordern Zellen liegt ein
schmales hakenförmig gekrümmtes aber viel-
zackichtes sonderbar gewundnes Knochenblatt,
das nur nach vorn, theils mit der vordern
Wand der Zellen, theils mit dem vordern Ende
der concha media verbunden ist, übrigens
aber ganz frey nach hinten lang hinaus ragt,
und deshalb wol processus vncinatus genannt
werden könnte, und mit seinen untern zackich-
ten Fortsätzen zuweilen an die untern Muschel-
beine stößt.
3) die ossa papyracea s. plana*) sind
eben die äußern Wände dieser Zellen, die
[Seite 172] von ihrer Zartheit und glatten Außenfläche den
Namen haben; und nebst dem an ihren vordern
Rand anstoßenden Thränenbeinchen die innere
Wand der Augenhöle ausmachen.
Zu den foraminibus des Siebbeins gehö-
ren zuförderst die auf dem obern Querblatte,
die dem ganzen Knochen den Namen gegeben
haben*). Sie sind in unbestimmter Anzal:
zuweilen wol drey bis vier Dutzend. Sie
sind vorzüglich zum Durchgang der Geruch-
nerven bestimmt, und zwar sind die, welche
dicht zu beiden Seiten des Hanenkammes lie-
gen und durch welche die Scheidewand der
Nase ihre Nervenfäden erhält, (wie schon der
verdienstvolle Schneider richtig angemerkt
[Seite 173] hat*)) größer als die nach außen liegen-
den. – Die erstern zumal sind nicht sowol
bloße Löcher als Röhrgen die am obern Rand
der Scheidewand rückwärts hinab laufen**).
Die übrigen foramina – nemlich die or-
bitalia interiora; und dann das coecum –
sind schon oben (§. 19.) erwähnt worden.
Beym Schluß der zur eigentlichen Hirn-
schaale gehörigen Knochen, muß noch
eines und das andre was sie betrift, abgehan-
delt werden.
Zuförderst noch ein Wort über die ihnen
eignen ächten Näthe (I Th. S. 71.) deren,
wie gedacht, eigentlich nur dreye gezält werden;
die am vordern-, am obern-, und am hin-
tern Rande der Scheitelbeine hinlaufen; nem-
lich sutura coronalis, sagittalis, und lambdoidea
(§. 25.)
Nicht selten erhält sich aber auch, selbst
noch bey Erwachsnen die vierte Nath, sutura
frontalis (§. 10.) die dann mit der Pfeilnath
in gleicher Richtung fortläuft und die Kranz-
nath gleichsam durchschneidet*).
Seltner sind die Fälle wenn eine unächte
Nath (sutura spuria Th. I. S. 71. u. f.) schon
von außen eben so in Zickzack geschlängelt ist
als sonst nur die ächten zu seyn pflegen. –
Solche Beyspiele habe ich an der Nath zwischen
beiden Nasenknochen; auch an der zwischen
dem Jochbeine und Schlafbeine; und zwischen
dem großen Flügel vom Keilbein und dem
vordern Rand des Schlafbeins vor mir*).
So unbestimmt auch der Bau der ächten
Näthe auf den ersten Blick zu seyn scheint,
so viele weise Einrichtung verrätht er bey einer
nähern Beleuchtung: da man sieht wie be-
stimmt ihre Lage, Richtung etc. an gewissen
Stellen ist, um dadurch die Hirnschaalknochen
desto dauerhafter und fester mit einander zu
verbinden*). So ist z.B. am Stirnbein der
obere Rand mehr einwärts gezänelt; die bei-
den Seitenränder hingegen mehr nach außen,
damit der Knochen mittelst dieser verschiednen
Richtungen desto fester in die umgekehrt dar-
[Seite 177] auf passenden vordern Ränder der Scheitelbeine
eingreifen kan*).
Es läßt sich kein genau bestimmter Zeit-
punkt angeben, in welchem die Näthe beym jun-
gen Kinde gebildet werden. Gewönlich fan-
gen doch die gedachten drey Ränder der Schei-
telbeine (§. 79.) schon zu Ende des ersten Le-
bensjahres an, sich an die Ränder der anstoßen-
den Knochen zu schließen**) und bey gesunden
Kindern sind sie meist schon in der Mitte des
zweyten Jahres bis auf die vordre Fontanelle
ausgebildet.
Vom nachwärtigen Verwachsen dieser
Näthe, entweder im höhern Alter, oder durch
Krankheiten, ist schon oben (Th. I. §. 51.)
die Rede gewesen. – Am frühsten und häu-
[Seite 178] figsten verwächst die Pfeilnath. – Hinge-
gen gehört das völlige Verwachsen aller ächten
Näthe zu den sehr ungewönlichen Selten-
heiten*).
Der ehedem oft misgekannte oder bestrittne
Hauptnutze der Näthe ist leicht abzusehen. –
Um nemlich die einzelnen Knochen woraus die
Hirnschaale zusammengesetzt seyn mußte zwar
zur Sicherheit des Gehirns fest genug – aber
auch so mit einander zu verbinden, daß sie sich
in den Jugendjahren ausdehnen, und dem
wachsenden Gehirne Platz machen können.
Unter dem gemeinschaftlichen Namen der
Zwickelbeinchen (ossicula suturarum s.
triquetra) lassen sich füglich alle die kleinen Kno-
chenstückgen zusammenfassen, die nicht selten
zwischen den ächten Näthen wie eingeflickt sitzen.
Man nennt sie auch, aber aus einem irrigen
Grunde, ossicula wormiana*), und hat auch
zwischen den sogenannten Wormianis und tri-
quetris einigen, aber sehr gesuchten, Unter-
schied machen wollen**).
Ihre Gestalt, Anzal etc. variirt unend-
lich*). – Hingegen muß man die auffallend
regelmäßige Symmetrie bewundern, die sich
bey schön ausgebildeten Schedeln in diesen
Zwickelbeinchen zeigt**).
Am leichtesten und häufigsten entstehen sie
bey Grosköpfichten Kindern, deren Näthe sich
sonst nicht leicht schließen könnten***), wenn
[Seite 181] nicht solche kleine Knochenkernchen zwischen
ihnen erzeugt, und durch ihre Vermittelung
die Verbindung der Näthe befördert würde*).
Nun noch ein Wort von der Grundfläche
der Hirnhöle (basis cranii) in ihrem
Zusammenhange. Erst von ihrer Eintheilung.
Dann von den darin eingedruckten Furchen
der Blutbehalter in der harten Hirnhaut, und
dann die Wiederholung der in dieser basis be-
findlichen Oeffnungen.
Man theilt die Hirnhöle überhaupt ins A.
cauum cerebri und B. cauum cerebelli.
A. Vom cauum cerebri sind auf der basis
cranii dreyerley große Gruben und gewölbte
Flächen für die dreyerley lobos des großen
Gehirns zu merken.
1. nemlich die Wölbung über den Augen-
hölen (§. 17.) für die lobos cerebri anteriores.
2. die großen Gruben, die zumal von der
innern Fläche der großen Flügel des Keilbeins
(§. 64.) und des daran stoßenden Schlaf-
[Seite 183] beins (§. 44.) gebildet werden, für die lobos
cerebri medios.
3. die fossae superiores zwischen der emi-
nentia cruciata des Hinterhauptbeins, (§. 36.)
für die sogenannten lobos cerebri posteriores.
B. Das cauum cerebelli ist der tiefe kessel-
förmige Raum, dessen obrer Rand sich von
dem scharfen Rücken der Felsenbeine (§. 44.)
rückwärts nach der protuberantia occipitali in-
terna (§. 36.) erstreckt.
Zu den Furchen die von der Anlage der
Blutbehalter der harten Hirnhaut auf der
basis cranii merklich und gewönlich zu sehen
sind*), gehört zuförderst der Anfang und das
Ende des sinus longitudinalis der innerhalb der
Sichel liegt, und sich vom foramen coecum
vor dem Hahnenkamm an, unter der Pfeilnath
weg, bis zur protuberantia occipitali interna
erstreckt.
Von dieser Protuberanz laufen zu beiden
Seiten in stark gekrümmten Bogen die sinus
laterales oder transuersi magni (§. 36.) die
in den fossis sigmoideis (§. 44.) hinlaufen
und sich von da durch die foramina iugularia
[Seite 184] (§. 39. 43.) ergießen. – Gewönlich sind
diese beiden Furchen von ungleicher Tiefe und
Weite: und zwar mehrentheils die zur rechten
Hand so wie auch das foramen lacerum der-
selben Seite weiter als die auf der linken*).
Von der nemlichen protuberantia occipit.
interna laufen unterwärts zu beiden Seiten
des for. magni nach den gleichen foraminibus
iugularibus die sinus occipitales posteriores.
(§. 36.)
Vor den foraminibus iugularibus liegen zu
beiden Seiten der pars basilaris des Hinter-
hauptbeins wo es neben dem vordern Ende der
Felsenbeine anliegt, die sinus petrosi inferiores.
(§. 38.)
Am scharfen Rücken der Felsenbeine die
kleinen sinus petrosi superiores. (§. 44.)
Und endlich zu beiden Seiten des Türken-
sattels die sogenannten receptacula oder sinus ca-
vernosi. (§. 62.)
Zuletzt wiederholen wir die auf der basis
cranii befindlichen beträchtlichen Oeffnungen**).
[Seite 185] Es sind folgende:
2. die foramina im Siebchen (§. 77.)
4. die fissurae orbitales superiores (§. 66.)
8. der Ausgang des canalis caroticus (§. 44.)
9. die apertura interna des Fallopischen
Ganges (§. 44.)
10. der porus acusticus internus (§. 44.)
11. der Ausgang des vordern aquaeductus
cotvnnii (§. 44.)
12. der Ausgang des hintern dieser Was-
serleitungen (§. 44.)
13. die for. iugularia (§. 39. 43.)
14. die for. mastoidea (§. 43.)
15. das for. occipitale magnum (§. 39.)
16. die for. condyloidea anteriora (§. 39.)
17. die condyl. posteriora (§. 39.)
Die bisher abgehandelten Knochen machen
die eigentliche Hirnschaale aus. Alle
übrige Knochen des Kopfs, die Oberkiefer
nemlich nebst den mit ihnen verbundnen Kno-
chen, vie untre Kinlade und die Zähne, wer-
den zusammen unter dem Namen der Gesichts-
knochen begriffen.
Sie dienen zuförderst zum Gebiß: und
helfen dann auch, in Verbindung mit der
Hirnschaale die Nasen- und Augenhölen bilden.
So wie sie überhaupt durch ihr Verhält-
nis zur Hirnschaale den Menschenschedel von
anderer Thiere ihren auszeichnen (§. 4. u. f.),
so bestimmen sie auch insbesondre, vorzüglich
bey erwachsnen Menschen, das meiste in der
Nationalen- oder inviduellen Gesichtsbildung.
Außer der Richtung der Gesichtslinie tragen
die Jochbeine, die Lage der Nasenknochen,
[Seite 187] und der große Winkel des Unterkiefers das
meiste dazu bey.
Man theilt die Gesichtsknochen in den mit
dem Schedel unbeweglich verbundnen*) Theil
[Seite 188] und in den Unterkiefer. Jener*) begreift,
außer den Zähnen, folgende 13 Knochen**):
1. 2. die Oberkiefer; 3. 4. die Gaumen-
beine; 5. 6. die Jochbeine; 7. 8. die Nasen-
beine; 9. 10. die Thränenbeine; 11. 12.
die untern Muscheln; und 13. die Pflug-
schaar.
Die Oberkiefer*) (ossa maxillaria s. malae)
sind die beiden ansehnlichen aber großen-
theils hohlen und ziemlich leichten Knochen
von schwer zu bestimmender vieleckichter Gestalt,
die unter der Nase und am Gaumen an einan-
der stoßen, und sich seitwärts nach den Backen-
knochen und in die Höhe bis zum Stirnbein
erstrecken**).
So wie das Keilbein mit allen übrigen
Knochen der Hirnschaale in Verbindung steht:
so die Oberkiefer mit allen übrigen unbeweg-
lichen Gesichtsknochen; denen es gleichsam
auch als ein os basilare zur Anlage und Stütze
dient. Außer diesen stoßen sie auch ans Stirn-
bein und ans Siebbein: und fassen mit ihrem
untern Rande die obere Reihe Zähne in sich.
Beym reisen ungebornen Kinde haben die
Oberkiefer zwar im ganzen genommen schon
meist die gleiche Gestalt, wie bey Erwachsnen,
auch besteht jedes schon aus einem einzigen
Stücke. Nur haben die Theile ein andres
Verhältnis*); zumal sind sie, wie es schon die
ganze Kindliche Gesichtsform anzeigt, überaus
niedrig (Th. I. §. 43.) besonders nach der Au-
senseite zu. Auch ist die nachwärtige große
Schleimhöle, eben wegen Mangel des Raums,
nur noch sehr unvollkommen, klein: hingegen
die sechs Zahnzellen in jedem dieser beiden Kno-
chen desto ansehnlicher.
Jeder Oberkiefer läßt sich füglich in vier
Seiten eintheilen:
A) in die große, meist gewölbte Außenseite;
B) in die der Nasenhöle zugekehrte innere;
A) die Außenseite (Facies malaris), bey
weiten die größte von allen, erstreckt sich oben
von der Nasenwurzel und unten von der Nath
zwischen den Schneidezähnen an, erst nach den
Jochbeinen und dann noch weiter rückwärts
bis zu dm Weisheitszähnen und gegen die Flü-
gel des Keilbeins hin.
Sie läßt sich wieder unter vier Abschnitte
bringen.
1) den obern macht der processus nasalis,
ein schmaler fast Spatelförmiger Zapfen der
nach dem Stirnbein hin, zwischen den Nasen-
und Thränenbeinen liegt. Da von seiner ver-
schiednen Breite großentheils die Richtung der
eigentlich sogenannten Nasenknochen abhängt,
so trägt er folglich viel zum auszeichnenden der
Gesichtsbildung bey. – Seine Außenseite
wird durch einen ziemlich scharfen Rücken in
zwey Abschnitte getheilt. Der vordre ist zu-
weilen zu einer merklich tiefen Furche ausge-
schweift*). Mit dem hintern hilft er den
Nasengang des Thränensacks bilden, und mit
dem obern Ende seiner innern Seite den trich-
terförmigen Ausweg der Stirnhölen (§. 15.)
[Seite 192] und zuweilen schließt er auch damit die vorder-
sten Zellen des Siebbeins. (§. 75.)
2) ganz nach außen unter den Augenhölen
liegt der processus malaris, ein kurzer dicker,
überaus robuster Fortsatz, mit einer zackichten
rauhen Endfläche, die aufs festeste ins Jochbein
eingreift.
3) nach unten wird diese Außenseite der
Oberkiefer durch den limbus alueolaris begränzt,
und zeigt zumal auf der vordern Hälfte, da
wo sich das Knochenblatt an die dahinter lie-
genden Wurzeln der Zähne fest anschließt, der
Länge herab gefurchte Eindrücke.
4) nach hinten endigt sich diese Außenseite
in eine gewölbte Fläche, (tuberositas maxillaris)
die nach unten die Weisheitszähne einschließt,
und oben mit einem dünnen Blatt nach dem
Rand der Augenhölen hinaufsteigt.
B) die innere Seite der Oberkiefer (facies
nasalis) ist nach der Nasenhöle zu gekehrt, und
fängt zu oberst mit der innern Fläche des pro-
cessus nasalis an, hinter welcher der Nasen-
gang der Thränenwege in eine tief ausgeschnittne
Rinne (canalis lacrymalis) herabsteigt. Diese
Fläche endigt sich mit einem in die quere laufen-
den kleinen Rücken, der zur Anlage der untern
Muschelbeinchen dient.
[Seite 193] Der übrige und größere Theil dieser innern
Seite ist ziemlich tief und eben ausgeschweift,
und macht den größten Theil des Bodens der
Nasenhöle aus.
In der Mitte wo beide Oberkiefer mit einer
tief gezackten und gefurchten Nath aneinander
stoßen, bilden sie aufwärts einen rauhen Rücken
(crista nasalis), mit einer Furche in der Mitte
in welche die Pflugschaar einschneidet; und
nach vorn eine stumpfe Spitze (spina nasalis)
auf welcher die knorplichte Scheidewand der
Nase aufliegt.
Nach hinten ist die äußere Seitenwand
dieser facies nasalis wie ausgebrochen, da sich
nemlich beym einzelnen, – von den benachbarten
Knochen abgesonderten – Oberkiefer der sinus
maxillaris mit einer sehr weiten eckichten Mün-
dung öffnet.
C) die obere Fläche dieses Knochen bil-
det das planum orbitale, das gleichsam den
Boden der Augenhöle ausmacht; ziemlich glatt
und eben ist; und nur nach hinten mit
einer tiefen Rinne durchschnitten wird, die sich
gegen die Mitte unter das obere Knochenblatt
wie unter eine Brücke verliert und den Canal
für den zweyten Ast des fünften Nervenpaares
bildet. Nicht selten läuft vom Eintritt jener
[Seite 194] Rinne in diesen Canal, bis zu dessen Ausgang
als for. infraorbitale eine eigne Nath (sutura
infraorbitalis).
Endlich D) die untere Seite des Oberkie-
fers (Facie palatina), die am äußern Rande den
limbus alueolaris bildet, und dann rückwärts
als gewölbter Gaumen in die Höhe steigt.
Im vollkommen reifen Alter hat jeder Ober-
kiefer acht Zahnzellen, die im limbus alueolaris
fast wie eine bogenförmige Reihe von Bienen-
zellen aneinander liegen, und sich genau nach
der Größe und Form der in ihnen eingekeilten
Zahnwurzeln richten. Vorzüglich tief sind
folglich die von den sogenannten Augenzähnen.
Die Scheidewände, zumal die zwischen den
Zellen der Backenzähne sind sehr porös und
schwammicht.
Der Gaumen ist bey manchen Schedeln
mehr – bey andern minder gewölbt; doch wie
es scheint ohne Beziehung auf den Geschlechts-
unterschied (Th. I. §. 114.) und stößt hinten
mit einer Quer-nath an die eigentlich sogenann-
ten Gaumenbeine, die daselbst von den Ober-
kiefern gleichsam umfaßt und eingeschlossen
werden.
Vorn am Gaumen, hinter den Schneide-
zähnen zeigt sich, zumal bey ungebohrnen Leibes-
[Seite 195] früchten oder jungen Kindern – doch auch oft
noch bey Erwachsnen – an jedem Oberkiefer eine
mondförmige Nath*) (sutura incisiua), die von
der Scheidewand zwischen dem äußersten Schnei-
dezahn und dem Eckzahn anfängt und nach dem
for. palat. anterius lauft, und gleichsam eint
schwache Spur des bey andern Säugethieren
befindlichen ossis intermaxillaris**) bezeichnet.
Das eigentliche corpus des Oberkiefers ist
durch den sinus maxillaris (das sogenannte an-
[Seite 197] trum highmori*) ausgehöhlt**), der an
den Wänden herum, zumal nach dem processus
zygomaticus (§. 101.) zu, durch verschiedne
kleine Scheidewände wie in Nebenzellen ab-
getheilt wird, und an dessen obern und vor-
dern Seite der canalis infraorbitalis hindurch
lauft***), – Am innern Rande der Augen-
[Seite 198] hölen, dicht unter den ossib. planis des Sieb-
beins, finden sich zuweilen die cellulae orbita-
riae des Hrn. von Haller*), die sich in
die vordern Zellen des Siebbeins öffnen. –
Die weite Mündung des sinus maxillaris
(§. 102.) wird durchs Gaumenbein, durch
das untre Muschelbein, und durch die obere
Muschel des Siebbeins großentheils geschlossen,
so daß er sich nur mit einem oder zuweilen mit
zweyen runden Ausgängen in den mittlern
Nasengang öffnet**).
Nun die übrigen foramina an den Ober-
kiefern, außer der gedachten Mündung des
sinus maxillaris.
Es gehört dahin das infraorbitale, der
Ausgang des Canals gleiches Namens, dessen
schon mehrmalen gedacht worden (§. 103. 105.),
und der sich vorn unter der Augenhöle öffnet.
Dann das palatinum anticum***) oder der
canalis incisiuus, der vorn mit zwey Anfängen
aus dem Boden der Nasenhöle zu beiden Seiten
[Seite 199] der crista nasalis (§. 102.) herabsteigt und sich
in ein foramen commune (Tab. I. fig. 2. a.)
verbindet, das sich mitten hinter den Schnei-
dezähnen auf der Gaumennath öffnet. Es geht
ein zellichtes Band hindurch, das die Gaumen-
haut mit der in der Nase verbindet*); auch
[Seite 200] Blutgefäße, und ein paar Nervenfäden vom
zweyten Ast des sünften Paars; welche letztere
in den vollkommsten Schedeln zu beiden Seiten
des gemeinschaftlichen for. palat. antici durch
ein paar kleinere besondre Gänge laufen*).
Der Ausgang des canalis lacrymalis (§.
101. 102.) öffnet sich in den untern Na-
sengang.
Ferner hilft auch der Oberkiefer großentheils
die fissuram orbitalem infer. bilden (§. 66.)
So wie endlich auch den sulcum pterygo-
palatinum, von dem im folgenden Abschnitt
die Rede seyn wird.
Die Gaumenbeine*) (ossa palatina) sind
gleichsam als eine Fortsetzung der Ober-
kiefer anzusehen, da sie fast von allen Seiten
wie in einem Stücke mit denselben fortlaufen;
eben so in der Mitte an einander stoßen u.s.w.
Sie sind weit kleiner, aber ebenfalls von einer
schwer zu vergleichenden, vieleckichten Ge-
stalt**).
Auch stehen, sie bey der reifen Leibes-
frucht***) schon im gleichen Verhältnis mit
den Oberkiefern; sind gleichfalls schon sehr aus-
gebildet, nur, so wie diese noch nicht in dem
nachwärtigen. Verhältnis ihrer Theile, noch
niedrig; der obere zur Augenhöle gehörige
Theil sehr klein; der processus pyramidalis
hingegen sehr gros u.s.w.
Sie liegen gröstentheils zwischen den Ober-
kiefern und den processib. pterygoideis des Keil-
beins und stehen außerdem auch noch mit dem
Siebbein, mit den untern Muschelbeinen, und
mit der Pflugschaar in Verbindung.
Da die Gaumenbeine den hintern Theil
des Gaumen, der Nasenhöle und der Augen-
hölen bilden helfen, so theilt man sie füglich
in A) pars palatina: B) nasalis; und C) orbitalis.
A) die pars palatina liegt horizontal, dicht
hinter der Gaumenfläche des Oberkiefers. Sie
ist eben so wie diese auf der untern Seite un-
eben, auf der obern hingegen glatter und mehr
ausgeschweift. Auch wird da wo beide Gau-
menbeine aneinander stoßen eben so die crista
nasalis für die Pflugschaar fortgesetzt; und
nach hinten am Ende der Nath, die den Gau-
men der Länge nach durchschneidet, eine spina
palatina gebildet.
Nach hinten und außen verläuft sich dieser
Theil des Gaumenbeins in einen ziemlich star-
ken, eckichten, am Ende scharf zugespitzten
Zapfen (processus pyramidalis), der sich zwischen
das untre Gabelförmige Ende der beiderley
[Seite 203] processum pterygoideor. einlegt und mit sei-
ner hintern Fläche die fossa pterygoidea nach
unten zu schließt.
B) pars nasalis steht, gleichsam am äußern
Rande des vorigen horizontalen Theiles, ziem-
lich senkrecht in die Höhe, und bildet ein brei-
tes Knochenblatt, das sich nach oben und zu-
gleich etwas rückwärts erstreckt, und einen be-
trächtlichen Theil der großen Mündung des
sinus maxillaris zuschließt.
Ohngefähr in der Mitte dieses Knochen-
blatts lauft auf der innern Seite ein erhabner
Rücken in die Quere, der zur Anlage des untern
Muschelbeins dient.
Nach dem obern Rande zu zeigt sich eine
schwache Spur einer änliche Erhabenheit für die
dem Siebbein zugehörige, sogenannte mittlere
Muschel.
C) pars orbitalis der kleinste Theil, der
einen vieleckichten, doch in den schönsten Köpfen
ziemlich vierseitigen oder gleichsam einer Fus-
angel änelnden Körper bildet, der sich in dem
Hintergrunde der Augenhöle zwischen den Ober-
kiefer, das Keilbein und das Siebbein einlegt,
[Seite 204] und den letzten Winkel des Bodens der Augen-
höle ausmacht.
Gewönlich ist er mit Knochenzellen gefüllt;
zuweilen hat er nach hinten eine größere Zelle,
die mit dem sinus sphenoideus zusammen-
stößt*): – in sehr gut ausgebildeten Sche-
deln aber habe ich auch diesen ganzen Theil des
Gaumenbeins mit einem eignen sinulus völlig
wie eine Blase rein ausgehölt gefunden, der
sich nur mit einem engen Gange in den sinus
sphenoideus öffnet.
An der Außenseite der pars nasalis des Gau-
menbeins lauft von oben nach unten und zu-
gleich ein wenig nach vorn eine ansehnliche tiefe
Rinne (sulcus spheno- oder pterygo-pa-
latinus), der nach oben mit den hinten dran
stoßenden processib. pterygoideis des Keilbeins,
und nach unten mit dem dran liegenden Ober-
kiefer den canalis pterygo-palatinus bildet, in
welchem der Nerve gleiches Namens vom zwey-
ten Aste des fünften Paares herabsteigt. Oben
fängt sich dieser Canal mit einem tiefen verschie-
dentlich ausgeschweiften Einschnitt, nemlich
dem foramen pterygo-palatinum an, wel-
[Seite 205] ches im hintern Winkel zwischen der parte na-
sali und orbitali des Knochen ausgeschnitten
ist. Unten aber vertheilt er sich in drey Gänge,
wovon der größte (canalis pterygo-palati-
nus anterior s. maior*) sich auf der Gaumen-
fläche in das große foramen palatinum posti-
cum (Tab. I. fig. 2. b.) endigt: von den bei-
den kleinen öffnet sich der eine (canalis pterygo-
palatinus posterior**)) auf der untern Seite
des procesus pyramidalis; der andre aber (ca-
nalis pterygo-palatinus exterior***)) zwischen
diesem Fortsatz und der daran liegenden Zeile
des Weisheitzahns.
Die Jochbeine*), wie sie nach der allge-
mein angenommenen griechischen und la-
teinischen Benennung füglich heissen; oder die
Backenbeine (ossa iugalia s. zygomatica, auch
theils so wie die Oberkiefer ossa malarum ge-
nannt –) sind ein paar sehr robuste starke von
außen gewölbte von innen flach ausgehölte
Knochen, wodurch die Oberkiefer vorzüglich
mit den Schlafbeinen verbunden werden; und
die auch mehr als ein Drittel zum Umfang des
äußern Randes der Augenhölen beytragen**).
Außer den Oberkiefern stehen sie mit keinen
andern Gesichtsknochen, sondern mit dem Hirn-
schedel, nemlich wie gedacht mit den Schlaf-
beinen, dann mit dem Stirnbeine, und mit
dem Keilbeine in Verbindung.
Da sie vorzüglich dienen den Oberkiefer
und die Hirnschaale unter einander zu befesti-
gen, so werden sie früh gebildet, und haben
schon bey der reifen Leibesfrucht eine ansehnliche
Größe, aber doch noch nicht ganz die nachwär-
tige Bildung, indem ihnen dann noch besonders
die zackichten Endflächen an ihren drey großen
Fortsätzen mangeln*).
Jedes Jochbein hat ohngefähr die Gestalt
eines verschobnen Vierecks von drey breiten und
einer schmalen Seite; doch findet sich überhaupt
in dem Verhältnis dieser Seiten gegen einander
viele Verschiedenheit.
Am füglichsten läßt es sich in drey Fort-
sätze eintheilen: A) processus maxillaris: B)
frontalis; und C) zygomaticus.
A) der processus maxillaris ist der breiteste,
und nimmt die ganze schmale Seite des Vier-
ecks ein. Er fängt oben nahe bey dem for.
infraorbitale an, läuft nach unten und außen,
und hat auf der innern Seite eine mehren-
theils große, theils recht scharfzackichte Fläche,
womit er aufs festeste an den processus malaris
des Oberkiefers (§. 101.) anschließt.
B) der processus frontalis steht nach außen
gleichsam aufrecht in die Höhe und greift mit
einer scharfgezänelten Nath in den processus
orbitalis externus des Stirnbeins (§. 12.)
Nach vorn verlauft et sich in den rundlich
ausgeschweiften Rand der Augenhöle. Nach
hinten hilft er die incisura zygomatica bilden,
und nach innen wird er in ein dünnes Knochen
blatt verlängert, das mit einer rauhen unäch-
ten Nath an den vordern Rand des großen
Flügels vom Keilbeine (§. 64.) stößt.
Die Nasenbeine*) (ossa nasi) sind ein
paar längliche, kleine, aber ziemlich
starke Knochen, die zusammen beynah die Ge-
stalt eines flachen Sattels haben, und den
obern oder knöchernen Theil des Nasenrückens
ausmachen**).
Sie stehen blos mit dem Stirnbein und
den Oberkiefern in Verbindung, da sie dicht
unter der glabella des erstern auf seiner spina
nasali, und zwischen den processibus nasali-
bus der letztern, an einander liegen. Selten
reicht das septum narium des Siebbeins so
weit vor, daß sie auch an dieses anstoßen.
Gewönlich sind sie nur durch eine unächte –
zuweilen aber auch durch eine von außen stark
gezänelte, folglich ächte Nath mit einander
[Seite 210] verbunden. – Auch habe ich sie ganz zusam-
menverwachsen gesunden u.s.w.
Bey der reifen Leibesfrucht – und selbst
schon in der ersten Helfte der Schwanger-
schaft – sind diese Knochen nicht nur schon
überaus vollkommen ausgebildet*), sondern
auch weil sie nach vorne frey liegen und ziem-
lich ungehindert wachsen können in Verhältnis
gegen die übrigen Knochen, der Hirnschaale
sowol als des Gesichts, von ansehnlicher
Größe. – So wie überhaupt meines Be-
dünkens außer den Gehörbeinchen keine andere
Knochen am ganzen Gerippe so früh zu einer
solchen Vollkommenheit gelangen als eben diese.
Jeder Nasenknochen hat ohngefähr die Ge-
stalt eines irregulären länglichten Vierecks**):
[Seite 211] ist nach oben am stärksten; gegen die Mitte
schmahl, und nach unten am breitesten, wo
er sich zugleich nach außen in eine abwärts stei-
gende Spitze verlängert: zuweilen aber auch
nach innen, da wo beide Nasenknochen an
einander stoßen, ebenfalls eine vorwärts lau-
fende kurze und stumpfe Spitze bildet.
Auf der Ausenseite sind die Nasenknochen
ziemlich eben. Auf der innern aber rauh:
und durch einen scharfen Rücken zumal nach
oben wie in zwey Flächen abgesondert, wovon
die innern aneinander selbst, die äußern aber
über die Nasenhöle zu liegen kommen.
Oft zeigen sich auf dieser innern Seite und
auf der daneben liegenden Gegend des Ober-
kiefers saubere Abdrücke von Schlagadern fast
wie in der Hirnschaale, meist als Furchen,
zuweilen aber auch als bedeckte Canäle.
Die Thränenbeine*) (ossa lacrymalia,
s. vnguis) sind die kleinsten Gesichtskno-
chen, von einem überaus zarten eleganten Bau,
und ohngefähr von der Gestalt einer länglich-
ten Fischschuppe**).
Sie liegen am innern Rande der Augenhö-
len: stoßen nach oben ans Stirnbein; nach
vorn an den processus nasalis des Oberkiefers
und nach hinten an die ossa papyracea des
Siebbeins, wovon sie gleichsam eine Fortsetzung
ausmachen. Zuweilen reichen auch die untern
Muschelbeine bis zu ihrer innern Seite hinauf.
Die Thränenbeinchen wachsen zwar bey
unreifen Embryonen nicht so bald zu der an-
sehnlichen Größe als die Nasenbeine. (§. 125.)
Hingegen sind sie doch bey der reifen Leibes-
[Seite 213] frucht schon überaus vollkommen und scharf
ausgebildet*): und ohngeachtet sie am ganzen
Rande von andern Knochen eingeschloßen sind,
doch in Verhältnis gegen diese beträchtlich gros.
Sie helfen fast in ihrem ganzen Umfange
die Augenhöle bilden**). Nur verläuft sich
das untre Ende ihres vordern Randes in einen
zarten etwas einwärts gebognen kleinen Hacken
(hamulus), der den ductus lacrymalis an der
innern Seite der Oberkiefer (§. 102.)
schließen hilft.
Die Außenseite jedes Thränenbeines ist
im ganzen genommen glatt und flach ausge-
schweift. Wird aber durch einen scharfen fast
schneidenden Rand (crista longitudinalis) der
nach vorn von oben bis unten zum hamulus
herabsteigt, in zwey Abschnitte von ungleicher
Breite getheilt.
Der hintere Abschnitt ist der größte und
macht mit den daranstoßenden drey Knochen
eine ebne gemeinschaftliche Fläche der Augenhöle.
[Seite 214] Der vordere ist an manchen Köpfen sehr, an
andern minder schmahl – allemal aber weit
schmahler als der vorgedachte. Er ist wie eine
Rinne ausgefurcht, die in Verbindung mit dem
hintern Rande des processus nasalis am Ober-
kiefer (§. 101.) den Eingang zum canalis la-
crymalis bildet*).
Die innere Fläche des Thränenbeins ist
flach gewölbt, uneben, und rauher als die
äußere, und deckt größtentheils die vordern cel-
lulas ethmoideas (§. 75.). Auch hilft sie den
Ausgang der Stirnhölen bilden (§. 15.). –
In der Gegend wo außen die crista longitudi-
nalis lauft, zeigt sich hier eine flach eingedruckte
Furche.
Die untern Muschelbeine*) (conchae
inferiores, ossa turbinata s. spongiosa in-
feriora) liegen unten in der Nasenhöle nach
außen, sind so wie die Muscheln des Sieb-
beins von mürber schwammichter Textur und
[Seite 216] haben allerdings einige Aenlichkeit mit den ein-
zelnen Schaalen einer gemeinen Flußmuschel,
wenn man sich dieselben in die Lage denkt, daß
ihr langer äußerer Rand nach unten, das
Schloß nach oben und ihre gewölbte Ausen-
fläche nach der Scheidewand der Nase zu ge-
kehrt ist. Doch variiren die Muschelbeine so,
wol in der Bildung als in der Größe, und ich
habe sie z.B. selbst in sehr schönen Schedeln
fast nur wie einen scharfen, gar nicht muschel-
förmig gerollten, Rand gesehen.
Sie sind vorzüglich am Oberkiefer und an
den Gaumenbeinen befestigt, zuweilen aber
stoßen sie, wie gedacht, mit dem obern Rande
auch an die kleinen Fortsätze des processus vn-
cinatus am Siebbein (§. 75.) und mit ihrer
obern und vordern Ecke auch an die innere
Seite der Thränenbeine. (§. 129.)
So zart sie sind, so sangen sie doch auch
schon um die Mitte der Schwangerschaft we-
nigstens in so weit an verknöchert zu werden,
daß die kleine knorplichte Muschel wie mit
einem lockern Netz von schwammichten Knochen-
fäden durchwebt ist. Ben der reifen Leibes-
frucht aber sind sie schon fast so vollkommen
[Seite 217] als die Nasen- und Thränenbeine ausge-
bildet*).
Jeder dieser beiden Knochen stellt wie ge-
sagt ein muschelförmig gebognes Blatt vor,
dessen Ausenseite ausgehölt, die nach innen
gekehrte hingegen flach gewölbt ist: und läßt
sich füglich in drey Ränder abtheilen: A) den
vordern; B) den obern; und C) den hintern.
A) der vordre Rand ist der kürzeste und
gleichsam flach abgeschnitten: liegt in einer
schrägen Richtung vorn an der innern Seite
des Oberkiefers, gleichsam an der Wurzel des
processus nasalis: deckt mit seiner obern Ecke
den Ausgang des canalis lacrymalis, und reicht
mit seiner vordern bis an den äußern Rand
der Nasenhöle.
B) der obere Rand ist nach außen zu wie
umgeschlagen, so daß ein schmales gleichsam
runterwärts gebognes Knochenblatt neben ihm
hinlauft, das auf dem untern Ausschnitt der
großen Mündung des antri maxillaris (§. 105.)
aufsitzt. Nach hinten stößt dieser Rand mit
[Seite 218] dem untern in eine länglichte Spitze (hamulus
palatinus) zusammen, die an einem besondern
Rücken der pars nasalis des Gaumenbeins
(§. 112.) anliegt.
C) der untere Rand ist der längste und
dickste von allen dreyen, vorzüglich schwam-
micht*) rauh und uneben; und bogenförmig
gekrümmt. Er deckt den untern von den drey
sogenannten Nasengängen.
Die Pflugschaar*) (vomer) wie sie ihrer
Gestalt wegen genannt worden, ist der
einzige ungepaarte unter den zum Schedel ge-
hörigen Gesichtsknochen. Sie stellt, das
obere Ende ausgenommen, ein flach zusam-
mengedrucktes vertical-stehendes Blatt vor, und
macht einen beträchtlichen Theil der Scheide-
wand der Nase aus**).
Sie steht nach oben mit dem Keilbein und
dem Siebbein; nach unten aber mit dem Ober-
kiefer und den Gaumenbeinen in Verbindung.
Sie hat schon bey der Leibesfrucht in der
Mitte der Schwangerschaft eine ansehnliche
Größe: aber doch beym ungehohrnen Kinde
überhaupt eine von der nachwärtigen ziemlich
abweichende Gestalt. Ihr Umriß ziemlich ist
dann noch nicht so wir nachher rhomboidal,
sondern mehr Spindelförmig; ihre beiden
Blätter stehen nach oben, ihrer ganzen Länge
nach, noch weit auseinander, und schließen
nach unten nicht in einen scharfen Rand, son-
dern in eine länglichte Fläche.
Mit den Jahren schließen die beiden Blät-
ter dichter aneinander, und wachsen zuweilen
ganz zusammen; oder lassen wenigstens nur in
der Mitte noch einen engen Zwischenraum
oder nach vorn eine Spalte u.s.w. Zugleich
wird aber dieses Blatt höher und kriegt die
Gestalt eines geschobnen Vierecks, das sich
dann füglich in vier Ränder abtheilen läßt: A)
der obere; B) der vordere; C) der untere;
und D) der hintere.
A) der obere Rand ist bey weiten der
stärkste, bildet eine ausgefurchte Fläche,
die zu beiden Seiten und theils nach hinten in
ein paar platte rundliche Fortsätze auslauft.
[Seite 221] Die flach ausgefurchte Rinne, wodurch diese
von einander abgesondert werden, nimmt den
untern scharfen Rand des Keilbeins auf (§. 62.).
Die Fortsätze aber legen sich an die cornua
sphenoidalia. (§. 62. 72.)
B) der vordre Rand ist mehrentheils der
längste und zugleich der zarteste: oft fein aus-
gezackt oder wie durchbrochen u.s.w. Er
dient nach hinten dem knöchernen septo des
Siebbeins und nach vorn der knorplichen
Scheidewand der Nase zur Anlage: und nimmt
sie oft in eine gleichsam eingeschnitte Spalte auf,
die noch von dem vormaligen Abstande der
beiden abgesonderten Blätter (§. 144. 145.)
übrig bleibt.
C) der untre Rand ist gleichsam die
Schneide der Pflugschaar, die in der obgedach-
ten Furche der crista nasalis sowol der Ober-
kiefer (§. 102.) als der Gaumenbeine (§. 111.)
einliegt*).
D) der hintere Rand endlich, der die
choana (§. 65.) in zwey Helften scheidet, ist
glatt und eben: fängt oben von den platten
Fortsätzen des obern Randes (§. 146.) ziem-
lich breit an, und lauft unten nach der spina
palatina (§. 111.) scharf zu.
Jetzt zum Schluß der unbeweglichen Gesichts-
knochen noch ein Wort ins besondre über
die zur Aufnahme der Gesichts- und Geruch-
werkzeuge bestimmte Hölen, die durch ihre
Verbindung unter einander und mit den Kno-
chen der Hirnschaale gebildet werden. – Zuerst
von jenen.
Die beiden Augenhölen*) (orbitae, fo-
ramina oculorum) haben fast die Gestalt ein
paar vierseitiger aber abgerundeter und schräg-
liegender Pyramiden, die mit den Grund-
flächen nach vorn und mit den Spitzen nach
hinten gerichtet sind.
Beider ihre gegenseitige Lage ist beym er-
wachsnen Menschen so, daß die beiden innern
Wände ziemlich parallel mit einander laufen
und nur wenig von vorn nach hinten von ein-
ander divergiren: die äußern aber von vorn
nach hinten sehr stark convergiren: die Decke
ziemlich horizontal liegt: der Boden aber schräg
von außen nach innen und zugleich von vorn
nach hinten in die Höhe steigt.
Es sind sieben Knochen des Schedels durch
deren Verbindung die Augenhölen zusammen
gesetzt sind:
1. die pars orbitalis des Stirnbeins nem-
lich macht die Decke oder das Gewölbe
(§. 13. 17.)
2. das planum orbitale des Oberkiefers
(§. 103.) den größten Theil – und 3. die
pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 113.) den
hintersten kleinen Winkel des Bodens dersel-
ben aus.
4. die innere Fläche des Jochbeins (§. 120.)
und 5. die superficies orbitalis der großen Flü-
gel des Keilbeins (§. 64.) bilden die äußere
Wand*).
[Seite 225] 6. das Thränenbein (§. 131.) aber, und
7. die pars papyracea des Siebbeins (§. 76.)
die innere.
Die in den Augenhölen zu merkenden
Gänge und Oeffnungen sind
1. das foramen supraorbitale (§. 19.)
2. 3. die orbitalia interna (§. 19.)
[Seite 226]6. 7. die beiden fissurae orbitales, superior
und inferior (§. 66.) die in Rücksicht
der Weite und Länge gar sehr variiren;
8. der canalis infraorbitalis (§. 106.)
und 9. der Eingang des canalis lacrymalis
(§. 106. 132.)
Die Nasenhölen*) (Nares internae) sind
zwey dicht an einander liegende kurze
aber sehr geräumige Gänge, von deren Seiten-
wänden und Decke mancherley gewundne Kno-
chenblätter hinabragen. Sie werden durch
die Scheidewand des Siebbeins (§. 72.), die
Pflugschaar (§. 141.), und die crista nasalis
der Oberkiefer (§. 102.) und der Gaumen-
beine (§. 111.) in zwey Hälften, die aber
oft von ungleicher Weite sind (§. 72.) abge-
theilt: und öffnen sich nach vorn durch die von
den Oberkiefern und den Nasenbeinen gebildete
Oeffnung; nach hinten aber durch die choana
die aus der Verbindung des Keilbeins mit den
Gaumenbeinen entsteht.
Diese Hölen werden eigentlich durch fol-
gende zwölf Knochen zusammengesetzt: durch
vier gepaarte nemlich, und vier ungepaarte.
Diese sind:
11. 12. die untern Muschelbeine.
Gewissermaßen kann man man aber auch
noch 13. 14. die Thränenbeinchen dazu rechnen.
Durch die Anlage der dreyerley Muscheln
werden zu beiden Seiten der Scheidewand der
Nasenhölen, nach außen, drey Bogenförmige
Rinnen oder Gänge (meatus s. semicanales)
gebildet, die über einander liegen, und meist
in gleicher Richtung von vorn Nach hinten
laufen*).
[Seite 229] A) der meatus inferior, unten, nah am
Boden der Nasenhöle, wird durchs untre
Muschelbein bedeckt. – In seinen obern vor-
dern Winkel öffnet sich der Ausgang des cana-
lis lacrymalis.
B) der meatus medius lauft vor dem pro-
cessus vncinatus des Siebbeins (§. 75.) und
der großen Mündung des sinus maxillaris hin,
und wird durch die sogenannte concha media
des Siebbeins bedeckt. – Es öffnen sich in
diesen Gang eben die gedachten großen sinus
des Oberkiefers, und die Stirnhölen.
C) der meatus superior ist der kürzeste,
lauft rückwärts über dem vorigen, wird durch
die obere Muschel des Siebbeins gedeckt, und
öffnen sich in ihn sowol cellulae ethmoideae
als auch der sinus sphenoidalis.
Die Nasenhölen stehen eben durch die ge-
dachten im meatus medius und superior be-
findlichen Oeffnungen mit den sogenannten
Schleimhölen in Verbindung, die vorzüglich
den wichtigen Nutzen haben, daß im gesunden
Zustande aus der Gefäsreichen Haut, womit sie
ausgekleidet sind, ein wäßriger Duft abgeschie-
[Seite 230] den wird, der unmerklich durch die meatus
herabfließt, und da die eigentliche Schneider-
sche Haut womit die Muscheln überzogen sind,
gleichsam bethaut, und dadurch für den Ge-
ruch desto empfänglicher macht.
Außerdem dienen sie auch im Nothfall bey
Schnupfen etc. einen Theil des Schleims auf-
zunehmen, und dadurch die Beschwerde des
unabläßigen Ausflusses zu mindern u.s.w.*).
Ueberhaupt aber sind sie so vertheilt, und
ihre Ausgänge öffnen sich nach so verschiednen
Richtungen in die Nasenhölen, daß auch bey
jeder veränderten Lage des Kopfs doch immer
wenigstens die einen oder die andern ihren Duft
auf die Geruchwerkzeuge abgeben können**).
Der großen – und nur in sehr seltnen
Fällen beym erwachsnen Menschen fehlenden –
Schleimhölen, sind viere:
A) die sinus frontales (§. 14. u. f.)
[Seite 231]Zu den kleinern nicht so beständigen Hö-
len dieser Art gehören:
1) die Hallerischen cellulae orbitariae
(§. 105.)
2) der Santorinischen sinus in der concha
media des Siebbeins (§. 74.)
und 3) der oben beschriebne sinulus in der
pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 113.)
Die in die Nasenhöle gehenden foramina
sind außer den Mündungen der Schleimhölen:
1. die im durchlöcherten Querblatte des
Siebbeins (§. 77.) in unbestimmter
Anzahl.
2. die orbitalia interna (§. 19.)
3. die palatina antica (§. 106.)
4. der Ausgang des canalis lacrymalis
(§. 102.)
und 5. das foramen pterygo-palatinum
(§. 114.)
Dahin gehört zuförderst die incisura zygo-
matica, der so robuste Bogen, durch wel-
chen das Jochbein mit dem Schlafbein befestigt
wird, und welcher überhaupt viel zur Verbin-
dung der Gesichtsknochen mit der eigentlichen
Hirnschaale beyträgt. Ueberhaupt aber ist er
von sehr verschiedentlicher Weite, die vorzüg-
lich von der Größe derjenigen Gruben in der
Grundfläche der Hirnhöle abhängt, welche die
lobos cerebri medios aufnehmen. (§. 90.)
Sind diese nach außen weit ausgeschweift, so
ist die incisura zygomatica enger, – und um-
gekehrt.
Die übrigen merkwürdigen Oeffnungen an
der Außenseite des Schedels sind:
2. die supraorbitalia (§. 19.)
3. die infraorbitalia (§. 106.)
[Seite 233]4. das palatinum anticum (§. 106.)
5. die palatina postica nebst den beiden be-
nachbarten Ausgängen für die kleinern
canales pterygo-palatinos (§. 114.)
6. die canales vidiani (§. 66.)
7. die fissurae orbitales inferiores (§. 66.)
8. die foramina oualia (§. 66.)
10. die Eingänge zu den canalibus caroti-
cis (§. 43.)
11. die ausgerundeten glatten Gruben für
die bulbos der venar. iugularium, und
darneben die for. lacera (§. 43.)
12. die fissurae glaseri (§. 43.)
13. die äußern Gehörgänge (§. 43.)
14. die for. stylomastoidea (§. 43.)
15. das occipitale magnum (§. 39.)
16. die condyloidea antica (§. 39.)
17. die condyloidea postica (§. 39.)
Der Unterkiefer*) (maxilla inferior s.
mandibula**)) ist bey weiten der größte
und der robusteste von allen Gesichtskno-
chen***); hat die bekannte fast Hufeisenför-
mige Gestalt; und steht blos mit dem Schlaf-
bein in Verbindung, an welchem er auf die
unten zu beschreibende Weiße eingelenkt ist.
Er sängt sehr früh an zu verknöchern, und
zeigt sich schon bey sehr frühzeitigen Leibesfrüch-
[Seite 235] ten, aus dem zweyten dritten Monat nach der
Empfängnis, in einer sehr ansehnlichen Größe,
aber in einer Gestalt die von seiner nachheri-
gen noch sehr abweicht. Ueberhaupt besteht er
beym Fötus und beym neugebohrnen Kinde*)
aus zwey abgesonderten Hälften, die vorn am
Kinn an einander stoßen: ist auch wegen Man-
gel hervorstehender Zähne dann noch sehr nie-
drig, zumal an den Seitentheilen: hat dann
nur noch 12 Zahnzellen statt der nachherigen
16: u.s.w. Schon in den ersten Monaten
nach der Geburt verknöchert die synchondrosis
des Kinns aufs festeste**), und mit dem nach-
wärtigen Ausbruch der Milchzähne wird auch
die bestimmte Form des dann aus einem
Stücke bestehenden Knochen mehr und mehr
ausgebildet.
Man theilt den ganzen Unterkiefer am füg-
lichsten in den bogenförmigen Körper, und in
die flügelartigen Fortsätze die an beiden En-
den dieses Bogen in die Höhe stehen.
Jener begreift wieder das Kinn und am
obern Rand die untre Reihe Zahnzellen (lim-
bus alueolaris) die in Rücksicht ihres Um-
fangs und des Bogens den sie macht vollkom-
men mit der im Oberkiefer (§. 104.) zusam-
men paßt. – Er wird zu beiden Seiten von
den daran grenzenden Fortsätzen durch den sul-
cus obliquus abgesondert, neben welchem nach
innen ein rauher Rand zur Anlage des bucci-
nator hinlauft. – Vorn am Kinne an der
ehemaligen Synchondrose (§. 164.) ist auf
der innern Seite eine mehr oder mindre merk-
liche stumpfe Spitze (spina mentalis interna),
die von der Anlage des genioglossus und genio-
hyoideus ausgewürkt wird; und daneben am
untern Rande zwey flache Gruben für den bi-
venter des Unterkiefers.
Die flügelartigen Fortsätze (§. 165.) fan-
gen zu äußerst nach unten mit dem großen
Winkel an, der nach, dem Ohre hinaufsteigt und
[Seite 237] dessen verschiedne Richtung so viel zum cha-
racteristischen der Gesichtsbildung beyträgt*).
Nach außen ist er flach und dient da zur
Anlage des masseter. – An der innern Seite
des hintern Randes sind raube Eindrücke von
der Befestigung des pterygoideus internus.
Der Fortsätze worein sich dieser Flügel noch
theilt, sind zwey. Der coronoideus und der
condyloideus.
Jener liegt nach vorn, und hat die Gestalt
eines flachen rückwärts gebogenen Hacken, der
von einer breiten Wurzel entspringt und oben
ziemlich spitz zulauft**). Er kommt in die
incisura zygomatica zu liegen, und dient vor-
züglich dem temporalis zur Anlage.
Sein hintrer ziemlich scharfer Rand ist
bogenförmig ausgeschnitten (incisura sigmoi-
dea) und verlauft sich in den processus condy-
loideus mittelst dessen der ganze Unterkiefer mit
dem Schedel eingelenkt ist.
[Seite 238] Diese beiden condyli sind ein paar rund-
liche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem
engern Halse aufstehen, und in die Breite von
außen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher
Linie neben einander, sondern von vorn nach
hinten stumpf convergirend laufen*).
Ueber die Art wie diese Knöpfe mit dem
Schlafbeine eingelenckt seyen, besonders ob sie
[Seite 239] mehr in der cauitas oder mehr am tuberculum
articulare desselben (§. 43.) liegen, ist ehedem
viel gestritten worden*). Der Augenschein
lehrt aber daß sie mit beiden verbunden sind.
Bey geschloßnem Munde liegen sie mehr in
den Gruben, bey geöffneten Munde aber wer-
den sie mehr vorwärts gegen die Hügel gezogen.
Im Gelenke selbst liegt eine ausgehölte be-
wegliche Knorpelscheibe**) (Th. I. §. 92.),
wodurch der Unterkiefer eine leichtere und aus-
gedehntere Bewegung erhält, so daß er nicht
nur im Bogen auf und nieder gehen, sondern
auch vorwärts und wieder zurück, auch seit-
wärts hin und wieder, und sogar wie im
Kreis geschoben werden kan.
Noch sind am Unterkiefer die zweyerley
Mündungen des Canals zu merken, in welchem
der neruus maxillaris inferior vom dritten Ast
des fünften Paares, nebst den beiderley Blut-
gefäßen gleiches Namens laufen*). Nach
hinten und innen nemlich, ohngefähr in der
Mitte der Seitenflügel das for. maxillare posti-
cum**) als der Eingang dieses Canals; von
da auch noch eine Furche für den neruus my-
lohyoideus nach vorn schräg herabsteigt: und
dann zum Ausgang das for. mentale s. maxil-
lare anticum an der Außenseite des Kinns, vorn
ohngefähr unter dem zweyten Backenzahn.
Ohngeachtet es, wie schon Galenus*)
erinnert, eine bloße sophistische Spitz-
findigkeit seyn würde, wenn man die Zähne**)
gar nicht zu den Knochen rechnen wollte***):
[Seite 242] so zeichnen sie sich doch durch so besondre Ei-
genschaften von den übrigen Knochen aus, daß
ihre ganze Geschichte billig besonders abgehan-
delt werden muß*).
Schon ihre Substanz**) unterscheidet
sie von andern Knochen. Man theilt dieselbe
wieder in die Knochenartige (substantia ossea);
und in die Schmelzartige (substantia vitrea):
denen man aber füglich noch die dritte nemlich
die Hornartige (substantia carnea) zuzälen kan.
Die substantia ossea macht bey weiten den
grüßten Theil eines Zahns, nemlich sein ganzes
corpus bis auf das Ende der Wurzeln und die
Glasur der Krone aus. Sie ist zwar weicher
als der Schmelz, aber doch immer weit här-
ter als irgend ein andrer Knochen; auch von
ganz andern weit compactern Korn, und auf
[Seite 243] dem frischen Bruche stralicht, mit matten Glanze,
wie ein sehr fester Zeolith: übrigens ziemlich
kreiticht-weiß, und völlig undurchsichtig.
Die substantia vitrea, oder der Schmelz,
die Glasur, das Emaille der Zähne (exter-
num inuolucrum malpigh.), ist bey weiten
der allerhärteste*), und wie es scheint, zu-
gleich der allermindst-organisirte**) von allen
festen Theilen des menschlichen Körpers. Er
bekleidet die sogenannte Krone des Zahns, und
unterscheidet sich sehr sichtlich von der Knochen-
artigen Substanz, sowol durch das ungleich
festere Porcellanartige Ansehn, als durch die
mehr milchweisse Farbe***), und durch die
[Seite 244] Richtung seiner Fasern, die nicht der Länge nach
laufen, sondern alle nach dem Mittelpunkt ge-
richtet sind, und sich auf dem Bruche ohngefähr
wie die am incrustirenden Toph-sinter aus-
nehmen.
Die substantia cornea macht endlich denje-
nigen – von beiden vorhergehenden sehr leicht zu
unterscheidenden – Theil aus, womit die Wur-
zeln der Zähne zumal nach den Endspitzen zu
bekleidet sind. Er ist der weichste von allen
dreyen, so daß er sich, wenigstens weit leich-
ter als die knöcherne Substanz mit dem Messer
schneiden läßt, ist ferner halb-durchsichtig
[Seite 245] wie ein dünnes Horn; und von ganz andrer
Farbe als die übrigen Substanzen, fast Wachs-
gelb. Endlich zeigt er auch auf dem Bruche
kein fasrichtes Gefüge, sondern blos einen
matten Glanz fast wie auf dem frischen Bruche
eines Hornsteins.
In Rücksicht der äußern Gestalt theilt man
überhaupt jeden Zahn in seine Krone, Hals
und Wurzel.
Die mit dem Schmelz überzogne Krone
ist der einzige Theil des ganzen Gerippes der
von Beinhaut entblößt und der äußern Luft
ausgesetzt ist.
Den Hals nennt man denjenigen Rand,
an welchem das Zahnfleisch anschließt.
Die Wurzel endlich, den mit der hornich-
ten Substanz bekleideten Theil, womit der
Zahn in den Zahnzellen gleichsam wie einge-
nagelt steckt (Th. I. §. 100.)
Jeder Zahn enthält in seiner Mitte eine
kleine Höle, die im ganzen genommen der Form
des Zahnes selbst entspricht, und sich mit
schmal zulaufenden Gängen in den äußersten
Enden der Wurzeln öffnet*).
