Bey der Ausarbeitung dieses Buchs hatte
ich die doppelte Absicht, erstens im Text eine
zweckmäßige, zum Vortrage und zum Selbst-
unterricht gleich brauchbare Osteologie, und
zwar sowohl der physiologischen Geschichte als
der anatomischen Beschreibung der Knochen
zu liefern; und dann durch die Noten eines
Theils die unvermeidliche Trockenheit jener
Beschreibung in etwas zu vergüten; und an-
dem Theils auch den schon kundigern Lesern
manche nützliche neue oder doch nicht eben
sehr bekannte Bemerkungen mitzutheilen.
Die Beschreibung der Knochen ist nicht
nur durchgehends und ganz nach der Natur,
sondern auch (was bey manchen Theilen des
Gerippes gar nicht gleichgültig ist) bloß nach
der schönen Natur d.h. nach Vergleichung
einer großen Anzahl von Skeleten und ein-
zelner Knochen verfertigt, um die schönsten
regelmäßigsten Muster zum Vorbild auswäh-
len zu können. Von den Varietäten aber sind
nur die bedeutendern, irgend besonders merk-
würdigen, berührt.
[Seite VI] In der Terminologie habe ich durchgehends
die bekanntesten und eben dadurch allgemein
verständlich wordnen Namen der Knochen und
ihrer Theile beybehalten. Viele gerade so
wie sie aus dem griechischen oder lateinischen
adoptirt worden; andere so wie sie aus jenen
Sprachen wörtlich übersetzt sind.
Ich glaube nicht daß es eben über meine
Kräfte gewesen wäre auch jene zu verdolmet-
schen und gar manche, dem buchstäblichen
Sinne nach allerdings unpassende, mit bessern
zu vertauschen. Allein ich weis aus früher
Ueberzeugung die noch durch nachwärtige Er-
fahrungen bestärkt worden, daß der Gewinn
der sich von solchen Nominalneuerungen hoffen
läßt, doch immer von den damit verbundnen
Nachtheilen weit überwogen wird, wenn zumahl
der Anfänger in einem Studium was ohne-
hin der Kunstworte die Fülle hat, nun außer
den alten, ihm doch zum Verständniß durch-
aus unentbehrlichen, auch noch eine Last von
neugestempelten darzu memoriren soll. Und
so habe ich z.B. das Wort Kukuksbein bey-
behalten ob ich gleich so gut als irgend ein
andrer weiß, daß die Aehnlichkeit zwischen
diesem Knochen und einem Kukuksschnabel
ein bißchen weit hergehohlt ist; so wie ich
mich noch bis dato der eben so unpassenden
aber herkommlichen Worte Arterie und Queck-
[Seite VII] silber bediene ohngeachtet ich auch so gut als
ein andrer weis, daß die eine kein Luftbehälter
und das andre kein Silber ist.
Unter den lateinischen Benennungen der
Knochen habe ich fast durchgehende die von
Albinus gegebnen oder beybehaltnen ge-
braucht, doch immer die Synonymen, selbst
die jetzt ungebräuchlichern, zum Verständniß
der ältern Schriftsteller beygesetzt. Nur ein
paarmahl habe ich die Albinischen mit andern
bekanntern und passendern vertauscht, und
z.B. das letzte Beinchen in der Handwurzel
lieber wie gewöhnlich unciforme als mit ihm
cuneiforme genannt.
Auch nur in wenigen Fällen habe ich
mich einer ganz neuen Benennung bedient,
wo entweder von einem von meinen Vorgän-
gern meines wissens übersehenem Theil die
Rede war, wie z. E. beym clivus in der
Grundfläche der Hirnschalenhöhle (S. 166.);
oder von einem zwar an sich nicht unbekannten
aber doch noch mit keinem expressiven Namen
bezeichneten, wie bey der für die nationalen
und individuellen Verschiedenheiten der Schä-
delformen so bedeutungsvollen fossa basilaris
(S. 100 und 490).
Unter den Citaten ist das Galenische kleine
Handbuch immer angeführt, ohngeachtet es
wenigstens nicht ganz nach menschlichen Ge-
[Seite VIII] rippen, sondern offenbar großentheils nach
denen von Affen verfertigt ist, weil es so
lange Jahrhunderte hindurch der osteologische
Canon war und weil es zum Verständniß
der classischen und bey weitem nicht schon er-
schöpften und mithin etwa nun entbehrlichen
Schriften von Vesalius, Fallopia und
Eustach nöthig ist, die durch dasselbe ver-
anlaßt worden.
Außerdem habe ich auch die eben genann-
ten u a. ehrwürdige, verdienstvolle anatomi-
sche Classiker zumahl aus dem ersten Jahr-
hundert nach der sogenannten Restauration der
Wissenschaften fleißig citirt; theils möchte ich
wohl sagen aus Erkenntlichkeit für die reiche
vielartige Belehrung und für den wahren
Genuß den mir das Studium ihrer Schriften
(besonders auch der seltnern und daher freylich
wenig bekannten, von Carpus, Ingrassias etc.)
schon in meinen jüngern Jahren gewährt hat;
und theils weil ich aus häufiger Erfahrung
weiß wie oft und wie aufrichtig es mir noch
nach langer Zeit von andern verdankt worden,
daß ich sie auf diese Werke, und namentlich
auf das große Vesalische aufmerksam gemacht
und dadurch etwas beygetragen habe, selbst
den Sinn fürs große und edle, für Takt und
Geschmack in diesen Studien bey ihnen zu
ermuntern.
[Seite IX] Eine vorzügliche Zierde hat dieses Buch
durch die beyden Kupfertafeln erhalten, an
welchen man die Meisterhand von Petrus
Camper erkennt, der die Freundschaft für
mich gehabt sie zu diesem Behuf selbst zu
zeichnen und unter seiner Aufsicht von dem be-
rühmten Künstler Reinier Vinkeles in Am-
sterdam stechen zu lassen.
Ich habe gerade die Unterseite des Schä-
dels, und Hand und Fuß gewählt, weil diese
wichtigen Theile, wie ich oft erfahren, manchen
Anfängern besonders schwer zu fassen sind.
Auf der zweyten Tafel sind die einzelnen
Knochen in eine solche Lage gebracht, daß sie
alle deutlich erkannt und unterschieden, und
doch auch in Gedanken leicht an einander
gepaßt und in ihre natürliche Verbindung
gebracht worden können.
Was nun besonders die gegenwärtige neue
Auflage betrifft, so hat dieselbe sehr zahlreiche
Zusätze und Verbesserungen erhalten, ohne
daß doch die Bogenzahl beträchtlich vermehrt
worden wäre, da hingegen auch manches aus
der vorigen weggelassen oder abgekürzt wor-
den; namentlich einiges vom zootomischen
Theil der Anmerkungen, das seitdem aus-
[Seite X] führlicher in dem Handbuch der vergleichen-
den Anatomie abgehandelt worden: dagegen
aber auch manches hier in der neuen Ausgabe
dieses osteologischen Buchs eingeschaltet wor-
den, was als Nachtrag zu jenem Handbuch
oder Berichtigung desselben dienen kann.
Manche der Zusätze betreffen die mir erst
neuerlich bekannt wordnen osteologischen Na-
tionalverschiedenheiten im Menschengeschlecht:
andre sind durch die Gallsche Schädellehre
veranlaßt worden, und was dergleichen
mehr ist.
Unter den ächten Hippocratischen Schrif-
ten gehört vorzüglich das Buch de articulis
hieher. Unter den unächten das de ossium na-
tura (das zuweilen auch den Titel mochlicus
führt, und nicht mit einem andern ächten
Werke gleicher Aufschrift verwechselt werden
darf).
Die vier ersten Capitel im letzten Buch
des Celsus enthalten eine kurze aber elegante
Osteologie.
Galenus hat außer dem was sich in sei-
nen andern voluminosen Werken zerstreut fin-
det, das berühmte osteologische Handbuch ge-
schrieben, dessen schon in der Vorrede gedacht
worden, und das im XVIten Jahrhundert zu
den heftigen, aber der Erweiterung der Zer-
[Seite XII] gliederungskunde sehr vortheilhaften Streitig-
keiten zwischen Vesalius und seinen Gegnern
Sylvius, Eustach etc. Anlaß gegeben.
Zu den übrigen Commentatoren über dieses
kleine aber merkwürdige Galenische Buch, gehören
vorzüglich:
Die Araber haben auch in der Osteologie,
so wie sonst größtentheils, den Galenus
meist bloß ausgeschrieben. – Zumahl Rhazes,
Avicenna, und Avenzoar.
Mundinus, der im XIVten Jahrhun-
dert, wie es scheint das allererste Handbuch
der Anatomie nach menschlichen Leichen ver-
faßt, hat doch bey den Knochen gerade am we-
nigsten geleistet, weil Pabst Bonifacius VIII.
a. 1300 in einem besondern Edicte verboten
[Seite XIII] hatte, Skelete auszulochen*)! und er sich
daher, wie er ausdrücklich sagt**), der Sünde
fürchtete, die feinern Kopfknochen zu un-
tersuchen.
Die erste Abbildung eines in Absicht
auf Osteologie gezeichneten Menschengerippes
findet sich meines Wissens in dem tractatus
de animalibus, der zu Ende des XVten Jahr-
hunderts herausgekommen, und gewöhnlich
den zweyten Band zum hortus sanitatis aus-
macht. Freylich noch eine sehr rohe Abbil-
dung. – Weit besser ist schon die in Meister
Hans von Gerßdorf, genannt Schylhans,
Feldbuch der Wundarzney. Strasb. 1528. 4.
Doch die allerwichtigste Periode für die
Osteologie so wie für die ganze übrige Zerglie-
derungskunde, fällt in die Mitte des XVIten
Jahrhunderts, in die Zeiten des großen ana-
tomischen Triumvirats von Vesalius, Fal-
lopia und Eustach.
Sein Commentar über Galen's Osteologie ist
schon oben angeführt.
Zusammen in den opuscul. anat. Venet. 1564. 4.
Ein Schüler von Fallopius, Volcher
Royter hat kurz nachher zwey classische Werke
herausgegeben, von welchen zumahl das letztere
noch bis jetzt als eine der allerwichtigsten und
reichhaltigsten Quellen zur osteologia compa-
rata anzusehen ist:
Gegen Ende eben dieses sec hat der wackre
Fel. Plater die erste Abbildung des weib-
lichen Skelets gegeben.
Im XVIIten Jahrhundert hat der eigentlich
anatomische Theil der Osteologie, nämlich die
Beschreibung der Knochen, wenig Zuwachs und
Erweiterung erhalten. Nur etwa die beyden
vollständigen Werke von Casp. Bauhin und
dem jüngern Riolan, und dann Paaw's
Schriften und Bucretii Tafeln ausgenom-
men, welche er den Casserischen beygefügt,
und die oft wieder aufgelegt und nachgestochen
worden.
Seinen Commentar über Celsi Osteologie s. oben.
jul. casserii Placent. tabulae anatomicae (post-Aus dem Ende dieses sec. verdienen zwey
ansehnliche Kupferwerke Erwähnung zu welchen
zwey treffliche Künstler, Lairesse und Errard
die osteologischen Zeichnungen geliefert. Je-
ner zu Bidloo's großen Werke, und letztrer
zu den mit Lancisi's Erklärung herausge-
kommnen anatomischen Tafeln für Künstler.
Auch zur osteologia comparata sind in
jenem Jahrhundert einige eigne Werke her-
ausgekommen:
Am mehresten hat hingegen um diese Zeit
die Geschichte der Knochen, ihre eigentliche
Physiologie, gewonnen.
Theils nämlich noch ferner die Osteogenie
durch Eyßon's und Rerkring's Schriften
(s. S. 8. N. f).
Vorzüglichst aber die nun durch Mal-
pighi, Gagliardi und Havers zuerst recht
näher untersuchte Textur der Knochen [– s.
S. 37. N. a) –].
Im letztverfloßnen Jahrhundert hat sich
Winslow durch mehrere überaus lehrreiche
Abhandlungen über die Mechanik einzelner
[Seite XVIII] Knochen (in den Mém. de l'Ac. des sc. de
Paris) etc. so wie in seiner allgemein bekann-
ten Exposition anatomique als der erste voll-
ständige Schriftsteller über die frischen
Knochen, und nachher Weitbrecht durch sein
mühsames Werk über die Gelenkbänder gar
sehr um die Osteologie verdient gemacht.
So Nesbitt und Herissant, dü Hamel
und Hr. von Haller um die tiefere Erfor-
schung der Entstehungs- und Ernährungsart
der Knochen. [– s. S. 11. N. i) – und
S. 59. N. k) –].
Besonders sind auch in eben diesem sec.
folgende prachtvolle großen Kupferwerke er-
schienen, worin die Knochen in Lebensgröße
abgebildet worden:
Vor allen aber hat sich B. S. Albinus
so wie um die ganze Zergliederungskunde, so
vorzüglichst um die Osteologie durch meister-
hafte Beschreibungen und eben so meisterhafte
Abbildungen, (wozu er sich eines der größten
Künstler die je in diesem Felde gearbeitet, des
ber. Jo. Wandelaar bedient) höchlichst ver-
dient gemacht.
Zu den übrigen neuern Zergliederern die
durch eigne Werke die Osteologie bereichert,
gehören vorzüglich:
Der verstorbene Alex. Monro, der Va-
ter, von dessen osteologischen Handbuche die
prachtvolle französische Ausgabe oben angeführt
worden. (– Die neueste Auflage seiner
Urschrift findet sich unter seinen zu Edinburg
1781. 4 herausgegebnen sämmtlichen Werken
pag. 17 – 227. –).
Bertin [– s. S. 18. N. g.) –].
Und Böhmer [– s. N. 53. N. h.) –].
Und dann müssen wir auch noch zweyer
großen Werke gedenken, durch welche das
Studium der osteologia comparata gar sehr
erweitert und aufgeklärt worden. – Nämlich
die Osteologie der vierfüßigen Säuge-Thiere
durch Daubenton's Antheil an Büffon's
histoire naturelle. vom IVten bis zum
XVten Band der Originalausgabe in 4.
Und die der sämmtlichen vier Classen von
rothblütigen Thieren durch folgendes nicht
[Seite XXI] nach Verdienst bekannte aber überaus reich-
haltige und zuverlässige Werk:
Was aber jetzt lebende treffliche Anatomen
für die Osteologie wichtiges und nutzbares ge-
liefert, ist in zu frischen Andenken als daß es
hier in dieser chronologischen Uebersicht erst
noch einer Anzeige bedürfte.
S. 4. letzte Zeile. Das Punct hinter l'art. auszustreichen.
– 37. Note w) zur letzten Zeile noch hinzuzusetzen: und selbst
die Stirnnaht noch durchaus unverwach-
sen ist.
– 49. Z. 16. von unten die Worte aber übrigens propor-
tionirliches auszustreichen.
– 71. Z. 4. von unten hinter sitzen noch zuzusetzen: so wie
die ähnlichen aber nachgiebigen zwischen
den corporibus vertebrarum.
– 76. §. 99. letzte Z. statt Hirnschale l. Schädel.
– 80. §. 103. Z. 10. I. des äußern Knöchels (malleoli externi).
– 105. Note m) Z. 9. statt anatomische I. anomalische.
Zu S. 145. unten: das meisterhafte Werk ist nun erschienen
unter dem Titel: S. TH. SOEMMERRING Abbil-
dungen des menschlichen Hörorganes Frcf. am M.
1806. gr. Fol.
S. 157. Note z) Z. 2. st. erfunden l. entdeckt.
– 193. §. 96. Z. 1. und S. 494. XI. l. Hirnschalenhöhle.
– 217. §. 121. letzte Z. I. Randes.
– 289. Hals- oder Nackenwirbel.
– 304. Brust- oder Rippenwirbeln.
– 309. Note a) Z. 6. l. Manpertuis.
– 337. im zweyten Absatz Z 5. l. deren Gliedwasser.
– 474. Z. 6. v. U. l. an den schönsten von den wenigen.
Die Knochen sind die härtesten Theile
des menschlichen Körpers, undurchsichtig,
und von einer meist etwas gelblichweissen
Farbea). Sie dienen den Muskeln zur
Befestigungb), so wie überhaupt den weichen
Theilen zur Stütze, und bestimmen im Gan-
zen als Grundfeste des Körpers die Bildungc)
[Seite 4] und mittelst ihrer Gelenke die Beweglichkeit
desselben.
So mannichfaltig die Gestalt der verschie-
denen Knochen ihren besondern Bestimmungen
gemäß seyn muß, so lassen sie sich doch über-
haupt aus dieser Rücksicht auf vier Classen
zurückbringen: I. flache Knochen. II. Röh-
renknochen. III. rundliche und IV. viel-
eckichte Knochen.
I. Die flachen Knochel, (ossa plana,
lata, ampla) bilden gleichsam breite Schaa-
len, und bestehen aus einer innern Lage von
schwammichten Knochengewebe (Diploë), die
auf beyden Flächen mit einer dichten Knochen-
rinde bekleidet ist.
II. Die Röhrenknocken (ossa cylin-
drica, longa sind walzenförmig, laufen an
beyden Enden in dickere Köpfe zu, und ent-
halten in ihrer Mitte eine größere Markhöhle.
Die menschliche Leibesfrucht, deren Bil-
dung überhaupt wohl erst in der dritten Woche
nach der Empfängnis beginnta), besteht an-
fangs fast so ganz aus einer blossen leimichten
Gallerte, daß sie über Kohlfeuer gehalten,
beynah völlig verdunstet. Sie erhält aber
schon in den nächstfolgenden Wochen, so wie
sie immer mehr und mehr ausgebildet wird,
auch eine grössere Festigkeit, so daß man schon
bey wohlerhaltnen Embryonen aus der ersten
Hälfte des zweyten Monats der Schwan-
gerschaft nicht nur den Geschlechtsunterschied,
sondern auch jede Fingerspitze und Fußzehe so
wie auch die gröbern Gesichtszüge unterschei-
den, und die festere Grundlage der künftigen
Knochen, zumahl an der Brust und am Rück-
grate ganz deutlich erkennen kannb).
Diese zarte Grundlage des künftigen Ge-
rippes besteht aber dann noch blos aus weich-
lichen gallertigen Knorpelnc), die erst nach
und nach an Festigkeit und Schnellkraft zuneh-
men, und zugleich immer schärfer nach der
Form der nachher in ihnen entstehenden
Knochen ausgebildet werdend).
Ohngefähr in der siebentene) oder achten
Woche nach der Empfängniß zeigen sich endlich
[Seite 8] meist in der Mitte einiger von diesen bis dahin
fast durchsichtig gewesenen Knorpeln, weisse un-
durchsichtige Stellen, nämlich die ersten Kno-
chenkerne (puncta ossificationis)f): und zwar
[Seite 9] zu allererst in den Schlüsselbeinen, in den
Rippen, in den Wirbelbeinen, in den grösten
Röhrenknochen, in den Kinnladen und einigen
andern Gesichtsknochen, auch im Stirn- und
Hinterhauptsbeine: später erst in den Scheitel-
beinen u.s.w.
Die Form dieser ersten Knochenkerne diffe-
rirt nach der oben angezeigten vierfachen Ver-
schiedenheit der Knochen selbst. Eigentlich
nur in den flachen Knochen, zumahl am
Kopfe, sind es dünne, zu erst theils netzför-
mige nachher fast wie ein Siebchen durch-
löcherte Schuppen, aus deren Mitte die
Knochenfasern wie Kammzinken, oder vielmehr
wie divergirende Strahlen nach dem äußern
Rande zu gerichtet sind. Bey den Röhren-
knochen sind es kurze dichte Walzen die meist
an beyden Endflächen eine kleine Vertiefung
zeigen. In den rundlichen Knochen haben
sie die Form kleiner Körner: und in den
vieleckichten endlich eine mannichfaltigere,
meist zackichte Gestalt.
Der Stoff zu diesen ersten Kernen so wie
zu aller nachwärtigen Knochenmaße, besteht
aus dem sogenannten Knochensafte, dieser
aber, außer seinem gallertigen Vehikel aus
Knochenerdeg) und endlich diese selbst wie-
derum zum bey weiten größten Theil aus phos-
phorsaurer Kalkerde mit Zumischung eines
geringen Antheils von kohlensaurerh).
Jener Knochensaft wird mit dem Schlag-
aderblute nach und nach in die, für jeden
nachherigen Knochen präformirte knorplichte
Grundlage (§. 8.) abgesetzt; wo er sich dann
mit einem (permanenten) Theile derselben
verbindet und erstarrt; da hingegen der so-
dann überflüssige Theile dieser Grundlage wohl
ohne Zweifel durch einsaugende Gefäße wie-
[Seite 11] der aufgenommen und zum Blute zurückge-
führt wirdi).
Die Verknöcherung, deren allerersten An-
fänge im vorigen Abschnitt beschrieben worden,
gewinnt zwar im ganzen genommen, in Mut-
terleibe, und selbst schon in der ersten Hälfte
der Schwangerschaft, einen sehr ansehenlichen,
schnellen und bestimmten, aber doch in Rück-
sicht aus die einzelnen Knochen sehr ungleichen
Fortgang, dessen Verschiedenheit sich nicht
nur auf die Zeit, sondern auch auf die Art
ihrer Ossification und auf ihre ungleiche Ver-
vollkomnung erstrecketa).
Bey vielen nämlich, wie z.B. in den Fin-
gern und Fuszehen, im Zungenbein, im
[Seite 13] Brustbein etc. zeigen sich die Knochenkerne erst
späte; bey einigen aber gar erst nach der Ge-
burt, wohin besonders verschiedene rundliche
Knochen, z. E. die in der Handwurzel und
einige von denen in der Fersea), ferner die
Kniescheibe, das Kuckucksbein, und die Se-
samsbeinchen an Füßen und Händen gehören,
von welchen die letztern meist gar erst im männ-
lichen Alter oder auch nie, gebildet werden.
Manche erhalten erst sehr späte ihre voll-
kommene Ausbildung, wie z.B. das Sieb-
bein u.a. zur innern Nase gehörige Kno-
chen: da hingegen andere, wie die Schlüs-
selbeine und Rippen schon in den ersten Mo-
naten nach der Empfängniß fast ganz ihre be-
stimmte Gestalt bekommen. Am auffallend-
sten aber ist diese frühzeitige Vervollkommung
bey den innern Gehörwerkzeugen im Felsen-
[Seite 14] beine, die schon im fünften, sechsten Monat,
nicht nur ihre gehörige Form, sondern sogar
fast ihre vollkommne Größe erreichenc).
Ueberhaupt sieht das Wachsthum der
verschiedenen Knochen in einem sehr ungleichen
Verhältniß. Bey einem Fötus von zehn Wo-
chen z. E. sind die Knochenkerne der Schulter-
blätter wenigstens zweymahl so groß als die in
den Hüftknochen; die Schlüsselbeine wohl drey-
mahl so groß als die Schenkelknochen die so wie
überhaupt die ganzen Beine beym Fötus in
Verhältniß gegen Kopf und Rumpf überaus
kurz und schwach sindd). Eine gleiche schein-
[Seite 15] bare Disproportion zeigt sich auch am Kopfe,
da nur die flachen Knochen der Hirnschale gar
frühzeitig beträchtlich groß werden, hinge-
gen die eigentlichen Gesichtsknochen eine ver-
hältnißmäßig sehr geringe Größe habena).
Gewöhnlich fängt sich die Verknöcherung in
der Mitte des Knorpels an; doch leidet auch
dieß seine Ausnahmen, da z.B. die äußersten
Knochen der Finger und Fußzehen vorn an der
Spitze zu verknöchern anfangen.
Es sind ferner nur wenige Knochen die aus
einem einzigen Knochenkerne gebildet werden,
wohin z.B. die Scheitelbeine, Nasenbeine,
Nagelbeinchen, Jochbeine, die Kniescheibe, die
Knochen in der Handwurzel, die mehresten in
der Ferse, die Sesamsbeinchen etc. gehören.
Bey weiten die allermeisten haben hinge-
gen deren mehrere, die entweder meist zu
gleicher Zeit entstehen und einander gleichsam
entgegen wachsen, so daß alsdenn ein derglei-
chen Knochen aus mehrern größern oder Haupt-
stücken zusammengesetzt scheint, (wie dieß z.B.
der Fall beym Hinterhauptsbeine ist, das an-
fänglich aus vier Stücken, beym Keilbeine
das aus fünfen, bey den Wirbelbeinen die aus
dreyen, beym Brustbeine das wohl aus ach-
ten und mehreren, bey den ungenannten Bei-
nen, die aus dreyen u.s.w. zu bestehen schei-
nen): oder bey welchen hingegen anfänglich
nur ein Hauptkern entsteht, der erst eine be-
trächtliche Größe erreicht, und das Haupt-
stück (Diaphysis) des ganzen Knochen aus-
macht, ehe sich nachher, und zwar meist an
seinen Enden ungleich kleinere Kernchen zeigen,
von welchen die sogenannten Ansätze oder
Anwüchse oder Endstückchen Epiphyses)
am Hauptknochen gebildet werdenf).
So wie diese Zusammensetzung der
größern Knochen aus mehreren Knochenkernen
schon im ganzen genommen beides fürs Kind
in Mutterleibe selbst, und auch für die Mutter
[Seite 17] und deren Niederkunft von mannichfaltigen
Nutzen ist, so ist es besonders eine eben so merk-
würdige als zweckmäßige Einrichtung, daß
gerade alle die Knochen, die in ihrer Mitte
eine sehr grosse Oeffnung zum Durchgang für
weiche Theile, oder zur Aufnahme anderer
Knochen, haben, anfänglich aus mehrern
Stücken bestehen, damit diese nach und nach
auseinander treten, die Oeffnung erweitern, und
dem hineintretenden Theile so wie er selbst
wächst immer mehr Raum machen können.
So ist es z.B. beym Hinterhauptsbein und
bey den Wirbelbeinen zum Durchgange des
Rückenmarkes, bey der Hüftpfanne zur Auf-
nahme des Schenkelkopfs u.s.w.
Eine Hauptveränderung, die während
des Wachsthums der Knochenkerne in ihrem
innern vorgeht, ist die Entstehung der Zellen
und Höhlen, die zur künftigen Aufnahme des
Knochenmarkes bestimmt sind. Bey den fla-
chen Knochen nämlich legt die anfängliche kleine
siebförmige Schuppe den ersten Grund zu dem
nachher in ihrer Mitte entstehenden schwam-
michten Gewebe (§. 3.), indem sich durch den
fernern Absatz von Knochensaft mehrere der-
gleichen fast netzförmige Blättchen über einan-
der fügen, wovon die innersten am lockersten
sind, und durch ihre Verbindung die soge-
[Seite 18] nannte Diploë bilden, statt daß die äußern
hingegen auf beideng) Seiten immer mehr
verdichten und die festen Außenblätter oder
gleichsam die Rinde zu jener schwammichten
Mittellage ausmachen.
Bey den Röhrenknochen werden die dickern
Enden in ein ähnliches schwammichtes oder zel-
lichtes Knochengewebe umgebildet, da hinge-
gen in ihrer Mitte eine nur mit dünnen
Knochenfäden durchkreuzte Höhle (§. 4.) ent-
steht, die aber dafür mit einer desto festern und
dichtern Knochenwand umschlossen wird.
Die rundlichen und würflichten Knochen
werden, wie schon oben gesagt ist (§. 5.) fast
ganz bis zu ihrer äußersten Oberfläche schwam-
micht, und haben theils nur wie einen dünnen
Anstrich von einer glatten dichten Außenseite.
Die Substanz der vieleckichten Knochen
(§. 6.) ist zwar bey weiten dichter und schwe-
rer, doch sind auch sie, bis auf wenige Aus-
nahmen nicht ganz von dergleichen lockern Zellen
entblöst als welche selbst bey den großem Ge-
hörknöchelchen, und im Felsenbeine an der Außen-
seite der Schnecke sehr sichtlich sind.
Alle diese Zunahme und überhaupt das
ganze Wachsthum der Knochen wird von ihren
ernährenden Schlagadern bewürkt, die
aus der äußern Beinhaut in dieselben hinein-
treten, und die nachdem sie wie obgedacht
(§. 12.) den ersten Knochensaft in den Knor-
pel geführt, ihn vom ersten Knochenkerne wie
aus einem Mittelpunkt nach allen Seiten zu,
immer weiter verbreiten.h).
Es hat daher ein jeder Knochen wenigstens
eine dergleichen Schlagader, die meist in sei-
ner Mitte durch eine weite Oeffnungi) in sein
inneres hineintritt: bey den meisten aber sind
deren mehrere nach der Anzahl der Knochen-
kerne woraus sie zusammenwachsen, befindlich;
die zumahl bey denen, die aus mehr als einem
Hauptstücke bestehen (§. 19.) wie z.B. bey
den ungenannten Knochen, eine ansehnliche
Stärke haben.
Die Stämme dieser Schlagader treten
meist bis in die Mitte des Knochen, wo sich
ein Theil ihrer Zweige in die schwammichten
Markzellen vertheilt, da hingegen die übrigen
zwischen die Knochenblätter selbst und in die
dichtere Rinde eindringenk).
Durch die verschiedene Richtung und den
Lauf dieser letztern Gefäße wird vorzüglich die
Richtung der Knochenfasern selbst bestimmt,
die wie gesagt (§. 10.) bey den breiten Kno-
chen, wie aus einem Mittelpunkt divergiren,
und bey den Röhrenknochen hingegen mehr
gleichlaufend sind. Bey den letztern zumal,
sind nach des Hrn. von Hallerl) sorgfälti-
gen Untersuchungen zwey besondere netzförmige
Aderkronen (hemisphaeria vasculosa) zu mer-
ken, die das Hauptstück des Knochen an bei-
den Enden begrenzen, und deren Bogen und
Aeste endlich in die Knochenansätze übertreten,
und sich mir deren ihren Gefäßen verbinden.
Der aus dem Blute abgeschiedne Knochen-
fast wird vermuthlich längst der Häute dieser
Schlagadern durch dieselben ausgeschwitzt,
daher man sie theils von einer zarten Knochen-
röhre wie von einem Futteral umschlossen fin-
detm): das übrige Blut wird hingegen von
zurückführenden Adern wiederum aus den
Knochen hinausgeleitet.
Das ganze Ernährungsgeschäfte läßt sich bey
den Knochen weit sinnlicher, anschaulicher als bey
irgend einem andern Bestandtheil des thierischen
Körpers durch die bekannten Versuche mit der
Färberröthe erweisen, deren Wurzel bloß
die Knochen und knochenartigen Theilen) der
damit gefütterten warmblütigen Thiere Car-
minroth färbto); da hingegen alle übrigen
[Seite 23] Theile ihres Körpers und selbst die Beinhaut
und der Knorpel für diese Röthe schlechter-
dings unempfänglich bleiben.
Wir fassen die vorzüglichsten fernern Verän-
derungen in einen besondern Abschnitt zusam-
men, die sich mit den Knochen nach der Ge-
burt des Kindes bis zur ihrer Vervollkom-
nung in den männlichen Jahren, und von da
endlich bis zum höhern Alter ereignen; und
sowohl die innere mehr zunehmende Festigkeit
derselben, als auch ihre schärfere bestimm-
tere Ausbildung betreffen.
So wie nämlich einige rundliche Knochen
erst nach der Geburt zu verknöchern anfangen
(§. 14.); so sind überhaupt fast alle übrigen,
nur sehr wenige ausgenommen (§. 15.) beym
neugebohrnen Kinde noch weit von ihrer nach-
wärtigen Vollkommenheit entfernt. Die flachen
Knochen der Hirnschale sind dann nur locker und
nachgiebig, – noch nicht durch feste Näthe –
unter einander verbunden; sie haben erst nur
stumpfe Ecken, die noch nicht an einander
[Seite 25] stoßen, sondern weiche, bloß knorplichte Zwi-
schenräume lassen; wovon vornämlich der
größte, mitten über der Stirne, zwischen den
beyden Scheitelbeinen und dem noch in zwey
Helften getheilten Stirnbein, von beynah
viereckter Form, insgemein das Blättchen
(Fontanella) genannt; und zwey kleinere zwi-
schen den Ohren und dem Nacken, da wo die
Scheitelbeine, die Felsenbeine und das Hinter-
hauptsbein aneinander stoßen (Fontanellae
casserii) zu merken sind.
Sehr viele andre Knochen bestehen dann im-
mer noch aus mehrern größern Stücken, z.B.
das Stirnbein, das Hinterhauptsbein, das
Brustbein, die ungenannten Beine, und die
Wirbelbeine, die besonders nach hinten zu
noch sehr unvollkommen und ohne dornichte
Fortsätze (processus spinosi) sind. Fast alle
übrige aber, zumahl die Röhrenknochen haben
noch einzelne kleine mit dem Hauptstück noch
nicht zusammengewachsene sondern nur durch
Knorpel mit demselben verbundene Endstückchen.
So wie sich aber überhaupt die ganze fett-
rundliche Form und das Verhältniß der Theile
des Kindes zur Form und Proportion des
schlankern erwachsenen Körpers verhalten, so
[Seite 26] verhalten sich besonders die Knochen und das
Gerippe (als von welchem die ganze übrige Bil-
dung abhängt) des ersten und leztern gegen
einander. Beym Kinde nämlich ist die Hirn-
schale sehr groß, die Brust weit, die Hüf-
ten schmahl etc. Seine flachen Knochen glatt
und eben; die Röhrenknochen kurz, meist cy-
lindrisch u.s.w. Während aber, daß ihre
Verknöcherung fortgeht und sie an Festigkeit
mehr und mehr zunehmen, so nähern sie sich
auch in Rücksicht ihrer Ausbildung immer
mehr der künftigen Bestimmtheit und voll-
kommenen Reife.
Um sich die Ausbildung und theils succes-
sive Umformung so harter Organe als die
Knochen sind, recht zu verdeutlichen, darf
man nur nicht vergessen, daß dieselben bey
dieser ihrer Härte doch zugleich gerade die
allerwandelbarsten von allen festen Stoffen
(– partibus similaribus –) des thierischen
Körpers sind; deren mechanische Elemente
durch die fast unaufhörliche wenn gleich meist
unmerkliche Wechselwirkung worin der Secre-
tions-Proceß mit der Absorbtion steht, be-
ständig erneuert und gleichsam umgetauscht
werden. Eine Wahrheit, die sich z.B. schon
aus der abwechselnden Röthe oder Weiße
der Knochen bey jungen warmblüthigen Thie-
[Seite 27] ren ergibt je nachdem man diese wechselsweise
wochenlang entweder mit Färberröthe oder aber
mit ihrer gewohnten Nahrung füttert (§. 30.).
Eben wegen dieser Wandelbarkeit sind aber
nun die Knochen auch zugleich die allerbild-
samsten von allen festen Stoffen des Kör-
pers, die ihre Form nach den anliegenden
weichen Theilen fügen und modeln, und sich
durch dieser ihre Thätigkeit so wie durch andre
stark und anhaltend auf sie wirkende mecha-
nische Kraft vielartig umbilden lassena).
Daß und wie genau sich der Knochensaft
nach den anliegenden weichen Theilen modelt
und dieselben gleichsam abformt, davon giebt
die Hirnschalenhöhle das sinnlichste Beyspiel.
Nicht nur bildet sich dieselbe im Ganzen nach
der Gestalt des in ihr eingeschlossenen Ge-
hirnsb), sondern sie zeigt auch die Abdrücke
[Seite 28] einzelner Theile oft mit ausnehmender
Schärfe, wie z.B. die von manchen Windun-
gen der Rindensubstanzc) besonders auf der
pars orbitalis des Stirnbeins, die von den
Schlagadern der harten Hirnhaut, zumahl
die von der meningea media auf der Binnen-
seite der Scheitelbeined); so wie die von den
zurückführenden Blutbehaltern, von den soge-
nannten Pacchionischen Drüsen u. dgl. m.
Von diesen Formen der Knochen und
ihrer Theile die durch bloße Anfügung des
Knochensaftes an die anliegenden weichen
Theile entstehen, sind diejenigen zu unterschei-
den die sie durch die Thätigkeit und anhaltende
Spannung oder zahlloß wiederholten Bewe-
gungen der Muskeln erhalten, die an ihnen,
befestigt sinde). In jenem erstern Fall stel-
[Seite 29] len sie bloße Abgüsse vor. In diesem hin-
gegen werden sie gleichsam wie bildsamer Ton
gemodelt und ausgewirkt; da sich dann mit
den Jahren an manchen Knochen, zumahl
des Schädels, bestimmte Flächen eindrucken;
manche Röhrenknochen eine fast prisma-
tische Gestalt gewinnen u. dergl. m. Beson-
ders anschaulich wird dieß z.B. durch Ver-
gleichung von Unterkiefern und von Schien-
beinröhren aus sehr verschiedenen Lebensal-
tern und von Personen sehr verschiedner Le-
bensweisef).
Am allerauffallendsten zeigt sich aber end-
lich die nachgiebige Bildsamkeit der Knochen
in denjenigen Fällen wo ihre natürliche Form
durch anhaltend und stark auf sie wirkende
mechanische Kräfte allgemach abgeändert und
gleichsam umgebildet wird. – Das kann ge-
waltsamer Druck sowohl von außen nach innen
als auch von innen heraus bewirken. Beyspiele
[Seite 30] von ersterm geben die Schädel der Caraiben mit
zurückgepreßter Stirneg), der Nordamerica-
nischen Chaktaws mit flach niedergedrücktem
Scheitelh) u.a.m. so wie die Entstellung
des Thorax durch steife Schnürbrüstei), oder
der Fußzehen durch enge Schuhek); auch
ähnliche Folgen von besonderer Lebensweise
mit einförmigen Stellungenl) und dgl. m.
Wie aber anderseits auch Knochen von innen
nach außen, getrieben und ausgedehnt werden
können, das zeigen z.B. manche Krankheiten
der sogenannten Schleimhöhlen des Stirnbeins
(sinus frontales)m) und der Oberkiefer (antra
Highmori)n), so wie die bey großen innern
Wasserköpfen schräg nieder und vorwärts ge-
[Seite 31] triebenen partes orbitales der Augenhöh-
leno) u. dgl.
Soviel von der Aus- und Umbildung der
Knochen im allgemeinen. Nun auch ein
Wort von einigen besonders wichtigen Verän-
derungen die sich in gewissen Lebensperioden
an einzelnen Theilen des Gerippes ereignen.
Dahin gehört sowohl das Hervorbrechen der
Milchzähne, als das nachherige Wechseln der-
selben, wovon aber die ausführlichere Be-
schreibung mit der Geschichte der Zähne selbst
für einen andern Abschnitt verspart bleibt.
Hier bemerke ich inzwischen doch den Einfluß
den das zweymahlige zahnen auf das relative
Verhältniß der Gesichtsknochen zum eigent-
lichen Hirnschädel, und mithin auf die ganze
kindliche Gesichtsform hat, als welche sich in
so fern merklich verändert, daß die vorher
sehr niedrigen Kinnladen, zumahl die obern,
an Höhe beträchtlich zunehmen, und dadurch
das rundliche Gesicht überhaupt seine verlän-
gerte reifere Gestalt gewinntp).
Allein eine weit allgemeinere Veränderung,
die fast alle Knochen des Gerippes betrifft,
womit zugleich meist ihrem ganzen Wachs-
thum in die Länge die bestimmten Grenzen
gesetzt werden, und die sich gewöhnlich gegen
die Zeit der Mannbarkeit ereignet, ist das
völlige Verwachsen aller zeitherigen Kno-
chenansätze mit ihren Hauptstücken, wodurch
sie denn zu sogenannten Fortsätzen werden.
Die Endstücke oder Ansätze nämlich (epi-
physes, bey Fallopius appendices) die an
den Ecken, Seiten oder Enden sehr vieler
junger Knochen ansitzen, und aus besondern
kleinern Knochenkernen entstanden sind, blei-
ben nur bis zum männlichen Alter, wie mit-
telst eines zarten, dazwischen liegenden Knor-
pelblättchensq) am Hauptstück des Knochen
(diaphysis) gleichsam angeleimt, und zwar
meist so, daß der Ansatz mit einer unebenen,
aber im Ganzen etwas concaven Fläche, an
einer ebenfalls hüglichten aber gewölbten Fläche
[Seite 33] des Hauptstückes ansitzt: sich aber sowohl
durchs Kochen als auch durch äußere Gewalt,
und in einigen Knochenkrankheiten davon ab-
lösen läßt.
Um die Zeit des völlig erreichten Wachs-
thums aber werden diese Ansätze so innigst fest
mit den Hauptstücken verbunden, schmelzen
gleichsam so gänzlich mit ihnen zusammen, daß
man nachher gar die Spur der ehemahligen Ab-
sonderung nicht mehr unterscheiden kann. Doch
wird der Termin dieses Verwachsens durch zu-
fällige Umstände vorzögert oder beschleunigt.
Ueberhaupt nämlich tritt er, ceteris paribus,
bey Mannspersonen früher ein, als beym
weiblichen Geschlecht, bey robusten und sich stark
bewegenden Leuten früher als bey zärtlichen von
sitzender Lebensart. Noch später bey mancher
krankhaften Verderbniß, zumahl in der soge-
nannten Englischen Krankheit u.s.w.
Die auf diese Weise verwachsenen End-
stücke werden alsdann Fortsätze (apophyses,
processus oder productiones), und zwar eigent-
lich unächte oder falsche Fortsätze (apophyses
spuriae) genannt. Denn da man überhaupt
jede Ecke oder Spitze eines Knochen mit dem
Nahmen eines Fortsatzes belegt, und doch viele
[Seite 34] Knochen, zumahl von den vieleckichten am Kopfe,
die theils überhaupt nur aus einem einzigen
Knochenkerne entstehen (§. 18.), schon ur-
sprünglich dergleichen haben; so nennt man
diese letztern wahre und hingegen die, so erst
abgesonderte Endstückchen gewesen, unächte
Fortsätze. Von jener Art ist z.B. am Schul-
terblatt das Grat-Ende (acromium); von den
unächten hingegen der Schnabel-Fortsatz (pro-
cessus coracoides). Auch gibt es wahre Fort-
sätze an welchen andre unächte ansitzen, wie
z.B. der Kopf am sogenannten Schenkelhalse
(collum ossis femoris); und umgekehrt Ansätze
die noch ihre besondern Fortsätze haben, wie
das untre Ende der Elnbogenröhre (vlna)
mit ihrem Griffelförmigen Fortsatze (processus
styliformis)r).
So wie überhaupt die Fortsätze von beyder-
ley Arts) gar vielseitigen Nutzen zur Befesti-
gung der Sehnen und Gelenkbänder, haupt-
sächlich aber zur Erleichterung des Mechanis-
mus der Muskeln haben, wie z.B. nahment-
lich um die Insertionswinkel derselben zu ver-
[Seite 35] größern und dadurch ihre bewundernswürdige
Kraft zu verstärken, so scheint besonders der
Nutzen der Epiphysen am annoch unreifen
Gerippe auf das leichtere Wachsthum und
nachgiebigere Ausdehnung der Knochen ab-
zuzwecken.