[Seite 246] Die Höle selbst ist mit einer weichen mark-
ichten Haut ausgekleidet, die eben durch die
gedachten Gänge feine Nervenfäden und Blut-
gefäße erhält*).
Man theilt die Zähne nach ihrer Lage und
der sich darauf beziehenden Bildung in drey
Classen**): A) Schneidezähne; B) Eck-
zähne; und C) Backenzähne.
Die Schneidezähne***) (oder Vor-
derzähne, incisores s. primores) haben
[Seite 247] meiselartige Kronen*) und dünne einfache
Wurzeln.
[Seite 248] Es sind ihrer viere in jedem Kiefer; und
die im obern stehen meist vor den untern et-
was hervor*); sind auch mehrentheils breiter
als diese, wenigstens das mittlere Paar.
Die Eckzähne**) (oder Spitzzähne,
Hundszähne, canini s. laniarii s. cuspidati)
[Seite 249] haben conische, stumpfzugespitzte aber überaus
robuste Kronen; und zwar auch nur einfache,
aber dabey sehr starke seitwärts zusammenge-
druckte Wurzeln, die vorzüglich bey denen im
Oberkiefer, (den sogenannten Augenzähnen)
von ansehnlicher Länge sind.
Sie liegen zunächst an dm Schneidezäh-
nen, auf jeder Seite einer, und zwar mit den
Wurzeln etwas mehr nach vorn oder außen,
daher auch ihre Zahnzellen in beiden Kiefern,
zumal bey Kindern in etwas protuberiren.
Der Backenzähne (oder Stockzähne
molares s. malares s. genuini) sind fünfe auf
[Seite 250] jeder Seite; die aber untereinander selbst wie-
der merkliche Verschiedenheit zeigen*).
Die beiden vordern nemlich, die zunächst
auf die Eckzähne folgen, und die Hr. Hun-
ter mit dem besondern Namen bicuspides be-
legt, haben kleinere Kronen, auf der Mitte
[Seite 251] mit einer meist halbmondförmigen Grube; und
flachgedruckten der Länge nach tief eingefurch-
ten Wurzeln mit zwey Spitzen.
Die hintern dreye hingegen haben breite,
mehrentheils auf der Oberfläche mit einer
Kreuzfurche durchschnittne Kronen mit stum-
pfen Ecken; und zackichten Wurzeln: die im
Unterkiefer nemlich meist mit zwey Zinken, die
im obern aber gewönlich mit dreyen*).
Die erste Gestalt, unter welcher sich bey
der unreifen Leibesfrucht die Anfänge der
künftigen Zähne zeigen, ist die von kleinen holen
eckichten Schaalen, die in einer dicken schlei-
michten gefäsreichen Haut der Zahnzellen wie
in kleinen Säckgen eingeschlossen liegen**).
Diese kleinen Schaalen machen die Grund-
lage desjenigen Theils der substantia ossea
[Seite 252] aus, der in die Krone des Zahns zu liegen
kommt*).
Die vitrea wird weit später theils aus dem
häutigen Säckgen worin diese Grundlage ein-
geschlossen ist, darauf ergossen**): theils aus
der äußern Oberfläche derselben gleichsam aus-
geschwitzt***).
Die substantia cornea macht den Beschluß
und wird erst nach dem Ausbruch der Kronen
zuletzt gebildet.
Die ersten oder sogenannten Milchzähne
werden bekanntlich mit den Jahren gegen die
nachherigen bleibenden dauerhaften Zähne ge-
wechselt****).
[Seite 253] Zu beiden Arten aber werden die ersten
Grundlagen schon großentheils bey der unge-
bohrnen Leibesfrucht gebildet. Die Keime
zu den 20 Milchzähnen nemlich schon in den
vier letzten Monaten der Schwangerschaft.
Die aber zu den nachwärtigen dauerhaftern
Zähnen theils auch schon in den letzten beiden
Monaten des Aufenthalts in Mutterleibe; theils
folgende nach der Geburt in den Kinderjahren.
Das Hervorbrechen der Milchzähne er-
folgt in den ersten Lebensjahren gewönlich in
folgender Ordnung*):
Zu allererst zeigen sich, weist zu Ende des
siebenten Monats das mittlere Paar der untern
Schneidezähne – und ein paar Wochen nach-
her das obere.
Wieder etliche Wochen später das äußere
Paar Schneidezähne: – ebenfalls die untern
gewönlich zuerst.
[Seite 254] Zu Ende des ersten Jahres die Eckzähne.
Die Zahl der sämtlichen Milchzähne ist
von manchen auf 20 von andern auf 24 gesetzt
worden*). Die Sache kommt darauf naus,
daß allerdings Kinder von etlichen Jahren sehr
oft schon 24 Zähne haben, nemlich drey
Backenzähne auf jeder Seite: und daß man
auch schon in den beiderley Kinladen unge-
bohrner Kinder eben so viel Zahnzellen unter-
scheiden kan (§. 99. und 164.), daß aber auch
in diesen Fällen dennoch nur 20 davon gewech-
selt werden, und hingegen der äußerste auf
jeder Seite perennirend bleibt.
Sonderbar ist dabey, daß die beiden zu
wechselnden Backzähne jeder Seite sowol in
Rücksicht der größern Kronen als der viel-
zackichten Wurzeln nicht sowol denjenigen Zäh-
nen die nachher ihre Stelle einnehmen sollen
(die Hunterschen bicuspides), als den be-
trächtlich größern äußersten Backenzähnen
äneln.
Im siebenten und den folgenden Jahren
werden die Zähne gewechselt*). Die Milch-
zähne nemlich fallen allgemach aus, und die
für die übrigen Lebenszeit bestimmten nehmen
dagegen die Stelle derselben ein.
Den ausfallenden scheint die Wurzel wie
abgebrochen; – es fehlt ihr fast die ganze sub-
stantia cornea. Man hat das ehedem so erklärt,
als ob sie durch die Krone des neuen nachfol-
genden Zahnes der herauszubrechen strebt, gleich-
sam abgeschliffen würde. Das ist aber nicht.
Die Wurzel schwindet ehe sie von der Krone
des neuen Zahns berührt werden kan: beider-
ley Zähne sind noch dazu anfangs durch eine
knöcherne Querwand von einander abgesondert:
auch liegen die Zellen der neuen Zähne nicht
gerade unter den Zellen der Milchzähne, son-
dern ehe zwischen denselben, und etwas mehr
zurück nach hinten. – Überhaupt aber wer-
den die Milchzähne gar nicht von den nachfol-
genden fortgestoßen, sondern von der Natur
[Seite 256] selbst als nun todte überflüssige Theile ausge-
worfen*), so wie man noch nachher ohnge-
fähr das gleiche beym Verlust der Zähne im
hohen Alter, oder auch zuweilen noch auffallen-
der bey dem Trübe sieht, womit die Natur zu-
rückgebliebne Wurzelstifte von holen Zähnen**)
aus den Zahnzellen heraustreibt und auswirft.
Diese nun gewechselten neuen bleibenden
Zähne sind im ganzen genommen größer und
robuster als die Milchzähne, haben zumal
stärkere Wurzeln u.s.w. Die alleräußersten,
nemlich die sogenannten Weisheitszähne
kommen bekanntlich theils späte, theils gar
nicht zum Durchbruch. Zuweilen fehlen sie
ganz: so wie hingegen manchmal überzälige
Zähne bemerkt werden; theils gar an unge-
wohnten Stellen der Kinladen***).
Wie sie im hohen Alter endlich meist von
selbst wieder ausfallen, und was dann so wie
[Seite 257] nach einem zufälligen Verlust derselben für
Veränderungen mit den Zahnzellen vorgehen,
davon ist schon oben (Th. I. §. 53.) gehan-
delt worden.
Das bestimmte Wachsthum der ausge-
bildeten Zähne wird durch den Druck der auf-
einander stehenden Kiefer in den gesetzten
Sckranken gehalten, wie sich aus den daher
entstehenden Facetten an den Endspitzen der
Zahnkronen, und aus dem Mangel derselben
an Zähnen die im entgegengesetzten Kiefer auf
eine Zahnlücke stoßen, ergiebt.*)
Jenes Abschleifen aber kan im höhern
Alter oder aus zufälligen Ursachen so stark wer-
den, daß endlich die Kronen ganz abgenutzt,
und die innere Höle der Zahne (§. 178.) ge-
öffnet werden würbe, wenn nicht die Natur
diesem letztern Zufall und seinen Folgen gemeini-
[Seite 258] glich durch den Absatz eines eignen knochichten
Stoffes vorbeugte, womit sie ebenso allgemach
diese Hölen wiederum ausfüllt*).
Der Schmelz der Kronen scheint sich hin-
gegen nach erlittnen Verletzungen nur sehr
schwach oder gar nicht zu reproduciren**).
Außerdem aber ist offenbar der Bildungs-
trieb an wenigen andern Theilen des Körpers
von so ausgezeichneter Bestimmtheit und Stärke
als eben an den Zähnen***).
Das Zungenbein*) (os hyoides, s. ypsi-
loides, s. gutturis, s. linguae, s. pharyngo-
theron) liegt auf dem Schildförmigen Knorpel
des Kehlkopfes, unter der Zungenwurzel, um-
faßt gleichsam den Kehldeckel, und hat ohnge-
fähr die Gestalt wie ein paar in etwas diver-
girende Ochsenhörner.
Beym weiblichen Geschlecht ist es, so wie
der ganze Kehlkopf im Verhältnis kleiner als
beym männlichen (Th. I. §. 114.)
Ueberhaupt aber variirt es gar sehr, so-
wohl in der Größe, als im Verhältnis und
selbst in der Anzahl seiner Theile.**)
Es ist der einzige Knochen am ganzen mensch-
lichen Körper der außer aller unmittelbaren Ver-
bindung mit dem übrigen Gerippe steht*).
Hingegen ist er durch mancherley Muskeln und
Bänder sowohl mit der Zunge, und dem Kehl-
kopf und dem Schlunde, als auch mit dem Un-
terkiefer, den Schlafbeinen, dem Brustbein und
den Schulterblättern verknüpft.
Er ist daher wie es seine Bestimmung er-
fodert, auf eine mannichfaltige, aber dabey
doch sehr bestimmte, eingeschränkte Weise be-
weglich, und dient vorzüglichst die Zunge
an ihrer Wurzel gleichsam ausgespannt zu
erhalten, und dadurch ihre Bewegung be-
[Seite 261] sonders in Beziehung aufs Schlucken**)
zu modificiren*).
Bey der reifen Leibesfrucht ist er noch weit
von seiner nachwärtigen Verknöcherung ent-
fernt, da sich gegen die Zeit der Geburt nur
erst hin und wieder im Mittelschilde und in
den beiden großen Hörnern zerstreute Knochen-
kernchen zeigen**). Doch ist er schon zu Ende
des ersten Lebensjahres meist vollkommen
ausgebildet.
Gewöhnlich besteht das Zungenbein aus
fünf Stücken, die man eigentlich als eben so
viele besondere kleine Knochen ansehen kan, da
sie nur durch eine Art von Synneurosis (Th. I.
§. 101.) unter einander verbunden werden.
A) Das Mittelschild (basis) hat die
Gestalt eines kleinen niedrigen in die Breite ge-
zogenen Schildgens, das nach außen gewölbt,
nach innen aber flach ausgehölt ist.*)
Die Außenseite ist höckricht, uneben, und
wird gewöhnlich durch einen erhabnen in die
Quere laufenden Rücken in zwey Flächen abge-
theilt, in die obere und untere.
[Seite 263] Auf der obern dieser beiden Flächen sind
zwey deutliche Gruben, dicht neben einander
zur Anlage für die geniohyoideos.
Unter diesen, an dem Querrücken sitzen
die mylohyoidei.
B) Die beiden Seitenhörner (cornua
lateralia s. maiora) sitzen zu beiden Seiten
des Mittelschildes, meist an den obern schräg-
abgeschnittenen Ecken, von da sie divergirend
nach hinten laufen.
Sie sind flach, wie eine Klinge theils mit
ziemlich scharfen Rändern. Zu beiden Seiten
des Mittelschildes laufen sie seitwärts nach
vornen in eine stumpfe Spitze, und sind da am
breitesten. Dann werden sie schmaler, und en-
digen sich zuletzt wieder in ein rundliches mit
Knorpelfläche bekleidetes stumpfes Knöpfgen.
Vorn auf der Fuge wo sie am Mittelschild
ansitzen, sind die stylohyoidei und die basio-
glossi befestigt.
C) Die Waizenkörner (ossicula triticea
s. graniformia s. cornicula minora) haben den
Namen von ihrer ohngefährlichen Größe und
Gestalt. Sie liegen vorn am obern Rande,
gerade auf der Fuge zwischen dem Mittelschild
und den Seitenhörnern.
Von ihnen läuft das ligamentum suspenso-
rium*) zum Griffelfortsatz des Schlafbeins**),
das zuweilen mit überzähligen ähnlichen knorpli-
chen oder knöchernen Körnern durchreiht ist***).
Der zweyte Haupttheil des Gerippes (S. 93.
§. 1.) und zwar bey weitem der ansehnlichste
von allen, ist der Rumpf oder Stamm*),
der zur Aufnahme der Eingeweide der Brust
und des Unterleibes dient, und weit mehr
knorplichte Stücken**) in seiner Zusammen-
setzung hat, als der Kopf oder die Gliedmaßen.
Das Rückgraat***) im weitläuftigen
Einn genommen, ist eine gegliederte Röhre,
[Seite 266] die sich vom Nacken an bis zum Aster erstreckt,
da sie sich unten in ein nicht-hohles zugespitz-
tes Ende verläuft*).
Diese Röhre giebt gleichsam die erste
Grundlinie**) zur Bildung der neuerzeug-
ten Leibesfrucht, da sich ihre Hauptform schon
von der dritten Woche nach der Empfängniß
an, so wie der Anfang ihrer Verknöcherung
mit zahlreichen Knochenkernchen ohngefähr ge-
gen Ende des zweyten Monats zeigt.
Sie besteht eigentlich aus 29 Stücken, wo-
von 24 wahre Wirbel sind, und das eigentli-
che Rückgrad ausmachen, das auf dem 25sten
nemlich auf dem Kreuzbein aufruht, dessen un-
teres Ende sich zuletzt in die übrigen 4 nemlich
in die Glieder des Kukukbeins verläuft***).
Das eigentlich sogenannte Rückgraat wird
wieder in die zum Hals, zur Brusthöle und
zu den Lenden gehörigen Wirbel abgetheilt, und
ist längst seines Laufs von ungleicher Stärke.
Unten nemlich, wo es vom Kreuzbein her-
aufsteigt, am stärksten*). Dann im Rücken
hinauf allgemach dünner bis oben zwischen den
Schultern. Der übrige hierauf folgende Theil,
der die Halswirbel begreift, ist wieder unten
etwas dicker und nach oben schmaler, bis er
sich zuletzt am Hinterhauptsbein mit einem
breiten Wirbel endigt.
Im Profil und in aufrechter Stellung be-
trachtet, macht das Rückgraat nach vorn eine
[Seite 268] Art Wellenlinie*), aber von sehr ungleichen
[Seite 269] Wölbungen*). Die Körper der Halswirbel
nemlich sind nur ganz flach vorwärts gewölbt.
Die an den Rückenwirbeln hingegen sind mit
einem großen flachen Bogen rückwärts ausge-
schweift; um nemlich den Raum der Brusthöle
dadurch zu vergrößern. Der Lendenwirbel ihre
treten in etwas vorwärts in die Bauchhöle
hinein. Das Kreuzbein endlich ist nebst dem
Kukuksbein das mit dem untern Ende desselben
in gleicher Richtung fortläuft, wieder nach
hinten tief ausgeschweift, um die Beckenhöle
zu erweitern.
Ganz anders hingegen und sehr von der
vorigen abweichend, läuft die Linie die man
am äußersten Ende der Dornfortsätze zieht,
da die verschiedne Richtung und Länge desselben
an den dreyerley Arten von Wirbeln, dieselbe
im ganzen weit flacher und ihre wellenförmigen
Beugungen schwächer macht.
Aber auch von vorn angesehen, lauft das
Rückgrad nicht durchgehends in gerader Rich-
tung, sondern ist in der Gegend des 4ten und
5ten Rückenwirbels, wo sich nemlich der Bo-
gen der großen Schlagader hinten hinabbengt,
ziemlich merklich nach der rechten Seite aus-
gebogen*).
Der durch das Rückgraat laufende Canal
ist gleichsam die Fortsetzung der Hirnschaalen-
höle. Er erstreckt sich von der großen Oeff-
nung des Hinterhauptbeins bis ins Kreuzbein,
wo er sich hinten in einen offnen Ausschnitt des-
selben endigt.
In den Lendenwirbeln ist dieser Canal am
weitesten, und zwar so wie in den Halswir-
beln meist dreyeckigt. In den Brustwirbeln
hingegen ist er mehr rundlicht und von der
6ten bis zur 9ten zugleich am engsten**).
Die beiden obersten Halswirbel abgerech-
net, von deren eignen Besonderheiten nachher
umständlich die Rede seyn wird, so haben die
übrigen Wirbel folgendes mit einander gemein:
Sie bestehen nemlich nach vorn aus dem
sogenannten Körper, der einem runden Cy-
linder ähnelt; seitwärts hingegen und nach hin-
ten wird durch den Zusammenfluß ihrer Fort-
sätze der sogenannte Bogen gebildet.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr-
nen Kinde besieht jeder Wirbel noch aus drey
einzelnen Knochenflücken*): wovon das eine
den Körper, die andern beiden aber, die nach
hinten nur durch einen Knorpel miteinander ver-
bunden sind, den Bogen ausmachen**).
Der Körper ist von schwammichter Tex-
tur, gleichsam nur wie mit einer dichten Kno-
chenrinde überzogen. Auf der Rückseite die
den Canal bildet, und theils auch auf der vor-
dern sind ansehnliche Oeffnungen, wodurch die
ernährenden Blutgefäße desselben hineintreten*).
Vom zweyten Halswirbel an liegt zwischen
den Körpern aller übrigen eine sehr elastische**)
Knorpelscheibe, (Cartilago intervertebralis)
theils von ansehnlicher Dicke, zumal an der
Vorderseite, und durchgehends von einer über-
aus merkwürdigen Textur. Diese Scheiben
halten das Mittel zwischen einem Knorpel und
einem Gelenkbande, da sie gleichsam nur eine
Fortsetzung der kurzen Gelenkbänder sind, wo-
mit vorn die Fugen dieser Körper kreuzweis
überzogen sind. Wenn sie horizontal durch-
schnitten werden, so zeigen sie concentrische
[Seite 273] Ringe, die nach der Mitte und etwas nach
hinten zu immer weicher werden, und daselbst
wie mit einem schleimichten Kerne gefüllt sind*),
der aber doch dem Drucke weit weniger nach-
giebt als seine härteren Ränder, und der ei-
gentlich die Hauptstütze im Rückgraat aus-
macht, so wie hingegen die mehr elastischen
Ränder das meiste zur gelenken Biegsamkeit
desselben beytragen**).
Der Bogen an den Wirbeln ist von dich-
term Gewebe als ihr Körper, und bildet, den
obersten Halswirbel abgerechnet, bey allen
übrigen 7 Fortsätze: nemlich die beiden trans-
versos zu beiden Seiten; den spinosus nach
hinten; und zwey Paar obliquos oder die ei-
gentlichen articulares die dem Rückgraat die
meiste Haltung und Festigkeit geben, und wo-
von die obern ascendentes (s. feminei), die
untern aber descendentes (s. masculini) ge-
nannt werden.
Der Bogen macht in Verbindung mit der
Hinterseite des Körpers die große Oeffnung
zum Durchgang des Rückenmarks, die gleich-
sam als eine Fortsetzung des großen Loches im
Hinterhauptbein anzusehen ist.
Nächstdem hat jeder Wirbel ohngefähr an
der Wurzel seines processus transversus auf jeder
Seite sowohl oben als unten einen meist halb-
mondförmigen Ausschnitt, der dann mit dem
auf ihn passenden ähnlichen Ausschnitt des
benachbarten Wirbels ein foramen commune*)
bildet, (das durch die zwischen den Körpern
der Wirbel liegende Knorpelscheibe noch mehr
Raum gewinnet) und deren auf jeder Seite
25 zum Durchgange der 8 Paar Nackenner-
ven, der 12 Paar Intercostalnerven, und der
5 Paar Lendennerven herablaufen**).
Die sämmtlichen Wirbel sind, wie es zu
ihrer nöthigen Festigkeit unumgänglich war,
[Seite 275] durch zahlreiche und starke Gelenkbänder un-
ter einander verbunden. Die beiden obersten
Halswirbel haben einen ganz eignen Vorrath
von dergleichen Bändern, die im folgenden Ab-
schnitt beschrieben werden sollen. Die Liga-
mente der übrigen Wirbel hingegen lassen sich
unter zwey Classen bringen: nemlich A) die
gemeinschaftlichen (communia); und B) die
besondern (propria).
Die gemeinschaftlichen sind die beiden
so an der vordern und hintern Seite der Kör-
per hinablaufen: nemlich
a) Das Ligam. longitudinale anterius*)
vom obersten Halswirbel an.
b) Das Ligam. longitudinale posterius**)
(oder vielleicht besser interius) eigentlich erst vom
dritten Halswirbel an; denn von den beiden
obersten steht es etwas ab.
Zu den besondern hingegen gehören:
a) Das interuertebrale***); das vor den
Fugen der Körper an den Wirbeln liegt, und
[Seite 276] aus kurzen aber überaus robusten sich kreuzen-
den Fasern besteht, die sich, wie schon erwähnt,
(§. 211.) in die Knorpelscheiben zwischen diesen
Körpern verlieren.
b) Die Ligamenta intercruralia*), hin-
ten in den Zwischenräumen der Bogen, die sich
in die interspinalia**) verlaufen, welche längst
zwischen den processibus spinosis liegen.
c) Die Ligamenta apicum***), an der
äußersten Spitze der processum spinosorum von
einem Wirbel zum andern.
Endlich d) die vorzüglich wichtigen eigent-
lichen Ligamenta articularia****) an den bei-
derley processibus obliquis.
Die beiden obersten Halswirbel haben, wie
schon gedacht, viel auszeichnendes wo-
durch sie sich von den übrigen unterscheiden.
Einiges was über beide zusammen gesagt wer-
den wird, verspare ich bis zu Ende des fol-
genden Abschnitts. Erst nun von jedem ins
besondre.
Der erste dieser Wirbel*) (Atlas) ist
niedrig, flach, fast ringförmig**), hat
vorn keinen sogenannten Körper wie andre Wir-
bel, und hinten keinen dornichten Fortsatz, da-
für aber zwey desto ansehnlichere robuste Sei-
tentheile***) wodurch er sowohl mit den Knö-
pfen des Hinterhauptbeins, als mit dem
zweyten Wirbel in Verbindung steht.
Auch besteht er bey der Leibesfrucht und
dem neugebohrnen Kinde nicht wie andre Wir-
bel aus drey, sondern nur aus zwey Knochen-
stücken*).
Statt des Körpers hat dieser Wirbel
einen kurzen wenig gekrümmten Bogen, wo-
durch seine beiden Seitentheile nach vorn ver-
bunden werden, und mitten auf der innern oder
hintern Seite desselben eine kleine runde Knor-
pelfläche, an welcher sich der große Zapfen des
folgenden Wirbels mit einer änlichen Knorpel-
fläche bewegt.
Die beiden dicken, Seitentheile sind oben
und unten zu schrägen Gelenkflächen ausge-
schweift, und vertreten die Stelle der proces-
suum obliquorum an andern Wirbeln. Die
beiden obern stehen etwas weiter auseinander,
oder sind vielmehr nur etwas schmäler aber
länglichter als die untern.
Am innern oder untern Rande der obern
Gelenkflächen ist auf jeder Seite eine kleine
[Seite 279] Grube in welcher die beiden Enden des Quer-
bandes befestigt sind, das hinter dem Zapfen
des zweyten Wirbels liegt.
Die Seitenfortsätze sind von ansehnlicher
Größe*): statt des dornichten Fortsatzes
hingegen (der das Drehen des Kopfs auf dem
zweyten Wirbel behindert haben würde) ist
an der Hinterseite des großen Bogen, der von
den Seitentheilen nach hinten läuft, blos eine
kleine stumpfe Spitze. Der Bogen selbst läßt,
wenn der Kopf nicht zurückgebogen ist, eine
ansehnliche Lücke zwischen sich und dem dornich-
ten Fortsatz des zweyten Wirbels**).
Das foramen magnum das dieser ring-
förmige Wirbel bildet, ist weit größer als an
den folgenden, da es ausser dem Rückenmarke
auch noch den Zapfen des zweyten Wirbels
aufnehmen muß.
[Seite 280] Die Löcher womit die Seitenfortsätze an
ihrer Wurzel durchbohrt sind, haben auch eine
ansehnlichere Weite als die an den übrigen
Halswirbeln, und sind zuweilen durch eine
Scheidewand verdoppelt.
Auch die Einschnitte zu den vier gemein-
schaftlichen Oeffnungen (§. 213.) die hinter
den beiden Seitentheilen liegen, sind tiefer und
laufen mehr gerader als an den folgenden Wir-
beln. Die auf der obern Seite, die zum Ein-
gange der arter. vertebralis und zum Ausgang des
ersten Paars der Nacken-Nerven dienen, sind zu-
weilen wie mit einer Brücke wieder bedeckt, so
daß sie dann ein foramen proprium (S. 105
§. 19.) bilden*).
Dieser ganze Wirbel ist aufs genaueste mit
dem Hinterhauptbein verbunden**), dessen
[Seite 281] Knöpfe eine Art ginglymus (Th. I. §. 105)
mit ihnen bilden, und dem Kopf fast blos in
der geraden Richtung nach vorn und hinten sich
darauf zu bewegen gestatten.
Vorzüglich dienen vier Gelenkbänder*) zu
dieser Verbindung.
Zuförderst nemlich die beiden eigentlich so-
genannten lig. articularia (s. annularia) welche
die obern Gelenkflächen des Wirbels an die
Knöpfe des Hinterhaupts befestigen.
Dann drittens das lig. obturatorium ante-
rius am vordern Bogen:
Und endlich viertens das obturarorium
posterius am hintern Bogen.
Der zweyte Halswirbel*) (Epistropheus
s. Axis) hat eine von dem vorigen ganz
auffallend verschiedne Gestalt**): ist ungleich
schmäler, aber durchgehends weit robuster, und
zumal an der vordern Seite von einer sehr be-
trächtlichen Höhe und ganz eignem Bau.
Auch besteht er bey der reifen ungebohrnen
Leibesfrucht weder wie der vorige Wirbel aus
zweyen, noch wie alle übrige aus dreyen, son-
dern aus vier Knochenkernen***).
Was besonders den Körper dieses Wirbels
gleich vor allen auszeichnet, ist der zahnförmi-
ge Fortsatz (processus odontoides) ein abge-
rundeter Zapfen, der am obern Ende desselben
[Seite 283] emporragt, und zu einer ganz eignen Art von
Articulation dient, davon schon oben Erwäh-
nung geschehen (Th. I. §. 104.). An seiner vor-
dern Seite nemlich ist eine Gelenkfläche die auf
die gedachte ähnliche Fläche des ersten Wirbels
(§. 220.) paßt, der sich nebst dem ganzen
Kopfe auf diesem Zapfen wie an einer Angel
hin und her drehen kan*). Der Zapfen sitzt
gleichsam auf einem etwas schmälern Halse,
hinter welchem das Querband im ersten Wirbel
(§. 221.) ausgespannt ist.
Unten gleichsam am Fuße des Zapfens lie-
gen zu beiden Seiten zwey gewölbte Gelenk-
flächen, auf welchen die gedachten untern Ge-
lenkflächen des obersten Wirbels (§. 221.) auf-
ruhen. Doch schließen sie nicht ganz dicht auf
einander, und man will auch zuweilen noch eine
besondre kleine Knorpelscheibe zwischen ihnen
inne liegend gefunden haben**).
Auf der untern Seite des Wirbels und
weiter nach hinten, sind ein paar andre weit
kleinere Gelenkflächen, die den schrägen herab-
steigenden Fortsätzen der übrigen Wirbel (§.
212.) äneln.
[Seite 284] Zwischen diesen letzten und den vorigen lie-
gen nach ausen die processus transuersi dieses
Wirbels, die aber merklich kürzer sind als am
Atlas.
Hinten ragt endlich der dornichte Fortsatz
hinaus, der desto länger und dicker ist. Er
hat einen scharfen schräg hinabsteigenden Rü-
cken, und ein abgestumpftes theils gespaltnes
Ende.
Die große Oeffnung in diesem Wirbel ist
doch weit enger als die im vorigen; und über-
haupt der in den folgenden Halswirbeln änlich.
Das Loch womit die Seitenfortsätze an ih-
rer Wurzel durchbohrt sind, hat hingegen eine
ganz eigne Richtung, und öffnet sich, da es
oben von den obern Gelenkflächen (§. 228.)
meist bedeckt wird, schräg nach der Seite,
macht gleichsam ein Knie, beynah wie der
canalis caroticus im Felsenbein.
So wie überhaupt die Wirbel, und beson-
ders die am Hals aufs festeste untereinander
verbunden sind, um die sonst so furchtbar ge-
fahrvolle Verrenkungen derselben, auf alle
Weise zu verhüten: so sind dieselben nun fol-
gends bey den beiden obersten Wirbeln durch
[Seite 285] einen ganz eignen merkwürdigen Apparatus
von mancherley festen Gelenkbändern*) bey-
nah so gut wie unmöglich gemacht**).
[Seite 286] Es gehören dahin außer denen die schon
im vorigen Abschnitt benannt worden (§.
224.) vorzüglich folgende:
a) Das ligam. suspensorium*) von der
vordern Seite des zahnförmigen Fortsatzes,
nahe unter seiner stumpfen Spitze nach dem
vordern Rande der großen Oeffnung des Hin-
terhauptbeins.
b) Die beiden ligam. lateralia**) (s.
alaria Mavcharti) ein paar kurze robuste
Bänder die oben zu beiden Seiten des Zapfen
ansitzen und zum vordern und äußern Theil
des gedachten for. magni laufen.
c) Das schon erwähnte Querband***)
(ligam. transversum atlantis s. cruciforme Mav-
[Seite 287] charti) hinter dem Halse des Zapfen (§.
221. 227.) das allerdings auch aufwärts am
Hinterhauptbein und niederwärts am Körper
des zweyten Wirbels befestigt ist, um allem
Druck des Zapfen aufs Rückenmark vorzu-
beugen.
d) Das ligam. vaginale (s. capsulare) wo-
durch die Gelenkfläche vorn am Zapfen des
Epistropheus mit der an der Hinterseite des
vordern Bogens am Atlas verbunden wird.
Die übrigen fünf Halswirbel*) bilden zu-
sammen gleichsam einen abgestumpften
Kegel, und sind überhaupt kleiner als die an-
dern folgenden Wirbel, aber wie es scheint von
einem desto dichtern festern Korn**).
Ihre Körper sind nach vorn nicht stark
gewölbt und hervorragend wie die an den Rü-
ckenwirbeln, sondern weit flacher, um dem
Schlunde der zwischen ihnen und der Luftröhre
hinabsteigt mehr Raum zu lassen.
Auf ihrer obern Fläche erheben sie sich zu
beiden Seiten in zwey ansehnliche Fortsätze*),
die in ein paar darauf passende Vertiefungen
des darüberstehenden Wirbels eingreifen und
auch hierdurch die Festigkeit des Nackens ver-
stärken**).
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel
haben eine schiefere Richtung als die am übri-
[Seite 290] gen Rückgraat; auch ist bey ihnen und bey den
gleichen Fortsätzen an den Rückenwirbeln der
scharfe Rand nach aussen gekehrt, nicht wie bey
den Lendenwirbeln nach vorn und hinten; sowie
auch ihre Flächen mehr eben und nicht wie an
den Lendenwirbeln gewölbt und vertieft sind.
Die Seitenfortsätze sind erstens so wie an
den obersten beiden Wirbeln an der Wurzel
mit der Oeffnung zum Durchgang der Wirbel-
blutgefäße durchbohrt, so daß sie zusammen
nach vom gleichsam einen durchbrochnen Canal
bilden*): zweytens aber haben sie das beson-
dre, daß sie auf der obern Seite wie eine
Dachrinne oder Schnepfe ausgefurcht sind und
gleichsam nach vorn und hinten zwey besondre
Fortsätze bilden, zwischen welchen diejenigen
Nackennerven, aus welchen die großen Stäm-
me der Armnerven gebildet werden, heraus-
treten; daher auch manche Zergliederer neun
Fortsätze an diesen Wirbeln gezählt haben.
Der Dornfortsatz ist an diesen Wirbeln,
zumal an dem 3ten, 4ten und 5ten kurz und
breit, damit der Kopf bequem zurückgebogen
werden kan, meist auch am Ende wie gespal-
ten, und nach unten etwas ausgefurcht. Bis
herunter zum 5ten Wirbel ist das hintre Na-
ckenband vom Hinterhauptsbein daran befestigt.
Der unterste Halswirbel zeichnet sich noch
durch einige Besonderheiten von den übrigen
aus. Er hat einen mehr hervorragenden ge-
wölbten Körper (daher er auch vertebra pro-
minens genannt wird), und macht überhaupt
auch in Rücksicht seiner übrigen Structur den
Uebergang zu den Rückenwirbeln. – Am
untern Rande seines Körpers hilft er zuweilen
schon in Verbindung mit dem ersten Rückenwir-
bel die Gelenkfläche zur Aufnahme des ersten
Rippen-Paares bilden: Auch fehlt zuweilen an
seinen Seitenfortsätzen das Loch für die Wirbel-
blutgefäße: und diese Fortsätze sind auch am
Ende nicht mehr so auszeichnend wie eine Rin-
ne ausgefurcht als die obern. So ist auch der
Dornfortsatz dieses Wirbels schon weit länger
als an den vorigen und überhaupt dem an den
Rückenwirbeln änlicher u.s.w.
So wie der Kopf auf dem obersten Hals-
wirbel vor und rückwärts gebogen, – und
auf dem zweyten wie in einer Angel hin und
her bewegt werden kan: so dient ihm nun
die gemeinschaftliche Verbindung der übrigen
Halswirbel sowohl jene beiden Arten von Be-
wegung noch zu verstärken als auch ihm die
Seitenbeugung nach den Schultern zu gestatten.
Die zwölf*) Rücken- oder Brustwir-
bel**) (vertebrae dorsi s. thoracis)
sind unter allen am ganzen Rückgraat am min-
desten beweglich***), haben die dünnesten
Knorpelscheiben zwischen ihren Körpern, und
überhaupt manches auszeichnendes, das sich
auf ihre Verbindung mit dem übrigen Thorax,
zumal auf die Einlenkung der Rippen an den-
selben bezieht****).
Die Körper dieser Wirbel halten in
Rücksicht der Größe das Mittel zwischen den
Hals- und Lendenwirbeln. Sie haben plattere –
nicht so ausgeschweifte – Oberflächen als die
Halswirbel. Die beiden obersten sind nach
vorn gleichsam platt gedruckt, wie die an den
Halswirbeln. Die drey darauf folgenden sind
hingegen wie an den Seiten zusammengedrückt
und überhaupt die allerschmälften am ganzen
Rückgraat.
Was sie aber am meisten auszeichnet sind an
ihrem hintern Rande, wo sich der Bogen die-
ser Wirbel anfängt, die kleinen Knorpelflächen
(facies articulares s. sinus laterales) zur Auf-
nahme des innern Gelenkkopfes der Rippen.
Bey einigen Wirbeln sitzt die ganze Knor-
pelfläche am Körper selbst (sinus proprius).
Bey den übrigen hingegen gleichsam in der
Fuge zwischen zwey und zwey auf einander
liegenden Körpern. (sinus communes.)
Der erste dieser Wirbel und dann die bei-
den untersten haben sinus proprios. Doch
stößt bey jenem der sinus zuweilen auch noch
oben an den letzten Halswirbel (§. 234.) und
unten macht er auch wohl mit dem darunter
liegenden zweyten Wirbel einen sinus commu-
[Seite 294] nis: dergleichen überhaupt bey den übrigen 9
Rückenwirbeln zu finden.
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel
stehen mehr aufrecht als an den Halswirbeln,
aber auch so wie bey diesen mit den Flächen nach
vorn oder hinten gekehrt.
Die Seitenfortsätze*) entspringen
gleichsam aus den vorigen: sie sind stark und
lang; doch bey den obersten Wirbeln kürzer,
bey dem siebenten hingegen meist am längsten.
Weiter hinunter nimmt ihre Länge wieder ab,
und bey den beiden untersten sind sie am aller-
kürzesten. Sie endigen sich sämtlich in merk-
lich dicke Knöpfe: wovon die an den beiden
untersten Wirbeln fast wie in einen halben
Mond ausgeschnitten sind. Ohngefähr von
der 4ten bis zur 11ten läuft ein eignes Band
längst von einem dieser Knöpfe zum andern
herab**).
Besonders sind aber am Ende der Seiten-
fortsätze an den zehn obern Wirbeln andre, mehr
oder weniger vertiefte Knorpelflächen zu mer-
[Seite 295] ken, in welchen die äußern und hintern Ge-
lenkknöpfe der Rippen anliegen.
Von den Dornfortsätzen*) dieser Wir-
bel liegen die drey oder vier obern ziemlich
gerade aus und stehen merklich von einander
ab. Die folgenden 6 hingegen laufen sehr
schräg herunter, und liegen daher fast dicht auf
einander. – Die letzten endlich liegen wieder
meist horizontal und äneln überhaupt schon denen
an den Lendenwirbeln, nur daß sie dünner sind.
Im ganzen sind diese Fortsätze fast prismatisch
haben wenigstens oben einen scharfen Rücken**).
Ueberhaupt sind die gemeinschaftlichen
Seitenöffnungen zwischen diesen Wirbeln, zum
[Seite 296] Durchgange der Intercostalnerven enger als die
zwischen den Halswirbeln.
Auch die großen Oeffnungen die den Canal
fürs Rückenmark bilden sind bey diesen Wir-
beln, zumal von dem 6ten bis zum 9ten am
engsten.
So wie der letzte Halswirbel auch in Rück-
sicht seines Baues den Uebergang zu den Rü-
ckenwirbeln macht, so macht der unterste Rü-
ckenwirbel gleichsam den zu den Lendenwir-
beln*).
Besonders stehen seine beiderley schrägen
Fortsätze in ganz entgegengesetzter Richtung.
Die aufsteigenden nemlich, wie bey den übri-
gen, mit der Fläche nach hinten: die herab-
steigenden hingegen mit der Fläche nach außen,
wie bey den Lendenwirbeln; auch ist diese Flä-
che schon wie bey diesen in einen runden Rücken
gewölbt.
Die fünf*) Lendenwirbel**) machen
das untere Ende des eigentlichen Rück-
graats aus***). Sie sind die robustesten***)
und zugleich bey der vorzüglichen Dicke der
Knorpelscheiben zwischen ihren Körpern, die
beweglichsten von allen.
Ihre Körper sind sehr merklich dicker als
die an den vorigen Wirbeln und auf der untern
Fläche, zumal nach hinten, flach ausgehölt.
Vorn sind sie höher als hinten, wie es das
Gleichgewicht bey der obgedachten natürlichen
Beugung des Rückgraats (§. 205.) und
die natürliche Bestimmung des Menschen zum
aufrechten Gange erfoderte.
Die schrägen Fortsatze verdienen hier
bey den Lendenwirbeln kaum diesen Namen,
da sie fast ganz senkelrecht stehen. Sie sind
überhaupt robust, und haben eine ganz andere
Richtung als die an den übrigen Wirbeln,
nemlich mit den Rändern nach vorn und hin-
ten gekehrt. Die obern sind wie eine Rinne
ausgefurcht. Die untern hingegen die auch
enger an einander stehen, haben cylindrisch ge-
wölbte Gelenkflächen.
Die Seitenfortsätze entspringen gleichsam
aus dem Körper und aus den schräg aufsteigen-
den Fortsätzen, und sind ein wenig zurück ge-
bogen. Die an den beiden obern Lendenwir-
beln sind kurz; die an der dritten länger; die
an den beiden untersten hingegen wieder kurz
und theils auch dünner und stumpf zugespitzt.
[Seite 299] – Alles um die Seitenbewegung des Kör-
pers zu erleichtern.
Zuweilen – aber sehr unbeständig –
finden sich zwischen diesen Seitenfortsätzen und
den schräg aufsteigenden, nach hinten zu, noch
die sogenannte processus accessorii*), derhal-
ben manche Zergliederer den Lendenwirbeln 9
Fortsätze haben zuschreiben wollen.
Der Dornfortsatze ist bey diesen Wirbeln
kurz, aber breit, flach zusammengedruckt, nach
oben und unten wie mit einer Schneide und am
Ende gleichsam stumpf abgeschnitten. Am
ersten und letzten Wirbel ist er am kürzesten,
und hat bey allen eine fast horizontale Lage**).
Der unterste Lendenwirbel hat so wie
der unterste Hals- und Rückenwirbel auch et-
was eignes auszeichnendes. Sein Körper
nemlich ist vorn auffallend höher als hinten,
und bildet daher durch seine Verbindung mit
dem Kreuzbein in der Fuge zwischen beiden das
sogenannte Vorgebürge. Seine herabsteigen-
den schrägen Fortsätze aber haben wieder die
Richtung wie bey den Rückenwirbeln, nemlich
mit der Fläche nach vorn gekehrt, und stehen
auch weiter auseinander als die an den andern
Lendenwirbeln.
Das Kreuzbein*) oder heilige Bein (os
sacrum,**) s. latum s. os clunium)
ist bey weitem der allergrößte Knochen am
Rückgraat***), von schwammichter leichter
Textur, nach vorn ausgeschweift und ziemlich
glatt, nach hinten gewölbt und rauh und un-
eben; im Ganzen ohngefähr von der Gestalt
einer gekrümten am Ende stumpf zugespitzten
keilförmigen Schaufel.
Am weiblichen Gerippe ist er mehrentheils
flacher und minder stark gekrümmet als am
männlichen****).
Er ist hinten zwischen die Hüfftknochen
eingekeilt, hilft die Beckenhöle bilden, und
[Seite 303] ist gleichsam der Fuß worauf das ganze Rück-
graal, und mit diesem auch Brust und Kopf
und Arme ruhen.
Gewissermaßen ist das Kreuzbein ein zu-
sammengesetzter Knochen, der nemlich aus
fünf (– seltner aus sechs –*) wirbelän-
[Seite 304] lichen Stücken wie in eins geschmolzen scheint,
die man an jugendlichen Subjecten, zumal
auf der ausgeschweiften Vorderseite zu unter-
scheiden glaubt*).
Im Grunde aber besteht doch schon die
knorplichte Grundlage dieses Knochen, bey der
[Seite 306] ungebohrnen Leibesfrucht aus einem einzigen
Stücke*), in welchem man gegen die Zeit der
Geburt 21 Knochenkernchen unterscheiden kan.
Fünfe nemlich für jedes der drey obern wir-
belänlichen Stücke, von welchen das mittlere
den Körper derselben; zweye die zu beiden Sei-
ten nach vorn liegen, gleichsam die Seitenfort-
sätze; und zwey größere die eben so nach hinten
liegen, die schrägen Fortsätze bilden. – Die
beiden untersten Stücken hingegen haben wie
die Wirbel des eigentlichen Rückgraats jeder
nur drey Knochenkernchen.
Derjenige Theil der wirbelänlichen Stü-
cke der die Körper derselben vorstellt, ist flach
und in der Kindheit und Jugend durch Knor-
pelscheiben wie in Absätze getheilt, die zwar
gegen die Zeit der Mannbarkeit meist verwach-
sen, doch daß sich die Spuren davon oft noch
sehr kenntlich bis ins höhere Alter erhalten.
Der oberste dieser Absätze bildet nach oben
eben so eine breite Gelenkfläche wie die an den
eigentlichen Wirbeln des Rückgraats.
Der unterste hingegen verläuft sich in eine
abgestumpfte Spitze mit einer in die Quere lie-
genden Gelenkfläche, an welcher das erste Glied
des Kuckucksbeins anliegt.
Die sämtlichen Fortsätze an diesen wir-
belähnlichen Stücken sind wie zusammenge-
flossen und undeutlich. Nur die zwey schräg-
aufsteigenden am obern Ende ausgenommen,
die mit ihren ausgeschweiften ansehnlichen Flä-
chen nach hinten und innen gerichtet sind, und
in die schräg herabsteigenden Fortsätze des un-
tersten Lendenwirbels einlenken.
Die übrigen schrägen Fortsätze beiderley
Art sind wie in rauhe Knoten verwachsen, die
auf der Hinterseite des Kreuzbeins paarweise
von oben nach unten convergiren.
Die Seitenfortsätze sind am allerunkennt-
lichsten, da sie in die dicken breiten Seitentheile
des Knochen zusammen schmelzen. Das ober-
ste Paar macht vor den gedachten schrägauf-
steigenden Fortsätzen ein paar breite Flügel,
deren oberer und hinterer Rand mit den Sei-
tenfortsätzen des letzten Lendenwirbels parallel
laufen, und einen Zwischenraum lassen, durch
welchen der letzte Lendennerve hervortritt, ihr
vorderer Rand hingegen steigt an dem Vorge-
bürge (§. 244.) seitwärts herunter, und
verläuft sich in die stumpfe Grenzlinie, welche
das sogenannte große Becken von dem kleinen
scheidet.
[Seite 308] Die beiden obersten wirbelänlichen Stü-
cke des Kreuzbeins sind zu beiden Seiten mit-
telst der sogenannten Symphysis sacro-iliaca
zwischen den Hintertheilen der ungenannten
Beine eingekeilt. Diese Knorpelfläche selbst
ist flach ausgefurcht und hat ohngefähr einige
Aenlichkeit mit dem Umriß eines Menschen-
ohres.
Von den Dornfortsätzen sieht man ge-
wöhnlich nur an den drey obern wirbelänlichen
Stücken des Kreuzbeins kenntliche Spuren.
Weiter herunter sind sie meist wie in eine di-
vergirde Spalte auseinander getrieben, deren
Ränder zu beiden Seiten herab mit etlichen
kleinen Knoten besetzt sind, wovon die unter-
sten wie ein paar ganz kurze stumpfe Spitzen
hinabragen, und gleichsam ein paar schräg her-
absteigende Fortsatze vorstellen, die an die
schräg heraufsteigenden des ersten Gliedes vom
Kuckucksbein stoßen.
Nach hinten läuft durch das Kreuzbein der
Länge herab ein dreyeckter Canal, der das
Ende der ganzen Rückgraatshöle ausmacht.*)
Nach oben ist er weit und seine Mündung schräg,
[Seite 309] von vorn nach hinten und unten wie abge-
schnitten. Unten verliert er sich in die ge-
dachte divergirende Spalte.
Gegen die Mitte ist das Kreuzbein der
Länge herab mit vier Paar ansehnlichen con-
vergirenden Oeffnungen durchbohrt, die zu
beiden Seiten neben den gedachten Fugen
(§. 249.) liegen, welche die Körper der wir-
belänlichen Stücke abtheilen.
Nach vorn sind diese Oeffnungen größer,
und verlaufen sich nach außen wie in eine Trich-
terförmige Mündung, die zum Durchgange der
Kreuznerven dient*).
Nach hinten sind sie enger, ihre Ränder
rauher etc. und größtentheils mit Beinhaut
verschlossen.
Das Kuckucksbein*) (os coccygis) oder
Steisbein hat den erstern Namen von
der Aenlichkeit die man in seiner schwachge-
krümmten Haakenförmigen Gestalt,**) mit
dem Schnabel jenes Vogels zu finden ge-
meynt hat.
Es besteht gewöhnlich aus vier***) Stük-
ken, die im natürlichsten Zustand auch beym
[Seite 311] erwachsenen Menschen nicht zusammenverwach-
sen*), sondern durch eine wahre Symphy-
sis**) (Th. I. §. 101.) mit einander verbun-
den, mithin etwas nachgiebig***) sind.
Auch sind schon bey der ungebohrnen Lei-
besfrucht vier einzelne Knorpel, – nicht wie
beym Kreuzbein nur ein einziger gemeinschaft-
licher, – zur Grundlage ihrer nachherigen
Verknöcherung vorräthig*).
Diese vier Stücke machen gleichsam einen
Anhang des Kreuzbeins aus, laufen mit dessen
unterm Ende in gleicher Richtung fort, ragen
von hinten in die untre Oeffnung des Beckens
hinein, und dienen besonders dem Mastdarm
zur Stütze**).
Das oberste Stück ist bey weitem das
größeste, von ansehnlicher Breite, und beym
vollkommensten Bau*) mit zwey Paar deutli-
chen Fortsätzen versehen, nemlich mit zwey
kurzen stumpfen Seitenfortsätzen, und dann
nach hinten mit zwey emporragenden längern
und spitzern, welche gleichsam die Stelle der
schräg aufsteigenden Fortsätze an den vorigen
Wirbeln vertreten, und nach den beiden gedach-
ten änlichen Fortsätzen am hintern und un-
tern Theile des Kreuzbeins (§. 250) gerich-
tet sind. An den übrigen drey Stücken die
an Größe in der Folge ihrer Verbindung immer
mehr abnehmen, sieht man nur schwache min-
der kenntliche Spuren von Seitenfortsätzen,
außer diesen aber gar keine andere.
Die sämtlichen vier Stücke des Kuckucks-
beins sind übrigens ganz dicht, ohne durch-
laufenden Kanal und ohne andre bestimmte
Oeffnung**).
Die beiden ungenannten Knochen*)
(ossa innominata, s. anonyma, s.
coxarum) sind die größten von allen flachen
Knochen des ganzen Gerippes; nach oben und
hinten mehr breit, nach unten und vorn massi-
ver, und theils durchbrochen und ausgehölt**).
Vorn sind sie durch ein Knorpelband mit
einander verbunden, hinten fassen sie das
Kreuzbein zwischen sich: und bilden mit diesem
und dem Kuckucksbein die sogenannte Becken-
[Seite 315] höle. In ihren Hüftpfannen sind die Schen-
kelknochen eingelenkt.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr-
nen Kinde bestehn sie aus drey abgesonderten
Knochenkernen*) die in der Hüftpfanne zu-
sammenstoßen, und erst ohngefähr im sieben-
ten Lebensjahr zusammen verwachsen; doch
daß auch oft noch später und selbst zuweilen
bis gegen die Zeit der Mannbarkeit die Spu-
ren dieser Verwachsung merklich bleiben.
Eben nach der Lage dieser anfänglichen
dreyen Knochenkerne wird nun auch überhaupt
jedes ganze ungenannte Bein, wieder in eben
so viele Abschnitte eingetheilt, die man mit
den Namen von besondern Knochen belegt.
Die beiden obern großen ausgebreiteten
Theile nemlich, die Hüftknochen (ossa ilium).
Die mittlern vordern aneinanderstoßenden,
die Schaambeine (ossa pubis s. pectinis).
Die nach unten herabsteigenden, die Sitz-
beine (ossa ischii s. coxendicis).
Von allen dreyen insbesondre. Zuerst vom
Hüftknochen, der bey weitem den größten
Theil des ungenannten Beins ausmacht.
Er variirt gar sehr in der Dicke; zu-
mal nach dem mittlern Theil zu: und das
zwar, wie es scheint, ohne bestimmte Bezie-
hung auf Geschlecht oder Alter.
Die Außenseite oder der sogenannte
Rücken dieses Knochen ist flacher, und hat nur
ein paar ganz schwache wellenförmige breite
Eindrücke und Erhabenheiten.
Die innere Seite wird in zwey ungleiche
Hälften abgetheilt, die in einem stumpfen Win-
kel (cubitus alb.) aneinander stoßen.
Die hintre dieser beiden Hälften (plani-
ties articularis) ist bey weitem die kleinere und
wird durch einen scharfen Rand von der vor-
dern abgesondert. Sie dient zur festen Ver-
bindung mit dem Kreuzbein*), (symphysis
sacro-iliaca) und hat daher nach vorn, wo
sie an den gedachten scharfen Rand stößt, einen
etwa daumenbreiten etwas erhabnen rauhen
Wulst, ohngefähr vom Umriß eines Men-
[Seite 317] schenohres, der auf die völlig änliche flach
ausgefurchte Knorpelfläche des Kreuzbeins
paßt, deren oben gedacht worden (§. 250).
Nach hinten ist der übrige größere Theil dieser
Hälfte etwas niedriger als dieser Wulst, und
ebenfalls rauh und uneben.
Die vordre Hälfte der innern Seite des
Hüftbeins ist ungleich größer als jene hintre,
glatter, und nur gegen die Mitte zu ganz
flach ausgeschweift. Nach unten stößt sie an
den stumpfen Rücken (linea innominata) der
von den Vorgebürge des Kreuzbeins hier fort-
setzt. (§. 244. 250.)
Nun die Ränder dieses Knochen. –
Der obere, größte, (crista ilei) ist fast eine
Spanne lang, bogenförmig und bey jugendli-
chen Subjecten mit einer schmalen Leiste belegt,
die oft noch bis in die Jahre der Mann-
barkeit als eine Epiphysis nur wie angeleimt
scheint. Sie bildet die eigentlich sogenannten
Hüften, ist hinten wo sie über dem Kreuzbeine
hinausragt am dicksten; in der Mitte ihres
Laufs am dünnsten: und endigt sich vorn in
eine stumpfe Ecke (tuberculum s. spina supe-
rior ilei). – Von da steigt der vordere
kleinere Rand mit einem halbmondförmigen
Ausschnitt bis zu einem stumpfen Hügel (spina
inferior ilei) herab, der gerade über dem obern
Rande der Hüftpfanne hervorragt.
[Seite 318] Unten, gleichsam am Fuße dieses Hügels
stößt der Hüftknochen mit dem Schaambein
zusammen, und macht in der Fuge einen ganz
flachen Eindruck, über welchem der Fallopi-
sche*) oder Poupartische**) sehnichte Bo-
gen der schrägen Bauchmuskeln ausgespannt
ist***), der die großen Schenkelblutgefäße
aus dem Becken herausläßt****).
Das Schaambein ober Schoosbein
oder Schloßbein, macht den zweyten und
kleinsten Haupttheil des ungenannten Beins
aus, und besteht aus einem robusten rundli-
chen Querstück und einem davon vom herabstei-
genden platten Stücke.
Jenes (ramus superior s. transuersalis s.
horizontalis) fängt von der vorgedachten Fuge
(§. 262) und vom vordern Rande der Hüft-
pfanne an und macht nach oben einen flach
ausgeschweiften Bag, der sich vorn nahe an
der Synchondrose der Schaambeine in eine
stumpfhervorragenbe Ecke*****) (tuberculum
[Seite 319] spinosum pubis) endigt. – Ueber diesen Bug,
ohngefähr in der Mitte, liegt der sogenannte
Bauchring oder Spalte in den schrägen Bauch-
muskeln*), durch welchen bey Mannsper-
sonen die Saamenschnur und beym andern Ge-
schlecht die runden Mutterbänder heraustre-
ten**).
Unter dem gedachten tuberculo spinoso
steigt dann das andre Stück nach unten und
nach außen herab, so daß damit die beiden
Schaambeine zusammen unter der Synchon-
drose den großen Bogen bilden, der beym
weiblichen Gerippe in einen stumpfen Winkel
ausgeschweift und mehr nach vorn ausgebogen
ist, und schärfere Ränder hat, als beym männ-
lichen***).
Beide Schaambeine sind durch die merk-
würdige Synchondrose mit einander verbun-
den, die neuerlich durch den kühnen Versuch sie
bey manchen Arten von schweren Geburten
[Seite 320] zu durchschneiden*), so allgemein berühmt,
und bey der Gelegenheit ihr wahrer Bau
näher untersucht worden**). – Es besteht
dieselbe aus einer länglichten schmalen vertica-
len Knorpelscheibe***), die in ihrem ganzen
[Seite 321] Bau die größte Aenlichkeit mit den horizon-
talen Knorpelscheiben hat, die zwischen den
Körpern der Rückgratswirbel liegen*) (§.
211). Sie ist von außen eben so mit einem
sehnichten Bande umwunden, wird eben so
nach der Mitte zu weicher und verliert sich
endlich eben so in eine Art von gallertigen
schleimichten Kern, aus welchem das flüßige
resorbirt werden kann, da er dann gleichsam
eine hole Spalte in seiner Mitte zu haben
scheint**). – Am weiblichen frischen Becken
[Seite 322] ist diese Knorpelscheibe etwas niedriger als am
männlichen, aber desto breiter; auch der Wulst
den das sehnichte Band um selbige nach vorn
und hinten macht stärker gewölbt.
Das noch übrige letzte Drittel des ganzen
ungenannten Beins das in der Größe ohnge-
fähr das Mittel zwischen den beiden vorigen
hält, macht endlich das Sitzbein aus (os
ischii) an welchem selbst wieder der vordere,
untere, und hintere Theil unterschieden wer-
den kann.