Allein jene Vollkommenheit, wozu die
Knochen in den mannbaren Jahren gelangen,
ist von keiner lebenswierigen Dauer: sondern
auch diese, dem Anschein nach so festen Theile,
sind, so wie alle übrigen bey den organisirten
Körpern, endlich im höhern Alter, wenn sie
sich allgemach ihrem natürlichen Lebensziele nä-
hern, wiederum der Abnahme und der Ge-
brechlichkeit unterworfen.
Im zunehmenden Alter nämlich häufe
sich die Erde im Körper an, und trägt, nebst
der in diesen Jahren mehr und mehr abneh-
menden Reizbarkeit und Empfindlichkeit ein
großes zur dagegen immer mehr zunehmenden
Steifigkeit und Ungelenksamkeit der ganzen
Maschine bey. Diese Anhäufung der Erde
zeigt sich theils schon in den im Alter nicht un-
gewöhnlichen Verknöcherungen der weichen
Theile, deren sehr wenige am Körper seyn
werden, die man nicht irgend einmahl in einer
[Seite 36] alten Leiche verknöchert gefunden haben solltet):
besonders aber in den Veränderungen die mit
den Knochen selbst alsdann vorgehn.
Vorzüglich gehört dahin das widernatürliche
Verwachsen der unbeweglich zusammen ver-
bundenen Knochen des Kopfs, da zumahl die
wahren Nähte allgemach verschwindenu),
[Seite 37] auch ganz gewöhnlich und meist schon in den
Jahren der Mannbarkeit der Vordertheil des
Hinterhauptbeins mit dem Mittelstück des
Keilbeins in eins verwächst u.s.w.x).
Aber auch von den durch bewegliche Ge-
lenke unter einander verbundnen Knochen wach-
sen manche, theils aus allmähliger Abnahme
oder Zähigkeit des Gliedwassers und Absorb-
[Seite 38] tion der Gelenkknorpel, theils durch anhalten-
den vieljährigen äußern Druck (– §. 39. –) etc.
leicht zusammen: wie sich dieß besonders an
den Halswirbeln und an den vordern Gelenken
der Fuszehen nicht selten ereignety).
Ferner hat das zunehmende Alter gewöhn-
lich das Ausfallen der Zähne zur Folge, wor-
nach sich, wie überhaupt auch nach ihrem son-
stigen Verlust die Zahnzellen allgemach schlie-
senz), und bey gänzlich zahnlosen Alten end-
[Seite 39] lich der ganze Zellenrand beider Kiefer schwin-
deta). Dadurch wird aber die sonstige Höhe
der Kiefer wieder sehr gemindert und dadurch
die unter Hälfte des Gesichts fast wieder wie
im kindischen Alter gar sehr verkürztb) zugleich
aber die Winkel womit beyde Kiefer auf einan-
der schließen gar sehr verändert; folglich das
Kinn vorgeschoben, und dadurch die eigne auf-
fallende Gesichtsbildung dieses zahnlosen Alters
verursachtc).
So wie endlich im hohen Alter das ganze
Nutritions-Geschäffte unvollkommer und man-
gelhafter vollzogen wird: so zeigt sich auch diese
Gebrechlichkeit der immer mehr abgestumpften
und stockenden Maschine in der bey jenen
Jahren in Verhältniß zur Absorbtion sehr
schwachen Ernährung der Knochen die zu-
mahl an den flachen Knochen der Hirnschale
sehr merklich wird; als bey welchen anfangs
[Seite 40] die Diploë schwindetd) und nachher die Dicke
der Tafeln selbst abnimmt; so daß man nicht
selten bey uralten Menschen die Scheitelknochen
fast so dünne wie Papier abgeschliffen, und
theils wohl gar durchlöchert findete).
Die bey weiten allermehrsten der bisher
in diesem Abschnitte angezeigten Veränderun-
gen der Knochen sind natürlich oder noth-
wendig, so wie sie der Lauf des menschlichen
Lebens von der Empfängnis bis ins höhere
Alter mit sich bringt, und wie sie durch die
beiden sehr verwandten Geschäffte, die Erzeu-
gung und Ernährung, bewürkt werden. Noch
müssen wir aber auch der wichtigsten außeror-
dendlichen Veränderungen gedenken, da mit-
telst der Reproductionskraft, – dieser drit-
ten Modification des Bildungstriebes, –
allerhand zufälliger Verlust oder Entstellung
der Knochen von selbst wieder ergänzt oder
hergestellt werden kann.
Denn obschon die Reproductionskraft bey
den warmblütigen Thieren überhaupt ungleich
[Seite 41] eingeschränkter und nicht so auffallend ist als
bey den kaltblütigen: so ist sie doch bey ihren
Knochen in Vergleich gegen die weichen
Theile ganz vorzüglich würksamf): und das
nach einer wohlthätigen Einrichtung der Na-
tur, die gerade diesen Theilen den kräftig-
sten und thätigsten Bildungstrieb beygelegt
hat, da von ihrer Bildung die Total-Bil-
dung des übrige Körpers abhängt (§. 1.).
Ueberhaupt lassen sich alle Arten von Re-
production unter zwey Hauptclassen bringen:
A. Bloße Wiederherstellung der entstellten
Bildung, ohne Verlust von Stoff. Repro-
ductio formae.
[Seite 42] B. Wiederersetzung der verlohrnen Sub-
stanz. Reproductio materiei.
Beyderley Arten von Reproduction sind bey
den Knochen nicht ungewöhnlich und für die
Physiologie derselben so lehrreich daß es sich
der Mühe lohnt die verschiedenen Arten der-
selben genauer auseinander zu sehen und durch
Beyspiele zu erläutern.
Zur einfachsten Art von Reproductio
formae Gehört die Wiederherstellung der Form
der Knochen wie dieselbe bloß durch einen
gewaltsamen aber nicht lange anhaltenden
Druck entstellt worden. So hat man z.B.
öfter gesehen daß die Hirnschalen-Knochen
die durch heftigen Schlag oder Sturz etc. tief
eingedruckt worden waren, nach einigen Tagen
von selbst und plötzlich theils wie mit rechter
Schnellkraft wieder heraus getreten sind und
ihre sonstige gewölbte Form wieder angenom-
men habeng).
Eine complicirtere Art ist hingegen das
wiederfestwachsen eigenthümlicher Theile des
[Seite 43] Gerippes, die gewaltsamerweise davon getrennt
worden waren. Wie z.B. daß ausgerißne
und sogleich wieder in ihre Lücke eingesetzte Zähne
wiederum fest haltenh); oder daß ganze breite
Stücken die vom Hirnschädel abgehauen worden,
dennoch wieder angeheilt sindi) u.s.w. –
Noch sonderbarer ist ferner die Repro-
ductions Art durch künstliche Einpfropfung
fremder Theile zum Ersatz der verlornen,
wovon das Einsetzen fremder Zähnek) ein
bekanntes Beyspiel giebt.
Endlich gehört auch wohl in diese erste
Hauptclasse die Bildung neuer Gelenke
nach Verrenkungenl), wovon die freylich
[Seite 44] meist unförmlichen und unvollkommenen neuen
Hüfftpfannen nach Verrenkung des Schenkel-
kopfs das Bekannteste Beyspiel abgebenm).
Zur Zweyten Hauptclasse von Re-
production (§. 54.) gehört größtentheils die
Erzeugung der Beinschwiele (Callus) zu-
mahl nach complicirten Brüchen; und dann
die Wiederersetzung gänzlich verlohrner be-
trächtlicher Knochenstücke. –
Jene entsteht nach Beinbrüchen nicht so-
wohl wie Malpighin), Hallero), u.a.
[Seite 45] meinten durch ausschwitzen eines neuen Kno-
chensaftes aus den gebrochenen Knochenenden
selbst, sondern wird vielmehr aus einem Ex-
travasat der Gefäße in der zerrißnen Bein-
haut ergoßenp), wie dieß z.B. aus dem
Tab. I. Fig. 1. abgebildeten Schenkelbeine
anschaulich wird, um dessen Bruch sich ein
breiter Ring (– a. b. c. d. –) von ausgetret-
nen Knochensaft herumgelegt hat, da hingegen
die gebrochnen Enden der Röhre selbst, durch
eine ansehnliche leere Lücke von einander ge-
trennt sindq).
Vom Ersaß großer Knochenstücke aber,
die durch Beinfraß oder gewaltsames Zersplit-
tern verlohren gegangen, sind, zumahl in
[Seite 46] neuern Zeiten, zahlreiche Beyspiele bekannt
gemacht wordenr).
Der innere Bau der Knochena) erhellt
zwar schon großentheils aus dem was in den
[Seite 48] vorigen Abschnitten über ihre Entstehung
u.s.w. gesagt worden: doch müssen hier noch
einige genauere Untersuchungen darüber nachge-
holt werden.
Ihre Grundlage bleibt immer ein schwam-
michtes Schleimgewebeb), dessen Zwischen-
räume vor ihrer Verknöcherung mit einer bloßen
Knorpel-Gallerte, nachher aber mit dem erstarr-
ten kalkerdichten Knochensafte (§. 11.) gefüllt
sind. Dieses Gewebe zeigt sich am augenschein-
lichsten, wenn man Knochen eine Zeit lang in
verdünnten mineralischen, oder in concentrirten
vegetabilischen Säuren eingeweicht hat, da
dann die in selbigen vertheilte Kalkerde allge-
mach aufgelößt, und das Gewebe im gleichen
Verhältniß erweicht und dadurch sichtbar ge-
macht wird. – Dann auch durch die Versuche
[Seite 49] mit dem Papinischen Kesselc) in welchem die
Knochen bey einem mäßigen Feuer mittelst
eingeschlossener Dämpfe wieder zu Gallerte
zerkocht werden könnend). –
Anm. Auch die pathologia physiologiam informans
(wie unser Röderer sie nannte) zeigt diese beyden
mechanischen Hauptbestandtheile der Knochen, nämlich
ihre Grundlage von zellichter Knorpel-Gallerte, und
den verhärteten Knochensaft womit dieselbe getränkt
ist, auf vielartige Und sehr epidentbelehrende Weise.
So werden, um nur weniges anzuführen, die
Knochen in der Osteosarcosis wieder knorpelartig
erweicht. S. z.B. das wunderbare Skelet der eben
durch diese schreckliche Krankheit in ihrem letzten
35ten Lebensjahre binnen 11 Monaten ganz mon-
stros verwachsnen und zusammengekrümmten bekann-
ten Supiot in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris
v. J. 1753. tab. XXIII. und ein anderes in imm. chr.
planck diss. sist. morbum osteosarcoseos singulari
casu illustratum. Tubing. 1781. 4. mit Kupf.
Zuweilen hat dieses Erweichen der Knochen auch
im widernatürliches aber übrigens proportionirliches
[Seite 50] Anschwellen derselben zur Folge wodurch sie zu auf-
fallender Größe und Dicke aufgetrieben werden. Von
der Art ist der berühmte ungeheure Schädel von
Rheims, den jetzt Hr. A. L. Jussieu besitzt. S. De-
scription anatomique d'une tête humaine extraor-
dinaire etc. par j. fr. n. jadelot. Par. 1799. 8.
tab. I. So auch das wunderbar dicke Stirnbein in
der Sammlung der acad. nat. curios. zu Erfurt,
das Moehsen in VIII. B ihrer Actor. beschrieben hat.
Aehnliche sind in Sandifort's thesaur. abgebildet.
vergl. auch saucerotte sur la tumefaction de tous
les os d'un homme adulte im II. B. der Hist. de
l'Instit. national, scienc. mathem. et phys. p. 114 u. f.
Bey den Exostosen hingegen wird der reinere
wuchernde Knochensaft theils in mächtiger Menge
und ohne organische Form (gleichsam stalactitartig)
abgesetzt. – Das enorme meines wissens beyspiel-
lose Specimen der Art, das sich durch die Güte des
Hrn. Etatsrath Frank im hiesigen academischen Mu-
seum befindet, wo eine Faustgroße dem Elfenbein an
Dichtigkeit und Reinheit des Korns ähnelnde Maße
die Augen- und Nasen-Höhlen und selbst einen großen
Theil des Vordertheils der Hirnschalenhöhle einge-
nommen hat, ist beschrieben und abgebildet in j. avg.
römhild diss. de exostosibus in olla capitis.
Goetting. 1800. 8.
Beym Osteosteatom wird im Gegentheil die Knor-
pelgallertige Grundlage theils ungeheuer angehäuft
und aufgetrieben – So besitze ich z.B. eins der-
dergleichen das einem 14jährigen Buben glücklich
exstirpirt worden, dem die beyden ossa metacarpi
des Ring- und Ohrfingers nach einer heftigen Quet-
schung hinnen 12 Jahren bis zur Größe einer kleinen
Faust angeschwollen waren. Der seel. Leibmed. Len-
tin dem ich dieses seltne Präparat verdanke, hat
den Fall in Hrn. Geh. R. Loder's Journal für Chi-
rurgie B. I. S. 60 u. f. beschrieben. Von einem fast
vollkommen ähnlichen s. Mery in den Mém. de
l'Ac. des Sc. v. J. 1720. S. 447 u. f. tab. XII – XV.
Auch durch manche Decomposition welche die
Knochen durch Beinfras und die Necrose erleiden
wird das von ihrer Textur gesagte bestätigt. –
[Seite 51] Von cariosen s. z.B. hier Tab. I. fig. 1. und unter
andern die vorzüglich schönen Abbildungen in corn.
trioen fascic. obseruationum medico chirurgicar.
Lugd. Batav. 1743. 4. und von necrosirten viele
treffliche Figuren in rvisch thesauris anatomicis,
in cheselden's osteographia und bey j. p. weid-
mann de necrosi ossium. Francof. 1793. fol.
Die erste Gestalt unter welcher sich der durch
das Schlagaderblut dem Schleimgewebe der
Knorpel zugeführte Knochensaft anlegt, ist ge-
meiniglich die von theils geraden theils ästi-
gene) oder netzförmigen Fasernf), die zu-
[Seite 52] mahl bey den flachen Knochen der Hirnschale
an zarten Leibesfrüchten und noch ausnehmen-
der an großen innern Wasserköpfen junger
Kinder überaus deutlich zu sehen sind.
Aber auch selbst in den eben gedachten
flachen Knochen verlieren diese Faser- und
Netzförmigen Grundlagen doch sehr bald diese
Gestalt da sie, so wie sich immer mehr Knochen-
saft in die Zwischenräume der Maschen anlegt
und dieselben verengert, sodann gleichsam das
Ansehn eines Siebesg) erhalten.
Aus der successiven Zusammenhäufung
solcher anfänglichen Netze oder siebförmigen
Scheiben entstehen nachher die Knochen-
Bläckerh), die ferner durch andere kleine
Zapfen und Blättcheni) mit einander ver-
bunden, oder auch zu Knochen-Zellen und
Waben umgebildet werden.
Aus diesen anfänglichen Fasern, Netzen,
Blättern, und Zellen, werden nun alle die
übrigen gar sehr mannichfaltigen Gestalten in
der innern Textur der Knochen, wie z.B. die
Röhrchen (§. 29.) und die mancherley Gag-
liardischen Lamellen gebildet, die zumahl in
der Höhlung der großen Röhrenknochen, ein so
sauberes Aussehen habenk).
Von den Blutgefäßen der Knochen, und
den für ihren Lauf bestimmten Gängen in der
Knochensubstanz, ist schon oben die Rede gewe-
sen (§.25 – 29). Und noch wird ihrer bey Ge-
legenheit der Beinhaut gedacht werden.
Lymphatische Gefäße hat man zwar
meines wissens bisher noch nicht in der
Knochensubstanz selbst evident darlegen können.
Daß sie aber demohngeachtet damit – und
zwar reichlich – versehen seyn müssenl),
[Seite 54] wird durch eine Fülle von Phänomenen der
theils auffallend starken und schnellen Ab-
sorbtionm) die im gesunden und in mancher-
ley krankhaftem Zustanden), so wie in vorzüg-
lich eminenter Stärke bey verschiedenen Thie-
reno) statt hat, von selbst einleuchtend.
(– Vergl. z.B. oben §. 50 u. 51. –)
Ob die Knochen mit Nerven versehen
jenen und Empfindlichkeit haben ist ehedem
ziemlich allgemein und von manchen noch neuer-
lich bejahtp), von andern verneintq) worden.
Meinerseits habe ich bey aller genauen Nach-
forschung an frischen Menschenknochen sowohl
[Seite 55] als an denen von den größten hieländischen
Hausthieren, nie eine Spur irgend eines
Faden entdecken können, der sich in die
Knochensubstanz selbst, vertheilte. Denn von
den zu den Zähnen, oder in die Schnecke des
innern Ohrs laufenden Nerven ist hier nicht
die Redez und deren die etwa eine größere
Arterie eine Strecke weit in einen großen
Röhrenknochen begleiten können, wird unten
bey Gelegenheit der Markhaut (§. 83.) ge-
dacht werden.
Die Beinhaut (periosteum) ist eine über-
aus festea) und gefäßreiche Haut, womit,
den Schmelz der Zähne ausgenommen, die
Außenseite der Knochen bis an ihre Gelenk-
flächen, aufs festeste bekleidet ist. Auf den
Knorpeln heist sie perichondrium, aus der
Hirnschale pericranium, in den Augenhöhlen
periorbita u.s.w. und gewissermaßen kann
man auch die harte Haut als eine die Hirn-
schalenhöhle auskleidende, freylich sich von
der übrigen sehr auszeichnende, Beinhaut
ansehenb).
Man nennt sie insgemein die äußere
Beinhaut, zum Unterschied des sogenannten
innern periostel, das die Markhöhlen der
Knochen auskleidet. Allein die letztere hat so
sehr wenig mit her erstem gemein, daß man
sie weit schicklicher mit dem Namen der Mark-
haut belegt, und dadurch gänzlich von der
wahren Beinhaut, wovon hier die Rede ist,
unterscheidet.
Diese wahre Beinhaut besteht, wie die
übrigen Häute des menschlichen Körpers, aus
einem verdichteten Zellgewebe, das bey der
unreifen Leibesfrucht nur sehr locker, mit den
Jahren aber immer fester am Knochen anschliest,
am allerfestesten aber da, wo die Knochenan-
sätze am Hauptstücke ansitzen (§. 42. N. q),
und die Sehnen der Muskeln befestigt sindc).
Hieraus erklärt sich, in welchem Sinn man
sagen kann, daß die Beinhaut nicht bloß die
einzelnen Knochen, sondern das ganze Gerippe
ununterbrochen überziehe, da nämlich ihr Zell-
gewebe woraus sie besteht, wenn eh an den
Rand der knorplichten Gelenkflächen der einzel-
nen Knochen gelangt ist, sich dann in die Ge-
lenkbänder forterstreckt. und so freylich von
einem Knochen zum andern übergehtd).
Und eben hiedurch beantwortet sich die spitz-
findige Frage von selbst, wie fern auch die
Beinhaut als eine Fortsetzung der harten Hirn-
haut anzusehen sey (§. 70.).
Sie ist mit unzähligen Blutgefäßen durch-
webte), deren größere Stämme schon im ge-
sunden Zustande zur Ernährung der Knochen
(§. 25), bey Beinbrüchen aber, oder bey
Verlust von Knochensubstanz zu Erzeugung
der Beinschwiele (§. 59.) dienen. Das alte
weiland so furchtbare Vorurtheil von der
vermögenden äußersten Empfindlichkeit der
Beinhautf) ist zumahl durch Haller's zahl-
reiche Versuche und Beobachtungen widerlegt.
Ihr Nutze ist vielfach. Namentlich lie-
fert sie die Nahrungsgefäße für den Knochen
und für sein Mark: verbindet gewissermaßen
die eizelnen Knochen zum ganzen Gerippe
zusammen: und befestigt die Ansähe der
Knochen an das Hauptstück derselben. Zu
[Seite 59] geschweigen der besondern Zwecke der harten
Hirnhaut, des Antheils den die Beinhaut am
Pauckenfelle hat, der Haut die einige Muskeln
wie z. B den temporalis umgiebt und ge-
wissermaßen für eine Fortsetzung und Duplicatur
der Beinhaut angesehen werden kann, u. dergl. m.
Hingegen war der vermeinte Nutze unge-
gründet, den einige berühmte Männer des vor-
letzten Jahrhunderts, z.B. Malpighig),
Grewh) und Pitcairni) der Beinhaut
zuschrieben, daß aus ihr selbst der Knoche er-
zeugt werde, und den nun nachher der scharf-
sinnige Dühamelk) aus der Vergleichung
[Seite 60] der Beinhaut mit dem Bast der Bäume zu
bestärken suchtel).
Das Knochenmarka) ist ein ölichter
Saft, der dem übrigen thierischen Fette ähnelt,
und fast bloß in Rücksicht seines Aufenthalts
und seiner Bestimmung einige besondre Ver-
schiedenheit zeigtb).
Es wird eben so wie anders Fett, auf eine
ganz einfache Weise aus den Häuten der Schlag-
adern in anfänglich flüssiger Gestalt durch-
geschwitzt (diapedesis), wird aber durch den
Aufenthalt nach und nach etwas fester und
dickliger.
In größter Menge findet es sich in den
mittlern Markhöhlen der Röhrenknochen,
wo es gleichsam eine dichte Wulst bildet, da
es hingegen an den Enden dieser Kochen, so
wie in den flachen, und rundlichten und viel-
eckichten Knochen nur in das schwammichte
Knochengewebe (§. 66.) vertheilt ist. Nur
wenige Knochen sind gewöhnlich ganz Mark-
los; wie z.B. die Thränenbeinchen, die
Zähne etc.
So wie aber anderes Fett von den Zellen
des gemeinen Zellgewebes umschlossen wird,
so die einzelnen Marktröpfchen von den kleinen
Zellchenc) der Markhaut (tela medullaris,
oder sogenantes periosteum internum §. 71.),
womit zu dieser Absicht, die sämmtlichen
Markzellen und Höhlen der Knochen, ausgeklei-
det sind, und welche, zumahl in den großen
Röhrenknochen selbst wieder mit einem überaus
kunstreichen Gewebe von sich durchkreuzenden,
theils ausnehmend zarten Knochenfäden un-
terstützt und befestigt werden.
Diese Markhaut besteht zwar auch aus
Zellgewebe, und steht in sofern mit der wahren
äußern Beinhaut in einiger Verbindung, hat
aber doch übrigens so sehr wenige Aehnlichkeit
mit derselben, daß sie nur sehr unschicklich mit
dem Namen von periosteum internum belegt
werden kann (§. 71.). Sie entsteht ursprüng-
lich von der äußern tunica cellulosa der Blut-
gefäßed), die sich in die Knochenzellen und
Markhöhlen vertheilen (§. 27.).
Die obgedachte Frage über die Empfind.
lichkeit der Knochen, ist besonders in Bezie-
hung auf das Mark (versteht sich die Mark-
haut) sehr verschiedentlich verfochten oder be-
stritten wordene). So wie ich nie einen
[Seite 64] Nervenfaden habe entdecken können, der nur
in die Knochen, geschweige zum Mark gegan-
gen wäre, so sind auch von meinen über das
vermeinte Gefühl desselben angestellten Ver-
suchen, die an Thieren ungleich und nicht ent-
scheidend, die an Menschen aber völlig ver-
neinend ausgefallenf).
Eben so ungewiß ist man lange Zeit über
den Nutzen des Markes selbst gewesen. –
Die alteg) Meinung, daß es zur Ernährung
der Knochen beytrage, hat doch noch in neuern
Zeitenh) Beyfall gefunden, ohngeachtet sie
längst von de Marquei), L. Lemeryk)
u.a. widerlegt worden war. Jetzt ist sie vol-
lends durch die merkwürdigen Untersuchungen
über so viele marklose Knochen des Vogelge-
rippes abolirtl). Auch trägt es so wenig
[Seite 66] zur Erzeugung des Callus bey, das viel-
mehr nach Troja's und meinen eignen Ver-
[Seite 67] suchenm) dieselbe durch Zerstörung des Mar-
kes sehr merklich befördert wird. Auch der
von Havers und selbst wieder von manchen
neuen Anatomen dem Marke zugeschriebene
Nutze, daß ein Theil davon durch die Knor-
pelfläche der Röhrenknochen dringen, und sich
dem Gelenkwasser beymischen solle, steht sehr
zu bezweifeln, so wie sich die besondern Gänge
die er zu dieser Absicht in den Knochen an-
nahm, bey genauerer Untersuchung keinesweges
bestätigenn).
Ein Hauptnutze des Markes ist hingegen
den Knochen gleichsam einzuölen, ihm dadurch
Festigkeit, und doch zugleich Geschmeidigkeito)
und mehrere Schnellkraft zu geben.
Die Knorpela) unterscheiden sich von
den Knochen (§. 1.) dadurch, daß sie von
milchweisser Farbe, etwas durchscheinend, sehr
elastisch, und überaus glatt sind.
Sie kommen zwar in so fern mit den Kno-
chen überein, daß sie auch so wie diese, ein
schwammichtes Zellgewebe (§. 62.) zu ihrer
Grundlage haben, das nur – statt des Kno-
chensafts – bloß mit einem gallerartigen Leim-
getränkt ist und daß sie von aussen so wie die
Knochen, auch mit einer Art Beinhaut (peri-
chondrium §. 70.) bekleidet werden.
Hingegen zeichnen sie sich außer den eben-
gedachten (§. 86.) auch noch durch andre sehr
[Seite 70] auffallende Verschiedenheiten gar sehr von den
Knochen aus. Erstens enthält ihr inneres
selbst da wo es poros ist, kein wahres Markb),
folglich auch keine Markhaut (§. 81.). Fer-
ner werden sie nicht so wie die Knochen von
der Färberröthe angegriffen; auch nicht so leicht
von Säuren, und noch weniger vom Beinfraß,
und den ihm verwandten Knochenkrankheiten.
Und dann heilen auch ihre Wunden nicht, wie
bey Knochen durch eine Beinschwiele, sondern
durch eine Narbe.
Bey der zarten Leibesfrucht ist bekanntlich
das ganze Gerippe bloß knorplicht; wovon
aber nach und nach der bey weiten größte Theil
verknöchert; und hingegen nur ein geringer le-
benswierig Knorpel bleibt.
Nach dieser Verschiedenheit, lassen sich die
Knorpel überhaupt füglich in zwey Classen
abtheilen:
A) verknöchernde (ossescentes) und
B) beständig bleibende (permanentes oder
wie sie Fallopius nennt, verae).
Die letztern sind wieder entweder vom Ge-
rippe abgesondert, wie z.B. die knorplichten
Bogen in den Rändern der Augenlieder, oder
sie stehen mit demselben in Verbindung.
Zu diesen, als von welchen hier allein die
Rede ist, gehört zuförderst die Knorpelrinde,
die nach beendigter Verknöcherung noch an allen
Gelenkflächen der Knochen übrig bleibt, die
Köpfe überzieht die Pfannen auskleidet u.s.w.
Ferner die abgesonderten flach ausgeholten
Knorpelscheibchen (menisci) die zwischen einigen
Gelenken, wie z.B. im Kniegelenke, in der
Einlenkung des Unterkiefers mit dem Schlaf-
bein, zwischen dem Schlüsselbein und dem
Brustbein, zwischen der Einbogenröhre und
dem dreyeckten Beinchen (os triquetrum), inne
liegen: dann auch die Knorpelblätter, die zwi-
schen einigen unbeweglich mit einander verbun-
denen Knochen, z.B. am Becken etc. fest sitzen,
und endlich die, so als Fortsätze mit gewissen
Knochen, z.B. mit den vordem Enden der
Rippen fortlaufen.
Der Nutze dieser Knorpel geht zuförderst
dahin, die Bewegung der Theile des Gerippes,
entweder überhaupt wie in allen Gelen-
kenc), – oder zu besondern Absichten wie
beym Thorax – zu erleichtern. Dann aber
auch durch ihre große Schnellkraft, Nachgiebig-
keit bey starken Druck zu bewürkend): und end-
lich auch die Befestigung mancher Knochen un-
ter einander auf gewisse Weise noch zu verstärken.
Bey diesem wichtigen Nutzen, den die Knor-
pel leisten sollen, gehört es zu den merkwür-
digsten aber weisesten Einrichtungen des thie-
[Seite 73] rischen Körperbaues, daß – ohngeachtet alle
diejenigen Knorpel, die bey der Leibesfrucht
noch die Stelle der nachherigen Knochen einneh-
men, zu ihrer Zeit so leichte verknöchern; –
diese hingegen in Verhältniß so sehr selten, ja
würklich weit seltner als andre weiche Theile
des Körpers (S. 36. N. t), in Knochen ver-
ändert werden, und selbst bey Personen vom
höchsten Alter meist noch ganz biegsam und un-
verändert gefunden werdene).
So wie aber gar viele weiche Theile des
Körpers aus den eben (§. 47.) angeführten
Ursachen verknöchern können, so sind auch
manche, wie z.B. große Schlagadern, zumahl
[Seite 74] im hohen Alter, und manche Sehnen des
Fußesf) durch anhaltenden äußern Druck
einer Art von Verknorpelung ausgesetztg).
Das Gerippe des erwachsenen Menschen
ist aus Knochen zusammengesetzt, die nach der
vielfachen Bewegunga) zu deren Vollziehung
der Körper und seine Gliedmaßen geschickt
seyn müssen, auf eben so vielfache Weise, und
nach den weisesten Gesetzen einer bewunderns-
würdigen Mechanik unter einander verbun-
den sindb).
Alle diese nur mögliche Verbindungsarten,
zerfallen doch von selbst gleich in zwey Haupt-
classen:
I. unbewegliche Befestigung der Kno-
chen unter einander (Synarthrosis).
Die erste Hauptclasse, die Synarthrosis
begreift dreyerley Arten von unbeweglicher
Befestigung:
A) Durch sogenannte Nähte (Suturae).
A) Unter den Nähtenc) sind alle dieje-
nigen Verbindungsarten begriffen wodurch –
außer den Zähnen, den Gehörknöchelchen und
dem Unterkiefer – die sämmtlichen Knochen
der Hirnschaled) untereinander befestigt sind.
[Seite 77] Man theilt sie wieder in zwey Gattungen
a) ächte Nähte (Suturae verae). Wenn
die zusammenstoßenden Ränder von einem
Paar flacher Knochen, mit doppelt und drey-
fachen Reihen von zackichten Zähnchen und
Zapfen in einander greifen; die zumahl auf der
Außenseite ein sonderbares Ansehn geben. Ih-
rer sind eigentlich nur drey bis vier: 1. Die
Kreuznaht (S. coronalis). 2. Die Pfeil-
naht (S. sagittalis) und 3. die Hinter-
hauptsnaht (S. lambdoidea). Hierzu kommt,
gewöhnlich doch nur bey jungen Personen 4. die
Stirnnaht (S. frontalis).
b) unächte Nähte (suturae spuriae).
worunter alle übrige Suturen des Kopfs be-
griffen werden. Besonders sind dieß 1. die
Fugen (harmoniae), wobey die Knochen zwar
mit rauhen und unebnen, aber doch nicht so gezäh-
nelten Rändern an einander stoßen: und 2.
die Schuppennaht (S. squamosa). womit die
scharfzulaufende Fläche des Schlafbeins am
Scheitelbeine anliegta).
B) Gomphosis heist bloß die Befestigung
der Zähne in den Kinnladen, da sie mit ihren
Wurzeln in die Zahnzellen wie eingenagelt sind.
C) Die Symphysis nähert sich aus mancher
Rücksicht schon den Articulationen, nament-
lich auch durch die sehnichten Bänder (liga-
menta) wodurch bey beyden die aneinander-
stoßende Knochen verbunden sindf). Sie ist
wieder von zweyerley Art:
a) entweder sind die an einander stoßenden
Knochen durch eine besonder dazwischen lie-
gende Knorpelscheibe verbunden (Synchon-
drosis), dergleichen z.B. zwischen den Schaam-
beinen, zwischen den Hüftknochen und dem
heiligen Beine, zwischen den Wirbelbeinen,
befindlich sind. Oder
b) die Verbindung geschieht nur durch
Knorpelschleim, und von außen durch sehnichte
Bänder (Synnevrosis) wie bey den Stücken aus
welchen das Brustbein zusammengesetzt ist etc.
Die zweyte Hauptclasse von Verbin-
dungsarten der Knochen ist die Diarthrosis
(articulus, junctura), wenn Knochen durch
bewegliche Gelenke mit einander verbunden
sind. Mehrentheils geschieht dieß bloß mit-
telst einer glatten Knorpelrinde, womit die
Gelenkflächen der Knochen überzogen sind: bey
[Seite 79] einigen aber liegen außerdem wie schon gedacht
(§. 92.), noch besondre Knorpelscheiben zwi-
schen inne. – Die Bewegung wird in diesen
Gelenken durch das sogenannte Gliedwas-
serg) [synovia paracelsi, unguem articu-
lareh)] erleichtert, wozu sich in den größern
besondere Drüsenartige Häutei) (glandulae
haversii) Finden, die zum Schutz für Druck
in grubenförmigen Vertiefungen liegen.
Die mancherley Diarthrosen zerfallen nach
der verschiedenen Richtung und Beweglichkeit
der Gelenke, wieder in vier Arten:
A) wenn die Gelenkflächen zweyer Knochen
straff aneinander sitzen (Amphiarthrosis).
B) Wenn ein Knochen sich um einen andern
wie um eine Angel oder Axe dreht
(Rotatio).
C) Wenn er wie ein Gewinde, nur nach
einer geraden Richtung bewegt werden
[Seite 80] kann, mithin bloß Flexion und Extension
gestattet (Ginglymus).
D) Wenn er wie in einer Nuß, nach allen
Seiten beweglich ist (Arthrodia).
Zur A) Amphiarthrosisk) gehört vor-
züglich die Verbindung der Knochen der Hand-
wurzel (carpus) und der mehresten der Fuß-
wurzel (carsus), sowohl unter einander als
mit den Knochen der Mittelhand (metacarpus)
und des Mittelfußes (metatarsus); so wie
auch dieser ihre Zusammenfügung untereinan-
der. Ferner die der schrägen Fortsätze (pro-
cess. obliqui) der Rückgratswirbel unter einan-
der, und der beyden Knöchel (malleoli) mit
dem Knöchelbeine (talus). – Nicht ganz so
flach, aber eben so straff ist auch die Verbin-
dung der Rippen mit den Rückenwirbeln und
der Gehörknöchelchen unter einander.
Die B) Rotatio (commissura trochoides
bey Fallopiusl), hat ebenfalls einen sehr ein-
geschränkten Bewegungskreis; meist nur im
halben Cirkel. Das vollkommenste Beyspiel
davon giebt der erste Halswirbel, der sich um
[Seite 81] den zahnförmigen Fortsatz des zweyten völlig
wie um eine Angel dreht. Eben dahin gehört
aber auch die Bewegung der Speiche (radius)
um die Elnbogenröhre (vlna), zur sogenann-
ten pronatio und supinatio.
Der C) Ginglymus – eine überaus starke
robuste Verbindungsart – gleicht einem Ge-
winde oder Knie (charnière) wo zwey
Knochen mittelst mehrerer erhabener Reife und
dazwischen liegenden Vertiefungen in einander
greifenm). Beyspiele davon geben vorzüglich
die Verbindung des Schulterbeins mit der
Elnbogenröhre mittelst der sogenannten Rolle
(trochlea), und des Schenkelbeins mit der
Schienbeinröhre. Ferner die Einlenkung des
vordern Glieds des Daumen und der großen
Zehe, und die beyden vordersten Reihen von
Gliedern der übrigen Finger und Fußzehen.
Außerdem kann aber auch freylich die Bewe-
gung des Kopfs auf dem ersten Halswirbel,
der Kniescheibe am Knie, und der Schienbein-
röhre über dem Knöchelbein dahin gerechnet
werden.
Endlich D) Arthrodia, wenn eine mehr
oder weniger convexe Kugelfläche, in einer
[Seite 82] tiefer oder flacher ausgeschweiften Gelenkhöhle
bewegt wird. Von der Art ist die Articula-
tion des hintersten Glieds aller Finger, Dau-
men und Fußzehn, mit den Knochen der Mit-
telhand und des Mittelfußes. Ferner das
Gelenk der Speiche (radius), sowohl mit der
Oberarmröhre als mit dem os nauiculare und
dem lunatum der Handwurzel. Auch das
der Elnbogenröhre mit dem triquetrum; des
Knöchelbeins mit dem nauiculare des Ober-
fußes; und die Verbindung des Unterkiefers
mit dem Schlafbein. Besonders aber des
der Oberarmröhre mit dem Schulterblatt,
als des allerbeweglichsten Gelenkes am gan-
zen menschlichen Körper: – und endlich
die tiefste von allen, nämlich die Einlenkung
des Schenkelkopfs in die Hüftpfanne, die we-
gen ihrer auszeichnenden Bildung mit dem be-
sondern Namen der Enarthrosis belegt worden.
Was von den Knochen überhaupt gesagt
worden, (§. 1. 56.) daß sie die übrige Form
der weichen Theile bestimmen, das gilt nun
vorzüglich vom ganzen Gerippe, dessen Bil-
dung bey allen Menschen, und durch alle Stuf-
fen ihres Lebens der Form ihres ganzen Kör-
pers so angemessen entsprichta), daß es einem
[Seite 84] irgend geübten Auge nicht schwer fallen muß,
aus einem nur leidlich erhaltnen Gerippe nicht
bloß Alter und Geschlecht, sondern auch Wuchs,
das individuelle der Schönheit und Feinheit
des Totalhabitus des Körpers, dem es ehe-
dem zur Grundlage gedient, und so besonders
am Schädel die Gesichtsbildung, und bey vie-
len den Nationalcharacter zu erkennenb).
So unendlich nämlich der individuelle Kör-
perbau, und die Gesichtsbildung, des im Gan-
zen freylich sich gleich bleibenden Menschenge-
schlechts, überhaupt verschieden ist, – eben
solch eine unendliche Verschiedenheitc) findet
sich bey einer genauern scharfsichtigen Prüfung
unter der Bildung und Form und Taille und
mehrern oder mindern Eleganz u.s.w. der,
[Seite 85] freylich auch im Ganzen einander gleich schei-
nenden menschlichen Geripped): selbst in
der verschiednen Feinheit und Festigkeit des
Korns, vornämlich aber auch (nach dem Gesetz
der Homogenitäte) in der Modification der
[Seite 86] individuellen Ausbildung der zu einem Skelete
gehörigen einzelnen Knochen.
Außer diesen endlosen individuellen Cha-
racteren, wodurch sich ein jedes Gerippe vom an-
dern auszeichnet, unterscheidet man überhaupt
die Skelete nach der Verschiedenheit des Alters
und des Geschlechts der Subjecte.
So theilt man sie aus jener Rücksicht ins-
gemein in vollkommne und unvollkommne,
und belegt mit dem letztem – im Grunde sehr
unpassenden Namen, die Gerippe von Leibes-
früchten, Kindern und von denjenigen Per-
sonen, an welchen nur die Knochenansätze noch
nicht zu würklichen Fortsätzen verwachsen sind
(§. 44. 46.); die aber doch übrigens so gut
als die erwachsnen – alle ihren Bistimmungen
angemeßne größte Vollkommenheit zeigen.
Sie zeichnen sich besonders durch eine dop-
pelte Verschiedenheit aus: Daß sie nämlich,
je unreifer sie sind, erstens desto mehr knorp-
lichte, noch nicht verknöcherte Stellen haben:
und daß zweytens auch alsdann sowohl über-
haupt der Kopf zum Rumpf, und dieser zu den
[Seite 87] Armen und Beinen, als auch insbesondre die
flachen Knochen der Hirnschale zu den eigent-
lichen Gesichtsknochen, die Brust zum Becken,
die Schlüsselbeine zu andern Röhrenknochen ein
anders Verhältniß haben, als beym Gerippe
des erwachsenen Menschenf). Von beyden
dieser Verschiedenheiten ist schon oben (im
dritten und vierten Abschnitt) das wichtigste
angegeben worden.
In Rücksicht des Geschlechtsg) unterschei-
det sich das weibliche Gerippe vom männlichen
[Seite 88] sowohl in Ansehung seines ganzen Habitus,
des Totaleindrucks den es bey der Vergleichung
macht, als auch in Bildung und Verhältniß
der einzelnen Theile. Doch werden diese bey-
derley Verschiedenheiten erst bey den Gerippen
etwas erwachsener Kinder und jugendlicher Per-
sonen recht merklich.
Der ganze Habitus des weiblichen Ge-
rippes verrätht nämlich, wenn es mit einem
männlichen von gleichem Alter, Wuchs, Con-
stitution etc. vergleichen wird, fast die gleichen
Verschiedenheiten, wodurch sich auch der ganze
Bau des weiblichen Körpers, zumahl in der
Blüthe des Lebens, vom männlichen auszeich-
net. So wie hier am weiblichen Körper alles
weit feiner, glatter, zarter, rundlicher, schö-
ner gewölbt ist als beym männlichen, so auch
am weiblichen Gerippe ceteris paribus alles
weit schlanker, ebner, gewissermaßen weichli-
cher als am männlichenh); die flachen Knochen
[Seite 89] dünner, die Röhren-Knochen schwächeri);
durchgehends – so wie es die schwächere Mus-
kelkraft dieses Geschlechts mit sich bringt, – die
Ecken und Fortsätze nicht so scharf ausgewürkt,
die Furchen nicht so tief, die Insertion der
Sehnen nicht so rauh, die mehresten Articula-
tionen etwas flächer u.s.w.k).
Am weiblichen Schädel zeigen sich außer
den gedachten allgemeinen, wenige besonders
merkliche und constante Verschiedenheiten.
Denn daß er in Verhältniß zur übrigen Sta-
tur kleinerl), und der Gaumen flächer und
minder gewölbt seym) und daß sich die
Stirnnaht länger erhalten) etc. findet sich
in der Natur beyweiten nicht so häufig be-
stätigt als daß es für dem gewöhnlichen Fall
[Seite 91] der Regel angenommen werden könnteo).
Der ganz irrigen Angaben zu geschweigen wie
z.B. daß die Weiberschädel keine Stirnhöhlen
haben solltenp) u. dergl. m. – Das Zun-
genbein aber ist bey diesem Geschlechte so wie
der ganze Kehlkopf kleiner und enger.
Der weibliche Thorax hat schon mehr
auszeichnendes. Er ist überhaupt kürzer, enger
und schmaler als bey Mannspersonen; da wo
die Brüste aufsitzen flacher; dabey aber beweg-
licher, zumahl im obern Theilq). Daß hin-
gegen seine Rippen dicker und rundlicherr),
oder das untre Ende des Brustbeins öfter
[Seite 92] durchbohrt seyn solltes) sind ungegründete
Behauptungen.