Der vordere und bey weitem kleinere Theil
desselben (ramus anterior) stößt an den Schaam-
beinbogen, und ist gleichsam eine Fortsetzung
des gedachten herabsteigenden platten Stückes
des Schaambeins.
[Seite 323] Der untere (tuber ischii) ist dick, kolbicht,
knorricht, und ist eigentlich der, auf welchem
man sitzt.
Beide, er und der vorige, sind so wie der
große Bogen des Hüftbeins, bis gegen das
männliche Alter mit einer langen Leistenartigen
Epiphyse eingefaßt.
Der hintere Theil (ramus posterior) ist
der größte und stärkste von allen; dessen äuße-
rer Rand, vom tuber ischii an, rückwärts
hinauf bis zum hintern Ende des großen Hüft-
beinbogens gerechnet wird, und zwey ansehn-
liche Einschnitte von ungleicher Größe und
Tiefe bildet. – Der untere Einschnitt (luna
alb. s. incisura ischiadica inferior) ist klein
und flach, und diem den daran vorbeylaufen-
den obturator internus aufzunehmen. – Er
wird durch eine scharf hervortretende Ecke
(spina) von den andern Einschnitt abgeson-
dert. – Dieser (incisura ischiadica superior),
der aber eigentlich zum Hüftbeine gehört und
vielmehr incisura iliaca heissen sollte, ist sehr
tief elliptisch ausgeschnitten, liegt zwischen der
Hüftbeinpfanne und dem hintern Ende des
Hüftbeins, (von welchem sich oben die Beschrei-
bung des ganzen ungenannten Beins anfieng,)
und dient zum Ausgange des großen ischiadi-
schen Nerven, und zweyer ansehnlichen Schlag-
[Seite 324] adern, der iliaca posterior (s. glutaea) und der
ischiadica*).
Die Hüftpfanne**) (acetabulum) mit-
telst deren der ganze übrige Körper auf den
Schenkelknochen ruht und von denselben getra-
gen wird, liegt gerade da, wo im unreifen
Alter die drey Glücke des ungenannten Beins
zusammenstoßen***). Ihre Richtung ist schräg,
mit dem obern ziemlich scharfen Rande (superci-
lium) nach außen hervorstehend, der zugleich
die allerdickste Stelle des ganzen ungenannten
Beins ausmacht.
Die Hölung der Pfanne selbst ist auf ihrem
Boden und nach dem innern und untern Rande
durch eine kleinere aber tiefere Grube unterbro-
chen, und dadurch gleichsam in zwey un-
gleiche Hälften abgesondert. Die obere und
äußere ist von einer meist halbmondförmigen
Gestalt, und mit einer knorplichten Gelenk-
fläche ausgeglättet. Die untere und innere ist
[Seite 325] rauh und verläuft sich an ihrem untern Rande
in einen tiefen Einschnitt (incisura acetabuli)
der hinter dem untern Ende jener halbmond-
förmigen Knorpelfläche herabsteigt, und mit
einer vorgespannten knorpelartigen Sehne be-
deckt wird*).
So wie die äußere Knorpelfläche das ei-
gentliche Gelenk ausmacht an welchem sich der
Schenkelkopf bewegt, so dient die rauhe
innere Grube zur Aufnahme Haversischer
Drüsen deren Gelenkschmiere diese Bewegung
erleichtert.
Endlich ist auf dem Boden der innern
Grube nach unten noch eine rauhe kleine Ver-
tiefung zu merken, in welcher das runde kurze
Band ansitzt, dessen andres Ende auf dem
Schenkelkopf befestigt ist**).
Neben der Hüftpfanne nach vorn und un-
ten, wird durch die Verbindung des Schaam-
beins und Sitzbeins das sogenannte eyförmige
Loch (foram. magnum ovale) – das allergrößte
[Seite 326] foramen proprium am ganzen Gerippe – gebil-
det, das am weiblichen Becken meist merklich
größer ist als am männlichen. Es hat
ohngefähr die Gestalt eines ungleichseitigen
Dreyecks, dessen längste Seite vor der Hüft-
pfanne, die kürzeste aber unter dem Schaam-
beine liegt.
Im obern Winkel zwischen jenen beiden
Seiten ist eine flache Furche zum Durchgange
für den neruus obturatorius und die Blutge-
fäße gleiches Namens. Das übrige dieser
großen Oeffnung ist mit einer sehnichten Haut
verschlossen*).
Durch die Verbindung der in den drey
letztern Abschnitten beschriebenen Kno-
chen, wird das sogenannte Becken gebildet,
eine offne, und (das etwas nachgiebige
Kuckucksbein ausgenommen) unbewegliche
Höle*).
Man theilt das Becken wieder in seinen
obern nach hinten breitausgeschweiften Rand
(labra peluis) oder das große Becken: und
in seine untre Höle, oder das kleine – oder im
engern Sinne eigentlich sogenannte – Becken.
Beide werden von einander durch den stum-
pfen Rand (linea innominata) abgesondert,
der vom Vorgebirge des Kreuzbeins (§. 244.
250.) abwärts unten am Hüftbeine vorbey
(§. 256.) sich nach dem obern und innern
Rande der Schaambeine verläuft.
Dieser Bau des Beckens ist ausschließlich
dem Menschengeschlechte eigen, und entspricht
der Bestimmung desselben zum aufrechten Gange
aufs vollkommenste, da der breite Rand des
großen Beckens die benachbarten Gedärme un-
terstützt und ihren sonstigen Druck auf die im
kleinen Becken enthaltnen Eingeweide abhält
oder doch mindert.*).
Im kindlichen Alter und den ersten Jugend-
jähren ist noch keine Verschiedenheit zwischen
den Becken der beiden Geschlechter merklich.
Erst gegen die Zeit des vollkommnen
Wachsthums zeigt sich das weibliche Becken*)
auf die schon mehr berührte Weise (Th. I.
§. 116. Th. II. §. 245.) geräumiger und
weiter**) als das männliche, so wie es als-
dann die Bestimmung des andern Geschlechts
zur Empfängnis, zur Schwangerschaft und
besonders endlich zur Niederkunft***) er-
fordert***).
Außer der Synchondrose der Schaambeine
sind noch folgende Gelenkbänder am Becken zu
merken:
A) Zur Verbindung der Hüftbeine mit
dem Kreuzbeine:
Zuerst dreye auf der Hinterseite des
Beckens:
a) Ligamentum posticum longum*).
Vom hintern kolbichten Ende der spina ilei
nach den Seitenknoten (§. 250.) des vierten
wirbelartigen Stück des Kreuzbeins.
b) L. posticum breue**). Gerade unter
dem vorigen.
c) L. posticum laterale***). Ebenfalls
von jenem Ende der crista ilei quer nach dem
obern großen flügelartigen Seitenfortsatz des
Kreuzbeins. (§. 250.)
[Seite 331] a) Ligamentum transuersale superius*).
Vom obern Rande der crista ilei nach dem
Seitenfortsatz des untersten und zuweilen auch
des vierten Lendenwirbels.
b) L. transuersale inferius**). Kürzer
als das vorige aber desto stärker, etwas nie-
driger als jenes. Vom innern hintern Ende
der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des un-
tersten Lendenwirbels.
B) Die Bänder zur Verbindung des Sitz-
beins mit dem Kreuzbein und Kuckucksbein.
a) Ligamentum sacro-ischiadicum***).
Hinten vom vierten und fünften wirbelartigen
Stück des Kreuzbeins nach dem innern Ende
des tuber ischii.
b) L. spinoso-sacrum****). Kürzer als
das vorige. Vom fünften wirbelartigen Stück
des Kreuzbeins und dem ersten Stück des
Kuckucksbeins nach der spina ischii.
Die Rippen*) sind 24**) Paarweisge-
reihete bogenförmige, schlanke, elastische
Knochen, von sehr spröder Textur, verschied-
ner bestimmter Länge, und mehr oder weniger
schräg von hinten nach vorn herabsteigender
Richtung.
Sie sind hinten an die Rückenwirbel ein-
gelenkt, und stehen nach vorn unmittelbar
oder mittelbar mit dem Brustbein in Verbin-
dung, und tragen folglich bey weiten das
mehreste zur Bildung der beiden Brusthölen
bey***).
Ihre Verknöcherung*) beginnt bey der
noch sehr zarten kaum zweymonatlichen Leibes-
frucht sehr früh, (Th. I. §. 9.) und zugleich
sehr vollkommen (Th. I. §. 20.); so daß nur
gar wenige andre Knochen schon vor der Ge-
burt eine so völlige Ausbildung erreichen**).
Man theilt jede Rippe, wie alle solche lange
Knochen, in das Mittelstück und die beiden
Enden.
Das hintere Ende dient zur Verbindung
der Rippen mit den Rückenwirbeln, an wel-
chen sie mit zwey besondern Gelenkknöpfen ar-
ticuliren*).
A) Der innere von diesen beiden (capitu-
lum articulare) liegt am äußersten Ende der
Rippe, (das aber bey seiner gekrümmten Rich-
tung nach der Brusthöle zugekehrt ist,) und
paßt genau in die obgedachten (§. 237) Ge-
lenkflächen die entweder als sinus proprii an
[Seite 335] dem. Körper der Rückenwirbel selbst, oder
als sinus communes am Rande in der Fuge
zwischen zweyen und zweyen derselben befind-
lich sind.
Im ersten Fall ist der Gelenkknopf der
daran liegenden Rippe rundlich; im andern
hingegen wie in zwey Facetten abgetheilt.
Zu ihrer Befestigung und Verbindung
dienen die Ligamenta capitelli costarum*).
B) Der äußere Gelenkknopf des hintern
Endes der Rippen (tuberculum articulare) ist
blos an den zehn obern Paaren deutlich zu se-
hen: und paßt auf die oben erwähnten Gelenk-
flächen am äußersten Ende der Seitenfortsätze
an den Rückgraatswirbeln (§. 238): und zwar
so, daß das tuberculum der Rippe nach unten
gelehrt ist, und auf den obern Rand des
darunter anliegenden Seitenfortsatzes aufstößt.
Ihre Befestigung geschieht durch die Liga-
menta transuersalia externa**).
Zwischen diesen beiden Gelenkknöpfen liegt
der sogenannte Hals (collum s. ceruix) der
Rippen, der bey den verschiednen Rippen von
verschiedner Richtung ist, und an welchem eben-
falls besondre sehnichte Bänder befestigt sind.
[Seite 336] a) nemlich die ligamenta transuersaria in-
terna*), die ebenfalls nach den benachbarten
Seitenfortsätzen der Rückenwirbel laufen:
und b) von der zweyten Rippe an, die L.
externa**) nach den schrägen Fortsätzen hin.
Das Mittelstück läßt sich bey den mehre-
sten Rippen (nur etwa die beiden obersten
Paare und das unterste ausgenommen) wieder
in zwey ungleiche Hälften abtheilen, die durch
einen nach hinten merklichen Ausbug von ein-
ander unterschieden werden.
Die hintere Hälfte ist bey weitem die klein-
ste, – meist cylindrisch oder prismatisch, –
und läuft vom äußern Gelenkknopf (§. 275)
schräg abwärts nach außen bis zu dem gedach-
ten Ausbug.
Die vordere weit längere Hälfte ist mehr
flach gedruckt mit scharfen Rändern, und macht
bey diesem Ausbug mit der vorigen einen dop-
pelten schwachen Winkel, indem sie daselbst
sowohl etwas stärker vorwärts, als auch zu-
gleich mehr niederwärts gebogen wird, als jene.
[Seite 337] Mehrentheils ist am untern Rande dieser
längern Hälfte nahe beym Ausbug ein schnei-
dender Fortsatz*), der zumal von der dritten
bis zur zehnten Rippe merklich ist, und eine
Furche bildet, die aber nicht (wie insgemein
gesagt wird) zur Aufnahme der Intercostal-
nerven und Blutgefäße dient, als welche merk-
lich weit davon entfernt laufen**).
Das vordere Ende***) der Rippen ist
wieder etwas stärker als der benachbarte Theil
[Seite 338] des Mittelstücks, rundlicht, und hat eine rauhe
höckrichte Endfläche, an welcher die knorplich-
ten Anhänge*) der Rippen sitzen, von deren
Verschiedenheit in den folgenden Abschnitten
die Rede seyn wird.
An den sieben**) obern Paaren er-
strecken sich diese Anhänge bis zum Brust-
beine selbst, und diese werden daher ächte
Rippen (costae genuinae) genannt.
Die Anhänge der fünf untern Paare hin-
gegen stehen außer unmittelbarer Verbin-
dung mit dem Brustbeine, und heißen daher
unächte Rippen (costae nothae s. spuriae).
Die oberste Rippe hat in ihrem ganzen
Bau viel auszeichnendes, das besonders
angemerkt zu werben verdient.
Ueberhaupt nemlich ist sie die kürzeste von
allen; und zugleich die allerbreiteste; und am
stärksten gekrümmt.
Auch liegt sie im ganzen meist horizontal,
mit ihren Rändern nach außen und innen;
nicht so wie die übrigen mehr oder weniger ver-
tical, die mit den Rändern nach oben und unten
gekehrt sind: – hat also vielmehr eine Si-
chelförmige als (wie die andern Rippen) bo-
genähnliche Gestalt.
Der Hals an ihrem hintern Ende macht
mit dem Körper einen schiefern Winkel als
bey den übrigen Rippen, und ist meist etwas
mehr zusammengedruckt, und nicht so rund-
licht, als an diesen.
Der Körper ist auf der obern Fläche
überhaupt unebner als auf der untern; und
hat zumal um die Mitte herum eine flache
Furche etc. zur Anlage des scalenus medius. –
Seine hintere Hälfte hat stumpfere, die vor-
dere hingegen scharfe Ränder.
Das vordere Ende macht eine ansehnliche
etwas vertiefte Fläche, in welcher der knorp-
lichte Anhang festsitzt, der aber bey dieser Rippe
vielmehr ein Stück des Brustbeins ausmacht.
Am obern Rande jenes Endes bildet das
darauf ruhende Schlüsselbein zuweilen eine
Vertiefung, und vor derselben sitzt zum Theil
der subclauius an.
Der gedachte knorplichte Anhang unter-
scheidet sich, außer dem daß er wie gedacht
mehr dem Brustbein als der Rippe zugehört,
auch dadurch von dem Anhange der übrigen
Rippen, daß er durchgehens von gleicher Di-
cke und überhaupt weit kürzer und starker
als bey allen folgenden*); mithin die Rippe
[Seite 341] selbst aufs mindst beweglichste mit dem Brust-
bein verbunden ist*).
Von den übrigen sechs ächten Rippen (§.
277) gilt im ganzen genommen alles
das was im vorletzten Abschnitt von den Rip-
pen überhaupt gesagt worden.
Sie nehmen nach der Ordnung ihrer Lage
von oben herunter immer an Länge zu.
Ihre Lage ist nicht ganz parallel mit ein-
ander, sondern die hintern Enden stehen merk-
lich näher an einander als die vordern, von
welchen nachher die knorplichten Anhänge wie-
der zu einander convergirend nach dem Brust-
bein hinlaufen.
In Rücksicht ihrer Bildung kommt die
zweyte Rippe noch der obersten am nächsten,
ist fast so wie diese stark gekrümmt: und die
[Seite 343] Richtung ihres Körpers hält das Mittel
zwischen dieser und der folgenden ihrer, sie ist
nemlich weder so horizontal wie jene, noch
so vertical wie die übrigen, sondern mehr
diagonal: und macht daher einen sanft ge-
wölbten Uebergang von jener zu der dritten
und folgenden.
Die knorplichten Anhänge*) an ihren
vordern Enden, nehmen nach der herabsteigen-
den Ordnung immer an Länge zu, aber an
Stärke ab**).
Sie laufen conisch zu, und legen sich in
verschiednen bestimmten Winkeln vorn ans
[Seite 344] Brustbein an. Statt daß nemlich die knorp-
lichten Anhänge des obersten Rippenpaare von
oben nach den Brustbein herabsteigen: so lau-
fen hingegen die vom zweyten Paar meist ho-
rizontal: die von den übrigen hingegen steigen
von unten nach dem Brustbein hinauf: und
werden in immer spitzern Winkeln an dasselbe
befestigt*).
An ihren Spitzen endigen sie sich wie in
ein Knöpfgen, das in die dazu bestimmten
Seitengrübchen des Brustbeins einpaßt, und
eine Art von Articulation mit demselben
macht**), die sowohl durch besondre Capsu-
larligamente, als auch durch die gemeinschaft-
lichen sich durchkrenzenden Bänder befestigt
wird, womit das Brustbein von außen gleich-
sam überzogen ist***).
So wie die ächten Rippen der Ordnung
noch an Länge zunehmen, so nehmen
hingegen die fünf unächten Rippenpaare (§.
277) an Länge wieder ab.
Das oberste derselben ist gemeiniglich das
allerlängste von allen zwölfen.
Das unterste ist kurz. Zuweilen (– aber
nicht beym schönsten natürlichsten Bau –)
sogar kürzer*) als das oberste Paar der äch-
ten Rippen (§. 278).
Ueberhaupt sind sie minder stark gebogen
als die ächten Rippen.
Zumal sind die untersten beiden Paare
nur sehr schwach gekrümmt.
Auch haben diese letztern am hintern Ende
keinen merklich zu unterscheidenden Hals.
Was diese Rippen aber am meisten aus-
zeichnet, ist, daß die knorplichten Anhänge
an ihrem vordern Ende nicht bis zum Brust-
bein selbst hinaufreichen; sondern die Anhänge
des achten Paars blos an den Anhängen des
untersten Paars ächter Rippen anliegen; –
so die vom nennten Paar an den Anhängen
jenes achten, – und die vom zehnten an de-
nen des neunten.
Die Anhänge dieser drey Paare heißen
daher zum Unterschied von den folgenden con-
fluentes.
Die an den untersten beiden Rippenpaaren
hingegen stehen weder mit den obern, noch
auch untereinander in unmittelbarer Verbin-
dung, sondern verlaufen sich blos zwischen den
benachbarten Rücken- und Bauchmuskeln.
Das Brustbein*) (sternum, os pectoris,
os xiphoides) ist ein länglichter schmaler
Knochen, einigermaßen von der Gestalt eines
Dolchs**); nach vorn etwas convex nach
hinten etwas concav; und von ganz eigner
Textur: – schwammicht und doch sehr derb
und fest.
Er schließt gleichsam den Thorax nach
vorne, von der Halsgrube bis zur Herz-
grube***); – liegt zwar eigentlich nur zwi-
schen den fünf obern Rippenpaaren, doch reichen
wie gedacht auch die knorplichten Anhänge des
sechsten und siebenten Paares zu ihm hinauf: –
[Seite 348] und steht außerdem auch noch oben mit den
beiden Schlüsselbeinen in Verbindung*).
Die Verknöcherung des Brustbeins hat
überaus viel eignes. Sie nimmt bey der un-
gebohrnen Leibesfrucht spät, ohngefähr erst
im vierten Monat ihren Anfang. Zeigt aber
schon dann so wie nachher in ihrem langsamen
Fortgang weit mehr abweichende Verschieden-
heit als bey irgend einem andern Knochen des
Gerippes.
[Seite 349] Zuerst nemlich schon darin, daß der Knor-
pel der vorher die Stelle desselben vertritt, zu-
weilen aus einem einzigen Stück*), gemeinig-
lich aber freylich so wie nachher beym erwachs-
nen Menschen aus drey besondern Stücken**)
besteht.
Noch weit mannichfaltiger***) aber und
fast ganz unbestimmt****) ist die Anzahl und
[Seite 350] die relative Lage der Knochenkernchen die sich
nun in dieser knorplichten Grundlage, zumal
in der nachher sogenannten Klinge, erzeugen.
In den Jugendjahren schmelzen diese Kerne
nach und nach immer mehr zusammen, bis
endlich, mehrentheils um die Zeit der Mann-
barkeit herum, nur noch drey Stücke am
Brustbein zu unterscheiden sind, in welche es
auch am füglichsten eingetheilt wird, und die
ihre Namen von der oben berührten Aenlich-
keit mit einen Dolche erhalten haben:
1) nemlich das oberste, breitste Stück; –
der sogenannte Griff:
2) das mittlere längste; – die Klinge:
und 3) zu unterst der blos knorplichte*) An-
hang; – die Spitze.
Eigentlich machen also blos die beiden ersten
Stücke das wahre Brustbein aus, und wer-
den durch einen sehnichten Ueberzug, womit
der ganze Knochen auf seinen beiden Seiten
bekleidet ist**), unter einander befestigt.
Der Griff (manubrium sterni) läßt sich
eigentlich wieder in sein großes knöchernes
[Seite 351] Hauptstück und in seine beiden, nach außen und
oben zu dem ersten Rippenpaare gerichteten,
knorplichten Anhänge eintheilen. Denn die
letztern gehören wie schon gedacht (§. 281)
weit mehr zum Brustbein als zu jenen Rippen.
Doch bin ich der leichtern Faßlichkeit wegen
auch hier lieber dem alten Gebrauch gefolgt,
und habe diese Anhänge oben zum ersten Rip-
penpaare gerechnet.
Am knöchernen Haupttheil des Griffs sind
sechs Ränder zu unterscheiden.
Der erste nemlich, oben in der Mitte, ist
halbmondförmig ausgeschnitten, abgerundet,
um die Luftröhre bequem hinter sich herabstei-
gen zu lassen.
Von den Spitzen jenes halbmondförmigen
Ausschnitts steigen zu beiden Seiten zwey an-
dre breite Ränder divergirend herab, an wel-
chen die vordern Ende der Schlüsselbeine mit-
telst einer dazwischen liegenden beweglichen Knor-
pelscheibe (Th. I. §. 92) eingelenkt sind. –
Diese breiten Ränder sind nach oben und vor-
wärts gewölbt, nach unten und hinten hinge-
gen vertieft, überhaupt aber wie andere Gelenk,
flächen mit Knorpelrinde überzogen.
Von den äußersten Ecken dieser Ränder
steigen zwey andere divergirend herab; die läng-
[Seite 352] sten von allen. An ihrer obern dickern Hälfte
ragen die gedachten knorplichten Anhänge wie
ein paar Hörner heraus (§. 281): die untre
Hälfte hingegen ist dünn und gleichsam scharf.
Endlich der unterste Rand ist rauh, une-
ben, und mit einer deutlichen und in der Ju-
gend biegsamen Fuge*) an einen änlichen
Rand der Klinge wie angeleimt.
Die klinge ist von ungleicher Länge, doch
meist ohngefähr noch einmal so lang als der
Griff: aber schmaler, und zwar da wo sie an
diesen anstößt, am allerschmalsten: unten
nach der Spitze**) wieder etwas breiter.
Die Seitenränder der Klinge sind mit drey
bogenförmigen Ausschnitten flach ausgeschweift:
zwischen welchen, so wie unten an der rundli-
chen breiten Spitze andre weit kleinere aber
tiefere Ausschnitteliegen, in welchen die Anhänge
der ächten Rippen eingelenkt sind (§. 285).
[Seite 353] Die vom zweyten Rippenpaar nemlich stoßen
auf die Fuge zwischen dem Griff und der
Klinge (§. 293). – Die Ausschnitte für
die Anhänge vom dritten, vierten und fünften
Paare sind ohngefähr in gleicher Weite von
einander entfernt. Die hingegen für die bei-
den untersten Paare liegen wie in einem halben
Mond am rundlichen Ende der Klinge, nahe
an einander.
Endlich ragt von der gedachten rundlichen
Spitze des Brustbeins, mitten zwischen den
benachbarten knorplichten Anhängen des letz-
ten Paares ächter Rippen in der Herz-
grube der sogenannte schwerdförmige Knor-
pel (cartilago xiphoides s. ensiformis s.
mucronata) herab, ist aber auch von mannich-
faltiger Bildung, – oft Zungenförmig, –
oder aber nach dem untern Rande zu, breit
wie abgeschnitten, – oder gabelförmig, –
oder dreyzackicht u.s.w.*).
[Seite 354] Er dient vorzüglich zur Anlage der benach-
barten Stellen des Zwerchfells, der schrägen
Bauchmuskeln, und des triangularis sterni*).
Zuweilen, doch ziemlich selten, findet man
das untere Ende der Klinge mit einem Loche
[Seite 355] durchbohrt*), das aber sowohl in seiner Lage
als Weite sehr variirt, und wohl blos zufällig
entsteht, wenn sich die anfänglichen benachbar-
ten Knochenkerne unvollkommen schließen.
Noch seltner findet sich ein änliches Loch
im schwerdförmigen Knorpel**).
Aus denen im dreyßigsten, und in den fünf
letztern Abschnitten beschrieben 37 Kno-
chen ist der Thorax*) zusammengesetzt, von
dessen Bau überhaupt nur noch einige allge-
meine Bemerkungen nachgeholt werden müssen.
Er stellt gleichsam einen von vorn nach
hinten etwas flachgedruckten**), nach oben
[Seite 357] gewölbten, Käficht vor; der an seinen beiden
Seitentheilen am längsten, nach vorn aber am
kürzesten, und daselbst unten in einen Winkel
von ohngefähr 80 Graden ausgeschnitten ist.
Seine innere Höle wird durch die hinten
hineinragenden Rückgraatswirbel in zwey, et-
was ungleiche (§. 206) Hälften getheilt.
Die Richtung des Brustbeins gegen diese
Rückgraatswirbel ist so, daß es mit seinem
untern Ende meist gerade noch einmal so weit
von denselben absteht als mit seinem obern.
So ist er geräumig*) genug, um zu-
förderst die sämmtlichen Eingeweide der Brust,
[Seite 358] und dann auch zum Theil einige im Unterleibe
zumal Leber, Milz und Nieren zu fassen: –
und fest*) genug sie für äußerm Druck etc.
zu schützen.
[Seite 359] Was ihn aber vor allen andern Holen am
Gerippe auszeichnet, die ebenfalls zur Auf-
nahme und zum Schutz von Eingeweiden be-
stimmt sind, ist seine mit dieser Festigkeit ver-
bundne große, und doch nur nach bestimmten
Richtungen abgemeßne Beweglichkeit*),
von welcher die gehörige Vollziehung eines der
beym gebohrnen Menschen zum Leben unent-
behrlichsten Geschäfte, abhängt.
Der Rumpf, dessen sämmtliche Knochen, aus
welchen er zusammen gesetzt ist, bisher
abgehandelt worden, macht wie gedacht (§. 202)
den Haupttheil des Gerippes und gleich-
sam die Grundlage der ganzen thierischen Bil-
dung aus. Er trägt den Kopf, wird von den
Beinen gestützt, und hat die Arme von seinem
obern Theile zu den Seiten herabhängend.
Die Arme*) von denen nun zunächst die
Rede ist, sind meist durch weiche Theile, Mus-
keln etc. mit dem Rumpfe verbunden; und nur
mittelst des vordern Endes der Schlüsselbeine
an dem Brustbein eingelenkt.
Sie sind bey der zarten ungebohrnen Leibes-
frucht in den beiden ersten Monaten nach der
[Seite 361] Empfängnis, so wie auch die Beine, in Ver-
hältnis zum Rumpfe nur sehr kurz und un-
förmlich. Aber schon zu Ende des dritten Mo-
nats erreichen sie eine ungleich vollkommnere
Ausbildung, obgleich die Verknöcherung in ei-
nigen ihrer Theile nur späte, und theils erst
nach der Geburt ihren Anfang nimmt.
Man theilt*) den Arm am füglichsten
wieder in vier Abschnitte: nemlich
[Seite 362] 1. in die Schulter, welche das Schlüs-
selbein und Schulterblatt begreift*).
2. in den Oberarm, bis zum Ellenbogen.
3. in den Vorderarm, bis zur Handwurzel.
Die Schlüsselbeine*) (clauiculae, claues,
ligulae, furculae, ossa iuguli) sind ein
paar kleinere aber sehr feste Röhrenknochen**),
die nach ihren beiden Enden zu in entgegenge-
setzter Richtung, – und zwar bey Manns-
personen stärker als beym andern Geschlecht***)
– (Th. I. §. 117.) gebogen sind.
Sie liegen oben am Thorax, schräg über
dem ersten Rippenpaar, verbinden die Schul-
terblätter mit dem Brustbeine, und dienen
überhaupt gleichsam als Strebe-Balken, um
die Brust frey- und die Schultern zurück
zu halten****).
Ihrer so frühen und so vollkommenen
[Seite 365] Verknöcherung*) und ihrer auffallenden
Größe schon bey Leibesfrüchten aus den ersten
Monaten nach der Empfängnis, ist schon oben
gedacht worden (Th. I. §. 9. 20. 21.)
Man theilt sie wie andre Röhrenknochen
auch, am füglichsten in den Körper und in die
beiden dickern Enden.
[Seite 366] Das vordere Ende ist nach innen und un-
ten gekehrt, und variirt sehr in der Größe.
Es ist gleichsam quer abgeschnitten und mit
einer beynah dreyeckten Knorpelfläche in den
dazu bestimmten Ausschnitt am Griff des
Brustbeins auf die mehrgedachte Weise (§. 293)
eingelenkt.
Zwischen den vordern Enden beider Schlüs-
selbeine läuft vom einen zum andern, oben am
mondförmigen Ausschnitt des Brustbeins, das
ligamentum interclauiculare quer-über.
Der Körper ist ohngefähr von der Dicke
eines kleinen Fingers: auf der obern Seite
glatt und walzenförmig: auf der untern flacher,
der Länge nach stumpf gefurcht, und nach den
beiden Enden zu, rauh und uneben.
Er macht wie gesagt, einen doppelten Bug.
– Der vordere ist größer, und vorwärts ge-
bogen, und liegt meist mitten über der ober-
sten Rippe. Hinter ihm laufen die großen
Schlüsselblutgefäße. – Bey seinem Anfang
hinter dem vordern Ende, liegt am untern
Rande eine flache rauhe Erhabenheit, von da
ein kurzes breites Band zum vordern Ende
der ersten Rippen und dem knorplichten Anhang
[Seite 367] läuft*). – Am obern Rande liegt ohngefähr
in der gleichen Gegend der cleido mastoideus an.
Der hintere oder äußere Bug ist kürzer aber
stärker gekrümmt, und zurückgebogen, und
liegt meist über dem processus coracoides des
Schulterblatts. – Am vordern Rande seines
Ausschnitts ist ein rauhes Knöpfgen, wo der
deltoides anliegt.
Der Knochen ist in dieser Gegend nach dem
äußern Ende zu länglicht platt-gedruckt, und
auf der untern Seite sehr rauh höckricht, zur
Anlage fürs ligamentum trapezoides mittelst
dessen das Schlüsselbein an den processus co-
racoides befestigt ist**).
Das hintere Ende ist nach außen und auf-
wärts gerichtet, und hat am äußersten Rande
eine rundliche Knorpelfläche, die meist durch
einen erhabnen Rücken wie in zwey Facetten
getheilt ist, und zur Anlage eines knorpelarti-
gen Bandes dient, womit das Schlüsselbein
an einer änlichen Knorpelfläche des acromii am
Schulterblatte befestigt wird***).
Die Schulterblätter*) (scapulae, scop-
tula cels., omoplatae**), sind ein
Paar flache, größtentheils sehr dünne***)
und fast halbdurchsichtige, leichte Knochen, die
den Namen von ihrer Lage haben****).
Sie sind blos mittelst der Schlüsselbeine am
Gerippe befestigt, außerdem aber auf eine ganz
eigne Weise nur durch Muskeln mit dem Rum-
pfe verbunden, und daher leicht – und auf
sehr mannichfaltige Art beweglich*); daher
sich auch ihre Lage kaum recht bestimmt ange-
ben läßt. Doch ist sie in der Ruhe, wenn
man nemlich im Stehen die Arme, – sich
selbst überlassen – herab hängen läßt, ohn-
gefähr so, daß sie von der zweyten bis zur ach-
ten Rippe reichen, mit den hintern Enden bey-
nah parallel neben den Dornfortsätzen des Rück-
graats, und zwar etwa zwey Querfinger breit
von denselben entfernt liegen, und mit diesen
Rändern schräg nach hinten convergiren, so
daß dieselben wohl Daumen-breit von den dar-
unter liegenden Rippen abstehen, und über die
Spitzen der Dornfortsätze rückwärts hinaus
ragen.
Sie fangen bey der unreifen Leibesfrucht
sehr frühzeitig an zu verknöchern**), und er-
reichen bey derselben auch schnell eine auffal-
lend ansehnliche Größe (Th. I. §. 21.)
Im ganzen genommen hat jedes Schulter-
blatt die Gestalt eines ungleichseitigen Dreyecks,
und läßt sich so am füglichsten nach seinen drey
Rändern, und beiden großen Flächen, und
seinen an der äußern Ecke befindlichen drey an-
sehnlichen Fortsätzen abhandeln.
Der hintere oder innere, ist der längste
von allen; und wird durch eine stumpfe Ecke
wieder in zwey sehr ungleiche Hälften getheilt.
Die untere davon, und bey weitem die längste,
ist sehr schwach bogenförmig ausgeschweift,
und verliert sich in die untere rundliche Spitze
des Knochen. – Die obere kleine Hälfte läuft
von der gedachten Ecke schräg aufwärts nach
außen. – Und an der Ecke selbst liegt rück-
wärts eine rauhe kleine dreyeckte Fläche, von
welcher das schräg auswärts steigende Graat,
[Seite 371] davon unten die Rede seyn wird, seinen An-
fang nimmt.
Der vordere oder äußere Rand ist der
dickste von allen dreyen, und macht vorwärts
gleichsam eine doppelte Lippe, zwischen welcher
eine flache lange Furche herabläuft.
Der obere Rand ist der kürzeste und schärf-
ste, und hat mehrentheils an seinem äußern
und untern Ende (gleichsam an der Wurzel des
processus coracoides) einen tiefen halbmondför-
migen Ausschnitt, in welchem ein sehnichtes
Band ausgespannt ist, das aber auch zuweilen
verknöchert, und dann blos mit einer kleinen
Oeffnung durchbohrt ist.
Die vordere Fläche des Schulterblattes,
die nemlich hinten nach den Rippen zugekehrt
liegt, ist flach ausgehölt, und mit dem sub-
scapularis gleichsam gefüllt, nach dessen Haupt-
bündeln sich die etlichen erhabenen Querlinien
bilden, die, zumal von dem hintern Rande an
schräg aufwärts nach dem sogenannten Halse
des Schulterblatts hin, gerichtet sind.
Die hintere Fläche wird nach oben durch
das queer über dieselbe nach außen in die Höhe
laufende Graat in zwey Hälften oder soge-
nannte Gruben (fossae) von sehr ungleicher
Größe getheilt. – Die untere weit größere
[Seite 372] wird vom infraspinatus bedeckt, so wie in der
obern kleinern der supraspinatus liegt.
Das Graat selbst (spina) wodurch eben
jene beiden sogenannten fossae gebildet werden,
hat einen zweyfachen Ursprung. – Den einen
an der obgedachten kleinen dreyeckten Fläche
(§. 314). – Den andern nach außen, hin-
ter dem sogenannten Halse, unter dem acro-
mium, das sich von da in einem ausgeschweif-
ten Bogen erhebt. – Vom ersten dieser
beiden Anfänge steigt das Graat allgemach
schräg aufwärts; sein oberer Rand wird gegen
die Mitte zu ansehnlich verdickt; und dann
verliert er sich in den einen der drey gedachten
Fortsätze, nemlich ins Acromium.
Dieses letztere (auch summus humerus
genannt) ist gleich vom Anfang der Verknöche-
rung an eine ächte Apophyse (Th. I. §. 47.)
die von dem Graat (§. 316.) entspringt, und
als ein sehr robuster rauher, am Ende platter
und aufwärts gebogener Zapfen, hinten bis
mitten über die Oberarmröhre reicht, und dem-
selben beym Aufstemmen des Elnbogens zur
Haltung dient.
Fast an seiner Spitze, schräg nach innen
zu, ist eine länglichte Knorpelfläche*), an
[Seite 373] welcher wie gedacht, das hintere Ende des
Schlüsselbeins eingelenkt ist (§. 309.).
Der zweyte große Fortsatz am Schulter-
blatt wird wegen einer vermeynten Aehnlichkeit
mit einem Rabenschnabel, coracoides (s. pro-
cessus vnciformis) genannt: und ist anfänglich,
selbst noch in den Kinderjahren, eine Epiphyse.
Er erhebt sich oberhalb des Halses mit einer
breiten kurzen ausrechten Basis, und verläuft
sich dann über der Oberarmröhre, aber nach
vorn, in einen schmälern flachgedruckten Za-
pfen, welcher dem Schlüsselbeine zur Stütze
dient (§. 308).
Der dritte Fortsatz des Schulterblattes
ist endlich der kurze dicke Hals, der zwischen
den vorigen beiden, nach unten liegt, und sich
in einen wulftigen Rand ausbreitet, welcher
die flache Pfanne zur Aufnahme des Kopfs der
Oberarmröhre bildet. Sie ist flach ausgehölt,
ohngefähr wie ein sehr flacher kleiner Löffel,
und hat beynahe die Größe und den Umriß
einer großen Mandel, die Spitze aufwärts
gekehrt.
Die Oberarmröhre*) die den zweyten
Theil des Arms (§. 303) ausmacht, wird
auch sonst, – aber uneigentlich – der Schulter-
knocken (os humeri) genannt, und ist der größte
und stärkste Röhrenknochen am ganzen Arm**).
Sie steht nach oben mit dem Schulterblatte,
nach unten mit den beiden Röhren des Vorder-
arms in Verbindung; und kommt übrigens,
sowohl in Rücksicht ihrer Osteogenie***),
als ihrer Eintheilung in das Mittelstück und
[Seite 375] die beiden Enden, mit andern Röhrenkno-
chen*) überein.
Am obern Ende dieses Knochen ist zuför-
derst die große kuglichte Gelenkfläche desselben
und dann die beiden tubercula nebst der dazwi-
schen liegenden Rinne zu merken.
Die erstere beträgt im Umfange ohngefähr
den dritten Theil einer Kugel; und ist, wenn
man die Axe derselben durch ihren Mittelpunkt
zieht, mit selbiger schräg nach oben und innen
gerichtet, so daß wenn der Arm sich selbst über-
lassen ruhig herabhängt, nur der untere Theil
dieses Gelenkkopfs, von seiner eingebildeten Axe
an bis zum untern Rande desselben gegen die
flache Pfanne im Schulterblatt (§. 319) zu
liegen kommt.
Ueberhaupt ist die Kugelfläche der Ober-
armröhre fast viermal so groß als jene Pfanne
mit welcher sie eingelenkt ist; wodurch sie über-
aus viel Spielraum gewinnt, und dadurch zur
allervollkommensten Arthrodie am ganzen Ge-
[Seite 376] rippe wird (Th. I. S. 76.); – so wie über-
haupt diese Röhre und dieses ihr Gelenk von
der äußersten Wichtigkeit für den Menschen
sind, da von demselben sein großes Vorrecht,
der fast unbeschränkte Gebrauch seiner Arme,
größtentheils abhängt.
Und daß diese Arthrodie demohngeachtet
den Verrenkungen nicht noch öfter und leichter
ausgesetzt ist als es wirklich der Fall ist, und
als es bey dieser ausnehmenden Beweglichkeit
scheinen mögte, das wird durch die äußerst feste
und ganz besonders merkwürdig eingerichtete
Gelenkkapsel*) verhütet, wodurch beide Kno-
chen mit einander verbunden sind**); und die
nach oben noch mit dem Ligam. triangulari sca-
pulae bedeckt wird, das vom acromium nach
dem processus coracoides hinläuft.
Von den beiden tuberculis die von dem vor-
dern Rande des Gelenkkopfs an, nach vorn und
außen liegen, ist das innere das kleinste (tu-
berculum minus) aber ziemlich stark hervorra-
gend, und dient zur Anlage des subscapularis.
[Seite 377] Es wird von dem größern durch eine tiefe
und lange Rinne (semicanalis alb.) abge-
sondert, die von da vorn an der Röhre herab-
steigt, und mit einer Art Knorpelrinde aus-
geglättet ist, um die Bewegung der darin lie-
genden längern Sehne des biceps zu erleichtern.
Am äußern oder größern tuberculum sind
drey stumpfe Facetten zu unterscheiden die zur
Anlage für eben so viel Muskeln dienen. Die
vordere nemlich für den supraspinatus: die mitt-
lere für den infraspinatus: die hinterste endlich
für den teres minor.
Das Mittelstück ist meist cylindrisch, und
nach den beiden Enden zu, besonders nach dem
untern, etwas vorwärts und nach innen zu
gebogen*).
Nach dem obern Ende zu, ist vorne die
gedachte Fortsetzung der Rinne für die lange
Sehne des biceps, und zu dieser ihren beiden
Seiten ein paar flache Leisten (spinae) zu merken.
Die innere Leiste ist kürzer und stümpfer;
läuft schräg vom tuberculum minus nach innen
herab, und dient zur Anlage des teres maior.
[Seite 378] Die äußere ist weit länger, und schärfer;
erstreckt sich vom vordern Rande des tubercu-
lum maius vorn an der Röhre herab bis unten
über die Rolle des Elnnbogen. An ihr ist der
latissimus dorsi, der pectoralis, und der del-
toides befestigt.
Auf der Rückseite der Röhre ist, ohnge-
fähr in der gleichen Gegend wo sich vorn das
untere Ende der Rinne verliert, eine nur sehr
schwache oft kaum sichtliche Spur einer flachen
schrägen Furche zu merken, die von innen nach
außen herabläuft, und an welcher der ner-
vus radialis und die arteria profunda humeri
anliegen.
Gegen das untere Ende zu wird das Mit-
telstück selbst schon breiter, und bildet zwey Sei-
tenränder, die sich in die nachher zu berühren-
den beiden condylos verlaufen.
Unten, dicht über der Rolle, sind in der
Mitte ein paar ansehnliche Gruben, – auf
jeder Seite des nun breit wordnen Knochen
eine, – die blos durch eine dünne meist halb-
durchsichtige Scheidewand voll einander abge-
sondert sind.
Die vordere ist flacher und dient, beym
gebognen Arme die corone der Elnbogenröhre
aufzunehmen.
[Seite 379] Neben ihr liegt nach vorn noch eine andere,
weit flachere, und daher minder merkliche, die
in jenem Fall den Rand vom obern Ende der
Speiche (radius) aufnimmt.
Die hintere hingegen ist bey weitem die
tiefste, da bey ausgestrecktem oder gerade hän-
gendem Arm das olecranum hinten in selbige
hineintritt.
Gerade unter diesen beiden Hauptgruben
liegt die Rolle (trochlea, rotula alb.) deren
innerer oder hinterer Rand dicker ist und tiefer
herabsteigt als der äußere oder vordere, und
in welche überhaupt die Elnbogenröhre einge-
lenkt ist.*)
Neben ihrem kleinen Rand, also noch mehr
nach außen und vorwärts ist ein kuglichter Ge-
lenkknopf (tuber alb.), an welchem die End-
fläche der Speiche läuft.
Endlich sind zu äußerst an diesem breiten
untern Ende des Knochen die beiden condyli.
Der äußere ist kurz und stumpf.
Der innere ist weit größer, und hat rück-
wärts eine breite flache Furche, in welcher der
neruus cubitalis (s. vlnaris) herabsteigt.
Sen dritten Haupttheil des Arms (§. 303.)
zwischen dem Elnbogen und der Handwur-
zel macht der Vorderarm aus, der aus zweyen*)
Röhren (die beiden focilia**) besteht; die am
[Seite 381] füglichsten erst einzeln abgehandelt, und nach,
her einige gemeinschaftliche Bemerkungen über
ihre Verbindung und Bewegung angehängt
werden.
Die Elnbogenröhre*) (vlna, cubitus,
s. focile maius) ist die längere von beiden, et-
was krumm gebogen, am obern Ende sehr
stark, nach unten weit schmaler zulaufend**).
Sie ist sehr fest mit dem Oberarm, auch
mit ihrer Nebenröhre – der Speiche, – aber
nur wenig mit der Handwurzel verbunden***).
Ihr oberes sehr starkes Ende macht einen
großen halbmondförmigen Ausschnitt (sinus
lunatus, cauitas semilunaris s. sigmoidea maior)
der seiner ganzen Bildung nach genau in die Rolle
der Oberarmröhre einpaßt (§. 324): und zu-
weilen auf seiner untern Hälfte durch eine Quer-
furche unterbrochen wird****).
Der obere Theil dieses halben Mondes
bildet das olecranum (s. processus anconaeus)
[Seite 382] ein überaus robuster Fortsatz der in die hintere
und tiefere Grube der Oberarmröhre eingreift
(§. 324.) und der, wenn man die Knochen des
Arms mit denen am Fus vergleicht, einige
Aenlichkeit mit der Kniescheibe zeigt*).
Der untere Theil des großen Ausschnitts
macht die corone, einen kürzern Fortsatz, der
bey stark gebogenem Arm in die vordere und
flachere Grube der Oberarmröhre zu liegen
kommt.
Dicht unter diesem großen Ausschnitt, am
vordern Rande der corone ist eine flache mit
Knorpelrinde überzogene Delle (sinus, cauitas
semilunaris s. sigmoidea minor) in welcher der
Rand vom obern Ende der Speiche eingelenkt ist.
Am äußersten Rand jener Delle unter dem
olecranum ist eine scharfe rauhe Erhabenheit
zur Anlage des supinor breuis: und gerade
mitten unter der corone eine flachere rauhe
Stelle für den brachialis internus.
Das Mittelstück der ganzen Röhre ist
meist prismatisch. Doch so daß zwey Seiten
desselben zusammen einen scharfen schneidenden
Rand, mit der dritten hingegen einen abgerun-
deten Rücken bilden.
Jener scharfe Rand (spina) ist vorwärts
gekehrt, und dient zur Anlage fürs ligamentum
interosseum*).
Neben demselben liegt auf der einen Seite
nach dem stumpfen Rande hin der vom olecra-
num nach dem processus styliformis herabsteigt
und mehr nach hinten und außen gekehrt ist,
zunächst an der spina, nach oben, der abductor
pollicis longus. Und darneben, mehr nach
unten, der extensor maior pollicis und der
indicator.
Auf der andern Seite hingegen, zwischen
der spina und dem dritten Rande der von der
hintern Ecke der corone herabsteigt, und mehr
nach hinten und innen gekehrt ist, liegt in einer
Furche der profundus und weiter nach unten
der pronator quadratus.
Das untere Ende ist kolbicht, abgerun-
det. Seine Endfläche stößt mittelst einer da-
[Seite 384] zwischen liegenden Knorpelscheibe (Th. I. §. 92)
an das os triquetrum der Handwurzel (Tab. II.
fig. 2. num. 3.)
Nach vorn ist am Rande dieser Endfläche
eine rundliche Facette (crista s. capitulum) wel-
che in den Seitenausschnitt des untern Endes
der Speiche zu liegen kommt.
Am entgegengesetzten hintern Rande jener
Fläche hingegen, steigt ein kurzer stumpfer Fort-
satz (processus styliformis) herab (Tab. II. fig. 2. c)
der gleichsam die Stelle des innern Knöchels
am Fuße vertritt, und neben demselben, nach
dem Rücken der Hand zu, liegt in einer fla-
chen Furche die Sehne des vlnaris externus.
Die Speiche*) oder Spille (radius, fo-
cile minus) ist etwas kürzer als die Eln-
bogenröhre, aber robust**), und im ganzen
mehr cylindrisch, nicht so conisch als jene;
und macht die Hauptverbindung zwischen dem
Oberarm und der Hand***).
Ihr oberes Ende hat zu äußerst eine
fast cirkelrunde flach vertiefte Gelenkfläche die
am tuber der Oberarmröhre (§. 324.) arti-
culirt****).
[Seite 386] Diese Gelenkfläche wird nach unten von ei-
nem rundlichen Rande eingefaßt, der an seiner
hintern Seite eine gewölbte Knorpelfische hat,
die in den obgebachten Ausschnitt der Elnbogen-
röhre (§. 327.) einpaßt.
Jener rundliche Rand sitzt auf einem schma-
lern Halse, und unter diesem liegt (zwischen
der obigen gewölbten Knorpelfläche und dem
scharfen Rande des Mittelstücks) ein länglich-
ter rauher Hügel, an welchem der biceps ansitzt.
Das Mittelstück ist ohngefähr im glei-
chen Verstande prismatisch zu nennen, wie das
an der Elnbogenröhre (§. 328). Es hat nem-
lich einen scharfen schneidenden Rand, und dann
zwey stumpfe, die zusammen einen runden Rük-
ken bilden.
Jener (spina radii) liegt nach hinten, und
dient, wie der an der andern Röhre, zur An-
lage des ligamenti interossei. – Zwischen ihm
und dem äußern Rande, der nach dem Rük-
ken der Hand gekehrt ist, sitzt der abductor pol-
licis longus. – Und auf der andern Seite
zwischen der spina und dem dritten Rande der
nach innen liegt, und sich hinab zum processus
styliformis erstreckt, ist auf der breiten Fläche
nach unten der pronator quadratus befestigt.
Das untere Ende der Speiche ist dick
und breit, und hat zu äußerst eine geräumige
flach ausgehölte Knorpelfische, die durch eine
schwach erhabne Leiste wieder in zwey ungleiche
Hälften abgetheilt wird. In der vordern grö-
ßern liegt das os nauiculare (Tab. II. fig. 2.
num. 1.) der Handwurzel; in der hintern klei-
nern das lunatum (Tab. II. fig. 2. num. 2.)
Am hintern Rande dieser Knorpelfläche ist
nach oben ein mit Knorpelrinde überzogener
Ausschnitt (Tab. II. fig. 2. b.) zur Aufnahme
der rundlichen Facette der Elnbogenröhre
(§. 329.)
Und am entgegengesetzten vordern Rande
(Tab. II. fig. 2. a.) ein stumpfer kurzer Zapfen
(processus styliformis) der mit dem äußern
Knöchel der Schienbeinröhre verglichen wer-
den kan.
Die beiden in den vorigen Abschnitten be-
schriebenen Röhren des Vorderarms,
haben in Rücksicht ihrer relativen Lage und
Verbindung, und ihrer davon abhängenden
Bewegungen manches eigene, das, vorzüglich
auch wegen der Verrenkungen und Fracturen
derselben, besonders abgehandelt zu werden
verdient.
Ihre beiderley Enden stehen in umgekehr-
tem Verhältnis gegeneinander. – Bey der
Elnbogenröhre nemlich ist das obere Ende das
dickste; bey der Speiche hingegen das untere.
Das dicke obere Ende der Elnbogenröhre
nimmt eben so das benachbarte dünnere Ende
der Speiche auf, als das dicke untere Ende
der letztern das benachbarte dünnere Ende der
erstern aufnimmt.
Das obere Ende der Elnbogenröhre macht
die Hauptverbindung des Vorderarms mit dem
Oberarm. – Das untere Ende der Speiche
[Seite 389] hingegen die Hauptverbindung desselben mit
der Handwurzel u.s.w.
Beide Röhren sind nicht ganz gerade, son-
dern ein wenig bogenförmig gekrümmt, so daß
die stumpfen Rücken derselben (§. 328. 332.)
in etwas convex laufen. Und folglich die ein-
ander entgegengekehrten scharfen spinne einen
beträchtlichen Zwischenraum zwischen sich lassen,
der größtentheils mit dem darin ausgespannten
ligamentum interosseum*) gefüllt ist.
In der ruhigsten Lage, wenn nemlich der
Arm ganz sich selbst überlassen herabhängt, lie-
gen beide Röhren meist mit einander auf der
gleichen horizontalen Fläche. Die Speiche ist
nach vorn, vom kleinen condylus des Oberarms
nach dem Daumen zu gekehrt. Die Elnbogen-
röhre nach hinten und innen vom größern con-
dylus nach dem kleinen Finger zu.
Wenn man hingegen die Hand aus dieser
Lage nach außen oder innen dreht, so nimmt
auch die Speiche, an welcher wie gedacht, die
Hand vorzüglichst befestigt ist, (– und die
eine den Bewegungen der andern gleichsam sol-
[Seite 390] gen muß –) mittelst der ihr eignen Rotation
(Th. I. §. 104.) eine andere Richtung an,
und kommt entweder in die Supination oder
Pronation zu liegen.
Bey der Supination, wo nemlich der
Daumen nach außen, und hingegen der kleine
Finger nach innen gerichtet ist, gibt das obere
Ende der Speiche nicht so leicht nach, als bey
der Pronation, wo der Daumen nach innen
und hingegen der kleine Finger nach außen, mit-
hin der Rücken der Hand nach vorn oder auf-
wärts gekehrt ist.
Bey dieser letztern Wendung dreht sich das
obere Ende der Speiche einwärts um seine
eigne Axe: das untere hingegen beschreibt einen
Bogen um das benachbarte Ende der Elnbo-
genröhre.
Doch bleibt die letztere bey einer ungezwun-
genen bequemen Pronation nicht ganz unbe-
weglich*), sondern folgt, (– so wie sogar
auch die Röhre des Oberarms –) der freylich
immer weit stärkern Drehung der Speiche in
etwas nach**).
Der vierte und letzte Haupttheil des Arms
(§. 303.) ist die Hand*), dieses Mei-
sterstück der Mechanik, das zu den kunstreich-
sten und zu tausend Verrichtungen nützlichsten
Theilen des Körpers gehört, und daher schon
von Aristoteles das Organ aller Organe ge-
nannt worden.**)
Die Hand besteht aus 27 Knochen: (die
sogenannten Sesamsbeinchen ungerechnet,) an
welchen Weitbrecht auf 124 Gelenkbänder
und Sehnenscheiden etc. gezählt hat; und die
von 40 Muskeln verschiedentlich bewegt werden.
Daher sich die unzälige Mannigfaltigkeit und
äußerste Leichtigkeit der Bewegungen begreift,
deren eine fein gebaute und geübte Hand fä-
hig ist.***)
Sie ist vorzüglich an der Speiche des Vorder-
arms befestigt, und hat in der allervollkommen-
sten Ruhe immer eine etwas einwärts gebogene
Lage, wobey der Daumen in ganz anderer Rich-
tung als die übrigen Finger, mit seiner innern
breiten Fläche nach dem vordern Rande des
Zeigefingers gelehrt ist.
Die Handwurzel*) (carpus, s. brachia-
le)**) besteht aus acht***) kleinen
Knochen, die in die Classe der rundlichen und
würflichten gehören (Th. I. §. 5.) und folg-
lich von einer sehr mürben schwammichten Tex-
tur sind.
Sie fangen erst nach der Geburt an zu
verknöchern****) (Th. I. §. 19.) Doch ist
die knorplichte Grundlage zu jedem derselben
schon bey sehr unreifen Leibesfrüchten aus dem
[Seite 394] dritten Monat der Empfängnis aufs bestimm-
teste zu unterscheiden.
Sie liegen in zwey Reihen über einander,
und zwar wie in einem halben Mond, dessen
convexe Seite nach dem Rücken der Hand, die
concave hingegen nach der Handfläche zu ge-
kehrt ist, und seine Spitzen nach dem Ballen
des Daumens und nach der innern Seite des
kleinen Fingers gerichtet sind.
Die viere in der obersten, nemlich dem
Vorderarm zugekehrten, Reihe, sind:
Die viere in der untern hingegen, die auf
die Mittelhand stößt:
H) vnciforme.*)
A) das nauiculare (s. scaphoides, s. coty-
loides lyseri – Tab. II. fig. 2. num. 1.)
ist das größte in der obersten Reihe; liegt
schräg von oben vorwärts nach unten.
Mit seiner größten gewölbten Gelenkfläche
liegt es nach oben in der vordern von den bei-
den obgedachten Gruben, die am äußersten
Ende der Speiche befindlich sind (§. 334.),
zunächst an dessen processus styliformis.
Nach unten stößt es mit einer länglichten
ebenfalls gewölbten Fläche, die durch eine rauhe
Furche von der vorigen abgesondert ist, an die
beiden multangula der zweyten Reihe.
Und nimmt dann den Kopf des capitati der
nemlichen Reihe in seinen kuglicht ausgehöl-
ten sinus auf.
B) das lunatum (s. semilunare – Tab. II.
fig. 2. num. 2.) liegt nach oben mit seiner ge-
wölbten Fläche in der hintern Grube des un-
tern Endes der Speiche (§. 334.)
[Seite 396] Nach unten faßt es mit seinem großen halb-
mondförmigen Ausschnitt, wovon es den Namen
erhalten hat, das capitatum der zweyten Reihe.
Und stoßt mit dem darneben liegenden klei-
nern schräg nach unten gekehrten Ausschnitt
aus vnciforme.
Nach vorn liegt es mit einer auch fast halb-
mondförmigen Fläche am vorigen an.
Und nach hinten mit einer sehr flach gewölb-
ten irregulären am folgenden.
C) das triquetrum (s. triangulare, s. cu-
neiforme lyseri – Tab. II. fig. 2. num. 3.)
ohngefähr von der Größe des vorigen; aber
länglicht; mit meist stumpfen Rändern.
Nach oben stößt es an das untere Ende der
Elnbogenröhre (§. 329.)
Nach unten mit der größten flach ausge-
hölten Facette an das vnciforme.
An das vorige mit einer kleinern ebenfalls
flach ausgehölten Facette.
Und an das folgende mit der kleinsten, et-
was gewölbten Fläche.
D) das pisiforme (s. subrotundum alb.
s. os extra ordinem*) – Tab. II. fig. 1. num. 4)
das kleinste von allen achten, stößt blos mit
einer etwas ausgehölten Fläche seitwärts an
das vorige.
Nun die viere in der untern Reihe:
E) das multangulum maius (s. trapezoides
lyseri, s. trapezium der mehresten neuern Zer-
gliederer**) – Tab. II. fig. 2. num. 5.) mit
scharfen eckichten Rändern.
Nach oben stößt es mit einer rundlichen aus-
gehölten Fläche ans nauiculare der vorigen Reihe.
Nach unten mit einer großen schief gewölb-
ten Fläche an eine änliche unten genauer zu be-
schreibende Fläche des metacarpus vom Dau-
men. – Und darneben mit einer ganz kleinen
an den metacarpus des Zeigefingers.
[Seite 398] Rückwärts mit einer schief-dreyeckten ans
folgende.
Nach innen hat es einen stumpfen Rücken,
mit einer dahinter liegenden rauhen Furche,
welche die Sehne des flexor pollicis longus
aufnimmt.
F) das multangulum minus (s. trapezium
lyseri, s. trapezoides der neuern – Tab. II.
fig. 2. num. 5.) das kleinste in der zweyten Rei-
he, ebenfalls mit scharfen eckichten Rändern
wie das vorige. Hat lauter concave Flächen.
Nach oben stößt es mit einer solchen vier-
eckten Fläche ans nauiculare.
Nach unten mit der größten an den meta-
carpus des Zeigefingers.
Nach vorn mit einer länglichten fast halb-
mondförmigen Fläche ans vorige.
Nach hinten mit der kleinsten ans folgende.
Nach der Außenseite, nemlich nach dem
Rücken der Hand zu, lassen die beiden multan-
gula und das daranstoßende nauiculare der er-
sten Reihe, eine ansehnliche Grube zwischen
sich, die auch an der lebendigen Hand merklich
zu fühlen ist.
G) das capitatum (s. magnum – Tab. II.
fig. 2. num. 7.) das größte von allen achten.
liegt nach oben, mittelst des runden Kopfes
wovon es den Namen hat, am nauiculare und
lunatum der ersten Reihe. – Am erstern
nemlich vorwärts mit einer kuglichten großen
Fläche. – Am letztern aufwärts mit einem
länglichten gewölbten Rücken.
Nach unten stößt es mittelst eines breiten
Fußes an den metacarpus des Mittelfingers. –
– Und darneben vorwärts an den metacar-
pus des Zeigefingers.
Nach vorn mit einer kleinen viereckten
Fläche, die gerade unter der kuglichten Fläche
des Kopfes liegt, ans vorige.
Und nach hinten mit einer langen schmalen
Facette ans folgende.
H) das vnciforme (s. cuneiforme ALB.
s. hamatum – Tab. II. fig. 2. num. 8.) hat
seinen Namen von einem flachen gekrümmten
Haaken, der nach hinten und innen gerichtet
ist, und gleichsam die eine Spitze des halben
Mondes ausmacht, den die sämmtlichen Kno-
chen der Handwurzel zusammen bilden (§. 347.)
[Seite 400] Nach oben liegt es mit einem schmalen
gewölbten Rücken am lunatum der ersten
Reihe. – Und rückwärts mit einer großen
fast viereckten Fläche am triquetrum.
Nach unten mit zwey neben einander lie-
genden Facetten am metacarpus des Goldfin-
gers und des kleinen Fingers.
Nach vom mit der allergrößten schief aus-
gehölten Fläche am vorigen Knochen.
Die Mittelhand*) (metacarpus s. post-
brachiale) besteht aus fünf**) neben ein-
ander liegenden kurzen aber robusten Röhren-
knochen, die mittelst weicher Theile in eine ge-
meinschaftliche breite Fläche verbunden sind: in
der ruhigsten Lage ist sie, wie die übrigen
Theile der Hand auch, nach außen oder auf
dem Rücken derselben ein wenig gewölbt, nach
innen etwas vertieft***).
Jeder dieser fünf Knochen hat den Namen
von dem Finger zu welchem er gehört.
[Seite 403] Der metacarpus des Daumen (Tab. II.
fig. 2. d. f.) ist der kürzeste und zugleich dick-
ste von allen. Auch bey weiten der beweglich-
ste, und steht in keiner so engen Verbindung
mit den übrigen, wie diese untereinander.
Die übrigen viere nehmen in der Ordnung
wie sie neben einander liegen an Länge ab. Der
metacarpus des Zeigefingers nemlich ist der
längste von allen; der vom kleinen Finger hin-
gegen unter diesen vieren der kürzeste.
Zuerst von den obern Enden dieser Kno-
chen.
Das vom metacarpus des Daumen (Tab.
II. fig. 2. d.) hat eine breite, verschiedentlich
gebogne, rundliche Endfläche, welche nach dem
Rücken und der innern Seite der Hand zu ein
[Seite 404] paar erhabne Ränder bildet, die durch einen
halbmondförmigen Ausschnitt von einander ab-
gesondert werden. Nach den beyden Seiten
hingegen steigt sie abwärts, so daß sie nach
dieser Richtung einen gewölbten Rücken hat.
Mit dieser auf eine so eigne Weise gekrümm-
ten Fläche paßt dieses Ende aufs genauste
in die änliche Gelenkfläche des multanguli ma-
ioris der Handwurzel. (§. 353.) – Sonst
unterscheidet sich das Ende dieses metacarpi
von der folgenden ihren auch dadurch, daß es
nicht so unmittelbar an den benachbarten
anliegt, folglich auch keine Seitenfacette hat,
mittelst deren hingegen die übrigen vier meta-
carpi an diesem obern Ende, durch straffe Am-
phiarthrosen (Th. I. §. 103.) zusammen
verbunden sind.
Das obere Ende des metacarpus vom Zei-
gefinger faßt in der Mitte mit einer breiten
irregulair: concaven Gelenkfläche das multan-
gulum minus (§. 354.) – Vorwärts stößt
es mit einer ganz kleinen rundlichen Facette
ans mutangulum maius (§. 353.) – Rück-
wärts hingegen mit einer länglichten fast Spin-
delförmigen Fläche ans capitatum. (§. 355.)
– Unter diesem endlich nach hinten mit einer
wie in zwey Dreyecke abgetheilten Fläche an
das folgende.
[Seite 405] Das vom metacarpus des Mittelfingers
unterscheidet sich vorzüglichst durch einen auf
dem Handrücken nach vorn stumpf emporragen-
den processus styliformis (Tab. II. fig. 2. e.)
– Mit seiner obern großen viereckten Ge-
lenkfläche stößt es an den Fuß des capitati (§.
355.) – Nach vorn ans vorige mit einer
genau an dasselbe passenden Fläche. – Nach
hinten mit zwey kleinen rundlichen Facetten
aus folgende.
Das vom metacarpus des Goldfingers
stößt oben ans unciforme (§. 356.) – Nach
vorn mit zwey kleinen Facetten an die vom
vorigen. – Nach hinten mit einer schmalen
in die quere laufenden Fläche ans folgende.
Endlich das vom metacarpus des kleinen
Fingers nach oben und etwas schräg vorwärts
mit einer breiten gewölbten Fläche ebenfalls
ans unciforme; und vorwärts mit einer
schmalen in die quere laufenden ans vorige.
Die Mittelstücke sind bey allen fünfen
schräg bogenförmig gekrümmt, nach aussen et-
was gewölbt. Nach innen etwas ausge-
schweift: und meist prismatisch, mit einem
rundlichen Rücken und einer nach innen gekehr-
ten Kante, die mit ihren beiden Seiten zur
Anlage von Muskeln dient.
[Seite 406] Am metacarpus des Daumen nemlich liegt
daselbst zu äusserst der opponens pollicis, nach
dem Zeigefinger hingegen zu, der abductor in-
dicis, und in dem Zwischenräume der übrigen
die interossei. Denn da diese übrigen vier me-
tacarpi mit den beiderseitigen dickern Enden
aneinander liegen, so stehen hingegen ihre
schmalern Mittelstücke wie Stäbe eines Gat-
ters von einander ab.
Zu hinterst am metacarpus des kleinen Fin-
gers liegt der adductor metacarpi auricularis.
Die untern Enden sind wehr oder weni-
ger kuglicht gewölbt. – Beym metacarpus
des Daumen flacher. – Ben den übrigen mit
erhabnen Köpfgen.
Jener liegt mit seinem vordern Ende ganz von
dem benachbarten metacarpus des Zeigefingers
abgesondert.
Die übrigen viere hingegen nahe an einander,
doch ohne so scharf bestimmte Seitenflächen
wie an den obern Enden.
Jedes ist mit der darauf passenden Gelenk-
grube am hintersten Glied der Finger ver-
bunden.
Die Knochen der Finger*), den Daumen
mit eingeschlossen, bestehen aus Reihen
von Gliedern die man phalanges nennt: und
von denen die zunächst an der Mittelhand die
längsten, die in den Spitzen hingegen die kür-
zesten sind.
Der Daumen hat nur zwey. Die übrigen
Finger hingegen drey. – Jenen fehlt das
mittlere Glied.
Das hinterste Glied des Daumens und
der übrigen vier Finger; und dann auch das
mittlere bey diesen letztern sind kurze aber star-
ke Röhrenknochen, die so wie die in der Mit-
telhand schwach Bogenförmig nach außen ge-
krümmt sind. – Nach innen aber sind sie
flach mit scharfen Seitenrändern.
Die äußersten Glieder hingegen haben bey
allen fünf Fingern eine ganz eigne, schwer zu
beschreibende Gestalt; die man mit Pfeilspitzen
verglichen hat. Nach außen sind sie glatt, nach
innen hingegen rauh und uneben und zumal
nach der Spitze zu mit einem rauhen, zuwei-
len halbmondförmigen Wulste eingefaßt.
Daß diese Glieder gegen die Weise der übri-
gen nicht von der Mitte sondern von der Spitze
zu verknöchern*) anfangen, ist schon oben
angemerkt worden (Th. I. §. 22.)
Der Daumen steht weit von den übrigen
Fingern ab, wie es seine Bestimmung
erfodert, da er allein gleichsam der Antagoniste
der andern seyn soll*).
Sein erstes Glied (Tab. II. fig. 2. g. h.)
ist mit seinem obern Ende an das untere seines
metacarpus durch eine Arthrodie (Th. I. §.
106.) eingelenkt, so wie die obern Enden der
gleichen Glieder von den übrigen Fingern an
die ihrigen.
An den beiden Seitenrändern seines Mittel-
stücks (§. 363.) sitzt auf der einen Seite die
Sehnenscheide des flexor longus.
Das vordere Ende macht so wie die gleichen
Enden der ersten und zweyten Phalanx der
übrigen Finger eine Art Rolle (rotula, troch-
[Seite 410] lea) an welcher das äusserste Glied mittelst ei-
nes ginglymus (Th. I. §. 105.) eingelenkt ist.
Das äußerste Glied (Tab. II. fig. 2. i. k.)
ist keilförmig – mit dem hintern breiten En-
de auf die eben gedachte Weist mit dem vori-
gen verbunden. – An der innern platten Seite
des Mittelstücks sitzt die Sehne des flexor
longus fest. – Und das andre Ende hat die
rauhe wulstige Einfassung. (§. 364.).
Bey den übrigen Fingern*) kommt das
erste Glied in Rücksicht seiner beiden
Enden und deren Gelenkflächen im ganzen ge-
nommen mit dem am Daumen (§. 366.)
überein.
Auf der innern Seite des Mittelstücks sitzt
an den beiden Seitenrändern die Sehnen-
scheide, für die flexores.
Das mittlere Glied (das wie gedacht dem
Daumen abgeht) hat an seinem obern Ende
eine doppelte flach ausgehölte Gelenkgrube für
die Rolle am untern Ende des vorigen.
An den Seitenrändern seines Mittelstücks
sitzen sowol die gespaltenen Sehnen des subli-
mis, als auch die Sehnen-Scheide für den
profundus.
[Seite 412] Das untre Ende ist wie das am vorigen
Glied.
Es ist nur noch der letzte Theil des Gerippes
durchzugehen übrig, die Beine, die Or-
gane der locomotiuitas des Menschen, die ihm
vorzüglichst zum Gange und außerdem zu ma-
nichfaltigen andern Bewegungen und Stellun-
gen des Körpers dienen*), mit welchen sie
deshalb in den Hüftpfannen durch ein überaus
festes und doch zugleich sehr bewegliches Ge-
lenk verbunden sind.
Im ganzen genommen, lassen sie sich mit
den Armen vergleichen**), und am füglichsten
wieder in drey Abschnitte eintheilen.
1. in den Oberschenkel (femur,) der
den Schenkelknochen begreift.
2. in dem Unterschenkel (crus) zu
welchem das Schienbein, nebst der
Kniescheibe und das Wadenbein ge-
hören, und
Der Schenkelknochen*) (os femoris)**)
ist der stärkste und größte***) von allen
Röhrenknochen am ganzen Gerippe. Seine
Röhre ist in den ersten Kinderjahren, so wie
bey der Leibesfrucht meist ganz gerade, wird
aber in der Folge nach und nach etwas vorwärts
gebogen.
Er steht mit dem ungenannten Bein, mit
dem Schienbein und mit der Kniescheibe in
Verbindung.
Von seinem obern Ende ragt nach innen
der Hals hinauf, auf welchem der mit Knor-
pelfläche überzogne Schenkelkopf oder die
Kugel sitzt, womit er durch die ausschließlich
[Seite 416] sogenannte Enarthrose (Th. I. S. 76) in die
Hüftpfanne eingelenkt ist.
Dieser Kopf ist anfänglich eine Epiphyse,
und die Spuren ihrer damaligen Verbindung
mit dem Halse sind zumal beym durchsägten
Knochen oft noch bis gegen die Zeit der Mann-
barkeit merklich.
Sein Umfang beträgt ohngefähr zwey
drittel einer vollkommnen Kugel.
Seine Richtung ist schräg aufwärts, so
daß der Mittelpunkt seiner Oberfläche auf die
Axe des Halses fällt.
Neben diesem Mittelpunkt nach unten liegt
eine kleine Grube in welcher das untre Ende
vom ligamentum teres*) (s. suspensorium) sitzt,
dessen oberes in der oben gedachten änlichen
Grube der Pfanne befestigt ist**) (§. 265.)
Der Hals***) auf welchem dieser Kopf
aufsitzt ist dick und conisch; nach vorn und noch
mehr nach hinten flach gedrückt; und über-
haupt etwas vorwärts gerichtet. Seine Axe
[Seite 417] macht mit der Röhre ihrer, bey Mannsperso-
nen gemeiniglich einen Winkel von 45 Graben;
beym andern Geschlechte läuft er etwas mehr
horizontal*) (Th. I. §. 118.)
An der breiten Basis dieses conischen Hal-
ses liegen nach hinten die beiden Trochanteres;
beides so wie der Kopf ebenfalls anfänglich
Epiphysen.
Der größere aufwärts und nach außen wie
ein stumpfer kurzer nach innen gebogner Haken.
Der kleinere weiter unten, nach innen und
auch mehr nach hinten als der vorige, wie ein
knorrichter Höcker.
Jener, der trochanter maior dient zur An-
lage folgender Muskeln: – nach innen nahe
an seiner Spitze sitzt der pyriformis, der ob-
turator internus, und die gemini; – tiefer
unten in seinem holen Ausschnitt der obturator
externus; – an seiner gewölbten Außenseite
der gluteus medius; – neben diesem vorwärts
in einer ansehnlichen flachen Grube der glu-
teus minor; – tiefer herunter nach außen
und vorn der vastus externus; – und neben
[Seite 418] diesem noch etwas tiefer und mehr vorwärts der
cruralis.
Auf dieser Vorderseite ist von diesem größern
trochanter schräg abwärts nach dem kleinern
zu, eine rauhe Spur von der Anlage des großen
Capsularligaments das sich von da über den
Hals nach dem äußern Rande der Hüftpfanne
erstreckt*).
Auf der Hinterseite steigt, ohngefähr in der
gleichen Gegend vom großen trochanter zum
kleinen, ein erhabner stumpfer Rücken herab,
an welchem der quadratus femoris liegt.
Das Mittelstück des Schenkelknochen
ist übrigens meist cylindrisch, nur daß es nach
hinten eine erhabne Leiste (linea aspera s. spi
na femoris) bildet, die oben mit zwey An-
fängen von den beiden Trochantern entspringt
und sich unten nach dem äußern condylus zu
allmälig verliert.
Sie dient ebenfalls einigen großen Schen-
kelmuskeln zur Anlage; – nach innen und
oben dem vastus internus; – nach außen dem
vastus externus; – vorne dem gluteus magnus,
dem pectineus, dem triceps cruris, und den
drey adductoribus femoris, nemlich dem lon-
[Seite 419] gus, breuis und magnus. (die sonst auch zu-
sammen der triceps genannt werden.)
Nach unten wird dieß Mittelstück wieder
breiter, und endigt sich in die beiden großen
mit Knorpelrinde überzognen Gelenkknöpfe
(condyli) die ebenfalls anfänglich eine Epi-
physe ausmachen, und zur Bewegung des
Kniees dienen.
Nach vorn sind dieselben durch einen rund-
lichen flachen Ausschnitt (sinus) mit einander
verbunden, in welchem die Kniescheibe auf und
nieder bewegt werden kan.
Nach hinten ragen sie mit zwey großen ge-
wölbten Knorpelflächen hinaus, die durch einen
tiefen Ausschnitt von einander abgesondert
sind*), in welchem die großen Gefäße und Ner-
ven der Kniekehle zu liegen kommen.
Inwendig zu beiden Seiten dieses Aus-
schnitts sind zwey kleine Gruben, die eine am
innern condylus mehr nach unten; die andere
am äußern mehr nach oben. Beide zur Anlage
fürs hintere ligamentum cruciatum zwischen
diesen Gelenkknöpfen und dem hintern Rande
des Schienbeinkopfs; und dann auch fürs hin-
[Seite 420] tere Ende der äußern halbmondförmigen Knor-
pelscheibe des Kniegelenks*).
Von den beiden condylis ist der innere et-
was größer und stärker gewölbt als der äußere;
und wenn man ein einzelnes Schenkelbein in
senkelrechter Lage ansieht, so scheint er auch
etwas länger; am ganzen Gerippe hingegen
wenn beide Schenkelbeine in ihre natürliche
nach den Knieen convergirende Stellung kom-
men, schwindet jene Täuschung und beide Knö-
pfe kommen in die gleiche Horizontalfläche zu
liegen.
Zu äußerst an beiden Seiten der Gelenk-
knöpfe sind ein paar rauhe Erhabenheiten (tu-
bera) auf jeder Seite eine, die zur Anlage
der Muskeln dienen.
An der innern nemlich sitzt der adductor
magnus femoris, und daneben nach hinten das
innere caput des gemelli; – an der äußern
hingegen dessen äußeres caput; – und darun-
ter in einer rauhen Vertiefung der popliteus.
Der zweyte Abschnitt des ganzen Beines (§.
372.) begreift die beiden Röhren des
Unterschenkels und die Kniescheibe.
Diese letztere*) (patella, s. rotula, s.
mola)**) ist ein rundlicher meist Linsenför-
miger Knochen***), ohngefähr von der Größe
und der Gestalt einer großen etwas flachge-
druckten Castanie, der vorn über dem Kniege-
lenke****) zu liegen kommt.
Ihre Verknöcherung nimmt so wie bey
vielen andern dergleichen rundlichen Knochen
(Th. I. §. 19.) erst nach der Geburt ihren
[Seite 422] Anfang, und wird erst in den erwachsenen
Kinderjahren beendigt*).
Sie ist eigentlich als ein beweglicher Anhang
des Schienbeins anzusehen, an dessen vordern
großen tuber sie mit ihrem untern spitzern
Ende mittelst einer überaus starken Sehne –
(der stärksten am ganzen Körper–) verbun-
den ist**).
An ihren obern breitern Rand setzen sich
die Sehnen der großen den Unterschenkel aus-
dehnenden Muskeln, des rectus, des vastus ex-
ternus und internus, und des cruralis.
Ihre Vorderseite ist gewölbt, uneben,
und mit einem sehnichten Bande überzogen,
welches die letztgedachten Sehnen, mit der un-
tern starken Sehne verbindet.
Die Hinterseite der Kniescheibe***) hat
zwey neben einander liegende ausgeschnittene
[Seite 423] flache Vertiefungen, die durch einen erhabnen
Rücken von einander abgesondert werden, wel-
cher in den vordern rundlichen flachen Aus-
schnitt der Gelenkknöpfe des Schenkelbeins (§.
376.) zu liegen kommt.
Die äußere dieser beiden Vertiefungen ist
so wie der condylus auf dem sie liegt, kleiner.
Diese Verbindung der Kniescheibe mit den
condylis kan füglich zum ginglymus (Th. I.
§. 105.) gerechnet werden.
Der wichtige Nutzen dieses kleinen Knochen
aber ist vorzüglich um die Insertion der ge-
dachten an seinem obern Rande befestigten
Muskeln vom Mittelpunkt des Kniegelenkes in
etwas zu entfernen*) und dadurch ihre Action,
die Ausdehnung des Unterschenkels zu erleich-
tern.
Die Schienbeinröhre*) (tibia)**) ist
nächst dem Schenkelbein der größte Röh-
renknochen am Gerippe. Sie hat ihren latei-
nischen Namen von der Aenlichkeit ihrer Gestalt
mit einer umgekehrten Schalmeye. Doch
läuft sie nicht ganz gerade, sondern ist in etwas
schief gedreht, so daß ihre innere Seite nach
oben (– wo der innere Gelenkknopf des Schen-
kelbeins drauf stößt –) etwas mehr rückwärts;
nach unten hingegen mit dem innern Knöchel
etwas mehr vorwärts zu stehen kommt.
Sie ist mit ihrer obern Endfläche am Schen-
kelknochen***), mit ihrer untern am Knöchel-
bein eingelenkt; nach außen liegt das Waden-
bein an ihr; und oben steht sie nach vorn mit-
telst der gedachten Sehne (§. 379.) mit der
[Seite 425] ihr eigentlich als Anhang zugehörigen Knie-
scheibe in Verbindung.
Das obere Ende der Schienbeinröhre ist
durch eine breite Querfläche wie abgeschnitten.
Auf dieser Fläche liegen zu beiden Seiten
zwey große ohngefähr Nierenförmige mit Knor-
pelrinde ausgeglättete sehr flache Vertiefun-
gen*), die in der Mitte durch einen kleinen
nach hinten höckrichten Hügel und vor und
hinter demselben durch ein paar kleine rauhe
Gruben von einander abgesondert sind; in
welchen letztern die beiderley ligamenta cruciata
festsitzen.
Da diese beiden Vertiefungen weit flacher
sind als die oben darauf stoßenden stark ge-
wölbten Gelenkknöpfe des Schenkelbeins, so
ist der Abstand zwischen diesen und jenen auf
beiden Seiten durch die zwey beweglichen (Th.
I. §. 92.) Sichelförmigen Knorpelschei-
ben (Cartilagines semilunares, Zonae semilu-
nares Borell.)**) gefüllt, die auf jenen Ver-
tiefungen aufliegen. Sie sind an ihren Außen-
rändern dicker und fester, und hingegen an ihrem
[Seite 426] innern Ausschnitt dünner und weicher*),
und sind mit ihren Sehnartigen Spitzen an
die beiden großen Röhrenknochen befestigt die
das Gelenk bilden. Die beiden Enden des
Zinnern Knorpels nemlich und das vordere Ende
des äußern ans Schienbein; das hintre des
letzten aber wie gedacht (§. 376.) an den
Schenkelknochen**).
An der vordern Seite des obern Endes am
Schienbein findet sich die rauhe knorrichte Er-
habenheit (tuber) an welcher die dicke Sehne
der Kniescheibe befestigt ist. – Neben dersel-
ben nach innen etwas weiter herunter ist eine
flache Furche zur Anlage für den sartorius
semitendinosus und gracilis.
Seitwärts nach hinten und außen liegt eine
schräge Knorpelfläche die das obere Ende des
Wadenbeins aufnimmt.
Und auf der entgegengesetzten Seite, nemlich
nach hinten und innen eine rauhe Querleiste
an welcher der semimembranosus befestigt ist.
Das Mittelstück ist einigermaßen pris-
matisch, mit zwey breitern und einer schmälern
[Seite 427] Seite, die durch einen schaffen und zweystum-
pfe Ränder von einander abgesondert werden.
Der scharfe Rand (crista s. spina anterior)
liegt meist ganz gerade nach vorn.
Neben demselben nach außen die schmale
Seite, die meist nur ohngefähr Daumenbreit,
nach oben gefurcht, nach unten etwas gewölbt
ist. Auf ihr liegen, zunächst an der crista
der tibialis anticus, der extensor longus digi-
torum pedis, und der peroneus tertius.
Diese äußere Seite der Schinbeinröhre wird
von der benachbarten hintern durch den zwey-
ten Rand (spina posterior s. exterior) abge-
sondert, der aber nur einer rauhen schmalen
Linie gleicht, die mit dem vordern scharfen
Rande meist parallel von oben nach unten et-
was rückwärts steigt, und zur Anlage des li-
gamenti interrossei*) dienet, das zwischen
beiden Röhren des Unterschenkels ausge-
spannt ist.
Neben dieser rauhen Linie liegt nun nach
hinten die zweyte Hauptseite der Röhre, die
sehr convex und nach oben weit breiter als nach
unten ist. – Ohngefähr gerade in ihrer Mitte
sitzt der flexor longus digitorum pedis – und
mehr nach oben, nach der rauhen Linie zu der
[Seite 428] tibialis posticus, und diesem gegen über nach
dem dritten Rande hin in einer schrägen nach
innen herabsteigenden rauhen Furche der soleus.
Jener dritte Rand (spina interior) ist
stumpf rundlich und dem andern Beine zuge-
kehrt.
Zwischen ihm und dem ersten scharfen Ran-
de liegt endlich die dritte Hauptseite des Kno-
chen, die schwach gewölbt, ziemlich glatt, und
blos mit Haut bedeckt ist.
Das untere Ende hat seitwärts nach außen
einen rauhen flachen Eindruck (Tab. II. fig. 1.
B.) in welchem das Wadenbein anliegt.
Zu äußerst ist ein tiefer mit Knorpelrinde
ausgeglätteter Ausschnitt, der gleichsam das
Mundstück der Schalmeye vorstellen soll, –
dieser Ausschnitt wodurch die Schienbeinröhre
zunächst mit dem Knöchelbein und mittelst
desselben mit dem ganzen Fuße in Verbindung
steht, bildet erst eine große horizontale meist
viereckte Endfläche mit zwey neben einander
liegenden flachen Eindrücken, die durch einen
sehr stumpf gewölbten Rücken von einander ab-
gesondert werden, und verläuft sich dann nach
innen in einen Herabsteigenden kurzen stumpfen
Zapfen. – Jene horizontale Endfläche kommt
auf den gewölbten Rücken des Knöchelbeins zu
[Seite 429] stehen. – Dieser Zapfen hingegen ist der in-
nere Knöchel (malleolus internus – Tab. II.
fig. 1. A.) der an den innern obern Rand des
Knöchelbeins anschließt.
Am untern äußersten Rande dieses Knö-
chels ist ein kleiner Ausschnitt zur Anlage fürs
ligamentum deltoides*) wodurch derselbe mit
dem Fersenbein verbunden ist.
Auf der Rückseite steigt hinter dem Knöchel
eine flache Furche herab in welcher die Sehne
des tibialis posticus liegt, – und neben dersel-
ben nach außen eine andre, minder deutliche,
für die Sehne des flexor longus hallucis.
Das Wadenbein*) oder die Nebenröhre
des Schienbeins (fibula, s. perone)**)
eine dünne Röhre***) ohngefähr von gleicher
Länge wie die vorige, an der sie mit ihren bei-
den Enden anliegt, doch etwas niedriger, so
daß sie unten tiefer hinab tritt als jene, oben
aber nicht bis ans Schenkelbein reicht, und
folglich nichts unmittelbar zur Stützung des-
selben beytragen kan.
Sie steht blos mit der Schienbeinröhre und
unten mit dem Knöchelbein in Verbindung.
Ihr oberes Ende ist stumpfeckicht, kol-
bicht.
[Seite 431] Schräg nach innen hat es eine Knorpelfläche
womit es an der gedachten änlichen Fläche (§.
386.) des Schienbeins anliegt.
An seiner äußern knorrichten Wölbung sitzt
der triceps cruris.
Das Mittelstück des Wadenbeins ist pris-
matisch, aber gleichsam ein wenig spiralmäßig
von oben nach unten und außen gedreht.
Sein vorderer Rand steht der gedachten
rauhen Linie des Schienbeins (§. 387.) ge-
gen über und dient wie jene zur Anlage des
ligamenti interossei. – Nach unten und innen
verläuft sich dieser Rand in eine flache Furche,
an welcher, so wie am Außentheil des Randes
selbst der extensor proprius hallucis, der ex-
tensor digitorum pedis longus und der pero-
neus tertius sitzen.
Neben diesem Rande liegt nach außen eine
Fläche die in der Mitte gefurcht, nach unten
aber gewölbt ist, und da zur Anlage des pe-
roneus longus und breuis dient.
Zunächst folgt der äußere Rand.
Und zwischen diesem und dem innern Rande,
die zweyte Fläche, die gewölbt ist, und an
welcher nach unten der soleus und der flexor
longus hallucis anliegen.
[Seite 432] Der innere Rand verläuft sich so wie der
vordere nach unten in eine flache Furche die
mit jenes seiner zusammen stößt.
Zwischen ihm und jenem vordern Rande
liegt endlich um die Mitte herum die dritte
Fläche, die ebenfalls ausgefurcht ist und zur
Anlage des tibialis posticus dient.
Das untre Ende des Wadenbeins (Tab.
II. fig. 1. C.) ist länglicht und bildet den äußern
Knöchel (malleolus externus). Nach oben
liegt es in dem gedachten rauhen flachen Ein-
druck des Schienbeins (§. 388.) – weiter
herunter ist es mittelst einer glatten Knorpel-
fläche durch eine Amphiarthrose (Th. I. §.
103.) mit dem Knöchelbein verbunden. –
Neben dieser Gelenkfläche, noch etwas tiefer
nach hinten ist eine kleine Grube zur Anlage
fürs ligamentum fibulae medium perpendicu-
lare*) wodurch der Knöchel mit dem Fersen-
bein verbunden ist. – Auf der Rückseite ist
endlich ein kaum merklicher Eindruck für die
Sehnen des peroneus longus et brevis.
Die beiden Röhren des Unterschenkels
haben allerdings manche Aenlichkeit mit
den beiden Röhren im Vorderarm. Sie lie-
gen eben so wie diese nur mit den beiden En-
den an einander, und stehen hingegen im übri-
gen von einander ab. Zwischen ihnen ist auch
eben so wie zwischen jenen ein ligamentum in-
terosseum ausgespannt (§. 387. 391.) u.s.w.
Allein außer dem findet sich doch zwischen
beiden wieder große Verschiedenheit.
Die Schienbeinröhre hat z.B. nicht wie die
Einbogenröhre ein olecranum, sondern statt
dessen die bewegliche Kniescheibe, – auch macht
ihr unteres Ende die Hauptverbindung mit
dem Fuße aus, da hingegen das untere Ende
der Einbogenröhre nur sehr wenig Verbindung
mit der Handwurzel hat etc.
Das Wadenbein ist folgends der Speiche
sehr unänlich. Es steht gar nicht mit dem
[Seite 434] Schenkelknochen, und nur seitwärts mit dem
Knöchelbein des Fußes in Verbindung; da
hingegen die Speiche die Hauptverbindung zwi-
schen der Oberarmröhre und der Handwurzel
ausmacht.
Endlich ist auch das Wadenbein gar keiner
so freyen Rotation fähig als die Speiche u.s.w.
So wie das Bein überhaupt manche Aen-
lichkeit mit dem Arm hat, so läßt sich
auch insbesondre sein letzter Haupttheil (§.
372.) der Fus*), im ganzen einigermaßen
mit der Hand vergleichen. Nur daß die Na-
tur nach der verschiednen Bestimmung dieser
beiderley Organe, der Hand in ihrem ganzen
Bau mehr geschmeidige Gelenksamkeit, dem
Fus hingegen mehr robuste Festigkeit verlie-
hen hat. Daher besonders die Knochen des
Hintertheils vom Fus größer und fester und
auch durch stärkere und straffere Gelenkbän-
der**) untereinander verbunden sind als die
in der Handwurzel.
Im ganzen ist die Richtung des Fußes hori-
zontal; und seine Knochen nach oben, bis vorn
wo die Zehen anfangen, gewölbt; nach unten
hingegen ausgehölt, wodurch das Stehen erleich-
[Seite 436] tert*), und die unter der Fussohle liegenden
weichen Theile für allzu starkem Druck gesichert
werden. Die Hauptstützen des stehenden Fußes
sind dann nach hinten die Unterseite des Hin-
tertheils vom Fersenbein**); – nach vorn
und innen das hintere Gelenk des großen Zehe
[Seite 437] wo die Sesamsbeinchen liegen: – und dann
auch nach außen das hintere Gelenk der klei-
nen Zehe und ihr metatarsus.
Man theilt übrigens den Fus so ein wie die
Hand: nemlich
a) in den Hintertheil oder Ober-
fus*), (tarsus)
b) in den Mittelfus, (metatarsus)
Der Oberfus (tarsus) begreift sieben*)
Knochen.
Das Knöchelbein**) (talus s. astragalus
– Tab. II. fig. 1. num. 1.) hat im ganzen
eine schwer zu beschreibende gewißermaßen
würflichte Gestalt***); nach oben gewölbt,
nach unten ausgeschnitten, zu beiden Seiten
[Seite 439] platt eingedrückt: und verläuft sich nach vorn
und innen in einen kurzen dicken Hals, der sich
in eine große kuglichte Gelenkfläche endigt.
Es ist zwischen beiden Knöcheln straff ein-
gefaßt, und steht außerdem noch mit dem Fer-
senbein, und dem naviculare in Verbindung.
So wie überhaupt nach der Bestimmung des
Menschen zum aufrechten Gange die Verknö-
cherung im Oberfus früher beginnt und schnel-
ler rückt als in der Handwurzel (Th. I. §. 19.)
so zeigen sich besonders die Knochenkernchen die-
ses und des folgenden Knochen, schon bey der
ungebohrnen Leibesfrucht*).
Nach oben wird das Knöchelbein (nur
seinen Hals ausgenommen) von einer großen
gewölbten Knorpelfläche**) bedeckt, die vorn
am breitsten ist, nach hinten schmäler hinab-
[Seite 440] steigt, längst ihrer Mitte flach eingedruckt ist,
und so gleichsam eine Rolle bildet auf welche
die untere Endfläche der Schienbeinröhre genau
anschließt und sich auf derselben mittelst einer
Art von ginglymus (Th. I. §. 105.) vor-
wärts und zurück bewegen kan.
Die Seitenränder jener Rolle schlagen sich
zu beiden Seiten gleichsam herunter und
bilden ein paar kleine Knorpelflächen zur An-
lage für die beiden Knöchel des Unterschenkels.
Die innere ist kleiner, fast Sichelförmig,
und nimmt den Knöchel der Schienbeinröhre auf.
Die äußere ist größer, von der Gestalt eines
Viertel Zirkels, und faßt den Knöchel des Wa-
denbeins.
Nach vorn und zugleich schräg einwärts
ragt der kurze dicke Hals des Knöchelbeins
hinaus, welcher, seine untere Seite ausge-
nommen, rauh und löchricht ist, und sich zu
äußerst in einen großen breiten Gelenkkopf en-
digt, an welchem das naviculare anliegt*).
[Seite 441] Am untern Rande der Knorpelfläche dieses
Kopfs ist ein besondrer schwacher Eindruck, wie
eine stumpfe Facette, von der Anlage des li-
gamenti cartilaginei zwischen dem Fersenbein
und dem naviculare*).
Zu hinterst und ganz unten, gleichsam am
Fus der großen Rolle ist eine schräge flache
Furche für die Sehnen des flexor longus
hallucis.
Auf der untern concaven Seite des ganzen
Knochen sind zwey ausgeschnittene Knorpelflä-
chen, die durch eine tiefe schräge Querfurche
von einander abgesondert werden, und an zwey
änlichen Flächen des Fersenbeins mittelst einer
Amphiarthrosis anliegen.
[Seite 442] Die hintere von beiden ist bey weitem die
größte, breit, bogenförmig ausgeschweift, und
liegt mehr nach außen.
Die vordere weit kleinere ist eyförmig, flacher,
liegt unter dem innern Rande des Halses, und
stößt an die stumpfe Facette der Knorpelfläche
des Kopfes (§. 405.)
Die tiefe schräge Querfurche die nach hin-
ten und innen am schmälsten ist, wird ganz
mit einigen Gelenkbändern gefüllt die zur Ver-
bindung dieses Knochen mit dem folgenden die-
nen*).
Das Fersenbein*) (calcaneus, – Tab. II.
fig. 1. num. 2.) das größte von allen
Knochen des Oberfußes, ist im ganzen von einer
länglichten aber ebenfalls schwer zu bestimmen-
den Gestalt**), knorricht, an beiden Seiten
zusammengedruckt, (so daß es gleichsam auf
die scharfe Kante zu stehen kommt,) und über
dem vordern Ende schräg abgeschnitten.
Es ist blos nach oben mit dem Knöchelbein,
und nach vorn mit dem cubiforme straff ein-
gelenkt.
Da es die Hauptstütze des aufrechten mensch-
lichen Körpers ausmacht, und diesen wichtigen
Nutzen schon gegen Ende des ersten Lebensjah-
res leisten soll, so fängt es am frühsten unter
[Seite 444] allen Knochen des Oberfußes an zu verknöchern*)
so daß ich seinen ersten Knochenkern schon bey
Leibesfrüchten aus dem sechsten Monat, von der
Größe eines Waizenkornes gesunden habe.
Die obere Seite des Fersenbeins ist auf
der hintern hohen Hälfte ausgeschweift, nach
vorn hingegen wie gedacht (§. 408.) gleichsam
schräg abgestuft.
Dieser schräge Abschnitt hat zwey Knorpel-
flächen die genau auf die beiden änlichen Flächen
passen, mit welchen das Knöchelbein auf dem
Fersenbeine aufliegt (§. 407.)
Folglich ist die äußere die größte, mit
einem gewölbten Rücken.
Die innere weit kleiner, flacher, eyförmig,
und mehr nach vorn.
Diese letztere sitzt auf einem besondern brei-
ten Seitenfortsatz (sustentaculum ceruicis tali
alb.) und fließt zuweilen mit ihrer vordern
stumpfen Spitze mit einer dritten noch kleinern
aber nicht immer so deutlichen Knorpelfläche
zusammen**), die tiefer herunter und weiter
[Seite 445] vorwärts, jenseit jenes Seitenfortsatzes auf der
äußersten innern Ecke dieser obern Seite hori-
zontal liegt.*)
Jene beiden größern Gelenkflächen werden,
so wie die drauf liegenden des Knöchelbeins,
ebenfalls durch eine zwar flachere Furche von
einander abgesondert, die sich nach außen in
eine tiefe durchlöcherte Grube verliert, und
zur Befestigung der obgedachten Gelenkbänder
(§. 407.) dient.
[Seite 446] Vor dieser Grube, (am äußern Rande
dieses vordern Theils der obern Seite) ist ein
rauher Höcker zur Anlage des extensor breuis
digitorum pedis.
Die innere Seite des Fersenbeins ist glatt
und weit ausgeschweift, um verschiedne Seh-
nen, Gefäße und Nerven bequem vorbey zu
lassen. – Vorn nemlich liegen unter dem ge-
dachten Seitenfortsatz die Sehnen des flexor
longus hallucis und des flexor longus digitorum
pedis. – Weiter zurück aber die Sehne des
tibialis posticus, die großen Blutgefäße gleiches
Namens und das Ende vom Hauptstamm des
ischiadischen Nerven.
Die äußere Seite ist länger als die vorige,
aber rauh und uneben. – Nach vorn kommt
hier zwischen ein paar kleinern Höckern die Sehne
des peroneus longus zu liegen.
Die vordere niedrigere Seite des Kno-
chen endigt sich in eine etwas schräge meist rund-
liche Knorpelfläche, an welcher das cubiforme
anliegt.
Die hintere bildet die eigentlich sogenannte
Ferse, – eine große länglicht rauhe gewölbte
Fläche (tuber alb.), an deren obern schrägen
Hälfte die sogenannte Achilles-Sehne ansitzt.
Endlich die untere Seite ist schmal, nach
hinten doch etwas breiter, und höckricht.
Nach hinten und innen nemlich liegt ein
sehr großer Höcker, das untere Ende des ge-
dachten tuber (§. 415.) mit welchem die Ferse
auftritt*). – Vor demselben eine schräge
flache Querfurche zur Anlage für den flexor
breuis digitorum pedis und die Aponevrose der
Fussohle. – Neben dieser nach außen ein
kleiner Höcker, an welchem der abductor digiti
minimi liegt.
Nach vorn ein schmahler länglichter Höcker
zur Anlage des sehnichten Bandes, wodurch
das Fersenbein mit dem cubiforme verbunden ist.
Die übrigen*) fünf Knochen des Ober-
fußes**) haben sowohl in ihrer mä-
ßigen Größe als in ihrer Lage, und späten
Verknöcherung***) mehr Aenlichkeit mit den
Knochen der Handwurzel als die beiden vorigen.
Es folgt zunächst das nauiculare (Tab. II.
fig. 1. num. 3.)
Es liegt nach innen; und zwar in die Quere;
und steht mit dem Knöchelbein und mit den
vier folgenden Knochen der vordern Reihe in
Verbindung.
Nach oben hat es einen rauhen bogenför-
migen Rücken.
Nach hinten eine löffelförmige ausgeglät-
tete große Grube, mit welcher es, – gleich-
[Seite 449] sam wie ein Deckel, – an dem großen Ge-
lenkknopfe des Knöchelbeins (§. 405.) anliegt.
Nach vorn drey Facetten, für die drey
daran stoßenden cuneiformia der vordern Reihe.
Nach unten am innern Rande einen rau-
hen kleinen Höcker für den tibialis posticus; –
und in der Mitte einen andern, womit es ans
cubiforme stößt.
Die folgenden vier Knochen liegen vorn in
einer Reihe neben einander.
Zu innerst nemlich das cuneiforme maius
(Tab. II. fig. 1. num. 4.)
Es hat ohngefähr eine mandelförmige und
von der Seite angesehen rhomboidale Gestalt,
und liegt mit der Basis nach unten und mit
der Spitze nach oben.
Die hintere Gelenkfläche, womit es an
die innere Facette vom nauiculare stößt, ist
flach ausgehölt, nach oben zugespitzt.
Die vordere, mit welcher es am ersten
metatarsus anliegt, ist länger und halbmond-
förmig.
Nach innen ist es convex und rauh. An
der untern vordern Ecke sitzt der tibialis anti-
cus an einer glatten Fläche. Und an der hin-
[Seite 450] tern Ecke nach unten an einem rauhen kleinen
Höcker der tibialis posticus.
Nach außen endlich ist es schwach ausge-
hölt; und stößt mit einer kleinen Knorpelfläche
am obern Rande an den metatarsus, und mit
einer andern am hintern Rande an den folgen-
den Knochen.
Das cuneiforme minus (Tab. II. fig. 1.
num. 5.) ist das kleinste von allen Knochen des
Oberfußes, und hat seinen Namen mit doppel-
tem Recht sowohl seiner Bildung wegen, als
weil es zwischen den beiden andern cuneiformi-
bus wie eingekeilt sitzt.
Seine Basis ist aufwärts gekehrt und
viereckt.
Nach hinten stößt es mit einer concaven
Fläche an die mittlere Facette des nauicularis.
Nach vorn mit einer convexen an den
zweyten metatarsus.
Von seinen beiden viereckten Seitenflächen
ist die innere convex und nach dem vorigen
hingerichtet; – die äußere stößt mit zwey
rundlichen nur am hintern Rande mit einander
verbundnen kleinen Flächen ausfolgende.
Das cuneiforme tertium (s. medium alb.
– Tab. II. fig. 1. num. 6.) ist ebenfalls keil-
förmig, mit der Basis nach oben, und mit
der Schneide niederwärts gerichtet.
Nach hinten stößt es mit einer kurzen
dreyeckten Knorpelfläche an die dritte Facette
des nauicularis.
Nach vorn mit einer langen schmal zu-
laufenden an den dritten metatarsus.
Dicht am Rande dieser leztern Fläche nach
innen mit einem schmalen kleinen Streif an
den zweyten metatarsus; –und auf derselben
innern Seite nach hinten zu ans vorige, mit
eben so ein paar rundlichen kleinen Flächen wie
die im vorigen § beschriebnen.
Nach außen liegt es mit einer rundlichen
Fläche am hintern Rande an dem folgenden an.
Das cubiforme (Tab. II. fig. 1. num. 7.)
ist das größte unter den vieren der vordern Reihe.
Nach oben hat es eine rauhe gebogene
poröse Fläche von vier ungleichen Seiten.
Nach hinten stößt es mit einer schrägen
ein wenig concaven Knorpelfläche auf die vor-
dere Endfläche des Fersenbeins (§. 414.)
[Seite 452] Nach vorn mit einer änlichen aber in zwey
ungleiche Facetten getheilten Fläche an den vier-
ten und fünften metatarsus.
Nach innen mit einer rundlichen Knor-
pelfläche am obern Rande an das vorige (§. 421);
– und mit einem ganz kleinen stumpfen Hö-
cker, der hinter derselben nach oben liegt, an
einen änlichen Höcker des nauicularis (§. 418.)
Die Außenseite ist die kleinste.
Nach unten liegt ein knorrichter Wulft
in die Quere, um dessen äußeres Ende sich die
Sehne des peroneus longus herumschlägt, und
von da in die vor dem Wulft liegende Rinne
tritt.
Unter den drey Haupttheilen, worein Hand
und Fus getheilt werden können, haben
der Mittelfus und die Mittelhand noch die
mehreste Aenlichkeit mit einander.
Der Mittelfus*) (metatarsus) besteht
so wie jene aus fünf**) nebeneinander liegen-
den kleinern Röhrenknochen, die in ihrer Ver-
bindung zusammen, nach oben einen etwas ge-
wölbten Rücken, nach unten hingegen eine fla-
che Hölung bilden. So wie jene zur Verbin-
dung der Finger mit der untern Reihe der
Handwurzel dienen, so diese zur Verbindung
der Zehen mit der vordern Reihe des Tarsus.
Der metatarsus der großen Zehe ist eben so
der kürzeste und dickste unter den übrigen: wie
der metacarpus des Daumen in Vergleich zu
den andern Röhren dieser Art.
[Seite 454] Die metatarsi der folgenden vier Zehen sind
schlanker und länger. Der zweyte der aller-
längste. Der vierte der kürzeste von allen.
Zuerst von ihren hintern Enden. Das
am metatarsus der großen Zehe (Tab. II.
fig. 1. D.) ist länglicht, und seine Gelenk-
fläche womit es ans cuneiforme maius stößt,
fast halbmondförmig, mit den Spitzen nach der
Außenseite gekehrt; – An seinem innern con-
vexen Rande ist ohngefähr in der Mitte eine
kleine flache Delle für den tibialis anticus. –
Die nach unten gerichtete Spitze aber verläuft
sich in eine große stumpfe Ecke zur Anlage des
peroneus longus. – Nach außen hat dieses
Ende zuweilen da wo es an den zweyten
metatarsus stößt eine kleine, aber wie gesagt,
unbeständige Knorpelfläche.
Die hintern Enden an den folgenden vier
Knochen sind weit stärker als ihre vordem En-
den, eckicht, und straff mit einander verbunden.
Das vom zweyten stößt hinten mit der gro-
ßen Endfläche ans cuneiforme minus; – an
den beiden Seitenrändern aber auch mit einem
paar kleiner Facetten nach innen ans cuneiforme
maius, nach außen ans tertium.
Das vom dritten metatarsus liegt mit sei-
ner schmalen Endfläche am cuneiforme tertium.
[Seite 455] Das vom vierten mit einer rundlichen an
der innern Facette des cubiformis.
Endlich das vom fünften mit einer stumpf-
dreyeckten (die Spitze aufwärts gekehrt) an
der äußern Facette desselben. – Schräg nach
außen und unten verläuft sich dieses Ende in
eine dicke stumpfe Spitze (Tab. II. fig. 1. E.)
an welcher der peroneus breuis anliegt.
Die Mittelstücke an den Knochen des
Mittelfußes äneln wie an denen in der Mittel-
hand, kurzen Gitterstäben. Auch sind ihre
Zwischenräume eben so wie bey jenen mit den
interosseis gefüllt.
Das am metatarsus der großen Zehe ist
prismatisch, mit der breiten Fläche nach der
Außenseite gekehrt. – An der hintern Hälfte
der innern und untern Seite ist eine rauhe Stelle
zur Anlage des flexor hallucis breuis.
Die vordern Enden sind kolbicht, und
haben kuglichte Gelenkflächen zur Verbindung
mit den hintern Gelenken der Zehen, und lie-
gen nicht unmittelbar dicht aneinander.
[Seite 456] Das vom metatarsus der großen Zehe ist
groß und dick, und hat nach unten zwey ge-
furchte neben einander liegende Eindrücke zur
Aufnahme der Sesamsbeinchen dieses Gelenks.
Die an den übrigen vieren haben nach
oben eine kleine Querfurche, und nach unten
eine kleine Grube, wodurch sie gleichsam in
zwey stumpfe Spitzen getheilt werden, wo-
von die äußere die größte ist.
In einzelnen Theilen, besonders auch in der
Anzahl und in der Art der Einlenkung ih-
rer Glieder haben die Knochen der Fuszehen
viel änliches mit denen in den Fingern. Im
ganzen hingegen unterscheiden sie sich gar sehr
von den letztern; theils schon durch ihre Kürze,
und daß sie zumal bey Völkern die enge Schu-
he tragen, durch den vieljärigen Druck dersel-
ben noch um desto mehr zusammen gepreßt,
verschoben, und die vordern Gelenke der äußern
Zehen theils gar leicht ankylotisch werden;
folglich überhaupt weit weniger Beweglichkeit
haben können als die Finger. – Ferner auch
durch ihre relative Länge unter einander selbst,
da die zweyte Zehe zunächst an der großen, die
längste ist*); an der Hand hingegen der
Mittelfinger.
Der Hauptunterschied aber – und der vor-
züglichst den Fus zum Fuße macht, und schon
[Seite 458] allein den Menschen von allen noch so menschen-
änlichen Affen auszeichnet, ist daß die innere
oder große Zehe, so gut als die übrigen eine
neben der benachbarten anliegende zum aufrech-
ten Gange*) bestimmte Zehe, und nicht so
[Seite 459] wie in der zum greifen eingerichteten Hand ein
abstehender Daume ist. (Tab. II. fig. 1. D. F.
G. H. I. K. vergl. mit fig. 2. d. f. g. i. k.)
Man theilt übrigens die Zehen so wie die
Finger in ihre Reihen (phalanges) von Glie-
dern*).
[Seite 460] Das erste Glied, das nemlich an den me-
tatarsus stößt (Tab. II. fig. 1. G. H.) ist auch
hier bey weitem das längste.
Sein hinteres Ende bildet eine flache
Pfanne in welcher der vordere Gelenktopf des
metatarsus liegt.
Das an der großen Zehe*) hat am un-
tern Rande (wo die Sesamsbeinchen zu lie-
gen kommen) ein paar flache Eindrücke an
deren Innern etwas größern der abductor hallucis
anliegt; so wie an dem äußern kleinen der ad-
ductor hallucis und der transuersis pedis. –
Am obern Rande hingegen ist in der Mitte der
extensor breuis digitorum pedis befestigt.
An der kleinen Zehe sitzt an diesem hin-
tern Ende der flexor proprius derselben, und
ihr abductor.
Das Mittelstück dieses ersten Glieds hat
nach unten zwey stumpfe Seitenränder zur An-
läge für die Sehnenscheiden der flexorum.
Das vordere Ende bildet eine Art Rolle,
an welche das folgende Glied mittelst eines
ginglymus eingelenkt ist.
Das mittlere Glied geht, so wie dem Dau-
men, so auch der großen Zehe ab, ist aber auch
in den andern vier Zehen meist so verschoben
und zusammen gedrückt, daß man es nur sehr
uneigentlich unter die Röhrenknochen rechnen
kan.
Sein hinteres Ende ist mit einer doppel-
ten Knorpelfläche in die Rolle des vorigen
Glieds eingelenkt. – Auf dem obern Rande
desselben sitzt in der Mitte die Sehne der ex-
tensorum.
Das Mittelstück hat so wie am vorigen
Glied nach unten stumpfe Seitenränder, zur
Anlage des flexor breuis und der Sehnen-
scheide des flexor longus.
Das äußerste Glied (Tab. II. fig. 1. I. K.)
kommt so wie im allgemeinen seiner Bildung,
so auch in der Art seiner Verknöcherung*) mit
dem am Daumen und an den Fingern überein
(§. 367. 372.); ist aber auch so wie das
[Seite 462] vorige, zumal an den kleinern Zehen meist
verdrückt etc.
Die Gelenkfläche des hintern Endes ist
wie am gleichen Ende des vorigen. – An sei-
nem obern Rande sitzt die Sehne der exten-
sorum; – an seinem untern die vom flexor
longus.
Das übrige ist ceteris paribus wie an den
Fingerspitzen.
Es sind nur noch die Sesamsbeinchen*),
(oder wie man sie auch von ihrer Lage
nennen kan, Gelenkbeinchen, oder Sehnen-
beinchen**) übrig, die im ganzen mit der
Kniescheibe verglichen werden können, da sie
eben so in den Sehnen einiger flexorum an
verschiednen Gelenken der Finger und Fusze-
hen liegen, wie jene in der großen Sehne der
extensorum vor dem Kniegelenke***).
Sie haben mehrentheils eine bohnenförmige
Gestalt; wovon sie auch den griechischen
Namen erhalten; variiren aber sehr in der
Größe****) und noch mehr in der An-
[Seite 464] zahl*). Auch verknöchern sie am allerspä-
testen unter allen Knochen des ganzen Ge-
rippes.
Die bestimmtesten, und wozu sich sogar
schon in der Leibesfrucht die knorplichte An-
lage zeigt**), sind erstens die beiden die un-
ten an der Fussohle im Gelenk zwischen dem
hintern Glied der großen Zehe und ihrem me-
tatarsus, in den beiden gedachten Grübgen des
letztern (§. 426.) neben einander liegen, und
beide zum flexor breuis hallucis***), das
äußere auch zum adductor desselben gehören.
Dieß sind die größten, meist ohngefähr von der
Größe des pisiformis in der Handwurzel.
Zweytens ein änliches Paar an der innern
Seite des Daumen zwischen seinem obern Glied
und seinem metacarpus****). Diese beiden
[Seite 465] liegen im flexor brevis pollicis und sind meist
weit kleiner als die vorigen, gewöhnlich nur
wie kleine Caffeebohnen.
Zu den ungewöhnlichen hingegen gehören
erstens am Fus die zwischen dem hintern Glied
der kleinen Zehe und ihrem metatarsus; – oder
ein einzelnes zwischen den beiden Gliedern der
großen Zehe; oder wenn statt der gewönlichen
zwey am hintern Ende der Fuszehe (§. 433.)
ihrer dreye gefunden werden*), u.s.w.
Zweytens an der Hand die zwischen beiden
Gliedern des Daumen; – oder zwischen, dem
hintern Glied des Zeigefingers und seinem me-
tacarpus; – oder zwischen dem hintern Glied
des kleinen Fingers und dessen metacarpus u.
a. m.
Von den letztern sind wohl manches blos
Verhärtungen in den Sehnen**).
Ebenso finden sich auch zuweilen ein Paar
Sesamsbeinchen hinten an den großen condy-
[Seite 466] lis des Schenkelknochen in den Sehnen des
gemellus.*)
Der seltenen Knöchelgen nicht zu gedenken,
die man hin und wieder an andern Theilen des
Gerippes, z.B. zwischen dem multangulum
minus und capitatum der Handwurzel**), –
oder an Rückgraatswirbeln***), – am
Stirnbein****), – am canalis caroticus
des Schlaafbeins*****) und anderwärts******)
etc. gefunden, und mit Sesamsbeinchen ver-
glichen hat.
[Seite 472] Von diesen 249 Knochen werden aber nur
242 zum eigentlichen Gerippe gerechnet
(Th. I. §. 96.), da die sechs Gehörknö-
chelgen in der Paukenhöle versteckt liegen,
und das Zungenbein von allen übrigen Kno-
chen abgesondert ist.