Die auffallendste Verschiedenheit zeigt sich
aber im weiblichen Beckent), als welches
die nächste Beziehung auf die Sexualbestim-
mung des andern Geschlechts hatu). Es ist
überhaupt weiter und geräumiger als das
männliche. Das Kreuzbein breiter und
flacherv); das Kuckucksbein beweglicherx);
die Schambeinverbindung dicker; ihr untrer
Bogen weiter in einen rechten oder gar etwas
stumpfen Winkel ausgeschweifty); die Sitz-
beine mehr von einander abstehend und mehr
vorwärts gebogen, die Hüftpfannen weniger
vertieft etc.
Dagegen sind die Schultern, wie es der
schmalere Thorax mit sich bringt, nicht so breit
als beym männlichen Geschlechtz), und auch
die Schlüsselbeine gerader, schwächer ge-
krümmta).
Die Schenkelbeine aber stehen wegen des
weiten Beckens auch selbst nach oben weiter
auseinander; ihr Hals läuft mehr horizontal;
die Kniee aber stoßen dagegen desto schräger
zusammen.
Soviel von den Verschiedenheiten der Ge-
rippe in Rücksicht des Alters und des Ge-
schlechte. – Eine dritte Rücksicht, das Aus-
zeichnende Eigenthümliche der Skelete nach
der Nationalverschiedenheit der mancherley
Raßen und Abarten des Menschengeschlechts,
[Seite 94] ist, so lehrreich und fruchtbar sie auch für
philosophisches Studium der Osteologie und
Völkerkunde seyn muß, doch vor der Hand
nur noch Stückweise aufgehellt, daher das was
davon hier zu sagen wäre füglicher im folgen-
den Theile bey der Beschreibung der
Knochen seine Stelle findet.
Man theilt bekanntlich das Gerippe in
Schädel, Rumpf und Gliedmaßen; wovon
ersterer wieder in die eigentliche Hirnschale
und in die Gesichtsknochen eingetheilt wird.
Die Hirnschale begreift, wie es der
Name anzeigt, die große Höhle in welcher das
Gehirn verwahrt liegt: die Gesichtsknochen
hingegen den übrigen Schädel von der Nasen-
wurzel an seitwärts zu den Wangen und
unten zum Kinne.
Die Unterkiefer und die Gehörknöchelchen
ausgenommen, sind die übrigen Kopfknochen
durch Nähte oder Einkeilung unbeweglich
unter einander befestigt. (Th. 1. §. 99.)
Der Menschenschädel unterscheidet sich
von aller andern Thiere ihren hauptsächlich
[Seite 98] durch eine doppelte Verschiedenheita), erstens
nämlich durch den ausnehmend großen Um-
fang seiner Hirnschale im Verhältniß gegen die
Gesichtsknochen: und zweytens durch sein
mehr senkrechtes Profil.
Das Verhältniß der Hirnschale zu den
Gesichtsknochen ist zwar nach Verschiedenheit
des Alters und der Menschenrassen relativ:
doch durchgehends auffallend größer als bey
irgend einer andern, auch noch so menschenähn-
lichen, Thiergattungb).
Auch in der Richtung des Profils herscht
zwar, nach Campers scharfsinnigen Ver-
[Seite 99] gleichungen viele Verschiedenheit, vom Griechi-
schen Profil bis zu dem sehr schrägen der Neger
mit stark prominirenden Kiefern – dennoch
bleibt immer zwischen diesem und dem der Affen
und andrer Thiere ein äußerst auffallender Ab-
stand; der theils in dem Mangel des ossis in-
termaxillaris besonders aber in der nur dem
Menschen zukommenden Prominenz des Kinnes
seinen Grund hat, wovon unten besonders die
Rede seyn wird.
Zur Beurtheilung der Verschiedenheiten
und des Verhältnisses im Totalhabitus der
Schädelformen gegen einander dient außer
dem Profilumriß auch vorzüglich die Ver-
ticalansichtc) von oben; und dann die theils
[Seite 100] sehr auffallende Differenz die sich bey manchen
in der flächern oder liefern, längern oder
kürzern Weitung der Fossa basilarisd) (zwi-
schen den processibus pterygoideis und den
Gelenkknöpfen des Hinterhauptbeins) zeigte).
Zu den Veränderungen die mit dem Jah-
ren in der Schädelform eintreten, gehört
außer dem was schon oben davon erwähnt
worden (Th. 1. §. 32. 40. 50. u.a.) beson-
ders daß nach dem Zähnewechseln der vorher
fast kreisförmige Bogen des beyderseitigen
limbus alveolaris mehr in in einen elliptischen
vorwärts getrieben wird um die mehreren
perennirenden Zähne zu fassen, wodürch denn
aber auch die Faciallinie im gleichen Grad
[Seite 101] ceteris paribus von der lothrechten Richtung
abweichen mußf).
Die Nationalverschiedenheit der Schä-
del erstreckt sich wie es scheint zum Theil selbst
auf die stärkere oder mindere Dicke und auf die
davon abhängende Schwereg), so wie auf die
Größe, namentlich den Umfang der Hirn-
schaleh) u. dgl. m.
Am auffallendsten sichtlichsten aber zeigt
sich diese Verschiedenheit in der ausgezeichnet
characterischen Form der Schädel von den
fünf Hauptrassen worein sich das Menschenge-
[Seite 102] schlecht am natürlichsten eintheilen läßt, wo
dann die von der Caucasischen Rasse als die
schönstgebildete in der Mitte steht und von
der einen Seite durch die Malayische in die
Aethiopische, so wie von der andern durch
die Americanische zur Mongolischen übergeht;
so daß in der ganzen Stufenfolgei) die
Schädel des Negers und des Calmucken die
beyden Extreme machen.
Anm. Nur von diesen beyden Extremen in der Stu-
fenfolge der Nationalformen des Schädels darf ich
doch auch hier eine kurze allgemeine Characteristik
einschalten. Zur Vergleichung nehme man einen
schön geformten Schädel von der Caucasischen Rasse
oder eine gute Abbildung eines dergleichen muster-
haften zur Hand. (– So z.B. den des alten Rö-
mers in meiner Decas IV. tab. XXXII. oder der
Georgianerin Dec. III. tab. XXI. –) Denkt man
sich von einem solchen zwey Abgüsse in weichen Thon
oder Wachs, so würde der eine, wenn er mit einem
Brete von vorn gedruckt und die Masse zumahl bey
den Wangenbeinen seitwärts getriben würde, eine
Calmuckenähnliche Form erhalten; so wie der andre,
wenn er zwischen zwey Bretern von der Seite zu-
sammengedrückt und die Masse zumahl in den Kinn-
laden vorwärts gedrängt wäre, eine Negerartige.
Denn eben der Negerschädel ist schmahl und
in die Länge gezogen; die Kiefer stark prominirend:
die obern Vorderzähne sehr schräg hervorstehend;
folglich auch die Gesichtslinie schräg vorfallend:
der limbus alveolaris stark elliptisch; mithin eben
so der äußre Rand des Gaumen und der Bogen des
Unterkiefers; die Stirne ins kuglichte gewölbt; die
Augenhöhlen enger und tiefer; die Jochbeine mehr
vorwärts gezogen; die fossa malaris unter dem
foramen infraorbitale tiefer ausgeschweift; die Na-
senknochen groß; und die Nasenhöhlen weit.
Uebrigens bedarf es wohl kaum der Erinnerung
welche große Verschiedenheit der Bildung bey den
vielerley Stämmen und Abarten einer so weit verbrei-
teten Rasse des Menschengeschlechts, als die Neger
sind, statt haben muß; daher sich selbst an ihren
Schädeln zuweilen größere Verschiedenheit zwischen
Neger und Neger als zwischen manchem Neger und
manchem Europäer findet. Man vergleiche z.B. die
Abbildungen in Dec. I. tab. VI. VII. VIII. und
Dec. II. tab. XVII. XVIII. XIX. unter einander;
und wieder die vorletzte mit der von den Schädel
eines Polacken Dec. III. tab. XXII.
Die gleiche Erinnerung gilt auch von den Köpfen
andrer Menschen-Rassen und namentlich der Mon-
golischen von welchen hier die Schilderung eines
Calmuckenschädels folgt:
An diesem ist wie gesagt das Gesicht platt; die
Hirnschale mehr kuglicht; die Kiefer (in Vergleich
zum Neger) wenig hervorstehend, folglich die Ge-
sichtslinie nur schwach vortretend; der limbus al-
veolaris mehr kreisfömig; mithin eben so der Außen-
rand des Gaumen und der Bogen des Unterkiefers;
die Stirne breit; die Augenhöhlen weit und minder
tief; die Jochbeine stark seitwärts eminirend; die
fossa malaris nur schwach ausgeschweift; die Nasen-
knochen klein; und die Nasenhöhlen minder geräumig.
Vergl. Dec. I. tab. V. und Dec. II. tab. XIV.
Bekanntlich hat H. Prof. Cüvier die scharfsinnige
Idee gehabt, die Schädel von verschiednen Menschen-
rassen und Thierarten vertical nach der Länge durch-
[Seite 104] zusägen, und auch aus dieser Rücksicht das Verhält-
niß der Hirnschalenknochen zu denen des Gesichts
(mit Ausschluß des Unterkiefers) mit einander zu
vergleichen: und da hat er gefunden, daß wenn beym
Europäer die Area des Durchschnitts der erstern zu
den letztern sich gewöhnlich verhält = 4: 1; so ist
beym Neger bey gleichem Verticalumfang der Hirn-
schale, der von den Gesichtsknochen um 1/5 größer
als beym Europäer; beym Calmucken hingegen nur um
1/10. Leçons d'Anatomie comparée T. II. p. 10.
Von den durch endlose Abstufungen und
Uebergänge sich verlaufenden individuellen
Verschiedenheiten der Schädelform hier nur
so viel, daß sich zumahl in den Gesichtsknochen
und der Stirne der persönliche Character für
ein nur irgend dafür empfängliches und geübtes
Auge aufs sprechendste ausdrückt, was denn
aus dem oben von der Wandelbarkeit und
Bildsamkeit der Knochen und der Einwirkung
der Muskelthätigkeit auf dieselben gesagten
(§ 35. 36. 38. einleuchtet, und ihm gegen-
seitig zur Bestätigung dientk).
Die anomalischen Abweichungen in der
Bildung der Hirnschale, versteht sich übrigens
gesunder Schädel, hat Galenusl) bekanntlich
auf die drey Hauptformen zurückgebracht daß
entweder die Wölbung der Stirne oder die
des Obertheils am Hinterhaupte oder aber
beyde zugleich mangelnm).
Nun zunächst von den achtn) Knochen aus
welchen die Hirnschale zusammen gesetzt ist:
aus vier flachen (Th. 1. §. 3.), nämlich:
1. dem Stirnbeine 2. 3. den beyden Scheitelbei-
nen, und 4. dem Hinterhauptbeine: und aus
eben so viel vieleckigten (Th. I. §. 6.) nämlich
5. 6. den beyden Schlafbeinen, 7. dem Keil-
beine und 8. dem Siebbeine.
Das Stirnbeina) (os frontis)b) (bey
den Arabern das Kranzbein, os coronale)
ist der größte Knochen am ganzen Kopfe,
und ist seiner Form nach mit einer Trinkschale
oder mit einer Muschelschale verglichen worden.
Es steht mit 12 benachbarten Knochen in
Verbindung: nämlich 1. 2. mit den Scheitel-
beinen; 3. dem Keilbeine. 4. dem Siedbeine;
5. 6. den Oberkiefern; 7. 8. den Jochbeinen;
9. 10. den Nasenbeinen, und 11. 12. den Thrä-
nenbeinchen.
Bey der ungebohrnen Leibesfrucht besteht
dieser Knochen aus zwey Hälftenc), die in
den ersten Lebens-Jahren durch eine Naht mit
einander verbunden werden, gewöhnlich aber
nachher völlig zusammen verwachsen. Nicht
selten aber erhält sich auch diese Stirnnaht
[Seite 108] (sutura frontalis), und zwar im Durchschnitt
bey breiter Stirne öfter als bey schmalerd),
hingegen bey Mannspersonen eben so wohl als
bey Weibern –e). Oft bleibt wenigstens
eine Spur der vormahlichen Naht an der Na-
senwurzel übrig.
Der ganze Knochen hilft dreyerley Höhlen
am Kopfe bilden, die Hirnhöhle, die Augen-
höhlen und die Nasenhöhle. Und hiernach
läßt er sich selbst füglich in drey Abtheilungen
bringen A) pars frontalis: B) partes orbita-
les; und C) pars nasalis.
A) der Stirntheil ist bey weiten der aller-
größte; von außen gewölbt, von innen aus-
gehöhlt.
Die Vorderfläche jener Außenseitef)
ist meist vorzüglich glatt theils gleichsam wie
abgeschliffen.
Gewöhnlich sind gegen die Mitte zu, über
den Augen, auf beyden Seiten ein paar flache
Erhabenheiten (tubera frontalia) an der
[Seite 109] Stelle merklich, wo bey der Leibesfrucht zu
Ende des zweyten Monats nach ihrer
Empfängniß die Verknöcherung des Beins
ihren Anfang genommen hatteg).
Tiefer herunter, nach der Nasenwurzel zu,
liegen ein paar kleinere Erhabenheiten, (arcus
superciliares), die ich aber erst am Ende des
ersten Lebensjahres zu heben anfangen. Sie
werden durch die glabella von einander abge-
sondert, und tragen, so wie das ganze Stirn-
bein vorzüglich viel zum charakteristischen der
Gesichtsbildung beyh).
Die pars frontalis grenzt an die orbita-
lem mittelst des bogenförmigen Randes der
Augenhöhle, der von innen, etwas tiefer als
die glabella anfängt, und sich nach außen in
einen starken zackichten Fortsatz, (den pro-
cessus orbitalis externus s. malaris) endigt.
Hinter ihm liegt die fossa temporalis:
und von ihm steigt ein unebner Rand nach
hinten zu in die Höhe der die glatte Stirnfläche
des Knochen von der rauhern Seitenfläche (pla-
num semicirculare) der Hirnschale scheidet.
B) der Theil des Stirnbeins der das Ge-
wölbe der Augenhöhlen bildet (pars orbita-
lis), ist flach ausgehöhlt, und läuft von dem
gedachten bogenförmigen Rande nach hinteni).
Nach vorn zu zeigt sich gewöhnlich eine
Spur der Anlage zweyer merkwürdiger Theile
des Auges. Nach innen nämlich meist ein
Grübchen oder ein stumpfer Stachel (spina
trochlearis) woran die Rolle des musc obli-
qui super. befestigt ist.
Auswärts aber, nach der apoph malari
zu, eine mehrentheils etwas rauhe Delle,
worin die Thränendrüse liegt.
Endlich C) der Theil des Knochen, der mit
der Nase in Verbindung steht (pars nasalis).
[Seite 111] Er fängt unter der glabella mit einer tief
ausgezackten Grube an, aus deren Mitte ein
zackichter Stachel (spina nasalis) hervorsteht,
der so wie die Grube zur Befestigung der
Nasenbeine; dann aber auch zur Anlage der
Scheidewand der Nase am Siebbein, dient.
Zu seinen beyden Seiten laufen ein paar
vorn breitere nachher schmalere zellichte Ränder
nach hinten; die auf die Zellen des Siebbeins
aufpassen.
Nach vorn aber wo diese Ränder am brei-
testen sind führen ein paar große, meist unre-
gelmäßige Oeffnungen zu den Stirnhöhlen
(sinus frontales)k) die in den mittlern und
untern Theil dieses Knochen gleichsam einge-
graben sind; aber auch erst zu Ende des ersten
Lebensjahres anfangen ausgebildet zu werdenl).
Diese beyden Stirnhöhlen sind durch eine,
meist durchbrochene Scheidewand von einander
[Seite 112] abgesondert, die wenn sich die Stirnnaht er-
halten hat, gewöhnlich von selbiger wie in
zwey Blätter durchschnitten wird, so daß jede
Hälfte des Knochen ein Blatt bildet, die dann
mit einer rauhen Fläche an einander liegen.
Oft ist jede dieser Höhlen wie in mehrere
Fächer eingetheilt, die theils selbst noch beson-
dere Nebenhöhlen bilden; überhaupt aber va-
riiren sie mannichfaltigm) sowohl in Rücksicht
ihrer Gestalt, als ihres Umfangs, ihrer Ver-
bindung mit den Zellen des Siebbeins u.s.w.
Ihre große Oeffnung verläuft sich in einen
trichterförmigen Canal der vom Thränen-
beinchen, vom Nasenfortsatz des Oberkiefers
und vom Siebbeine gebildet wird, in die
Nase hinabsteigt und sich vorne im mittlern
Nasengang (meatus narium medius) mit
einer schrägen Mündung öffnet.
Beydes, die Höhlen selbst und diese ihre
Gänge sind mit einer zarten äußerst Gefäs-
reichen Haut ausgekleidet deren unzählige
Schlagadern einen wässerichen Duft absondern
der auf die wahre Schleimhaut (membr.
Schneideriana) der untern Muschelbeine
(spongiosa infer.) hinab fließt, die dann
durch dieses benetzen für den Geruch desto
empfänglicher wird.
[Seite 113] Denn daß dieß, und keinesweges die Ver-
stärkung der Stimme, ihr Hauptnutzen) sey,
wird schon aus der Zeit wenn sie erst ent-
stehen, theils aber auch durch Bemerkungen
in Krankheiteno), am unwiderredlichsten
aber aus der vergleichenden Anatomiep),
erweislich.
Auf der innern Seite des Stirnbeins,
wird die pars frontalisq) längs der Stirn-
naht, durch die Anlage des Sichelförmigen
Fortsatzes der harten Hirnhaut in zwey Hälf-
ten getheilt.
Diese Anlage macht mitten anf dem Kno-
chen eine länglichte Furche (sulcus frontalis),
die nach oben zu flacher und unmerklicher wird,
deren Ränder aber nach unten zusammen stoßen
und in einen gewölbten Rand mit einem schar-
fen Rücken (crista frontalis) auslaufenr).
Auf der übrigen großen Fläche zeigen sich
verschiedene Arten von Grübchen und Furchen,
von deren Entstehungsart oben (Th. 1. §. 37.)
[Seite 115] gehandelt worden ist: und die sich meist auch
in der übrigen Hirnschädelhöhle finden.
Es gehören dahin die astigen Furchen von
der arter. meningea anter. Ferner die im-
pressiones digitatae und iuga cerebralia die
sich nach den Furchen und Wulsten der Ober-
fläche des Gehirns modeln, und dann auch
zuweilen Grübchen von Pacchionischen Drüsen
der harten Hirnhauts).
Die impressiones und iuga sind zumahl
auf der pars orbitalist) am sichtlichsten, wo
die lobi cerebri anter. aufliegen, und sich daher
theils merklich tiefe Gruben, zwischen ziemlich
spitzen Hügeln ausbildenu).
Großentheils gehören sie mit zur pars
nasalis, da sie die Decke der Stirnhöhlen, und
theils auch der Zellen des Siebbeins abgeben.
[Seite 116] Hier sind sie durch die große incisura
ethmoidea wie ausgeschnitten, in welcher das
Siebchen mit dem Hanenkamme zu liegen
kommt, und wo sich vorn nach der crista
frontali (§. 22.) zu, gemeiniglich ein paar
Grübchen zur Aufnahme der kleinen Flügel-
ansätze des Hanenkammes finden.
Endlich die foramina am Stirnbein.
Erstens das supraorbitale am Rand der
Augenhöhle (§. 18.) gegen die glabella zu;
zum Durchgang des Stirnnerven vom ersten
Aste des 5ten Paares, und kleiner Blutge-
fäße. Oft ist statt dessen, wenigstens auf der
einen Seite eine bloße Kerbe. Zuweilen aber
auch mehr als Ein Loch beysammen.
Dann zwey oder drey for. orbitalia inte-
riora s. ethmoidea am innern Rande der pars
orbitalis. Das vordre ist mehrentheils ein
for proprium, (das nämlich den Knochen
selbst durchbohrt), und dient zum Durchgang
des Nasennerven von dem gedachten Aste des
5ten P. – Die hintern sind meist for. com-
munia, (die nämlich erst durch die Verbin-
dung zweyer an einander stoßenden Knochen
gebildet werden) und sind für arter. ethmoi-
deas bestimmt.
[Seite 117] Endlich auf der innren Seite des Beins,
unter der crista frontali (§. 22.) ist das ins-
gemein sogenannte for. coecum, das auch bald
ein proprium ist und bald als ein commune
durch den dranstoßenden Hanenkamm gebildet
wird, und das auch nicht immer geschlossen
sondern nicht selten offen ist und in die Stirn-
höhlen geht, da dann Zellgewebe und kleine
Blutgesäße von dem in diesem Loche bestestig-
ten Ende des process. falciformis hindurch
laufenx).
Die Scheitelbeinea) (ossa verticis, sinci-
pitis, parietaliab), sabregmatisc) sind ein
paar sehr einfache Schalenförmige Knochen
die das oberste Gewölbe des Hirnschädels
ausmachen.
Sie liegen an einander und sind außerdem
noch mit fünf andern Knochen verbunden:
nämlich mit 1. dem Stirnbein; 2. dem Hin-
terhauptbein; 3. 4. den Schlafbeinen; und
5. dem Keilbein. – Diese ihre Verbindungen
sind um so merkwürdiger weil dadurch die
drey wahren Nähte und die Schuppennaht
gebildet werden.
Sie sind die einzigen von den acht Knochen
der Hirnschale, die aus einem einzigen
[Seite 119] puncto ossificationis verknöchern (Th. 1. §. 18),
da jeder derselben bey der Leibesfrucht einer
flachen Schuppe gleichtd), deren abgerundete
Ecken da wo sie an den benachbarten Knochen
anliegen die sogenannten Fontanellen (Th. I.
§. 32.) zwischen sich lassene), die sich theils
erst im zweyten Jahre oder noch späterf)
schließen. Auch entstehen im äußern Umfange
dieser Knochen die Zwickelbeinchen (offic.
Wormiana) von denen unten noch besonders
die Rede seyn wird.
Jeder dieser beyden Knochen hat eine fast
viereckte Gestalt und läßt sich daher am füg-
[Seite 120] lichsten in vier Ecken und eben so viele Ränder
eintheilen.
Jene sind 1. angulus frontalis mitten
über der Stirne. 2. occipitalis mitten am
Hinterhaupte. 3. mastoideus, über dem zitzen-
formigen Fortsatz, die stumpfste Ecke von allen.
und 4. der sphenoideus an den Schläfen, der
wie in eine eckichte Spitze verlängert ist.
Die Ränder lassen sich am natürlichsten
nach den Suturen die sie bilden, benennen.
Also 1. margo coronalis nach vorn an der
Kranznaht 2. sagittalis oben, an der Pfeil-
naht; der längste von allen. 3 lambdoideus
nach hinten, an der Hinterhauptsnaht. und
4. squamosus, nach außen und unten wie schräg
abgehobelt, an der Schuppennaht des Schlaf-
beins; der kürzeste Rand.
Die äußere Fläche dieser Knocheng) ist
gewölbt und am obern Theile glatt wie die
Vorderseite des Stirnbeins (§. 18.); von
dessen Seiten wie obgedacht das planum semi-
[Seite 121] circulare entspringt, das nun hier am Schei-
telbeine mit einem unebnen bogenförmigen
Rand fortläuft.
Auf der innern ausgehöhlten Flächeh)
zeigen sich erstens wieder wie im Stirnbeine
(§. 22.) impressiones digitatae, und iuga
cerebralia, und theils Grübchen für die
Pacchionischen Drüschen. Ferner auch zahl-
reiche geaderte Furchen der art. meningea
media, derentwegen man diese innre Seite
mit einem Feigenblatt verglichen hat; und
deren Hauptstamm am angulus sphenoideus
mit einer tiefen Rinne anfängt, die zuweilen
noch mit einem Knochenblatte wie mit einer
Brücke bedeckt ist, und dann einen geschlosse-
nen Canal bildeti).
Außerdem sind aber auf dieser Fläche noch
ein paar breitre flache Furchen von den Blut-
behaltern der harten Hirnhaut zu merken: näm-
lich längst des margo sagittalis die vom sinus
longitudinalis, wie im Stirnbein (§. 22.):
am angulus mastoideus aber eine kurze von
einem Theil des sinus lateralis.
Von foraminibus sind bloß die parietalia
zu merkenk) die nicht einmahl immer da sind,
und zu beyden Seiten der Pfeilnaht nach hin-
ten zu ein paar emissaria Santorini zur harten
Hirnhaut lassen.
Das. Hinterhauptbeina) (os occipitis)b)
ist ebenfalls ein großer flacher Knochen, fast
von der Gestalt einer Kamm-Muschelschale,
[Seite 124] mittelst dessen der ganze Kopf anf dem Halse
ruht; der aber weit mehr alle übrigen Knochen
des Schädels sowohl in der Größe, als dem
Verhältniß seiner Theile u.s.w. variirt.
Er steht 1. 2. mit dem Scheitelbeinen, 3. 4.
mit den Schlafbeinen 5. mit dem Keilbeine und
6. mit dem ersten Halswirbel in Verbindung.
Beym ungebohrnen Kinde besteht er gleich-
sam aus vierc) abgesonderten Stückend),
[Seite 125] die zwar schon zu Ende des ersten Lebensjahres
bloß noch wie zusammen geleimt scheinen, doch
daß oft bis gegen das erwachsne Alter die
Spur der vordern Fugen an den condylis
noch merklich bleibt.
Nach diesen vier Stücken woraus dieses
Bein vor seiner Verknöcherung besteht, läßt
es sich auch am füglichsten überhaupt in eben
so viele Abschnitte eintheilen:
a) pars occipitalis der breite Muschelför-
mige Theil im Genicke; bey weiten der größte.
b) die beyden partes condyloideae die auf
dem obersten Halswirbel aufliegen.
und c) pars basilaris (s. cuneiformis)
der kurze dicke Zapfe der vorwärts an das
Keilbein anstößt und meist schon im männ-
lichen Alter mit demselben verwächst.
Dann lassen sich auch am äußern Umfange
des Knochen dreyerley Ränder unterscheiden:
a) margo lambdoideus s. posterior der
die pars occipitalis umschreibt
b) margines mamillares s. medii zu bey-
den Seiten der partium condyloidearum,
welche die zitzenförmigen Fortsätze des Schlaf-
beins wie in einem halben Monde umfassen.
[Seite 126] und c) margines petrosi s. anteriores,
neben der pars basilaris, längs der beyden
Felsenbeine.
Zuerst von der Außenseitee) des Knochen
nach der Ordnung obiger drey Abtheilungen.
a) auf der pars occipitalis werden, zumahl
nach unten zu, durch die Anlage zahlreicher
und starker Muskeln mancherley Gruben und
Erhabenheiten ausgewürkt.
Zuförderst nämlich, ohngefähr in der Mitte,
die protuberantia occipitalis externa, die
bald mehr bald weniger merklich ist, zuweilen
fast Hakenförmig hinausragt etc.f)
[Seite 127] Von dieser gehen zu beyden Seiten ein
paar bogenförmige erhabne Linien nach den
zitzenförmigen Fortsätzen.
Und unter diesen, meist mit ihnen parallel,
ein paar andre die sich oft in einen zuge-
spitzten Hügel (zwischen der Anlage des musc.
recti postici maioris und des obliqui superio-
ris) verlaufen.
Mitten durch diese beyderley Linien erstreckt
sich von obiger Protuberanz an nach dem hin-
tersten Rand des foram. magni die spina
occipitalis externa.
b) Die beydeng) condyli liegen zu beyden
Seiten der vordern Hälfte des foram magni,
von hinten nach vorn convergirend, bald mehr
bald wenigerh) gewölbt, und überhaupt in
[Seite 128] der Größe, Verhältniß der Länge zur Breite,
und in der Richtung gar sehr variirendi).
Gleich hinter diesen flachen Knöpfen liegen
ein paar ziemlich tiefe Gruben (fossae condy-
loideae) und seitwärts ein paar rauhe eckichte
Zapfen für die processus spinosos.
c) pars basilaris läuft conisch von den
condylis nach der Mitte des Keilbeins: und
ist auf dieser Außenseite theils stumpfeckicht,
theils flach rundlichk).
Nun die innere Seitel) des ganzen
Knochen; nach der gleichen Ordnung.
Also wieder a) pars occipitalis: und da
zuförderst, meist gerade in der Mitte, die pro-
tuberantia occipitalis interna.
Von dieser als von einem gemeinschaft-
lichen Mittelpunkte laufen die lineae cruciatae
eminentes; in deren Winkeln vier breite
[Seite 129] flache Gruben (fossae) gebildet werden, in den
beyden obern nämlich zwey kleinere für die
lobos cerebri posteriores: in beyden untern
hingegen (wo der Knochen gewöhnlich am
dünnsten ist) zwey größere fürs kleine Ge-
hirn: – zumahl auf den obern wieder impres-
siones digitatae und iuga cerebralia: auch
theils Ader-Furchen u.s.w.
Außerdem sind auch noch auf diesem Theile
einige wie mit dem Finger gezogne Furchen
von der Anlage der Blutbehälter der harten
Hirnhaut zu merken. Vom Ende der Pfeil-
naht nämlich bis zur Protuberanz, meist zur
rechten, die Fortsetzung der obgedachten Spur
des sinus longitudinalis (§. 33.): über den
beyden Seitentheilen des Kreuzes aber die von
den sinibus lateralibusm), davon mehren-
[Seite 130] theils die zur rechten mit der vorigen Furche
in einem weg läuft: und endlich nunterwärts
zu beyden Seiten des for. magni nach den
for. iugularibus die sinus occipitales poste-
rioresn).
b) die partes condyloideae erheben sich
auf dieser innern Seite am äußersten Rande in
[Seite 131] die zackichten processus iugulares s. spinosos
die von einer ähnlichen Halbmondförmigen
Furche der Seiten-Blutbehälter umzogen wer-
den, welche sich endlich nach vorn in die großen
foramina iugularia verlaufen.
c) die pars basilaris ist hier wie ein flache
Rinne ausgeschnitten, und steigt aufwärts
zur Mitte des Keilbeins mit welcher sie in der
Jugend durch eine Knorpelscheibe verbunden
ist; mit den Jahren aber meist mit ihr verwächst.
Zu beyden Seiten dieser pars basilaris lau-
fen ein paar bogenförmige Furchen von den
sinib. petrosis inferioribus nach dem for-
lacerum.
Endlich die formina an diesem Knochen,
sowohl die propria als communia.
Vor allen das for. magnum occipitaleo):
meist eyförmig oder fast rhomboidal; wodurch
[Seite 132] das verlängerte Rückenmark nebst den venis
vertebralib. und spinalib. heraus – und
hingegen die Schlagadern gleichen Namens so
wie die nerui accessorii in die Hirnschale
hinein treten.
Dann die for. condyloidea anteriora
(Tab. 1. fig. 2. i.) womit die Gelenkknöpfe
in ihrer Dicke, von hinten und innen nach
vorn und außen, durchbohrt sind. Sie laßen
das neunte Nerven-Paar durch, und sind zu-
weilen, wenigstens auf der einen Seite, durch
eine Scheidewand in zwey getheilt.
Nicht so beständig sind die for. condyloi-
dea posteriora (Tab. I. fig. 2. l.). die oft, we-
nigstens auf einer Seite fehlen und zum Durch-
gang eines Santorinischen emissarii dienen.
Zuweilen ist das for. mastoideum (Tab. I.
fig. 2. m.). dessen unten gedacht werden wird,
hier im Hinterhauptbeine, noch am margo
mastoideus befindlich; oder läuft zwischen die-
sem und den Schlafbeinen als ein for. com-
mune hindurch. zuweilen fehlt es gar.
Wichtiger ist das for. iugulare oder lac-
rum, ein großes for. commune dessen innerer
und hinterer Rand neben dem Ausgang der
for. condyloid. anterior. durch diesen Knochen
gebildet wird; wovon unten mit mehrern.
Die Schlafbeinea) (ossa temporum)b)
machen die untern Seitentheilec) des Hirn-
schädels aus, und enthalten zugleich in ihrem
innern die Gehörwerkzeuge, die im folgenden
Abschnitt besonders abgehandelt werden.
Sie stehen mit fünferley andern Knochen
in Verbindung. Vorzüglich nämlich 1. mit
den Scheitelbeinen mittelst der Schupper-
naht (Th. 1. §. 99.); 2. mit dem Hinter-
hauptsbein; und 3. mit dem Keilbein. –
Außerdem aber auch noch 4. mit den Jochbei-
nen, und 5. mit dem an ihnen selbst einge-
lenkten Unterkiefer.
Bey der reifern Leibesfrucht und dem neu-
gebohrnen Kinde besteht das Schlafbein aus
[Seite 134] zweyen Stücken, dem Schuppenbeine nähmlich
mit dem daran hängenden Ringe des Pauken-
fells; und dem Felsenbeine. Bey fünfmonat-
lichen und noch zartern Embryonen aber ist
auch dieser unvollkommne – nach oben offne –
Ring selbst noch von dem Schuppenbeine ab-
gesondert, so daß dann der ganze Knochen aus
drey einzelnen Stücken zusammengesetzt istd).
Wir gehen auch hier die Außenseitee)
des Knochen zuerst durch, und nachher die so
in die Hirnhöhle hinein gekehrt ist.
Der Theil der dem ganzen Knochen den
Namen gegeben hat, gleicht einer breiten flachen
aufrechtstehenden Schuppe die mit ihrem schar-
fen halbcirkelförmigen Rande ans Scheitel-
und Keilbein anschließt.
Von ihrer Grundlinie entspringt, etwas
nach vorn, der processus zygomaticus, der in
einem ansehnlichen Abstande von derselben sich
vorwärts krümmt und mit einer rauhen zackich-
ten Naht an das Jochbein schließt.
An der dicken Wurzel dieses Zacken läuft
das tuberculum articulare in die Quere.
(Tab. I. fig. 2. q.)
[Seite 135] Und hinter diesem liegt die cauitas articu-
laris s. glenoidea (Tab. 1. fig. 2. p.). die zur
Aufnahme des Gelenkknopfs vom Unterkiefer
dient, dessen unten mit mehrern gedacht werden
wird.
Die Grenze zwischen dieser Gelenkgrube
und der vordern Wand des äußern Gehörgan-
ges wird durch die fissura glaserif) Tab. I.
fig. 2. h. und o.) gezogen, hinter welcher die
chorda tympani in einem besondern Canal
nach vorn und innen läuftg).
Der äußere Gehörgangh) (porus acu-
sticus externus) wird erst nach der Geburt in
den ersten Lebensjahren durch eine überaus ein-
[Seite 136] fache Ausbreitung oder Verlängerung des
Paukenfellringes gebildet, die aber mehren-
theils irrig oder dunkel angegeben wird. Dieser
unvollkommne flache Ring selbst nämlich fängt
erst an, zumahl nach unten breiter zu werden
fast wie ein halber Mond oder wie eine oben
durchbrochne aber zugleich nach unten und
außen gewölbte Scheibe, deren Ausschnitt nach
und nach immer enger und endlich gar ge-
schloßen wird, so daß dann schon aus dem
vormaligen Ringe eine nach innen flach ausge-
höhlte Schale worden ist, die hinten am Rand
der Pauke anschließt, dann, in einigen Ab-
stand vom Paukenfell, und von ihm divergi-
rend nach vorn läuft, und sich da mit einem
ausgeschweiften bogichten Rande öffnet. –
Mit den Jahren wird dann erstens dieser bo-
gichte Rand so wie der gleich drüber liegende
Theil des Schlafbeins immer mehr nach außen
zu getrieben, verlängert; so daß dadurch das
Paukenfell immer tiefer nach innen und siche-
rer zu liegen kommt: zweytens aber wird die
Außenseite der obgedachten flachaus gehöhlten
Schale zu einer am untern und innern Rande
srey abstehenden Schaufelartigen Schulpe mit
wellenförmigen Rändern ausgewürkt.
An der hintern Seite jenes ausgeschweif-
ten bogichten Randes liegt der processus mastoi-
deus, der ebenfalls erst nach der Geburt gebil-
[Seite 137] det, und durch den musc. sternomastoideus
immer mehr ausgewürkt, folglich bey Men-
schen, die schwere Handarbeit verrichten, an-
sehnlich verlängert wird. An seiner Wurzel
ist nach innen zu eine tiefe Furche wie aus-
gefeilt, aus welcher der biuenter maxillae
ins. entspringt. – Der Fortsatz selbst ist meist
durch eine oder mehrere ansehnliche Höhlen
und viele Nebenzellen ausgehöhlti), die ge-
wöhnlich theils mit diesen Höhlen, theils
[Seite 138] auch mit der Paukek) in Verbindung stehen.
(Th. I. S. 67.)
Rückwärts hinter diesem Fortsatz ist ge-
wöhnlich (s. §. 39.) das for. mastoideum s.
mamillare s. occipitale venosum (Tab. I.
fig 2. m.) wodurch ein emissarium Santorini
und zuweilen auch ein kleiner Zweig der
carotis ext. läuftl).
Vorwärts hingegen, ohngefähr an der
Mitte der Schaufelförmigen Schulpe des
äußern Gehörgangs, entspringt hinter dersel-
ben der Griffel-Fortsatzm) (process. stylifor-
mis) der auch erst in der Kindheit aus einem
besondern tiefen Grübchen hervorwächst und
dann schräg nach vorn und innen herabsteigt,
und sowohl in seiner Länge als Dicke und übri-
gen Form gar sehr variirtn).
[Seite 139] Zwischen dem Zitzenförmigen- und diesem
Griffel-Fortsatz, doch näher an diesem und
etwas nach innen, öffnet sich das for. stylo-
mastoideum (Tab. I. fig. 2. mitten zwischen g.
und h.), nämlich die äußere Mündung des
Fallopischen Canals wodurch der harte Ohr-
Nerve heraustritt.
Neben dem process. styliformis nach innen
zu, ist eine ansehnliche tiefe glattausgerundete
Grube (fossa iugularis) aufwärts ins Felsen-
bein eingegraben, die den bulbus venae iugu-
laris aufnimmt und deren hintrer Rand einen
Theil der vordern Wand des for. laceri s.
iugularis bildet, durch welchen nämlich die
Droßelader heraustritt. Vor diesem Rande
liegt dann ein andrer Halbmondförmiger Aus-
schnitt, der zum gleichen foram. gehört und
den großen herumschweifenden Nerven nebst
dem spinalis recurrens durchläßt.
Endlich ist nahe vor jener glattausgerun-
deten Grube etwas nach außen der große Ein-
gang des weiten aber kurzen und wie ein Knie
gebognen Canals zum Durchgang der carotis
[Seite 140] cerebraliso) und des Intercostalnerven.
(Tab. I. fig. 2. g.)
Nun zur innern Seite des Knochen.
Am bogenförmigen Rand desselben bildet
die Schuppennaht eine, theils Fingerbreite,
rauhe scharfzulaufende Einfassung.
Die übrige Fläche der pars squamosa hat
so wie an den vorigen Knochen ihre impressio-
nes digitatas, iuga cerebralia u.s.w. beson-
ders auch Ader-Furchen von der art. menin-
gea media.
Hinter dem Felsenbein ragt noch ein flaches
Knochenstück hintenraus, das an die ehemahli-
gen fontanellas Casserii stößt (Th. I. §. 32.),
und worin die fossa sigmoidea für den sinus
lateralis der harten Hirnhaut eingedruckt ist;
an dessen hintern Rande das obgedachte for.
mastoideum sich meist als ein bedeckter Canal
öffnet.
Das Felsenbein wird auf dieser innern Seite
durch einen scharfen Rücken, an welchen sich
die sinus petroli superiores in einer eignen
[Seite 141] Furche anlegenp), in zwey höckrige Flächen
getheilt, wovon die eine nach oben und vorn,
die andere aber nach hinten gekehrt ist.
Auf jener zeigt sich erstens nach hinten zu
eine bogenförmige Wölbung von dem darun-
ter liegenden canalis semicircularis superior.
Ferner in der Mitte etwas nach vorn eine
ganz schräge unter einem dünnen Knochenblätt-
chen hervorlaufende Oeffnung, nämlich die
apertura interna des Fallopischen Ganges.
Noch weiter nach vorn das Ende des
knöchernen Theils der Eustachischen Röhre (die
aus der Paukenhöhle nach der hintern Oeff-
nung der Nasenhöhle (choana) läuft, wo ihr
Schallstück an den innern processib. ptery-
goid. des Keilbeins anliegt.)
Daneben etwas nach innen und unten der
Ausgang des obgedachten canalis caroticiq)
(Tab. I. fig. 2. f.).
[Seite 142] Auf der hintern Fläche liegt nahe vor der
fossa sigmoidea eine schräg nach hinten sich
öffnende Ritze, wo die hintre von den beyden
Cotunnischen Wasserleitungen heraustritt.
Gleich über ihr aber eine schwache Spur
vom obern Schenkel des darunter liegenden
canalis semicircularis inferior.
Und noch weiter vorwärts der meatus au-
ditorius (oder porus acusticus) internus
(Tab. I. fig. 2. k.), eine weite Mündung die
dem ersten Anblick nach zu einem blinden am
Ende verschloßnen Gange zu führen scheint;
auf dessen Boden aber sich drey wie im Trian-
gel an einander stehende Grubenr) unterschei-
den lassen, zweye nach unten; die dritte zwi-
schen diesen, drüber. Von jenen beyden zeigt
sich die vordre durch ihre saubre Windung als
die Basis der dahinter liegende Schnecke: die
hintre hingegen stößt an den Vorhof des
Labyrinths: – beyde diese Gruben sind mit
überaus feinen Löcherchen zum Durchgange der
zarten Fäden des Gehörnerven durchbohrts).
[Seite 143] Die dritte oder odre jener gedachten drey
Gruben geht etwas tiefer ein und verliert sich
in eine ansehnliche Mündung, nämlich den
Anfang des Fallopischen Ganges.
Endlich ist gerade unter diesem porus acu-
sticus internus am Rande des for. laceri ein
enger gewölbter Gang der zur vordern Co-
tunnischen Wasserleitung führt.
Man theilt das ganze Gehörwerkzeuga)
am füglichsten in drey Abschnitte:
A) in das äußere, bis zum Paukenfell.
B) in das mittlere, das nämlich die Pauke
und die darin liegenden kleinen Knochen
begreift.
und C) in das innere, oder den Laby-
rinthb).
A) Was vom äußern Ohr in die Osteo-
logie gehört, ist der Gehörgang der schon im
49. §. beschrieben worden. Seine äußere
Mündung ist Trichterförmig erweitert, und
seine obre Wand ungleich kürzer als die untre,
so wie es die schrägt Lage des Paukenfells mit
sich bringt die ihn am Ende verschließt und
die Scheidewand zwischen dem äußern und
mittlern Ohre macht. Dieses Fell liegt näm-
[Seite 147] lich mit seinem obern Rande sehr vorwärts und
nach außen und ist hingegen mit dem untern
nach innen zurückgezogen. – So weit der ob-
gedachte Ring beym ungebohrnen Kinde ge-
schlossen war, so weit bleibt auch nachher zur
Anlage des Paukenfells eine sauber ausgefurchte
Rinne; die hingegen nach oben an der Stelle
wo jener Ring unterbrochen war, wenigstens
nicht so deutlich ist.
Nun B) zum mittlern Ohr, das die
Paukenhöhle nebst den drey kleinen Gehör-
knochen begreift.
Erst die Höhle selbst. – Sie hat im
Ganzen genommen fast die Gestalt und Lage
eines schräg umgekehrten Kessels, der nämlich
mit seinem Rand um das Paukenfell anschließt
und hingegen mit seinem freylich sehr höckrich-
ten Boden aufrecht und vielmehr etwas nach
oben gekehrt ist.
Wir nehmen die darin zu merkenden Theile
in der Ordnung wie sie fürs Gedächtniß am
faßlichsten zu seyn scheint.
Zuförderst die beyden sogenannten Fen-
ster. – Das Eyförmige und das rundliche.
Jenes, die fenestra oualis, liegt in einer
besondern kleinen Grube fast mitten im Boden
der Paukenhöhle, doch etwas mehr nach oben:
[Seite 148] meist mit dem Paukenfell parallel. Der obere
Rand ist mehr bogenförmig ausgeschweift, der
untre mehr gerade. Es stößt nüber in den
dahinter liegenden Vorhof des Labyrinths;
und ist durch den Fustritt des darin sitzenden
Steigbügels ausgefüllt.
Das andre Fenster, das rundliche (fenestra
rotunda) oder vielmehr dreyecktec), liegt unter
dem vorigen, nach hinten zu, und in einer ganz
andren Richtung als jenes; nämlich nicht mit
dem Paukenfelle parallel, sondern vertical.
Es stößt auf den untern Gang (scala inf.) der
Schnecke; und ist durch eine überaus zarte
Haut verschlossen.
Gerade unter dem eyförmigen Fenster,
und vor dem rundlichen, liegt das sogenannte
Vorgebürge (promontorium), eine ansehn-
liche ziemlich glatte Erhöhung, unter welcher
sich die größte Windung der Schnecke endigt.
Ueber dem eyförmigen Fenster hingegen,
und mehr hinterwärts, also fast in der
Diagonale vom Vorgebirge liegt eine andre
ähnliche Erhöhung, die von den vordern
Schenkeln des obern und äußern Bogenganges
(canal. semicircular. super. und exterior)
verursacht wird.
[Seite 149] Neben dem gleichen Fenster nach vorn
fängt sich eine ansehnliche Rinned) an, die der
Spitze einer Hohlsonde ähnelt, und von da
längs des Felsenbeins vorwärts schräg hinab-
steigt. In ihr liegt der tensor tympani dessen
zarte Sehne am Stiel des Hammers ansitzt.
Ebenfalls neben der fenestra ouali, aber
nach hinten, also meist jener Rinne gegen
über, zeigt sich ein kleines wie mit einer Nadel
eingebohrtes Löchelchen, aus welchem die faden-
förmige Sehne des stapedius heraustritt und
sich an den Kopf des Steigbügels befestigt.
Dieser kleinste Muskel des menschlichen Kör-
pers selbst liegt aber in einer spindelförmigen
Höhle, die sich von jener kleinen Oeffnung nach
unten und hinten erstreckt.
In einiger Entfernung von dieser letztge-
dachten Oeffnung, aber meist mit derselben
horizontal, nach außen, ist nahe am hintern
Ende der eingefurchten Rinne des Paukenfells
eine andre kleine Mündung, die nach dem for.
stylomastoideo hin in einen Canal führt, durch
welchen die chorda tympani läuft.
Unmittelbar vor dem obern Rande der ge-
dachten kleinen Grube, in deren Boden das
eyförmige Fenster eingegraben ist, quer zwischen
der Rinne für der tensor tympani und dem
[Seite 150] kleinen Loche für den stapedius, kommt ein
Theil des Fallopischen Canalse) (aquae-
ductus fall.) zum Vorschein, der den harten
Ohrnerven einschließt, und dessen Anfang wir
oben beym porus acusticus internus, so wie
seine aperturam internam (§. 50.), und seinen
Ausgang als for. stylomastoideum (§. 49.)
gesehen haben.
Endlich die ebenfalls schon gedachte Eu-
stachische Röhref) (tuba evstach. §. 44.)
die vor dem canal. carotico und neben der
Rinne des tensor tymp. liegt, und sich vom
vordern Rande des Paukenfells nach der obern
und vordern Fläche des Felsenbeins erstrecktg).
In dieser Paukenhöhle liegen nun die drey
kleinen Gehörknochen, der Hammer, der
Ambos, und der Steigbügelh), die sich
[Seite 151] durch ihre Kleinheiti) und Sauberkeit aus-
zeichnen, und die wichtige Verrichtung haben
den Schall vom Paukenfell zum Vorhof des
Labyrinths fortzupflanzen. Sie verbinden
gleichsam zu diesem Behuf durch die Art wie
sie mit einander eingelenkt sindk), das
Paukenfell mit dem eyförmigen Fensterl),
[Seite 152] und können durch die gedachten zarten Mus-
keln, zwar unmerklich – aber doch zum Theil
willkürlich bewegt werdenm).
Sie sind die einzigen Knochen des ganzen
Körpers die schon vor der Geburt ihre ganze
Größe, Form, vollkommne Verknöcherung
u.s.w.n) erreichen: und haben, im ganzen
[Seite 153] und in ihren Haupttheilen genommen eine sehr
bestimmte, im Verhältniß derselben aber eine
oft verschiedentlich variirende Gestalt.
Der Hammero) (malleus) hat ehr die
Figur einer kurzen krummgebognen kolbichten
Keule – oder des obern Theils vom Schen-
kelbein – und wird in den Kopf, Griff und
noch zwey andre kleinere Fortsätze eingetheilt.
Der Griff (manubrium) liegt an dem
Paukenfelle an, und zwar mit seinem untern
äußersten Ende meist im Mittelpunkte desselben,
den er einwärts zieht, so daß das Fellchen an
dieser Stelle von außen eine kleine trichterför-
mige Grube zeigtp). – So liegt der Griff
hinter diesem Fellchen gleichsam wie ein radius
eines Cirkels, und setzt oben mit einem stum-
pfen Fortsatze ab (processus obtusus).
Seitwärts von diesem process. obtusus,
etwas höher, gleichsam am Halse des Kopfs
[Seite 154] liegt ein dornförmiger Fortsatz (processus spi-
nosus) der vorwärts nach der schaufelförmigen
Schulpe (§. 49.) des außern Gehörganges
gerichtet ist, und zuweilen bey Leibesfrüchten
und kleinen Kindern in eine lange gekrümmte
am Ende gleichsam flachgedruckte und sehr
elastische Gräteq) ausläuft.
Der Kopf macht mit dem Stiel einen stum-
pfen Winkel, gleicht einer rundlichen Kolbe,
liegt über dem Paukenfell hinaus, und hat
nach hinten eine gleichsam ausgeschnitzte läng-
liche Vertiefung womit er in der Gelenkfläche
des Amboses wie in einer Pfanne aufliegt.
Der Ambos (incus) ist kürzer aber dicker
als der Hammer, und seiner Gestalt nach von
[Seite 155] Vesalius nicht uneben einem Backenzahn ver-
glichen worden. Er dient zur Verbindung
des Hammers mit dem Steigbügel und wird
in den Körper und zwey Fortsätze eingetheilt.
Jener, das corpus, ist mit einer ungleich
ausgeschweiften Gelenkfläche versehen, in
welcher, wie gedacht, der Kopf des Hammers,
wie in einer Pfanne articulirt.
Von den beyden Fortsätzen ist der eine
kürzer aber dicker, fast wie ein flachgedruckter
Kegel, und liegt meist in gleicher Linie mit
dem obgedachten process. spinosus des Ham-
mers, aber rückwärts gekehrt.
Der andre Fortsatz ist schlanker und ragt
mitten in die Paukenhöhle hinab. Er liegt
meist mit dem Stiel des Hammers parallel, so
daß zwischen beyden die chorda tympani hin-
durchläuftr).
Am Ende dieses schlanken Fortsatzes wo
er mit dem Steigbügel eingelenkt ist, nehmen
die mehresten Zergliederer ein vierters Gehör-
knöchelchen an, das Linsenbeinchens) (lenticu-
lus s. ossic. orbiculare), das da wo sich dieser
[Seite 156] Fortsatz nach innen krümmt, zwischen ihm und
dem Steigbügel inne liegen soll etc. das ich
aber nach oft wiederhohlten und möglichst ge-
nauen Untersuchungen im natürlichsten ge-
wöhnlichsten Bau für nichts anders, als
für eine – noch darzu sehr unbeständige –
epiphysist) dieser apophysis ansehen kann.
Sie fehlt oftu), auch bey den übrigens voll-
kommensten Gehörknöchelchen – und wenn sie
bey erwachsnen Personen da ist, so springt sie
nur nach einiger angewandten Gewalt davon
ab, da sich dann aber unter dem Microscop
die zackichte Spur des Knochenbruchs aufs
deutlichste zeigt. – Und wenn sich hingegen,
wie ich auch selbst gesehen, ein würklich abgeson-
dertes Beinchen zwischen dem Ambos und
Steigbügel zeigt, so darf man dieß doch, mei-
nes Bedünkens eben so wenig für den gewöhn-
lichen natürlichen Bau halten als andre
überzählige Gehörknöchelchen die auch nicht so
gar selten in Menschenx) oder Thiereny)
gefunden werden.
Das dritte wahre Gehörbeinchen ist der
Steigbügelz) (stapes, stapha), der kleinste
Knochen am Gerippe, von einer ausnehmenden
Eleganz, und von einer sehr ausgezeichneten
Gestalt, wovon er eben seinen so völlig passen-
den Namen erhalten hat.
Er liegt horizontal und man unterscheidet
an ihm den Knopf, die beyden Schenkel und
den Fustritt.
Der Knopf ist an der untern Seite rund-
lich gewölbt, an der obern aber mit zweyen,
meines wissens sonst noch nicht bemerkten, flachen
Grübchen zur Anlage des stapedius ausgehöhlt.
Von den beyden Schenkeln ist der vordere
gerade und folglich kürzer als der nach hinten
gekehrte, mehr krumm gebogne. Sie sind nach
innen wie eine Rinne ausgefurcht, und ihr
nach oben liegender Rand ist etwas weiter aus-
geschweift, als der unterwärts gekehrte.
Der Fustritt hat meist völlig die Form des
eyförmigen Fensters das er ausfüllt, mithin
ist auch der obre Rand mehr bogenförmig, der
untre hingegen mehr gerade.
Es folgt endlich C) das innere Ohr oder
der Labyrintha) – der wieder in drey Ab-
schnitte eingetheilt wird, nämlich:
1) in den Vorhof, der zwischen den beyden
folgenden mitten inne liegt;
1) der Vorhof (vestibulum), bildet
gleichsam eine zweyte Paukenhöhle, die gerade
hinter der vorigen eigentlich sogenannten liegt,
und durch das eyförmige Fenster mit derselben
verbunden wird. Ihre Höhlung ist kleinerb),
aber ihr innern Wände weit glatter als je-
ner ihre.
Sie zeigt außer dem eyförmigen Fenster,
und dem einen cotunnischen Wassergange, dessen
nachher gedacht werden wird, sechs andre an-
sehnliche runde Oeffnungen; davon fünfe
zu den Bogengängen, die sechste aber zur
Schnecke führt.
Die eine derselben liegt im Hintergrunde
des Vorhofs, dem eyförmigen Fenster meist
[Seite 159] gegenüber, etwas nach oben, und ist die ge-
meinschaftliche Mündung der beyden zusam-
menstoßenden Schenkel vom obern und un-
tern Bogengange. – Die zweyte, vorn,
gerade über dem eyförmigen Fenster, vom vor-
dern Schenkel des obern Bogenganges. –
Die dritte gleich daneben, nach hinten, vom
vordern Schenkel des äußern Bogenganges. –
Die vierte auch mehr im Hintergrund, rück-
wärts. – Die fünfte, auch rückwärts
aber tiefer unten, vom andern Schenkel des
untern Bogenganges. – Endlich die sechste
gerade unter dem eyförmigen Fenster, vom
obern Gange (Scala) der Mündung an der
Schnecke.
2) die drey Bogengängec) selbst (ca-
nales semicirculares): die hinter dem Vorhof
und mehr nach oben liegen: und deren sechs
Schenkel sich gedachtermaßen mit fünf Mün-
dungen in den Vorhof öffnen.
a) der obere (canal. semicircular. super.
s. minor) steht aufrecht: mit dem Bogen nach
oben, die Schenkel niederwärts gerichtet.
[Seite 160] b) der untre (canal. semicircular. infer. s.
maior) liegt vertical; meist mit der Schnecke
in gleicher Richtung – mit dem Bogen nach
hinten; sein oberer Schenkel macht mit dem
hintern des vorigen Bogenganges die gedachte
gemeinschaftliche Mündung. (§. 59.)
c) der äußere (canal. semicircular. exterior
s. minimus) liegt gleichsam mitten zwischen
beyden vorigen: aber mehr horizontal: sein
Bogen auch nach hinten. Sein vorder Schen-
kel macht mit dem vordern Schenkel des obern
Ganges beynah einen rechten Winkel, sein
hinterer läuft mitten zwischen beyde Schenkel
des untern Bogenganges.
3) die Schnecked) (cochlea) eins der
bewundernswürdigsten Organee), das doch
so ganz versteckt mitten im dem festen Knochen-
guß des Felsenbeins vergraben liegtf). –
[Seite 161] Sie ähnelt einer kleinen Gartenschnecke von
drittehalb Windungen. – Sie liegt vertical
gleichsam aufgerichtet, neben dem Vorhof nach
vorn und etwas nach unten – ihre Grund-
fläche im Boden des innern Gehörganges
(§. 50) und ihre letzte große Windung hinter
dem promontorium in der Paukenhöhle (§. 53.)
Die Windungen der Schnecke im rechten
Ohr sind wie bey den gewöhnlichen Garten-
schnecken rechts gewunden, die im linken
Ohr aber links (anfractibus sinistris). Sie
laufen – ebenfalls wie in den Garten-
schnecken – um eine Spindel (modiolus,
nucleus, s. columella) die aber hohl ist und
einen starken Faden vom weichen Gehörnerven
aus dem innern Gehörgang aufnimmtg),
der sich an ihrer Spitze in einen kleinen Trich-
ter (scyphus vievssenii)h) verbreitet.
Die Windungen selbst werden aber längs
ihres ganzen Laufs durch eine überaus merk-
würdige äußerst seingebaute Scheidewand (la-
[Seite 162] mina spiralis) die gegen die Spitze zu in einen
kleinen Hacken (hamulus) ausläuft, in zwey
Gänge (scalae) – einen obern und einen un-
tern – abgetheilt.
Die Scheidewand ist da wo sie um die
Spindel herum läuft, knöchern: – wo sie
hingegen an den äußern Wänden der Gewinde
anliegt, häutig. Jener, der knöcherne Theil,
besteht aber eigentlich aus zwey seinen Kno-
chenblättchen, zwischen welchen sich die End-
fädchen des Gehörnerven, in der Gestalt eines
unbeschreiblich feinen quergestreiften oder netz-
förmigen Bändchensi), verbreiten; dessen
streifichte Eindrücke sich auch auf dem Knochen-
blättchen der Scheidewand selbst zeigenk).
Der untre der beyden, durch die Schei-
dewand von einander abgesonderten Gänge,
stößt, wie obgedacht, aufs rundliche Fenster
der Paukenhöhle: und heißt deßhalb scala
tympani. – Der obere aber scala vestibuli,
weil er sich wie gesagt, in den Vorhof des
Labyrinths öffnet.
Der ganze Labyrinth ist mit einem wäß-
richten Dufte (aquula cotvnnii) gefüllt,
der durch die beyden, neuerlich berühmt wor-
[Seite 163] denen Wassergänge (aquaeductus co-
tunniil) oder diuerticula meckeliim)
abgeleitet werden kann.
Der hintere, (diuerticulum vestibuli)
öffnet sich im Vorhof, gleich unter der gemein-
schaftlichen Mündung des obern und untern
Bogenganges (§. 59.) nach vorn; und führt
zu der obgedachten (§. 50.) schrägen Ritze
des Felsenbeins, nahe bey der fossa sigmoidea.
Der vordere (diverticulum cochleae) läuft
von der scala tympani (§. 61.) nach dem
ebenfalls oberwähnten (§. 50.) gewölbten
Gang am for. lacerum.
Das Keilbein (os sphenoideuma) s. cu-
neiforme, sonst auch basilare, polymor-
phon s. multiforme, vespiforme etc.b) ge-
nannt –) hat diesen seinen gewöhnlichsten und
ganz angemessenen Namen von den vielseitigen
Nähten. Furchen und andern Verbindungen,
womit es zwischen die ganze übrige Hirnschale
und mehrere andre Knochen wie eingekeilt
steckt. – Eben daher rührt aber auch seine
ganz eigne vielzackichte schwer zu beschreibende
oder zu vergleichende Gestaltc), und die große
[Seite 165] Menge seiner Fortsätze die an keinem andern
Knochen des Gerippes so zahlreich sind.
Es steht dieser Knoche erst, wie schon er-
innert, mit allen übrigen sieben Knochen der
Hirnschale – außerdem aber auch 8. mit
der Pflugschaar 9. 10. mit den Jochbeinen und
11. 12. mit den Gaumenbeinen, in Verbindung.
Bey der reifen Leibesfrucht besteht das
Keilbein aus drey einzelnen Stücken: dem
Mittelstück nämlich, und den beyden Seiten-
flügelnd).
Dem zu folge läßt sich auch der ganze
Knochen am füglichsten in das mittlere corpus
und die beyden partes laterales eintheilen.
Jenes begreift den Türkensattel mit dem
darunter liegenden sinus sphenoidalis, und
den processibus clinoideis.
Diese aber die großen Flügel und die pro-
cessus pterygoideos.
An dem corpus des Keilbeins zeigt sich
sehr häufig eine Verschiedenheit, die um so
merkwürdiger ist, da übrigens der Bildungs-
trieb in der Ausbildung des Gehirns und der
innern Grundfläche des Hirnschädels weit selt-
ner und weniger als in andern Theilen des
Körpers von der bestimmten Richtschnur
abweichte).
Diese Verschiedenheit besteht darin, daß
in manchen Schädeln die obere Seite der pars
basilaris des Hinterhauptbeins (§. 44.) dicht
an die hintern process. clinoideos anstößt –
in andern hingegen weit davon entfernt bleibt,
so daß eine ganz eigne schräge Fläche des Keil-
beins vom Ende jener pars basilaris zu den ge-
dachten process. clinoideis schräg emporsteigtf)
die wohl durch den besondern Namen der
Abdachung (cliuus) unterschieden zu werden
verdient.
Dieser Unterschied ist so sehr beträchtlich
und auffallend, daß dadurch das Profil von
diesem corpus des Keilbeins, wenn es von vorn
nach hinten vertical durchschnitten wird, im
ersten Fall ein Quadrat, im letztern hingegen
ein Pentagon vorstellt. – Die obere Seite
dieses Pentagons läuft von den hintern pro-
[Seite 167] cessib. clinoideis nach den vordern, über den
Sattel weg. Die zweyte Seite macht vorn
die scharfe Kante zur Anlage für die Scheide-
wand der Nase. Die dritte nach unten zur An-
lage für die Pflugschaar. Die vierte nach hinten
die ans Hinterhauptbein stößt, und endlich die
5te aufwärts nach vorn, der cliuus, der zu-
weilen länger ist als die ganze vierte Fläche an
welcher das Hinterhauptbein anliegtg).
Zu den Veränderungen die dieser cliuus in
den Verhältnißen der basis cranii hervor-
bringt, gehört vorzüglich die weit tiefere und
engere Lage des Sattels und die große Ver-
längerung des Raums von den hintern pro-
cessib. clinoideis bis zum for. magnum des
Hinterhauptbeinsh).
Der Sattel (selia turcica) hat oben eine
ausgehöhlte Fläche für die glandula pituitaria:
[Seite 168] und zu jeder Seite eine andre zur Anlage für
die receptacula oder sinus cauernosos der
harten Hirnhauti).
Vor dem Sattel liegen die sogenannten
Säbelfortsätze (process. ensiformes s. cli-
noidei anteriores) die zu beyden Seiten in
ein paar lange Spitzen, nach vorn mit einer
zackichten Schneide auslaufen.
Hinter dem Sattel, an dem cliuus, die
weit kleinern processus clinoidei posteriores
(s. inclinati.)
Zuweilen erheben sich aber auch noch zu
beyden Seiten des Sattels, doch mehr nach
vorn, processus clinoidei medii (s. pyramida-
les) die sich auch wohl mit den hintern Knöp-
fen der vordern process. clinoideor. verbin-
den und ein eignes foramen bilden. – In
noch seltnern Fällen findet man sogar die hin-
tern processus clinoideos sowohl mit den
vordern (fast ringförmig), als auch wenn
dabey noch dergleichen proc. medii da sind,
mit diesen selbst verbunden.
Unter diesen vordern processib. clinoideis
steigt der scharfe Rand zur Anlage des septi-
narium hinunter; zu dessen beyden Seiten sich
[Seite 169] die sogenannten Schleimhöhlen (sinus) dieses
Knochen in den obern Nasengang öffnen.
Er macht unten eine stumpfe Ecke von
welcher ein ähnlicher Rand nach hinten läuft,
und auf der Pflugschaar aufsteht. – Zu
dieses seinen beyden Seiten liegen die cornua
sphenoidalia ein paar dreyeckte gewölbte kleine
Knochenschalen, die oft dem Keilbein selbst –
zuweilen aber auch dem Siebbein zugehören,
und hier die gedachten Schleimhöhlen ver-
schließen helfenk).
Hierauf folgt endlich nach hinten diejenige
schon erwähnte Fläche, an welcher der process.
basilaris des Hinterhauptbeins anliegt, und
mit zunehmenden Jahren gewöhnlich gar mit
[Seite 170] ihm zu einem Stücke verwächst. (Th. I. §. 48.
Th. II. §. 44.)
Der größte Theil dieses Mittelstücks des
Keilbeins, ist, nur etwa die sämmtlichen pro-
cessus clinoideos ausgenommen, durch die
sinus sphenoidales ausgehöhltl), die kleiner
sind als die Stirnhöhlen, übrigens aber den
gleichen Zweck haben. Gewöhnlich sind ihrer
zweye die durch eine verticale Scheidewand
von einander abgesondert werden, die aber
nicht wie die zwischen den Stirnhöhlen durch-
brochen ist. – Nach vorn öffnen sie sich wie ge-
dacht, in den meatus narium superior. – Zu-
weilen sind sie durch mehrere Knochenblättchen
in Zellen und Fächer abgetheilt: – in andern,
aber weit seltnern Fällen fehlen sie gar und
sind mit einer Art von diploë ausgefüllt.
Ihre innere Bekleidung etc. ist so wie bey den
übrigen sogenannten Schleimhöhlen des Sieb-
beins, Oberkiefers etc. die nämliche die oben bey
den Stirnhöhlen angegeben worden (§. 21.)
Nun die beyden Seitentheile des Keil-
beins: worunter wie gedacht die großen Flügel
und die beyderley processus pterygoidei be-
griffen werden.
[Seite 171] Von jenen zuerst. – Sie erstrecken sich
von innen und hinten nach außen und vorn,
und zugleich auch aufwärts. – Sie haben
eine beynah prismatische Gestalt, daher man
sie in folgende drey Hauptflächen eintheilen kann.
1. Superficies cerebralis s. interna, auf
welcher die lobi cerebri medii liegen; daher sie
auch so wie die übrige Hirnhöhle ihre impres-
siones digitatas, iuga cerebralia u.s.w. hat.
2. Superficies temporalis s. externa, die
größte Fläche: Sie stößt oben an den angulus
sphenoideus der Scheitelbeine: wird in der
Mitte durch einen erhabnen in die quere laufen-
den Rücken gleichsam in zwey Helften getheilt;
und endigt sich nach hinten und unten in die
spina sphenoidalis s. angularism), an deren
hintern Seite die alae paruae ingrassiaen)
anliegen.
3. Superficies orbitalis s. anterior: die
kleinste Fläche, welche die hintre Hälfte der
äußern Wand in den Augenhöhlen bildet.
Die beyderley processus pterygoidei stei-
gen hinten, neben dem corpus des Keilbeins
[Seite 172] hinab. Es sind ihrer auf jeder Seite zweye,
ein größerer und ein kleinerer.
Jener, der proc pteryg. maior liegt nach
außen, und seine Außenfläche continuirt mit der
superfic temporalis der großen Flügel; unten
stößt er an die Hinterseite des Oberkiefers.
Die proc. pteryg minores sind schmaler,
liegen nach innen, nächst hinter den Gaumen-
beinen, mit welchen sie die große fast viereckte
hintre Oeffnung der Nasenhöhle, die sogenannte
choana bilden helfen. – Nach unten endi-
gen sie sich in einen auswärts gekrümmten klei-
nen Hacken (hamulus) zur Anlage des cir-
cumflexus palati.
Der hintre Zwischenraum zwischen den
beyderley processib. pterygoideis heißt die
fossa pterygoidea. (Tab. I. fig. 2. c.)
Gerade über derselben, und nach der choana
zu steigt vom Ende des Felsenbeins eine flache
rinnenförmige Furche herab, in welcher das
knorpliche Schallstück der Eustachischen Röhre
liegt. (§. 50.)
Endlich die am Keilbein befindlichen fo-
raminao). Sie liegen meist zu beyden Sei-
ten des corporis. –
[Seite 173] Zu vorderst nämlich unter den processib.
clinoideis anterioribus die foramina optica
zum Durchgang des Sehenerven, und der unter
ihm hinauslaufenden arteria ophthalmica.
Dann weiter unten und nach hinten, wo
die großen Flügel ansitzen die foramina ro-
tunda s. maxilliara super. zum Durchgange
des zweyten Astes vom fünften Paare.
Noch weiter zurück und nach außen die
foramina oualia s. maxillaria inferiora (Tab. I.
fig. 2. d.) für den dritten Ast vom fünften
Paare. – Dieses foramen steht auf der
obern Fläche mit dem vorigen durch eine flache
Furche in Verbindung.
Noch mehr nach außen, in der spina sphe-
noidali die foramina spinola (Tab. I fig. 2. e.)
zum Eingang der arter meningea media.
Hinten gerade über den processib ptery-
goid. internis ist ein Gang durch den Knochen
wie eingebohrt, der canalis vidianusp) s.
pterygoideus, zum Durchgang des nach diesem
Canal benannten Zweiges vom zweyten Ast
des fünften Paaresq).
Von den beyderley fissuris orbitalibus s.
sphenoidalibus die sich in den Hintergrund der
[Seite 174] Augenhöhle öffnen, ist die obere eine fissura
propria, die nämlich bloß vom Keilbein allein
gebildet wird und in Weite, Gestalt etc. viel-
artig variirt. Sie dient zum Durchgange
dreyer ganzen Nervenpaare, des dritten näm-
lich, vierten, und sechsten: dann des ersten
Astes vom fünften Paare: ferner auch des seh-
nichten Bandes, von welchem drey Muskeln
des Augapfels, der abducens, adducens
und deprimens, entspringen: und der vena
ophthalmica.
Die untere Spalte der Augenhöhle (fis-
sura sphenomaxillaris Tab. I. fig. 2. r.)
ist eine fissura communis; die hauptsächlich
durch das Keilbein und den Oberkiefer; doch
auch zum Theil nach hinten vom Gaumenbein
und nach vorn vom Jochbein gebildet wird.
Sie läßt den zweyten Ast des fünften Paa-
res durch: und ist übrigens mit Beinhaut
verschlossen.
Das Siebbeina) [os ethmoideum s.
cribriforme, auch spongoidesb), colato-
rium etc.] ist der kleinste unter den acht
Knochen der Hirnschale und ungemein leicht:
aber sowohl wegen seines überaus zarten und
verwickelten Bauesc), als weil er die vorzüg-
lichsten Werkzeuge des Geruchs enthält, dop-
[Seite 176] pelt wichtig. So schwer zu bestimmend auch
seine Gestalt scheint, so läßt sie sich doch nicht
uneben mit einem stumpfeckichten durchhöhlten
Würfel vergleichen, der gerade zwischen beyde
Augenhöhlen eingeschobend), oben nach der
Hirnhöhle und unten in die Nase gekehrt ist.
Eben diese versteckte Lage setzt ihn aber mit
einer großen Menge der benachbarten Knochen
in Verbindung. – Gewöhnlich nämlich 1.
mit dem Stirnbein 2. dem Keilbein 3. 4. den
Oberkiefern 5. 6. den Gaumenbeinen 7. 8.
den Nasenbeinen 9. 10. den Thränenbeinchen
und 11. der Pflugschaar. Zuweilen aber auch
noch 12. 13. mit den untern Muschelbeinen.
Beym ungebohrnen Kinde besteht die ganze
Scheidewand der Nase und selbst der Hanen-
kamm bloß noch aus einem Knorpelblatte: und
nur in den Seitentheilen des Siebbeins hat die
[Seite 177] Verknöcherung angefangen: diese Theile sind
aber so wie das ganze Geruchwerkzeug des
Fötus und des neugebohrnen Kindes noch sehr
unvollkommen, eng, bey weiten noch nicht
ausgebildet u.s.w.e).
Am faßlichsten läßt sich das Siebbein in
drey Abschnitte eintheilen: nämlich in
A) das Siebchen (cribrum) wovon der
ganze Knochen den Namen hat, liegt oben
horizontal, von vorn nach hinten, paßt in
die incisura ethmoidea des Stirnbeins (§. 24.)
und deckt folglich nur das mittlere Drittel der
ganzen Oberfläche des Knochen, da hingegen
das übrige zu beyden Seiten von der pars nasa-
lis des Stirnbeins (§. 20.) bedeckt wirdf).
[Seite 178] Nach vorn wird es durch den Hahnenkamm
unterbrochen, der aus seiner Mitte emporragt.
B) die Scheidewand (septum osseum)
nebst dem vorn auf ihr stehenden Hanenkamm
(crista galli) liegt vertical von vorn nach hin-
ten. Der letztere variirt sehr in der Höhe und
Dicke. Meist enthält er leere Zellen wie der
zitzenförmige Fortsatz. Ich habe aber auch
Exemplare vor mir wo er wie zu einem kleinen
sinus ausgehöhlt ist, der nach vorn mit den
Stirnhöhlen zusammenstößt. An seiner Wur-
zel ragen vorn zu beyden Seiten die kleinen
apophyses alares heraus, womit er in einem
Paar dazu passender Grübchen des Stirnbeins
(§. 24.) aufliegt.
Das eigentlich sogenannte septum narium
ist da wo es vorn vom Hanenkamm herunter
steigt, und an der spina nasalis des Stirnbeins
(§. 20.) anliegt, am stärksten. Uebrigens
bildet es ein dünnes, sehr oft nach einer oder
[Seite 179] der andern Seite schief gebognesg), Knochen-
blatt; das unten in einen wieder etwas stär-
kern bogenförmigen rauhen Rand ausläuft der
auf der Pflugschaar aufliegt.
In den Fällen wo die cornua sphenoidalia
(§. 68.) Theile des Siebbeins ausmachen,
sitzen sie entweder an dem hintern Rande dieses
septi oder an den hintersten cellulis ethmoi-
dalibus fest.
C) die Seitentheile haben wegen ihres
verwickelten Baues auch den Namen des Laby-
rinths erhalten, und lassen sich am füglichsten
wieder eintheilen in
1) die Muscheln (conchae s. ossa tur-
binata s. spongiosa superiora) stellen eigentlich
ein schwammichtes rauhes Knochenblatt vorh),
[Seite 180] das mit der Scheidewand (§. 78.) parallel
läuft: mit seinem obern Rande am Siebchen
(§. 77. befestigt ist, und mit dem obern Theil
des vordern am processus nasalis des Ober-
kiefers anliegt: das aber nach hinten bis über
die Mitte quer durchschnitten und dadurch
wie in zwey Flügel abgetheilt ist.
Diese Flügel sind gleichsam muschelförmig
gewölbt, so daß die convexe Fläche nach der
Scheidewand, die concave aber nach den Au-
genhöhlen zu gekehrt ist.
Der untre gleichsam frey hängende dieser
beyden Flügel ist die concha media: die sich
noch hinten tutenförmig zusammenrollt und
mit ihrer hohlen Seite den meatus narium me-
dius deckt. Zuweilen bildet sie eine kleine ver-
schloßne Blase, die Santorini zu den Schleim-
höhlen zähltei).
[Seite 181] Der obere Flügel (concha superior s. mor-
gagniana)k) ist weit kleiner als der vorige,
ist nach oben und hinten gewölbt, läuft hinge-
gen unten in einen bogenförmigen etwas her-
vorstehenden Rand aus, der den meatus narium
superior bedeckt. – Zuweilen ist auch diese
oberste Muschel durch eine tiefe Furche wieder
wie in zwey noch kleinere getheiltl), und
was dergleichen Varietätenm) mehr sind.
2) die cellulae ethmoideae oder sinus ste-
hen zu beyden Seiten des Siebbeins zwischen
den Muscheln und den Papierbeinchen fast wie
Bienenzellen von vorn nach hinten an einan-
der. – Nach oben sind sie offen und werden
da von den beyden untern Rändern der pars
nasalis des Stirnbeins bedeckt. – So die
vordersten nach außen von den Thränen-
beinchen, und dem process. nasalis des Ober-
kiefers. Die hintern (die rückwärts und nach
[Seite 182] unten zuweilen eine zarte knöcherne Blase
bilden) an ihrem obern Rande von der pars
orbitalis der Gaumenbeinchen u.s.w. – Die
Anzahl und Abtheilung dieser Zellen ist ziem-
lich unbeständig. Gewöhnlich sind fünf
größere auf jeder Seite wovon sich die vordern
in die Stirnhöhlen, die mittlern und hintern
aber in den obern Nasengang öffnen. – Zu-
weilen stehen aber auch ihrer mehrere neben-
oder übereinander. – Ihre Zwischenwände
sind wohl die feinsten Knochenblättchen am
ganzen Gerippe.
Gerade unter den vordern Zellen liegt ein
schmales hakenförmig gekrümmtes aber viel-
zackichtes sonderbar gewundnes Knochenblatt,
das nur nach vorn, theils mit der vordern
Wand der Zellen, theils mit dem vordern Ende
der concha media verbunden ist, übrigens
aber ganz frey nach hinten lang hinaus ragt,
und deßhalb wohl processus vncinatus genannt
werden könnte, und mit seinen untern zackich-
ten Fortsätzen zuweilen an die untern Muschel-
beine stößt.
3) die ossa papyracea s. planan) sind
eben die äußern Wände dieser Zellen, die
[Seite 183] von ihrer Zartheit und glatten Außenfläche den
Namen haben; und nebst dem an ihren vordern
Rand anstoßenden Thränenbeinchen die innere
Wand der Augenhöhle ausmachen.
Zu den foraminibus des Siebbeins gehö-
ren zuförderst die auf dem obern Querblatte,
die dem ganzen Knochen den Namen gegeben
habeno). Sie sind in unbestimmter Anzahl:
zuweilen wohl drey bis vier Dutzend. Sie
sind vorzüglich zum Durchgang der Geruch-
nerven bestimmt, und zwar sind die, welche
dicht zu beyden Seiten des Hanenkammes lie-
gen und durch welche die Scheidewand der
Nase ihre Nervenfäden erhält, [wie schon der
verdienstvolle Schneider richtig angemerkt
hatp)] größer als die nach außen liegen-
[Seite 184] den. – Die erstern zumahl sind nicht sowohl
bloße Löcher als Röhrchen die am obern Rand
der Scheidewand rückwärts hinab laufenq).
Die übrigen foramina – nämlich die or-
bitalia interiora; und dann das coecum –
sind schon oben §. 25.) erwähnt worden.
Beym Schluß der zur eigentlichen Hirn-
schale gehörigen Knochen, muß noch eines
und das andre was sie im allgemeinen betrifft,
nachgehohlt werden.
Zuförderst noch ein Wort über die ihnen
eignen ächten Nähte (1 Th. S. 77.) deren,
wie gedacht eigentlich nur dreye gezählt werden;
die am vordern-, am obern-, und am hin-
tern Rande der Scheitelbeine hinlaufen; näm-
lich, sutura coronalis, sagittalis, und lamb-
doidea (§. 31.)
Nicht selten erhält sich aber auch, selbst
noch bey Erwachsnen die vierte Nahta), sutura
frontalis (§. 16.) die dann mit der Pfeilnaht
in gleicher Richtung fortläuft und die Kranz-
naht gleichsam durchschneidetb).
Seltner sind die Fälle wenn eine unächte
Naht (sutura spuria Th. 1. S. 77.) schon
von außen eben so in Zickzack geschlängelt ist
als sonst nur die ächten zu seyn pflegen. –
Solche Beyspiele haben ich an der Naht zwi-
schen beyden Nasenknochen; auch an der zwi-
schen dem Jochbeine und Schlafbeine; und
zwischen dem großen Flügel vom Keilbein und
dem vordern Rand des Schlafbeins vor mirc).
So unbestimmt auch der Bau der ächten
Nähte auf den ersten Blick zu seyn scheint,
so regelmäßig zeigt er sich doch bey näherer
Beleuchtung: da man sieht wie bestimmt
ihre Lage, Richtung etc. an gewissen Stellen
ist, um dadurch die Hirnschalknochen desto
dauerhafter und fester mit einander zu ver-
bindend). So ist z.B. am Stirnbein der
obere Rand mehr einwärts gezänelt; die bey-
den Seitenränder hingegen mehr nach außen,
[Seite 188] damit der Knochen mittelst dieser verschiednen
Richtungen desto fester in die umgekehrt dar-
auf passenden vordern Ränder der Scheitel-
beine eingreifen kanne).
Es läßt sich kein genau bestimmter Zeit-
punkt angeben, in welchem die Nähte beym
jungen Kinde gebildet werden. Gewöhnlich
fangen doch die gedachten drey Ränder der
Scheitelbeine (§. 31.) schon zu Ende des ersten
Lebensjahres, an, sich an die Ränder der an-
stoßenden Knochen zu schließenf) und bey
gesunden Kindern sind sie meist schon in der
Mitte des zweyten Jahres bis auf die vordre
Fontanelle ausgebildet.
Vom nachwärtigen Verwachsen dieser
Nähte, entweder im höhern Alter, oder durch
Krankheiten, ist schon oben (Th. 1 §. 48.)
die Rede gewesen. – Am frühsten und häu-
[Seite 189] figsten verwächst die Pfeilnaht. – Hinge-
gen gehört das völlige Verwachsen aller ächten
Nähte zu den sehr ungewöhnlichen Selten-
heiteng).
Der ehedem oft misgekannte oder bestrittne
Hauptnutze der Nähte ist leicht abzusehen –
Um nämlich die einzelnen Knochen woraus die
Hirnschale zusammengesetzt seyn mußte zwar
zur Sicherheit des Gehirns fest genug – aber
auch so mit einander zu verbinden, daß sie sich
in den Jugendjahren ausdehnen, und dem
wachsenden Gehirne Platz machen können.
Unter dem gemeinschaftlichen Namen der
Zwickelbeinchen (ossicula suturarum s.
triquetra) lassen sich füglich alle die kleinen
Knochenstückchen zusammenfassen, die nicht
selten zwischen den ächten Nähten wie eingeflickt
sitzen. Man nennt sie auch, aber aus einem
irrigen Grunde, ossicul. wormianaa), und
hat auch zwischen den sogenannten Wormianis
und triquetris einigen, aber sehr gesuchten,
Unterschied machen wollenb).
Ihre Gestalt, Anzahl etc. variirt unend-
lichc). – Hingegen muß man die auffallend
regelmäßige Symmetrie bewundern, die sich
bey schön ausgebildeten Schädeln in diesen
Zwickelbeinchen zeigtd).
Am leichtesten und häufigsten entstehen sie
bey Großköpfichten Kindern, deren Nähte sich
[Seite 192] sonst nicht leicht schließen könntene), wenn
nicht solche kleine Knochenkernchen zwischen
ihnen erzeugt, und durch ihre Vermittelung
die Verbindung der Nähte befördert würde.
Nun noch ein Wort von der Grundfläche
der Hirnschalenhöhle (basis cranii) in ihrem
Zusammenhange. Erst von ihrer Eintheilung.
Dann von den darin eingedruckten Furchen
der Blutbehalter in der harten Hirnhaut, und
dann die Wiederholung der in dieser basis be-
findlichen Oeffnungen.
Man theilt die Hirnhöhle überhaupt ins A.
cauum cerebri und B. cauum cerebelli.
A. Vom cauum cerebri sind auf der basis
cranii dreyerley große Gruben und gewölbte
Flächen für die dreyerley lobos des großen
Gehirns zu merken.
1. nämlich die Wölbung über den Augen-
höhlen (§. 23.) für die lobos cerebri anteriores.
2. die großen Gruben, die zumahl von der
innern Fläche der großer. Flügel des Keilbeins
(§. 70.) und des daran stoßenden Schlaf-
[Seite 194] beins (§. 50.) gebildet werden, für die lobos
cerebri medios.
3. die fossae superiores zwischen der emi-
nentia cruciata des Hinterhauptbeins, (§. 42.)
für die sogenannten lobos cerebri posteriores.
B. Das cauum cerebelli ist der tiefe kessel-
förmige Raum, dessen obrer Rand sich von
dem scharfen Rücken der Felsenbeine (§. 50.)
rückwärts nach der protuberantia occipitali
interna (§. 42.) erstreckt.
Zu den Furchen die von der Anlage der
Blutbehalter der harten Hirnhaut auf der
basis cranii merklich und gewöhnlich zu sehen
sinda), gehört zuförderst der Anfang und das
Ende des sinus longitudinalis der innerhalb der
Sichel liegt, und sich vom foramen coecum
vor dem Hahnenkamm an, unter der Pfeilnaht
weg, bis zur protuberantia occipitali interna
erstreckt.
Von dieser Protuberanz gehen zu beyden
Seiten in stark gekrümmten Bogen die sinus
[Seite 195] laterales oder transuersi magni (§. 42.) die
in den fossis sigmoideis (§. 50.) hinlaufen
und sich von da durch die foramina iugularia
(§. 45. 49.) ergießen. – Gewöhnlich sind
diese beyden Furchen von ungleicher Tiefe und
Weite: und zwar wie es scheint öfter die zur
rechten Hand so wie auch das foramen lace-
rum derselben Seite weiter als die auf der
linkenb).