Ein venerisch-rhachitischer Schenkelknochen
eines ganz jungen Kindes, der gebrochen ge-
wesen, und durch einen breiten Ring a. b. c. d.
von ausgetretnem Knochensaft wieder zusam-
men geheilt ist.
(s. S. 12. §. 14. – S. 44. §. 59. –
S. 46. §. 62. – und S. 48. N. ***)).
a. Das foramen incisiuum s. palatinum
anticum.
b. Das rechte foramen palatinum posticum.
c. Die rechte fossa pterygoidea.
e. Das rechte foramen spinosum.
f. Der Ausgang des rechten canalis ca-
roticus.
h. Die rechte fissura Glaseri.
i. Das rechte foramen condyloideum an-
ticum.
k. Der rechte porus acusticus internus.
l. Das linke foramen condyloideum po-
sticum.
m. Das linke foramen mastoideum s. occi-
pitale venosum.
n. Das linke foramen lacerum s. iugulare.
p. Die linke Gelenkhöle für den Unterkiefer.
A. B. Das untere Ende der Schienbeinröhre.
B. Der Eindruck in welchem das benach-
barte Ende des Wadenbeins liegt.
C. Der Knöchel des Wadenbeins.
D. F. Der metatarsus der großen Zehe.
E. Die stumpfe Spitze des hintern Endes vom
metatarsus der kleinen Zehe.
a. Der processus styliformis der Speiche.
b. Der Eindruck in welchem der benachbarte
Kopf der Einbogenröhre liegt.
c. Der processus styliformis der Elnbogenröhre.
d. f. Der metacarpus des Daumen.
e. Der processus styliformis des metacarpus
vom Mittelfinger.
g. h. Das obere Glied des Daumen.
s. z.B. seine exper. de ossium format. im II B.
der oper. minor. pag. 600. – vergl. mit dem
was ich im Buche S. 8. N. **) angemerkt
habe.
Bey einigen Vögeln sind die Knochen anders
gefärbt. Beym Goldfasan z.B. und bey den
Finken von Bengalen (Fringilla amandaua etc.)
sollen sie gelb seyn (so wie sie es auch bey Men-
schen durch starke Gelbsucht werden): bey den
sogenannten Negerhünern vom Senegal, in In-
dostan, auf Java etc. schwärzlicht: und auf der
Insel St. Jago sollen überhaupt viele Vögel
schwarze Knochen haben. S. dampier voy. au-
tour du monde vol. III. p. 23.
Die nun allgemeinbekannte Erfahrung, daß
die Knochen durch den Genuß der Färberröthe und
einiger verwandten Pflanzenarten (z.B. Galium
aparine etc.) roth gefärbt werden, hat G. Bel-
chier ein Londner Wundarzt a. 1736 zuerst ange-
stellt. S. Philos. Transact. vol. XXXIX. p. 287
u. 299.
Nur einige wenige Muskeln sind nicht unmittel-
bar an Knochen befestigt; z.B. der ungepaarte
Muskel des Zäpfgen im Halse (Agygos vuulae),
die mehresten Muskeln des Augapfels u.s.w.
S. b. s. albini hist. musculor. p. 23.
Von der andern Seite sind auch nur wenige
Knochen am Gerippe, woran keine Muskelsehnen
befestigt sind z. E. der Ambos, das Siebbein, das
untre Muschelbein in der Nase, die Pflugschaar,
das Nagelbein, einige Knochen der Handwurzel
u.s.w.
Darum mußten wenigstens die rothblüthigen
Thiere mit Knochen versehen seyn; die hingegen
den Insecten und Würmern theils wegen ihres
kleinern Körpers, theils wegen ihrer harten horn-
ichten oder gar steinartigen äussern Bekleidung,
woran ihre Muskeln und Sehnen befestigt wor-
den, entbehrlich sind. Und doch sieht man auch
selbst bey verschiedenen Thieren dieser zwey Clas-
sen, z.B. bey etlichen grossen Krebsen, Dintenfi-
schen, Muscheln etc. einige knochenartige innre Theile.
Daher denn bey allen Thieren die meisten
oder doch die grösten Knochen mittelst der Ge-
lenke zusammenhängen und das Gerippe aus-
machen. Beym Menschen ist blos das Zungenbein
ausser unmittelbarer Verbindung mit dem Gerippe.
Bey vielen andern Thieren aber ausser diesem auch
noch einige andere Knochen, wie z.B. der Kno-
chen in der männlichen Ruthe vieler Säuge-
thiere, und des Strausvogels: die Herzbeinchen
bey vielen Thieren mit gespaltnen Klauen: der
knöcherne Ring in der harten Haut des Augapfel-
der Vögel: sehr viele Fischgräten u.s.w.
Einige ältere Zergliederer haben bey den Knochen
des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und
denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowol
für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber
schon B. S. Albinus hat den Ungrund dieses ver-
meynten Unterschiedes erwiesen: Species eorum
membranacea est, natura cartilaginea. Icon. ossium
foetus p. 150.
Bey der menschlichen Leibesfrucht und bey an-
dern ungebohrnen Säugethieren fängt folglich die
Verknöcherung verhältnisweise ungleich früher an
als beym bebrüteten Vogel im Eye. Beym
jungen Hünchen z.B. das 21 Tage bebrütet wird,
zeigt sich die erste Spur eines Knochenkerns nicht
früher als zu Anfang des 9ten Tages, der mit
der 17ten Woche der menschlischen Schwanger-
schaft zu vergleichen ist. Die Natur scheint nem-
lich bey den lebendiggebärenden die Ossification
deshalb zu beschleunigen, um dem Fötus so bald
als möglich seine bestimmte Bildung zu geben, und
ihn dadurch für vielen sonstigen Gefahren, zu-
[Seite 9] fälligen Verunstaltungen etc. zu sichern; denen hin-
gegen das in seiner Eyerschale festverwahrte Kü-
chelgen bey weiten nicht so leicht ausgesetzt ist.
Es lohnt nicht der Mühe alle die seltsamen Be-
griffe der Alten vom Ursprung der Knochen, z.B.
daß sie aus dem groben Unrath des männlichen
Saamens erzeugt würden u.s.w. anzuführen.
Ziemlich vollständig hat sie B. S. Albinus gesamm-
let annotat. academic. L. VII. c. 6.
Der erste Zergliederer der die Osteogenie aus
der Natur selbst studirt, und unzeitige Leibes-
früchte und Kinder in dieser Absicht zerlegt hat, ist
Gabr. Fallopius. S. dessen nicht genug zu em-
pfehlende Obseruationes anat. S. 17 u. f. der Ve-
net. Ausg. v. 1561. 8. Noch genauer hat nach-
her sein verdienter Schüler, Volcher Coiter die
Ausbildung der Knochen untersucht, auch die ersten
Abbildungen von Kinder- und Embryonengerip-
pen geliefert. S. dessen Ossium cum humani foetus,
tum infantis dimidium annum nati histor. (in seinen
[Seite 11] seltnen und wichtigen Externar. et internar. corp.
hum. partium tabulis Nürnb. 1573. fol.) die auch
Heinr. Eysson seinem eignen Tract. de ossibus in-
fantis Gröning. 1659. 12. wieder beygefügt. Hier-
auf hat Theod. Kerckring seine allerdings noch
umständlichere und theils ungemein genaue Osteo-
genia foetuum Amst. 1670. 4.; und 1671. als eine
Zugabe die ichnograph. anthropogeniae herausgege-
ben: doch sind freylich manche Anmerkungen des
ohnehin abentheuerlichen Mannes verdächtig, einige
aber offenbar falsch, und fast durchgehends die
Termine der Verknöcherung viel zu früh angege-
ben: so wie auch seine Abbildungen ziemlich roh
sind, und wenigstens nicht mit b. s. albini icon.
ossium foetus Lugd. Bat. 1737. 4. verglichen werden
dürfen, als worin der große Künstler J. Wan-
delaar alle seine Vorgänger, und in Vergleich
mit seinen übrigen auch noch so trefflichen Ar-
beiten der Art, wie man zu sagen pflegt, sich
selbst übertroffen hat.
Mém. de l'ac. des Scienc. de Paris. 1758. Eigentlich
nimmt er (S. 422 u. f.) vier Hauptbestandtheile
der Knochen an. 1. den knorplichten, 2. den krei-
tichten, 3. einen schleimichten, der jene beiden zu-
sammen verbinden soll, und 4. einen häutichten,
der als eine Fortsetzung der äußern Beinhaut zwi-
schen alle Fäserchen und Blättchen der knorplichten
Grundlage der Knochen dringen soll.
In den Memoires von 1766 hat er nachher diese
seine Meynung auch auf den Bau der Conchylien
und Corallen anzuwenden, und jene aus diesem zu
bestärken gesucht.
Ueberhaupt aber verknöchern die Fersenbeine un-
gleich früher als alle die in der Handwurzel, so
[Seite 17] wie es die Lebensart des zarten Kindes mit sich
bringt, das zwar in seinen ersten Lebensjahren
wenig Kraft mit seinen Händchen – aber desto
mehr mit seinen Füssen ausüben; damit auftreten,
den Körper damit stützen soll u.s.w. Eine Be-
merkung, die wol so wie viele andere der Art
dem vormaligen Lehrer der Anatomie zu Pavia P.
Moscati nicht beygefallen war, als er vor zwölf
Jahren irre wurde, oh die Menschen auf zwey
Beinen, oder lieber auf allen vieren zu laufen
bestimmt wären?
Wahrscheinlich weil das einmahl verknöcherte Fel-
senbein bey seinem zusammengesetzten wunderbaren
[Seite 18] Baue nachher nicht viel mehr erweitert und ver-
grössert werden kan. So sind auch, vermuth-
lich aus dem gleichen Grunde, bey den jungen
Raupen die härtern hornichten Theile in Ver-
hältnis gegen die weichen fleischichten so ausseror-
dentlich gtos, weil sie nicht so wie diese ausge-
dehnt werden und wachsen können. S. p. lyo-
net anat. de la Chenille de Saule p. 8.
So ist es nur bey dem kraftlosen, fast im ganzen
ersten Jahre blos von fremder Hülfe abhängenden
Kinde. Bey allen vierfüssigen Thieren hingegen,
die theils schon in den ersten Stunden nach der
Geburt auftreten und laufen müssen, sind die Beine
schon in Mutterleibe fast unproportionirlich gros und
stark; und zwar am allerauffallendsten bey denen,
die sich gleich völlig auf ihre Füsse verlassen müssen,
z. E. bey den Affen und Eichhörnchen, die auf den
Bäumen leben etc., auch unter den Vögeln bey
den Wasserhünchen, die im Sumpf waden sollen
u.s.w.
Auch selbst beym innern Wasserkopf und bey rhachiti-
schen Kindern, deren Köpfe zuweilen ausserordentlich
gros und zumal nach hinten zu sehr verlängert sind,
bleiben doch die Gesichtsknochen in ihrem behöri-
gen Verhältnis, und es sind eigentlich blos die bei-
den Helften des Stirnbeins, die Scheitelbeine
und die grosse Schaale des Hinterhauptbeins die
so sehr bis zur Verunstaltung vergrössert werden.
Die mehresten neuern Zergliederer sind hierin an-
derer Meynung, und behaupten, daß beym Schei-
telbeine u.a. dergleichen breiten Knochen aus je-
ner allerersten kleinen Schuppe zuförderst die innere
dichte Rinde (die sogenannte tabula vitrea) sodann
auf deren äussern Fläche erst die diploë, und zulezt
über dieser das äussere dichte Blatt gebildet werde.
S. albini icones ossium foetus p. 6. u. f. v. swie-
ten Comm. in boerh. aphorism. Vol. I. p. 406.
bertin osteologie Vol. II. p. 31. u.a.m. Allein
ich halte mich vom Ungrund dieser Angabe und von
der Richtigkeit der dagegen oben angeführten Mey-
nung durch den Augenschein an einer ansehnlichen
Reihe dieser flachen Knochen überzeugt, die ich
von menschlichen Leibesfrüchten aus den ersten Mo-
naten nach der Empfängnis und auch von andern
grössern Thieren, zumal von ungebohrnen Füllen
und Schweinen vor mir habe.
S. die 16 überaus lehrreichen Abbildungen vom An-
fang und Fortgang der Verknöchrung der Knie-
scheibe, in Hrn. Prof. Walters Abhandl. von trok-
nen Knochen des menschl. Körpers. S. 375 u. f.
Bey den grossen Röhrenknochen ist diese Oeffnung so
weit, daß manche Insecten, zumal Speckkäfer (Derme-
stes lardarius etc.) ihre Eyer dadurch in den Knochen
legen können; daher man zuweilen beym Aufsä-
gen ihre ganze Verwandlungsfolge in der Mark-
höle antrift. S. rvysch aduersar. anatom. De-
cas III. tab. I. fig. I. und albini annot. acad.
Lib. II. p. 24 u. f.
Selbst zwischen die Blätter der festesten Wände
der Röhrenknochen, wo sie Cl. Havers irrig für
leere Kanäle zur Vertheilung des Markes hielt.
S. albinvs l. c. L. III. tab. V. fig. 2.
Zumal ungemein schön in den Röhrenknochen
der sehr grossen Thiere, des Elephanten, Nas-
horns u.s.w.
Z.B. den Callus nach Beinbrüchen, widernatür-
liche Verknöcherungen weicher Theile, die Tuff-
steinartige Materie in den Gelenken der nicht sel-
ten mit einer Art von Gicht befallnen Hüner u.s.w.
Die leichteste und sicherste Weise von allen, die ich
versucht habe, ist daß man aus der gepülverten
Krappwurzel mit Brodteig Pillen macht, und
die wenn sie hart worden den Thieren einstopft.
Man kan sie in Vorrath machen und lange aufhe-
ben, ohne daß sie merklich an ihrer färbenden
Kraft etwas verlieren sollten. Bey jungen Tau-
ben färben diese Pillen schon binnen 24 Stunden
alle Knochen, selbst den Ring im Augapfel, Ro-
senfarb.
Bis jetzt wenigstens sind alle meine Versuche frucht-
los gewesen, den Fröschen und Wassermolchen
Färberröthe beyzubringen. Die ihnen mit Gewalt
eingestopften Pillen haben sie jedesmal wieder von
sich gegeben, und wenn ich das Krapp-Pulver in
ihr Wasser gerührt, in der Hoffnung, daß sie es
da gelegentlich schlucken sollten, sind sie nach 8
oder 14 Tagen darin gestorben, ohne daß ihre Kno-
chen im mindesten dadurch angegriffen worden wä-
ren. Es scheint dieß einen neuen Beweis von der
grossen Unänlichkeit zu geben, die zwischen der
körperlichen Einrichtung der warmblütigen und
[Seite 27] kaltblütigen Thiere vorwaltet, und derentwegen
man den Erfolg der mit den einen angestellten Ver-
suche, nur mit sehr viel Vorsicht und Einschrän-
kung auf die andern anwenden darf.
Und doch glaubte Hr. v. Haller die Stirnhölen
möchten wol durch die kleinen Runzelmuskeln der
Augenbraunen ausgearbeitet werden. Ich fand
dieß schon vor einigen Jahren in einem über diese
Hölen geschriebenen Anschlage unwarscheinlich,
besonders auch weil vielen Thieren mit grossen
Stirnhölen doch jene Muskelgen gänzlich fehlen,
und meynte dagegen, daß man ihre Entstehung
wohl eher nach dem Stirnmuskel selbst zuschreiben
könnte. – Allein ich hätte nur bedenken dürfen
wie wenig überhaupt diese Hölen nach vorne pro-
tuberiren, und wie tief sie sich hingegen mehren-
theils nach hinten über die Augenhöle weg erstrek-
ken, wo es gar keine Muskeln giebt deren Zug
man etwa ihre Bildung übertragen könnte, um
auch diese gar nicht scharfsinnige Vermuthung so-
gleich zu unterdrücken.
Nicht wie der alte Ruysch und nach ihm viele
andre Zergliederer gemeynt, mittelst einer dazwi-
schen liegenden Beinhaut, als welche da gar nicht
existirt. Aber wohl legt sich die äussere das ganze
Gerippe überziehende Beinhaut da, wo die An-
sätze aus Hauptstück stoßen, vorzüglich straff an,
und hilft ihre Verbindung befestigen.
Eine genaue Beschreibung aller Fortsätze am
Menschlichen Gerippe s. bey fr. wilh. hensing
de apophysibus ossium c. h. Giess. 1742. und im
6ten B. der Hallerischen anat. Samml.
Ein ansehnliches Verzeichnis solcher von vielen Zer-
gliederern bemerkten Verknöcherungen aus allen
Theilen des Körpers hat Hr. v. Haller gegeben:
ad boerhaav. praelect. vol. III. p. 501. u. f. Und
in den Elem. physiol. vol. VIII. P. II. pag. 78. u. f. So
auch Hr. Prof. Sandtfort obseruat. anat. patholog.
P. III. cap. 2. pag. 42. u. f. –
Am häufigsten finden sie sich an den größern
Schlagadern, an den Häuten welche die großen
Hölen des Körpers auskleiden, und in den Drüsen,
die leicht im höhern Alter theils knochicht theils
gar tophsteinartig werden; ein Unterschied der
nemlich blos auf dem verschiedenen Verhältnis
der Knochenerde gegen die thierische Gallerte beruht:
ist dieses gering, so sind dergleichen Verknöche-
rungen mehr hornartig, oder gar nur wie festes
Wachs, lassen sich zu Spänchen schneiden etc.
wiedrigenfalls hingegen mehr sandig, so daß sie
unter dem Messer knirschen u.s.w.
Wie ungleich seltner hingegen solche wiederna-
türliche Verknöcherungen an den eigentlich knorp-
lichten Theilen des erwachsenen Körpers gefunden
Werden, davon im achten Abschnitt.
Zuweilen verwachsen aber auch die Suturen durch
Krankheit sehr frühzeitig. Ich besitze z.B. das
Gerippe eines rhachitischen siebenjährigen Kindes
an welchen schon alle wahren Näthe der Hirnschaale
fast gänzlich verloschen sind.
Bekanntlich kan aber dieses Verwachsen der Gelenke
(Ancylosis) auch aus andern Ursachen, aus Ver-
derbnis der Säffte etc. schon in jüngern Jahren
statt finden. – Von einigen erstaunungswürdi-
gen Fällen der Art, da fast alle Gelenke des gan-
zen Gerippes zusammen verwachsen, und die Pa-
tienten dadurch bey ihrem Leben fast wie Bildsäu-
len steif und unbiegsam worden, s. reald. colvm-
bvs a. angef. O. S. 485. rern. connor de stu-
pendo ossium coalitu, Oxon. 1695. 8. m. K. und die
Philos. Transact. 1741. N. 461. Taf. V. – Andre
zalreiche Fälle einzelner Ankylosen aus den Obser-
vatoren gesammlet s. in sandifort obs. anst.
patholog. P. I. pag. 98. u. f.
Auch andre dergleichen Hölen und Canäle der
Knochen verengern sich wenn der sonstige Wider-
stand des Körpers den sie enthalten, vermindert
wird. So hat z.B. Hr. Prof. Soemmerring
bey einem Pferde und einem Eichhörnchen die mit
Verderbnis und Einschrumpfen des einen Sehe-
nerven erblindet waren, auch des foramen opticum
im Keilbein auf derselben Seite merklich verengert
und gleichsam zugewachsen gefunden.
rvysch observ. anat. chirurg. p. 77. Fig. 65 und
herissant in den Mém. de l'Acad. des Scienc. 1758.
Pl. XII. fig. I.
Dieses Schwinden der Diplöe kan aber auch ausser-
dem durch Krankheiten, besonders durch venerischen
Beinfras, durch Englische Krankheit u.s.w. ver-
anlaßt werden.
Hr. Prof. Soemmerring schreibt dieß der Resorb-
tion der Kalkerde durch die lymphatischen Gefäße
zu, die in jenen Jahren durch keinen sattsamen
Ersatz mittelst der Ernährung vergütet werde. s.
dessen Progr. de cognitionis subtil. systematis lymphat.
in medic. vsu. Cassel. 1779. pag. 12.
Ein Versuch der ebenfalls schon 1663 bekannt
gewesen. s. birch a. angef. O. – umständlich aber
i. hvnter's hist. of teeth Th. II. S. 87 bis 112.
Selbst nach Beinbrüchen hat man nicht selten
vollig neue am ganzen Gerippe sonst nicht
existirende Gelenke sich bilden gesehen, deren
Entstehung sich wohl schwerlich mit der Hypothese
von praformirten Keimen zusammenreimen läßt.
An Menschen ist z.B. der von Sylvester in den
Nouvelles de la Republ. des Lettres v. Jul. 1685.
beschriebene Fall bekannt, wovon nachher Dau-
benton im 3ten B. der Hist. nat. gén. et particul.
eine bessere Abbildung gegeben. Aber auch an
Thieren sind ähnliche Fälle bemerkt worden. Z.B.
an einer Katze von Tenon in den Mém. de l'Ac.
des Scienc. v. 1760. etc. etc.
albini annot. acad. L. V. p. 141. tab. II. boeh-
meri institut. osteolog. p. 330. – So auch beym
Pferd Tenon in der Hist. de l'Ac. des Scienc.
v. 1770. S. 53.
Einige Versuche die ich schon vor mehrern Jahren
darüber angestellt s. in Hrn. Hofr. Richter's chirurg.
Bibl. VI. B. 1. St. S. III. u. f.
Was die Alten von der Organisation der Knochen
gesagt, ist von wenigen Belange. Erst zu Ende
des vorigen Jahrhunderts ist sie von einigen ver-
dienten Männern recht absichtlich untersucht wor-
den. Dieß war vor allen der glückliche tiefe For-
scher der organisirten Schöpfung Marcell Mal-
pighi, erst in der anat. plantar. Lond. 1675. fol.
und dann in den bey weiten wichtigsten operib.
posthumis. Lond. 1697. fol. – zweytens der Rö-
mische Lehrer Joh. Dominic. Gagliardi in seiner
anat. ossium. Rom. 1689. 8. mit saubern Kupf. –
und drittens Clopt. Havers in der osteol. nova
or some new observ. on the bones. Lond. 1691. 8. –
Neuerlich haben nachher besonders der erste Franz.
Leibarzt Hr. Lassone in den Mém. de l'Acad. des
Scienc. v. J. 1751. – ferner der ältere Hr. He-
rißant am angef. O. und dann in einer Dißert. eines
seiner Verwandten gleiches Namens E a substan-
tiae terreae intra poros cartilaginum appulsu ossea
durities. Par. 1768. 4. m. Kupf. – auch albinvs
in den annot. acad. L. VII. c. 17. u.a.m. diesen
Gegenstand weiter verfolgt.
Der abentheurliche Projectmacher Dion. Papin
hat seine Maschine zuerst 1679 der Londner Societät
vorgelegt. s. birch T. III. p. 486. – Von neuen Ver-
besserungen dieses Kessels s. Wilke in den Schwed.
Abhandl. v. J. 1773. – Der dessen ich mich zu
diesen Versuchen bedient, ist v. Hrn. Hofr. Kästner
in den Götting. Gel. Anz. 1771. S. 41. u. f.
beschrieben.
Ueber die Knochenfaser hat Connor a. angef. O.
viel eigenes gesagt, und Hr. v. Haller hält ihn
gar für den ersten der eingesehen habe, daß alle
feste Theile des Körpers aus Fasern bestehn. de
corp. hum. part. fabr. et funct. T. I. p. 3.
Andre Bemerkungen, z.B. daß die Knochen-
faser selbst bey den größten Thieren, beym Elephan-
ten etc. doch nicht größer sey als bey den kleinen,
s. bey abr. kaav boerhaave de cohaes. solidor. in
corp. anim. im IV. B. der Nov. Comment. Acad.
Petropolit. p. 358. u. f.
Hingegen sind die vermeynten geschlängelten
Elementarfasern die Hr. Fontana neuerlich den
Knochen und Zähnen so wie allen andern festen
Theilen der organisirten Körper und sogar den
Erzten, dem geprägten Gelde etc. zuschrieb (sur le
vénin de la vipere T. II. p. 256), die aber nur
unter sehr starker Vergrößerung und in blendend
heller Erleuchtung zum Vorschein kommen, wohl
nichts weiter als eine optische Täuschung, s. al.
monro's observ. on the struct. and funct. of the
nervous System S. 71. u. f. vergl. mit seiner 35
bis 45 Kupfertaf.
Und das zwar nicht erst im Alter wie Albinus
meynt, annotat. acad. L. VII. p. 91. sondern offen-
bar schon im ersten Lebensjahre. s. Taf. I. fig. 1. e.
gagliardi am angef. O. Tab. I. fig. 1. 2. 3. –
Am deutlichsten werden doch aber seine sogenanten
Knochen-Nagel und Zapfgen erst durch Calcina-
tion sichtbar.
Denn was Hr. Winterbottom de vasis absornbentib.
Edinb. 1781. 8. S. 29. versichert, daß Hr. Cruik-
shank lymphatische Gefäße der Knochen injicirt
habe, ist doch nicht weiter bestätigt worden.
kaav boerh. perspir. dict. Hipp. p. 322. u. f. bonn
de continuationib. membranar. in SANDIFORT thesaur.
diss. T. II. p. 283. u. f.
Und doch machen auch dann die oben S. 4.
Not. ***) genannten Knochen, die nicht mit dem
übrigen Gerippe zusammenhängen, zumal das
Herzbeinchen vieler Thiere mit gespaltenen Klauen,
eine Ausnahme. – Vom Zungenbein zwar s. Hrn.
Bonn a. angef. O. S. 285.
v. haller de partib. c. h. sensibilib. in den Commen-
tar. Societ. Goettingenf. T. II. ad a. 1752. p. 123.
u. f. und petr. castell. exper. quibus varias c. h.
partes sentiendi facultate carere constitit. Goett. 1753.
p. 61. u. f.
Oper. posthum. p. 48. Auch in der Idea anat. plantar.
in der diss. epistolica ad Sponium etc.
S. dessen 7 Aufsätze in den Mém. de l'Acad. des
Scienc. von 1741-43. und Hrn. Fougeroux Mém.
s. les os Par. 1760. 8. zur Vertheidigung der
Dühamelschen Meynung: die auch der würdige
Hr. Bonner in den Consider. s. les corps organis.
§. 221. u. f. beyfällig vorgetragen hat. Ihr Un-
grund ist hingegen vom Hrn. v. Haller durch seine
berühmten Beobachtungen des bebrüteten Küchel-
chen im Eye erwiesen worden. s. dessen Deux Mém.
s. la format. des os. Lausanne 1758. 12. und ver-
[Seite 55] mehrt in den operib. minorib. vol. II. Auch selbst
Albinus ist hierin mit Hrn. v. Haller gleicher
Meynung gewesen, und hat ebenfalls Hrn. Dü-
hamel umständlich widerlegt, in den annot. acad.
L. VI. c. 1.
Und daß auch die neuern übrigens sehr merk-
würdigen Versuche des Hrn Troja über die Er-
zeugung der Beinschwiele der Dühamelschen Mey-
nung bey weiten nicht so günstig sind als man
geglaubt hat, ist schon in Hrn. Hofr. Richters
chir. Bibl. am angef. O. von mir angemerkt.
Aus einem ähnlichen Fehlschluß, der besonders
durch die knochichte Härte mancher Sehnen bey
den Vögeln, zumal am Schienbein des wälschen
Hahns, veranlaßt worden, glaubte man im vori-
gen Jahrhundert, daß die Knochen – wenig-
stens großentheils – aus den Sehnen entstünden.
s. nic. stenonis de musc. et glandul. obs. p. 26.
Casp. bartholini jun. Specim. hist. anat. part. c.
h. p. 185. u. f.
Man hat ehedem verschiedenen Thieren das Mark
ohne Grund abgesprochen. So war es z.B. eine
allgemeine Sage, daß die Löwenknochen ganz
dicht und marklos waren, und sogar am Stahl
Feuer schlügen. s. aristot. hist. animal. III. 7. – ein
Irthum der doch schon zum Theil von galenvs
de vsu partium XI. 18. weit umständlicher aber
von fallopivs exposit. de ossibus, Oper. pag. 527.
von colvmbvs de re anat. pag. 115. und von
renat. hener apolog. pro vesalio advers. sylvivm
Ven. 1555 8. pag. 27. widerlegt worden.
Den Schildkröten spricht der sonst so genaue
caldesi das Mark gröstentheils ab. delle Tarta-
rughe Fior. 1687. 4 zumal sagt er von den
Landschildkröten pag. 23. ‘„Gli ossi delle Tarta-
rughe terrestri sono anch' essi internamente senza
punto di midollo e quasi totalmente solidi, eccetto
alcuni, che potrebbonsi dire un poco spugnosi
di spugnosita densa e durissima.“’
So wie das übrige Fett bey verschiedenen Thieren
von verschiedener Consistenz ist, so auch das Kno-
chenmark. Bey den Wallfischen z.B. ist es ein
flüssiger Thran u.s.w.
f. grützmacher de ossum medulla. Lips. 1748.
fig. 2. 3. Auch im VIten B. der Hallerischen
anatom. Samml.
Daher sind in den mehresten Luftknochen der Vögel,
von welchen sogleich die Rede seyn wird, nur
wenige Spuren von dieser sogenannten innern
Beinhaut merklich. Die wenigen Gefäße die in
dergleichen leere Knochenhölen gehen, laufen
an den Wänden hin, an welche sie blos mit
einem zarten zu ihren beyden Seiten ausgebrei-
ten Zellgewebe befestigt werden.
Zu den Aerzten die sich durch Erfahrungen an
Knochenkrankheiten von der Empfindlichkeit des
Marks überzeugt hielten, gehörte weiland beson-
ders Nic. Massa, so wie neuerlich die Herrn
Bordenave, Gabatier, Troja u.a.m.
Anderntheils versichern auch verschiedene Zer-
gliederer die Nervenfäden in die Markhölen
der Knochen, verfölgt zu haben, wie z.B.
Hr. Portal im 2ten Band des Précis de chi-
rurgie pratique; Lud. Paliani in den Epist. ad
haller. script. Vol. IV. pag. 106. 131. Andr,
Comparetti de vaga aegritudine infirmitatis nervor.
Hr. Prof. Ad. Murray in der Probschrift de sen-
sibilit. ossium morbosa die auch im 1sten B. der Act.
medicor. Suecic. wieder abgedruckt ist etc.
Hingegen hat längst der scharfsinnige jüngere
Riolan im Encheirid. anat. pathol. pag 553. und
Hr. v. Haller a. a. O. und in den Nov. Comm.
Goetting. T. III. p. 129. u. f. und Bromfield
u.a.m. sowohl aus den fruchtlosen Nachforschun-
gen der Nerven im Mark, als aus Erfahrungen
an Knochenkrankheiten die Fühllosigkeit des Mar-
kes behauptet.
iaq. de marqve paradoxe ou Traité medullaire au-
quel est amplement prouvé contre l'opinion vulgaire,
que la moëlle n'est pas la nourriture des os.
Par. 1609. 8.
ei. Diss. sur la nourriture des os, die nebst Courtial's
und J. L. Petit's Abh. von Knochenkrankheiten
in Leiden 1709. 8. herausgekommen.
Daß manche Knochen am Gerippe der Vögel
markleer und hohl sind, ist längst bekannt gewe-
sen. Der große Galilei brauchte sie als Beyspiel
um zu beweisen, daß eine hohle Röhre weit stär-
ker ist und mehr resistirt als ein dichter Cylinder
von gleicher Länge und von gleichem Gewichte,
der aber folglich dünner seyn muß. s. dessen Dis-
corsi e Dimostrationi matematiche etc im IIten B.
seiner Werke der Bologn. Ausg. v. 1655. pag. III.
u. f. Und dv tertre sagt ausdrücklich im IIten
Band seiner hist. gén. des Antilles Par 1667. 4.
pag. 272. von den Kropfgänsen: ‘„leurs os font
blancs, luisans, et presque transparens, tous creux,
[Seite 61] et sans moëlles: les Sauvages en font des Siflets
qu' ils estiment.“’ Auch hat Hr. Prof. Schnei-
der eine ähnliche Bemerkung schon bey Kais. Frie-
derich II. de arte venandi cum avibus aufgefunden.
s. dessen Samml. verm. Abhandl. zur Zoologie etc.
S. 153. u. f.
Aber die Bestimmung und den Nutzen dieser
hohlen Knochen, und daß sie mit andern schon
vom großen Harvey entdeckten Luftbehältern der
Vögel in Verbindung stünden (s. harvey de gene-
rat. animal. Exerc. III. pag. 4. u. f. der Londner
Orig. Ausg. v. 1651. 4.) hat zu allererst Hr. Prof.
Camper a 1771 ausgefunden, und seine so wich-
tigen Bemerkungen darüber theils im Iten Band
der Verhandel. v. Rotterdam theils im IVten B.
der hedendaagsche Vaterlandsche Letteroeffeningen be-
kannt gemacht. Seine neuesten Entdeckungen dar-
über sind dem ersten B. seiner von Hrn. Herbell
übersetzten kleinen Schriften Leipz 1782. 8. S. 151.
u. f. beygefügt. Erst einige Jahre später hat auch
Hr. Joh. Hunter Untersuchungen über diese Luft-
knochen angestellt. f. die philos. Transact. Vol. LXIV.
P. I. pag. 205. u. f.
Die Hauptsache geht dahin, daß erstens bey
den meisten Vögeln die großen Röhrenknochen,
zumal die Schulter- und Schenkelknochen eine
große leere Hölung enthalten, die höchstens nur
mit einigen knochichten Queerfäden durch-
kreuzt ist. Andre, zumal die am Thorax ent-
halten zwar keine große Hölen, sondern knö-
chernes schwammichtes aber ebenfalls markleeres
Gewebe, und diese beiderley Gattungen von Luft-
knochen stehen mittelst großer und sehr sichtlicher
dazu bestimmter Löcher und besondrer Gefäße, de-
ren Gang und Verbindung neuerlich Hr. Magister
Merrem entdeckt hat (s. Leipz. Magaz. 1782.
[Seite 62] 3tes St. S. 406 und f.) mit den Lungen in Ver-
bindung. – Endlich ist aber auch die Diploë der
Hirnschaale bey vielen Vögeln, zumal bey den
Papageyen etc. überaus dick, schwammicht, und
doch ebenfalls völlig markleer, und diese wird so
wie der Schnabel und der Unterkiefer durch die
Eustachische Röhre mit Luft gefüllt.
Alle diese markleeren Luftknochen zeichnen sich
auf den ersten Blick durch ihre Leichtigkeit, Weiße
und Sprödigkeit von den mit Mark versehnen Kno-
chen aus. Meist sind sie auch halbdurchsichtig.
Ihr Nutze zur Erleichterung des Flugs erhellt
schon daraus, daß hochfliegende Vögel wie z.B.
der Adler, mit sehr vielen dergleichen Luftkno-
chen versehen sind, bey den nicht fliegenden hin-
gegen, wie beym Straus etc. die Schulterknochen
auch nicht hohl sind u.s.w.
Eine entfernte Aehnlichkeit mit diesen Luftkno-
chen der Vögel zeigt sich übrigens doch selbst auch
beym Menschen am Zitzenförmigen Fortsatz (pro-
cessus mastoideus) des Schlafbeins, dessen Zellen
mit der Paukenhöle und der Eustachischen Röhre
in Verbindung stehen.
Denn wenn das Mark zerstört worden, so ergie-
sen die Gefäße, die sich sonst hinein vertheilten,
nunmehro Knochenfast, und zwar ergiest sich der-
be wenn die ausgeleerte Markröhre mit Charpie etc.
ausgestopft wird, desto starker in den äussern
Callus, der die alte Röhre nun wie ein Futteral
umgiebt; wird sie aber leer gelassen, so erzeugt
sich auch in ihrem innern ein neuer Knochenkern.
Das leztre war mir damals als ich den gedachten
Aufsatz a. angef. O. einrückte noch nicht gelungen.
Seitdem aber habe ich es ofter bestätigt gesehn.
Ich übergehe den abentheuerlichen Nutzen, den
Leeuwenhöck, der sich so oft durch seine Micro-
scope irre führen lies, dem Mark andichtete,
daß es durch besondre Gänge als Fettschweis auf
die Oberfläche der Haut geleitet werde etc. philos.
Transact. No. 366. pag. 97.
Daher die knirschende Sprödigkeit der ersten Kno-
chenkerne bey zarten Leibesfrüchten, bevor sich
noch einige Markzellchen in denselben gebildet ha-
ben; oder auch bey den gedachten markleeren Vo-
gelknochen.
w. hvnter in philos. Transact. No. 470. von den
Knorpeln der Gelenkflächen. f. dav. herissant in
den Mém. de l'acad. des sc. 1748. bey Gelegenheit der
Brustbeinknorpel. io. gotti. haase diss. de fabrica
cartilaginum. Lips. 1767. mit Kupf.
Ich habe zwar so wie Morgagni in verknöcherten
Knorpeln des Kehlkopfs, auch im verknöcherten
Callus, aber nie im wahren noch unveränderten
Knorpel etwas einem würklichen Knochenmark
ähnliches finden können.
Auf diese ausnehmende Elasticität der Knorpel,
besonders der zwischen den Wirbeln liegenden
Knorpelscheiben, gründet sich die sonderbare Be-
merkung, daß der menschliche Körper wegen seiner
aufrechten Stellung am Morgen um ein so be-
trächtliches höher ist, als am Abend. S. Vaße
und Becker in den Philos. Transact. Nr. 383. und
der Abt Fontenu in der Hist. de l'Acad. des Sc. 1725.
Daher ist z.B. eine vollkommne wahre Ankylose
der Schammbeinknorpel so unerhört –: und der
große Harvey fand in der Leiche des 153 jährigen
Thomas Parre die knorplichten Anhänge der Rip-
pen am Brustbein noch so geschmeidig und bieg-
sam, als irgend bey einem jungen frischen Manne.
Den ganzen merkwürdigen Sectionsbericht hat
Joh. Betts seinem Buche de ortu et natura san-
guinis Lond. 1669. 8. beygefügt.
Der erste der die verschiednen Verbindungsarten
der Knochen genau bestimmt hat, ist der fürtrefliche
Fallopius in seinen so reichhaltigen obseruat. anat.
S. 9 u. f. der Orig. Ausg. Unter den folgenden Zer-
gliederern hat vor allen der verdiente Düverney
diese ganze Lehre genau und umständlich abgehan-
delt. S. dessen erst nach seinem Tode erschienenen
Oeuvres anat. Tom. I. Par. 1761. 4. S. 382 bis 411.
Die beiden kuöchernen Schaalen womit der Körper
der Schildkröten bedeckt ist, und welche sich über-
haupt aus mehr als einer Rücksicht mit einer Hirn-
schaale vergleichen lassen, bestehen im Grunde auch
aus einzelnen Stücken, die durch gezackte Näthe
unter einander befestigt sind. Die Fugen der hor-
[Seite 71] nichten Schuppen oder des eigentlichen Schildpatts,
womit der knochichte Rückenschild von ausen be-
kleidet ist, und wodurch tiefe Furchen in denselben
gebildet werden, passen aber niemalen auf jene
Näthe auf, sondern durchkreuzen sich mit ihnen in
ganz andern Richtungen.
Nur beym Menschen ist die Ausenseite dieser wah-
ren Näthe in ein so sonderbares Zickzack geschlän-
gelt. Selbst beym Affen sind sie, wie schon Eu-
stachius angemerkt hat weit einfacher. Ossium
exam. p. 173.
Bey den Schedeln der mehresten übrigen Säu-
gethiere, sind es folgends mehr nur unächte
Näthe; und bey den übrigen Thierclassen verdie-
nen sie auch kaum nur diesen Namen.
Es sind nur sehr wenige Thiere, bey welchen die
Zähne auf eine andere Art mit den Kinnladen ver-
bunden sind, und dann sind sie sogar beweglich,
eingelenkt. Dieß ist der Fall bey den Giftzähnen
der Schlangen, und bey den 6 Reihen von vielen
hundert Zähnen im Rachen der Hayfische. Von
jenen s. fontana sur le vénin. de la Vipére T. I.
pag. 10. und von diesen f. dav. herissant in den
Mém. de l'Acad. des Sc. 1749.
Riolan's Erinnerungen über diese Articulation s.
in dessen Comment. de ossibus pag. 764.
Eine doppelte Anmerkung fließt hieraus. Daß es
nemlich eben so viele Kunst und Meisterhand vor-
aussetzt, ein schönes Menschengerippe, als eine
schöne nackte menschliche Figur zu zeichnen: und
daß zweytens die bekannten Maaße, für die Ver-
hältniße der Theile des nackten Körpers, auch den
Probstein für abgebildete Gerippe abgeben: wo-
von aber, unter der so großen Menge, die in den
theils so prachtvollen osteologischen Werken befind-
lich sind, nur wenige diese Prüfung vertragen.
Als Muster dieser Art dienen die drey berühm-
ten Gerippe beym vesalivs de corp. hum. fabr.
(S. 203. 204. und 205 der schönsten orig. Ausg.
von 1555.) verglichen mit den beiden herrlichen
Figuren in seiner Epitome, die nach aller Wahr-
scheinlichkeit von Titian gezeichnet sind. S. Möh-
sen von Bildn. ber. Aerzte S. 87.
[Seite 78] Und daß eben aus jenem Grunde noch das ana-
tomische Studium der Künstler sich nicht etwa
auf einen Muskelmann einschränken, sondern von
der Osteologie ausgehen müsse, darüber kann man
zwey der gültigsten Richter nachlesen: Beide selbst
sehr große Künstler, und die zwey andre der aller-
größten deshalb zu Beyspielen aufstellen: benve-
nvto cellini in den disc. sopra i principi del disegno
am Ende seiner due Trattati, den Michelangelo
Buonarota (den vertrauten Freund des Reald.
Columbus, und der wie man aus Vasari weis,
12 Jahre lang Anatomie studirt haben soll) und
Mengs über die Schönheit und den Geschmack in
der Malerey S. 77. den Raphael. –
Wie daher Zergliederer zur Abbildung des natürli-
chen Baues des menschlichen Körpers, aus diesen
unendlichen Verschiedenheiten die schönsten Mu-
ster auswählen sollen, davon s. Hrn. Prof. Wolff
de iuconstantia fabricae de eligendisque ad eam reprae.
sentandam exemplaribus in den Act. acad. Petropol.
1778. P. II. p. 217 u. f. zumal 226 u. f. 230 u. f.
Man vergleiche damit unsers großen Albr. Dürers
vier Bücher von menschlicher Proportion. Nürnb.
1528. Fol., zumal zu Ende des ersten B. – und,
freylich aus einem andern Gesichtspunkt Hrn. Prof.
Süe sur les proportions du squelette de l'homme
examiné depuis l'âge le plus tendre, jusqu' à celui
de 25, 60 ans et au delà im II. B. der sogenannten
Mém. presentés p. 572 u. f.
Eine Anmerkung findet hiebey statt, daß da
die Gerippe von Embryonen und jungen Kindern
noch sehr viele knorplichte Stücken enthalten, die
beym Trocknen zusammenschrumpfen, auch die
Zeichnungen, die nach solchen vertrockneten Ge-
rippen gemacht werden, sehr entstellt und unnatür-
lich ausfallen müssen, wie man leicht aus der Ver-
gleichung solcher Abbildungen (z.B. der sonst so
saubern Kupfer in ph. ad. boehmer instit. osteolog)
mit den Albinischen iconib. ossium foetus ersehen
kann. –
Nach diesen Unterscheidungszeichen wurden a. 1630
auf Befehl der damaligen Aebtißin zu Paraclet die
[Seite 82] Gebeine des heil. Abälard von seiner Heloise ihren,
zwischen welchen sie fast 500 Jahre lang geruht
hatten, getrennt und beide besonders beygesetzt,
s. la vie de p. abeilard et d' heloise son épouse.
Vol. II. pag. 326.
Wie es die Bestimmung des schwächern Geschlechts
mit sich bringt, dagegen das andre, das im Schweis
seines Angesichts sein Brod erarbeiten soll, auch
einen robustern Knochenbau erfodert.
Viele trefliche Bemerkungen hierüber, auch
über das Verhältnis der Stärke der Knochen zu
ihrer Größe, und wie z.B. Riesenknochen, wenn
sie nur irgend die Verhältnismäßige Kraft aus-
üben sollten wie die Knochen eines gewöhnlichen
Menschen, entweder von einem ganz andern weit
festern härtern Stoff gebaut, oder aber von
einer ganz unförmlichen Dicke seyn müßten: und
wie sich daher die Stärke der Thiere schon aus
der Dicke ihrer Röhrenknochen und dem übrigen
Verhältnis der Theile ihres Gerippes ermessen
läßt, s. in galil. galilei dial. secondo pag. 97. u. f.
der Werke. Bonon. 1655. 4.
Die erste Abbildung eines weiblichen Gerippes zur
Vergleichung mit dem männlichen hat Casp. Bau-
hin a. 1605 in der ersten aber äußerst seltenen Octav-
Ausg. seines theatri anatomici p. 1295. gegeben. –
In Cheselden's großen Werke (Osteographia or the
anatomy of the bones Lond. 1733. gr. Fol.) findet
[Seite 83] sich Taf. XXXIV. ein weibliches Gerippe nach den
Verhältnißen der mediceischen Venus zur Ver-
gleichung mit dem auf der folgenden Taf. in den
Verhältnißen des Apollo von Belvedere gezeichne-
ten männlichen. So hat auch Tarin in seiner
Osteographie Paris 1753. 4. Taf. XXIII. ein weib-
liches Scelet in der gleichen Stellung wie das
Albinische männliche (b. s. albini tab. sceleti et
musculor. hominis Leid. 1747. gr. Fol. tab. I.) ge-
liefert. Und Süe ein noch andres in der prächti-
gen Ausgabe seiner Uebersetzung des Monroischen
Handbuchs (Traité d'Osteologie etc. Paris 1759.
gr. Fol. II. B. Taf. IV.) – Bey allen aber dün-
ken mich die vom männlichen abweichenden Ver-
hältniße, wenigstens in einzelnen Theilen, offen-
bar übertrieben.
casp. bavhini viuae imagines corp. hum. Frf. 1604.
4. pag. 246 sve a. a. O. etc. – Allein schon
Vesalius hat diese vorgebliche Eigenschaft des
weiblichen Schedels verworfen de c. h. fabr. pag. 32.
bordenave sur le mouvement des côtes dans la
respiration, in den Mém. de l'ac. des sc. de Paris
à. 1778. pag. 222.
chph. iac. trew tabulae osteologicae Nürnb. 1767.
gr. Fol. tab. IX. fig. 3. vergl. mit fig. 4.
Blos als ein Beyspiel dieser ausnehmend characte-
rischen Nationalverschiedenheit in Bildung des
Gerippes, gebe ich hier nur die Hauptzüge von
drey merkwürdigen Schedeln aus meiner Samm-
lung die von ganz verschiedenen Menschenraçen
sind, und sowol gegeneinander – als sämtlich
wieder gegen einen schönen Europäer-Kopf
gehalten, unglaublich abstechen. – I. Ein
Aegyptischer Mumien Kopf – und zwar, nach
wahrscheinlichen Vermuthungen zu urtheilen, aus
den ältesten Zeiten. II. Ein Negerschedel Und
III der Schedel eines Nordamericanischen Wil-
den. – Der Mumien Kopf ist der nemliche der
mich vor einigen Jahren zu allerhand Untersuchun-
gen über die Mumien veranlaßt. Die andern
beiden verdanke ich der Güte des Hrn. Leibmed.
Michaelis.
Der Europäische Schedel den ich bey der Ver-
gleichung als Muster oder Richtschnur zum Maaß
jener Abweichungen zum Grunde lege, um dadurch
den sonst zu relativen Ausdrücken doch auch ohne
Abbildung einige mehrere Bestimmtheit zu geben,
ist dem in den großen Albinischen Tafeln (b. s.
albini tabulae ossium humanorum Leid. 1753. gr.
Fol. Tab. I. fig. 1. 2. 3.) vollkommen ähnlich, da-
her diese Tafel selbst zum beßern Verständnis der
Vergleichungen dienen kann.
I. Der Mumien-Kopf verrätht auf den ersten
Blick die so gar nicht zuverkennende ganz eigene
Alt Aegyptische Gesichtsbildung, die auf den
ältesten Aegyptischen Kunstwerken, Statüen,
Sarcophagen, kleinen Idolen etc. sich durchgehends
so ähnlich ist.
[Seite 87] Im ganzen der Kopf schmahl und zu beiden
Seiten, zumal am Hinterhaupt, vor allen aber
oben nach dem Scheitel, zusammengedruckt. Das
Gesicht schön gerade, ziemlich senkrecht, aber
lang: besonders der Theil von der Nasenwurzel
bis zum Kinne. Hingegen die Stirne sehr kurz
und an beiden Seiten schräg nach oben zusammen-
gedruckt: so daß die eigentliche Hirnschaale von
dem hohen Hinterhaupte nach der niedern Stirne
wie ein kurzer Keil zulauft, und sie mit dem un-
tern Rande der ziemlich weit vorstehenden Joch-
beine fast ein gleichseitiges Dreyeck bildet. Doch
ist sie dabey von der schönsten Wölbung. Auch
der bogenförmige Rand des plani semicircularis zur
Anlage des Schlafmuskels scharfhervorstehend.
Die Augenhölen groß, und kommen eben wegen
des langen Gesichts und der niedern Stirne hoch
zu stehen. Die Augenbraunbogen sehr stark her-
vorstehend und durch eine tiefe Grube über der
Nasenwurzel von einander getrennt. Der Unter-
kiefer hoch und sein großer Seitenwinkel von 118
Graden. Die Zähne durchgehends sehr groß und
stark; und die Schneidezähne mit den sonderbaren
stumpfen dicken Kronen wie ich sie im Göttingischen
Magazin 1 B. 1 St. S. 109 u. f. beschrieben, und
wie sie Middleton in der Cambridger Mumie,
und andre neuerlich in mehren Mumien gefunden.
II. Was den Negerkopf sehr auffallend aus-
zeichnet ist vor allen die ausnehmende Protuberanz
seiner beiden Kiefer. Der obere nemlich wird
gleich unter der Nase so sehr vorgebogen, daß er
und seine Zähne ganz schräg zu stehen kommen
und mit der Linie in welcher die beiden Kiefer
auf einander stoßen vorne einen Winkel von 60 Gra-
den bildet. Wodurch denn folglich auch der ganze
[Seite 88] Gaumen so auffallend in die Länge gezogen wird
u.s.w. Der Unterkiefer steht zwar vorn mehr
senkrecht: mußte aber nun eben wegen der Ver-
längerung des obern, selbst auch vom Ohr zum
Kinn in eine auffallende Länge ausgedehnt wer-
den. Seine Seitentheile sind sehr niedrig, und
ihr großer hintrer Winkel von 130 Grad. Zwischen
den Augenbraunbogen ist keine merkliche Vertie-
fung (glabella). Die beiden ausgeschweiften
Ränder welche die Oberkiefer vorne am Untertheile
der Nasenhöle zu beiden Seiten der Scheidewand
formiren sind ganz ungewöhnlich dick und breit,
wie ausgeschnitzt. Der Hinterkopf ist zwar auch
schmahler als beym Europäer, aber bey weiten
nicht so sehr als beym alten Aegyptier: auch nicht
so hoch sondern merklich niedriger. Die Hirn-
schaale ist sehr dick und der ganze Kopf ausneh-
mend schwer.
Nun finden sich zwar unter den Mohren so gut
wie unter andern Menschenraçen mancherley Nüan-
çen der Bildung; doch scheint es daß die bisheri-
gen Abbildungen welche Negerschedel vorstellen
sollen, entweder sehr nachläßig gezeichnet, oder
wenigstens von keinen recht characterischen Neger-
köpfen genommen sind. Das erste ist der Fall bey
dem in petr. paaw de hum. corp. ossibus LB. 1615.
4. pag. 28. Das andre argwohne ich von der
sonst schön gestochnen caluaria aethiopis in ioh. beni.
de fischer diss. de modo quo ossa se vicinis accom-
modant partibus LB. 1743.
Viele andre treffliche Bemerkungen über die
Negerschedel hat Hr. Hofger. Rath Sömmerring in
seiner merkwürdigen Schrift über die körperliche
Verschiedenheit der Mohren vom Europäer,
gegeben.
[Seite 89] III. Der Schedel des Nordamericanischen
Wilden unterscheidet sich von allen übrigen beson-
ders durch dreyerley. 1) Vor allen durch die
große breite ziemlich viereckte Fläche des sehr platt
niedergedruckten Scheitels, der sich dagegen zu
beiden Seiten nach den Schlafbeinen zu recht
kuglicht wölbt. – Statt daß die Ränder des
plani circularis beym Mumien-Kopf von dem Joch-
bein an nach dem Scheitel convergiren: so divergi-
ren sie hingegen bey diesem hier gar auffallend etc.
2) durch sehr hervorstehende tief ausgewürkte
Backenknochen; und 3) durch eine sehr weite ge-
räumige Nasenhöle.
Die breite Scheitelfläche ist eine Wirkung der
Kunst. – Die ganze Procedur wie verschiedene
Nordamericanischen Nationen die Köpfe ihrer neu-
gebohrnen Kinder entweder mit einen Sack voll
Sand niederdrücken oder auch dadurch flach pressen,
daß sie ihnen in der Wiege den Kopf viel niedriger
legen als den übrigen Körper der dann mit seiner
ganzen Last darauf drucken muß u.s.w. ist beson-
ders in iam. adair's hist. of the North-American
Indians Lond. 1775. 4. S. 8 u. f. 284 etc. umständ-
lich beschrieben.
Beides der flache Scheitel und die hervorste-
henden Backenknochen finde ich auch in 8. Por-
trätmäßig genauen Bildnissen Nordamericanischer
Wilden, die ich vor mir habe, vollkommen be-
stätigt.
Und der weiten Nase entspricht der bekanntlich
so unglaublich feine Geruch dieser Wilden wovon
bey den zuverläßigsten Reisebeschreibern so ausneh-
mende Beweise zu finden sind!
[Seite 90] Auch hier sind die arcus superciliares sehr groß
und hoch gewölbt. Die Stirnnath hat sich erhal-
ten. Die Gesichtslinie ist ziemlich senkrecht. Der
Hinterkopf merklich breiter als bey Europäern, ge-
schweige als beym Neger oder bey der Mumie. –
Die Vorderzähne des Oberkiefers (denn der untre
fehlt) laufen wie Meisel in eine scharfe Schneide
zu: völlig das entgegengesetzte Extrem der Mu-
mienzähne. Die flachen Knochen sind sehr dünne
und der ganze Kopf sehr leicht: also fast in allem
das Wiederspiel vom Neger.
Man sehe z.B. die Schedel der verschiednen Arten
von Orang-utangen in tyson's anat. of a Pygmy
fig. 5. in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764.
Taf. XVI. fig. 2. und in Hrn. Camper's naturkund.
Verhandel. over den Orang-outang etc. Taf. II. fig. 2.
vesal. de c. h. fabr. L. I. cap. 6. fig. 3. und cap. 9.
fig. 1. evstach tab. anat. XXXXVI. fig. 1.
An der gleichen Stelle sitzen auch die Hörner fest,
womit die Natur die mehresten derjenigen Säug-
thiere bewaffnet hat, die sonst bey ihren gespalte-
nen Klauen und dem Mangel der obern Schneide-
zähne ziemlich wehrlos sind.
Beym Hirschgeschlechte heißen sie bekanntlich
Geweihe, sind dicht, astig, und sitzen, da sie ge-
wechselt werden müssen, mit der Krone an ihrer
Wurzel nur auf einem niedern flachen Stule fest,
der sich von dem Stirnbeine erhebt: der hingegen
im Ochsen-Ziegen- und Gazellen-Geschlechte einen
starken zugespitzten Zapfen bildet, der in den ei-
gentlich sogenannten Hörnern, die perennirend,
rund, hohl und ohne Aeste sind, wie in einer Scheide
steckt. – An der Wurzel ist dieser Zapfen selbst
hohl und steht mit den Stirnhölen in Verbindung,
die sich bey einigen, z.B. beym Steinbock bis
gegen die Spitze desselben hinauf erstrecken.
Kerkring's verdächtiger Irthum, daß sich bey diesem
Knochen die Oßification vom Umfang nach dem
Mittelpunkt erstrecke, braucht jetzt keine Wider-
legung mehr. –
S. Hrn. Lavater's Fragmente an hundert Stellen,
zumal aber im IV. Vers. S. 219. u. f.
Sie sind so viel ich finden kan, doch zuerst von
Jac. Berengarius oder Carpus beschrieben wor-
den. S. dessen commentaria super anatomia Mundini,
Bonon. 1521. 4. pag. 414.
Nur durch Krankheiten wird diese Ausbildung be-
hindert, besonders durch den innern Wasserkopf.
Zuweilen auch durch englische Krankheit.
Auch schon ausgebildete Stirnhölen können
durch Knochenverderbnis in der Luftseuche etc. wieder
zusammengedruckt werden und gleichsam schwinden.
Ich habe ihn in der prolus. anat. de sinib. frontalibus
Gotting. 1779. 4. umständlich auseinander gesetzt.
Der sowol durch den ungeheuren Verlust seines
Gaumens und seiner Nase, als durch die einfache
und doch hinlängliche Vorrichtung womit er diesen
Verlust ersetzt hatte, bekannte Joh. Beck, sprach,
ohngeachtet er alle seine Nasenhölen mit Schwamm
verstopfen mußte, doch laut und vernemlich. –
Und das gleiche bemerkt man bey Personen in deren
Stirnhölen sich etwa Insecten oder Würmer einge-
nistelt haben. Ich habe eine Feuer-Aßel (Scolopendra
electrica) in meiner Sammlung, die von einem
Frauenzimmer noch lebendig ausgeschneuzt worden,
welcher sie ein ganzes Jahr lang unerträgliche
Kopfschmerzen verursacht, den Geruch beraubt,
aber nicht im mindesten die Stimme verändert hatte.
Viele Thiere mit durchdringender gellender Stimme
wie die Affen, Meerkatzen, u.s.w. haben keine –
andre hingegen mit dumpfer Stimme, wie die
Bären, so ausnehmend große Stirnhölen. Aber
bey allen Thieren die einen sehr scharfen Geruch
haben, sind sie gros oder zahlreich, so beym Hunde,
bey den meisten Grasfressenden Thieren, vor allen
aber beym Elephant, dessen erstaunenswürdige
Stirnhölen ich am Schedel eines jungen solchen
Thieres vor mir habe, wo sie vorn 6 Zoll in die
Länge und 10 Zoll in die Breite halten, zu beiden
Seiten des Scheitels sich bis hinten in die condy-
los occipital. hinein erstrecken, und oben die gleich-
sam doppelte Hirnschaale bilden, die diesem wun-
derbaren Thiere eigen ist.
vesalivs (versteht sich immer in 1 B.) cap. 6. fig. 7.
evstach. tab. XXXXVI. fig. 4.
morgagni aduersar. anat. VI. S. 31. pag. 210. ed.
Venet. 1762. fol. – bertin Traité d'osteologie
T. II. pag. 10. s. auch duverney oeuvr. anat. T. I.
pag. 415. und Haller a. a. O. Th. VIII. S. 271.
So heißen sie auch im Französischen. Berengarius
hingegen u.a. Zergliederer seiner Zeit, geben die-
sen Namen den Schlafbeinen, comment. in Mundi-
num pag. 412.
Bey den gehörnten Thieren nehmen sie nur einen
kleinen Theil der Hirnschaale ein. Bey den Zie-
gen machen beide ein zusammenhängendes Stück
ohne Pfeilnath; und beym Rindvieh sind sie meist
mit dem Hinterhauptsbeine verwachsen.
S. io. ladmiral icones durae matr. in conuexa et
concaua superficiae visae. Amstel. 1738. 4.
Der verdiente Casp. Bauhin erzält von seiner Gat-
tin daß deren vordre Fontanelle in ihrem 26 Jahre
noch nicht geschlossen gewesen und sich so oft sie
Kopfweh gekriegt, zu einer Grube erweitert habe,
theatr. anatom. pag. 280. – Andre Fälle, aus
frühern oder noch höhern Alter s. bey rosenstein
de ossibus caluarine, boehmer instit. osteol. u.s.w.
v. haller a. a. O. pag. 269. – Und äußerst um-
ständlich io. godofr. ianke de foraminib. caluarie
eorumque vsu Lips. 1762. m. K. pag. 49-75. –
Zuweilen sind sie von ungemeiner Größe; s. z.B.
lobstein de neruis durae matris tab. I. b. c.
Galenus a. a. O. – Bey Mundinus u.a.
Arabisten heißt es os laude: und bey manchen os
basilare.
Sehr selten aus fünfen, daß nemlich der breite
schuppichte Theil der Länge nach getheilt ist.
fallop. expos. de ossib. pag. 557. – Gewönlich
[Seite 113] aber findet sich am obern Rande desselben ein schma-
ler Einschnitt, der zuweilen lebenslang offen bleibt,
und eine herniam sinus falciformis veranlassen kann.
lobstein de nerv. d. m. tab. I.
Bey vielen Säugethieren erhebt sich der Scheitel
nach hinten in einen scharfen Rücken, zur Anlage
ihrer starken Beismuskel, da nemlich das Hinter-
hauptbein die cristam occipitalem bildet. Vorzüg-
lich stark hervorstehend ist sie bey den reisenden
Thieren aus dem Hunde- und Katzengeschlecht, be-
sonders bey den Windspielen und andern Jagd-
hunden, Wölfen etc. beym Löwen, Luchs u.s.w. –
Beym Schweine und beym Babirussa ist es ein
hoher halbmondförmig ausgeschnittner Rand.
Der Elephantenschedel hingegen weicht auch
hierin von andrer Säugethiere ihrem gar sonder-
bar ab. – Statt einer Protuberanz oder Crista ist
sein Hinterhaupt zu einer tiefen Grube gleichsam
[Seite 115] eingedruckt, die zwischen den hochgewölbten Sei-
ten des Schedels, ohngefähr wie das Siebgen in
der Hirnhöle zwischen den Gewölben der Augen-
hölen inne liegt.
Alle Säugethiere und selbst die Wallfische haben
zwey Gelenkknöpfe am Hinterhaupt; alle Vögel
hingegen nur einen der am vordern Rande des
for. magni sitzt und dem Kopfe eine freyere Be-
wegung gestattet; – Das Chamäleon, dessen gan-
zer Hinterkopf so ausnehmend sonderbar gebildet
ist, hat drey condylos, die aber dicht beysammen
liegen.
Daß sie beym Elephanten hohl sind, ist schon
oben angemerkt worden.
Vesalius meynet diese Knöpfe seyen beym Menschen
durchgehends flacher als bey andern Thieren epist.
de rad. chynae pag. 47. u. f. der prächtigen Opori-
nischen Original-Ausg. – Allein das ist nicht,
wie schon Eustachius gewiesen hat ossium exam.
pag. 187. u. f.
Bey vielen Säugethieren erstreckt sich eine eigne
knöcherne Scheidewand zwischen die großen Sei-
tenblätter der harten Hirnhaut, die das kleine Ge-
hirn vom großen absondern; und bildet das merk-
würdige tentorium cerebelli osseum (s. cerebri os. s.
vesal. ep. de rad. chyn. pag. 99): das dann bey
den verschiedenen Gattungen von einem zweyfachen
Bau ist. Entweder nemlich stellt es gleichsam eine
knöcherne Scheibe vor, die nur nach unten mit
einer meist viereckten Oeffnung durchbohrt, außer-
dem aber an den Seiten und oben nicht unter-
brochen ist. – Oder aber es besteht aus drey di-
stincten Stücken deren eines von oben und hinten
wie ein Dach in die Hirnhöle hineinragt; die
andern beiden aber seitwerts vor den Felsen-
beinen liegen. Jenes ist der Fall im Katzenge-
schlecht; auch beym Bären, beym Seehund etc. –
[Seite 118] Die letztre Art hingegen findet sich z. E. beym
Hunde- und Pferdegeschlecht. – Endlich zeigt
sich auch bey vielen andern Thieren, bey den
Schweinen, Mäusen, Caninchen und selbst bey
den mehresten Affen doch eine Art von Ansatz zu
den letztgedachten Seitentheilen, wenigstens ein
scharfer Rand an den Felsenbeinen.
Es hält schwer den wahren Zweck jener beiden
Arten von knöchernen tentorium zuverläßig zu be-
stimmen. Wenigstens ist die insgemein von den
mehresten Zergliederern angenommene Meynung,
daß es nur den weitspringenden Thieren gegeben
sey, um dadurch dem Druck des großen Gehirns
aufs kleine vorzubeugen etc. offenbar unzulänglich.
Der Bär hat es und springt doch wenig. Hinge-
gen habe ich bey vielen der schnellstspringenden
Thiere, wie z.B. beym Steinbock nicht eine Spur
davon gefunden! – Cheselden schreibt es blos
den Raubthieren zu (anat. of the bones cap. 8)
allein es findet sich wie wir gesehen haben auch
bey gar vielen andern. – Vielleicht soll es die
krachende Erschütterung beym stark zubeißen verhü-
ten; denn das thun doch alle die genannten Thiere,
auch selbst das Pferd im verwilderten Zustande.
Beym Menschen liegt, wie ei seine Bestimmung
zum aufrechten Gange erfodert, das for. magnum
weiter nach vorn, als bey irgend einem Affen oder
folgends bey den übrigen Säugethieren, s. dau-
benton sur les différences de la situation du grand
trou occipital dans l'homme et dans les animaux in
den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1764. pag. 568. u. f.
conr. vict. schneider de ossib. temporum Viteb.
1653. 12. – Caβebohm in dem unten anzufüh-
renden classischen Werke Tract. I.
Blos die warmblütigen Thiere haben einen äußern
Gehörgang. – Aber wol ohne Ausnahme. Bey
den Affen und vielen andern Säugethieren macht
er wie beym Menschen gleichsam nur eine Rinne die
oben durchs Schuppenbein bedeckt wird. Bey den
Ziegen etc. hingegen bildet er eine eigene vollkom-
mene Röhre. Bey den Schweinen ist er lang
aber überaus enge. Bey den mehresten Raubthie-
ren hingegen weit und kurz etc.
Der sogenannte Lapis Manati ist nichts anders
als ein Bruchstück vom äußern Gehörgang des
gemeinen Wallfisches (mysticetus) wovon man doch
meist noch den scharfen Rand zur Anlage des
[Seite 124] Pauckenfells und den Eintritt der Eustachischen
Röhre erkennen kann.
Bey den Amphibien hingegen liegt entweder
das Pauckenfell frey zu Tage, wie bey den Frö-
schen, den geschuppten Eidexen u.s.w. oder es liegt
unter den äußern Bedeckungen versteckt wie beym
Salamander, bey den Wassermolchen, vielen
Schildkröten etc. Das leztre ist auch der Fall bey
den Fischen.
Bey Schweinen, Rindvieh etc. ist er hingegen sehr
breit, aber flach zusammengedruckt und inwendig
durch zahlreiche sehr ordentlich gereihte Knochen-
blätter in längliche schmale Fächer abgetheilt. –
Bey Schaafen, Ziegen, Hirschen etc. hat er meist
die gleiche äußre Form, ist aber völlig hohl, ohne
dergleichen Knochenblätter. – Eben so hohl ist
er beym Eichhörnchen, Marder, Hasen etc. doch
nicht so länglicht sondern mehr kuglicht blasenför-
mig. – Am ansehnlichsten aber ist diese Knochen-
blase bey den Raubthieren; besonders aus dem
Hunde- und Katzengeschlechte. Bey allen macht sie
mit der Pause eine gemeinschaftliche Höle aus.
[Seite 126] Viele genaue Bemerkungen über diese Paucken-
blase und ihr Aenlichkeit mit dem Zitzen-Fortsatz
am menschlichen Gehörwerkzeug s. in vesalii
exam. observ. Fallopii S. 38. u. f.
Bey den Vögeln steht sogar die ganze Mark-
leere diploë der Hirnschaale mit den Pauckenhö-
len und dadurch beide Ohren mit einander in Ver-
bindung, s. Hrn. Prof. Scarpa de struct. fenestrae
rotundae pag. 118. u. f.
Auf diese Verbindung gründet sich des scharfsinnigen
jüngern Riolan's bekannter Vorschlag, bey Ver-
stopfung der Eustachischen Röhre den zitzenförmi-
gen Fortsatz anzubohren u.s.w.
Wie das neuerlich Hr. Reg. Chir. Jasser mit
glücklichen Erfolg bewerkstelligt s. in Hrn. Gen.
Chir. Schmucker verm. chir. Schr. III. B. S. 118.
albini explicat. tabular. evstachii pag. 275. der
Ausg. v. 1761. – v. haller icon. anat. Fasc. I.
pag. 39. n. 7.
Bey den Affen zeigt sich nur eine schwache Anlage
zu einem processus styliformis, die aber kaum diesen
Namen verdient. evstach. ossium exam. pag. 173.
Wenn der Griffel-Fortsatz sehr lang ist, besteht er
gewönlich aus mehrern Stücken, und hat an der
Wurzel oder in der Mitte ein Knorpelkorn. s. des
seel. Willig obseruat. botanic. pag. 1. sq.
Ich besitze aber auch welche die über 1 1/2 Pari-
ser Zoll lang und doch aus einem Stück ganz knö-
chern sind; andre die an der Wurzel 4 Linien im
Durchmesser haben u.s.w.
vievssens neurograph. vniuersal. tab. XVII. K.
pag. 93. der Ausg. v. 1684. haller icon. anat.
Fascic. I. tab. VI. N. N.
An der Stelle wo die harte Hirnhaut an diesen
Ausgang des canalis caroticus anschließt, findet sich
nicht selten ein kleiner flacher Knochen, den Joh.
Bapt. Cortese zuerst bemerkt und mit Gesams-
beinchen verglichen hat, s. dessen miscell. medica,
Messan. 1625. fol. pag. 17. sq. auch meckel de
[Seite 130] quinto p. neruor. cerebri pag. 21. sq. zinn de vasis
subtiliorib. oculi pag. 40. portal hist. de l'anat. et
de la chir. Vol. II. pag. 297. u.a.m.
Es sind wenige Theile des thierischen Körpers, die
beides durch ihren bewunderswürdigen Bau so-
wol als durch die Wichtigkeit ihrer Verrichtungen
so viel anziehendes zu ihrer nähern Untersuchung
haben, als die Gehörwerkzeuge! – Kein Wun-
der also daß sie, zumal seit 200 Jahren, von so
vielen der größten Zergliederer so sorgfältig bear-
beitet worden sind, daß uns auch wenig andre
Theile mit einer solchen genauen Vollständigkeit
bekannt sind.
Der erste der hierin rechte Bahn gebrochen,
und beynah allein schon das wichtigste des ganzen
innern Ohrs entdeckt hat, war der große und be-
scheidne Fallopius in seinen unschätzbaren obseruat.
anat. Venet. 1561. 8.
Von den übrigen hebe ich nur die vorzüglich-
sten Classiker aus, die in besondern Werken die
Gehörorgane beschrieben haben. Unter diesen vor
allen der eifersüchtige aber zum erfinden in der Ana-
tomie gebohrne Eustach in der epist. de auditus
organis unter den opuscul. anatom. Venet. 1564. 4.
und verschiedne Figuren dazu in der erst 1714 ans
Licht gekommenen Tafeln, zumal tab. XLIII. fig. 2.3.
tab. XLIV. fig. 2. 3. tab. XLV. fig. 2.
Nachher sind zumal zu Ende des vorigen und
Anfang des jetzigen Jahrhunderts durch die gleich-
[Seite 133] zeitigen Bemühungen einiger verdienten Zergliede-
rer große Schritte in der nähern Kenntnis dieses
Sinnwerkzeuges gethan worden, – a. 1683 er-
schien die erste Ausg. von duverney Tr. de l'organe
de l'ouie das auch dem ersten Bande von dessen erst
1761 herausgekommenen oeuvres anatomiques einver-
leibt ist. – Ihnen setzte Mery seine descr. de-
l'oreille entgegen, die mit lamy explication mechanique
des fonctions de l'ame sensitive Par. 1683. herauskam. –
valsalvae tract. de aure hum. Bonon. 1704. 4. ist
die Frucht einer 16 jährigen Arbeit über diesen Ge-
genstand, wobey ihr Verf. über tausend Menschen-
schedel geöffnet. – Und doch fand sie einen Rival
an vieussens Tr. nouveau de la struct. de l'oreille.
Toulouse. 1714. 4. – Aber auch einen desto kräf-
tigern Vertheidiger an Valsalva's Freund dem
unendlich verdienten Morgagni, dessen epistolae
anat. XVIII ad scripta pertinentes Valsaluae, zuerst
zu Venedig 1740. 4. mit der Ausg. von Valsalva's
sämmtlichen Werken herausgekommen sind, und
selbst größtentheils das Gehörwerkzeug betreffen.–
Ihm hatte indeß ein Deutscher, – der unermü-
dete Caßebohm – mit deutschen Fleis und Scharf-
blick vorgearbeitet, dessen Tractatus VI de aure
humana. Hal. 1734 und 35 ein unübertrefliches
Muster in Untersuchungen der Art bleiben werden.–
Ich übergehe was Santorini in den tab.
posthum. Albinus im 4ten B. der annotat. acad.
Hr. Prof. Monro in seinem Werk übers Nerven-
system u.a.m. gelegentlich über den Bau des
innern menschlichen Ohrs gesagt haben.
[Seite 134] Aber auch in der anatome comparata sind wenige
Fächer so genau und so glücklich bearbeitet als
eben das von den Gehörwerkzeugen der Thiere.
Ich nenne wieder nur die vorzüglichsten von
denen die sich ex professo in diesem Felde gezeigt.
Dahin gehört zuförderst der fleißige Zootome
Casserius, dessen splendides Werk de vocis auditus-
que organis zu Ferrara a. 1600 in Fol. erschien, –
und dann der ber. Arzt und Baumeister Perrault
von dessen Essais de Physique fast der ganze 2te B.
vom Gehör, und großentheils vom Werkzeug
desselben bey den Thieren, handelt. – Jener
hat zumal das Ohr der vierfüßigen Thiere mit
vielem Fleiße bearbeitet.
Von Monographien über die Gehörwerkzeuge
einzelner Säugethiere, verdient doch blair on the
organ of hearing in the Elephant in den Philos.
Transact. N. 358. besonders angeführt zu werden.
Das Ohr der Wallfische hat uns Hr. Prof.
Camper kennen gelehrt: der das vom eigentlichen
Wallfisch (Bal. mysticetus) im XVII. B. und das
vom Pottfisch (Phys. macrocephalus) im XI. B. der
Haarlemer Verhandel. beschrieben hat.
Vom Ohr der Vögel s. allen mvllen in den
Philos. Transact. N. 199. und Hrn. vicq-d'azyr
in den Pariser Mém. de l'Ac. des Sc. v. 1778.
pag. 381. u. f. – Besonders aber Hrn. Prof.
Scarpa im angef. Werke S. 101. u. f. – Wozu
Hr. Galvani im VI. B. der Commentar. Bonon.
pag. 420. u. f. eine Nachlese zu geben versucht hat.
Ueber die Gehörwerkzeuge der Amphibien ist
außer dem was P. Plümier von den Schilkröten
und dem Americ. Crocodil – und Geoffroy in
seinen diss. sur. l'organe de l'ouie. Par. 1778. 8.
bekannt gemacht, noch wenig gethan.
[Seite 135] Desto genauer hingegen sind sie bey den Fischen
untersucht, theils schon verschiedentlich vom seel.
Klein, besonders in der mantissa ichthyolog. Lips.
1746. 4. – Vor allen aber von Hrn. Prof.
Camper im VII. B. der Haarlemer Abh. und im
VI. der Mém. présentés – Und dann von Hrn.
Prof. Kölreuter im XVII. B. der nov. comment.
acad. Petropolit. – s. auch Hrn. Joh. Hunter's
Aufsatz darüber in den Philos. Transact. v. J. 1782.
vol. LXXII. P. II. pag. 379. sq.
scarpa de fruct. fenestrae rotundae auris et de tympano
secundario. Mutin. 1772. 8.
Die Vögel haben sehr sichtliche Eustachische Röhren. –
Den Fischen hingegen scheinen sie zu mangeln.
Bey den Säugethieren und selbst bey im Wall-
fischen sind die Gehörbeinchen – im ganzen ge-
nommen – der Gestalt nach, den Menschlichen
ziemlich änlich.
Die Vögel haben nur eines oder wenn man
will – zweye, weil es aus einer knorplichten und
einer knöchernen Helfte besteht, wovon jene am
Pauckenfell anliegt und gleichsam die Stelle des
Hammers vertritt, – die sogenannte columella aber
als Steigbügel im eyförmigen Fenster steht. –
Casserius hat es zuerst in der Gans entdeckt und
abgebildet, l. c. pag. 78. s. auch derham's phy-
sicotheology. pag. 343. u. f. der Ausg. v. 1716.
Bey den Amphibien findet sich blos ein noch
weit einfacheres Beinchen, das die fenestr. oualis
schließt, und bey einigen wie z.B. beym Sala-
mander kaum nur dafür angesehen werden kann.
Die Fische haben theils eine, theils zwey,
theils drey sonderbare Steinartige Beinchen, die
dem äußern Ansehen nach dem Porcellan äneln
aber sehr spröde und brüchig sind, eine flachläng-
liche Gestalt mit scharf gezähnten Rand haben, und
ganz blos in einem besondern Beutel hangen.
klein hist. pisc. natur. Missus I. tab. II.
Auch bey den größten Thieren, bey den Wallfischen,
dem Elephant etc. sind doch die Gehörbeinchen und
meist das ganze innre Ohr – so wie auch das
Auge – nur klein. Die Art wie die sinnlichen
Eindrücke auf diese beiderley Organe würken, giebt
von selbst den Grund warum dieselben in keinem
Verhältnis mit der Größe des ganzen Körpers zu
stehen brauchen.
Beym innern Wasserkopf behalten zwar die drey
Stücken, woraus anfänglich das ganze Schlafhein
besteht, ihre natürliche Größe (Th. 1. S. 19.
N. *) aber sie werden doch auch zuweilen durch die
Ausdehnung der Hirnschaale aus einander getrie-
ben, und dadurch die Gehörbeinchen aus ihrer be-
hörigen Lage und Verbindung gebracht. Am mei-
sten habe ich bey denjenigen Wasserköpfen, an
welchen ich das Schlafbein auf diese Weise verzo-
gen gesehen, den Hammer und Ambos mit dem
Schuppenbeine auswärts getrieben, und leztern ganz
vom Steigbügel getrennt, in einem Fall aber auch
diesen selbst aus seinem eyförmigen Fenster ausge-
hoben gefunden. – Dieß giebt den wahrschein-
lichen Grund warum manche auch nachher er-
wachsne Wasserköpfe zugleich taub und stupide sind,
da andre hingegen dabey ihr völliges Gehör be-
halten.
[Seite 141] Die ungestörte Lage des Steigbügels scheint
freylich zum Gehör am allerwichtigsten zu seyn. –
Wenigstens sind Fälle angemerkt, wo Leute nach
dem Verlust der andern beiden Knöchelgen doch
noch gut haben hören können, s. Hrn. Prof.
Caldani in den epistol. ad haller. scr. Vol. VI.
pag. 142. 145. Hrn. Caët. Torraca im VI. B. des
Giorn. di medic. pag. 321. u. f. und Hrn. Prof.
Scarpa a. a. O. S. 84. u. f.
Schon der große Eustach hat die willkürliche Be-
wegung der Gehörbeinchen eingesehen de auditus
organ. pag. 157. s. auch Hrn. Abb. Fontana dei
moti dell' iride pag. 65. u. f.
cassebohm Tract. IV. pag. 56. u. f. tab. III. fig. 1.
23. – albini icon. oss. foetus tab. VI. fig. 46-51.
Der Hammer und Ambos sind zu Ende des 15ten
Jahrhunderts, man weis aber nicht eigentlich von
wem, erfunden. – Alex. Achillinus hat beide
gekannt – s. nic. massae epistolar. medicinal.
T. I. pag. 55. b.
Bey den Vögeln ist die Wölbung des Pauckenfells
gerade umgekehrt, nemlich nach außen erhaben.
scarpa l. c. pag. 110. tab. II. fig. 2. d.
Diese Gräte ist es eigentlich die Rau zuerst entdeckt
oder doch näher bestimmt hat, und die daher
auch nach seinen Namen process. Rauianus genannt
wird, s. boerhaave praelect. in instit. proprias T. IV.
pag. 358.
[Seite 143] Der eigentliche processus spinosis, wie er ge-
wönlich ist, war schon über hundert Jahre vorher
nicht unbekannt, s. sal. alberti hist. plerarumque
partium c. h. pag. 84. der ersten Ausg. v. 1583. und
Fabric. Hildani Beschreibung der Fürtreflichkeit
der Anatomy. Bern 1624. 8. S. 190. – weit
genauer aber, und seiner Meynung nach zuerst,
hat ihn Folius abgebildet s. dessen nov. auris in-
ternae delineat. Venet. 1645. Fol. die auch in TH.
bartholini epistol. medicinal. Cent. I. pag. 255. sq.
und im IV. B. der Hallerschen anatom. Samml.
S. 365. u. f. wieder abgedruckt worden.
Der ber. Leidner Lehrer Franz de le Boë Sylvius
glaubte es erfunden zu haben, s. lindani physiol.
med. pag. 526. – Hingegen wollte sein großer
Antagoniste Drelincourt es schon dem R. Colum-
bus zuschreiben, praelud. anat. pag. 199. der Bör-
haavischen Ausg.
teichmeyer vindiciae quorund. inuentor. anatomicor.
Ien. 1727. – cassebohm Tract. IV. pag. 55.
evstach. tab. VII. fig. 3. – cowper's new admi-
nistr. of all the muscles fig. 9. F.
Der Steigbügel ist wol unleugbar von Ingrassias
erfunden, s. fallopii obseruat. pag. 26. und in-
grassiae in Galeni libr. de oss. comment. (post-
huma) Panorm. 1603. fol. pag. 57.
Bey den Wallfischen ist der Vorhof sehr klein: –
bey den Vögeln hingegen überaus geräumig.
Die Bogengänge finden sich fast bey allen roth-
blütigen Thieren. – Nur bey den Wallfischen
konnte Hr. Camper nichts ihnen änliches ausfinden.
Die Einrichtung der Schnecke ist zuerst von Eustach
a. a. O. – ihr feinerer Bau aber von zwey ver-
dienten Göttingischen Lehrern, Brendel und Zinn
beschrieben worden, s. des Erstern analecta de
concha auris humanae mit einem saubern Kupfer;
und de auditu in apice conchae. Beide Goetting.
1747. und des seel Zinn observ. botanic. et anatomic.
Goetting. 1753.
Alle Säugethiere haben eine gewundene Schnecke.
Die Vögel hingegen an deren statt nur eine gerade
am Ende verschloßne kurze Röhre (wie ein stum-
pfer Zapfen), die aber in ihrer innern Einrichtung
der Schnecke der Säugethiere vollkommen änelt,
auch eben so in zwey Gänge abgetheilt ist u.s.w. –
s. perravlt Ess. de Physique T. II. pag. 215.
fig. III. e. und die Hrn. Scarpa, Ph. Fr. Meckel,
und Galvani a. a. O.
domin. cotvnnii de aquaeductibus auris humanae anat.
diss. Neap. 1760. 4. und anderwärts mehrmalen
aufgelegt.
ph. fr. meckel diss. de labyrinth. auris contentis
Argent. 1777. – eine vorzüglich auch für die
anatome comparata der Gehörwerkzeuge überaus
lehrreiche Schrift.
Die Arabisten nannten das Keilbein os colatorii s.
cribratum weil sie in dem durch lange Jahrhunderte
herrschenden Wahn stunden, daß dadurch der Unrath
aus dem Gehirne seinen Abfluß hätte. – Der
erste der diesen so allgemein angenommnen ver-
jährten Irrthum stürzte und dadurch ein ganz
neues Licht über einen wichtigen Theil der Physio-
logie und Anatomie – besonders auch über die
genaue und richtige Kenntnis des Keilbeins –
verbreitete, war der schon oft angeführte Witten-
berger Lehrer, Conr. Vict. Schneider in seinen
weitschichtigen aber classischen 5 Quartanten de
catarrhis besonders Lib. I. Sect. II. cap. 2-7. pag.
153-257.
vesal. cap. 6. fig. 8. von oben. – evstach. tab.
XLVI. fig. 11 bis 14 und 16 von allen Seiten.
Daher denn auch der cliuus selbst bey den men-
schenänlichen Thieren, Affen etc. auch dem Bären etc.
sehr ansehnlich und lang ist.
morgagni aduersar. VI. animadv. 6. 18. 21. 28. –
haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. VV. pag. 41.
not. 16. – id. de corp. hum. functionib. vol. VIII.
pag. 251. sqq.
Diese kleinen Knochenschaalen sind längst dem
scharfsichtigen C. V. Schneider bekannt gewesen,
de catarrh. L. III. cap. I. pag. 483. auch Düverney
hat sie gekannt, oeuvr. anatomiques vol. I. pag. 219.
Bertin hat sie nur näher untersucht und cornets
sphenoidaux genannt Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris
1744. pag. 412. u. f. – Eine genaue Beschrei-
bung derselben s. in iancke prolus. de cauernis qui-
busd. quae ossib. capitis hum. continentur pag. X. sq.
und ihrer Varietäten in Hrn. Prof. Walter's Abh.
von trocknen Knochen des menschlichen Körpers.
S. 109. u. f. – getreue Abbildungen der Varie-
tät wo diese Blättgen mit dem Siebbein zusam-
menhängen s. in boehmer instit. osteologic. tab. IV.
fig. 5. G. G.; 6. K. K. und 7 L. L. und in Süe
großen französischen Ausg. von Monro's Werke
tab. VIII. fig. 3. K. K. und 4. H. H.
schneider de catarrh. L. II. Sect. I. cap. 19. pag.
195. sq. und Sect. II. cap. 2. pag. 261. sq.
vidi vidii de anat. c. h. L. VII. tab. VII. fig. 8. O.
pag. 30. sq. der Venetian. Ausg. v. 1611.
schneider de osse cribriformi et sensu ac organo odo-
ratus. Witteb. 1655. 12. eine kleine aber unschätz-
bare Schrift, die in der ganzen Physiologie Epoche
gemacht und zuerst den doppelten vorher ganz all-
gemein angenommenen Wahn widerlegt hat,
daß die Gerüche durchs Siebchen dieses Knochen
ins Gehirn hinauf- und hingegen der Unrath aus
dem Gehirn durch die gleichen Wege in die Nase
hinunter stiegen. – Besonders enthält sie auch
einen Reichthum eigner Bemerkungen zur anatome
comparata.
So nannte Galenus das Siebbein, weil es nicht
blos wie ein Siebgen durchlöchert, sondern viel-
mehr wie ein Schwamm mit Röhrgen durchzogen
sey, de vsu partium L. VIII. cap. 7. pag. 335. der
Geßuerschen Ausg. von 1562.
Der erste der das Siebbein genauer beschrieben hat,
ist wieder der so oft mit Ruhm genannte Fallo-
pius in den observ. anat. pag. 30. b. sq. – Die
erste Abbildung des einzelnen Knochen hat dessen
Schüler Vid. Vidius gegeben a. a. O. tab. V.
fig. 15 und 16.
Bey den Affen liegt das Siebbein nicht wie beym
Menschen mitten zwischen beiden Augenhölen,
sondern etwas tiefer in die Nase hinunter: daher
auch bey diesen Thieren die Augenhölen weit näher
beysammen zu stehen kommen als beym Menschen:
und sich dadurch der von je so allgemein ange-
nommne Irrthum widerlegt, als ob die Augen
beym Menschen näher beysammen stünden als bey
allen andern Thieren.
Da das ganze Siebbein, wie in der vorletzten
Note erinnert worden, bey den Affen tiefer liegt
als beym Menschen, so ist besonders auch die Lage
des Siebgens selbst, bey diesen Thieren sehr von
[Seite 167] der im Menschenschedel verschieden. Das Stirn-
bein hat bey ihm gar keine incisura ethmoidea,
sondern mitten zwischen beiden partibus orbitalibus
dieses Knochen steigt blos ein ziemlich enger blin-
der Gang in die Nase hinab, der fast der Oeffnung
des innern Gehörganges änelt und auf dessen Bo-
den das kleine unansehnliche Siebgen befindlich,
und nur mit wenigen Oeffnungen durchbohrt ist.
sam. theod. qvelmalz de narium earumque septi
incuruatione. Lips. 1750. 4. – just. gottfr.
günz in den Mém. présent. T. I. pag. 289. sq.
Bey den scharfriechenden Thieren, zumal unter den
feris und bisulcis, doch auch unter den scleroderma-
tibus, wie z. E. beym Igel, sind die Muscheln
des Siebbeins aufs bewundernswürdigste gerollt
[Seite 169] und gewunden um in einem engen Raum doch die
möglichst größte Fläche zur Aufnahme einer desto
größern Menge von riechbaren Theilgen zu erhalten.
Unter den mannigfaltigen Thierschedeln, die ich
auch besonders aus dieser Rücksicht untersucht,
habe ich doch bey keinem diese Muscheln von einer
so ganz ausnehmenden Eleganz gefunden als bey
der gemeinen Ziege. Sie äneln da dem allerfein-
sten Flor oder Spitzen die aufs kunstreichste und
regelmäßigste zusammengefaltet wären.
S. dessen eigne obseruat. anat. pag. 88. sq. und Hrn.
Girardi Auslegung der nachgelaßnen Santorini-
schen Tafeln S. 53.
io. domin. santorini obseruat. anat. pag. 89. sq.
der Venetian. Ausg. v. 1724. – Dann auch in
den XVII. tabulis posthumis Parm. 1775. kl. Fol.
tab. IV. F.
Denn für nichts mehr als eine sehr ungewönliche
Varietät sieht auch der gel. Herausg. der letzt
gedachten Tafeln, Hr. Prof. Girardi, diese sogenan-
ten Santorinischen Muschelgen an. Explicat.
pag. 52. sq.
Tertium maxillae os vesal. L. I. cap. 9. pag. 49. u. f.
Es ist vermuthlich das secundum genae supernae
[Seite 172] gal. de ossib. pag. 11. A. ders aber mit dem planum
orbitale des Oberkiefers zu vermengen scheint.
Bey den gedachten scharfriechenden Thieren ist auch
das Siebgen ausnehmend groß und mit zahlrei-
chen und sehr symmetrisch geordneten Löcherchen
durchbohrt. – Ganz vorzüglich beym Bären.
Auch beym Igel, und bey den bisulcis.
Am alleransehnlichsten und merkwürdigsten aber
beym Elephanten.
Hingegen ist bey den cetaecis, wenigstens beym
Delphin, dessen Schedel ich vor mir habe, auch
nicht eine Spur eines Siebgens oder sonstigen
Oeffnung zum Durchgang der Geruchnerven an
dieser Stelle zu sehen.
Hist. de la Soc. de médec. vol. III. pag. 229. wo vor-
läufig einige Bemerkungen des Hrn. Prof. Scarpa
über diese Röhren-Gänge des Siebdeins mitge-
theilt sind. Ausfürlicher wird dieser scharfsinnige
Zergliederer seine Untersuchungen über die Geruch-
werkzeuge im zweyten Bande seiner anatomicar.
annotationum bekannt machen.
Und eben von diesem Fall, wo sich die Kranznath
mit der Pfeil- und Stirnnath kreuzt, verstehe ich
[Seite 175] die sonst so allgemein und noch vom Hrn. v. Haller
(bibl. anat. T. I. pag. 16.) für unerklärlich gehaltne
Stelle in dem ächten Hippocratischen Werke de
capitis vulneribus (pag. 28. der Paawischen Ausg.
im succenturiatus anatomicus Lugd. Batav. 1616. 4.)
von Schedeln deren Näthe übers Kreuz liefen –
Vergl. damit galen. de vsu partium Lib. IX.
cap. 17. pag. 353.
Aeußerst selten und merkwürdig sind die Fälle, wenn
auch ein Scheitelbein oder das Hinterhauptbein,
durch eine ächte Nath durchschnitten wird.
Ein solches durch eine dergleichen Nath ge-
theiltes Scheitelbein besas Winslow, wovon
Tarin in der Vorrede zu seiner Osteographie tab. V.
eine Abbildung gegeben hat.
Einen Schedel mit einer Quernath am obern
Theile des Hinterhauptbeins hat Eustach abgebil-
det tab. XLVI. fig. 8. – Ich besitze ein änliches
Stück wo diese sonderbare Nath noch weiter unten
liegt, und folglich der obere abgesonderte Theil
noch größer ist als bey dem Eustachischen. –
S. auch i. s. albrecht im IV. B. der nov. Act.
N. C. pag. 69. i. f. schreiber im III. B. der nov.
[Seite 176] comm. Petropolit. tab. IX. und albinvs de sceleto
pag. 131.
Einen ganz sonderbaren Fall, wo bey einem
8jährigen Knaben alle drey ächten Näthe doppelt,
oder vielmehr durch einen zwischen denselben lie-
genden anderthalb Zoll breiten Knochenstreifen von
einander abgesondert waren, beschreibt Mauchart
in den Ephem. N. C. Dec. III. ann. 4, pag. 147.
Mancherley andre Varietäten an den Suturen
s. bey v. doeveren observ. acad. pag. 193. sq. und
sandifort observ. anat. pathol. Lib. III. pag. 103. sq.
Daher sind auch die ächten Näthe, die sonst über-
haupt bey den mehresten Thieren minder zackicht
sind als beym Menschen, doch bey den gehörn-
ten bisulcis ausnehmend stark gezänelt, um die
Hirnschaale bey der Gewalt die sie mit ihren
Hörnern ausüben müssen, für dem auseinander-
weichen zu sichern. – Vorzüglich ist deshalb die
sutura frontalis bey diesen Thieren von einer aus-
nehmenden Dicke und Festigkeit.
Ein sehr sinnliches Beyspiel der Macht des Bil-
dungstriebes sieht man hier beym innern Wasser-
köpfe wo die flachen Knochen der Hirnschaale (welche
durchs Wasser so ausgedehnt und von einander ge-
trieben worden) die Knochenfasern an ihren
Rändern gleichsam wie Stralen einander entgegen
treiben, um damit in einander greifen und an-
schließen zu können.
Als ob sie Ole Worm erfunden hätte, s. wormii
et ad eum epistolas T. I. Prolegom. pag. XXVIII.
Aber fast hundert Jahre vorher hatte sie schon
der abentheurliche Paracelsus in seinem Buch von
den hinfallenden Siechtagen folgendermaßen be-
schrieben: ‘„Ein Bein ist am Haupt, und nem-
lich es ist gerad und gleich der Centrum. Das
Bein ist nicht über einen Kreutzer breit, etwas
eckicht, und wird nit in allen Schalen gefunden
sondern in etlichen u.s.w.“’
Auch Eustach hat diese Zwickelbeinchen gekannt
und abgebildet; und Sal. Alberti (hist. plerar.
part. h. c. pag. 3.) und Marc. Aurel. Severin
(Zootom. Democrit. pag. 194. sq.) u.a.m.
staehelin theses phys. anat. botan. in der Haller-
schen anat. Samml. VI. B. pag. 671. fig. 3. i. e.
hebenstreit rariora ossium momenta. Lips. 1740. al.
monro pat. in Ess. of a Soc. at Edinb. T. V. P. I.
pag. 220. sq. tabarrani im III. B. der Atti dell'
Accad. di Siena Append. pag. 35. s. und Hünauld,
v. Döveren, und Hr. Prof. Sandifort a. a. O.
Ich besitze z.B. Schedel an welchen zu beiden
Seiten der Kranznath nach den Schläfen zu
Zwickelbeinchen liegen, die so symmetrisch mit
einander accordiren als ob ihre Lage mit dem Zir-
kel abgemessen und sie selbst aus einer Form ge-
gossen wären. – Eben so zu beiden Seiten der
Hinterhauptsnath, wo die auf der rechten Seite
mit denen auf der linken in Rückficht der Anzahl,
Gestalt, Richtung etc. aufs genaueste harmoni-
ren. – Andre mit eben so exact regelmäßigen
Gruppen solcher Zwickelbeinchen da wo hinten die
sutura sagittalis an die lambdoidea stößt u.s.w.
Diese Entstehungsart der Zwickelbeinchen ergiebt
sich am deutlichsten bey innern Wasserköpfen von
ansehnlicher Größe, wovon ich Beyspiele vor mir
habe an welchen die großen häutigen Zwischen-
[Seite 181] räume zwischen den vergrößerten ausgedehnten
flachen Knochen der Hirnschaale, mit einer Menge
kleiner linsenförmiger Knochenkernchen wie durch-
säet sind.
Diese so zufällige – meist erst durch eine
Krankheit veranlaßte – Entstehung dieser Knö-
chelchen, scheint mir, folgends in Verbindung mit
dem was in der vorigen Note von ihrer oft so
eleganten Symmetrie gesagt worden, wiederum einen
nicht unbeträchtlichen Beweis für die Macht des
Bildungstriebes abzugeben, und hingegen die
Präexistenz der präformirten Keime zu entkräften.
Ich entsinne mich nicht bey Thieren Zwickelbein-
chen gefunden zu haben. –
Auch nicht an Schedeln wilder Nationen. –
Und wenn auch gleich beides, wie ich nicht
zweifle, seine Ausnahmen haben mag, so scheint
es doch mit dem, was von dem Anlaß zu ihrer Ent-
stehung gesagt worden, ziemlich übereinzustimmen.
Vergl. mit diesem § vieussens nevrograph. universal.
pag. 93. tab. XVII. fig. I. – duverney oeuvr. anat.
vol. I. tab. IV. und die ungleich schönere Abbildung
in Hrn. v. Haller's icon. anatom. Fasc. I. tab. VI.
rich. lower de corde pag. 156. der Amsterd. Ausg.
v. 1740. io. zachar. petsche (Praes. M. Alberti)
Sylloge anat. selectar. observ. pag. 4. sq. hunauld in
den Mém. de l'Ac. des Sc. a. 1730. pag. 559. sq.
Der erste der die Foramina am Kopfe recht genau
bestimmt hat, ist Vesal's Nachfolger reald. co-
[Seite 185] lvmbvs in seinem überhaupt viele intressante und
feine Bemerkungen enthaltenden Werke de re ana-
tomica Lib. I. Cap. II. pag. 67. sq. der Pariser Ausg.
p. 1572.
Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer
bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey
welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten
Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über-
aus merkwürdige Articulation, die theils zum
Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Synneu-
rosis (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwischen
den Nasenlöchern und den Augenhölen liegt, mit
dem übrigen Schedel eingelenkt ist.
Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar
auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam;
diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von
einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen,
sondern davon her, daß der Knochenzapfen des
Oberkiefers meist nur zu beiden Seiten über den
Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische
Knochenblätter mit der Hirnschaale zusammen
hängt. (S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des
Sc. de Par. v. 1748.) – Ohngefähr so wie der
Hammer im Ohr beweglich ist, wenn auch gleich
die elastische Gräte seines processus spinosus mit
dem Ringe der Pauckenhöle verwächst (§. 49.)
Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Crocodils
ist ehedem viel gestritten worden. – Manche Zer-
gliederer, wie Vesalius, Columbus etc. hielten blos
seinen Oberkiefer für mobil, den untern aber für
unbeweglich. Aber schon Vesling hat das Gegen-
theil erwießen und dem Oberkiefer alle eigne Be-
weglichkeit abgesprochen – observ. anatomicar.
cap. 5. pag. 39. der Ausg. v. 1740. 8.
[Seite 188] Hingegen können die Schlangen den Oberkie-
fer bewegen; wie ich z.B. an der lebendigen
coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele
Fische. Vom Zevs faber z.B. s. morgagni aduersar.
anat. VI. pag. 228.
Bey Galenus und den folgenden Zergliederern bis
auf Vesalius herrscht in Rücksicht der unbewegli-
chen Gesichtsknochen viel Verwirrung. Erst Fallo-
pius und dessen Schüler Vidus Vidius haben sie
recht bestimmt und genau auseinander gesetzt.
theoph. de bordeu sur les articulations des os de la
face im II. B. der mém. présentés pag. 13. sq.
albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 28. 29. 33. –
j. hunter nat. hist. of the human teeth, P. I. tab. VIII
fig. 2. 3. 5.
Ueber diese Furche und wie sie wol ehe bey Ope-
rationen der Thränenfistel zu einem Fehlschnitt An-
laß gegeben s. bromfield's chirurg. observ. and
cases vol. I. pag. 341. sq.
Auch diese, von vielen neuern Osteologen vergeßne
oder übersehne Nath ist von den großen Zerglie-
drern des sechzehnten Jahrhunderts aufs genauste
bemerkt worden: s. vesal. cap. 9. fig. 2. a. a. und
pag. 52. fallop. observ. anat. pag. 35. b. colvmbvs
pag. 55. vergl. auch riolan. anthropogr. pag. 649.
und h. eysson de ossib. infantis pag. 26. sq.
Bey einem großen innern Wasserkopfe in mei-
ner Sammlung ist auf der einen Seite die von
dieser sutura incisiua eingeschloßne vordre Ecke ganz
vom übrigen Oberkiefer losgetrennt, so, daß sie
einen völlig abgesonderten eignen kleinen Knochen
bildet.
Ich habe diesen so berühmten Knochen lieber os
intermaxillare, als mit Hrn. von Haller und
andern Zergliederern os incisiuum nennen wollen,
weil er sich auch bey den wiederkauenden Thieren
mit gespaltnen Klauen, beym Elephanten, und
andern dergleichen mammalibus findet die doch keine
Schneidezähne im Oberkiefer haben, und weil
zweytens beym Elephanten die Eckzähne in densel-
ben sitzen. Bey denen die aber mit obern Schnei-
dezähnen versehen sind, sitzen dieselben nie wie
beym Menschen in den Oberkiefern selbst, sondern
immer in diesem zwischen denselben eingekeilten be-
sondern Knochen.
[Seite 196] Er findet sich folglich bey weiten nicht blos bey
den Affen, wie verschiedentlich gemeynt worden, son-
dern überhaupt bey den vierfüßigen Säugethieren,
wenigstens bey den allermehresten, und trägt viel zur
Verlängerung der hervorstehenden Schnauze bey, die
das thierische Profil so sehr vom menschlichen aus-
zeichnet. – Auch die menschenänlichsten Affen,
der Orangutang, der Gibbon etc. haben ihn, s.
Hrn. Prof. Camper naturkundige Verhandel. over
den Orang-outang en eenige andere Dieren. Amst.
1782. 4. pag. 75. sq. – Eine Abbildung dieses
Knochen aus dem Mandril habe ich in der Schrift
de gener. humani veriet. natiua gegeben, tab. I.
fig. 2. pag. 38. u. f. der zweyten Ausg.
Doch habe ich einen kleinen Affenschädel vor
mir, – ich kann aber nicht sagen von welcher
Gattung – an welchem kann eine nur irgend
merkliche Spur von allen den Näthen zu sehen ist
wodurch sonst das os intermaxillare so deutlich be-
grenzt wird: ohngeachtet fast alle übrigen Suturen
aufs schärfste erhalten sind. Hingegen hat er, ge-
rade wie beym Menschen, die senkrechte Nath
mitten zwischen den obern Schneidezähnen: über-
haupt aber auch eine gar nicht sehr schräge linea
facialis u.s.w.
Ubrigens variirt das os intermaxillare bey den
verschiednen Thiergattungen gar sehr sowol in
Rücksicht seiner relativen Größe, als seines Ver-
hältnißes zu den Nasenbeinen u.s.w. – Bey
den allermehresten Affen, auch bey den meisten sehr
kleinen Säugethieren besteht es aus einem Stück:
bey den Raubthieren hingegen, auch bey den bisulcis
und beym Elephanten u.s.w. aus zweyen –
Bey letztern sind sie zwar oft so wie die mehresten
Knochen seines Schedels verwachsen, und un-
deutlich; im Grund aber von ungeheurer Größe
[Seite 197] und um so merkwürdiger, da die Elfenbeinzähne
darin sitzen. – Patr. Blair nennt sie ganz un-
schicklich ossa palati, s. dessen osteographia elephantina
in den Philosoph. Transact. N. 326. pag. 101.
Da Galenus in seiner Osteologie cap. 4.
pag. 12. A. B. diese Knochen unter die übrigen am
Schedel zählt, so erwies Vesalius daraus, daß
dieses canonisirte kleine Werk nicht nach Menschen-
gerippen verfaßt seyn könne, wodurch er sich denn
bekanntlich den fast wüthenden Haß so vieler seiner
Zeitgenoßen zuzog, die ihren Galenus dieses
Knochen wegen theils mit unglaublich gezwungnen
Sophistereyen zu vertheidigen suchten, s. z.B.
iac. sylvii depulsio calumniarum Vesani cuiusdam in
Galenum §. 5.
Ohngeachtet die Hölen des Oberkiefers schon von
den Osteologen des sechzehnten Jahrhunderts
genau beschrieben waren (s. z.B. fallopii observ.
anat. pag. 35. b.); so hat man sie doch nachher
nach Highmor'n genannt, weil dieser in seiner
disquis. anat. corporis hum. über die Fisteln und
andere Zufälle derselben einiges neues gesagt hatte.
Und doch sind Fälle bekannt, wo auch diese Schleim-
hölen bey Erwachsnen gefehlt haben. morgagni
aduersar. anatom. I. pag. 18.
Bey manchen großen Thieren mit langgestreckten
Oderkiefern, wie beym Pferd etc. bildet dieser ca-
nalis infraorbitalis eine sonderbare lange Röhre, die
mitten durch den sinus maxillaris Länge nach
hindurch läuft.
v. haller ad boerhaavii praelection. in proprias in-
stitut. vol. IV. pag. 43. und in den iconib. anatom.
fascic. IV. pag. 21. tab. II. fig. 2. O. O.
Bey den vierfüßigen Säugethieren und selbst bey
den Affen sind die vordern foramina palatina ohne
Vergleich größer alt beym Menschen, länglicht,
[Seite 199] und so viel mir wissend, immer doppelt, und bey
manchen gar dreyfach, so daß wie beym Pferd etc.
zwischen den beiden großen Oeffnungen noch eine
dritte kleinere nach vorn in der Mitte liegt. Bey
manchen, wie z.B. beym Löwen, sind die Aus-
gänge dieser großen Oeffnungen am Gaumen sogar
beym lebendigen Thiere sehr sichtlich. (S. Joh.
El. Ridinger Abbildung des zahmen Löwen,
der 1760 in Deutschland zu sehen gewesen. gr. Fol.)
Die canales incisiuos selbst hatte der vortrefliche
Zergliederer Nil Stenson (nic. stenonsis) ums
J. 1662., zuerst an Ochsen und Schaafen entdeckt,
und sowol in seinen obseruat. anatom. de narium
vasis pag. 107. als in dem specim. obseruat. de muscul.
et glandulis pag. 34. beschrieben. Nur blieb man
lange über ihren Nutzen strittig: – ob sie nicht
auch beym lebenden Menschen würklich als offne
Gänge dienten, die aus den Nasenhölen zum Gaumen
führten; – oder womit sie im gegenseitigen Fall
gefüllt wären u.s.w. Das ersten behauptete
Santorini obseruat. anatom. pag. 93 sq. doch findet
es nur in sehr ungewönlichen Fällen statt. Ge-
wönlich verlaufen sich die trichterförmigen Gänge,
die aus der Nase zu beiden Seiten der Pflugschaar
convergirend hinabsteigen in die oben im vordern
foram. palatino liegende carunculam incisiuam,
die Morgagni in seinem Brief an Hrn. Girardi
beschreibt: s. des letzt. Erklärung der nachgelaßnen
Santorinischen Tafeln in der Vorr. S. XVII.
und im Text S. 56. – Vergl. damit duverney
oeuvr. anatom. vol. I. pag. 221. 137. und morgagni
aduersar. anat. VI. pag. 237.
Eine vortrefliche Abbildung dieser Gänge und Ner-
ven wird im zweyten B. der annotat. anatomicar.
des Hrn. Prof. Scarpa erscheinen.
evstach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 8. – vid. vidivs.
a. a. O. tab. VI. fig. 19. pag. 37. – ar. cant
impetus prim. anatom. LB. 1721. tab. V. fig. 9. 10.
Hrn. Prof. Walter's Abhandlung von trocknen Kn.
des menschlichen Körpers S. 143. – albinvs de
sceleto pag. 196 sq.
Die mehresten Affen, Paviane und Meerkatzen
haben nur einen einzigen Nasenknochen, in Gestalt
eines Dreyecks mit einer schmalen nach oben ge-
kehrten Spitze.
Die mehresten übrigen Säugethiere haben zwey
theils ausnehmend lange und schmale Nasenknochen.
Dem Elephanten aber fehlen sie gänzlich, so
wie es sich ohnehin leicht aus dem Bau und der
Bestimmung seines Rüssels erwarten läßt.
Auch diese Knochen fehlen dem Elephanten – so
wie ihm auch überhaupt der Thränengang man-
gelt. S. Hrn. Prof. Camper's kleinere Schriften
I B. 1 St. S. 55.
Würklich scheint schon Ebn Sina (avicenna) den
Thränengang gekannt zu haben Canon. L. III.
Fen V. Tract. I. cap. 1. pag. 239. der Venet.
Ausg. v. 1584.
Der erste der die untern Muschelbeine für ein paar
eigne besondre Knochen anerkannte, war wieder
der mehrmals gerühmte Columbus a. a. O. S. 58.
Doch sind sie auch von neuern Osteologen blos
für Fortsätze oder Anhänge andrer Gesichtsknochen
gehalten worden. – So z.B. für Theile der
Thränenbeinchen von Winslow im Tr. anat. vol. I.
pag. 86. und von hensing de apophysib. pag. 15. –
Für Fortsätze der Gaumenbeine von santorini
observ. anat. pag. 88. – Für Theile des Siebbeins
von Hünauld in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par.
v. 1730. pag. 560. so wie vorlängst von fallop.
observ. anat. pag. 35.
Mit diesen dreyerley Knochen sind sie aber ge-
wiß nur in den seltesten Fällen verwachsen. Weit
eher könnte man sie für Theile der Oberkiefer
halten, als mit welchen ich sie bey einigen übrigens
ausnehmend schön ausgebildeten und doch noch
jugendlichen Köpfen, so wie auch in den gedach-
ten Schedeln vom Neger und vom Nordamericaner,
vollkommen zu einem Stücke verwachsen gefunden
habe.
Zumal bey den scharfriechenden grasfressenden Thie-
ren, dem Pferd, Rindvieh etc. s. Salvat. Morand
in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Par. v. 1724.
pag. 405. sq. tab. XXIV.
Auch die Pflugschaar ist erst von Columbus a. a. O.
S. 48. und von Fallopius observ. pag. 33 b. als
ein besonderer Knochen beschrieben, und vomer
genannt worden.
Vesalius hielt sie für einen Anhang des Sieb-
beins, und in diesem Irthum sind ihm auch noch
neuerlich Santorini a. a. O. S. 88, Ant. Petit
in seiner Ausg. des Palfyn, so wie Lieutaud und
Hr. Portal gefolgt, s. des letztern Ausg. von
Lieutaud's anat. hist. et pratique vol. I. pag. 66. sq.
Dieser untre Rand der Pflugschaar kan, wie ich
an Beyspielen vor mir sehe, bey Leibesfrüchten
durch eine Kopfwassersucht oder einen andern me-
chanischen Druck die Oberkiefer und Gaumenbeine
auseinander treiben, und dadurch den gespaltnen
Gaumen verursachen.
Die Augenhölen sind nur erst neuerlich in ihrem
wahren Zusammenhang und Verhältnissen beschrie-
ben worden. Außer dem wenigen was Winslow
in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Par. v. 1721 da-
von gesagt, hat Hr. Prof. Camper zuerst hier-
über Licht verbreitet in s. diss. physiol. de quibusd.
oculi partib. LB. 1746. cap. I. und dann unser un-
vergeßlicher Zinn in seinem classischen Werke cap. 7.
Außer dem Menschen haben meines wissens nur die
Affen, Paviane und Meerkatzen diese äußere
[Seite 225] Wand und eine von allen Seiten geschloßne knö-
cherne Augenhöle.
Bey den übrigen Säugethieren reicht das Joch-
bein nicht hinauf zum Stirnbein, und die großen
Flügel des Keilbeins treten auch nicht so weit seit-
wärts hervor, sondern die Augenhöle ist an den
Thierschedeln nach außen mehr oder weniger offen;
vermutlich um dem process. coronoideus des Unter-
kiefers der bey den Thieren mehrentheils weit
größer ist als beym Menschen oder Affen, eine
freyere Bewegung zu gestatten.
Der Maulwurf hat gar keine Augenhölen –
da seine kleinen so lange ganz verkannten Augen
ganz vorn unter der Haut liegen.
Fast einen änlichen Bau habe ich bey der Zer-
gliederung des kleinen Brasilischen Ameisenbären
(myrmecophaga didactyla) gefunden, der auch gar
keine wahren Augenhölen hat.
Die ungeheure Größe der Augenhölen bey den
Vögeln ist bekannt.
Die erste genauere Beschreibung und Abbildung
der Nasenhölen im Menschen und verschiednen
Thieren hat Casserius gegeben, de fabrica nasi im
pentaestheseion pag. 115. sq. der Ausg. v. 1610.
Unter den neuern Schriftstellern über diesen
Theil empfielt sich vorzüglich sam. avrivillii diss. de
naribus internis. Vpsal. 1760.
Mit diesem ganzen Abschnitt vergl. folgende Abbil-
dungen: duverney oeuvr. anat. vol. I. tab. XIV. –
v. haller tab. narium internar. im IV Fascic. der
[Seite 229] icon. anat. – santorini tab. posthum. tab. IV. –
und die Kupfertafel zu m. Prolus. de sinib. frontalib.