Von der nämlichen protuberantia occipit.
interna laufen unterwärts zu beyden Seiten
des for. magni nach den gleichen foraminibus
iugularibus die sinus occipitales posteriores.
(§. 42.)
Vor den foraminibus iugularibus liegen
zu beyden Seiten der pars basilaris des Hin-
[Seite 196] tenhauptbeins wo es neben dem vordern Ende
der Felsenbeine anliegt, die sinus petrosi
inferiores. (§. 44.)
Am scharfen Rücken der Felsenbeine die
kleinen sinus petrosi superiores. (§. 50.)
Und endlich zu beyden Seiten des Türken-
sattels die sogenannten receptacula oder sinus
cauernosi. (§. 68.).
Zuletzt wiederhohlen wir die auf der basis
cranii befindlichen beträchtlichen Oeffnungenc).
2. die foramina im Siebchen (§. 83.)
4. die fissurae orbitales superiores (§. 72.)
[Seite 197]8. der Ausgang des canalis caroticus (§. 50.)
9. die apertura interna des Fallopischen
Ganges (§. 50.)
10. der porus acusticus internus (§. 50.)
11. der Ausgang des vordern aquaeductus
cotunnii (§. 50.)
12. der Ausgang des hintern dieser Was-
serleitungen (§. 50.)
13. die for. iugularia (§. 45. 49.)
14. die for. mastoidea (§. 49.)
15. das for. occipitale magnum (§. 45.)
16. die for. condyloidea anteriora (§. 45.)
17. die condyl. posteriora (§. 45.)
Die bisher abgehandelten Knochen machen
die eigentliche Hirnschale aus. Alle übrige
Knochen des Kopfs die Oberkiefer nämlich
nebst den mit ihnen verbundnen Knochen,
die untre Kinnlade und die Zähne, werden
zusammen unter dem Namen der Gesichts-
knochen begriffen.
Sie dienen zuförderst zum Gebiß: und
helfen dann auch, in Verbindung mit der
Hirnschale die Nasen- und Augenhöhlen bilden.
So wie sie überhaupt durch ihr Verhält-
niß zur Hirnschale den Menschenschädel von
anderer Thiere ihren auszeichnen (§. 4 u. f.),
so bestimmen sie auch insbesondre, vorzüglich
bey erwachsnen Menschen, das meiste in der
Nationalen- oder inviduellen Gesichtsbildung.
Außer der Richtung der Gesichtslinie tragen
die Jochbeine, die Lage der Nasenknochen,
und der große Winkel des Unterkiefers das
meiste dazu bey.
Man theilt die Gesichtsknochen den mit
dem Schädel unbeweglich verbundnena) Theil
und in den Unterkiefer. Jenerb) begreift,
[Seite 200] außer den Zähnen, folgende 13 Knochenc):
1. 2. die Oberkiefer; 3. 4. die Gaumen-
beine; 5.6. die Jochbeine; 7. 8. die Nasen-
beine; 9. 10. die Thränenbeine; 11. 12.
die untern Muscheln; und 13. die Pflug-
schar.
Die Oberkiefera) (ossa maxillaria s. ma-
lae) sind die beyden ansehnlichen aber großen-
theils hohlen und ziemlich leichten Knochen von
schwer zu bestimmender vieleckichter Gestalt,
die unter der Nase und am Gaumen an einan-
der stoßen, und sich seitwärts nach den Backen-
knochen und in die Höhe bis zum Stirnbein
erstreckenb).
So wie das Keilbein mit allen übrigen
Knochen der Hirnschale in Verbindung steht:
so die Oberkiefer mit allen übrigen unbeweg-
lichen Gesichtsknochen; denen sie gleichsam
auch als ein os basilare zur Anlage und Stütze
dienen. Außer diesen stoßen sie auch ans Stirn-
bein und ans Siebbein; und fassen mit ihrem
untern Rande die obere Reihe Zähne in sich.
Beym reifen ungebornen Kind haben die
Oberkiefer zwar im ganzen genommen schon
[Seite 202] meist die gleiche Gestalt, wie bey Erwachsnen,
auch besteht jedes schon aus einem einzigen
Stücke. Nur haben die Theile ein andres
Verhältnißc); zumahl sind sie, wie es schon die
ganze kindliche Gesichtsform anzeigt, überaus
niedrig (Th. 1. §. 40.) besonders nach der
Außenseite zu. Auch ist die nachwärtige große
Schleimhöhle, eben wegen Mangel des Raums,
nur noch sehr unvollkommen, klein: hingegen
die sechs Zahnzellen in jedem dieser beyden
Knochen desto ansehnlicher.
Jeder Oberkiefer läßt sich füglich in vier
Seiten eintheilen:
A) in die große, meist gewölbte Außenseite;
B) in die der Nasenhöhle zugekehrte innere;
A) die Außenseite (Facies malaris), bey
weiten die größte von allen, erstreckt sich oben
von der Nasenwurzel und unten von der Naht
[Seite 203] zwischen den Schneidezähnen an, erst nach den
Jochbeinen und dann noch weiter rückwärts
bis zu den Weisheitszähnen und gegen die Flü-
gel des Keilbeins hin.
Sie läßt sich wieder unter vier Abschnitte
bringen.
1) den obern macht der processus nasalis,
ein schmaler fast Spatelförmiger Zapfen der
nach dem Stirnbein hin, zwischen den Nasen-
und Thränenbeinen liegt. Da von seiner ver-
schiednen Breite großentheils die Richtung der
eigentlich sogenannten Nasenknochen abhängt,
so trägt er folglich viel zum auszeichnenden der
Gesichtsbildung bey. – Seine Außenseite
wird durch einen ziemlich scharfen Rücken in
zwey Abschnitte getheilt. Der vordre ist zu-
weilen zu einer merklich tiefen Furche ausge-
schweiftd). Mit dem hintern hilft er den
Nasengang des Thränensacks bilden, und mit
dem obern Ende seiner innern Seite den trich-
terförmigen Ausweg der Stirnhöhlen (§. 21.)
und zuweilen schließt er auch damit die vorder-
sten Zellen des Siebbeins. (§. 81.)
2) ganz nach außen unter den Augenhöhlen
liegt der processus malaris, ein kurzer dicker,
[Seite 204] überaus robuster Fortsatz, mit einer zackichten
rauhen Endfläche, die aufs festeste ins Joch-
bein eingreift.
3) nach unten wird diese Außenseite der
Oberkiefer durch den limbus alueolaris be-
gränzt und zeigt zumahl auf der vordern Hälfte,
da wo sich das Knochenblatt an die dahinter
liegenden Wurzeln der Zähne fest anschließt,
der Länge herab gefurchte Eindrücke.
4) nach hinten endigt sich diese Außenseite
in eine gewölbte Fläche, (tuberositas maxillaris)
die nach unten die Weisheitszähne einschließt,
und oben mit einem dünnen Blatt nach dem
Rand der Augenhöhlen hinaufsteigt.
B) die innere Seite der Oberkiefer (facies
nasalis) ist nach der Nasenhöhle zu gekehrt, und
fängt zu oberst mit der innern Fläche des pro-
cessus nasalis an, hinter welcher der Nasen-
gang der Thränenwege in eine tief ausgeschnittne
Rinne (canalis lacrymalis) herabsteigt. Diese
Fläche endigt sich mit einem in die quere laufen-
den kleinen Rücken, der zur Anlage der untern
Muschelbeinchen dient.
Der übrige und größere Theil dieser innern
Seite ist ziemlich tief und eben ausgeschweift,
und macht den größten Theil des Bodens der
Nasenhöhle aus.
[Seite 205] In der Mitte wo beyde Oberkiefer mit einer
tief gezackten und gefurchten Naht aneinander
stoßen, bilden sie aufwärts einen rauhen Rücken
(crista nasalis), mit einer Furche in der Mitte
in welche die Pflugschar einschneidet; und
nach vorn eine stumpfe Spitze (spina nasalis)
auf welcher die knorplichte Scheidewand der
Nase aufliegt.
Nach hinten ist die äußere Seitenwand
dieser facies nasalis wie ausgebrochen, da sich
nämlich beym einzelnen, – von den benachbarten
Knochen abgesonderten – Oberkiefer der sinus
maxillaris mit einer sehr weiten eckichten Mün-
dung öffnet.
C) die obere Fläche dieses Knochen bil-
det das planum orbitale, das gleichsam den
Boden der Augenhöhle ausmacht; ziemlich
glatt und eben ist; und nur nach hinten mit
einer tiefen Rinne durchschnitten wird, die sich
gegen die Mitte unter das obere Knochenblatt
wie unter eine Brücke verliert und den Canal
für den zweyten Ast des fünften Nervenpaares
bildet. Nicht selten läuft vom Eintritt jener
Rinne in diesen Canal, bis zu dessen Ausgang
als for. infraobitale eine eigne Spalte oder
Ritze (fissura infraorbitalis).
Endlich D) die untere Seite des Oberkie-
fers (facies palatina), die am äußern Rande den
limbus aueolaris bildet, und dann rückwärts
als gewölbter Gaumen in die Höhe steigt.
Im vollkommen reifen Alter hat jeder Ober-
kiefer acht Zahnzellen, die im limbus alueolaris
fast wie eine bogenförmige Reihe vom Bienen-
zellen aneinander liegen, und sich genau nach
der Größe und Form der in ihnen eingekeilten
Zahnwurzeln richten. Vorzüglich tief sind
folglich die von den sogenannten Augenzähnen.
Die Scheidewände, zumahl die zwischen den
Zellen der Backenzähne sind meist porös und
schwammicht.
Der Gaumen ist bey manchen Schädeln
mehr – bey andern minder gewölbt; doch wie
es scheint ohne Bezug auf den Geschlechts-
unterschied (Th. 1. §. 114.) und stößt hinten
mit einer Quernaht an die eigentlich soge-
nannten Gaumenbeine, die daselbst von den
Oberkiefern gleichsam umfaßt und eingeschlos-
sen werden.
Vorn am Gaumen, hinter den Schneide-
zähnen zeigt sich, zumahl bey ungebohrnen Lei-
besfrüchten oder jungen Kindern – doch auch
oft noch bey erwachsnen – an jedem Oberkiefer
[Seite 207] eine mondförmige Spalte oder Ritzee) (fissura
incisiua), die von der Scheidewand zwischen
dem äußersten Schneidezahn und dem Eckzahn
anfängt und nach dem for. palat. anterius
lauft, und gleichsam eine schwache Spur des
bey andern Säugethieren befindlichen ossis
intermaxillarisf) bezeichnet.
Das eigentliche corpus des Oberkiefers ist
durch den sinus maxillaris [das sogenannte an-
trum highmorng)] ausgehöhlth), der an
den Wänden herum, zumahl nach dem pro-
cessus zygomaticus (§. 107.) zu, durch ver-
schiedne kleine Scheidewände wie in Neben-
zellen abgetheilt wird, und an dessen obern
und vordern Seite der canalis infraorbitalis
hindurch laufti). – Am innern Rande der
Augenhöhlen, dicht unter den ossib. planis des
Siebbeins, finden sich zuweilen die cellulae
[Seite 209] orbitariae des Hrn. von Hallerk), die sich
in die vordern Zellen des Siebbeins öffnen. –
Die weite Mündung des sinus maxillaris
(§. 108.) wird durchs Gaumenbein, durch
das untre Muschelbein, und durch die obere
Muschel des Siebbeins großentheils geschlossen,
so daß er sich nur mit einem oder zuweilen mit
zweyen runden Ausgängen in den mittlern
Nasengang öffnetl).
Nun die übrigen foramina an den Ober-
kiefern, außer der gedachten Mündung des
sinus maxillaris.
Es gehört dahin das infraorbitale, der
Ausgang des Canals gleiches Namens, dessen
schon mehrmahlen gedacht worden (§. 109. III.),
und der sich vorn unter der Augenhöhle (zu-
weilen mit mehrern neben einander liegenden
Ausgängen) öffnet.
Dann das palatinum anticumm) oder der
canalis incisiuus, der vorn mit zwey Anfängen
[Seite 210] aus dem Boden der Nasenhöhle zu beyden Sei-
ten der crista nasalis (§. 108.) herabsteigt
und sich in ein foramen commune (Tab. I.
fig. 2. a.) verbindet, das sich mitten hinter den
Schneidezähnen auf der Gaumennaht öffnet.
Es geht ein zellichtes Band hindurch, das die
Gaumenhaut mit der in der Nase verbindetn);
[Seite 211] auch Blutgefäße, und ein paar Nervenfäden
vom zweyten Ast des fünften Paars; welche letz-
tere in den vollkommensten Schädeln zu beyden
Seiten des gemeinschaftlichen for. palat. antici
durch ein paar kleinere besondre Gänge laufeno).
Der Ausgang des canalis lacrymalis
(§. 107. 108.) öffnet sich in den untern Na-
sengang.
Ferner hilft auch der Oberkiefer großentheils
die fissuram orbitalem infer. bilden (§. 72.)
So wie endlich auch den sulcum pterygo-
palatinum, von dem im folgenden Abschnitt
die Rede seyn wird.
Die Gaumenbeinea) (ossa palatina)
sind gleichsam als eine Fortsetzung der Ober-
kiefer anzusehen, da sie fast von allen Seiten
wie in einem Stücke mit denselben fortlaufen;
eben so in der Mitte an einander stoßen u.s.w.
Sie sind weit kleiner, aber ebenfalls von einer
schwer zu vergleichenden, vieleckichten Ge-
staltb).
Sie liegen größtentheils zwischen den Ober-
kiefern und den processib. pterygoideis des
Keilbeins und stehen außerdem auch noch mit
dem Siebbein, mit den untern Muschelbeinen,
und mit der Pflugschar in Verbindung.
Schon bey der reifen Leibesfruchtc) stehen
sie im gleichen Verhältniß mit den Oberkie-
[Seite 213] fern; sind so wie diese schon sehr ausgebildet,
nur ebenfalls noch niedrig; der obere zur Au-
genhöhle gehörige Theil sehr klein; der pro-
cessus pyramidalis hingegen sehr groß u.s.w.
Da die Gaumenbeine den hintern Theil
des Gaumen, der Nasenhöhle und der Augen-
höhlen bilden helfen, so theilt man sie füglich
in A) pars palatina: B) nasalis; und
C) orbitalis.
A) die pars palatina liegt horizontal, dicht
hinter der Gaumenfläche des Oberkiefers. Sie
ist eben so wie diese auf der untern Seile un-
eben, auf der obern hingegen glatter und mehr
ausgeschweift. Auch wird da wo beyde Gau-
menbeine aneinander stoßen eben so die crista
nasalis für die Pflugschar fortgesetzt; und
nach hinten am Ende der Naht, die den Gau-
men der Länge nach durchschneidet, eine spina
palatina gebildet.
Nach hinten und außen verläuft sich dieser
Theil des Gaumenbeins in einen ziemlich star-
ken, eckichten, am Ende scharf zugespitzten
Zapfen (processus pyramidalis), der sich zwi-
schen das untre Gabelförmige Ende der bey-
derley processuum pterygoideor. einlegt und
mit seiner hintern Fläche die fossa pterygoidea
nach unten zu schließt.
B) pars nasalis steht, gleichsam am äußern
Rande des vorigen horizontalen Theils, ziem-
lich senkrecht in die Höhe, und bildet ein brei-
tes Knochenblatt, das sich nach oben und zu-
gleich etwas rückwärts erstreckt, und einen be-
trächtlichen Theil der großen Mündung des
sinus maxillaris zuschließt.
Ohngefähr in der Mitte dieses Knochen-
blatts lauft auf der innern Seite ein erhabner
Rücken in die Quere, der zur Anlage des untern
Muschelbeins dient.
Nach dem obern Rande zu zeigt sich eine
schwache Spur einer ähnlichen Erhabenheit für
die dem Siebbein zugehörige, sogenannte
mittlere Muschel.
C) pars orbitalis der kleinste Theil, der
einen vieleckichten, doch in den schönsten Köpfen
ziemlich vierseitigen Körper bildet, der sich in
dem Hintergrunde der Augenhöhle zwischen den
Oberkiefer, das Keilbein und das Siebbein
einlegt, und den letzten Winkel des Bodens
der Augenhöhle ausmacht.
Gewöhnlich ist er mit Knochenzellen gefüllt;
zuweilen hat er nach hinten eine größere Zelle,
[Seite 215] die mit dem sinus sphenoideus zusammen-
stößtd): – in sehr gut ausgebildeten Schä-
deln aber habe ich auch diesen ganzen Theil des
Gaumenbeins mit einem eignen sinulus völlig
wie eine Blase rein ausgehöhlt gefunden, der
sich nur mit einem engen Gange in den sinus
sphenoideus öffnet.
An der Außenseite der pars nasalis des
Gaumenbeins lauft von oben nach unten und
zugleich ein wenig nach vorn eine ansehnliche
tiefe Rinne (sulcus spheno – oder pterygo –
palatinus), der nach oben mit den hinten dran
stoßenden processib. pterygoideis des Keil-
beins, und nach unten mit dem dran liegenden
Oberkiefer den canalis pterygo – palatinus
bildet, in welchem der Nerve gleiches Namens
vom zweyten Aste des fünften Paares herab-
steigt. Oben fängt sich dieser Canal mit einem
tiefen verschiedentlich ausgeschweiften Ein-
schnitt, nämlich dem foramen pterygo – pala-
tinum an, welches im hintern Winkel zwischen
der parte nasali und orbitali des Knochen
ausgeschnitten ist. Unten aber vertheilt er sich
in drey Gänge, wovon der größte (canalis
[Seite 216] pterygo – palatinus anterior s. maiore) sich
auf der Gaumenfläche in das große foramen
palatinum posticum (Tab. I. fig. 2. b.) endigt:
von den beyden kleinen öffnet sich der eine
[canalis pterygopalatinus posteriorf) auf
der untern Seite des porcessus pyramidalis;
der andre aber [canalis pterygo – palatinus
exteriorg)] zwischen diesem Fortsatz und der
daran liegenden Zelle des Weisheitzahns.
Die Jochbeinea), wie sie nach der all-
gemein angenommenen griechischen und latei-
nischen Benennung füglich heißen; oder die
Backenbeine ossa iugalia s. zygomatica, auch
theils so wie die Oberkiefer ossa malarum ge-
nannt –) sind ein paar sehr robuste starke von
außen gewölbte von innen flach ausgehöhlte
Knochen, wodurch die Oberkiefer vorzüglich
mit den Schlafbeinen verbunden werden; und
die auch mehr als ein Drittel zum Umfang des
äußern Rades der Augenhöhlen beytragenb).
Außer den Oberkiefern stehen sie mit keinen
andern Gesichtsknochen sondern mit der Hirn-
schale, nämlich wie gedacht mit den Schlaf-
beinen, dann mit dem Stirnbeine, und mit
dem Keilbeine in Verbindungc).
Da sie vorzüglich dienen den Oberkiefer
und die Hirnschale unter einander zu befesti-
gen, so werden sie früh gebildet und haben
schon bey der reifen Leibesfrucht eine ansehnliche
Größe, aber doch noch nicht ganz die nachwär-
tige Bildung, indem ihnen dann noch beson-
ders die zackichten Endflächen an ihren drey
großen Fortsätzen mangelnd).
Jedes Jochbein hat ohngefähr die Gestalt
eines verschobnen Vierecks von drey breiten
und einer schmalen Seite; doch findet sich
überhaupt in dem Verhältniß dieser Seiten
gegen einander viele Verschiedenheit.
Am füglichsten läßt es sich in drey Fort-
sätze eintheilen: A) processus maxillaris: B)
frontalis; und C) zygomaticus.
A) der processus maxillaris ist der brei-
teste, und nimmt die ganze schmale Seite
des Vierecks ein. Er fängt oben nahe bey
dem for. infraorbitale an, läuft nach unten
und außen, und hat auf der innern Seite
[Seite 219] eine mehrentheils große, theils recht scharf-
zackichte Fläche, womit er aufs festeste an den
processus malaris des Oberkiefers (§. 107.)
anschließt.
B) der processus frontalis steht nach außen
gleichsam aufrecht in die Höhe und greift mit
einer scharfgezähnelten Naht in den processus
orbitalis externus des Stirnbeins (§. 18.)
Nach vorn verlauft er sich in den rundlich
ausgeschweiften Rand der Augenhöhle. Nach
hinten hilft er die incisura zygomatica bilden,
und nach innen wird er in ein dünnes Knochen-
blatt verlängert, das mit einer rauhen unäch-
ten Naht an den vordern Rand des großen
Flügels vom Keilbeine (§. 70.) stößt.
Die Nasenbeinea)(ossa nasi) sind ein
paar länglichte, kleine, aber ziemlich starke
Knochen, die zusammen beynah die Gestalt
eines flachen Sattels haben, und den obern
oder knöchernen Theil des Nasenrückens
ausmachenb).
Sie stehen bloß mit dem Stirnbein und
den Oberkiefern in Verbindung, da sie dicht
unter der glabella des erstern auf seiner spina
nasali, und zwischen den processibus nasali-
bus der letztern, an einander liegen. Selten
reicht das septum narium des Siebbeins so
weit vor, daß sie auch an dieses anstoßen.
Gewöhnlich sind sie nur durch eine unächte –
zuweilen aber auch durch eine von außen stark
gezähnelte, folglich ächte Naht mit einander
verbunden. – auch habe ich sie ganz zusam-
menverwachsen gefunden u.s.w.
Bey der reifen Leibesfrucht – und selbst
schon in der ersten Hälfte der Schwanger-
schaft – sind diese Knochen nicht nur schon
überaus vollkommen ausgebildetc), sondern
auch weil sie nach vorne frey liegen und ziem-
lich ungehindert wachsen können im Verhältniß
gegen die übrigen Knochen, der Hirnschale
sowohl als des Gesichts, von ansehnlicher
Größe. – So wie überhaupt wohl außer den
Gehörbeinchen keine andere Knochen am gan-
zen Gerippe früher zu einer solchen Ausbil-
dung gelangen als eben diese.
Jeder Nasenknochen hat ohngefähr die Ge-
stalt eines irregulären länglichen Vierecksd):
ist nach oben am stärksten; gegen die Mitte
schmahl, und nach unten am breitesten, wo
er sich zugleich nach außen in eine abwärts stei-
gende Spitze verlängert: zuweilen aber auch
[Seite 222] nach innen, da wo beyde Nasenknochen an
einander stoßen, ebenfalls eine vorwärts lau-
fende kurze und stumpfe Spitze bildet.
Die Thränenbeinea) (ossa lacrymalia,
s. vnguis) sind die kleinsten Gesichtsknochen,
von einem überaus zarten eleganten Bau,
und ohngefähr von der Gestalt einer länglich-
ten Fischschuppeb).
Sie liegen am innern Rande der Augen-
höhlen: stoßen nach oben ans Stirnbein; nach
vorn an den processus nasalis des Oberkiefers
und nach hinten an die ossa papyracea des
Siebbeins, wovon sie gleichsam eine Fortsetzung
ausmachen. Zuweilen reichen auch die untern
Muschelbeine bis zu ihrer innern Seite hinauf.
Die Thränenbeinchen wachsen zwar bey
unreifen Embryonen nicht so bald zu der an-
sehnlichen Größe als die Nasenbeine. (§. 131.)
Hingegen sind sie doch bey der reifen Leibes-
frucht schon überaus vollkommen und scharf
[Seite 224] ausgebildetc): und ohngeachtet sie am ganzen
Rande von andern Knochen eingeschlossen sind,
doch im Verhältniß gegen diese beträchtlich groß.
Sie helfen fast in ihrem ganzen Umfange
die Augehöhle bildend). Nur verläuft sich
das untre Ende ihres vordern Randes in einen
zarten etwas einwärts gebognen kleinen Hacken
(hamulus), der den ductus lacrymalis an der
innern Seite der Oberkiefer (§. 108.)
schließen hilft.
Die Außenseite jedes Thränenbeins ist
im ganzen genommen glatt und flach ausge-
schweift. Wird aber durch einen scharfen fast
schneidenden Rand (crista longitudinalis) der
nach vorn von oben bis unten zum hamulus
herabsteigt, in zwey Abschnitte von ungleicher
Breite getheilt.
Der hintere Abschnitt ist der größte und
macht mit den daranstoßenden drey Knochen eine
ebne gemeinschaftliche Fläche der Augenhöhle.
[Seite 225] Der vordere ist an manchen Köpfen sehr, an
andern minder schmal – allemahl aber weit
schmaler als der vorgebuchte. Er ist wie eine
Rinne ausgefurcht, die in Verbindung mit dem
hintern Rande des processus nasalis am Ober-
kiefer (§. 107.) den Eingang zum canalis la-
crymalis bildete).
Die innere Fläche des Thränenbeins ist
flach gewölbt, uneben, und rauher als die
äußere, und deckt größtentheils die vordern cel-
lulas ethmoideas (§. 81.). Auch hilft sie den
Ausgang der Stirnhöhlen bilden (§. 21.) –
In der Gegend wo außen die crista longitudi-
nalis lauft, zeigt sich hier eine flach eingedruckte
Furche.
Die untern Muschelbeinea) (conchae
inferiores, ossa turbinata s. spongiosa in
feriora) liegen unten in der Nasenhöhle nach
außen, sind so wie die Muscheln des Sieb-
beins von mürber schwammichter Textur und
haben allerdings einige Aehnlichkeit mit den ein-
zelnen Schalen einer gemeinen Flußmuschel,
wenn man sich dieselben in der Lage denkt, daß
[Seite 227] ihr langer äußerer Rand nach unten, das
Schloß nach oben und ihre gewölbte Außen-
fläche nach der Scheidewand der Nase zu ge-
kehrt ist. Doch variiren die Muschelbeine so-
wohl in der Bildung als in der Größe, und ich
habe sie z.B. selbst in sehr schön geformten
Schädeln fast nur wie einen scharfen, gar nicht
muschelförmig gerollten, Rand gesehen.
Sie sind vorzüglich am Oberkiefer und an
den Gaumenbeinen befestigt, zuweilen aber
stoßen sie, wie gedacht, mit dem obern Rande
auch an die kleinen Fortsätze des processus vn-
cinatus am Siebbein (§. 81.) und mit ihrer
obern und vordern Ecke auch an die innere
Seite der Thränenbeine. (§. 135.)
So zart sie sind, so fangen sie doch auch
schon um die Mitte der Schwangerschaft we-
nigstens in so weit an verknöchert zu werden,
daß die kleine knorplichte Muschel wie mit
einem lockern Netz von schwammichten Knochen-
fäden durchwebt ist. Bey der reifen Leibes-
frucht aber sind sie schon fast so vollkommen
als die Nasen- und Thränenbeine ausge-
bildetb).
Jeder dieser beyden Knochen stellt wie ge-
sagt ein muschelförmig gebognes Blatt vor,
dessen Außenseite ausgehöhlt, die nach innen
gekehrte hingegen flach gewölbt ist: und läßt
sich füglich in drey Ränder abtheilen; A) den
vordern; B) den obern; und C) den untern.
A) der vordre Rand ist der kürzeste und
wie flach abgeschnitten: liegt in einer schrä-
gen Richtung vorn an der innern Seite des
Oberkiefers, gleichsam an der Wurzel des
processus nasalis: deckt mit seiner obern Ecke
den Ausgang des canalis lacrymalis, und
reicht mit seiner vordern bis an den äußern
Rand der Nasenhöhle.
B) der obere Rand ist nach außen zu wie
umgeschlagen, so daß ein schmales gleichsam
runterwärts gebognes Knochenblatt neben ihm
hinlauft, das auf dem untern Ausschnitt der
großen Mündung des antri maxillaris
(§. 111.) aufsitzt. Nach hinten stößt dieser
Rand mit dem untern in eine länglichte Spitze
(hamulus palatinus) zusammen, die an einem
besondern Rücken der pars nasalis des Gau-
menbeins (§. 118.) anliegt.
C) der untere Rand ist der längste und
dickste von allen dreyen, vorzüglich schwam-
michtc) rauh und uneben; und bogenförmig
gekrümmt. Er deckt den untern von den drey
sogenannten Nasengängen.
Die Pflugschara) (vomer) wie sie ihrer
Gestalt wegen genannt worden, ist der einzige
ungepaarte unter den zum Schädel gehörigen
Gesichtsknochen. Sie stellt, das obere Ende
ausgenommen, ein flach zusammengedrucktes
vertical-stehendes Blatt vor, und macht
einen beträchtlichen Theil der Scheidewand
der Nase ausb).
Sie steht nach oben mit dem Keilbein und
dem Siebbein; nach unten aber mit dem Ober-
kiefer und den Gaumenbeinen in Verbindung.
Sie hat schon bey der Leibesfrucht in der
Mitte der Schwangerschaft eine ansehnliche
Größe: aber doch beym ungebohrnen Kinde
überhaupt eine von der nachwärtigen ziemlich
abweichende Gestalt. Ihr Umriß nämlich ist
dann noch nicht so wie nachher rhomboidal,
sondern mehr Spindelförmig; ihre beyden
Blätter stehen nach oben, ihrer ganzen Länge
nach, noch weit auseinander, und schließen
nach unten nicht in einen scharfen Rand, son-
dern in eine länglichte Fläche.
Mit den Jahren schließen die beyden Blät-
ter dichter aneinander, und wachsen zuweilen
ganz zusammen; oder lassen wenigstens nur in
der Mitte noch einen engen Zwischenraum
oder nach vorn eine Spalte u.s.w. Zugleich
wird aber dieses Blatt höher und kriegt die
Gestalt eines geschobnen Vierecks, das sich
dann füglich in vier Ränder abtheilen läßt: A)
der obere; B) der vordere; C) der untere;
und D) der hintere.
A) der obere Rand ist bey weiten der
stärkste, bildet eine ausgefurchte Fläche,
die zu beyden Seiten und theils nach hinten in
ein paar platte rundliche Fortsätze auslauft.
[Seite 232] Die flach ausgefurchte Rinne, wodurch diese
von einander abgesondert werden, nimmt den
untern scharfen Rand des Keilbeins auf (§. 68.).
Die Fortsätze aber legen sich an die cornua
sphenoidalia. (§. 68. 78.)
B) der vordre Rand ist mehrentheils der
längste und zugleich der zarteste: oft fein aus-
gezackt oder wie durchbrochen u.s.w. Er
dient nach hinten dem knöchernen septo des
Siebbeins und nach vorn der knorplichen
Scheidewand der Nase zur Anlage: und nimmt
sie oft in eine gleichsam eingeschnittene Spalte
auf, die noch von dem vormaligen Abstande der
beyden abgesonderten Blätter (§. 150. 151.)
übrig bleibt.
C) der untre Rand ist gleichsam die
Schneide der Pflugschar die in der obgedach-
ten Furche der crista nasalis sowohl der Ober-
kiefer (§. 108., als der Gaumenbeine (§. 117.)
einliegtc).
D) der hintere Rand endlich, der die
choana (§. 71.) in zwey Hälften scheidet, ist
glatt und eben: fängt oben von den platten
Fortsätzen des obern Randes (§. 152.) ziem-
lich breit an, und lauft unten nach der spina
palatina (§. 117.) scharf zu.
Jetzt zum Schluß der unbeweglichen
Gesichtsknochen noch ein Wort ins besondre
über die zur Aufnahme der Gesichts- und Ge-
ruchwerkzeuge bestimmte Höhlen, die durch
ihre Verbindung unter einander und mit den
Knochen der Hirnschale gebildet werden. –
Zuerst von jenen.
Die beyden Augenhöhlena) (orbitae,
oder wie sie Celsus nennt foramina oculo-
rum) haben fast die Gestalt ein paar vierseitiger
aber abgerundeter und schrägliegender Pyra-
miden, die mit den Grundflächen nach vorn
und mit den Spitzen nach hinten gerichtet sindb).
So vielartig auch die individuelle Gestal-
tung der Augenhöhlen in Rücksicht der Weite,
Tiefe zumahl des respectiven Verhältnisses der
Breite ihres vordern Randes zur Höhe dessel-
benc) variirt, so ist doch beyder ihre gegen-
seitige Lage beym erwachsnen Menschen immer
so, daß die beyden innern Wände derselben
ziemlich parallel mit einander laufen und nur
wenig von vorn nach hinten von einander
divergiren: die äußern aber von vorn nach
hinten sehr stark convergiren: die Decke zim-
lich horizontal liegt: der Boden aber schräg
von außen nach innen und zugleich von vorn
nach hinten in die Höhe steigt.
Es sind sieben Knochen des Schädels durch
deren Verbindung die Augenhöhlen zusammen-
gesetzt sind:
1. die pars orbitalis des Stirnbeins näm-
lich macht die Decke oder das Gewölbe
(§. 19. 23.)
2. das planum orbitale des Oberkiefers
(§. 109.) den größten Theil – und 3. die
pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 119.) den
[Seite 236] hintersten kleinen Winkel des Bodens dersel-
ben aus.
4. die innere Fläche des Jochbeins (§. 126.)
und 5. die superficies orbitalis der großen
Flügel des Keilbeins (§. 70.) bilden die
äußere Wandd).
[Seite 237] 6. das Thränenbein (§. 137.) aber, und
7. die pars papyracea des Siebbeins (§. 76.)
die innere.
Die in den Augenhöhlen zu merkenden
Gänge und Oeffnungen sind:
1. das foramen supraorbitale (§. 25.)
2. 3. die orbitalia interna (§. 25.)
6. 7. die beyden fissurae orbitales, superior
und inferior (§. 72.) die in Rücksicht
der Weite und Länge gar sehr variiren;
8. der canalis infraorbitalis (§. 112.)
und 9. der Eingang des canalis lacrymalis
(§. 112. 138.)
Die Nasenhöhlena) (Nares internae)
sind zwey dicht an einander liegende kurze
aber sehr geräumige Gänge, von deren Sei-
tenwänden und Decke mancherley gewundne
Knochenblätter hinabragen. Sie werden durch
die Scheidewand des Siebbeins (§. 78.), die
Pflugschar (§. 147.), und die crista nasalis
der Oberkiefer (§. 108.) und der Gaumen-
beine (§. 117.) in zwey Hälften, die aber
oft von ungleicher Weite sind (§. 78.) abge-
theilt: und öffnen sich nach vorn durch die von
den Oberkiefern und den Nasenbeinen gebildete
Oeffnung; nach hinten aber durch die choana
die aus der Verbindung des Keilbeins mit den
Gaumenbeinen entsteht.
Diese Höhlen werben eigentlich durch fol-
gende zwölf Knochen zusammengesetzt: durch
[Seite 239] vier gepaarte nämlich, und vier ungepaarte.
Diese sind:
11. 12. die untern Muschelbeine.
Gewissermaßen kann man aber auch noch
13. 14. die Thränenbeinchen dazu rechnen.
Durch die Anlage der dreyerley Muscheln
werden zu beyden Seiten der Scheidewand der
Nasenhöhlen, nach außen, drey Bogenförmige
Rinnen oder Gänge (meatus s. semicanales)
gebildet, die über einander liegen, und meist
in gleicher Richtung von vorn nach hinten
laufenb).
[Seite 240] A) der meatus inferior, unten, nah am
Boden der Nasenhöhle, wird durchs untre
Muschelbein bedeckt. – In seinen obern vor-
dem Winkel öffnet sich der Ausgang des cana-
lis lacrymalis.
B) der meatus medius lauft vor dem pro-
cessus vncinatus des Siebbeins (§. 81.) und
der großen Mündung des sinus maxillaris hin,
und wird durch die sogenannte concha media
des Siebbeins bedeckt. – Es öffnen sich in
diesen Gang eben die gedachten großen sinus
des Oberkiefers, und die Stirnhöhlen.
C) der meatus superior ist der kürzeste,
lauft rückwärts über dem vorigen, wird durch
die obere Muschel des Siebbeins gedeckt, und
offnen sich in ihn sowohl cellulae ethmoideae
als auch der sinus sphenoidalis.
Die Nasenhöhlen stehen eben durch die ge-
dachten im meatus medius und superior be-
findlichen Oeffnungen mit den sogenannten
Schleimhöhlen in Verbindung, die vorzüglich
den wichtigen Nutzen haben, daß im gesunden
Zustande aus der Gefäßreichen Haut, womit sie
ausgekleidet sind, ein wäßriger Duft abgeschie-
den wird, der unmerklich durch die meatus
herabfließt, und da die eigentliche Schneider-
sche Haut womit die Muscheln überzogen sind,
[Seite 241] gleichsam bethaut, und dadurch für den Ge-
ruch desto empfänglicher macht.
Ueberhaupt aber sind sie so vertheilt, und
ihre Ausgänge öffnen sich nach so verschiednen
Richtungen in die Nasenhöhlen, daß auch bey
jeder veränderten Lage des Kopfs doch immer
wenigstens die einen oder die andern ihren Duft
auf die Geruchwerkzeuge abgeben könnenc).
Der großen – und nur in sehr seltnen
Fällen beym erwachsnen Menschen fehlenden –
Schleimhöhlen, sind viere:
Zu den kleinern nicht so beständigen Höh-
len dieser Art gehören:
1) die Hallerischen cellulae orbitariae
(§. 111.)
2) der Santorinische sinus in der concha
media des Siebbeins (§. 80.)
und 3) der oben beschriebne sinulus in der
pars orbitalis des Gaumenbeins (§. 119.)
Die in die Nasenhöhle gehenden foramina
sind außer den Mündungen der Schleimhöhlen:
1. die im durchlöcherten Querblatte des
Siebbeins (§. 83.) in unbestimmter
Anzahl.
2. die orbitalia interna (§. 25.)
3. die palatina antica (§. 112.)
4. der Ausgang des canalis lacrymalis
(§. 108.)
und 5. das foramen pterygo-palatinum
(§. 120.)
Dahin gehört zuförderst die incisura
zygomatica, der so robuste Bogen, durch
welchen das Jochbein mit dem Schlafbein
befestigt wird, und welcher überhaupt viel zur
Verbindung der Gesichtsknochen mit der eigent-
lichen Hirnschale beyträgt. Ueberhaupt aber
ist er von sehr verschiedentlicher Länge und
Weite, jene hängt meist von der Form der
fossa basilaris ab (S. 100. §. 7. N. e): diese
hingegen vorzüglich von der Größe derjenigen
Gruben in der Grundfläche der Hirnhöhle,
welche die lobos cerebri medios aufnehmen.
(§. 96.) Sind diese nach außen weit ausge-
schweift, so ist die incisura zygomatica
enger, – und umgekehrt.
Die übrigen merkwürdigen Oeffnungen an
der Außenseite des Schädels sind:
2. die supraorbitalia (§. 25.)
3. die infraorbitalia (§. 112.)
[Seite 244]4. das palatinum anticum (§. 112.)
5. die palatina postica nebst den beyden be-
nachbarten Ausgängen für die kleinern
canales pterygo-palatinos (§. 120.)
6. die canales vidiani (§. 72.)
7. die fissurae orbitales inferiores (§. 72.)
8. die foramina oualia (§. 72.)
10. die Eingänge zu den canalibus caroti-
cis (§. 49.)
11. die ausgerundeten glatten Gruben für
die bulbos der venar. iugularium, und
darneben die for. lacera (§. 49.)
12. die fissurae glaseri (§. 49.)
13. die äußern Gehörgänge (§. 49.)
14. die for. stylomastoidea (§. 49.)
15. das occipitale magnum (§. 45.)
16. die condyloidea antica (§. 45.)
17. die condyloidea postica (§. 45.)
Der Unterkiefera) [maxilla inferior s.
mandibulab)] ist bey weiten der größte und
der robusteste von allen Gesichtsknochenc);
hat die bekannte parabolische Gestalt; und
steht bloß mit dem Schlafbein in Verbin-
dung, an welchem er auf die unten zu be-
schreibende Weise eingelenkt ist.
Er sängt sehr früh an zu verknöchern, und
zeigt sich schon bey sehr frühzeitigen Leibesfrüch-
ten, aus dem zweyten dritten Monat nach der
Empfängniß, in einer sehr ansehnlichen Größe,
[Seite 246] aber in einer Gestalt die von seiner nachheri-
gen noch sehr abweicht. Ueberhaupt besteht er
beym Fötus und beym neugebohrnen Kinded)
aus zwey abgesonderten Hälften, die vorn am
Kinn an einander stoßen: ist auch wegen Man-
gel hervorstehender Zähne dann noch sehr nie-
drig, zumahl an den Seitentheilen: hat dann
nur noch 12 Zahnzellen statt der nachherigen
16: u.s.w. Schon in den ersten Monaten
nach der Geburt verknöchert die synchondrosis
des Kinns aufs festestee), und mit dem nach-
wärtigen Ausbruch der Milchzähne wird auch
die anfänglich elliptische Form des Knochen
mehr und mehr zur parabolischen umgebildet.
Man theilt den ganzen Unterkiefer am füg-
lichsten in den bogenförmigen Körper, und in
[Seite 247] die flügelartigen Fortsätze die an beyden En-
den dieses Bogen in die Höhe stehen.
Jener begreift wieder das Rinnf) und
am obern Rand die untre Reihe Zahnzellen
[Seite 248] (limbus alueolaris) die in Rücksicht ihres Um-
fangs und des Bogens den sie macht vollkom-
men mit der im Oberkiefer (§. 110.) zusam-
men paßt. – Er wird zu beyden Seiten von
den daran gränzenden Fortsätzen durch den sul-
cus obliquus abgesondert neben welchem nach
innen ein rauher Rand zur Anlage des bucci-
nator hinlauft. – Vorn am Kinne an der
ehemahligen Synchondrose (§. 170.) ist auf
der innern Seite eine mehr oder minder merk-
liche stumpfe Spitze (spina mentalis interna),
die von der Anlage des genioglossus und genio-
hyoideus ausgewürkt wird; und daneben am
untern Rande zwey flache Gruben für den bi-
venter des Unterkiefers.
Die flügelartigen Fortsätze (§. 171.) fan-
gen zu äußerst nach unten mit dem großen
Winkel an, der nach dem Ohre hinaufsteigt und
dessen verschiedne Richtung so viel zum cha-
racteristischen der Gesichtsbildung beyträgtg).
Nach außen ist er flach und dient da zur
Anlage des masseter. – An der innern Seite
[Seite 249] des hintern Randes sind rauhe Eindrücke von
der Befestigung des pterygoideus internus.
Der Fortsätze worein sich dieser Flügel noch
theilt sind zwey. Der coronoideus und der
condyloideus.
Jener liegt nach vorn, und hat die Gestalt
eines flachen rückwärts gebogenen Hacken, der
von einer breiten Wurzel entspringt und oben
ziemlich spitz zulaufth). Er kommt in die
incisura zygomatica zu liegen, und dient vor-
züglich dem temporalis zur Anlage.