Dieser Nutze erhellt aus dem gegenseitigen Erfolg
bey kleinen Kindern, deren Schleimhölen noch so
unvollkommen oder gar nicht ausgebildet sind.
boerhaave praelect. in propr. instit. ad §. CCCCXCVII.
vol. IV. pag. 59. sq. – morgagni aduersar. anat.
VI. pag. 236.
Beym Menschen ist der Unterkiefer, wie schon
Vesalius anmerkt, kürzer als bey allen andern
Thieren. Doch möchte ich fast noch den Elephan-
ten davon ausnehmen, dessen Unterkiefer wenig-
stens eben so kurz ist.
Ausnehmend gros ist er hingegen schon bey den
Affen; selbst bey einigen der Menschenänlichsten.
fallopii observ. anat. pag. 36. – albini icon. oss.
foetus tab. VI. fig. 43. 44. 45. – j. hunter's nat.
hist. of teeth, tab. VIII. fig. 1. 4. 6.
Bey vielen Thieren hingegen bleiben die beiden
Hälften des Unterkiefers entweder noch späte oder
gar für immer durch eine bloße Synchondrose die
sich in kochen oder maceriren leicht von einan-
der giebt, verbunden. – So z.B. bey reisenden
Thieren, Bären, Wölfen, Hunden, Katzen etc. –
Auch beym Igel, bey vielen der kleinen Thiere
mit Mauseartigen Gebiß etc. – Eben so bey den
Wallfischen und Delphinen u.s.w. die Kinnlade
verwächst hingegen zu einem Stück bey den Affen,
beym Elephanten, Pferd, Rindvieh, Schwein
u.a.m.
Etwa die Ameisenbären, den Elephanten, und die
cetacea ausgenommen, haben wol die mehresten
übrigen Säugethiere größere und höhere processus
coronoideos als der Mensch. – Bey manchen,
wie z.B. bey der Giraffe sind sie von ganz auf-
fallender Länge.
Von der verschiednen Bildung dieser condylorum
bey den Thieren hängt die eben so verschiedne
Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Rundliche
Knöpfe machen eine Art arthrodia (Th. I. §. 106.)
und gestatten folglich eine vielseitige Bewegung. –
Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden
gleichsam einen ginglymus (Th. I. §. 105.) mithin
eine weit eingeschränktere, bestimmtere, einseiti-
gere Einlenkung. – Jenes ist der Fall bey vielen
Grasfressenden Thieren, besonders beym Elephan-
ten etc. – Dieses hingegen bey den Raubthie-
ren; auch beym Marder, Iltis u.s.w.
Bey den Wallfischen und andern cetaceis stehen
die condyli gar nicht in die Höhe, sondern liegen
ganz flach nach hinten.
Am allersonderbarsten habe ich diese Einlen-
kung am Crocodil gefunden, da sie viele Aenlich-
keit mit der Articulation des Oberarms und der
Ellenbogenröhre beym Menschen hat: die condyli
nemlich sind fast wie das ohre Ende der vlna aus-
geschweift, und passen in ein convexes Gewinde
des Schedels ein, das ebenfalls der trochlea am
untern Ende des humerus änelt.
Die alte Meynung war daß die condyli in den
Gruben selbst lägen. – Und der pflichteten auch
Albinus, Ferrein in den Mém. de l'Acad. des Sc.
v. 1744. u.a. bey.
Der erste der hingegen die Einlenkung der
Knöpfe mit dem tuberculo artic. des Schlafbeins
behauptete, war der feine Leidner Zergliederer J. J.
Rau; s. albini vitam Ranii vor dem catal. supellectil.
anat. Rauian.
Umständlich über die ganze Streitfrage s. haller
ad boerhaav. praelect. in institut. propr. vol. I.
pag. 142. sq. und die elem. physiol. vol. VI. pag. 8. sq.
Dieser meniscus ist schon von car. stephanvs de
dissect. part. corp. hum. Paris. 1545. fol. pag. 37.
beschrieben. Auch von Vesalius cap. 10. pag. 55.
abgebildet. – Genauer aber in morgagni ad-
versar. anat. II. fig. 1. 2. 3.
Durch diesen Canal erhalten zwar die Zähne ihre
Gefäße und Nerven; er findet sich aber auch bey
völlig zahnlosen Säugethieren wie bey den Amei-
senbären und bey den eigentlich sogenannten Wall-
fischen (balaena mysticetus etc). Die Unterkiefer die-
ser letztern werden insgemein für Wallfischrippen
angesehen; ein seltsamer Irthum, den aber
schon Wilh. Rondelet, ein treflicher Zergliederer,
widerlegt hat, de piscib. Lugd. 1554. fol. pag. 53.
Es scheint, daß man blos den rothblütigen Thieren
wahre Zähne zu gestehen kan. Was bey den Insecten
und Würmern dafür angenommen wird, ist doch
zu sehr von der Substanz würklicher Zähne ver-
schieden.
Unter den rothblütigen fällt ferner die ganze
Classe der Vögel aus, als welche sämmtlich ohne
alle Ausnahme zahnlos sind.
Und selbst unter den übrigen drey Classen,
nemlich unter den warmblütigen Säugethieren
und unter den kaltblütigen Amphibien und
Fischen giebt es doch auch noch zahlreiche Aus-
nahmen von ungezähnten Geschlechtern. – Denn
was Hr. von Haller elem. physiol. vol. VI. pag. 19.
glaubt, daß alle warmblütige vierfüssige Thiere
mit Zähnen versehen wären, ist irrig; da die
Ameisenbären und die Formosanischen Schuppen-
thiere (manis) nicht einen einzigen Zahn haben;
eben so wenig als die eigentlichen Wallfische.
Sie sind doch allemal Knochenartig, so gut als
Nußschaale holzartig ist, wenn gleich zwischen
einer Nuß und dem Holz ihres Baums noch ein
Unterschied bleibt.
Von der Schaar von Schriftstellern über die Zähne
überhaupt nenne ich nur zweye statt aller: evstachii
libellus de dentibus Venet. 1563. 4. und j. hunter's
natural History of the human Teeth Lond. 1771. 4.
m. K. und das supplement dazu, eben das. 1778.
Ueber die Textur der Zähne s. so wie über die
Organisation der Knochen überhaupt die drey classi-
schen coaetaneos, Malpighi Gagliardi, und
Havers in den oben (Th. I. S. 45. N. *)) ange-
führten Schriften.
Wenn gleich nicht so, daß sie am Stahl Feuer
schlagen wie Th. Bartholin und Gagliardi be-
haupten, s. des erstern histor. anatomicar. rarior.
cent. II. obs. 24. und des letztern anat. ossium pag. 62.
Im verdünnten Salpetergeist und änlichen minera-
lischen Säuren schwindet der Schmelz der Zähne
nach und nach völlig, ohne wie andre Knochen
eine Grundlage von Zellgewebe zu hinterlassen. –
S. Herissant in den oben (Th. I. S. 11. N. **))
genannten Abhandlungen. – Auch Hrn. Prof.
Kemme Zweifel und Erinnerungen wider die
Lehre von der Ernährung der festen Theile. Halle,
1778. 8. S. 76. u. f.
Hr. Prof. Camper und der Englische Arzt D.
Simmons haben die ungewönlich milchblaue Farbe
der Zähne als ein Zeichen der Lungensucht ange-
[Seite 244] sehen; das hingegen D. Reid in seinem meisterhaf-
ten Werke on the phthisis pulmonalis nur selten und
oft gar nicht bestätigt gefunden zu haben versi-
chert. – Ich habe genau auf dieses Zeichen
geachtet, und habe bey einigen Lungensüchtigen
im ganzen Lauf ihrer Krankheit keine merkliche
Spur davon, hingegen bey andern Personen die
doch keine Anlage zu diesem Uebel hatten, diese
auffallend weisse Farbe entstehen gesehen, wenn
sie die Hallerschen Tropfen oder andre saure
Arzneyen eine Zeitlang anhaltend gebraucht
hatten. – Nachher habe ich auch durch Versuche
gefunden, wie leicht man noch so gelben ausgerißnen
Zähnen durch kurzes einbeizen in Mynsichtisches
oder Dippelsches Elix. und dergl. eine milchblaue
halbdurchsichtige Farbe geben kan – Es fragt
sich also ob nicht vielleicht überhaupt diese Farbe
der Zähne mehr vom Genuß solcher Arzneyen, als
von einer Verderbnis der Lunge herrührt.
Diese Einteilung gilt blos vom Gebiß der warm-
blütigen vierfüssigen Thiere. – Schon bey den
Delphinen sind die zahlreichen Zähne womit der
ganze limbus alueolaris beider Kiefer besetzt ist, von
einerley Bildung.
Bey den kaltblütigen Thieren herscht viel
Verschiedenheit in der Form ihrer Zähne. Bey
großen Crocodilen z.B. sind die Vorderzähne stark
und oben gleichsam schräg abgeschnitten, fast wie
beym Pferd: die Backenzähne hingegen weit klei-
ner nur wie stumpf abgerundete etwas flach ge-
druckte Spitzen.
Ueber den mannichfaltigen Bau der Zähne bey
den Fischen s. gvil. rondelet l. c. pag. 54. sq.
Außer den obgedachten völlig zahnlosen Thieren
gehen manchen andern doch die Vorderzähne ab:
wie dem Elephanten, dem Armadill u.s.w.
[Seite 247] Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im
Oberkiefer, wie den wiederkauenden Thieren mit
gespaltnen Klauen.
Aber auch in der Anzahl und Bildung und
Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey
den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere
nach der Erfordernis ihrer Lebensart und Nah-
rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. –
Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewönlich
6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die
wie Zangen fest auseinander greifen. – Die Eich-
hörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und änliche
Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Bie-
ber u.a.m. haben nur ein Paar Schneidezähne
in jeden Kiefer, mit überaus scharfen, meiselarti-
gen Schneiden; das untere Paar hat fast eine
pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft
die es beym Nagen anwenden muß ganz außer-
ordentlich lange Wurzeln, die z.B. bey der ge-
meinen Hausmaus fast die ganze Länge des Unter-
kiefers haben.
Daß hierin zumal bey bejahrten Personen viele in-
dividuelle Verschiedenheit herscht, braucht keiner
Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit
überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar-
fen Schneidezähnen u.s.w.
Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio-
nen die eine oder die andre Form dieser Art von
Zähnen eigen schient. – So habe ich z.B. vor eini-
gen Jahren an mehrern Mumien-Schedeln, die
sowol in Rücksicht der so sehr characteristischen
altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art
der Balsamation, alle Zeichen der frühesten
ältesten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne
in beiden Kiefern nicht meiselartig, sondern von
der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit fla-
[Seite 248] chen Kronen gefunden. Da man mehrere Jahr-
tausende hindurch und unter so verschiednen Völ-
kern Mumien gemacht, so versteht sich wol von
selbst daß nicht alle Mumien solche sonderbare
Zähne haben können: aber die Bemerkung kann
vielleicht unter andern eben dazu dienen, die Mu-
mien aus den ältesten Zeiten von den nachwärtigen
neuern zu unterscheiden u.s.w. Ueber die etwani-
gen Ursachen dieser eignen Bildung habe ich im
Göttingischen Magaz. 1 Jahrg. 1 St. S. 110. u. f.
einige Vermuthungen angegeben.
Aenliche Zähne hat Winslow an einem Sche-
del von Hond-Eyland aus Nordamerika (ohngef.
unterm 780 N. Br.) beschrieben, in den Mém. de
l'Acad. des Sc. de Par. 1722. pag. 324. sq. – Und
Hr. Hofr. Isenflamm hat dergl. an einem soge-
nannten Steinfresser bemerkt, s. dessen pract. An-
merkungen über die Knochen. Erlangen, 1782. 8.
S. 77. u. f.
An dem Schedel eines Chirokesen-Heerführers
in meiner Sammlung sind hingegen die Vorder-
zähne ausnehmend scharfschneidend.
Nach Dühalde's Versicherung sollen besonders bey
den Chinesen die obern Schneidezähne recht auf-
fallend weit vor den untern hervorstehn.
Auch die Eckzähne fehlen entweder manchen Säuge-
thieren gänzlich, wie den auf voriger Seite genannten
[Seite 249] Mäusen und andern nagenden Thieren: oder sie
sind doch sehr klein wie beym Pferd. – Von
ansehnlicher Größe und ausnehmender Stärke sind
sie bey den reisenden Thieren; aber auch bey den
mehresten Affen. – Das gemeine Schwein hat
die großen Fänge im Unterkiefer: der Hirscheber
(Babirussa) aber außer diesen auch die sonderbaren
fast in Cirkel gebognen Eckzähne im Oberkiefer. –
Das Bisamthier und das Wallroß haben nieder-
warts ragende Hauzähne im Oberkiefer. – Auch
die Elfenbeinzähne des Elephanten gehören in diese
Classe, ob sie gleich ganz gegen die sonstige Weise
nicht in den eigentlichen Oberkiefern, sondern im
os intermaxillare sitzen (S. 196 u. f. N. **)). –
Der Bär und der Dachs haben hinter den
großen Eckzähnen in beiden Kiefern noch einige
ganz kleine von sonderbarer Bildung.
Die Backenzähne der Säugethiere zeigen zumal in
Bildung ihrer Kronen überaus viel merkwürdige
Verschiedenheiten, die den Nahrungsmitteln wozu
sie bestimmt sind, aufs genauste angemessen sind.
Bey den reisenden Thieren, zumal aus dem
Hunde- und Katzengeschlecht sind sie scharf zugespitzt
schneidend ausgezackt und die untern gleiten im
Kauen dicht hinter den obern vorbey, fast wie die
beiden Blätter einer Scheere, wodurch das rohe
Fleisch, zähe Sehnen u.s.w. gleichsam zerschnit-
ten werden. – Der Bär, der sich aus beiden
Reichen nährt, hat schon breitere Kronen, deren
Zacken mehr gerade auf einander schließen.
Auch die menschenänlichsten Affen haben doch
weit scharfzackichtere Zähne als der Mensch.
Die blos grasfressenden Thiere wie das Pferd,
und die wiederkäuenden Thiere haben ebenfalls
breite Kronen, die aber auf der Oberfläche nach
eignen Richtungen ausgefurcht und durchschnitten
sind. Da der Unterkiefer dieser Thiere ungleich
schmäler zulauft als der obere, so passen die
Backenzähne der beiden Kiefer nicht auf einander,
sondern werden erst durch die Seitenbewegung des
Unterkiefers abwechselnd an einander geschoben und
dadurch das Gras etc. zerrieben.
Beym Elephanten sind die Kronen der Backen-
zähne sehr flach und eben: nur die substantia ossea
etwas vertieft und wie mit rhomboidalen Leisten
von substantia vitrea belegt.
Eine überaus genaue und für die Zahnärzte wich-
tige Tabelle über alle Verschiedenheiten bey den
Wurzeln der Backenzähne hat Eustach gegeben de
dentib. pag. 33. 37.
S. des ber. Leidner Lehrers io. jac. rav disp. de
ortu et regeneratione dentium L. B. 1694. eine mei-
sterhafte Schrift, die auch im VI B. der Hallerschen
Samml. wieder abgedruckt ist, – und dann Hr.
Herissant sur la formation de l'Email des dents, et
sur celle des gencives, in den Mém. de l'Ac. des Sc.
de Par. v. 1754. pag. 429 sq. tab. XVI. fig. 1. 2.
Ungemein anschaulich sehe ist dieß an einem Milch-
backenzahn eines jungen Elephanten in meiner
Sammlung, auf dessen obern Ende das Email in
Gestalt unzäliger dicht an einander liegender kurzen
Zäpfgen aus der substantia ossea ausschwitzt: es
hat fast das Ansehen wie der samtartige Ueberzug
an den Schilfkolben (typha palustris max.)
S. über dieses ganze merkwürdige Geschäfte außer
den angeführten Schriftstellern, besonders io. andr.
vngebaver (Praes. i. e. hebenstreit) diss. de den-
titione secunda iuniorum Lips. 1738. c. f. æ. die
auch im VII B. der Hallerschen Sammlung befind-
[Seite 253] lich ist. – io. godofr. iancke Diss. I. II. de ossi-
bus mandibularum puerorum septennium Lips. 1751.
c. f. ae. – und albini annotat. academ. L. II. cap. 1.
2. 3. tab. I. II.
So wie überhaupt kein andres Thier in der Natur
außer dem Menschen so sehr lange Kind bleibt, so
spät erst auf seine Füße treten lernt, so sehr spät
mannbar wird u.s.w. so sind auch alle Termine
des zahnens bey ihm in Vergleich gegen andre
ihm irgend änliche Thiere so außerordentlich ver-
spätet.
Nicht alle Säugethiere wechseln ihre Zähne. Das
Schwein z.B. behält seine Milchzähne lebenslang.
Uebrigens ist aber sowol das erste zahnen als
auch das Wechseln bey den Thieren eben sowol
mit Beschwerde und Gefahr verknüpft, als beym
Menschen. – Die mehresten jungen Löwen z.B.
sollen über dem zahnen sterben. th. shaw's Travels
through Barbary etc. ed. 2. Lond. 1757. 4. pag. 171.
Von diesen und andern Beweißen der Lebenskraft
in den Kiefern bey Bildung der Zahnzellen etc. s.
fallopivs l. c. pag. 37.
rvysch obseruat. anat. chirurg. pag. 78. fig. 66
Ich habe vollkommen änliche Beyspiele, zumal am
Unterkiefer einer zwanzigjährigen Person vor mir.
plin. hist. natural. L. XI. S. 63. – evstach. l. c.
pag. 92. sq. – albin. annotat. acad. L. I. tab. IV.
und id. de sceleto pag. 477. – hvnter l. c. etc.
Wenn die Säugethiere mit pfriemförmigen Nage-
zähnen (s. S. 247.) ein Paar dieser ihrer vordern
Zahne verlieren, so wächst das entgegenstehende
dann zu einer theils recht monstreusen Länge.
Etwas ähnliches erfolgt auch wenn sie blos mit
weichen Nahrungsmitteln aufgefüttert worden.
S. morton's nat. hist. of Northamptonshire pag. 445.
Hrn. Prof. Achard chymisch-physische Schriften
S. 161.
S. Hrn. Prof. Prochaska obseruationes de decre-
mento dentium, im 1sten St. seiner adnotat. acad.
pag. 5. u. f.
Dieß scheint um so räzelhafter, da doch die To-
talreproduction der ganzen Zähne, bey Personen
die sie nemlich zum drittenmal gewechseit, nicht
ganz selten ist. s. z.B. Hr. Simmons in den
Medical observ. and Inquiries Vol. III. pag. 178 u. f.
und Hr. Dachs in den Haarlemer Verhandelingen
XVI Th. II St. S. 317.
Bey den zahlreichen Fällen von fehlerhafter Em-
pfängnis im Eyerstocke selbst, werden keine andere
Theile so vollkommen und oft so ausschließlich ein-
zig ausgebildet, als Zähne Einige überaus auf-
fallende Beyspiele der Art habe ich in einer Ab-
handlung beschrieben, die im VIII B. der Commen-
tationum Societat. Scient. Goetting. erscheinen wird.
fallopii obseruat. anatomicae pag. 42 sq. bauhini
theatr. anatomic. pag. 512 sq. jo. v. reverhorst
de fabrica et vsu linguae LB. 1739. und im 1ten B.
der Hallerschen anat. Samml. S. 101. u. f. hal-
ler de c. h. funct. Vol. VII. p. 285 sq.
Ueber die ausnehmend vielfache und ihren Absich-
ten genau entsprechende Verschiedenheiten der Zun-
[Seite 260] genbeine bey den rothblütigen Thieren s. fabric.
ab aqvapendente de larynge vocis instruments
pag. 276 sq. der Albinischen Ausg. und casse-
rivs de vocis auditusque organis durchs ganze Werk.
Daher auch Galenus in der Osteologie seiner nur
ganz beyläufig gedenkt. Umständlicher hingegen in
den Büchern de dissect. nervor. c. 10. pag. 106.
de musculor. dissect. c. 13. pag. 91. und besonders in
dem Werke de vsu partium L. VII. c. 19. pag. 325.
u. f. der Ausg. v. 1562.
Daher die bloße Verrenkung des Zungenbeins, zu-
mal seiner Seitentheile, bey gewaltsamer Verzer-
tung der mittlern constrictorum pharyngis ein sehr
Gefahrdrohendes aber doch zuweilen durch einen
leichten Handgriff wieder zu hebendes Hinderniß
des Schluckens werde kan. s. valsalva de aure
humana pag. 35 der Venet. Ausg. s. Werke. von
[Seite 262] 1740. 4. und p. p. molinelli in den Comment.
Bononiens. T. V. P. II. pag. I. sq.
Daher haben diejenigen Thiere die componirte-
sten Zungenbeine vom sonderbarsten Bau, die
starke oder besondere Bewegungen mit ihrer Zun-
ge zu machen haben. Wie z. B unter den Säu-
gethieren die Ameisenbären: unter den Vögeln die
Spechte, der Wendehals etc.
Eins der allerwunderbarsten Zungenbeine habe
ich beym Pfefferfras (Tucanus) gefunden, das sich
nach vorn gleichsam in eine Zoll lange zarte knö-
cherne Gräte endigt, die der Länge nach mitten
in der (über 4 Zoll langen und doch kaum 1 1/2 Li-
nien breiten Fischbeinartigen zu beiden Seiten
vorwärts gefiderten) Zunge hindurchläuft.
Die schlanke bewegliche Zunge der hieländi-
schen Natter wird ebenfalls durch ein sehr son-
derbares Zungenbein unterstützt, das mit zwey
dünnen, drittehalb Zoll langen Knorpelfäden vom
zu beiden Zeiten der Luftröhre hinabläuft. Man
vergl. damit Veslings Zerglied. der Viper (Co-
luber berus) in severini Vipera pythia pag. 238.
Bey einigen Meerkatzen, z.B. bey dem sogenann-
ten Musicantenaffen (Beelzebul linn. l'Ouarine
bvff.) und beym Seniculus linn. (l'Alouatte bvff.)
bildet das Mittelschild eine ansehnliche knöcherne
Blase, die schon in grew mus. reg. Societ. tab. II.
pag. II. abgebildet ist. Aufs genaueste beschreibt
sie Hr. Prof. Camper Verhandeling over den Orang-
Outang pag. 39 sq. tab. IV. fig. 4. 5.
Weitbrecht schien dieses Ligament bezweifeln zu
wollen, Syndesmolog. pag. 211 sq. Man s. aber
morgagni de sed. et causs. morbor. per anat. indag.
epist. LXIII. Sect. 14. Vol. II. pag. 417.
Daher haben mehrentheils diejenigen Thiere de-
nen der Griffelfortsatz mangelt, dafür ein oder
mehrere eigne Paare von Hörnern am Zungenbein,
die nach dem Schlafbein hinauf gerichtet sind.
Dieß war die seltene Varietät die Vesalius für
den gewöhnlichen Bau angesehen, und worin ihm
lange seine Abschreiber gefolgt sind. de corp. hum.
fabr. cap. XIII. fig. 1. 2. – Allein schon Fallopius
a. a. O. und Eustachius im ossium exam. pag. 197.
haben den Fehler gerügt. s. auch des letztern
tab. XLVII. fig. 14. 15.
Außer den allgemein bekannten Quellen vergl. man
zu diesem Theil der Osteologie corn. henr. à roy
Comment. de Scoliosi. LB. 1774. 4. Und über das
Rückgraat insbesondre Hr. Prof. adolph mvrray
diss. de spinae dorsi luxationibus Vpsal. 1780. 4.
Am Rumpfe des Vogelgerippes sind doch ungleich
weniger knorplichte Theile als bey den Säuge-
thieren. Der Grund davon ergiebt sich aus dem
was oben (Th. I. S. 61.) von den Luftwerkzeu-
gen der Vögel gesagt worden.
Das gallertige Rückgraat, oder die sogenannte
Carina giebt die erste Spur vom Anfang der Aus-
bildung des Küchelchens im neubebrüteten Eye.
s. malpighi de format. pulli in ovo fig. 5. sq. S. 5.
u. f. der Londner Ausg. v. 1673. und Hrn. Prof.
Wolf theoria generationis tab. II. fig. 5.
Die Anzahl der Wirbel des Rückgraats scheint
mir bey den Thieren fast durchgehendes mit der
Größe und Stärke ihrer übrigen Bewegungswerk-
[Seite 267] zeuge im umgekehrten Verhältniß zu stehn. Die
Schlangen z.B. die gar keine äußeren Organe
der locomotiuitas erhalten haben, sind dafür mit
den zahlreichsten Wirbeln versehen; meist zu meh-
reren Hunderten: so zähle ich an der Natter 248 etc.
– Zunächst folgen die langgestreckten Fische, wie
der Aal der 90 Wirbel hat etc. – Die Frösche
hingegen haben bey ihren großen Springfüßen
ein ganz kurzes Rückgraat von wenigen Wirbeln.
Hingegen sind an den Gerippen ungebohrner Lei-
besfrüchte zumal aus der ersten Hälfte der Schwan-
gerschaft die Lendenwirbel am dünnsten, und hin-
gegen die Nackenwirbel am allerstärksten.
Man darf sowohl bey der Aufstellung eines Ge-
rippes als bey einer Zeichnung desselben nicht ver-
gessen, wie sich die Wellenlinie des Rückgraats
nach der verschiedenen Stellung des ganzen Kör-
pers ändert. Ein Umstand der in manchem unse-
rer prachtvollen osteologischen Kupferwerke über-
sehen worden, und den hingegen die alten Grie-
chischen Künstler in den auf uns gekommenen
Meisterflücken der Bildhauerkunst zum Bewundern
getreu nach der Natur beobachtet haben.
Nicht blos ist der Bug des Rückens im Ste-
hen überhaupt anders als im Sitzen u.s.w. son-
dern auch die individuellen Stellungen des stehen-
den oder sitzenden Körpers ändern die Beugung
des Rückgraats; die z.B. beym Torso ganz an-
ders ist als bey dem sich windenden Laocoon; bey
der schaamhaften Mediceischen- oder auch bey der
Jenkinsischen-Venus anders als beym keck vor-
tretenden Apollo von Belvedere etc.
Ohngefähr ließ sich die Richtung des Rück-
graats, als wovn hier bloß die Rede ist, an dem
schönen Scelet bey vesalivs de c. h. fabr. pag. 205.
wenn sie weniger stark gekrümmt wäre, mit der
am Torso vergleichen. s. die Abbildung desselben
in der Raccolta di Statue tab. IX. und in j. episcopii
signor. veter. icon. tab. XXIV.
So die in sve Tr. d'osteologie de Monro tab. XI.
mit der am Laocoon. s. (gir. avdran) proportions
du corps humain etc. tab. II. IV.
Etwa die in trew tab. osteolog. tab. B. mit der
an der mediceischen Venus. s. Museum Florenti-
num Vol. III. tab. XXIX. und episcopivs l. c.
tab. XLVIII.
Und die in albini tab. sceleti et musculor. tab. III.
mit der am Apollo. s. tarin Osteo-graphie
tab. IV. V.
Die kränklichen Abweichungen des verwachsenen
Rückgraats werden bekanntlich unter drey Haupt-
gattungen gebracht: cyphosis, der Buckel, wenn
es zu stark rückwärts gewölbt ist: lordosis, wenn
ee vorwärts verwachsen: und scoliosis, wenn es
seitwärts gekrümmt ist.
S. chr. gottl. lvdwig de distorta spina dorsi
im II B. der aduersar. medico-practic. pag. 327 sq.
538 sq. und 579 sq. auch s. Abh. de dolorib. ad spi-
nam dorsi im I B. S. 711 u. f. – vergl. che-
selden's osteographia tab. XLIV.
S. Cheselden im angef. Werke Kap. 3. vergl. sa-
batier Tr. complet. d'Anatomie T. I. pag. 117 der
Ausg. v. 1781.
cheselden osteographia tab. XIII. und Hrn. Prof.
Camper Zusätze zur zweyten Ausg. der Holländ.
Uebers. von Mauriceau's Krankheiten der Schwan-
gern etc. Amsterd. 1759. 4. Taf. I. Fig. 6.
Daher diese Hinterseite des Rückgraats beym un-
gebohrnen Kinde leicht vom Wasser auseinander
getrieben und zur spina bifida verunstaltet werden
kann, zumal wenn ohnehin eine mangelhafte Ver-
knöcherung dabey zum Grunde liegt. s. des Hrn.
Hofr. Murrray Progr. Spinae bifidae ex mala ossium
conformatione initia Goetting. 1779. 4. – vergl.
le cat Tr. du fluide des Nerfs. Berl. 1765. 8.
pag. 52 u. f. tab. III.
gagliardi anat. ossium pag. 77 der Röm. Ausg.
Der seel. Pitschel glaubte neuerlich in diesen Lö-
chern die Verbindung des Brust- und Bauchfells
nut der harten Hirnhaut gesunden zu haben.
s. dessen anatom. chirurg. Anmerk. Dresd. 1784.
8. S. 38 u. f. II. Taf.
Von der Verschiedenheit die durch den Druck auf
diese Knochenscheiden in der Statur des aufrech-
ten Menschen bewirkt wird. s. Th. I. S. 67. N. *)
winslow s. les mouvements de la tête, du col, et
du reste de l'epine du dos in den Mém. de l'Ac. des
Sc. de Paris 1730. pag. 351 sq. vergl. mit einem
Aufsatz des ältern Alex. Monro in s. Werken
S. 281 u. f. der engl. Ausg.
Ueber die Verschiedenheiten dieser Oeffnungen an
den drey Haupttheilen des Rückgraats s. umständ-
lich Vesalius im großen Werke S. 83.
s. evstach. tab. XVIII. fig. 2. – und besonders
die unter des großen ehemaligen Malers Peter
Berrettini Namen erst a. 1741 herausgegebnen
tab. anatom. tab. XII. fig. 1. tab. XIII. fig. 1.
tab. XIV. fig. 1.
Diese Seitentheile werden deswegen auch von
manchen Zergliederern wie z.B. von Mauchart
in den unten anzuführenden Dissertationen, und
von Hrn. Prof. Murray a. a. O. die corpora die-
ses Wirbels genannt.
albini icones ossium foetus tab. VIII. fig. 55. 56.
trew tabulae osteologicae tab. B.
Bey den Raubthieren, zumal bey denen die ihre
meiste Stärke im Nacken zeigen, wie die Wölfe,
Hyänen, Löwen etc. ist der erste Halswirbel von
ausnehmender Stärke, und zumal mit zwey über-
aus großen breiten flügelförmigen Seitenfortsätzen
versehen.
Dieser ganz natürliche Zwischenraum wird leicht
von unkundigen Wundärzten bey Legalsectionen für
eine gewaltsame Verzerrung gehalten, s. chr.
gottl. lvdwig de luxatione vertebrarum colli a me-
dico forensi circumspecte disquirenda. Lips. 1767. 4.
und im II. B. der Aduersar. pag. 253 sq.
Wie fast durchgehends bey den vierfüßigen Thie-
ren. Doch findet sich zuweilen bey manchen Af-
fen auch nur ein Einschnitt statt des vollkomme-
nen Loches. s. Hrn. Prof. Camper natuurkund.
Verhandel. over den Orang-outang etc. pag. 21.
vergl. mit evstach. ossium examen. pag. 211. 214.
Daher man ihn auch nicht gar selten mit dem
Hinterhauptbein verwachsen findet. Beyspiele die-
ser Art von Ankylose s. in Hrn. Prof. Sandifort
Exercitat. academicis P. I. tab. I. II. III. und in jac.
thiens. van de wynpersse diss. de Ancylosi LB.
1783. 4. tab. I. fig. 1. 2. 3.
[Seite 281] Vor kurzem habe ich von einem hiesigen Kirch-
hof einen dergleichen Schedel erhalten, der dem
vom Hrn. Sandifort a. a. O. tab. II. fig. 2. abge-
bildeten, zum Bewundern gleicht.
Sie sind am genauesten von Mauchart in der
ersten von den beiden unten zu nennenden Dis-
sertationen beschrieben.
Ueber diese Gelenkbänder s. vesalivs L. II. cap. 30.
pag. 332 sq und besonders Eustach's ansehnliche
Schrift de motu capitis (am ossium examen pag.
227-260.) wo er aber doch an einigen Stellen,
blos um seinen angebetheten Galenus zu retten,
ein paar wirkliche Irthümer desselben zu verthei-
digen gesucht hat.
Vor allen aber gehören zwey classische Disser-
tationen des seel. Mauchart hieher. Die eine,
capitis articulatio cum prima et secunda vertrebra Tüb.
1747. 4. steht auch im VI B. der Hallerschen
Sammlung anatomischer Streitschriften. Die an-
dere, de luxatione nuchae ib. im gleichen Jahr; ist
im II B. Hrn. v. Hallers chirurgischer Sammlung
wieder abgedruckt.
Wie schon Columbus gegen das gemeine Vorur-
theil sehr richtig, und nach zahlreichen Untersu-
chungen an Gehängten angemerkt hat, de re anat.
L. III. cap. 2. pag. 194.
Düverney hielt die Verrenkung sowohl des
Kopfs vom ersten Halswirbel, als dieses letztern
vom zweyten für unmöglich: oeuvr. anatom. Vol. I.
pag. 446 sq. – J. L. Petit gab zwar die letztere
zu, und hielt sie sogar für die gewöhnliche Todes-
art der Gehängten, im Tr. des maladies des os
Vol. I. pag. 68 der Ausg. v. 1758. – Allein auch
diese hat Mauchart in der zweyten von den bei-
den angeführten Dissert. §. 11. blos auf wenige
bestimmte Fälle eingeschränkt.
Daß von solchen Fällen hier nicht die Rede ist,
wobey die Wirbel zugleich zerbrochen sind, braucht
keine Erinnerung. s. chr. gottl. lvdwig de pa-
[Seite 286] raplegia ex fractura vertebrarum colli Lips. 1767. 4.
Und im III B. der Adversar. pag. 507 sq.
Ueberhaupt aber wird auch gar häufig manche
andre Todesart oder Verletzung ganz irrig auf die
Verrenkung der Halswirbel oder aufs Halsbre-
chen geschrieben. – Meist mit nicht bessern,
Grunde als weiland der heil. Abälard in seiner
famösen Epistola calamitatum von sich selbst erzählt,
wie er einmal den Hals gebrochen: ‘"de nostra
lapsum equitatura, manus Domini vehementer col-
lisit, colli mei canalem confringens."’
Merkwürdig ist die, meines Wissens bey allen
vierfüßigen Säugethieren ohne Ausnahme un-
veränderlich gleiche bestimmte Anzahl der Hals-
wirbel. Die langhaifichte Giraffe, und das Ka-
meel und das Pferd etc. haben nicht mehrere als 7:
und der Maulwurf und der zweyzehichte Ameisen-
bär ohngeachtet ihres so kurzen Halses nicht weniger.
Auch beym Menschen sind die Varietäten in der
Zahl der Halswirbel unerhört, und hingegen bey
den übrigen Theilen des Rückgraats bis zum Ku-
kuksbein gar nicht selten. – Denn Spiegel's Be-
hauptung, daß man bey langhalsichten Personen
zuweilen 8 Halswirbel finde, scheint nicht aus der
Natur geschöpft. Von ungleich größerm Gewicht,
aber doch noch in etwas zweifelhaft, ist mir Eu-
stach's Anmerkung: ‘„Collum ex septem vertebris
constat, nisi natura in conformandis particulis ab-
errans et a communi lege discedens, vt quandoque
mihi videre contigit, octo pro septem efficiat.“’
Ossium exam. pag. 210. [Seite 289]
Bey den Vögeln ist die Zahl der Halswirbel
nicht so bestimmt als bey den Säugethieren. Die
Eulen, Raben etc. haben ihrer 12. – Die Hüner,
Tauben, Fettgänse etc. 13. – Der Straus, Ca-
suar, Flamant, Storch etc. 17. – Der Schwan 22.
Durchgehende ist der Hals bey den Vögeln
überaus beweglich und gelenk, um gleichsam die
Steifigkeit ihres Rückens zu ersetzen.
Bey manchen vierfüßigen Thieren die kein so star-
kes ligamentum suspensorium colli haben, das bey
andern den vorhängenden Kopf tragen hilft, zeigt
sich dagegen eine überaus sonderbare Einrichtung
in den Nackenwirbeln, deren Körper vorn nach
unten einen schuppenförmigen Fortsatz bildet, der
als Stütze die Last des Kopfs erleichtert. Ich
habe in der Schrift de generis humani variet. natiua
tab. II. fig. 1. eine Abbildung dieses merkwürdi-
gen Baues beym Pavian (Papio mandrill) gegeben.
Beyspiele von wenigern oder von überzähligen Brust-
wirbeln s. in ph. ad. böhmer obseruat. anatom. P. I.
praefat. pag. V. not. e) und in haller de c. h. funct.
Vol. VI. pag. 7 sq.
Bey den Vögeln sind die Rückenwirbel unbeweg-
lich, und wenigstens auf der Rückseite ganz zu-
sammenverwachsen.
Ueber ihre Anzahl bey diesen Thieren s. Hrn.
Prof. Merrem vermischte Abhandl. aus der Thier-
Geschichte S. 125. und Hrn. Prof. Schneider
vermischte Abhandl. zur Aufklärung der Zoologie
und der Handlungsgeschichte S. 162 u. f.
Bey den Frischen vertreten die überaus breiten Sei-
tenfortsätze gleichsam die Stelle der ihnen abge-
henden Rippen.
Bey den mehresten vierfüßigen Säugethieren sind
diese Dornfortsätze von einer auffallenden Länge,
besonders beym Elephant, Pferd, und durchge-
hends bey den Thieren mit gespaltnen Klauen.
Bey keinem aber doch so ungeheuer lang und
stark als beym Cameel und Dromedar, wo sie zur
Grundlage für den Rückenhöcker dienen.
Man sagt, daß diese Fortsätze bey Frauenzimmern
die sich enge schnüren, schief wachsen sollen. –
s. jo. c. insfeldt diss. de lusibus naturae LB. 1772.
4. pag. 28.
Ich weis nicht ob sich diese Behauptung auf
würkliche Untersuchungen gründet, oder ob sie nicht
vielleicht zu so manchen andern eingebildeten Nach-
theilen gehört, die man – außer den würkli-
chen – den Schnürbrüsten hat aufheften wollen.
Auch diese Wirbel variiren zuweilen in der Anzahl.
s. bohmer obseruat. anat. a. a. O., u.a.m.
Die meisten Affen und viele andere vierfüßige
Thiere haben mehr als fünf Lendenwirbel. Der
Mandrill z.B. ihrer 7. – Hingegen habe ich das
Gerippe eines geschwänzten Affen vor mir, der doch
auch nur 5 Lendenwirbel, aber 14 Brustwirbel hat.
Das Pferd hat 6. – Der Esel hingegen 5. –
Und, was merkwürdig, das Maulthier hat auch
nur 5.
Die Vögel haben eigentlich gar keine Lenden-
wirbel, wie schon der brave Roiter richtig ange-
merkt hat im 10 Kap. seiner Schrift de anium sce-
letis, an seiner Ausgabe von fallopivs de partibus
similaribus c. h. – s. auch Hrn. Prof. Merrem
a. a. O. S. 126.
Auch diese processus accessorii haben in dem heftigen
Streite zwischen Vesalius und seinen Gegnern,
Aufsehen gemacht. Galenus nemlich hatte sie (a.
a. O. pag. 19, D.) als gewöhnlich beschrieben. –
Vesalius folgerte hieraus so wie auch aus hun-
dert andern Stellen der Galenischen Osteologie,
daß dieselbe nach Affen- und nicht nach Menschen-
Gerippen verfaßt sey, de c. h. fabr. pag. 95 sq.
cap. 17. fig. 4. – Eustach hingegen vindicirte sie
wieder dem Menschen, im ossium exam. pag. 217.
und bildete sie auch auf seiner Tab. XLVII. fig. 11. D.
nach Menschenwirbeln ab.
Bey den Affen hingegen ist der Dornfortsatz auf-
wärts gekehrt. Und es ist offenbar verdächtig, daß
Galenus a. a. O. diesen Fortsätzen gerade diese
Richtung zuschreibt!
Ueber den Grund dieser Benennung ist viel gestrit-
ten worden. Eine Menge Vermuthungen darüber
hat Riolan zusammengetragen, anthropograph.
pag. 848. der Pariser Ausg. v. 1626. 4. Mit ist
keine davon recht einleuchtend: ich habe es aber
freylich nicht der Mühe werth gefunden, viel Zeit
aufs Nachforschen einer bessern zu verwenden.
Ueberhaupt variirt zwar das Kreuzbein gar man-
nichfaltig, in Rücksicht der kleinen Abweichungen
[Seite 302] von Länge, Breite und Krümmung. Allein an
den schönsten Gerippen und die ich in der ganzen
übrigen Ausbildung für Muster des natürlichsten
Baues halten muß, habe ich die Verschiedenheit
zwischen dem männlichen und weiblichen Kreuzbeine
immer so gefunden, wie sie oben angegeben ist.
Daher ich es nicht verstehe wie einige neuere Fran-
zösische Zergliederer gerade das Gegentheil behaup-
ten können: Bertin z.B. sagt im Tr. d'osteologie
Vol. III. pag. 159: ‘„L'extrémité inférieure est tou-
jours recourbée en devant; elle l'est ordinairement
plus dans la femme que dans l'homme.“’ Und Hr.
Sabatier im Tr. complet d'anatomie Vol. I. pag. 125.
‘„Dans l'homme cet os – est moins courbé. Dans
la femme au contraire il est – plus courbé.“’
Offenbar ist beym schönsten Bau das weibliche
Kreuzbein an sich flacher, minder gekrümmt; aber
es macht in seiner Verbindung mit dem letzten
Lendenwirbel, am sogenannten Vorgebirge (§. 244.)
einen schärfern Winkel und tritt dann stärker rück-
wärts als am männlichen Gerippe. Und gerade
so haben es auch die ältern Zergliederer ganz rich-
tig angemerkt. Zu allererst, so viel ich weis, Lud.
Bonaccioli, der schon zu Ende des 15ten Jahr-
hunderts ale Prof. zu Ferrara lebte, in seiner sehr
schlüpfrigen Enneas muliebris (die er dennoch seiner
– freylich ohnehin sehr berüchtigten – Herzogin
Lucretia zu dediciren, kein Bedenken getragen
hat!) wo er sagt: ‘„os sacrum in viril rectius
(nemlich in Verhältnis seiner Verbindung mit den
Lendenwirbeln) in feminis in exteriora magis, quo
fecius partui impedimento sit, recuruatum conspicitur.’
In exteriora heißt hier, so wie bey vielen nach-
herigen Zergliederern die Richtung der Kreuzbeins
[Seite 303] nach hinten. Eben so nimmts z.B. auch Riolan
a. a. O. pag. 705. und Boerhaave in den institut.
§. 659. u.a.m.
Diese Richtung mit der das weibliche Kreuzbein
stärker nach hinten austritt, ist aber blos am Ge-
rippe und nicht am vollständigen weiblichen Kör-
per merklich, weil bey diesem bekanntlich auch die
fleischichten Theile derselben Gegend ein andres
Verhältnis von Umfang und Wölbung haben als
am männlichen. Desto merklicher wird sie hinge-
gen bey Mannspersonen, wenn dieser ihr Kreuzbein
etwa so stark als beym andern Geschlecht zurück-
tritt, die daher in manchen Gegenden geschwänzte
Menschen genannt werden. s. fallopii expos. de
ossib. pag. 577 sq. paw primit. anatom. pag. 101.
Ganz nach der Natur ist übrigens die Beschrei-
bung des weiblichen Kreuzbeins bey albinvs de
sceleto pag. 474. ‘„Sacrum feminis latius, per lon-
gitudinem rectius, infra non aeque incuruatum in
priora.“’ – So auch bey Marherr in den praelect.
Vol. III. pag. 573 der Ausg. v. 1785.
Und eben so nach der richtigen schönen Natur
ist auch das Profil eines weiblichen Kreuzbeins in
trew tabul. osteolog. tab. IX. fig. 6. zur Verglei-
chung mit dem von einem männlichen; ebendas. fig. 5.
Gewöhnlich besteht das Kreuzbein aus fünf wirbel-
artigen Stücken. – So auch in den Abbildungen
bey Eustach, Bidloo, Cheselden, Albinue, Sue
u.a.m.
[Seite 304] Daß nur viere gewesen seyn sollen, finde ich
nur ein einzigmal angemerkt, in fallopii expos. de
ossib. pag. 579. der diese unerhörte Abweichung
selbst gesehen zu haben versichert.
Sechse sind nicht selten. – So bey Vesalius,
Trew, Smellie u.a. Auch in Amat. Bourdon
ungeheuer großen tabulis anatom. tab. 5. fig. 32.
Nur muß man nicht die Fälle wo das erste
Glied des Kukuksbeins mit dem untern Ende des
Kreuzbeins ankylotisch verwachsen ist, mit jenen
verwechseln, wo dasselbe aus 6 wahren Wirbel-
stücken besteht, und folglich dann mit 5 Paar Oeff-
nungen zum Durchgange der Kreuznerven durch-
bohrt ist. Ich habe von beiden Arten mehrere
Beyspiele in meiner Sammlung. Auch eins wo
das Kreuzbein aus 6 wahren Wirbelstücken besteht,
und dennoch das erste Glied des Kukuksbeins noch
gleichsam als ein siebentes ankylotisch damit ver-
wachsen ist.
Dieß ist der Fall, wo der alte Sal. Alberti ein
Kreuzbein von 7 Wirbeln zu sehen gemeynt, und
es dafür abgebildet hat, in s. hist. plerarumque par-
tium h. c. Viteb. 1583. 8. pag. 89. und den auch
Pet. Paw gefunden zu haben versichert primit.
anat. pag. 102.
Ein mehreres über dergl. Verschiedenheiten
findet sich in albini annotat. acad. L. IV. pag. 53 sq.
v. doeveren obseruat. acad. pag. 206 sq. und bey
tabarrani in den Atti di Siena Vol. III. pag. 142 sq.
Bey den mehresten Affen, und selbst bey einigen
ziemlich menschenähnlichen, wie bey der Art von
[Seite 305] Orang-utang (Simia pygmaeus) die Hr. Camper
zergliedert hat, besteht das Kreuzbein nur aus
drey Wirbelstücken, die folglich nur zwey Paar
Oeffnungen für die durchgehenden Nerven haben.
Und da Galenus a. a. O. überhaupt das Kreuz-
bein also beschreibt, so sieht man offenbar daß er
seine Beschreibung nicht nach Menschenbeinen son-
dern vermuthlich nach solchen Affen etc. verfertigt,
wie schon Vesalius – trotz Jac. Sylvius und
Eustach – vollkommen richtig erwiesen: sowohl
in der epistola de radicis Chynae decocto pag. 49 sq.
der Oporinischen Orig. Ausg. als auch im großen
Werke pag. 99. wo er deshalb auch die Abbildun-
gen vom Kreuzbein der Affen gegeben.
Hingegen hat der wahre Orang-utang (Si-
mia satyrus) so wie der Mensch fünf Wirbelstücke
in seinem Kreuzbein, s. tyson's anat. of a pygmy
pag. 89. der Ausg. v. 1751.
Auch beym Elephanten hat das Kreuzbein 5
Wirbelstücke mit 4 Paar Oeffnungen. s. blair's
osteographia elephantina pag. 129. tab. IV. fig. 4.
Beym Maulwurf hat es längst seiner Hinter-
seite statt der Dornfortsätze einen ununterbroche-
nen schneidenden Rücken, der dem kleinen Thiere
bey seiner unterirdischen Lebensart besonders aber
bey der Weise wie es die mit den Vorderfüßen
losgegrabne Erde mit den Hinterfüßen hinter sich
wirft, sehr zu statten kommt.
Bey den Vögeln macht das Kreuzbein mit den
übrigen beiden Beckenknochen ein einziges zusam-
menhängendes Stück aus: ist aber bey den ver-
schiedenen Arten von ungleichen Verhältnis der
Länge etc. – Viele genaue Bemerkungen darüber
s. bey Royter a. a. O. cap. 10.
Bey den Fröschen bildet es blos einen dünnen
langen Knochen fast wie eine steife Gräte.
cheselden osteographia tab. XIII. smellie's Set of
anatom. Tables, tab. II. u.a.m. hvnteri ana-
tom. vteri hum. grauidi tab. IX.
Beym natürlichsten Bau ist das Kuckuchsbein aus
vier Stücken zusammengesetzt. – So ist es auch
in den Abbildungen bey Vesalius, Cheselden,
Albinus, Trew u.a.
Zuweilen nur aus dreyen. – So in veslin-
gii syntagma anatom. tab. cap. 2. fig. 5. 6. pag. 18
der Ausg. v. 1666. und in Sue großen Tafeln
Tab. XVII. fig. 3. 4.
Manchmal hingegen auch aus fünfen. – So
bey Sal. Alberti a. a. O. und in ridloo anat. hum.
corporis tab. XCVIII. fig. 3. 4. und in Hrn. v. Hal-
ler's iconib. anat. Fasc. IV. tab. III. B. 1. 2. 3. 4. 5.
Casp. Bauhin trihuirte (– aber wohl ohne
sonderlichen Grund –) dem weiblichen Kuckucks-
bein 5 Wirbel, und dem männlichen hingegen 4.
s. dessen theatr. anat. L. I. tab. XLI. fig. 9 und 8.
pag. 85. der Ausg. v. 1640.
Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Ankylo-
sen. Und zwar (wie Hr. Camper in den gedachten
Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und ich selbst
bestätigt gefunden habe) zuweilen schon im erwach-
senen jugendlichen Alter.
Am häufigsten verwächst das erste Stück des
Kuckucksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins
(s. oben S. 304.), und dann die letzten Stücke
von jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's
anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. – vergl.
levret art des accouchemens pag. 4.
Die Ankylosen des Kuckucksbeins entstehen be-
sonders leicht bey Frauenzimmern die viel reiten,
und sich eben dadurch oft ihre Niederkunft erschwe-
ren. – Eine Anmerkung die sich auch bey wilden
herittnen Nationen bestätigt findet. Der Pater
Dobrizhoffer z.B. handelt daher ausführlich von
den schweren Geburten der Adiponischen Weiber,
die, wie er sagt, den größten Theil ihres Lebens
mit Reiten zubringen, und dabey nach der Män-
ner Art auf ihren harten rindsledernen Sätteln sitzen.
s. dessen Geschichte der Abiponer, einer berittenen
und kriegerischen Nation in Paraguay 11ter Band
S. 269 u. f.
Daher das Kuckucksbein leicht durch ein gewaltsa-
mes hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß
desselben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und
dann in Beinfras übergehen, und auch wohl starke
Eiterung der benachbarten Theile und den Tod
nach sich ziehen kann, s. sve et dangerville de
coccygis luxatione Paris. 1770. 4.
Diese Nachgiebigkeit hat schon beym Stuhlgange,
vorzüglich aber bey der Niederkunft ihren Nutzen.
[Seite 312] – Der große Harvey hat schon angemerkt, wie
man sich durch einen leichten Versuch überzeugen
kan, daß die geschwänzten vierfüßigen Säuge-
thiere weder ihre Junge werfen, noch ihren Mist
fallen lassen können, wenn sie nicht den Schwanz
dabey zurückbeugen. De generat. animal. pag. 196,
der Londner Originalausg. v. 1651.
Bey den geschwänzten Thieren läuft hingegen das
zum Schwanz verlängerte Kuckucksbein ausserhalb
des Körpers fort, und ist bekanntlich bey man-
chen von einer ausnehmenden Länge.
Am Gerippe eines geschwänzten Affen das ich
vor mir habe, besteht das Schwanzbein aus 22
Wirbeln. – Beym kleinen zweyzehichten Ameisen-
bär aus 41.
Bey den Affen hingegen und selbst bey den unge-
schwänzten, deren Kuckucksbein meist nur aus drey
Wirbeln besteht, sind dieselben sowohl mit einem
Canal für das sich so weit erstreckende Rückenmark
als mit löchern zum Ausgang für Nerven durch-
[Seite 314] bohrt. Und da Galenus a. a. O. diesen Bau
dem Kuckucksbein überhaupt zuschreibt, so hat
Vesalius in beiden obgedachten Werken auch
hieraus erwiesen, daß seine Osteologie nicht nach
dem menschlichen Gerippe verfertigt seyn könne.
Beym Orang-utang hingegen ist das Kuckucks-
bein aus vier Wirbeln zusammengesetzt, die nicht
durchbohrt sind. Also von der Seite wie beym
Menschen. s. Tyson a. a. O. S. 69 u. f.
Mit welchem man sie wohl eher ankylotisch ver-
wachsen gefunden. s. z.B. colvmbvs de re anat.
pag. 108. pinaevs de virginitatis notis pag. 128.
dvverney oeuvres anatom. Vol. I. pag. 458.
Ich habe diese Ecke verschiedentlich bey Personen
die lange Jahre hindurch Bruchhänder getragen
[Seite 319] hatten, wie eine starke Exostose hervorragend
gefunden.
Eine genaue Beschreibung dieser Theile und
ihrer Veränderungen bey Entstehung der Leisten-
Brüche s. in pfann diss. de entero-oscheocele antiqua.
Erlang. 1748. §. X sq.
Beym männlichen Becken beträgt dieser Winkel
gewöhnlich 80 Grade oder etwas drüber. – Beym
weiblichen wohl 100 oder etwas weniges drunter.
Nur einen Schriftsteller statt aller hierüber anzufüh-
ren, s. jo. peters. michell de synchondromia pu-
bis Comm. Amst. 1783. gr. 8.
Besonders vom verstorbnnen Hunter in den medi-
cal obs. and Inquiries Vol. II. pag. 333 sq. tab. I.
fig. 3. 4. – Hrn. Prof. Bonn in den Verhandel.
van het Genootschav te Rotterdam III D. p. 151 sq.
tab. II. III. IV. – Hrn. Dr. Bentley in Bern de
sect. synchondroseos ossium pubis. Argent. 1779. 4. –
Hrn. Prof. Walter von der Spaltung der Schaam-
beine in schweren Geburten. S. 11 u. f.
Die Fälle sind nicht gar selten wo diese ganze
Knorpelscheibe fehlt, und die Schaambeine vorn
von einander ab und auseinander stehn. – Ein
Becken der Art hat Hr. Prof. Walter bey der an-
geführten Schrift in Kupfer stechen lassen. –
Sonderbar ist nur, daß dieser Mangel ge-
wöhnlich mit einem ganz eignem angebohrnen Feh-
ler der Harnwege verbunden ist, da nemlich die
Harnröhre gespalten und auseinander getrieben,
und durch diese widernatürliche Oeffnung die Harn-
blase umgekehrt aus dem Leibe heraus getrieben
ist (prolapsus vesicae inuersae), welche dann in Ge-
stalt eines derben rothen schwammichten immer
nässenden Fleischgewächses in der Schaamgegend
über den Zeugungstheilen herausliegt. – Dieß war
der Fall bey einem 16jährigen Buben aus Cöln,
den ich im Nov. 1784 untersucht habe, und der
auch von Hrn. Prof. Bonn im III B. des Amster-
damer Geneeskundig Kabinet genau beschrieben,
auch sein Aufsatz ins Deutsche übersetzt und beson-
ders gedruckt worden. – Ich habe außer den
[Seite 321] zahlreichen von Hrn. Bonn gesammelten Parallel-
Fällen noch eine Menge andrer gefunden – z. E.
bey palletta noua gubernaculi Hunteriani descr. u.a.m.
Ben den Fledermäusen und in der ganzen Classe
der Vögel ist fast ein änlicher Bau: da auch ihr
Becken in der Schaamgegend offen ist.
Sie änelt diesen auch darin, daß sie eben so nach
Verschiedenheit der Umstände entweder aufschwel-
len oder aber mehr zusammengezogen werden kann.
– Darauf gründet sich die seit Sever. Pineau's
Zeiten und zumal in den letztern 15 Jahren fast
bis zum Eckel verfochtne oder bestrittne Frage
von der Möglichkeit oder Beträchtlichkeit des Aus-
einanderweichens dieser Knorpelscheibe sowohl wäh-
rend der Schwangerschaft als auch bey der Nieder-
kunft. – s. ein Heer von Citaten pro und contra
bey Hrn. Michell a. a. O. S. 51 u. f.
Es ist doch überaus merkwürdig, daß alle Verknö-
cherung der Schaambeinknorpel so äußerst selten,
und eine vollkommne Ankylose derselben fast un-
erhört ist; daher sie auch schon von Pineau so wie
[Seite 322] nachher von Düverney a. a. O. neuerlich von Hrn.
Louis de partium generationi infernientium in mu-
lieribus dispositione u.a.m. gänzlich bezweifelt
worden.
Unvollkommene Ankylosen der Schaambeinknor-
pel sind von Hrn. Prof. Sandifort im II B. sei-
ner observat. anat. patholog. von Hrn. van de wyn
persse diss. de Ancylosi, und von Hrn. Michell im
angeführten Werke beschrieben worden.