Sein hintrer ziemlich scharfer Rand ist
bogenförmig ausgeschnitten (incisura sigmoi-
dea) und verlauft sich in den processus condy-
loideus mittelst dessen der ganze Unterkiefer
mit dem Schädel eingelenkt ist.
Diese beiden condyli sind ein paar rund-
liche aber flachgedruckte Köpfe, die auf einem
engern Halse aufstehen, und in die Breite von
außen nach innen und zugleich in etwas nach
hinten gerichtet sind, so daß sie nicht in gleicher
[Seite 250] Linie neben einander, sondern von vorn nach
hinten stumpf convergirend laufeni).
Ueber die Art wie diese Knöpfe mit dem
Schlafbeine eingelenckt seyenk) besonders ob
sie mehr in der cauitas oder mehr am tuber-
culum articulare desselben (§. 49.) liegen, ist
[Seite 251] ehedem viel gestritten wordenl). Der Au-
genschein lehrt aber daß sie mit beyden verbun-
den sind. Bey geschloßnem Munde liegen sie
mehr in den Gruben, bey geöffneten Munde
aber werden sie mehr vorwärts gegen die
Hügel gezogen.
Im Gelenke selbst liegt eine ausgehölte
bewegliche Knorpelscheibem) (Th. I. §. 92.),
wodurch der Unterkiefer elne leichtere und aus-
gedehntere Bewegung erhält, so daß er nicht
nur im Bogen auf und nieder gehen, sondern
auch vorwärts und wieder zurück, auch seit-
wärts hin und wieder, und sogar wie im
Kreis geschoben werden kannn).
Noch sind am Unterkiefer die zweyerley
Mündungen des Canals zu merken, in welchem
der neruus maxillaris inferior vom dritten
Ast des fünften Paares, nebst den beyderley
Blutgefäßen gleiches Namens laufeno).
Nach hinten und innen nämlich, ohngefähr in
der Mitte der Seitenflügel das for. maxillare
posticump) als der Eingang dieses Canals;
von da auch noch eine Furche für den neruus
mylohyoideus nach vorn schräg herabsteigt:
und dann zum Ausgang das for. mentale s.
maxillare anticum an der Außenseite des
Kinns, vorn ohngefähr unter dem zweyten
Backenzahn.
Ohngeachtet es, wie schon Galenusa)
erinnert, eine bloße Spitzfindigkeit seyn würde,
wenn man die Zähneb) gar nicht zu den
[Seite 254] Knochen rechnen wolltec): so zeichnen sie sich
doch durch so besondre Eigenschaften von den
übrigen Knochen aus, daß ihre ganze Ge-
schichte billig besonders abgehandelt werden
mußd).
Schon ihre Substanze) unterscheidet
sie von andern Knochen. Man theilt dieselbe
wieder in die Knochenartige (substantia ossea);
und in die Schmelzartige (substantia vitrea):
denen man aber füglich noch die dritte näm-
lich die Hornartige (substantia cornea) zuzäh-
len kann.
Die substantia ossea macht bey weiten den
größten Theil eines Zahns, nämlich sein gan-
zes corpus bis auf das Ende der Wurzeln und
[Seite 255] die Glasur der Krone aus. Sie ist zwar
weicher als der Schmelz, aber doch immer weit
härter als irgend ein andrer Knochen; ohne
Markzellen; auch von ganz andern weit com-
pactern Kornf), und auf dem frischen Bruche
stralicht, mit matten Glanze, wie ein sehr
fester Zeolith: übrigens ziemlich kreiticht-
weiß, und völlig undurchsichtig.
Die substantia vitrea, oder der Schmelz,
die Glasur, das Emaille der Zähne (exter-
num inuolucrum malpigh.), ist bey weiten
der allerhärtesteg), und wie es scheint, zu-
gleich der allermindst-organisirteh) gefäßloseste
von allen festen Theilen des menschlichen Kör-
[Seite 256] pers. Nächst der Oberhaut und den Nägeln
und Haaren wohl der einzige der nicht einmahl
eine Grundlage von Schleimgewebe hat, und ver-
muthlich eben deßhalb nebst den eben gedachten
partibus similaribus auch der einzige welcher
dem Zutritt der Luft ausgesetzt seyn kann. Er
bekleidet die sogenannte Klone des Zahns, und
unterscheidet sich sehr sichtlich von der Knochen-
artigen Substanz, sowohl durch das ungleich
festere Porcellanartige Ansehn, als durch die
mehr milchweisse Farbei), und durch die
Richtung seiner Fasern, die nicht der Länge
[Seite 257] nach laufen, sondern alle nach dem Mittelpunkt
gerichtet sind, und sich auf dem Bruche ohn-
gefähr wie die am faserigen Kalksinter aus-
nehmen.
Die substantia cornea macht endlich den-
jenigen – von beyden vorhergehenden sehr
leicht zu unterscheidenden – Theil aus, womit
die Wurzeln der Zähne (und zwar der kern-
gesundesten sowohl als vieler schadhafter) zu-
mahl nach den Endspitzen zu bekleidet sind.
Er ist der weichste von allen dreyen, so daß er
sich, wenigstens weit leichter als die knöcherne
Substanz mit dem Messer schneiden läßt;
halb-durchsichtig wie ein dünnes Horn;
und von ganz andrer Farbe als die übrigen
Substanzen, fast Wachsgelb. Endlich zeigt
er auch auf dem Bruche kein faseriges Gefüge,
sondern bloß einen Fett-Glanz fast so wie
der frische Bruch des Pechsteins etc. Ein
Hauptnutze dieser Substanz ist wohl daß sie
die knochenartige der Wurzel welche von ihr
umkleidet wird, für dem Verwachsen mit der
Zahnzelle sichert.
In Rücksicht der äußern Gestalt theilt man
überhaupt jeden Zahn in seine Krone, Hals
und Wurzel.
[Seite 258] Die mit dem Schmelz überzogne Krone
ist der einzige Theil des ganzen Gerippes der
von Beinhaut entblößt und der äußern Luft
ausgesetzt ist.
Den Hals nennt man denjenigen Rand,
an welchem das Zahnfleisch anschließt.
Die Wurzel endlich, den mit der hornich-
ten Substanz bekleideten Theil, womit der
Zahn in den Zahnzellen gleichsam wie einge-
nagelt steckt (Th. 1. §. 100.)
Jeder Zahn enthält in seiner Mitte eine
kleine Höhle, die im ganzen genommen der
Form des Zahnes selbst entspricht, und sich mit
schmal zulaufenden Gängen in den äußersten
Enden der Wurzeln öffnetk).
Die Höhle selbst ist mit einer weichen Haut
ausgekleidet, die eben durch die gedachten
Gänge feine Nervenfäden und Blutgefäße
erhältl).
Man theilt die Zähne nach ihrer Lage und
der sich darauf beziehenden Bildung in drey
[Seite 259] Classenm): A) Schneidezähne; B) Eck-
zähne; und C) Backenzähne.
Die Schneidezähnen) (oder Vor-
derzähne, incisores s. primores) haben mei-
selartige Kroneno) und dünne einfache
Wurzeln.
[Seite 260] Es sind ihrer viere in jedem Kiefer; und
die im obern stehen meist vor den untern et-
was hervorp); sind auch mehrentheils breiter
[Seite 261] als diese, wenigstens das mittlere Paar.
Haben auch (so wie überhaupt die obern Zähne)
größere Wurzeln als die untern. – Daß die
aufrechte Stellung der letzteren einen Haupt-
character der Humanität ausmache ist schon
oben gedacht (S. 247. N. f)
Die Eckzähneq) (oder Spitzzähne,
Hundszähne, canini s. laniarii s. cuspidati)
[Seite 262] haben conische, stumpfzugespitzte aber überaus
robuste Kronen; und zwar auch nur einfache,
aber dabey sehr starke seitswärts zusammenge-
druckte Wurzeln, die vorzüglich bey denen im
Oberkiefer, (den sogenannten Augenzähnen)
von ansehnlicher Länge sindr).
Sie liegen zunächst an den Schneidezäh-
nen, auf jeder Seite einer, und zwar mit den
Wurzeln etwas mehr nach vorn oder außen,
daher auch ihre Zahnzellen in beyden Kiefern,
zumahl bey Kindern in etwas protuberiren.
Der Backenzähne (oder Stockzähne
molares s. malares s. genuini) sind fünfe auf
[Seite 263] jeder Seite; die aber untereinander selbst wie-
der merkliche Verschiedenheit zeigens).
[Seite 264] Die beyden vordern nämlich, die zunächst
auf die Eckzähne folgen, und die J. Hun-
ter mit dem besondern Namen bicuspides be-
legtt), haben kleinere Kronen, auf der Mitte
mit einer meist halbmondförmigen Grube; und
flachgedruckten der Länge nach tief eingefurch-
ten Wurzeln mit zwey Spitzen.
Die hintern dreye hingegen haben breite,
mehrentheils auf der Oberfläche mit einer
Kreuzfurche durchschnittne Kronen mit stum-
pfen Ecken; und zackichten Wurzeln; die im
Unterkiefer nämlich meist mit zwey Zinken, die
im obern aber gewöhnlich mit dreyenu).
Die erste Gestalt, unter welcher sich bey
der unreifen Leibesfrucht die Anfänge der
künftigen Zähne zeigen, ist die von kleinen
[Seite 265] hohlen eckichten Schalen, die in einer dicken
schleimichten gefäßreichen Haut der Zahnzellen
wie in kleinen Säckchen eingeschlossen liegenx).
Diese kleinen Schalen machen die Grund-
lage desjenigen Theils der substantia ossea
aus, der in die Krone des Zahns zu liegen
kommty).
Die vitrea wird weit später theils aus dem
häutigen Säckchen worin diese Grundlage ein-
geschlossen ist, darauf ergossenz): theils aus
der äußern Oberfläche derselben gleichsam aus-
geschwitzta).
Die substantia cornea macht den Beschluß
und wird erst nach dem Ausbruch der Kronen
zuletzt gebildet.
Die ersten oder sogenannten Milchzähne
werden bekanntlich mit den Jahren gegen die
nachherigen perennirenden Zähne gewechseltb).
Zu beyden Arten aber werden die ersten
Grundlagen schon großentheils bey der unge-
bohrnen Leibesfrucht gebildet. Die zu den
20 Milchzähnen nämlich schon in den vier
letzten Monaten der Schwangerschaft. Die
aber zu den nachwärtigen dauerhaftern Zäh-
nen theils auch schon in den letzten beyden
Monaten des Aufenthalts in Mutterleibe;
theils vollends nach der Geburt in den Kin-
derjahren.
Das Hervorbrechen der Milchzähnec)
erfolgt in den ersten Lebensjahren gewöhnlich
in folgender Ordnungd)):
[Seite 267] Zu allererst zeigen sich, meist zu Ende des
siebenten Monats das mittlere Paar der untern
Schneidezähne – und ein paar Wochen nach-
her das obere.
Wieder etliche Wochen später das äußere
Paar Schneidezähne: – ebenfalls die untern
gewöhnlich zuerst.
Zu Ende des ersten Jahres die Eckzähne.
Die Zahl der sämmtlichen Milchzähne ist
von manchen auf 20 von andern auf 24 gesetzt
wordene). Die Sache kommt darauf naus,
daß allerdings Kinder von etlichen Jahren sehr
oft schon 24 Zähne haben, nämlich drey
Backenzähne auf jeder Seite: und daß man
auch schon in den beyderley Kinnladen unge-
bohrner Kinder eben so viel Zahnzellen unter-
scheiden kann (§. 105. und 170.), daß aber
[Seite 268] auch in diesen Fällen dennoch nur 20 davon
gewechselt werden, und hingegen der äußerste
auf jeder Seite perennirend bleibt.
Sonderbar ist dabey, daß die beyden zu
wechselnden Backzähne jeder Seite sowohl in
Rücksicht der größern Kronen als der viel-
zackichten Wurzeln nicht sowohl denjenigen
Zähnen die nachher ihre Stelle einnehmen
sollen (die Hunterschen bicuspides), als den
beträchtlich größern äußersten Backenzähnen
ähneln.
Im siebenten und den folgenden Jahren
werden die Zähne gewechselt. Die Milch-
zähne nämlich fallen allgemach aus, und die
für die übrige Lebenszeit bestimmten nehmen
dagegen die Stelle derselben ein.
Den ausfallenden scheint die Wurzel wie
abgebrochen; es fehlt ihr fast die ganze sub-
stantia cornea. Man hat das ehedem so erklärt,
als ob sie durch die Krone des neuen nachsol-
genden Zahnes der herauszubrechen strebt,
gleichsam abgeschliffen würde. Das ist aber
nicht. Die Wurzel schwindet ehe sie von der
Krone des neuen Zahns berührt werden kann:
beyderley Zähne sind noch dazu anfangs durch
eine knöcherne Querwand von einander abge-
sondert: auch liegen die Zellen der neuen
[Seite 269] Zähne nicht gerade unter den Zellen der
Milchzähne, sondern ehe zwischen denselben,
und etwas mehr zurück nach hinten. – Ueber-
haupt aber werden die Milchzähne gar nicht
von den nachfolgenden fortgestoßen, sondern
von der Natur selbst als nun todte überflüssige
Theile ausgeworfenf), so wie man noch nach-
her ohngefähr das gleiche beym Verlust der
Zähne im hohen Alter, oder auch zuweilen
noch auffallender bey dem Triebe sieht, womit
die Natur zurückgebliebne Wurzelstifte von
hohlen Zähneng) aus den Zahnzellen heraus-
treibt und auswirft.
Diese nun gewechselten neuen bleibenden
Zähne sind im ganzen genommen größer und
robuster als die Milchzähne, haben zumahl
stärkere Wurzeln u.s.w. Die alleräußersten,
nämlich die sogenannten Weisheitszähne
kommen bekanntlich theils späte, (und auch
dann gewöhnlich die Untern eher als die Obern)
theils aber gar nicht zum Durchburch. Zuwei-
len fehlen sie ganz: so wie hingegen manchmahl
[Seite 270] überzählige Zähne bemerkt werden; theils gar
an ungewohnten Stellen der Kinnladenh).
Wie sie im hohen Alter endlich meist von
selbst wieder ausfallen, und was dann so wie
nach einem zufälligen Verlust derselben für
Veränderungen mit den Zahnzellen vorgehen,
davon ist schon oben (T. 1. §. 50.) gehan-
delt worden.
Das bestimmte Wachsthum der ausge-
bildeten Zähne wird durch den Druck der auf-
einander stehenden Kiefer in den gesetzten
Schranken gehalten, wie sich aus den daher
entstehenden Fassetten an den Endspitzen der
Zahnkronen, und aus dem Mangel derselben
an Zähnen die im entgegengesetzten Kiefer auf
eine Zahnlücke stoßen, ergiebti).
Jenes Abschleifen aber kann im höhern
Alter oder aus zufälligen Ursachen so stark wer-
den, daß endlich die Kronen ganz abgenutzt,
und die innere Höhle der Zähne (§. 184.) ge-
öffnet werden würde, wenn nicht die Natur
[Seite 271] diesem letztern Zufall und seinen Folgen gemei-
niglich durch den Absatz eines eignen knochich-
ten Stoffes vorbeugte, womit sie eben so all-
gemach diese Höhlen wiederum ausfülltk).
Der Schmelz der Kronen scheint sich hin-
gegen nach erlittnen Verletzungen nur sehr
schwach oder gar nicht zu reproducirenl).
Außerdem aber ist offenbar der Bildungs-
trieb an wenigen andern Theilen des Körpers
von so ausgezeichneter Bestimmtheit und
Stärke als eben an den Zähnenm).
Das Zungenbeina) (os hyoides, s. ypsi-
loides, s. gutturis, s. linguae, s. pharyngo-
theron) liegt über dem Schildförmigen Knorpel
des Kehlkopfes, unter der Zungenwurzel, um-
faßt gleichsam den Kehldeckel, und hat ohnge-
fähr die Gestalt wie ein paar in etwas diver-
girende Ochsenhörnerb).
Beym weiblichen Geschlecht ist es, so wie
der ganze Kehlkopf im Verhältniß kleiner als
beym männlichen (Th. 1. §. 114.)
Ueberhaupt aber variirt es gar sehr, so-
wohl in der Größe, als im Verhältniß und
selbst in der Anzahl seiner Theilec).
Es ist der einzige Knochen am ganzen mensch-
lichen Köper der außer aller unmittelbaren Ver-
bindung mit dem übrigen Gerippe stehtd).
Hingegen ist er durch mancherley Muskeln und
Bänder sowohl mit der Zunge, und dem Kehl-
kopf und dem Schlunde, als auch mit dem Un-
terkiefer, den Schlafbeinen, dem Brustbein
und den Schulterblättern verknüpft.
Er ist daher wie es seine Bestimmung er-
fodert, auf eine mannichfaltige, aber dabey
doch sehr bestimmte, eingeschränkte Weise be-
weglich, und dient vorzüglichst die Zunge
an ihrer Wurzel gleichsam ausgespannt zu
erhalten, und dadurch ihre Bewegung be-
sondern in Beziehung aufs Schluckene) zu
modificiren.
Bey der reisen Leibesfrucht ist er noch weit
von seiner nachwärtigen Verknöcherung ent-
fernt, da sich gegen die Zeit der Geburt nur
erst hin und wieder im Mittelschilde und in
den beyden großen Hörnern zerstreute Knochen-
kernchen zeigenf). Doch ist er schon zu Ende
des ersten Lebensjahres meist vollkommen
ausgebildet.
Gewöhnlich besteht das Zungenbein aus
fünf Stücken, die man eigentlich als eben so
viele besondere kleine Knochen ansehen kan, da
sie nur durch eine Art von Synneurosis (Th. I.
§. 101.) unter einander verbunden werden.
A) Das Mittelschild (basis) hat die
Gestalt eines kleinen niedrigen in die Breite
[Seite 276] gezogenen Schildchens, das nach außen ge-
wölbt, nach innen aber flach ausgehöhlt istg).
Die Außenseite ist höckricht, uneben, und
wird gewöhnlich durch einen erhabnen in die
Quere laufenden Rücken in zwey Flächen abge-
theilt, in die obere und untere.
Auf der obern dieser beyden Flächen sind
zwey deutliche Gruben, dicht neben einander
zur Anlage für die geniohyoideos.
Unter diesen, an dem Querrücken sitzen
die mylohyoidei.
B) Die beyden Seitenhörner (cornua
lateralia s. maiora) sitzen zu beyden Seiten
des Mittelschildes, meist an den obern schräg-
abgeschnittenen Ecken, von da sie divergirend
nach hinten laufen.
[Seite 277] Sie sind flach, wie eine Klinge theils mit
ziemlich scharfen Rändern. Zu beyden Seiten
des Mittelschildes laufen sie seitwärts nach
vornen in eine stumpfe Spitze, und sind da am
breitesten. Dann werden sie schmaler, und en-
digen sich zuletzt wieder in ein rundliches mit
Knorpelfläche bekleidetes stumpfes Knöpfchen.
Vorn auf der Fuge wo sie am Mittelschild
ansitzen, sind die stylohyoidei und die basio-
glossi befestigt.
C) Die Waizenkörner (ossicula triticea
s. graniformia s. cornicula minora) haben
den Namen von ihrer ohngefährlichen Größe
und Gestalth). Sie liegen vorn am obern
Rande, gerade auf der Fuge zwischen dem
Mittelschild und den Seitenhörnern.
Von ihnen läuft das ligamentum sus-
pensoriumi) zum Griffelfortsatz des Schlaf-
[Seite 278] beins, das zuweilen mit überzähligen ähn-
lichen knorplichen oder knöchernen Körnern
durchreiht istk).
Der zweyte Haupttheil des Gerippes und
zwar bey weitem der ansehnlichste von allen,
ist der Rumpf oder Stamma), der zur
Aufnahme der Eingeweide der Brust und des
Unterleibes dient, und weit mehr knorplichte
Stückenb) in seiner Zusammensetzung hat,
als der Kopf oder die Gliedmaßen.
Das Rückgrathc) im weitläuftigen Sinn
genommen, ist eine gegliederte Röhre, die
sich vom Nacken an bis zum After erstreckt,
[Seite 280] da sie sich unten in ein nicht-hohles zugespitz-
tes Ende verläuftd).
Diese Röhre giebt gleichsam die erste
Grundliniee) zur Bildung der neuerzeug-
ten Leibesfrucht, da sich ihre Hauptform schon
von der dritten Woche nach der Empfängniß
an, so wie der Anfang ihrer Verknöcherung
mit zahlreichen Knochenkernchen ohngefähr ge-
gen Ende des zweyten Monats zeigt.
Sie besteht eigentlich aus 29 Stücken, wo-
von 24 wahre Wirbel sind, und das eigent-
liche Rückgrad ausmachen, das auf dem
25sten nämlich auf dem Kreuzbein aufruht,
dessen unteres Ende sich zuletzt in die übri-
gen 4 nämlich in die Glieder des Kukuks-
beins verläuftf).
Das eigentlich sogenannte Rückgrath wird
wieder in die zum Hals, zur Brusthöle und
zu den Lenden gehörigen Wirbel abgetheilt, und
ist längst seines Laufs von ungleicher Stärke.
Unten nämlich, wo es vom Kreuzbein her-
aufsteigt, am stärksteng). Dann im Rücken
hinauf allgemach dünner bis oben zwischen
den Schultern. Der übrige hierauf folgende
Theil, der die Halswirbel begreift, ist wieder
unten etwas dicker und nach oben schmaler, bis
er sich zuletzt am Hinterhauptsbein mit einem
breiten Wirbel endigt.
Im Profil und in aufrechter Stellung be-
trachtet, macht das Rückgrath nach vorn eine
Art Wellenlinie, aber von sehr ungleichen
[Seite 282] Wölbungenh). Die Körper der Halswirbel
nämlich sind nur ganz flach vorwärts gewölbt.
Die an den Rückenwirbeln hingegen sind mit
einem großen flachen Bogen rückwärts ausge-
schweift; um nämlich den Raum der Brust-
höhle dadurch zu vergrößern. Der Lenden-
wirbel ihre treten in etwas vorwärts in die
Bauchhöhle hinein. Das Kreuzbein endlich
ist nebst dem Kukuksbein das mit dem untern
Ende desselben in gleicher Richtung fortläuft,
wieder nach hinten tief ausgeschweift, um die
Beckenhöhle zu erweitern.
Ganz anders hingegen und sehr von der
vorigen abweichend, läuft die Linie die man
am äußersten Ende der Dornfortsätze zieht,
da die verschiedne Richtung und Länge desselben
an den dreyerley Arten von Wirbeln, dieselbe
[Seite 283] im ganzen weit flacher und ihre wellenförmigen
Beugungen schwächer macht.
Der durch das Rückgrath laufende Canal
ist gleichsam die Fortsetzung der Hirnschalen-
höhle. Er erstreckt sich von der großen Oeff-
nung des Hinterhauptbeins bis ins Kreuzbein,
wo er sich hinten in einen offnen Ausschnitt
desselben endigt.
In den Lendenwirbeln ist dieser Canal am
weitesten, und zwar so wie in den Halswir-
beln meist dreyeckigt. In den Brustwirbeln
hingegen ist er mehr rundlicht und von der
6ten bis zur 9ten zugleich am engsteni).
Die beyden obersten Halswirbel abgerech-
net, von deren eignen Besonderheiten nachher
umständlich die Rede seyn wird, so haben die
übrigen Wirbel folgendes mit einander gemein:
Sie bestehen nämlich nach vorn aus dem
sogenannten Körper, der einem runden Cy-
linder ähnelt; seitwärts hingegen und nach
hinten wird durch den Zusammenfluß ihrer
Fortsätze der sogenannte Bogen gebildet.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr-
nen Kinde besteht jeder Wirbel noch aus drey
einzelnen Knochenstückenk): wovon das eine
den Körper, die andern beyden aber, die nach
hinten nur durch einen Knorpel miteinander
verbunden sind, den Bogen ausmachenl).
Der Körper ist von schwammichter Tex-
tur, gleichsam nur wie mit einer dichten
Knochenrinde überzogen. Auf der Rückseite
die den Canal bildet, und theils auch auf der
vordern sind ansehnliche Oeffnungen, wodurch
die ernährenden Blutgefäße desselben hinein-
tretenm).
Vom zweyten Halswirbel an liegt zwischen
den Körpern aller übrigen eine sehr elastischen)
Knorpelscheibe, (Cartilago interverte-
bralis) thelis von ansehnlicher Dicke, zumahl
an der Vorderseite, und durchgehends von
einer überaus merkwürdigen Textur. Diese
Scheiben halten das Mittel zwischen einem
Knorpel und einem Gelenkbande, da sie gleich-
sam nur eine Fortsetzung der kurzen Gelenk-
bänder sind, womit vorn die Fugen dieser
Körper kreuzweis überzogen sind. Wenn sie
horizontal durchschnitten werden, so zeigen sie
concentrische Ringe, die nach der Mitte und
etwas nach hinten zu immer weicher werden,
und daselbst wie mit einem schleimichten Kerne
gefüllt sindo), der aber doch dem Drucke weit
weniger nachgiebt als seine härteren Ränder,
und der eigentlich die Hauptstütze im Rückgrath
ausmacht, so wie hingegen die mehr elastischen
Ränder das meiste zur gelenken Biegsamkeit
desselben beytragenp).
Der Bogen an den Wirbeln ist von dich-
term Gefüge als ihr Körper, und bildet, den
obersten Halswirbel abgerechnet, bey allen
übrigen 7 Fortsätze: nämlich die beyden trans-
versos zu beyden Seiten; den spinosus nach
hinten; und zwey Paar obliquos oder die ei-
gentlichen articulares die dem Rückgrath die
meiste Haltung und Festigkeit geben, und wo-
von die obern ascendentes (s. feminei), die
untern aber descendentes (s. masculini) ge-
nannt werden.
Der Bogen macht in Verbindung mit der
Hinterseite des Körpers die große Oeffnung
zum Durchgang des Rückenmarks, die gleich-
sam als eine Fortsetzung des großen Loches im
Hinterhauptbein anzusehen ist.
Nächstdem hat jeder Wirbel ohngefähr an
der Wurzel seines processus transversus auf
jeder Seite sowohl oben als unten einen meist
halbmondförmigen Ausschnitt, der dann mit
dem auf ihn passenden ähnlichen Ausschnitt
des benachbarten Wirbels ein foramen com-
muneq) bildet, das durch die zwischen den
[Seite 287] Körpern der Wirbel liegende Knorpelscheibe
noch mehr Raum gewinnet) und deren auf
jeder Seite 25 zum Durchgange der 8 Paar
Nackennerven, der 12 Paar Rücken- oder
Brustnerven, und der 5 Paar Lendennerven
herablaufenr).
Die sämmtlichen Wirbel sind, wie es zu
ihrer nöthigen Festigkeit unumgänglich war,
durch zahlreiche und starke Gelenkbänder un-
ter einander verbunden. Die beyden obersten
Halswirbel haben einen ganz eignen Vorrath
von dergleichen Bändern, die im folgenden Ab-
schnitt beschrieben werden sollen. Die Liga-
mente der übrigen Wirbel hingegen lassen sich
unter zwey Classen bringen: nämlich A) die
gemeinschaftlichen (communia); und B) die
besondern (propria).
Die gemeinschaftlichen sind die beyden
so an der vordern und hintern Seite der Kör-
per hinablaufen: nämlich
a) Das Ligam. longitudinale anteriuss)
vom obersten Halswirbel an.
[Seite 288] b) Das Ligam. longitudinale posteriust)
(oder eigentlich wohl interius) eigentlich erst
vom dritten Halswirbel an; denn von den
beyden obersten steht es etwas ab.
Zu den besondern hingegen gehören:
a) Das interuertebraleu); das vor den
Fugen der Körper an den Wirbeln liegt, und
aus kurzen aber überaus robusten sich kreuzen-
den Fasern besteht, die sich, wie schon erwähnt,
(§. 216.) in die Knorpelscheiben zwischen die-
sen Körpern verlieren.
b) Die Ligamenta intercruraliax), hin-
ten in den Zwischenräumen der Bogen, die sich
in die interspinaliay) verlaufen, welche längs
zwischen den processibus spinosis liegen.
c) Die Ligamenta apicumz), an der
äußersten Spitze der processum spinosorum
von einem Wirbel zum andern.
Endlich d) die vorzüglich wichtigen eigent-
lichen Ligamenta articulariaa) an den bey-
derley processibus obliquis.
Die beyden obersten Halswirbel haben,
wie schon gedacht, viel auszeichnendes wo-
durch sie sich von den übrigen unterscheiden.
Einiges was über beyde zusammen gesagt wer-
den wird, bleibt bis zu Ende des folgenden
Abschnitts verspart. Erst nun von jedem ins
besondre.
Der erste dieser Wirbela) (Atlas) ist
niedrig, flach, fast ringförmigb), hat vorn
keinen sogenannten Körper wie andre Wir-
bel, und hinten keinen dornichten Fortsatz, da-
für aber zwey desto ansehnlichere robuste Sei-
tentheilec) wodurch er oben mit den Knöpfen
des Hinterhauptbeins, und unten mit dem
zweyten Wirbel in Verbindung steht.
Auch besteht er bey der Leibesfrucht und
dem neugebohrnen Kinde nicht wie andre Wir-
bel aus drey, sondern nur aus zwey Knochen-
stückend).
Statt des Körpers hat dieser Wirbel
einen kurzen wenig gekrümmten Bogen, wo-
durch seine beyden Seitentheile nach vorn ver-
bunden werden, und mitten auf der innern
oder hintern Seite desselben eine kleine runde
Knorpelfläche, an welcher sich der große Zapfen
des folgenden Wirbels mit einer ähnlichen
Knorpelfläche bewegt.
Die beyden dicken Seitentheile sind oben
und unten zu schrägen Gelenkflächen ausge-
schweift, und vertreten die Stelle der proces-
suum obliquorum an andern Wirbeln. Die
beyden obern stehen etwas weiter auseinander,
oder sind vielmehr nur etwas schmäler aber
länglichter als die untern.
Am innern oder untern Rande der obern
Gelenkflächen ist auf jeder Seite eine kleine
Grube in welcher die beyden Enden des Quer-
[Seite 291] bandes befestigt sind, das hinter dem Zapfen
des zweyten Wirbels liegt.
Die Seitenfortsätze sind von ansehnlicher
Größee): statt des dornichten Fortsatzes
hingegen (der das Drehen des Kopfs auf dem
zweyten Wirbel behindert haben würde) ist
an der Hinterseite des großen Bogen, der von
den Seitentheilen nach hinten läuft, bloß eine
kleine stumpfe Spitze. Der Bogen selbst läßt,
wenn der Kopf nicht zurückgebogen ist, eine
ansehnliche Lücke zwischen sich und dem dornich-
ten Fortsatz des zweyten Wirbelsf).
Das foramen magnum das dieser ring-
förmige Wirbel bildet, ist weit größer als an
den folgenden, da es ausser dem Rückenmarke
auch noch den Zapfen des zweyten Wirbels
aufnehmen muß.
[Seite 292] Die Löcher womit die Seitenfortsätze an
ihrer Wurzel durchbohrt sind, haben auch eine
ansehnlichere Weite als die an den übrigen
Halswirbeln, und sind zuweilen durch eine
Scheidewand verdoppelt.
Auch die Einschnitte zu den vier gemein-
schaftlichen Oeffnungen (§. 218.) die hinter
den beyden Seitentheilen liegen, sind tiefer und
laufen mehr gerade als an den folgenden Wir-
beln. Die auf der obern Seite, die zum Ein-
gange der arter. vertebralis und zum Aus-
gang des ersten Paars der Nacken-Nerven
dienen, sind zuweilen wie mit einer Brücke
wieder bedeckt, so daß sie dann ein foramen
proprium (S. 116 §. 25.) bildeng).
Dieser ganze Wirbel ist aufs genaueste mit
dem Hinterhauptbein verbundenh), dessen
[Seite 293] Knöpfe eine Art ginglymus (Th. I. §. 105)
mit ihnen bilden, und dem Kopf fast bloß in
der geraden Richtung nach vorn und hinten sich
darauf zu bewegen gestatten.
Vorzüglich dienen vier Gelenkbänderf) zu
dieser Verbindung.
Zuförderst nämlich die beyden eigentlich so-
genannten lig. articularia (s. annularia) welche
die obern Gelenkflächen des Wirbels an die
Knöpfe des Hinterhaupts befestigen:
Dann drittens das lig. obturatorium
anterius am vordern Bogen:
Und endlich viertens das obturarorium
posterius am hintern Bogen.
Der zweyte Halswirbela) (Epistropheus
s. Axis) hat eine von dem vorigen ganz auf-
fallend verschiedne Gestaltb): ist ungleich
schmäler, aber durchgehends weit robuster, und
zumahl an der vordern Seite von einer sehr
beträchtlichen Höhe und ganz eignem Bauc).
Auch besteht er bey der reifen ungebohrnen
Leibesfrucht weder wie der vorige Wirbel aus
zweyen, noch wie alle übrige aus dreyen, son-
dern aus vier Knochenkernend).
Was besonders den Körper dieses Wirbels
gleich vor allen auszeichnet, ist der zahnför-
mige Fortsatz (processus odontoides) ein ab-
[Seite 295] gerundeter Zapfen, der am obern Ende dessel-
ben emporragt, und zu einer ganz eignen Art
von Articulation dient, davon schon oben Er-
wähnung geschehen (Th. I. §. 104.). An sei-
ner vordern Seite nämlich ist eine Gelenkfläche
die auf die gedachte ähnliche Fläche des ersten
Wirbels (§. 225.) paßt, der sich nebst dem
ganzen Kopfe auf diesem Zapfen wie an einer
Angel hin und her drehen kane). Der
Zapfen sitzt gleichsam auf einem etwas schma-
lern Halse, hinter welchem das Querband im
ersten Wirbel (§. 226.) ausgespannt ist.
Unten gleichsam am Fuße des Zapfens lie-
gen zu beyden Seiten zwey gewölbte Gelenk-
flächen, auf welchen die gedachten untern Ge-
lenkflächen des obersten Wirbels (§. 226.) auf-
ruhen. Doch schließen sie nicht ganz dicht auf
einander, und man will auch zuweilen noch
eine besondre kleine Knorpelscheibe zwischen
ihnen inne liegend gefunden habenf).
Auf der untern Seite des Wirbels und
weiter nach hinten, sind ein paar andre weit
kleinere Gelenkflächen, die den schrägen her-
absteigenden Fortsätzen der übrigen Wirbel
(§. 217.) ähneln.
[Seite 296] Zwischen diesen letzten und den vorigen lie-
gen nach außen die processus transuersi dieses
Wirbels, die aber merklich kürzer sind als am
Atlas.
Hinten ragt endlich der dornichte Fortsatz
hinaus, der desto länger und dicker ist. Er
hat einen scharfen schräg hinabsteigenden
Rücken, und ein abgestumpftes theils gespalt-
nes Ende.
Die große Oeffnung in diesem Wirbel ist
doch weit enger als die im vorigen; und über-
haupt der in den folgenden Halswirbeln ähnlich.
Das Loch womit die Seitenfortsätze an
ihrer Wurzel durchbohrt sind, hat hingegen
eine ganz eigne Richtung, und öffnet sich, da
es oben von den obern Gelenkflächen (§. 233.)
meist bedeckt wird, schräg nach der Seite,
macht gleichsam ein gebognes Knie, beynah
wie der canalis caroticus im Felsenbein.
So wie überhaupt die Wirbel, und beson-
ders die am Hals aufs festeste untereinander
verbunden sind, um die sonst so furchtbar ge-
fahrvolle Verrenkungen derselben, auf alle
Weise zu verhüten: so sind dieselben nun
vollends bey den beyden obersten Wirbeln
[Seite 297] durch einen ganz eignen merkwürdigen Apparat
von mancherley festen Gelenkbänderng) bey-
nah so gut wie unmöglich gemachth).
[Seite 298] Es gehören dahin außer denen die schon
im vorigen Abschnitt benannt worden (§. 224.)
vorzüglich folgende:
a) Das ligam. suspensoriumi) von der
vordern Seite des zahnförmigen Fortsatzes,
nahe unter seiner stumpfen Spitze nach dem
vordern Rande der großen Oeffnung des Hin-
terhauptbeins.
b) Die beyden ligam. lateraliak) (s.
alaria Maucharti) ein paar kurze robuste
Bänder die oben zu beyden Seiten des Zapfen
ansitzen und zum vordern und äußern Theil
des gedachten for. magni laufen.
c) Das schon erwähnte Querbandl)
(ligam. transversum atlantis s. cruciforme
[Seite 299] Maucharti) hinter dem Halse des Zapfen
(§. 226. 232.) das allerdings auch aufwärts
am Hinterhauptbein und niederwärts am Kör-
per des zweyten Wirbels befestigt ist, um
allem Druck des Zapfen aufs Rückenmark
vorzubeugen.
d) Das ligam. vaginale (s. capsulare)
wodurch die Gelenkfläche vorn am Zapfen des
Epistropheus mit der an der Hinterseite des
vordern Bogens am Atlas verbunden wird.
Die übrigen fünf Halswirbela) bilden zu-
sammen gleichsam einen abgestumpften Kegel,
und sind überhaupt kleiner als die andern
folgenden Wirbel, aber wie es scheint von
einem desto dichtern festern Kornb).
Ihre Körper sind nach vorn nicht stark
gewölbt und hervorragend wie die an den
Rückenwirbeln, sondern weit flacher, um dem
Schlunde der zwischen ihnen und der Luftröhre
hinabsteigt mehr Raum zu lassen.
Auf ihrer obern Fläche erheben sie sich zu
beyden Seiten in zwey ansehnliche Fortsätzec),
die in ein paar darauf passende Vertiefungen
des darüberstehenden Wirbels eingreifen und
auch hierdurch die Festigkeit des Nackens ver-
stärkend).
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel
haben eine schiefere Richtung als die am übri-
[Seite 302] gen Rückgrath; auch ist bey ihnen und bey
den gleichen Fortsätzen an den Rückenwir-
beln der scharfe Rand nach außen gekehrt,
nicht wie bey den Lendenwirbeln nach vorn und
hinten; so wie auch ihre Flächen mehr eben
und nicht wie an den Lendenwirbeln gewölbt
und vertieft sind.
Die Seitenfortsätze sind erstens so wie
an den obersten beyden Wirbeln an der Wurzel
mit der Oeffnung zum Durchgang der Wirbel-
blutgefäße durchbohrt, so daß sie zusammen
nach vom gleichsam einen durchbrochnen Canal
bildene): zweytens aber haben sie das beson-
dre, daß sie auf der obern Seite wie eine
Dachrinne oder Schnepfe ausgefurcht sind und
gleichsam nach vorn und hinten zwey besondre
Fortsätze bilden, zwischen welchen diejeni-
gen Nackennerven, aus welchen die großen
Stämme der Armnerven gebildet werden, her-
austreten; daher auch manche Zergliederer
neun Fortsätze an diesen Wirbeln gezählt haben.
Der Dornfortsatz ist an diesen Wirbeln,
zumahl an dem 3ten, 4ten und 5ten kurz und
breit, damit der Kopf bequem zurückgebogen
werden kann, meist auch am Ende wie gespal-
ten, und nach unten etwas ausgefurcht. Bis
herunter zum 5ten Wirbel ist das hintre Nacken-
band vom Hinterhauptsbein daran befestigt.
Der unterste Halswirbel zeichnet sich noch
durch einige Besonderheiten von den übrigen
aus. Er hat einen mehr hervorragenden ge-
wölbten Körper (daher er auch vertebra pro-
minens genannt wird), und macht überhaupt
auch in Rücksicht seiner übrigen Structur den
Uebergang zu den Rückenwirbeln. – Am
untern Rande seines Körpers hilft er zuweilen
schon in Verbindung mit dem ersten Rückenwir-
bel die Gelenkfläche zur Aufnahme des ersten
Rippen-Paares bilden: Auch fehlt zuweilen an
seinen Seitenfortsätzen das Loch für die Wirbel-
blutgefäße: und diese Fortsätze sind auch am
Ende nicht mehr so auszeichnend wie eine
Rinne ausgefurcht als die obern. So ist auch
der Dornfortsatz dieses Wirbels schon weit län-
ger als an den vorigen und überhaupt dem an
den Rückenwirbeln änlicher u.s.w.
So wie der Kopf auf dem obersten Hals-
wirbel vor und rückwärts gebogen, – und
auf dem zweyten wie in einer Angel hin und
her bewegt werden kann: so dient ihm nun
die gemeinschaftliche Verbindung der übrigen
Halswirbel sowohl jene beyden Arten von Be-
wegung noch zu verstärken als auch ihm die
Seitenbeugung nach den Schultern zu gestatten.
Die zwölfa) Brust- oder Rückenwir-
belb) (vertebrae thoracis s. dorsi) sind
unter allen am ganzen Rückgrath am mindesten
beweglichc), haben die dünnesten Knorpel-
scheiben zwischen ihren Körpern, und über-
haupt manches auszeichnendes, das sich auf
ihre Verbindung mit dem übrigen Thorax,
zumahl auf die Einlenkung der Rippen an den-
selben beziehtd).
Die Körper dieser Wirbel halten in
Rücksicht der Größe das Mittel zwischen den
Hals- und Lendenwirbeln. Sie haben plat-
tere – nicht so ausgeschweifte – Oberflächen
als die Halswirbel. Die beyden obersten sind
nach vorn gleichsam platt gedruckt, wie die an
den Halswirbeln; die drey darauf folgenden
hingegen wie an den Seiten zusammenge-
drückt und überhaupt die allerschmälsten am
ganzen Rückgrath.
An diesen Körpern der Brustwirbelsäule
steigt der ductus thoracicus herauf; der
unten meist beym dritten Lendenwirbel als so-
genannte (aber selten durch eine beträchtliche
Weitung zu unterscheidende) cisterna chyli
anfängt, und oben bey den untersten Hals-
wirbeln bogenförmig nach der linken vena
subclauia herabsteigte).
Was sie aber am meisten auszeichnet sind
an ihrem hintern Rande, wo sich der Bogen
dieser Wirbel anfängt, die kleinen Knorpel-
flächen (facies articulares s. sinus laterales)
zur Aufnahme des innern Gelenkkopfes (capi-
tulum) der Rippen.
[Seite 306] Bey einigen Wirbeln sitzt die ganze Knor-
pelfläche am Körper selbst (sinus proprius).
Bey den übrigen hingegen gleichsam in der
Fuge zwischen zwey und zwey auf einander
liegenden Körpern. (sinus communes.)
Der erste dieser Wirbel und dann die bey-
den untersten haben sinus proprios. Doch
stößt bey jenem der sinus zuweilen auch noch
oben an den letzten Halswirbel (§. 239.) und
unten macht er auch wohl mit dem darunter
liegenden zweyten Wirbel einen sinus commu-
nis: dergleichen überhaupt bey den übrigen 9
Rückenwirbeln zu finden.