Bey Pferden ist hingegen der Fall nicht selten.
Und bey manchen Säugethieren, wie beym
Biber ist schon im natürlichen Bau die Symphyse
in der Schaamgegend knöchern.
Auch diese Oeffnung kann der Sitz eines freylich äus-
serst seltnen Bruches werden. s. chrph. h. papen
epist. ad Hallerum sistens stupendam et nunquam de-
scriptam herniam dorsalem. Goetting. 1750. 4.
tab arrani cose anatomiche im Anhang zum III B.
der Atti dell' accad. di Siena pag. 4 sq.
Icon membranae vasculosae ad infima acetabuli ossium
innominatorum positae – delineata et coloribus di-
stincta typis impressa a jo. ladmiral Amst. 1738. 8.
th. schwencke obs. anat. de acetabuli ligamento in-
terno, caput femoris firmante an dess. haematologia.
Hagae C. 1743. 8. pag. 201 sq.
Kann aber ebenfalls der Sitz einer eignen Art von
Brüchen werden. s. Hrn. Hofr. Richter Abh. von
den Brüchen. S. 787 u. f. der 2ten Aufl. und
dvverney oeuvres anatom. Vol. I. pag. 462.
s. Hrn. Prof. Sandifort's Inaug. Diss. de pelui
lb. 1763. und im III B. seines thesaurus diss.
pag. 169 sq.
Ein Blick in die osteologia comparata zeigt dieß aufs
unverkennbarste. Bey allen vierfüßigen Säuge-
thieren ist das Becken in Verhältnis länglichter,
schmahler, conischer, mit den Hüften bey weitem
nicht so divergirend als beym Menschen. Man
sehe z.B. die Abbildungen der Becken an den ver-
schiedenen Arten von Orang-utangs, bey Tyson
a. a. O. fig. 5. und in Hrn. Prof. Camper's na-
tuurkundige Verhandelingen tab. III. fig. 7.
Am Royterschen Affengerippe (bey seiner ana-
logia oss. humanar. simiae et verae et caudatae, atque
vulpis) taugt hingegen das Becken gerade nichts,
da die ungenannten Beine durch ein seltsames Ver-
sehen bey der Zusammensetzung völlig verkehrt ge-
stellt worden, mit den Hüftbeinen nach unten, mit
den Sitzbeinen nach oben etc. etc.
Ueber die mannichfaltigen besondern Verschie-
denheiten im Baue des Beckens bey den Säuge-
thieren und bey den Vögeln vergleiche man die
zahlreichen und überaus genauen Abbildungen bey
Royter an seiner Ausg von fallopii lection. de
partib. similar. und in Joh. Dan. Meyer Vorstel-
lung allerhand Thiere nebst ihren Seeleten.
Unter den vierfüßigen Säugethieren hat der
Maulwurf wohl eins der sonderbarsten Becken.
Es ist so eng und schmahl, daß es außer einigen
schlanken Muskeln, blos Nerven und Blutgefäße
zu fassen im Stande ist, hingegen die Geburtstheile
oberhalb der Schaambeine sich öffnen müssen.
Außer den allgemein bekannten Quellen über die
bestimmte Weite des weiblichen Beckens, und ihre
verschiednen Durchmesser, s. die genauen Maaße
davon in 't geklemd Hoofd geredt door P. de wind.
Middelb. 8. pag. 85 sq. – Und in Hrn. Prof.
Camper's Abhandl. vor der holländ. Uebers. des
Mauriceau. – Auch in Hrn. Prof. Bonn's Ver-
hand. over het Maakzel en de Loswording van het
Bekken etc im III B. der Rotterdamer Abh. S. 267.
Die Nachrichten der Reisenden von der leichten
Niederkunft der Negressen etc. könnten auf die
Vermuthung führen, daß ihr Becken geräu-
miger gebaut sey, als bey Europäischen Wei-
bern. – Die nähere Untersuchung hat dieß aber
nicht bestätigt. – Hr. Prof. Camper schreibt mir
daß er den Körper einer Negresse die im Kindbett
gestorben, zugleich nebst dem Kinde selbst erhalten
habe. Allein die Maaße dieses Beckens und auch
die vom Kopfe des Kindes seyen aufs vollkommenste
wie bey hieländischen wohlgebildeten Weibern.
Auch bey manchen vierfüßigen Thieren ist das
[Seite 330] weibliche Becken merklich geräumiger als das männ-
liche. So z. E. bey der Stute. s. gio. brvgnone
Mascalcia etc. Tor. 1774. 8. pag. 146 sq. not. a).
Die Anzahl der Rippen variirt zuweilen so wie die
der Rückenwirbel. Beyspiele von mangelnden oder
aber von überzähligen Rippen sind gesammlet in
haller de c. h. funct. Vol. IV. pag. 8. – bertin
Tr. de osteologie T. III. pag. 97 sq. – sabatier Tr.
d'Anat. T. I. pag. 152. – böhmer obseru. anat.
P. I. praef. pag. VI. not. f) sqq. – s. auch Hrn.
Malacarne in bonnet contempl. de la anat. P. I.
pag. 290 sq. des IV B. der großen Ausg. von Hrn.
Bonnet's Werken.
Bey den Thieren herrscht eine große Verschieden-
heit in Rücksicht der Anzahl, Gestalt u. andrer Ver-
hältnisse der Rippen.
[Seite 333] Die Frösche haben gar keine, sondern statt der-
selben desto größere Seitenfortsätze der Brustwir-
bel (S. 294. N. *).
Bey den Schildkröten sind die Rippen meist
ganz mit der großen knochichten Rückenschaale ver-
wachsen. Am meisten bey den Landschildkröten, de-
nen daher Royter die Rippen gar abspricht Deut-
licher sind sie hingegen bey den Meerschildkröten
zu unterscheiden. s. caldesi osservaz. anat. intorno
alle Tartarughe tab. I. fig. 2.
Die Vögel haben keine zahlreichen Rippen.
höchstens 10 Paar.
Die Säugethiere schon mehrere. Viele Affen
14 Paar. – So auch der Marder etc. – Der Il-
tis, auch der Igel etc. 15 P. – Der kleine Brasi-
lische Ameisenbär 16 P. – So auch das Frettel-
gen etc. – Das Pferd 18 P. – Der Elephant 19 P.
Die allerzahlreichsten Rippen finden sich bey
den Schlangen. Die gemeine Natter z.B. hat
ihrer 173 Paar, die sich vom Nacken bis zur cloaca
beym Anfang des Schwanzes erstrecken.
Albinus sagt a. a. O. S. 73. die zweyfachen Ge-
lenkknöpfe der Rippen womit sie an den Brustwir-
[Seite 334] beln eingelenkt sind, und die bey der reisen Leibes-
frucht noch aus bloßen Knorpel bestehn, wür-
den nachher erst zu Epiphysen ehe sie mit dem
Hauptstück der Rippen zusammenwüchsen: das
geschehe aber sehr geschwinde; und nur beym
obersten Rippenpaar erst um die Zeit des völlig er-
reichten Wachsthums.
Ich habe dieses alles nicht so finden können,
sondern bey einer großen Menge von Rippen un-
gebohrner Leibesfrüchte und kleiner Kinder die ich
deshalb untersucht und theils vor mir habe, ist
nichts einer wahren Epiphyse (in dem Sinne
wie er Th. I. §. 45 bestimmt worden) änliches zu
finden; sondern offenbar werden die Anfangs blos
knorplichen Gelenkknöpfe nach und nach von den
benachbarten Stellen der Diaphyse (Th. I. a. a. O.)
eingenommen: ohne daß sich erst besondre Kno-
chenkernchen in denselben erzeugen.
Die Vögel haben in der Gegend dieses schneidenden
Fortsatzes an ihren Mittlern Rippenpaaren einen
ganz besondern schmalen Anhang, der wie ein fla-
cher Haake nach hinten gekehrt ist – Royter
glaubt (de auium sceletis cap. 9.) er diene zum
Schutze der Brust gegen die starke Bewegung der
Flügel: ein Nutze der mir doch nicht recht einleuch-
tend ist.
Dieses vordere Ende findet sich zuweilen gabel-
förmig gespalten. Beyspiele von dergl. costis bifi-
dis s. in c. nic. lange lapid. figuratis Heluetiae
tab LII. lit. B. und in albini annotat. acad. L. II.
tab. VII. fig. 8. cap. 13. – vergl. v. haller de c.
h. funct. vol. VI. pag. 8. n. o) u. Hrn. Prof. Bonn
descr. thesauri ossium morbosor. Houiani.
Eben so hat man auch im Gegentheil mehrere
Rippen wie zusammen geschmolzen oder zusammen
[Seite 338] verwachsen gefunden. s. Hrn. v. Haller a. a. O.
S. 15. Auch Albinus a. a. O.
Ich habe noch kürzlich bey einem Schweine zwey
Rippen ohngeführ in der Mitte durch ein dickes
gemeinschaftliches Knochenstück mit einander ver-
bunden gesehen.
Die Fälle hingegen, wo mehrere ächte Rip-
pen durch eine Verknöcherung eines großen Stük-
kes vom Brustfell mit einander fest verknüpft sind,
dergleichen ich auch in meiner Sammlung besitze,
rechne ich nicht hieher.
herissant sur la structure des cartilages des côtes
in den Mém. de l'Acad. d. Sc. de Paris 1748. pag. 141 sq.
Auch hier herrscht viele Varietät bey Menschen und
Thieren. Nicht gar selten z.B. reicht beym Men-
schen so wie bey vielen Affen, der knorplichte An-
hang der achten Rippe ebenfalls hinauf zum Brust-
bein u.s.w. – s. Hrn. Hofger. R. Sömmerring
über die körperl. Verschiedenheit des Negers vom
Europäer. S. 32. N. a) der zweyten Aufl.
Aber übrigens doch lang genug, und nicht so sehr
von den Anhängen des zweyten Rippenpaars ver-
schieden, daß man ihn blos für eine Symphysis –
[Seite 341] oder gar das Brustbein und das erste Rippenpaar
wie für ein Stück – halten dürfte; wie doch
manche neuere Zergliederer gemeynt haben.
v. haller Mém. sur plusieurs phenomenes importans
de la respiration pag. 252. – und de c. h. function.
vol. VI. pag. 18. sq. – Auch des jüngern Herrn
D. Trendelenburg Inauguralschrift de sterni costa-
rumque in respiratione vera genuinaque motus ratione
Goett. 1779. pag. 9.
Die Vögel haben statt dieser knorplichten Anhänge
ein zweytes schmales Knochenstück, das sowohl mit
der Rippe wozu es gehört, als mit dem Brust-
bein, eingelenkt ist.
Folglich sind die untern auch die beweglichsten,
am leichtsten nachgiebigen, wie es der Mechanis-
mus des Athemholens erfordert.
Daher ist es eine weise Einrichtung der Natur,
daß diese zum leichten Athemholen so nothwendi-
gen Knorpel (so wie überhaupt die cartilagines per-
manentes am ganzen Gerippe) nicht leicht verknö-
chern. Th. I. S. 68. N. *).
Geschieht dieß aber, so wird es leicht eine unheil-
bare Ursache einer lästigen Engbrüstigkeit. v. hal-
ler de c. h. funct. vol. VI. pag. 11. – bertin
Tr. d'osteologie T. III. pag. 100. – jo. steph.
bernard epist. ad Haller. scriptar. Vol. III. pag. 362.
394. – rvd. avg. vogel observ. de asthmate singulari
ex cartilaginum costarum ossescentia. Goett. 1773. –
Medical obs. and Inquiries Vol. V. pag. 254.
Die Anhänge an den untersten ächten Rippenpaa-
ren und an den obersten unächten Paaren stoßen
zuweilen, ohngeführ in ihrer Mitte, aneinander,
so daß sie aus jeder Seite gleichsam ein zusammen-
hängendes Stück ausmachen. evstach. tab. XLIII.
fig. 1. – vergl. g. martinii in Eustachii tabulas
Commentaria. Edinb. 1755. 8. pag. 396.
So ist sie in Trew's Tafeln, tab. C. und tab. VIII.
fig. 22. 23. vergl. mit fig. 7. 8.
Der Mensch scheint unter allen warmblütigen
Thieren das allerkürzeste Brustbein erhalten zu
haben: – Höchstens kommt ihm etwa der ächte
Orang-utang darin bey. s. tyson's Anatomy of
a Pygmy fig. 5.
Unter allen rothblütigen Thieren sind meines
Wissens die Schlangen die einzigen die gar keine
Spur von einem Brustbein haben. Denn selbst
bey den Fischen ist doch etwas demselben änli-
ches. Und die Frösche haben zwar keine Rippen,
aber dennoch ein gar ansehnliches Brustbein.
Bey den Vögeln hat es die bekannte, Pflug-
schaar-änliche Gestalt, zur Anlage der ausneh-
mend großen Brustmuskeln, die den mehresten die-
ser Thiere zum Flug nöthig waren. – Der Straus
hingegen, der nicht fliegt, hat auch ein flacheres
Brustbein, das sich schon dem Baue der Säuge-
thiere nähert.
Unter diesen letztern hat wieder umgekehrt das
Brustbein des Maulwurfs viel änliches mit der
Vögel ihrem, hat an seinem obern Ende auch eine
scharfe Schneide zur Anlage für die robusten Mus-
keln, die dieses animal subterraneum zum Graben
braucht.
Bey den mehresten übrigen vierfüßigen Säuge-
thieren ist das Brustbein cylindrisch und gegliedert,
selbst bey den meisten Affenarten, und beym Bä-
ren, dessen Gerippe sonst (Kopf und Becken aus-
genommen) viel Analogie mit dem menschlichen hat.
albini icones oss. foetus tab. IX. fig. 65.
Dieß hielt Berlin für den gewöhnlichen Fall. Tr.
d'Osteologie T. III. pag. 133 sq. er ist aber sicher
bey weitem der seltnere.
Daher die Widersprüche und Zänkereyen der Zer-
gliederer des 16ten Jahrhunderte über die Anzahl
der Stücke woraus das Brustbein bestehe, weil
sie nur nach dem einen oder den wenigen Mu-
stern urtheilten, die sie gerade vor sich hatten, und
keinen größern Vorrath von jugendlichen Brustbei-
nen mit einander verglichen. s. Vesals Critik über
Galen's Beschreibung des Brustbeins, sowohl in
der Epist. de radice Chynae pag. 52 sq. als auch im
großen Werk S. 113 u. f. – Dann Fallopii Erinne-
rungen gegen Vesalius, in den obseruat. anatom.
pag. 50. b. – und dieses seine Vertheidigung im
obseruationum Fallopii examen pag. 66 sq. – Und
dann Eustach's große Apologie für die Galenische
Osteologie im ossium examen pag. 197 sq. 201. der
zuerst den rechten Weg einschlug, und zahlreiche
Varietäten mit einander verglich. s. tab. anat.
XXXXVII. fig. 18. 19. 20. 21.
Albinus a. a. O. S. 75 bis 95. der eine sehr
große Menge solcher Verschiedenheiten nach der
Natur beschreibt. Und doch habe ich unter mei-
nem Vorrath noch manche andere von ihm un-
berührte.
Denn die Albinischen Abbildungen tab. ossium XIV
da dieser untere Anhang anderthalb Zoll lang,
und seine obere größere Hälfte noch knöchern ist,
gehört zu den sehr seltnen Varietäten.
weitbrecht syndesmologia tab. XIV. XV. – Mu-
seum anat. Ruyschianum pag. 103. fig. 9.
Bey sehr engbrüstigen Kindern kann man zuwei-
len, wenn sie tief Athem holen, sogar einige Be-
wegung in der Gegend dieser Fuge gewahr werden.
Diesen untern Theil der Klinge haben manche
Zergliederer für ein besonderes drittes Knochen-
stück des Brustbeins gehalten, weil es zuweilen
noch bey erwachsenen Subjecten durch eine Spur
einer änlichen Querfurche wie die obere zwischen
dem Griffe und der Klinge ist, abgesondert werde.
v. haller de c. h. funct. Vol. VI. pag. 23.
[Seite 353] Allein solcher Spuren sind dann gemeiniglich
mehrere auf der Klinge. Besonders zwischen den
knorplichten Anhängen des 3ten und 4ten Rippen-
Paares. Sie sind aber alle von der wahren Fuge
zwischen dem Griff und der Klinge sehr leicht zu
unterscheiden, und geben in meinen Augen keinen
Grund, die Klinge selbst wieder in mehrere beson-
der Stücke einzutheilen.
Wenigstens hat er in den allerwenigsten Fällen die
Gestalt eines Schwerdes: daher man ihn vielleicht
füglicher von seiner Lage den Herzgruben-Knorpel
nennen könnte.
Dieses Knorpelblatt leistet beym Athemholen so
große Dienste, daß ich glauben sollte, der gänzli-
che Mangel desselben, den Hr. v. Haller einmal
bemerkt zu haben versichert, müsse sehr lästige Fol-
gen gehabt haben. – Er sagt a. a. O. S. 25.
‘„Vidi, nullam omnino cartilagineum hoc loco fuisse,
et costas oppositas marginibus suis se adtigisse,
fuisseque connexas.“’ Das letztere sehe ich zwar auch
an einem sehr schönen Scelet vor mir, wo eben-
falls die Anhänge des obersten unächten Rippen-
Paares mit ihren obern Enden unter dem Brust-
bein aneinander liegen: allein hinter denselben
ragt demohngeachtet ein, freylich sehr dünner,
übrigens aber vollkommen ausgebildeter Herzgru-
ben-Knorpel herab.
Es ist schon ein Grund für seine wichtige Be-
stimmung, daß er so äußerst selten verknöchert ge-
funden wird. Hr. v. Haller selbst hat ihn bey
einer 100jährigen Frau noch völlig knorplicht an-
getroffen. Und in den wenigen Fällen wo man
ihn verknöchert gesehen, hat et auch lästige Be-
schwerden verursacht.
Auch die fehlerhaften Beugungen dieses Knor-
pels, einwärts oder auswärts, verursachen habi-
tuelle Engbrüstigkeit, Herzgespann, Erbrechen u.s.w.
s. bapt. codronchivs de prolapsu mucronatae carti-
laginis an seinem Werke de morbis qui Imolae vul-
gati sunt. Bonon. 1603. 4. und lvd. septalivs de
morbis ex mucronata cartilagine eneuientibus. Me-
diol. 1632. 8.
Die alte Sage, ich dieses Loch am weiblichen
Gerippe weit häufiger seyn solle als am männli-
chen, ist nicht in der Natur gegründet.
Eine genaue Abbildung des ganzen Thorax in sei-
nem natürlichen Zusammenhange s. in der ange-
führten Probeschrift des jüngern Hrn. Dr. Tren-
delenburg Taf. 1.
Der menschliche Thorax unterscheidet sich in sei-
ner ganz eignen Bildung besonders durch die vor-
dere Fläche der Brust von anderer Säugethieren ih-
rem, namentlich von den Affen, die schon eine
seitwärts zusammengepreßte und hingegen nach
vom scharf zulaufende Brust haben, wie die meh-
resten übrigen vierfüßigen Thiere.
Der Orang-Utang, so himmelweit er sonst in
seinem übrigen Körperbau vom Menschen abweicht,
kommt ihm doch im Bau des Thorax näher als
alle andere Thiere. s. Tyson a. a. O. fig. 5.
[Seite 357] Bey den übrigen Säugethieren ist die Brust
nach der Verschiedenheit ihrer Lebensart und des
derselben angemeßnen übrigen Körperbaues auch
von verschiedner Bildung; mehr oder weniger
schmahl, hochgewölbt etc. – z.B. beiden Mäuse-
artigen kleinen Thieren, bey den Maulwürfen etc.
auch bey den Fledermäusen etc. breiter als bey an-
dern. – Am schmahlsten ist sie meines Wissens bey
den Thieren aus dem Hirschgeschlecht.
Nach Verhältnis der Breite des Thorax sind
nun auch die Rippen mehr oder weniger gekrümmt.
Beym Menschen folglich stark; – bey Thieren
mit scharfer Brust sehr schwach gebogen u.s.w.
Die Weite des menschlichen Thorax variirt doch
sehr nach der Verschiedenheit des Alters und Ge-
[Seite 358] schlechts. – Bey ungebohrnen Leibesfrüchten
und jungen Kindern ist er nach Verhältnis un-
gleich weiter und mehr hochgewölbt als beym er-
wachsenen Menschen. Der Grund liegt wohl
größtentheils in den besondern Wegen des Blut-
laufs nach der Leibesfrucht, und der davon abhän-
genden ansehnlichen Größe der Leber bey derselben.
Beym weiblichen Geschlecht ist er auch im
erreichten Wachsthum etwas schmahler, und vorn
wo die Brüste aufsitzen flacher als beym männli-
chen (Th I. §. 115.)
Auch scheint einige National-Verschiedenheit in
der Weite und Wölbung des Thorax statt zu fin-
den. Hr. Hofger. R. Sömmering fand die knö-
cherne Brust bey drey männlichen Mohren groß,
geräumiger und gewölbter als beym Europäer.
(über die körperl. Verschiedenh. des Negers vom
Europäer S. 31 der zweyten Ausg.) – Eben so
wird von genauen Beobachtern die Brust der
schönen Tschirkassier beschrieben. (s. Dr. Schober's
memorabilia Russico-Asiatica in Müller's Samml.
Russischer Geschichte VII. B. S. 130.)
Eine unförmlich hohe Brust, wobey besonders
das Brustbein sehr schräg zu liegen kommt, mit
seinem untern Ende hervorgetrieben wird etc. fin-
det sich zumal häufig bey atrophischen, thachiti-
schen u.a. Kindern die unverhältnismäßig große
Lebern haben.
Die Festigkeit und Stärke des Thorax ergiebt sich
schon aus den bekannten Erfahrungen, daß er bey
robusten erwachsenen Menschen Ambose u.a. La-
sten von 7 Centnern und drüber, zu tragen im
Stande ist. Hingegen wollen die gewöhnlichen
[Seite 359] Nebenumstände bey dergleichen Versuchen, da
man zugleich mit Schmiedehämmern auf den Am-
bos schlagen läßt etc. gar nicht viel sagen; sind we-
nigstens bey weitem nicht so wunderbar, als sie
Unkundigen scheinen mögen. s. senac sur les or-
ganes de la respiration in den Mém. de l'Acad. des
Scienc. de Paris. 1724. pag. 174 sq.
Am weiblichen frischen Gerippe scheint ceteris pari-
bus der obere Theil des Thorax beweglicher als er
es beym männlichen ist.
Allemal doch aber minder beweglich als der untere.
Bey vielen lebendigen Säugethieren ist, wenn sie
athmen, die sehr wenige Beweglichkeit der vor-
dern Rippenpaare in Vergleich gegen die über-
aus beweglichen hintersten Paare, sehr auffallend
merklich. Besonders bey großen Thieren, wie
beym Cameel, Pferd etc.
Ueberhaupt haben die Rippen bey den vierfüßi-
gen Thieren eine weit andere Richtung als beym
Menschen. Ihre Verbindung mit dem Rückgraat
– zumal der vordern Paare ihre – nähert sich
mehr einem rechten Winkel u.s.w.
Unter den ältern Zergliederern hat vorzüglichst der
schon oft gerühmte Columbus diesen Theil der
Osteologie genau und lehrreich behandelt, de re
anatomica. L. I. cap. 21-27.
Im ganzen genommen, sind diese Haupttheile des
Armes an den Vorderfüßen aller vierfüßigen Säu-
gethiere, wenn sie auch gleich auf den ersten Blick
noch so verschieden und vom menschlichen Baue
abweichend scheinen (wie bey den Fledermäusen,
Maulwürfen etc) sehr deutlich zu erkennen.
Die Vorderfüße der Seeottern, Robben, Wall-
rosse, Seekühe etc. machen in ihrem Knochenbau den
Uebergang zu den sogenannten Brustflossen der
Wallfische und Delphine, die aber im Grunde
eben so gut ihre sehr deutlichen Schulterblätter,
Knochen des Oberarms und Vorderarms und der
fünffingerichten Hände haben, als die Vorderfüße
andrer Säugethiere, deren Vorderbeine den Men-
schenarmen änlich sind. s. tyson's phocaena or
the anatomy of a Porpess. Lond. 1680. 4. fig. X. XI.
Auch bey den kaltblütigen vierfüßigen Thieren
ist der Bau der Vorderfüße und ihrer vier Haupt-
theile dem an den warmblütigen sehr änlich. s.
z.B. von den Schildkröten caldesi osservaz. ana-
tom. intorno alle Tartarughe tab. III. fig. 1. 4. 5.
Eben so haben endlich auch die Vogelflügel
eine auf den ersten Blick unerwartete auffallende
[Seite 362] Aenlichkeit mit den Armen des Menschen oder
den Vorderfüßen der andern gedachten Thiere.
s. die mehrgedachten Werke von Royter, Joh.
Dan. Meyer etc. – Auch Hrn. Prof. Merrem
vermischte Abhandlungen aus der Thiergeschichte,
S. 131 u. f.
Diese beiderley Knochen sind auch von manchen Zer-
gliederern, doch auf eine etwas unnatürliche Weise
zum Thorax selbst gerechnet worden.
Schon der unglückliche Jessen hat gezeigt, daß
beides die Schlüsselbeine und die Schulterblätter,
eigentlich zur Bewegung und Haltung der Arme
bestimmt sind. de ossibus pag. 24.
Er bezieht sich deshalb auch auf das Beyspiel
eines Menschen zu Hall in Schwaben der ohne
Arme gebohren war, und dem zugleich auch jene
beiderley Knochen fehlten.
Doch dieß allein würde freylich nicht genug
beweisen. Ich selbst habe im Jul. 1775 einen Mann
gesehen, der ohne die mindeste äußere Spur von
Armen gebohren war, und dennoch auf beiden
Seiten sowohl Schlüsselbeine als Schulterblätter
hatte, und die letztern auch leicht bewegen konnte.
casp. bavhini theatrum anatomicum. pag. 187.
Daß die Schlüsselbeine vorzüglich bey denjenigen
Frauenzimmern an geradesten seyen, die von Kin-
desbeinen an Schnürbrüste getragen, behauptet
Hr. Sabatier im Tr. d'anat. Vol. I. pag. 172.
Man kan hieraus schon ziemlich a priori errathen,
welche Thiere mit Schlüsselbeinen versehen seyn
[Seite 364] müssen. Bey weitem nemlich nicht blos die Affen
und Makis und Fledermäuse, die der Kr. Linné
daher mit dem Menschen unter die gemeinschaftli-
che Ordnung primates gebracht hat (– s. des seel.
Prof. Erxleben diindicatio systematis animalium mam-
malium Goett. 1767. pag. 11. –) Sondern über-
haupt alle die Thiere die besonders wichtigen
Gebrauch von ihren Vorderfüßen, oder was die
Stelle derselben bey ihnen vertritt, machen müssen.
Dahin gehören A) unter den vierfüßen Säugethieren:
1. Diejenigen so viel klettern, Bäume bestei-
gen, oder weite Sprünge machen. – Wie z.B.
die ganze Ordnung von Pithecis, nemlich die Affen,
Paviane, Meerkatzen und Makis. – Dann auch
die Ameisenbären; die Mäuse- und Ratten-artigen
Thiere; du Eichhörnchen; du Wieselartigen Thiere;
die Katzen; die Bären etc.
2. Die in der Erde wühlen: – wie z.B. der
Maulwurf, (dessen Schlüsselbein ganz kurz, aber so
wie alle seine übrigen Knochen der Vorderfüße,
überaus sonderbar und auszeichnend gebildet sind);
die Spitzmaus; der Hamster; der Igel u.s.w.
3. Diejenigen so schwimmen müssen: – wie
z.B. der Biber; und vermuthlich die ganze Ord-
nung von Palmatis.
4. Die flatternden: – nemlich die ganze Ord-
nung von Chiropteris.
(Die Schlüsselbeine fehlen hingegen denjenigen
vierfüßigen Säugethieren, die hochbeinicht sind,
eine sehr schmale Brust haben, und blos aus der
Erde ihren Geschäfften nachgehen. – Wie z.B.
dem Hundegeschlecht, und der ganzen Ordnung von
Solidungulis, Bisulcis, und Belluis.)
[Seite 365] B) ist die ganze Classe der Vögel mit Schlüsselbeinen
versehen, und zwar von auffallender Größe und
Stärke: wie es die Bestimmung der allermehre-
sten dieser Thiere zum Fluge erfodert. Sie sind
meist gerade: die untern Enden dicker und näher
zusammen als die obern und stehen beynahe anfrecht.
Ihre obern Enden sind durch einen ganz beson-
dern, blos den Vögeln eigenthümlichen, gabel-
förmigen, überaus spröden schlanken Knochen, (fur-
cula) unterstützt und mit dem Brustbein verbunden.
C) endlich haben auch unter den kaltblütigen vier-
füßigen Thieren, die Schildkröten und Frösche,
sehr kenntliche Schlüsselbeine.
Von der Schildkröten ihren s. coiter de quadru-
pedum sceletis cap. XII. und Caldesi a. a. O.
Von der Frösche ihren, Rösel's unsterbliches
Werk, besonders Taf. VII. Fig. 2. S. 35. vom
braunen Grasfrosch. – Taf. XIX. Fig. 7. 8. S. 84.
von der wie Knoblauch stinkenden Wasserkröte mit
braunen Flecken.
Von den Schlüsselbeinen der Thiere überhaupt
s. Hrn. Prof. Haase comparat. clauicular. animant.
brutor. c. humanis. Lips. 1766.
Daher sie bey manchen ehedem gebräuchlichen Arten
von brutaler Tortur leicht zerbrochen werden konn-
ten, weshalb der brave alte Hildanus die Crimi-
nalrichter gar ernstlich für einem solchen unmensch-
lichen Verfahren warnt. s. Dess. Beschreib. der
Fürtrefflichkeit etc. der Anatomy. Bern, 1624. 8.
S. 143 u. f.
Die Schulterblätter finden sich (– weit allgemei-
ner als die Schlüsselbeine –) bey allen rothblü-
tigen Thieren die Vorderfüße oder änliche Bewe-
gungswerkzeuge etc. erhalten haben. Also bey allen
Säugethieren, bey allen Vögeln, und bey den
vierfüßigen Amphibien.
Ihre Bildung aber ist von mannichfaltiger
Verschiedenheit. – Bey den Vögeln z.B. sind
die Schulterblätter lang, schmal, ohngefähr Sä-
belförmig etc. – Bey den Fröschen flach, Schup-
penförmig. – Bey den Schildkröten liegen sie
[Seite 369] ganz anomalisch (aber freylich wie es der Bau
ihrer großen Rückenschaale nicht anders zuläßt,)
vorn auf der Brust, nach dem Brustschild zu-
gekehrt. s. Royter Taf. III. – Caldesi a. a. O.
– u. Joh. Dan. Meyer I B. Taf. 29. 31. II B.
Taf. 62.
Ein paar umständliche Abhandlungen von Winslow
über die mannichfaltigen Bewegungen der Schul-
terblätter s. in den Mém. de l'Acad. des Sc. de
Paris 1723. pag. 69 fig. und 1726. pag. 175 sq.
zuweilen liegt zwischen diesem Gelenk auch noch
eine besondere kleine Knorpelscheibe. – s. Vesa-
[Seite 373] lius im großen Werke S. 123. – Weitbrecht
Taf. I. Fig. 4. d. – Berlin a. a. O. S. 208.
albini icon. oss. foetus tab. XIII. fig. 122. 123.
Da die Verknöcherung bey den noch übrigen abzu-
handelnden Röhrenknochen in der Hauptsache auf eins
hinausläuft, so berühre ich sie nicht weiter im Texte
selbst, sondern verweise nun nur in der Note
wo ich die Vesalische Abbildung des ausgewachse-
nen Knochen citire, zugleich auf die Albinische
von den Knochen der zeitigen Leibesfrucht.
Dieser Knochen hat wohl bey allen rothblütigen
Thieren die mit Vorderfüßen oder Flügeln verse-
hen sind, eine röhrenförmige Gestalt, nur die
Maulwürfe ausgenommen, bey welchen er eine
ganz ungewöhnliche, und eher einem kurzen dicken,
in der Mitte schmalen und an beiden Enden breit
ausgeschweiften Schilde änelnde Bildung hat.
weiterbrecht tab. II. fig. 5. 9.
Vor allen aber die meisterhaften Abbildungen des
Hrn. Prof. Camper, demonstrat. anatomico-patholo-
gicar. L. I. pag. 4. sq. §. 14.
– tanquam si aptet se ad amplexum – wie sich Al-
binus ausdruckt de sceleto pag. 383.
Bey den Fröschen und Kröten ist im Vorderarm
sowohl als im Schienbeine nur ein einziger Kno-
chen, der zwar nach beiden Enden zu, wie gespal-
ten, theils gar durchbrochen ist, und auch daselbst
zwey besondere neben einander liegende Markhölen
enthält – Aber in der Mitte sind diese scheinba-
ren zwey Röhren nicht nur fest zusammen verwach-
sen, sondern noch dazu ganz dicht und ohne alle
Hölung. – s. des ber. Wundarztes Hrn. Troja
Memoria sopra la struttura singolare della tibia e
del cubito nelle Rane e nei Rospi, der Italiän.
Ausg. seines mehrgedachten Werkes über die Ne-
crose. Neap. 1779. 8. S. 250 u. f. Taf. VII u. VIII.
Daß man die beiden Röhrenknochen des Vorder-
arms focilia nennt, kommt aus dem Arabischen,
da Zend (im singulari) oder Zendân (im plurali)
ein Feuerzeug oder Zunderbüchse (focile) heißt,
das bey den Morgenländern aus zwey Stücken,
ohngefähr von der Länge und Proportion dieser
beiden Knochen besteht. Und deshalb haben Avi-
cenna u.a. Arabische Aerzte dieselben Zend und
Zendân genannt. – s. Th. hyde hist. religionis ve-
terum Persarum pag. 333 sq. und die dazu gehöri-
gen Abbildungen pag. 407.
vesalivs cap. 24. fig. 1. 2. 5. 6. 10. 11. – vergl.
albini icon. oss. foet. tab. XIV. fig. 124. 125. 126. 129.
Hr. Prof. de la Chenal beschreibt in seinen observ.
botan. med. Basil. 1766. 4. §. 28. einen sonderba-
ren Fall, da er am rechten Elnbogen einer Leiche
am obern Ende des übrigens ganz natürlich ge-
bildeten olecrani noch einen besondern beweglichen
kleinen Knochen gefunden, der mit eignen Sehnen
und Gelenkbändern versehen gewesen, und beson-
ders auch in Rücksicht seiner Verbindung mit dem
anconaeus vollkommen einer kleinen Kniescheibe ge-
änelt habe.
vesalivs cap. 24. fig. 1. 2. 3. 4. 7. 8. 9. – vergl.
albini ic. oss. foetus tab. XIV. fig. 127. 128. 130. 131.
Daher sie auch von einigen ältern Zergliederern
manubrium manus – so wie hingegen von Albinus
additamentum vlnae genannt worden.
Von einer überaus seltnen Verrenkung dieses obern
Endes der Speiche sowohl vom tuber der Ober-
armröhre als bei benachbarten sinus der Elnbogen-
röhre (§. 327) die der neuerlich verstorbene Büt-
tet Oberwundarzt am Spital zu Estampes zuerst be-
merkt haben soll, s. die hist. de la Soc. de Mede-
cine a. 1780. pag. 175.
Doch scheint sie schon von Düverney gekannt
zu seyn, s. dessen oeuvres anatomiques T. I. pag. 470.
Wie Bertin und Albinus meynten. – Jener im
Tr. d'Osteologie T. III. pag. 230 sq. 255 sq. –
Dieser de sceleto pag. 395.
winslow sur la rotation, la pronation et la supi-
nation in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1729.
pag. 27 sq.
vesalivs cap. 25. fig. 1. 2. – Vor allen aber die
vier meisterhaften Abbildungen in albini historia
musculorum pag. 631. 644.
s. hierüber umständlich und trefflich galenvs de vsu
partium durchs ganze erste Buch und im Anfang
des zweyten.
Es sind zahlreiche Geschlechter unter den Säuge-
thieren mit Händen versehen: aber den keinem ein-
[Seite 392] zigen kommen dieselben doch dem so vorzüglichen
Bau der Menschenhände gleich. Selbst weder bey
Tyson's, noch bey Hrn. Prof. Camper's Orang-
utang. Bey beiden waren die Hände affenmäßig
mit kurzen Stummel-Daumen u.s.w. – s. ty-
son's anat. of a Pygmy fig. 5. – und Hrn. Cam-
per's Verhandel. tab. III. fig. 5. – vergl. mit ev-
stachii tab. XLVII. fig. 37.
Uebrigens sind alle eigentlichen Affen (simiae)
mit Händen versehen. So auch alle Paviane.
Und die Makis (Lemures).
Unter den Meerkatzen (cercopitheci) hingegen
sind wenigstens bey vielen Gattungen die Vorder-
hände noch weit weniger menschenänlich gebaut
als bey den vorigen Geschlechtern. Der Coaita
z.B. (Cercopith paniscus) hat eine blos viersing-
rige Hand ohne Daumen. Der Uistiti (cercopith.
iacchus) u.a. Sangouinchen haben fast nur sol-
che, freylich zum Fassen auch geschichte Vorderpfo-
ten, wie die Eichhörnchen, Mäuse, Surinami-
schen Ratten (Didelphides) u.a.m.
Die mehresten Affen haben neun Knochen in der
Handwurzel. s. jo. riolani simiae osteologia pag. 908.
der Pariser Ausg. v. 1626. – selbst Hrn. Camper's
Orang-utang hatte so viele. – vergl. albini ex.
plicat. tabular. Eustachii. tab. XLVII. fig. 34. e. f.
fig. 35. a. f. und fig. 37. k. m.
Manche haben doch aber auch nur achte. So
z.B. Tysons Orang-utang.
Die ältern Zergliederer unterschieden die Knochen
der Handwurzel blos durch Zahlen. – Mich. Ly-
[Seite 395] ser hat sie in seinem bekannten culter anatomicus zu
allererst mit bestimmten Namen belegt. pag. 208 sq.
der Ausg. v. 1665.
Weil es weder mit dem Vorderarm noch mit der
zweyten Reihe der Handwurzel in Verbindung
steht. Daher auch Albinus sagt: ad carpum re
quidem vera non pertinet, de sceleto pag. 401.
Es ist sonderbar, daß Düverney und Bertin und
der verstorbene Alex. Monro und viele neuere Zer-
gliederer die Lyserschen Benennungen dieses und
des folgenden Knochen geradezu verwechselt ha-
ben. Vermuthlich daß sie nicht aus der Quelle
selbst, sondern einer aus dem andern geschöpft.
Ich rechne nemlich, wie Aristoteles und Celsus,
das zum Daumen gehörige Bein dieses Theils
der Hand für einen metacarpus, und nicht wie
Galenus fürs erste Glied des Daumen selbst.
Denn es ist ja nebst den übrigen vieren in eine
gemeinschaftliche breite Fläche verbunden; liegt
wie jene mit seinem hintern Ende an der
Handwurzel, und hat daselbst keine solche runde
Grube wie die hintern Enden der ersten Finger-
Glieder; hingegen ist sein vorderes Ende dem vor-
dern Ende an den übrigen metacarpis änlich u.s.w.
Daher es mich befremdet, daß Vesalius und neu-
erlich Düverney, Bertin, Cheselden u.a. dem-
ohngeachtet der Galenischen Eintheil. gefolgt sind.
Der metacarpus und metacarpus leidet bey neugebohr-
nen Kälbern, Lämmern und Thieren aus dem
[Seite 402] Hirschgeschlechte, (– und vielleicht bey allen wie-
derkauenden Thieren –) eine merkwürdige Ver-
änderung. Er besteht nemlich bey ungebohrnen
Thieren aus zwey besondern, aber dicht an einan-
der liegenden Röhrend die aber kurz nach der Ge-
burt zu dem sogenannten Canon zusammen wach-
sen. Die vormaligen Scheidewände zwischen jenen
beiden Röhren werden erst immer dünner, dann
durchlöchert, und schwinden endlich ganz und gar;
so daß bey den erwachsenen Thieren aus jenen Ge-
schlechtern inwendig eine gemeinschaftliche Mark-
höle, und von außen nur noch eine schwache Fur-
che zu erkennen ist, wo vordem die beiden Knochen
an einander gelegen hatten. s. fovgerovx de
bondaroy in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Paris
1772. P. II. pag. 502. sq. – und jo. bapt. Com.
a covolo de metamorphosi duorum ossium pedis in
quadrupedibus aliqupt. Bonon. 1765. gr. 4.
Das Pferd hat im metacarpus und metatarsus
zwar auch nur eine einzige Hauptröhre, die oben
an den carpus oder tarsus und unten an dem Fessel-
knochen (das erste Glied des einzigen Fingers bey
diesem Thiere) eingelenkt ist; allein an den hin-
tern Rindern derselben liegen zwey unbewegliche
kleinere und fast grätenförmige Nebenröhren (les
os epineux du canon, les deux poinçons) die aber,
da keine Finger für sie vorhanden sind, auch nicht
so weit herunter reichen.
Hr. Daubenton glaubt, jene Hauptröhre ver-
trete die Stelle von den drey mittlern metacarpus
der Menschenhand, des Zeigefingers nemlich, des
Mittelfingers und des Goldfingers. Der große
Thiermaler Stubb's (der Vater) hingegen, rech-
net ihn in dem sogleich anzuführenden unschätzba-
ren und prachtvollen Werke nur für die zwey me-
[Seite 403] tacarpos des Mittelfingers und des Goldfingers.
Folglich auch die innere Nebenröhre nicht, wie
Daubenton, für den metacarpus des Daumen, son-
dern für den des Zeigefingers. Die äußere rechnen
beide für den metacarpus des kleinen Fingers.
s. die Büffonische histoire naturelle Vol. IV.
pag. 362. der großen Orig. Ausg. – g. stvbb's
Anatomy of the horse. Lond. 1766. im größten Quer-
Format. tab. I. am Vorderfuße 4-9. am Hinter-
fuße 14-19. tab. II. am Vorderfuße 4-9. am
Hinterfuße x. y. z. & tab. III. am Vorderfuße
1-7. am Hinterfuße 2-7. – vergl. damit des
königl. Leibarztes jo. heroard hipposteologie. Paris,
1599. 4. am Vorderfuße pag. 20. g. h. und am
Hinterfuße pag. 23. h. i.
vesalivs cap. 27. tab. 1. 2. 3. – vergl. mit albini
icon. oss. foetus tab. XV. fig. 140. 143. 146. 148.
Zu den sämtlichen folgenden Abschn. vergl. avg. fr.
walther de articulis, ligamentis et musculis, homi-
nis incessu statuque dirigendis Lips. 1728. 4. und
das Supplementum ib. 1731. – Beide finden sich
auch in des Hrn. v. Haller disput. anatom. select.
Vol. VI. pag. 467-584.
Eine sehr gute Vergleichung der Beine des Men-
schen mit den Hinterbeinen der vierfüßigen Thiere
s. in vesalii ep. de rad. chynae pag. 107. sq.
vesalivs cap. 30. fig. 1. 2. – vergl. mit albini
ic. oss. foetus tab. X. fig. 70. 71. 72.
Nur beym Menschen und bey einigen Affen ist der
Schenkelknochen so viel länger als das Schienbein.
Bey andern Affen hingegen und bey den übrigen
vierfüßigen Thieren weit kürzer als letzteres. – s.
colvmbvs de re anat. pag. 154. sq.
Ein paar überaus seltne Fälle, wo diese runden
Bänder an beiden Schenkelköpfen und ihren Pfan-
nen gänzlich gefehlt, s. in bern. genca anatomia
chirurgica. Rom. 1687. 8. pag. 124 sq. und in H.
alb. nicolai (Praes. Jo. Salzmann) decas obseruat.
anatomic. Argent. 1725. 4. pag. 10.
christ. gottl. lvdwig de collo femoris eiusque
fractura in der Hallerschen collect. diss. chirurgic.
Vol. V. pag. 367 sq.
Bey den vierfüßigen Thieren und selbst bey den
menschenänlichsten Affen ist dieser Hals weit kürzer
als beym Menschen, und nähert sich in seiner Rich-
tung zur Röhre weit mehr einem rechten Winkel.
cant impetus anat. primi tab. V. fig. 4. – heister
de genuum structura eorumque morbis im IV B. der
angeführten Hallerschen chirurgischen Sammlung.
– vergl. weitbrecht tab. XIX. fig. 57. 58.
albini ic. oss. foetus tab. X. fig. 73. 74. – vergl.
die 6 Kupfertaf. an Hrn. Prof. Walter's Abh. von
trocknen Knochen des menschl. Körpers.
vesalivs cap. 31. fig. 1. 2. 3. 4. – vergl. mit
albini icon. oss. foetus tab. XI. fig. 75. 76. 79. 80.
Von Hrn. Troja's Bemerkung über den Hinter-
schenkel der Frösche u. Kröten s. oben S. 380. N. *)
morgagni aduersaria anatomica altera pag. 65 sq.
der Orig. Ausg. v. 1717. – winslow sur la me-
chanique des cartilages sémilunaires, in den Mém.
de l'Ac. des Sc. de Paris 1719. pag. 157 sq.
vesalivs cap. 31. fig. 1. 2. 5. 6. vergl. mit albini
icon. oss. foetus tab. XI. fig. 77. 78.
Sie fehlt, wie schon Royter angemerkt hat, den
wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen:
doch hat Hr. Prof. Camper eine Ausnahme davon
am Asiatischen Moschus pygmaeus gefunden, der
allerdings diese Nebenröhre hat, die hingegen der
Africanischen Gattung dieser niedlichen Geschöpfe,
nemlich dem Gnineischen Rehgen, so wie andern
niederkauenden Thieren dieser Ordnung abgeht.
s. natuurkund. Verhandel. van P. camper pag. 228.
Ueberaus viel merkwürdiges über den Bau des Fu-
ßes und seine Bewegungen s. in der interessanten
Abhandlung des Hrn. Prof. Camper sur la meil-
leure forme des Souliers s. l. et a. (1781) 8. die
auch im I B. seiner kleinern Schriften ins Deutsche
übersetzt ist.
Nur einzig und allein der Mensch fußt (– bey dem
unter allen Säugethieren ihm ausschlieslich eignen
aufrechten Gange –) mit diesem Theil der Ferse
auf den Boden.
Allein auch unter den vierfüßigen Säugethie-
ren ist die Weise verschieden, wie sie mit den Hinter-
füßen auftreten. – Manche, wie z.B. der Elephant
und der Bär etc. treten doch meist auf die ganze
Sohle bis zur Ferse, nur daß diese nicht wie beym
Menschen ihre Hauptstütze macht. – Die mehrsten
übrigen hingegen, zumal die Hochbeinichten, aus
dem Hunde- und Katzengeschlecht, und die mit
Hufen und mit gespaltnen Klauen etc. treten eigent-
lich blos auf die Zehen, so daß ihre Ferse nach
hinten hoch empor steht. – Ich habe diese von
Zeichnern und Malern so häufig vernachlässigte auf-
fallende Verschiedenheit im Handb. der Naturgesch.
Taf. I. Fig. 3 und 4 am Hinterfuße eines Bären in
Vergleichung mit dem von einem Löwen vorgestellt.
Vesalius folgerte daraus das Paradoxon, daß
der Mensch nicht, wie die Alten sagten, den läng-
sten, sondern vielmehr den kürzesten Fuß habe.
Epist. de rad. Chinae pag. 67. 197. 155. – Doch
würde davon gleich der Elephant eine Ausnahme
machen.
Der Tarsus kan sehr schicklich der Oberfuß genannt
werden, da seine sämmtlichen Knochen höher lie-
gen als die andern beiden Theile des Fußes.
Galen's irrige Meynung, daß der Tarsus eben
sowohl aus acht Knochen bestehe als die Handwur-
zel (Comment. in Hippocr. de fractur. L. II. pag. 467.
der Gesnerschen Ausg. v. 1551) ist zuerst von Ve-
salius widerlegt worden, a. a. O. S. 109 u. f.
Eigentlich diese – im Umriß vierseitige – Fläche ward
von den alten griechischen Aerzten τετρωρος genannt,
mit welchem Namen man nachher aber auch das
ganze Knöchelbein belegt hat. s. alex. symmach.
mazochii comment. in Herculanensis musei tabulas
Heracleenses. Neap. 1745. fol. Vol. I. pag. 197.
Eine wiedernatürliche Kürze dieses Halses, und da-
von abhängende schiefe Richtung seines Gelenk-
Kopfes in Verbindung mit einem ebenfalls fehler-
haften kurzen Fersenbeine, ist wohl in den mehresten
[Seite 441] Fällen die Hauptursache der unter dem Namen des
sogenannten Klump-Fußes bekannten angebohrnen
Misstaltung. – s. cheselden's anat. of the human
body pag. 37. der 7ten Ausg. v. 1756. – jac. van
deren te regt te brengen, in den Verhandel. van
Haarlem XIX D. III St. pag. 104 sq.
Hr. Prof. Camper findet den wahrscheinlichen
Grund dieser Misstaltung in einer fehlerhaften Lage
der Leibesfrucht, wodurch der zarte Fuß anhal-
tend gedruckt und dadurch die freye Ausbildung
des Knöchelbeins behindert worden. s. Dessen letzt-
gedachte Schrift S. 48 u. f.
So z.B. in Albin's tab. ossium tab. XXIX. fig. 6. b.
– vergl. damit p. camper epist. ad anatomicor. prin-
cipem magnum Albinum. Groning. 1767. 4. pag. 19.
– und des letztern annotat. academ. L. VIII.
pag. 73 sq.
Hr. Prof. Camper ist geneigt, diesen Fall, wo die
beiden Flächen zusammenhängen, besonders bey
Frauenzimmern zu vermuthen die hohe Absätze tra-
gen, und bey welchen daher die Last des Körpers
mehr auf die Zehen fällt. Durch diesen anhalten-
den verstärkten Druck können, wie er glaubt, die
beiden Flächen nach und nach gleichsam zusammen-
geschoben werden. Bey Kindern habe er sie im-
mer abgesondert gefunden. Hingegen sind sie am
Gerippe eines Hinkenden in seiner Sammlung nur
am gesunden langen Beine abgesondert, und nur
am kurzen, das immer nur mit den Zehen aufge-
fußt habe, zusammenhängend. – s. die gedachte
Abh. über die beste Form der Schuhe S. 24 u. f.
So scharfsinnig jene Vermuthung ist, so ge-
wiß ist es doch von der andern Seite, daß man
auch bey Personen diese beiden Flächen zusammen-
hängend findet, auf welche jene Ursache wohl schwer-
lich gewirkt haben kan. Ich selbst habe bey Un-
tersuchung der vortrefflichen Mumie, die der König
von Dänemark der hiesigen Societät der Wiss. zu
dieser Absicht geschenkt, und die nun im Akade-
mischen Museum befindlich ist, an den Knöchel-
beinen die beiden sonstigen Flächen zu einer einzi-
gen – völlig wie in Albin's Abbildung – ver-
bunden gefunden.
Bey der last die dieser Theil des Fersenknocken
beym aufrechten Gange stützen muß, ist es auffal-
lend, daß man ihn doch zuweilen nebst den andern
Knochen des Tarsus bey äußerst cachectischen zumal
venerischen Personen so sehr mürbe findet, daß er
mit den Fingern zerrieben werden kan.
Ueber den metatarsus der Pferde und der wiederkau-
enden Thiere mit gespaltnen Klauen siehe oben
S. 401 u. f. N. ***)
Daher es ein Fehler ist, daß in Cheselden's und
Albin's großen Tafeln die große Zehe als die läng-
ste abgebildet worden. s. Hrn. Camper sur la meill.
forme des souliers pag. 36 sq.
Ich habe mich schon vor zehn Jahren in der Schrift
de generis hum. varietate natiua umständlich über
dieses Hauptunterscheidungszeichen des Menschen
von der ganzen übrigen thierischen Schöpfung aus-
gelassen; und auch im Handbuch der Naturgesch.
den Menschen als das ausschließliche animal erectum
bimanum characterisirt.
Alle bis jezt bekannte noch so menschenänliche
Affen, der Schimpanse, der Orang-utang, der
Gibbon etc. haben durchgehende vier Hände, wie
es ihre Lebensart, ihr Aufenthalt auf den Bäu-
men etc. erfodert, und ihr Körperbau auf den er-
sten Blick zeigt, da die an den Hinterfüßen eben
so wohl einen abstehenden zum greifen eingerichte-
ten Daumen, und hingegen eben so wenig eine
große Zehe haben, als die an den vordern. Zu
allein Ueberfluß habe ich diese beiderley Affenhände
im gedachten Handbuch Taf. I. Fig. 1. 2. zur Ver-
gleichung abbilden lassen.
Und daß etwa die große Zehe beym Menschen
blos durch den Gebrauch der Schuhe etc. ihre anlie-
gende Richtung erhalte, wird hoffentlich nieman-
den beyfallen der nur ungebohrne Leibesfrüchte
gesehen hat, oder sich so vieler Völker aller Zeiten
erinnert die nie einen Schuh getragen haben.
Vielmehr ist die angestammte Anlage der gro-
ßen Zehe neben der benachbarten, so unabänder-
lich fest und bestimmt, daß diese nicht einmal durch
vieljährige Uebung von Kindesbeinen an, zu den
Bewegungen und Verrichtungen eines Daumen
geschickt gemacht werden kan. – Ich habe im
Dec. 1775 eine Weibsperson von 27 Jahren gese-
[Seite 459] hen, die so wie der obgedachte Mann (S. 362.
N. *) ohne Arme gebohren war, die aber dage-
gen mit den Fußzehen vielerley kleine und doch
kunstreiche Dinge verrichten konnte, wie z.B. Fe-
dern schneiden, schreiben, spinnen, nähen u.s.w.
Ihre Zehen überhaupt waren, da sie wenig gieng
und keine Schuhe trug, schlank und den Fingern
änlicher als sie sonst zu seyn pflegen. Allein bey
alledem, konnten ihre großen Zehen an beiden Fü-
ßen doch um nichts weiter von den benachbarten
entfernt werden als bey andern Menschen auch, ge-
schweige daß sie etwa durch die lange Uebung hät-
ten sollen, so wie an den Hinterhänden der Affen
als Daumen gebraucht werden können. – und
eben dieß war der Fall bey der völlig änlichen
auch a. a. O. erwähnten Misgeburt, die vor 200
Jahren zu Hall in Schwaben lebte. Es war dieß
ein Mann Namens Th. Schweicker, der wenig-
stens gegen 60 J. alt worden, und wegen seiner
vorzüglichen Calligraphie und kleinen Tischlerarbeit
die er mit den Füßen verfertigte, so berühmt
war, daß er oft von Dichtern seiner Zeit besungen,
in Kupfer gestochen worden etc. Auch habe ich eine
Münze in Thalergröße vor mir, auf welcher er
scheidend vorgestellt ist.
Die Osteogenie der hintern und mittlern Phalanx
s. in albini ic. oss. foetus tab. XII. fig. 104-111.
Der gewöhnlichste Hauptsitz des Podagra, wobey
man dieses hintere Glied der großen Zehe zuweilen
wie in einem Bette von podagrischen Tophus ver-
graben findet. s. z.B. die medical communications
Vol. I. Lond. 1784. 8. Tab. I. fig. 1.
Bey bejahrten robusten und activen Menschen sind
sie weit größer und stärker ausgewürkt als bey
jugendlichen und zärtlichen von sitzender Lebensart.
Berlin behauptet sogar, daß sie zuweilen bey sehr
weichlichen und unthätigen Personen gar fehlen
sollen. Tr. d'osteologie Vol. IV. pag. 232.
Doch sind sie überhaupt, wie schon Eustach ange-
merkt hat, (oss. exam. pag. 208) beym Menschen min-
der zahlreich als bey den Hunden, Affen etc. bey wel-
chen sie auch weit früher verknöchern. – s. Hrn.
Prof. Camper's Verhandel. over den Orang-utang
pag. 81 sq. – trew de chylosi foetus Tab. II. fig. 8.
dav. corn. de covrcelles icones musculor. plantae
pedis. LB. 1739. 4. tab. III. d. – weitbrecht
tab. XIII. fig. 72.
Daß hielt überhaupt alle Sesamsbeinchen für bloße
Verhärtungen der Sehnen. obseruat. anat. chirurg.
pag. 220 sq. – vergl. jo. fr. crell de ossibus se-
samoideis Helmst. 1746. 4.
vesalivs de c. h. fabr. pag. 163. – evstach. ossium
exam. pag. 180. – trew de chylosi foetus Tab. II.
fig. 5. – bertin l. c. pag. 222. der sie für gewön-
lich annimmt.
e. fr. bvrchard disp. de peculiari losse sesamoïde ad
os frontale reperto. Rostoch. 1742. 4.
v. haller elem. physiol. Vol. IV. pag. 500. und
in den Anmerk. zu Boerhaave a. a. O.