Die schrägen Fortsätze dieser Wirbel
stehen mehr aufrecht als an den Halswirbeln,
aber auch so wie bey diesen mit den Flächen
nach vorn oder hinten gekehrt.
Die Seitenfortsätzef) entspringen gleich-
sam aus den vorigen: sie sind stark und lang;
doch bey den obersten Wirbeln kürzer, bey
dem siebenten hingegen meist am längsten.
Weiter hinunter nimmt ihre Länge wieder ab,
und bey den beyden untersten sind sie am aller-
kürzesten. Sie endigen sich sämtlich in merk-
[Seite 307] lich dicke Knöpfe: wovon die an den beyden
untersten Wirbeln fast wie in einen halben
Mond ausgeschnitten sind. Ohngefähr von
der 4ten bis zur 11ten läuft ein eignes Band
längs von einem dieser Knöpfe zum andern
herabg).
Besonders sind aber am Ende der Seiten-
fortsätze an den zehn obern Wirbeln andre,
mehr oder weniger vertiefte Knorpelflächen zu
merken, in welchen die äußern und hintern
Gelenkknöpfe (tubercula) der Rippen anliegen.
Von den Dornfortsätzenh) dieser Wir-
bel liegen die drey oder vier obern ziemlich
gerade aus und stehen merklich von einander
ab. Die folgenden 6 hingegen laufen sehr
schräg herunter, und stoßen daher fast dicht
auf einander. – Die letzten endlich liegen
wieder meist horizontal und ähneln überhaupt-
schon denen an den Lendenwirbeln, nur daß sie
dünner sind. Im ganzen sind diese Fortsätze
fast prismatisch haben wenigstens oben einen
scharfen Rückeni).
Ueberhaupt sind die gemeinschaftlichen
Seitenöffnungen zwischen diesen Wirbeln, zum
Durchgange der Rücken- oder Brustnerven
enger als die zwischen den Halswirbeln.
Auch die großen Oeffnungen die den Canal
fürs Rückenmark bilden sind bey diesen Wir-
beln, zumahl von dem 6ten bis zum 9ten am
engsten.
So wie der letzte Halswirbel auch in Rück-
sicht seines Baues den Uebergang zu den
Brustwirbeln macht, so macht der unterste
Brustwirbel gleichsam den zu den Lenden-
wirbelnk).
Besonders stehen seine beyderley schrägen
Fortsätze in ganz entgegengesetzter Richtung.
Die aufsteigenden nämlich, wie bey den übri-
gen, mit der Fläche nach hinten: die herab-
steigenden hingegen mit der Fläche nach außen,
wie bey den Lendenwirbeln; auch ist diese
Fläche schon wie bey diesen in einen runden
Rücken gewölbt.
Die fünfa) Lendenwirbelb) machen das
untere Ende des eigentlichen Rückgraths ausc).
[Seite 310] Sie sind die robustestend) und zugleich bey
der vorzüglichen Dicke der Knorpelscheiben
zwischen ihren Körpern, die beweglichsten
von allen.
Ihre Körper sind sehr merklich dicker als
die an den vorigen Wirbeln und auf der untern
Fläche, zumahl nach hinten, flach ausgehöhlt.
Vorn sind sie höher als hinten, wie es das
Gleichgewicht bey der obgedachten natürlichen
Beugung des Rückgraths (§. 211.) und die
natürliche Bestimmung des Menschen zum
aufrechten Gange erfoderte.
Die schrägen Fortsätze verdienen hier
bey den Lendenwirbeln kaum diesen Namen,
da sie fast ganz senkelrecht stehen. Sie sind
überhaupt robust, und haben eine ganz andere
Richtung als die an den übrigen Wirbeln,
nämlich mit den Rändern nach vorn und hin-
ten gekehrt. Die obern sind wie eine Rinne
ausgefurcht. Die untern hingegen die auch
enger an einander stehen, haben cylindrisch ge-
wölbte Gelenkflächen.
[Seite 311] Die Seitenfortsätze entspringen gleichsam
aus dem Körper und aus den schräg aufsteigen-
den Fortsätzen, und sind ein wenig zurück ge-
bogen. Die an den beyden obern Lendenwir-
beln sind kurz; die an der dritten länger;
die an den beyden untersten hingegen wieder
kurz und theils auch dünner und stumpf zuge-
spitzt. – Alles um die Seitenbewegung des
Körpers zu erleichtern.
Zuweilen – aber sehr unbeständig –
finden sich zwischen diesen Seitenfortsätzen und
den schräg aufsteigenden, nach hinten zu, noch
die sogenannte processus accessoriie), derhal-
ben manche Zergliederer den Lendenwirbeln 9
Fortsätze haben zuschreiben wollen.
Der Dornfortsatz ist bey diesen Wirbeln
kurz, aber breit, flach zusammengedruckt, nach
oben und unten wie mit einer Schneide und am
Ende gleichsam stumpf abgeschnitten. Am
[Seite 312] ersten und letzten Wirbel ist er am kürzesten,
und hat bey allen eine fast horizontale Lagef).
Der unterste Lendenwirbel hat so wie
der unterste Hals- und Brustwirbel auch et-
was eignes auszeichnendes. Sein Körper
nämlich ist vorn auffallend höher als hinten
und bildet daher durch seine Verbindung mit
dem Kreuzbein in der Fuge zwischen beyden
das sogenannte Vorgebürge. Seine herab-
steigenden schrägen Fortsätze aber haben meist
wieder die Richtung wie bey den Brustwir-
beln, nämlich mit der Fläche nach vorn ge-
kehrt, und stehen auch weiter auseinander
als die an den andern Lendenwirbeln.
Das Kreuzbeina) oder heilige Bein
(os sacrumb), s. latum s. os clunium) ist
bey weitem der allergrößte Knochen am Rück-
grathc), von schwammichter leichter Textur,
nach vorn ausgeschweift und ziemlich glatt,
nach hinten gewölbt und rauh und uneben;
im Ganzen ohngefähr von der Gestalt einer
gekrümmten am Ende stumpf zugespitzten keil-
förmigen Schaufel.
Am weiblichen Gerippe ist er mehrentheils
flacher und minder stark gekrümmet als am
männlichend).
Er ist hinten zwischen die Hüfftknochen
eingekeilt, hilft die Beckenhöle bilden, und
[Seite 315] ist gleichsam der Fuß worauf das ganze Rück-
grath, und mit diesem auch Brust und Kopf
und Arme ruhen.
Gewissermaßen ist das Kreuzbein ein zu-
sammengesetzter Knochen, der nämlich aus
fünf [– seltner aus sechs –e)] wirbelähn-
[Seite 316] lichen Stücken wie in eins geschmolzen scheint,
die man an jugendlichen Subjecten, zumahl
[Seite 317] auf der ausgeschweisten Vorderseite zu unter-
scheiden glaubtf).
Im Grunde aber besteht doch schon die
knorplichte Grundlage dieses Knochen, bey der
ungebohrnen Leibesfrucht aus einem einzigen
Stückeg), in welchem man gegen die Zeit der
Geburt 21 Knochenkernchen unterscheiden kann.
[Seite 318] Fünfe nämlich für jedes der drey obern wir-
belähnlichen Stücke, von welchen das mittlere
den Körper derselben; zweye die zu beyden Sei-
ten nach vorn liegen, gleichsam die Seitenfort-
sätze; und zwey größere die eben so nach hinten
liegen, die schrägen Fortsätze bilden. – Die
beyden untersten Stücken hingegen haben wie
die Wirbel des eigentlichen Rückgraths jeder
nur drey Knochenkernchen.
Derjenige Theil der wirbelähnlichen Stücke
der die Körper derselben vorstellt, ist flach
und in der Kindheit und Jugend durch Knor-
pelscheiben wie in Absätze getheilt, die zwar
gegen die Zeit der Mannbarkeit meist verwach-
sen, doch daß sich die Spuren davon oft noch
sehr kenntlich bis ins höhere Alter erhalten.
Der oberste dieser Absätze bildet nach oben
eben so eine breite Gelenkfläche wie die an den
eigentlichen Wirbeln des Rückgraths.
Der unterste hingegen verläuft sich in eine
abgestumpfte Spitze mit einer in die Quere lie-
genden Gelenkfläche, an welcher das erste Glied
des Kuckucksbeins anliegt.
Die sämmtlichen Fortsätze an diesen wir-
belähnlichen Stücken sind wie zusammenge-
[Seite 319] flossen und undeutlich. Nur die zwey schräg-
aufsteigenden am obern Ende ausgenommen,
die mit ihren ausgeschweiften ansehnlichen
Flächen nach hinten und innen gerichtet sind,
und in die schräg herabsteigenden Fortsätze des
untersten Lendenwirbels einlenken.
Die übrigen schrägen Fortsätze beyderley
Art sind wie in rauhe Knoten verwachsen, die
auf der Hinterseite des Kreuzbeins paarweise
von oben nach unten convergiren.
Die Seitenfortsätze sind am allerunkennt-
lichsten, da sie in die dicken breiten Seiten-
theile des Knochen zusammen schmelzen. Das
oberste Paar macht vor den gedachten schräg-
aufsteigenden Fortsätzen ein paar breite Flügel,
deren oberer und hinterer Rand mit den Sei-
tenfortsätzen des letzten Lendenwirbels parallel
laufen, und einen Zwischenraum lassen, durch
welchen der letzte Lendennerve hervortritt, ihr
vorderer Rand hingegen steigt an dem Vorge-
bürge (§. 249.) seitwärts herunter, und
verläuft sich in die stumpfe Grenzlinie, (linea
innominata) welche das sogenannte große
Becken von dem kleinen scheidet.
Die beyden obersten wirbelänlichen Stücke
des Kreuzbeins sind zu beyden Seiten mit-
telst der sogenannten Symphysis sacro-iliaca
zwischen den Hintertheilen der ungenannten
Beine eingekeilt. Diese Knorpelfläche selbst
[Seite 320] ist flach ausgefurcht und hat ohngefähr einige
Aenlichkeit mit dem Umriß eines Menschen-
ohres.
Von den Dornfortsätzen sieht man ge-
wöhnlich nur an den drey obern wirbelähnlichen
Stücken des Kreuzbeins kenntliche Spuren.
Weiter herunter sind sie meist wie in eine di-
vergirende Spalte auseinander getrieben, deren
Ränder zu beyden Seiten herab mit etlichen
kleinen Knoten besetzt sind, wovon die unter-
sten wie ein paar ganz kurze stumpfe Spitzen
hinabragen, und gleichsam ein paar schräg
herabsteigende Fortsätze vorstellen, die an die
schräg heraufsteigenden des ersten Gliedes vom
Kukuksbein stoßen.
Nach hinten läuft durch das Kreuzbein der
Länge herab ein dreyeckter Canal, der das
Ende der ganzen Rückgrathshöle ausmachth).
Nach oben ist er weit und seine Mündung
schräg, von vorn nach hinten und unten wie
abgeschnitten. Unten verliert er sich in die ge-
dachte divergirende Spaltei).
Gegen die Mitte ist das Kreuzbein der
Länge herab mit vier Paar ansehnlichen con-
vergirenden Oeffnungen durchbohrt, die zu
beyden Seiten neben den gedachten Fugen
(§. 254.) liegen, welche die Körper der wir-
belähnlichen Stücke abtheilen.
Nach vorn sind diese Oeffnungen größer,
und verlaufen sich nach außen wie in eine Trich-
terförmige Mündung, die zum Durchgange der
Kreuznerven dientk).
Nach hinten sind sie enger, ihre Ränder
rauher etc. und größtentheils mit Beinhaut
verschlossen.
Das Kuckucksbeina) (os coccygis) oder
Steisbein hat den erstern Namen von der
Aenlichkeit die man in seiner schwachgekrümm-
ten Hakenförmigen Gestaltb), mit dem
Schnabel jenes Vogels zu finden gemeint hat.
Es besteht gewöhnlich aus vierc) Stücken,
die im natürlichsten Zustand auch beym er-
[Seite 323] wachsenen Menschen nicht zusammenverwach-
send), sondern durch eine wahre Symphysise)
[Seite 324] (Th. I. §. 101.) mit einander verbunden, mit-
hin etwas nachgiebigf) sind.
Auch sind schon bey der ungebohrnen Lei-
besfrucht vier einzelne Knorpel, – nicht wie
beym Kreuzbein nur ein einziger gemeinschaft-
licher, – zur Grundlage ihrer nachherigen
Verknöcherung vorräthigg).
Diese vier Stücke machen gleichsam einen
Anhang des Kreuzbeins aus, laufen mit dessen
unterm Ende in gleicher Richtung fort, ragen
von hinten in die untre Oeffnung des Beckens
hinein, und dienen besonders dem Mastdarm
zur Stützeh).
Das oberste Stück ist bey weitem das
größeste, von ansehnlicher Breite, und beym
vollkommensten Baui) mit zwey Paar deut-
lichen Fortsätzen versehen, nämlich mit zwey
kurzen stumpfen Seitenfortsätzen, und dann
nach hinten mit zwey emporragenden längern
und spitzern, welche gleichsam die Stelle der
schräg aufsteigenden Fortsätze an den vorigen
Wirbeln vertreten, und nach den beyden gedach-
ten ähnlichen Fortsätzen am hintern und un-
tern Theile des Kreuzbeins (§. 255.) gerich-
tet sind. An den übrigen drey Stücken die
an Größe in der Folge ihrer Verbindung immer
mehr abnehmen, sieht man nur schwache min-
der kenntliche Spuren von Seitenfortsätzen,
außer diesen aber gar keine andere.
Die sämmtlichen vier Stücke des Kukuks-
beins sind übrigens ganz dicht, ohne durch-
laufenden Kanal und ohne andre bestimmte
Oeffnungk).
Die beyden ungenannten- oder Hüft-
knochena) (ossa innominata, s. anonyma,
s. coxarum) sind die größten von allen flachen
Knochen des ganzen Gerippes; nach oben und
hinten mehr breit und schön ausgeschweift,
nach unten und vorn massiver, mehr conver-
girend und theils durchbrochen und ausge-
höhltb).
Vorn sind sie durch ein Knorpelband mit
einander verbunden, hinten fassen sie das
Kreuzbein zwischen sich: und bilden mit diesem
und dem Kukuksbein die sogenannte Becken-
höhle. In ihren Hüftpfannen sind die Schen-
kelknochen eingelenkt.
Bey der Leibesfrucht und dem neugebohr-
nen Kinde bestehn sie aus drey abgesonderten
Knochenkernenc) die in der Hüftpfanne zu-
sammenstoßen, und erst ohngefähr im sieben-
[Seite 328] ten Lebensjahr zusammen verwachsen; doch
daß auch oft noch später und selbst zuweilen
bis gegen die Zeit der Mannbarkeit die Spu-
ren dieser Verwachsung merklich bleiben.
Eben nach der Lage dieser anfänglichen
dreyen Knochenkerne wird nun auch überhaupt
jedes ganze ungenannte Bein, wieder in eben
so viele Abschnitte eingetheilt, die man mit
den Namen von besondern Knochen belegt.
Die beyden obern großen ausgebreiteten
Theile nämlich, die Hüftknochen (ossa ilium).
Die mittlern vordern aneinanderstoßenden,
die Schaambeine (ossa pubis s. pectinis).
Die nach unten herabsteigenden, die Sitz-
beine (ossa ischii s. coxendicis).
Von allen dreyen insbesondre. Zuerst vom
Hüftknochen, der bey weitem den größten
Theil des ungenannten Beins ausmacht.
Er variirt gar sehr in der Dicke; zu-
mal nach dem mittlern Theil zu: und das
zwar, wie es scheint, ohne bestimmte Bezug
auf Geschlecht oder Alter.
Die Außenseite oder der sogenannte
Rücken dieses Knochen ist flacher, und hat nur
[Seite 329] ein paar ganz schwache wellenförmige breite
Eindrücke und Erhabenheiten.
Die innere Seite wird in zwey ungleiche
Hälften abgetheilt, die in einem stumpfen
Winkel (cubitus alb.) aneinander stoßen.
Die hintre dieser beyden Hälften (plani-
ties articularis) ist bey weitem die kleinere und
wird durch einen scharfen Rand von der vor-
dern abgesondert. Sie dient zur festen Ver-
bindung mit dem Kreuzbeind), (symphysis
sacro–iliaca) und hat daher nach vorn, wo
sie an den gedachten scharfen Rand stößt, einen
etwa daumenbreiten etwas erhabnen rauhen
Wulst, ohngefähr vom Umriß eines Men-
schenohres, der auf die völlig änliche flach
ausgefurchte Knorpelfläche des Kreuzbeins
paßt, deren oben gedacht worden (§. 255).
Nach hinten ist der übrige größere Theil dieser
Hälfte ebenfalls rauh und uneben.
Die vordre Hälfte der innern Seite des
Hüftbeins ist ungleich größer als jene hintre,
glatter, und nur gegen die Mitte zu ganz
flach ausgeschweift. Nach unten stößt sie an
den stumpfen Rücken (linea innominata) der
[Seite 330] von den Vorgebürge des Kreuzbeins hier fort-
setzt. (§. 249. 255.)
Nun die Ränder dieses Knochen. –
Der obere, größte, (crista ilei) ist fast eine
Spanne lang, bogenförmig und bey jugend-
lichen Subjecten mit einer schmalen Leiste be-
legt, die oft noch bis in die Jahre der Mann-
barkeit als eine Epiphysis nur wie angeleimt
scheint. Sie bildet die eigentlich sogenannten
Hüften, ist hinten wo sie über dem Kreuzbeine
hinausragt am dicksten; in der Mitte ihres
Laufs am dünnesten: und endigt sich vorn in
eine stumpfe Ecke (tuberculum s. spina supe-
rior ilei). – Von da steigt der vordere
kleinere Rand mit einem halbmondförmigen
Ausschnitt bis zu einem stumpfen Hügel (spina
inferior ilei) herab, der gerade über dem
obern Rande der Hüftpfanne hervorragt.
Unten, gleichsam am Fuße dieses Hügels
stößt der Hüftknochen mit dem Schambein
zusammen, und macht in der Fuge einen ganz
flachen Eindruck, über welchem der Fallopi-
schee) oder Poupartischef) sehnichte Bo-
gen der schrägen Bauchmuskeln ausgespannt
istg), der die großen Schenkelblutgefäße
aus dem Becken herausläßth).
Das Schambein oder Schoosbein
oder Schloßbein, macht den zweyten und
kleinsten Haupttheil des ungenannten Beins
aus, und besteht aus einem robusten auswärts
mehr prismatischen Querstück und einem davon
vorn herabsteigenden platten Stücke.
Jenes (ramus superior s. transuersalis
s. horizontalis) fängt von der vorgedachten
Fuge (§. 267.) und vom vordern Rande der
Hüftpfanne an und macht nach oben einen flach
ausgeschweiften Bug, der sich vorn nahe an
der Synchondrose der Schaambeine in eine
stumpf hervorragende Ecke tuberculum spino-
sum pubis endigt. – Ueber diesem Bug,
ohngefähr in der Mitte, liegt der sogenannte
Bauchring oder Spalte in den äußern schrägen
Bauchmuskelni), durch welchen bey Manns-
personen die Samenschnur und beym andern
Geschlecht die runden Mutterbänder heraus-
tretenk).
Unter dem gedachten tuberculo spinoso
steigt dann das andre Stück nach unten und
nach außen herab, so daß damit die beyden
[Seite 332] Schambeine zusammen unter der Synchon-
drose den großen Bogen bilden, der beym
weiblichen Gerippe in einen stumpfen Winkel
ausgeschweift und mehr nach vorn ausgebogen
ist, und schärfere Ränder hat, als beym männ-
lichenl).
Beyde Schambeine sind durch die merk-
würdige Synchondrose mit einander verbun-
den, die neuerlich durch den kühnen Versuch sie
bey manchen Arten von schweren Geburten
zu durchschneidenm), so allgemein berühmt,
und bey der Gelegenheit ihr wahrer Bau
näher untersucht wordenn). – Es besteht
dieselbe aus einer länglichten schmahlen vertica-
len Knorpelscheibeo), die in ihrem ganzen
[Seite 333] Bau die größte Aehnlichkeit mit den horizon-
talen Knorpelscheiben hat, die zwischen den
Körpern der Rückgrathswirbel liegenp)
(§. 216). Sie ist von außen eben so mit einem
sehnichten Bande umwunden, wird eben so
nach der Mitte zu weicher und verliert sich
endlich eben so in eine Art von gallertigen
schleimichten Kern, aus welchem das flüßige
[Seite 334] resorbirt werden kann, da er dann gleichsam
eine hohle Spalte in seiner Mitte zu haben
scheintq). – Am weiblichen frischen Becken
ist diese Knorpelscheibe etwas niedriger als am
männlichen, aber desto breiter; auch der Wulst
den das sehnichte Band um selbige nach vorn
und hinten macht stärker gewölbt.
Das noch übrige letzte Drittel des ganzen
ungenannten Beins das in der Größe ohnge-
fähr das Mittel zwischen den beyden vorigen
hält, macht endlich das Sitzbein aus (os
ischii) an welchem selbst wieder der vordere,
untere, und hintere Theil unterschieden wer-
den kann.
[Seite 335] Der vordere und bey weitem kleinere Theil
desselben (ramus anterior) stößt an den Scham-
beinbogen, und ist gleichsam eine Fortsetzung
des gedachten herabsteigenden platten Stückes
des Schambeins.
Der untere (tuber ischii) ist dick, kolbicht,
knorricht, und ist eigentlich der, auf welchem
man sitzt.
Beyde, er und der vorige, sind so wie der
große Bogen des Hüftbeins, bis gegen das
männliche Alter mit einer langen Leistenartigen
Epiphyse eingefaßt.
Der hintere Theil (ramus posterior) ist
der größte und stärkste von allen; dessen äuße-
rer Rand, vom tuber ischii an, rückwärts
hinauf bis zum hintern Ende des großen Hüft-
beinbogens gerechnet wird, und zwey ansehn-
liche Einschnitte von ungleicher Größe und
Tiefe bildet. – Der untere Einschnitt (luna:
alb. s. incisura ischiadica inferior) ist klein
und flach, und dient den daran vorbeylaufen-
den obturator internus aufzunehmen. – Er
wird durch eine scharf hervortretende Ecke
(spina) von dem andern Einschnitt abgeson-
dert. – Dieser (incisura ischiadica superior),
der aber eigentlich zum Hüftbeine gehört und
vielmehr incisura iliaca heißen sollte, ist sehr
tief elliptisch ausgeschnitten, liegt zwischen der
Hüftbeinpfanne und dem hintern Ende des
[Seite 336] Hüftbeins, (von welchem sich oben die Beschrei-
bung des ganzen ungenannten Beins anfieng,)
und dient zum Ausgange des großen ischiadi-
schen Nerven, und zweyer ansehnlichen Schlag-
adern, der iliaca posterior (s. glutaea) und
der ischiadicar).
Die Hüftpfannes) (acetabulum) mit-
telst deren der ganze übrige Körper auf den
Schenkelknochen ruht und von denselben getra-
gen wird, liegt gerade da, wo im unreifen
Alter die drey Stücke des ungenannten Beins
zusammenstoßent). Ihre Richtung ist schräg,
mit dem obern ziemlich scharfen Rande (super-
cilium) nach außen hervorstehend, der zugleich
die allerdickste Stelle des ganzen ungenannten
Beins ausmacht.
Die Höhlung her Pfanne selbst ist auf ihrem
Boden und nach dem innern und untern Rande
durch eine kleinere aber tiefere Grube unter-
brochen, und dadurch gleichsam in zwey un-
gleiche Hälften abgesondert. Die obere und
[Seite 337] äußere ist von einer meist halbmondförmigen
Gestalt, und mit einer knorplichten Gelenk-
fläche ausgeglättet. Die untere und innere ist
rauh und verläuft sich an ihrem untern Rande
in einen tiefen Einschnitt (incisura acetabuli)
der hinter dem untern Ende jener halbmond-
förmigen Knorpelfläche herabsteigt, und mit
einer vorgespannten knorpelartigen Sehne be-
deckt wirdu).
So wie die äußere Knorpelfläche das ei-
gentliche Gelenk ausmacht an welchem sich der
Schenkelkopf bewegt, so dient die rauhe
innere Grube zur Aufnahme Haversischer
Drüsen deren Gelenkschmiere diese Bewegung
erleichtert.
Endlich ist auf dem Boden der innern
Grube nach unten noch eine rauhe kleine Ver-
tiefung zu merken, in welcher das runde kurze
Band ansitzt, dessen andres Ende auf dem
Schenkelkopf befestigt istx).
Neben der Hüftpfanne nach vorn und un-
ten, wird durch die Verbindung des Scham-
beins und Sitzbeins das sogenannte eyförmige
Loch (foram. magnum ovale) – das aller-
größte foramen proprium am ganzen Ge-
rippe – gebildet, das am weiblichen Becken
meist merklich größer ist als am männlichen.
Es hat ohngefähr die Gestalt eines ungleich-
seitigen Dreyecks, dessen längste Seite vor der
Hüftpfanne, die kürzeste aber unter dem
Schambeine liegt.
Im obern Winkel zwischen jenen beyden
Seiten ist eine flache Furche zum Durchgange
für den neruus obturatorius und die Blutge-
fäße gleiches Namens. Das übrige dieser
großen Oeffnung ist mit einer sehnichten Haut
verschlosseny).
Durch die Verbindung der in den drey
letztern Abschnitten beschriebenen Knochen,
wird das sogenannte Becken gebildet, eine
offne Höhle, die (das etwas nachgiebige Ku-
kuksbein ausgenommen) aus unbeweglich un-
tereinander verbundnen Stücken zusammen-
gesetzt ista).
Man theilt das Becken wieder in seinen
obern nach hinten breitausgeschweisten Rand
(labra peluis) oder das große Becken: und
in seine untre Höhle, oder das kleine – oder
im engern Sinne eigentlich sogenannte –
Becken.
Beyde werden von einander durch den
stumpfen Rand (linea innominata) abge-
sondert, der vom Vorgebirge des Kreuzbeins
(§. 249. 255.) abwärts unten am Hüftbeine
vorbey (§. 261.) sich nach dem obern und
innern Rande der Schambeine verläuft.
Diese Form des Beckens ist dem Men-
schen so ausschließlich eigen, daß man, so pa-
radox es auch klingt doch behaupten kann daß
außer ihm gar kein anders Thier ein Becken
(das nämlich seiner Bildung nach diesen Namen
verdient) habeb). Bey ihm entspricht hin-
[Seite 341] gegen jene auffallend ausgezeichnete Form
seiner Bestimmung zum aufrechten Gange
aufs vollkommenste, da der breit ausge-
schweifte obre Rand des sogenannten großen
Beckens die benachbarten Gedärme unterstützt
und ihren sonstigen Druck auf die im kleinen
Becken enthaltnen Eingeweide abhält oder
doch mindert etc.c).
Im kindlichen Alter und den ersten Jugend-
jahren ist die Verschiedenheit zwischen den
Becken der beyden Geschlechter noch kaum
merklich.
Erst gegen die Zeit des vollkommnen
Wachsthums zeigt sich das weibliche Beckend)
auf die schon mehr berührte Weise geräumiger
und weitere) als das männliche, so wie es
alsdann die Bestimmung des andern Ge-
schlechts zur Empfängniß, zur Schwanger-
[Seite 342] schaft und besonders endlich zur Niederkunftf)
erfordertg).
Die merkwürdigsten Dimensionen eines schön
geformten musterhaft regelmäßigen weiblichen
[Seite 343] Beckens aus den Jahren der Mannbarkeit ver-
haltensich folgendermaßen:
Querdurchmesser des großen Beckens da wo
die Hüften am breitsten sind = 11 Zoll Rheinl.
Querdurchmesser der obern Apertur oder
des Eingangs am kleinen Becken = 5 1/2 Z.
Die sogenannte coniugata von der Hin-
terseite der Synchondrose bis zur Mitte des
Vorgebürgs (§. 249. 255. 173.) = 4 1/2 Z.
Deventer's Diagonaldurchmesser von der
symphysis sacro-iliaca (§. 255. 267.) der
einen Seite zu derjenigen Stelle der andern
Seite wo das obre Querstück des Schamstücks
des ungenannten Knochen an das Hüftstück
anstößt (§. 268.) = 5 Z.
Querdurchmesser der untern Apertur oder
des Ausgangs am kleinen Becken = 4 Z.
Durchmesser von der Hinterseite der Synchon-
drose zum Endstück das Kukuksbeins wenn
dieses in Ruhe liegt = 4 1/2 Z.
Außer der Synchondrose der Schambeine
sind noch folgende Gelenkbänder am Becken zu
werken:
A) Zur Verbindung der Hüftbeine mit
dem Kreuzbeine:
[Seite 344] Zuerst dreye auf der Hinterseite des
Beckens:
a) Ligamentum posticum longumh).
Vom hintern kolbichten Ende der spina ilei
nach den Seitenknoten (§. 255.) des vierten
wirbelartigen Stück des Kreuzbeins.
b) L. posticum breuei). Gerade unter
dem vorigen.
c) L. posticum lateralek). Ebenfalls
von jenem Ende der crista ilei quer nach dem
obern großen flügelartigen Seitenfortsatz des
Kreuzbeins. (§. 255.)
a) Ligamentum transuersale superiusl).
Vom obern Rande der crista ilei nach dem
Seitenfortsatz des untersten und zuweilen auch
des vierten Lendenwirbels.
b) L. transuersale inferiusm). Kürzer
als das vorige aber desto stärker, etwas nie-
griger als jenes. Vom innern hintern Ende
der crista ilei nach dem Seitenfortsatz des un-
tersten Lendenwirbels.
[Seite 345] B) Die Bänder zur Verbindung des Sitz-
beins mit dem Kreuzbein und Kukuksbein.
a) Ligamentum sacro-ischiadicumn).
Hinten vom vierten und fünften wirbelartigen
Stück des Kreuzbeins nach dem innern Ende
des tuber ischii.
b) L. spinoso-sacrumo). Kürzer als
das vorige. Vom fünften wirbelartigen Stück
des Kreuzbeins und dem ersten Stück des
Kukuksbeins nach der spina ischii.
Die Rippena) sind 24b) Paarweis-
gereihete bogenförmige, schlanke, elastische
Knochen, von sehr spröder Textur, verschied-
ner bestimmter Länge, und mehr oder weniger
schräg von hinten nach vorn herabsteigender
Richtung.
Sie sind hinten an die Rückenwirbel ein-
gelenkt, und stehen nach vorn unmittelbar
oder mittelbar mit dem Brustbein in Verbin-
dung, und tragen folglich bey weiten das
mehreste zur Bildung der beyden Brusthöhlen
beyc).
Ihre Verknöcherungd) beginnt bey der
noch sehr zarten kaum zweymonatlichen Leibes-
frucht sehr früh, (Th. I. §. 9.) und zugleich
sehr vollkommen (Th. I. §. 15.); so daß nur
gar wenige andre Knochen schon vor der Ge-
burt eine so völlige Ausbildung erreichene).
Man theilt jede Rippe, wie alle solche lange
Knochen, in das Mittelstück und die beyden
Enden.
Das hintere Ende dient zur Verbin-
dung der Rippen mit den Rückenwirbeln, an
welchen sie mit zwey besondern Gelenkknöpfen
articulirenf).
A) Der innere von diesen beyden (capitu-
lum articulare) liegt am äußersten Ende der
Rippe, (das aber bey seiner gekrümmten Rich-
tung nach der Brusthöhle zugekehrt ist), und
paßt genau in die obgedachten (§. 242) Ge-
lenkflächen die entweder als sinus proprii an
[Seite 349] dem Körper der Rückenwirbel selbst, oder
als sinus communes am Rande in der Fuge
zwischen zweyen und zweyen derselben befind-
lich sind.
Im ersten Fall ist der Gelenkknopf der
daran liegenden Rippe rundlich; im andern
hingegen wie in zwey Fassetten abgetheilt.
Zu ihrer Befestigung und Verbindung
dienen die Ligamenta capitelli costarumg).
B) Der äußere Gelenkknopf des hintern
Endes der Rippen (tuberculum articulare)
ist bloß an den zehn obern Paaren deutlich zu
sehen: und paßt auf die oben erwähnten Ge-
lenkflächen am äußersten Ende der Seiten-
fortsätze an den Rückgrathswirbeln (§. 243):
und zwar so, daß das tuberculum der Rippe
nach unten gekehrt ist, und auf den obern
Rand des darunter anliegenden Seitenfort-
satzes aufstößt.
Ihre Befestigung geschieht durch die Liga-
menta transuersalia externah).
Zwischen diesen beyden Gelenkknöpfen liegt
der sogenannte Hals (collum s. ceruix) der
Rippen, der bey den verschiednen Rippen von
verschiedner Richtung ist, und an welchem eben-
falls besondre sehnichte Bänder befestigt sind.
[Seite 350] a) nämlich die Ligamenta transuersaria
internai), die ebenfalls nach den benachbar-
ten Seitenfortsätzen der Rückenwirbel laufen:
und b) von der zweyten Rippe an, die L.
externak) nach den schrägen Fortsätzen hin.
Das Mittelstück das im Ganzen beym
Menschen stärker gekrümmt ist als bey andern
Säugethierenl) läßt sich bey den mehresten
Rippen (nur etwa die beyden obersten Paare
und das unterste ausgenommen) wieder in
zwey ungleiche Hälften abtheilen, die durch
einen nach hinten merklichen Ausbug von ein-
ander unterschieden werden.
Die hintere Hälfte ist bey weitem die
kleinste, – meist cylindrisch oder prisma-
tisch, – und läuft vom äußern Gelenkknopf
(§. 281) schräg abwärts nach außen bis zu
dem gedachten Ausbug.
Die vordere weit längere Hälfte ist mehr
flach gedruckt mit scharfen Rändern, und macht
bey diesem Ausbug mit der vorigen einen dop-
pelten schwachen Winkel, indem sie daselbst
[Seite 351] sowohl etwas stärker vorwärts, als auch zu-
gleich mehr niederwärts gebogen wird, als jene.
Mehrentheils ist am untern Rande dieser
längern Hälfte, nahe beym Ausbug ein schnei-
dender Fortsatzm), der zumahl von der dritten
bis zur zehnten Rippe merklich ist, und eine
Furche bildet, die aber nicht (wie insgemeim
gesagt wird) zur Aufnahme der Intercostal-
Blutgefäße und Brust- oder Rückennerven
dient, als welche merklich weit davon entfernt
laufenn).
Das vordere Endeo) der Rippen ist
wieder etwas stärkerals der benachbarte Theil
[Seite 352] des Mittelstücks, rundlicht, und hat eine rauhe
höckricht Endfläche, an welcher die knorplich-
ten Anhängep) der Rippen sitzen, von deren
Verschiedenheit in den folgenden Abschnitten
die Rede seyn wird.
An den siebenq) obern Paaren erstrecken
sich diese Anhänge bis zum Brustbeine selbst,
[Seite 353] und diese werden daher ächte Rippen (costae
genuinae) genannt.
Die Anhänge der fünf untern Paare hin-
gegen stehen außer unmittelbarer Verbin-
dung mit dem Brustbeine, und heißen daher
unächte Rippen (costae nothae s. spuriae).
Die oberste Rippe hat in ihrem ganzen
Bau viel auszeichnendes, das besonders an-
gemerkt zu werden verdient.
Ueberhaupt nämlich ist sie die kürzeste von
allen; und zugleich die allerbreiteste; und am
stärksten gekrümmt.
Auch liegt sie im ganzen meist horizontal,
mit ihren Rändern nach außen und innen;
nicht so wie die übrigen mehr oder weniger ver-
tical, die mit den Rändern nach oben und
unten gekehrt sind: – hat also vielmehr eine
Sichelförmige als (wie die andern Rippen)
bogenähnliche Gestalt.
Der Hals an ihrem hintern Ende macht
mit dem Körper einen minder stumpfen Winkel
als bey den übrigen Rippen, und ist meist
etwas mehr zusammengedruckt, und nicht so
rundlicht, als an diesen.
Der Körper ist auf der obern Fläche
überhaupt unebner als auf der untern; und
hat zumahl um die Mitte herum eine flache
Furche etc. zur Anlage des scalenus medius. –
Seine hintere Hälfte hat stumpfere, die vor-
dere hingegen scharfe Ränder.
Das vordere Ende macht eine ansehnliche
etwas vertiefte Fläche, in welcher der knorp-
liche Anhang festsitzt, der aber bey dieser Rippe
vielmehr ein Stück des Brustbeins ausmacht.
Am obern Rande jenes Endes bildet das
darauf ruhende Schlüsselbein zuweilen eine
Vertiefung, und vor derselben sitzt zum Theil
der subclauius an.
Der gedachte knorpliche Anhang unter-
scheidet sich, außer dem daß er wie gedacht
mehr dem Brustbein als der Rippe zugehört,
auch dadurch von dem Anhange der übrigen
Rippen, daß er durchgehends von gleicher
Dicke und überhaupt weil kürzer und stärker
als bey allen folgendena); mithin die Rippe
[Seite 356] selbst aufs mindst beweglichste mit dem Brust-
bein verbunden istb).
Von den übrigen sechs ächten Rippen
(§. 283.) gilt im ganzen genommen alles das
was im vorletzten Abschnitt von den Rippen
überhaupt gesagt worden.
Sie nehmen nach der Ordnung ihrer Lage
von oben herunter immer an Länge zu.
Ihre Lage ist nicht ganz parallel mit ein-
ander, sondern die hintern Ende stehen merk-
lich näher an einander als die vordern, von
welchen nachher die knorplichten Anhänge wie-
der zu einander convergirend nach dem Brust-
bein hinlaufen.
In Rücksicht ihrer Bildung kommt die
zweyte Rippe noch der obersten am nächsten,
ist fast so wie diese stark gekrümmt: und die
Richtung ihres Körpers hält das Mittel
zwischen dieser und der folgenden ihrer; sie ist
[Seite 358] nämlich weder so horizontal wie jene, noch
so vertical wie die übrigen, sondern mehr
diagonal: und macht daher einen sanft ge-
wölbten Uebergang von jener zu der dritten
und folgenden.
Die knorplichten Anhängea) an ihren
vordern Enden, nehmen nach der herabsteigen-
den Ordnung immer an Länge zu, aber an
Stärke abb).
Sie laufen conisch zu, und legen sich in
verschiednen bestimmten Winkeln vorn aus
Brustbein an. Statt daß nämlich die knorp-
[Seite 359] lichten Anhänge des obersten Rippenpaars von
oben nach dem Brustbein herabsteigen: so lau-
fen hingegen die vom zweyten Paar meist ho-
rizontal: die von den übrigen hingegen steigen
von unten nach dem Brustbein hinauf: und
werden in immer spitzern Winkeln an dasselbe
befestigtc).
An ihren Spitzen endigen sie sich wie in
ein Knöpfchen, das in die dazu bestimmten
Seitengrübchen des Brustbeins einpaßt, und
eine Art von Articulation mit demselben
machtd), die sowohl durch besondre Capsu-
larligamente, als auch durch die gemeinschaft-
lichen sich durchkreuzenden Bänder befestigt
wird, womit das Brustbein von außen gleich-
sam überzogen iste).
So wie die ächten Rippen der Ordnung
nach an Länge zunehmen, so nehmen hin-
gegen die fünf unächten Rippenpaare (§. 283.)
an Länge wieder ab.
Das oberste derselben ist gemeiniglich das
allerlängste von allen zwölfen.
Das unterste ist kurz. Zuweilen (– aber
nicht beym schönsten natürlichsten Bau –)
sogar kürzera) als das oberste Paar der ächten
Rippen (§. 284).
Ueberhaupt sind sie minder stark ge-
bogen als die ächten Rippen.
Zumahl sind die untersten beyden Paare
nur sehr schwach gekrümmt.
Auch haben diese letztern am hintern Ende
keinen merklich zu unterscheidenden Hals.
Was diese Rippen aber am meisten aus-
zeichnet, ist, daß die knorplichten Anhänge
an ihrem vordern Ende nicht bis zum Brust-
bein selbst hinaufreichen; sondern die Anhänge
des achten Paars bloß an den Anhängen des
untersten Paars ächter Rippen anliegen; –
so die vom neunten Paar an den Anhängen
jenes achten, – und die vom zehnten an de-
nen des neunten.
Die Anhänge dieser drey Paare heißen
daher zum Unterschied von den folgenden con-
fluentes.
Die an den untersten beyden Rippenpaaren
hingegen stehen weder mit den obern, noch
auch untereinander in unmittelbarer Verbin-
dung, sondern verlaufen sich bloß zwischen den
benachbarten Rücken- und Bauchmuskeln.
Das Brustbeina)(sternum, os pecto-
ris, os xiphoides) ist ein länglichter schmahler
Knochen, einigermaßen von der Gestalt eines
Dolchsb); nach vorn etwas convex, nach
hinten etwas concav; und von ganz eigner
Textur: – schwammicht und doch sehr derb
und fest.
Er schließt gleichsam den Thorax nach
vorne, von der Halsgrube bis zur Herz-
grubec); – liegt zwar eigentlich nur zwischen
den fünf obern Rippenpaaren, doch reichen
wie gedacht auch die knorplichten Anhänge des
sechsten und siebenten Paares zu ihm hinauf: –
[Seite 363] und steht außerdem auch noch oben mit den
beyden Schlüsselbeinen in Verbindungd).
Die Verknöcherung des Brustbeins hat
überaus viel eignes. Sie nimmt bey der un-
gebohrnen Leibesfrucht spät, ohngefähr erst
im vierten Monath ihren Anfang. Zeigt aber
schon dann so wie nachher in ihrem langsamen
[Seite 364] Fortgang weit mehr abweichende Verschieden-
heit als bey irgend einem andern Knochen des
Gerippes.
Zuerst nämlich schon darin, daß der Knor-
pel der vorher die Stelle desselben vertritt, zu-
weilen aus einem einzigen Stücke), gemeinig-
lich aber freylich so wie nachher beym erwachse-
nen Menschen aus drey besondern Stückenf)
besteht.
Noch weit mannichfaltigerg) aber und
fast ganz unbestimmth) ist die Anzahl und
[Seite 365] die relative Lage der Knochenkernchen die sich
nun in dieser knorplichten Grundlage, zumahl
in der nachher sogenannten Klinge, erzeugen.
In den Jugendjahren schmelzen diese Kerne
nach und nach immer mehr zusammen, bis
endlich, mehrentheils um die Zeit der Mann-
barkeit herum, nur noch drey Stückei) am
Brustbein zu unterscheiden sind, in welche es
auch am füglichsten eingetheilt wird, und die
ihre Namen von der oben berührten Aehnlich-
keit mit einem Dolche erhalten haben:
1) nämlich das oberste, breitste Stück; –
der sogenannte Griff:
2) das mittlere längste; – die Klinge:
[Seite 366] und 3) zu unterst der oft bloß knorplichtek)
Anhang; – die Spitze.
Oft machen also bloß die beyden ersten
Stücke das wahre Brustbein aus, und wer-
den durch einen sehnichten Ueberzug, womit
der ganze Knochen auf seinen beyden Seiten
bekleidet istl) unter einander befestigt.
Der Griff (manubrium sterni) läßt sich
eigentlich wieder in sein großes knöchernes
Hauptstück und in seine beyden, nach außen und
oben zu dem ersten Rippenpaare gerichteten,
knorplichten Anhänge eintheilen. Denn die
letztern gehören wie schon gedacht (§. 287)
weit mehr zum Brustbein als zu jenen Rippen.
Doch bin ich der leichtern Faßlichkeit wegen
auch hier lieber dem alten Gebrauch gefolgt,
und habe diese Anhänge oben zum ersten Rip-
penpaare gerechnet.
Am knöchernen Haupttheil des Griffs sind
sechs Ränder zu unterscheiden.
Der erste nämlich, oben in der Mitte, ist
halbmondförmig ausgeschnitten, abgerundet,
[Seite 367] um die Luftröhre bequem hinter sich herabstei-
gen zu lassen.
Von den Spitzen jenes halbmondförmi-
gen Ausschnitts steigen zu beyden Seiten
zwey andre breite Ränder divergirend herab,
an welchen die vordern Ende der Schlüssel-
beine mittelst einer dazwischen liegenden beweg-
lichen Knorpelscheibe (Th. I. §. 92) eingelenkt
sind. – Diese breiten Ränder sind nach oben
und vorwärts gewölbt, nach unten und hinten
hingegen vertieft, überhaupt aber wie andere
Gelenkflächen mit Knorpelrinde überzogen.
Von den äußersten Ecken dieser Ränder
steigen zwey andre convergirend herab; die
längsten von allen. An ihrer obern dickern
Hälfte rage die gedachten knorplichten Anhänge
wie ein paar Hörner heraus (§. 287); die
untre Hälfte hingegen ist dünn und gleich-
sam scharf.
Endlich der unterste Rand ist rauh, uneben,
und mit einer deutlichen und in der Jugend
biegsamen Fugem) an einen ähnlichen Rand
der Klinge wie angeleimt.
Die Klinge ist von ungleicher Länge, doch
meist ohngefähr noch einmahl so lang als der
[Seite 368] Griff: aber schmahler, und zwar da wo sie an
diesen anstößt, am allerschmahlsten: unten
nach der Spitzen) wieder etwas breiter.
Die Seitenränder der Klinge sind mit drey
bogenförmigen Ausschnitten flach ausgeschweift:
zwischen welchen, so wie unten an der rund-
lichen breiten Spitzen andre weit kleinere aber
tiefere Ausschnitte liegen, in welchen die An-
hänge der ächten Rippen eingelenkt sind (§. 291.)
Die vom zweyten Rippenpaar nämlich
stoßen auf die Fuge zwischen dem Griff und
der Klinge (§. 299.). – Die Ausschnitte für
die Anhänge vom dritten, vierten und fünften
Paare sind ohngefähr in gleicher Weite von
einander entfernt. Die hingegen für die bey-
den untersten Paare liegen wie in einem halben
Mond am rundlichen Ende der Klinge, nahe
an einander.
Endlich ragt von der gedachten rundlichen
Spitze des Brustbeins, mitten zwischen den
benachbarten knorplichten Anhängen des letz-
ten Paares ächter Rippen in der Herzgrube
der sogenannte schwerdförmige Knorpel
(cartilago xiphoides s. ensiformis s. mucro-
nata) herab, ist aber auch von mannichfal-
tiger Bildung, – oft Zungenförmig, – oder
aber nach dem untern Rande zu, breit wie
abgeschnitten, – oder gabelförmig, – oder
dreyzackicht u.s.w.
Er dient vorzüglich zur Anlage der benach-
barten Stellen des Zwerchfells, der schrägen
Bauchmuskeln, und des triangularis sternio).
Zuweilen, doch ziemlich selten, findet man
das untere Ende der Klinge mit einem Loche
durchbohrtp), das aber sowohl in seiner Lage
als Weite sehr variirt und wohl bloß zufällig
entsteht, wenn sich die anfänglichen benachbar-
ten Knochenkerne unvollkommen schließen.
Noch seltner findet sich ein ähnliches Loch
im schwerdförmigen Knorpelq).
Aus denen im dreyßigsten, und in den fünf
letztern Abschnitten beschriebnen 37 Knochen
ist der Thoraxa) zusammengesetzt, von dessen
Bau überhaupt nur noch einige allgemeine
Bemerkungen nachgehohlt werden müssen.
Er stellt gleichsam einen von vorn nach
hinten etwas flachgedrucktenb), nach oben
[Seite 372] gewölbten, Käficht vor; der an seinen beyden
Seitentheilen am längsten, nach vorn aber am
kürzesten, und daselbst unten in einen Winkel
von ohngefähr 80 Graden ausgeschnitten ist.
Seine innere Höhle wird durch die hinten
hineinragenden Rückgrathswirbel in zwey,
Hälften getheilt.
Die Richtung des Brustbeins gegen diese
Rückgrathswirbel ist so, daß es mit seinem
untern Ende meist gerade noch einmahl so weit
von denselben absteht als mit seinem obern.
So ist er geräumige) genug, um zu-
förderst die sämmtlichen Eingeweide der Brust,
und dann auch zum Theil einige im Unterleibe,
zumahl Leber, Milz und Nieren zu fassen: –
[Seite 374] und festd) genug sie vor äußern Druck etc.
zu schützen.
Was ihn aber vor allen andern Höhlen am
Gerippe auszeichnet, die ebenfalls zur Auf-
nahme und zum Schutz von Eingeweiden be-
stimmt sind, ist seine mit dieser Festigkeit ver-
bundne große, und doch nur nach bestimmten
Richtungen abgemeßne Beweglichkeite),
von welcher die gehörige Vollziehung eines der
beym gebohrnen Menschen zum Leben unent-
behrlichsten Geschäfte, abhängt.
Der Rumpf, dessen sämmtliche Knochen,
aus welchen er zusammen gesetzt ist, bisher
abgehandelt worden, macht gleichsam die
Grundlage der ganzen thierischen Bildung
aus; trägt den Kopf, wird von den Beinen
gestützt, und hat die Arme von seinem obern
Theile zu den Seiten herabhängend.
Die Armea) von denen nun zunächst die
Rede ist, sind meist durch weiche Theile Mus-
keln etc. mit dem Rumpfe verbunden; und nur
mittelst des vordern Endes der Schlüsselbeine
an dem Brustbein eingelenkt.
Sie sind bey der zarten ungebohrnen Leibes-
frucht in den beyden ersten Monathen nach der
Empfängniß, so wie auch die Beine, in Ver-
hältniß zum Rumpfe nur sehr kurz und un-
[Seite 376] förmlich. Aber schon zu Ende des dritten Mo-
naths erreichen sie eine ungleich vollkommnere
Ausbildung, obgleich die Verknöcherung in ei-
nigen ihrer Theile nur später, und theils erst
nach der Geburt ihren Anfang nimmtb).
Man theiltc) den Arm am füglichsten
wieder in vier Abschnitte: nämlich
[Seite 377] 1. in die Schulter, welche das Schlüs-
selbein und Schulterblatt begreiftd).
2. in den Oberarm, bis zum Ellenbogen.
3. in den Vorderarm (cubitus) bis zur
Handwurzel.
Die Schlüsselbeinea) (clauiculae, cla-
ves, ligulae, furculae, ossa iuguli) sind ein
paar kleinere aber sehr feste Röhrenknochenb),
die nach ihren beyden Enden zu in entgegenge-
setzter Richtung, – und zwar bey Mannsper-
sonen stärker als beym andern Geschlechtec) –
(Th. 1. §. 117.) gebogen sind.
Sie liegen oben am Thorax, schräg über
dem ersten Rippenpaar, verbinden die Schul-
terblätter mit dem Brustbeine, und dienen
[Seite 379] überhaupt gleichsam als Strebe-Balken, um
die Brust frey- und die Schultern zurück
zu haltend).
Ihrer so frühen und so vollkommenen
Verknöcherunge) und ihrer auffallenden
Größe schon bey Leibesfrüchten aus den ersten
Monathen nach der Empfängniß, ist schon oben
gedachten worden (Th. I. §. 9. 15. 16.).
Man theilt sie wie andere Röhrenknochen
auch, am füglichsten in den Körper und in die
beyden dickern Enden.
Das vordere Ende ist nach innen und un-
ten gekehrt, und variirt sehr in der Größe.
Es ist gleichsam quer abgeschnitten und mit
einer beynah dreyeckten Knorpelfläche in den
dazu bestimmten Ausschnitt am Griff des
Brustbeins auf die mehrgedachte Weise (§. 299)
eingelenkt.
Zwischen den vordern Enden beyder Schlüs-
selbeine läuft vom einen zum andern, oben am
mondförmigen Ausschnitt des Brustbeins, das
ligamentum interclauiculare quer-über.
Der Körper ist ohngefähr von der Dicke
eines kleinen Fingers: auf der obern Seite
glatt und walzenförmig: auf der untern flacher,
der Länge nach stumpf gefurcht, und nach den
beyden Enden zu, rauh und uneben.
Er macht wie gesagt, einen doppelten
Bug. – Der vordere ist größer, und vor-
wärts gebogen, und liegt meist mitten über
der obersten Rippe. Hinter ihm laufen die
großen Schlüsselblutgefäße. – Bey seinem
Anfang hinter dem vordern Ende, liegt am
untern Rande eine flache rauhe Erhabenheit,
[Seite 382] von da ein kurzes breites Band zum vordern
Ende der ersten Rippen und dem knorplichten
Anhang läuftf). – Am obern Rande liegt
ohngefähr in der gleichen Gegend der cleido-
mastoideus an.
Der hintere oder äußere Bug ist kürzer
aber stärker gekrümmt, und zurückgebogen, und
liegt meist über dem processus coracoides des
Schulterblatts. – Am vordern Rande seines
Ausschnitts ist ein rauhes Knöpfchen, wo der
deltoides anliegt.
Der Knochen ist in dieser Gegend nach dem
äußern Ende zu längliche platt-gedruckt, und
auf der untern Seite rauh höckricht, zur An-
lage fürs ligamentum trapezoides mittelst
dessen das Schlüsselbein an den processus co-
racoides befestigt istg).
Das hintere Ende ist nach außen und auf-
wärts gerichtet, und hat am äußersten Rande
eine rundliche Knorpelfläche, die meist durch
einen erhabnen Rücken wie in zwey Fassetten
getheilt ist, und zur Anlage eines knorpelarti-
gen Bandes dient, womit das Schlüsselbein
an einer ähnlichen Knorpelfläche des acromii
am Schulterblatte befestigt wirdh).
Die Schulterblättera) [scapulae, scop-
tula cels., omoplataeb)], sind ein paar
flache, größtenthells sehr dünnec) und fast
halbdurchsichtige leichte Knochen, die den
Namen von ihrer Lage habend).
Sie sind bloß mittelst der Schlüsselbeine
am Gerippe befestigt, außerdem aber auf eine
ganz eigne Weise nur durch Muskeln mit dem
Rumpfe verbunden, und daher leicht – und
auf sehr mannichfaltige Art bewegliche);
daher sich auch ihre Lage kaum recht bestimmt
angeben läßt. Doch ist sie in der Ruhe, wenn
man nämlich im Stehen die Arme, – sich
selbst, überlassen – herab hängen läßt, ohn-
gefähr so, daß sie von der zweyten bis zur ach-
ten Rippe reichen, mit den hintern Enden bey-
nahe parallel neben den Dornfortsätzen des
Rückgraths, und zwar etwa zwey Querfinger
breit von denselben entfernt liegen, und mit
diesen Rändern schräg nach hinten convergiren,
so daß dieselben wohl Daumen-breit von den
darunter liegenden Rippen abstehen, und über
die Spitzen der Dornfortsätze rückwärts hin-
aus ragen.
Sie fangen bey der unreifen Leibesfrucht
sehr frühzeitig an zu verknöchernf), und er-
reichen bey derselben auch schnell eine auffal-
lend ansehnliche Größe (Th. I. §. 16).
Im ganzen genommen hat jedes Schulter-
blatt die Gestalt eines ungleichseitigen Dreyecks,
und läßt sich so am füglichsten nach seinen drey
Rändern, und beyden großen Flächen, und
seinen an der äußern Ecke befindlichen drey an-
sehnlichen Fortsätzen abhandeln.
Der hintere oder innere, ist der längste
von allen; und wird durch eine stumpfe Ecke
wieder in zwey sehr ungleiche Hälften getheilt.
Die untere davon, und bey weitem die längste,
ist sehr schwach bogenförmig ausgeschweift,
und verliert sich in die untere rundliche Spitze
des Knochen. – Die obere kleine Hälfte läuft
von der gedachten Ecke schräg aufwärts nach
außen. – Und an der Ecke selbst liegt rück-
wärts eine rauhe kleine dreyeckte Fläche, von
welcher das schräg aufwärts steigende Grath
davon unten die Rede seyn wird, seinen An-
fang nimmt.
Der vordere oder äußere Rand ist der
dickste von allen dreyen, und macht vorwärts
gleichsam eine doppelte Lippe, zwischen welcher
eine flache lange Furche herabläuft.
Der obere Rand ist der kürzeste und
schärfste, und hat mehrentheils an seinem
[Seite 386] äußern und untern Ende (gleichsam an der
Wurzel des processus coracoides) einen tiefen
halbmondförmigen Ausschnitt, in welchem ein
sehnichtes Band (das ligamentum scapulae
proprium posterius) ausgespannt ist, das
aber auch zuweilen verknöchert, und dann bloß
mit einer kleinen Oeffnung durchbohrt ist.
Die vordere Fläche des Schulterblattes,
die nämlich nach den Rippen zugekehrt liegt,
ist flach ausgehöhlt, und mit dem subscapu-
laris gleichsam gefüllt, nach dessen Haupt-
bündeln sich die etlichen erhabenen Querlinien
bilden, die, zumahl von dem hintern Rande
an schräg aufwärts nach dem sogenannten
Halse des Schulterblatts hin, gerichtet sind.
Die hintere Fläche wird nach oben durch
das queer über dieselbe nach außen in die Höhe
laufende Grath in zwey Hälften oder soge-
nannte Gruben (fossae) von sehr ungleicher
Größe getheilt. – Die untere weit größere
wird vom infraspinatus bedeckt, so wie in der
obern kleinern der supraspinatus liegt.
Das Grath selbst (spina) wodurch eben
jene beyden sogenannten fossae gebildet werden,
hat einen zweyfachen Ursprung. – Den einen
[Seite 387] an der obgedachten kleinen dreyeckten Fläche
(§. 320). – Den andern nach außen, hin-
ter dem sogenannten Halse, unter dem acro-
mium, das sich von da in einem ausgeschweif-
ten Bogen erhebt. – Vom ersten dieser bey
den Anfänge steigt das Grath allgemach schräg
aufwärts; sein oberer Rand wird gegen die
Mitte zu ansehnlich verdickt; und dann ver-
liert er sich in den einen der drey gedachten
Fortsätze, nämlich ins Acromium.
Dieses letztere (auch summus humerus
genannt) ist gleich vom Anfang der Verknöche-
rung an eine ächte Apophyse (Th. I. §. 44.)
die von dem Grath (§. 322.) entspringt, und
als ein sehr robuster rauher, am Ende platter
und aufwärts gebogener Zapfen, hinten bis
mitten über die Oberarmröhre reicht, und dem-
selben beym Aufstemmen des Elnbogens zur
Haltung dient.
Fast an seiner Spitze, schräg nach innen
zu, ist eine länglichte Knorpelflächeg), an
welcher wie gedacht, das hintere Ende des
Schlüsselbeins eingelenkt ist (§. 315.)
Der zweyte große Fortsatz am Schulter-
blatt wird wegen einer vermeinten Aehnlichkeit
mit einem Rabenschnabel, coracoides (s. pro
cessus vnciformis) genannt: und ist anfäng-
lich, selbst noch in den Kinderjahren, eine
Epiphyse. Er erhebet sich oberhalb des Hal-
ses mit einer breiten kurzen aufrechten Basis,
und verläuft sich dann über der Oberarmröhre,
aber nach vorn, in einen schmälern flachge-
druckten Zapfen, welcher dem Schlüsselbeine
zur Stütze dient (§. 314).
Der dritte Fortsatz des Schulterblattes
ist endlich der kurze dicke Hals, der zwischen
den vorigen beyden, nach unten liegt, und sich
in einen wulstigen Rand ausbreitet, welcher
die flache Pfanne zur Aufnahme des Kopfs
der Oberarmröhre bildet. Sie ist flach aus-
gehöhlt, ohngefähr wie ein sehr flacher kleiner
Löffel, und hat beynahe die Größe und den
Umriß einer großen Mandel, die Spitze auf-
wärts gekehrt.
Die Oberarmröhrea) die den zweyten
Theil des Arms (§. 309) ausmacht, wild auch
sonst, – aber uneigentlich – der Schulter-
knochen (os humeri) genannt, und ist der größte
und stärkste Röhrenknochen am ganzen Armb).
Sie steht nach oben mit dem Schulterblatte,
nach unten mit den beyden Röhren des Vorder-
arms in Verbindung; und kommt übrigens,
sowohl in Rücksicht ihrer Osteogeniec),
als ihrer Eintheilung in das Mittelstück
und die beyden Enden, mit andern Röhren-
knochend) überein.
Am obern Ende dieses Knochen ist zuför-
derst die große kuglichte Gelenkfläche desselben
und dann die beyden tubercula nebst der dazwi-
schen liegenden Rinne zu merken.
Die erstere beträgt im Umfange ohngefähr
den dritten Theil einer Kugel; und ist, wenn
man die Axe derselben durch ihren Mittelpunkt
zieht, mit selbiger schräg noch oben und innen
gerichtet, so daß wenn der Arm sich selbst über-
lassen ruhig herabhängt, nur der untere Theil
dieses Gelenkkopfs, von seiner eingebildeten
Axe an bis zum untern Rande desselben gegen
die flache Pfanne im Schulterblatt (§. 325)
zu liegen kommt.
Ueberhaupt ist die Kugelfläche der Ober-
armröhre fast viermahl so groß als jene Pfanne
mit welcher sie eingelenkt ist; wodurch sie über-
aus viel Spielraum gewinnet, und dadurch
zur allervollkommensten Arthrodie am ganzen
Gerippe wird (Th. I. S. 82.); – so wie
überhaupt diese Röhre und dieses ihr Gelenk
von der äußersten Wichtigkeit für den Men-
schen sind, da von demselben sein großes Vor-
[Seite 391] recht, der fast unbeschränkte Gebrauch seiner
Arme, größtentheils abhängt.
Und daß diese Arthrodie demohngeachtet
den Verrenkungen nicht noch öfter und leichter
ausgesetzt ist als es wirklich der Fall ist, und
als es bey dieser ausnehmenden Beweglichkeit
scheinen möchte, das wird durch die äußerst feste
und ganz besonders merkwürdig eingerichtete
Gelenkkapsele) verhütet, wodurch beyde
Knochen mit einander verbunden sindf); und
die nach oben noch mit dem Ligam. triangu-
lari scapulae bedeckt wird, das vom acro-
mium nach dem processus coracoides hinläuft.
Von den beyden tuberculis die von dem
vordern Rande des Gelenkkopfs an, nach
vorn und außen liegen, ist das innere das
kleinste (tuberculum minus) aber ziemlich
stark hervorragend, und dient zur Anlage des
subscapularis.
Es wird von dem größern durch eine tiefe
und lange Rinne (semicanalis alb.) abge-
sondert, die von da vorn an der Röhre herab-
steigt, und mit einer Art Knorpelrinde aus-
[Seite 392] geglättet ist, um die Bewegung der darin lie-
genden längern Sehne des biceps zu erleichtern.
Am äußern oder größern tuberculum sind
drey stumpfe Fassetten zu unterscheiden die zur
Anlage für eben so viel Muskeln dienen. Die
vordere nämlich für den supraspinatus: die
mittlere für den infraspinatus: die hinterste
endlich für den teres minor.
Das Mittelstück ist meist cylindrisch, und
nach den beyden Enden zu, besonders nach dem
untern, etwas vorwärts und nach innen zu
gebogeng).
Nach dem obern Ende zu, ist vorne die
gedachte Fortsetzung der Rinne für die lange
Sehne des biceps, und zu dieser ihren beyden
Seiten ein paar flache Leisten (spinae) zu merken.
Die innere Leiste ist kürzer und stümpfer;
läuft schräg vom tuberculum minus nach innen
herab, und dient zur Anlage des teres maior.
Die äußere ist weit länger, und schärfer;
erstreckt sich vom vordern Rande des tubercu-
lum maius vorn an der Röhre herab bis unten
über die Rolle des Elnbogen. An ihr ist der
[Seite 393] latissimus dorsi, der pectoralis, und der del-
toides befestigt.
Auf der Rückseite der Röhre ist, ohnge-
fähr in der gleichen Gegend wo sich vorn das
untere Ende der Rinne verliert, eine nur sehr
schwache oft kaum sichtliche Spur einer flachen
schrägen Furche zu merken, die von innen nach
außen herabläuft, und an welcher der ner-
vus radialis und die arteria profunda humeri
anliegen.
Gegen das untere Ende zu wird das
Mittelstück selbst schon breiter, und bildet zwey
Seitenränder, die sich in die nachher zu be-
rührenden beyden condylos verlaufen.
Unten, dicht über der Rolle, sind in der
Mitte ein paar ansehnliche Gruben, – auf
jeder Seite des nun breit worden Knochen
eine, – die bloß durch eine dünne meist halb-
durchsichtige Scheidewand von einander abge-
sondert sind.
Die vordere ist flacher und dient, beym
gebognen Arme die corone der Elnbogenröhre
aufzunehmen.
Neben ihr liegt nach vorn noch eine andere,
weit flachere, und daher minder merkliche die
in jenen Fall den Rand vom obern Ende der
Speiche (radius) aufnimmt.
[Seite 394] Die hintere hingegen ist bey weitem die
tiefste, da bey ausgestrecktem oder gerade hän-
gendem Arm das olecranum hinten in selbige
hineintritt.
Gerade unter diesen beyden Hauptgruben
liegt die Rolle trochlea, rotula alb.) deren
innerer oder hinterer Rand dicker ist und tiefer
herabsteigt als der äußere oder vordere, und
in welche überhaupt die Elnbogenröhre einge-
lenkt isth).
Neben ihrem kleinen Rand, also noch mehr
nach außen und vorwärts ist ein kuglichter Ge-
lenkknopf (tuber alb.), an welchem die
Endfläche der Speiche läuft.
Endlich sind zu äußerst an diesem breiten
untern Ende des Knochen die beyden condyli.
Der äußere (prior alb.) ist kurz und stumpf.
An ihm sitzen die Extensoren des Vorderarms.
Der innere (posterior alb.) ist weit
größer, und dient zur Anlage der Flexoren
des Vorderarms. Rückwärts hat er eine
breite flache Furche, in welcher der neruus
cubitalis (s. vlnaris) herabsteigt.
Den dritten Haupttheil des Arms (§. 309.)
zwischen dem Elnbogen und der Handwurzel
macht der Vorderarm aus, der aus zweyena)
Röhren (die beyden fociliab) besteht; die am
[Seite 396] füglichsten erst einzeln abgehandelt, und nach-
her einige gemeinschaftliche Bemerkungen über
ihre Verbindung und Bewegung angehängt
werden.
Die Elnbogenröhrec) (vlna, cubitus,
s. focile maius) ist die längere von beyden, et-
was krumm gebogen, am obern Ende sehr
stark, nach unten weit schmaler zulaufendd).
Sie ist sehr fest mit dem Oberarm, auch
mit ihrer Nebenröhre – der Speiche – aber
nur wenig mit der Handwurzel verbundene).
Ihr oberes sehr starkes Ende macht einen
großen halbmondförmigen Ausschnitt (sinus
lunatus, cauitas semilunaris s. sigmoidea
maior) der seiner ganzen Bildung nach genau
in die Rolle der Oberarmröhre einpaßt (§. 330):
und zuweilen auf seiner untern Hälfte durch
eine Querfurche unterbrochen wirdf).
Der obere Theil dieses halben Mondes
bildet das olecranum (s. processus anconaeus)
[Seite 397] ein überaus robuster Fortsatz der in die hintere
und tiefere Grube der Oberarmröhre eingreift
(§. 330.) und der, wenn man die Knochen des
Arms mit denen am Fuß vergleicht, einige
Aehnlichkeit mit der Kniescheibe zeigte).
Der untere Theil des großen Ausschnitts
macht die corone, einen kürzern Fortsatz, der
bey stark gebogenem Arm in die vordere und
flachere Grube der Oberarmröhre zu liegen
kommt.
Dicht unter diesem großen Ausschnitt, am
vordern Rande der corone ist eine flache mit
Knorpelrinde überzogene Delle (sinus, cauitas
semilunaris s. sigmoidea minor) in welcher der
Rand vom obern Ende der Speiche eingelenkt ist.
Am äußersten Rand jener Delle unter dem
olecranum ist eine scharfe rauhe Erhabenheit
zur Anlage des supinator breuis: und gerade
mitten unter der corone eine flachere rauhe
Stelle für den brachialis internus.
Das Mittelstück der ganzen Röhre ist
meist prismatisch. Doch so, daß zwey Seiten
desselben zusammen einen scharfen schneidenden
Rand, mit der dritten hingegen einen abgerun-
deten Rücken bilden.
Jener scharfe Rand (spina) ist vorwärts
gekehrt, und dient zur Anlage fürs ligamen-
tum interosseumh).
Neben demselben liegt auf der einen Seite
nach dem stumpfen Rande hin der vom olecra-
num nach dem processus styliformis herabsteigt
und mehr nach hinten und außen gekehrt ist,
zunächst an der spina, nach oben, der ab-
ductor pollicis longus. Und darneben, mehr
nach unten, der extensor maior pollicis und
der indicator.
Auf der andern Seite hingegen, zwischen
der spina und dem dritten Rande der von der
hintern Ecke der corone herabsteigt, und mehr
nach hinten und innen gekehrt ist, liegt in einer
Furche der profundus und weiter nach unten
der pronator quadratus.
Das untere Ende ist kolbicht, abgerun-
det. Seine Endfläche stößt mittelst einer da-
[Seite 399] zwischen liegenden Knorpelscheibe (Th. I. §. 92)
an das os triquetrum der Handwurzel (Tab. II.
fig. 2. num. 3.)
Nach vorn ist am Rande dieser Endfläche
eine rundliche Fassette (crista s. capitulum)
welche in den Seitenausschnitt des untern
Endes der Speiche zu liegen kommt.
Am entgegengesetzten hintern Rande jener
Fläche hingegen, steigt ein kurzer stumpfer
Fortsatz (processus styliformis) herab (Tab. II.
fig. 2. c) der gleichsam die Stelle des innern
Knöchels am Fuße vertritt, und neben dem-
selben, nach dem Rücken der Hand zu, liegt
in einer flachen Furche die Sehne des vlnaris
externus.
Die Speichea) oder Spille oder Arm-
schiene (radiu s. focile minus) ist etwas kür-
zer als die Elnbogenröhre, aber robustb), und
im ganzen mehr cylindrisch, nicht so conisch
als jene; und macht die Hauptverbindung zwi-
schen dem Oberarm und der Handc).
Ihr oberes Ende hat zu äußerst eine
fast cirkelrunde flach vertifte Gelenkfläche die
[Seite 401] am tuber der Oberarmröhre (§. 330.) arti-
culirtd)
Diese Gelenkfläche wird nach unten von
einem rundlichen Rande eingefaßt, der an
seiner hintern Seite eine gewölbte Knorpel-
fläche hat, die in den obgedachten Ausschnitt
der Elnbogenröhre (§. 333.) einpaßt.
Jener rundliche Rand sitzt aus einem schma-
lern Halse, und unter diesem liegt (zwischen
der obigen gewölbten Knorpelfläche und dem
scharfen Rande des Mittelstücks) ein länglich-
ler rauher Hügel, an welchem der biceps ansitzt.
Das Mittelstück ist ohngefähr im gleichen
Verstande prismatisch zu nennen, wie das
an der Elnbogenröhre (§. 334). Es hat näm-
lich einen scharfen schneidenden Rand, und
dann zwey stumpfe, die zusammen einen runden
Rücken bilden.
Jener (spina radii) liegt nach hinten, und
dient, wie der an der andern Röhre, zur An-
[Seite 402] lage des ligamenti interossei. – Zwischen
ihm und dem äußern Rande, der nach dem
Rücken der Hand gekehrt ist, sitzt der ad-
ductor pollicis longus. – Und auf der an-
dern Seite zwischen der spina und dem dritten
Rande der nach innen liegt, und sich hinab
zum processus styliformis erstreckt, ist auf
der breiten Fläche nach unten der pronator
quadratus befestigt.
Das untere Ende der Speiche ist dick
und breit, und hat zu äußerst eine geräumige
flach ausgehöhlte Knorpelfläche, die durch eine
schwach erhabne Leiste wieder in zwey ungleiche
Hälften abgetheilt wird. In der vordern
größern liegt das os nauiculare (Tab. II.
fig. 2. num. 1.) der Handwurzel; in der hintern
kleinern das lunatum (Tab. II. fig. 2. num. 2.)
Am hintern Rande dieser Knorpelfläche ist
nach oben ein mit Knorpelrinde überzogener
Ausschnitt (Tab. II. fig. 2. b.) zur Aufnahme
der rundlichen Fassette der Elnbogenröhre
(§. 335.)
Und am entgegengesetzten vordern Rande
(Tab. II. fig. 2. a.) ein stumpfer kurzer Zapfen
(processus styliformis) der mit dem äußern
Knöchel des Wadenbeins verglichen wer-
den kann.
Die beyden in den vorigen Abschnitten be-
schriebenen Röhren des Vorderarms, haben
in Rücksicht ihrer relativen Lage und Verbin-
dung, und ihrer davon abhängenden Bewe-
gungen manches eigene, das, vorzüglich auch
wegen der Verrenkungen und Fracturen dersel-
ben, besonders abgehandelt zu werden verdient.
Ihre beyderley Enden stehen in umgekehr-
tem Verhältniß gegeneinander. – Bey der
Elnbogenröhre nämlich ist das obere Ende das
dickste; bey der Speiche hingegen das untere.
Das dicke obere Ende der Elnbogenröhre
nimmt eben so das benachbarte dünnere Ende
der Speiche auf, als das dicke untere Ende
der letztern das benachbarte dünnere Ende der
erstern aufnimmt.
Das obere Ende der Elnbogenröhre macht
die Hauptverbindung des Vorderarms mit dem
Oberarm. – Das untere Ende der Speiche
hingegen die Hauptverbindung desselben mit
der Handwurzel u.s.w.
Beyde Röhren sind nicht ganz gerade, son-
dern ein wenig bogenförmig gekrümmt, so daß
die stumpfen Rücken derselben (§. 334. 338.)
in etwas convex laufen. Und folglich die ein-
ander entgegengekehrten scharfen spinae einen
beträchtlichen Zwischenraum zwischen sich lassen,
der größtentheils mit dem darin ausgespann-
ten ligamentum interosseuma) gefüllt ist.
In der ruhigsten Lage, wenn nämlich der
Arm ganz sich selbst überlassen herabhängt, lie-
gen beyde Röhren meist mit einander auf der
gleichen horizontalen Fläche. Die Speiche ist
nach vorn, vom kleinen condylus des Ober-
arms nach dem Daumen zu gekehrt. Die
Elnbogenröhre nach hinten und innen vom
größern condylus nach dem kleinen Finger zu.
Wenn man hingegen die Hand aus dieser
Lage nach außen oder innen dreht, so nimmt
auch die Speiche, an welcher wie gedacht, die
Hand vorzüglichst befestigt ist, (– und die
eine den Bewegungen der andern gleichsam
folgen muß –) mittelst der ihr eignen Ro-
tation (Th. I. §. 104.) eine andere Richtung
an, und kommt entweder in die Supination
oder Pronation zu liegen.
Bey der Supination, wo nämlich der
Daumen nach außen, und hingegen der kleine
Finger nach innen gerichtet ist, giebt das obere
Ende der Speiche nicht so leicht nach, als bey
der Pronation, wo der Daumen nach innen
und hingegen der kleine Finger nach außen,
mithin der Rücken der Hand nach vorn oder
aufwärts gekehrt ist.
Bey dieser letztern Wendung dreht sich das
obere Ende der Speiche einwärts um seine
eigne Axe: das untere hingegen beschreibt einen
Bogen um das benachbarte Ende der Elnbo-
genröhre.
Doch bleibt die letztere bey einer unge-
zwungenen bequemen Pronation nicht ganz
unbeweglichb), sondern folgt, (– so wie
sogar auch die Röhre des Oberarms –) der
freylich immer weit stärkern Drehung der
Speiche in etwas nachc).
Der vierte und letzte Haupttheil des Arms
(§. 310.) ist die Handa), dieses Meisterstück
der Mechanik, das zu den kunstreichsten und
zu tausend Verrichtungen nützlichsten Theilen
des Körpers gehört, und daher schon von
Aristoteles das Organ aller Organe genannt
wordenb).
Die Hand besteht aus 27 Knochen: (die
sogenannten Sesamsbeinchen ungerechnet), an
welchen Weitbrecht auf 124 Gelenkbänder
und Sehnenscheiden etc. gezählt hat; und die
von 40 Muskeln verschiedentlich bewegt wer-
den. Daher sich die unzählige Mannigfaltig-
keit und äußerste Leichtigkeit der Bewegungen
[Seite 407] begreift, deren eine fein gebautec) und ge-
übte Hand fähig istd).
Sie ist vorzüglich an der Speiche des Vor-
derarms befestigt, und hat in der allervoll-
kommensten Ruhe immer eine etwas einwärts
gebogene Lage, wobey der Daumen in ganz
[Seite 408] anderer Richtung als die übrigen Finger, mit
seiner innern breiten Fläche nach dem vordern
Rande des Zeigefingers gekehrt ist.
Die Handwurzela) (carpus, s. bra-
chiale)b) besteht aus achtc) kleinen Knochen,
die in die Classe der rundlichen und würflichten
gehören (Th. I. §. 5.) und folglich von einer
sehr mürben schwammichten Textur sind.
Sie fangen erst nach der Geburt an zu
verknöchernd) (Th. I. §. 14.). Doch ist
die knorplichte Grundlage zu jedem derselben
schon bey sehr unreifen Leibesfrüchten aus dem
dritten Monath der Empfängniß aufs bestimm-
teste zu unterscheiden.
Sie liegen in zwey Reihen über einander,
und zwar wie in einem halben Mond, dessen
convexe Seite nach dem Rücken der Hand, die
concave hingegen nach der Handfläche zu ge-
kehrt ist, und seine Spitzen nach dem Ballen
des Daumens und nach der innern Seite des
kleinen Fingers gerichtet sinde).
Die viere in der obersten, nämlich dem
Vorderarm zugekehrten, Reihe, sind:
Die viere in der untern hingegen, die auf
die Mittelhand stößt:
H) vnciformef).
A) das nauiculare (s. scaphoides, s. coty-
loides lyseri – Tab. II. fig. 2. num. 1.)
ist das größte in der obersten Reihe; liegt
schräg von oben vorwärts nach unten.
Mit seiner größten gewölbten Gelenkfläche
liegt es nach oben in der vordern von den bey-
den obgedachten Gruben, die am äußersten
Ende der Speiche befindlich sind (§. 340.),
zunächst an dessen processus styliformis.
Nach unten stößt es mit einer länglichten
ebenfalls gewölbten Fläche, die durch eine
rauhe Furche von der vorigen abgesondert ist,
an die beyden multangula her zweyten Reihe.
Und nimmt dann den Kopf des capitati
der nämlichen Reihe in seinen kuglicht aus-
gehöhlten sinus auf.
B) das lunatum (s. semilunare – Tab. II.
fig. 2. num. 2.) liegt nach oben mit seiner ge-
wölbten Fläche in der hintern Grube des un-
tern Endes der Speiche (§. 340.)
Nach unten faßt es mit seinem großen
halbmondförmigen Ausschnitt, wovon es den
[Seite 412] Namen erhalten hat, das capitatum der
zweyten Reihe.
Und stößt mit dem darneben liegenden klei-
nern schräg nach unten gekehrten Ausschnitt
ans vnciforme.
Nach vorn liegt es mit einer auch fast halb-
mondförmigen Fläche am vorigen an.
Und nach hinten mit einer sehr flach ge-
wölbten irregulären am folgenden.
C) das triquetrum (s. triangulare, s. cu-
neiforme lyseri – Tab. II. fig. 2. num. 3.)
ohngefähr von der Größe des vorigen; aber
länglicht; mit meist stumpfen Rändern.
Nach oben stößt es an das untere Ende
der Elnbogenröhre (§. 335.)
Nach unten mit der größten flach ausge-
höhlten Fassette an das vnciforme.
An das vorige mit einer kleinern ebenfalls
flach ausgehöhlten Fassette.
Und an das folgende mit der kleinsten,
etwas gewölbten Fläche.
D) das pisiforme (s. subrotundum alb.
s. os extra ordinemg) – Tab. II. fig. 1.
num. 4.) das kleinste von allen achten, stößt
bloß mit einer etwas ausgehöhlten Fläche
seitwärts an das vorige, und läßt sich sowohl
der Form als der Function nach, (da es die
Bewegung der Sehne des vlnaris internus er-
leichtert) mit einem Sesamsbeinchen vergleichen.
Nun die viere in der untern Reihe:
E) das multangulum maius (s. trapezoi-
des lyseri, s. trapezium der mehresten
neuern Zergliedererh) – Tab. II. fig. 2.
num. 5.) mit scharfen eckichten Rändern.
Nach oben stößt es mit einer rundlichen
ausgehöhlten Fläche ans nauiculare der vori-
gen Reihe.
Nach unten mit einer großen schief gewölb-
ten Fläche an eine ähnliche unten genauer zu
[Seite 414] beschreibende Fläche des metacarpus vom
Daumen. – Und darneben mit einer ganz
kleinen an den metacarpus des Zeigefingers.
Rückwärts mit einer schief-dreyeckten ans
folgende.
Nach innen hat es einen stumpfen Rücken,
mit einer dahinter liegenden rauhen Furche,
welche die Sehne des flexor pollicis longus
aufnimmt.
F) das multangulum minus (s. trapezium
lyseri, s. trapezoides der neuern – Tab. II.
fig. 2. num. 5.) das kleinste in der zweyten
Reihe, ebenfalls mit scharfen eckichten Rän-
dern wie das vorige. Hat lauter concave
Flächen.
Nach oben stößt es mit einer solchen vier-
eckten Fläche ans nauiculare.
Nach unten mit der größten an den meta-
carpus des Zeigefingers.
Nach vorn mit einer länglichten fast halb-
mondförmigen Fläche ans vorige.
Nach hinten mit der kleinsten ans folgende.
Nach der Außenseite, nämlich nach dem
Rücken der Hand zu, lassen die beyden multan-
gula und das daranstoßende nauiculare der
[Seite 415] ersten Reihe, eine ansehnliche Grube zwischen
sich, die auch an der lebendigen Hand merklich
zu fühlen ist.
G) das capitatum (s. magnum – Tab. II.
fig. 2. num. 7.) das größte von allen achten,
liegt nach oben, mittelst des runden Kopfes
wovon es den Namen hat, am nauiculare
und lunatum der ersten Reihe. – Am erstern
nämlich vorwärts mit einer kuglichten großen
Fläche. – Am letztern aufwärts mit einem
länglichten gewölbten Rücken.
Nach unten stößt es mittelst eines breiten
Fußes an den metacarpus des Mittelfingers. –
– Und darneben vorwärts an den metacar-
pus des Zeigefingers.
Nach vorn mit einer kleinen viereckten
Fläche, die gerade unter der kuglichten Fläche
des Kopfes liegt, ans vorige.
Und nach hinten mit einer langen schmahlen
Fassette ans folgende.
H) das vnciforme (s. cuneiforme alb.
s. hamatum – Tab. II. fig. 2. num. 8.) hat
seinen Namen von einem flachen gekrümmten
Haken, der nach hinten und innen gerichtet
ist, und gleichsam die eine Spitze des hal-
[Seite 416] ben Mondes ausmacht, den die sämmtlichen
Knochen der Handwurzel zusammen bilden
(§. 353.)
Nach oben liegt es mit einem schmahlen
gewölbten Rücken am lunatum der ersten
Reihe. – Und rückwärts mit einer großen
fast viereckten Fläche am triquetrum.
Nach unten mit zwey neben einander lie-
genden Fassetten am metacarpus des Goldfin-
gers und des kleinen Fingers.
Nach vorn mit der allergrößten schief aus-
gehöhlten Fläche am vorigen Knochen.
Die Mittelhanda) (metacarpus s. post-
brachiale) besteht aus fünfb) neben einander
liegenden kurzen aber robusten Röhrenknochen,
die mittelst weicher Theile in eine gemein-
schaftliche breite Fläche verbunden sind: in
der ruhigsten Lage ist sie, Wir die übrigen
Theile der Hand auch, nach außen oder auf
dem Rücken derselben ein wenig gewölbt, nach
innen etwas vertieftc).
Jeder dieser fünf Knochen hat den Namen
von dem Finger zu welchem er gehört.
[Seite 419] Der metacarpus des Daumen (Tab. II.
fig. 2. d. f.) ist der kürzeste und zugleich dickste
von allen. Auch bey weiten der beweglichste,
und steht in keiner so engen Verbindung mit
den übrigen, wie diese untereinander.
Die übrigen viere nehmen in der Ordnung
wie sie neben einander liegen an Länge ab. Der
metacarpus des Zeigefingers nämlich ist der
längste von allen; der vom kleinen Finger hin-
gegen unter diesen vieren der kürzeste.
Zuerst von den obern Enden dieser
Knochen.
Das vom metacarpus des Daumen
(Tab. II. fig. 2. d.) hat eine breite, verschie-
dentlich gebogne, rundliche Endfläche, welche
nach dem Rücken und der innern Seite der
[Seite 420] Hand zu ein paar erhabne Ränder bildet, die
durch einen halbmondförmigen Ausschnitt von
einander abgesondert werden. Nach den bey-
den Seiten hingegen steigt sie abwärts, so
daß sie nach dieser Richtung einen gewölbten
Rücken hat. Mit dieser auf eine so eigne
Weise gekrümmten Fläche paßt dieses Ende
aufs genauste in die ähnliche Gelenkfläche
des multanguli maioris der Handwurzel.
(§. 359.) – Sonst unterscheidet sich das Ende
dieses metacarpi von der folgenden ihren auch
dadurch, daß es nicht so unmittelbar an dem
benachbarten anliegt, folglich auch keine Sei-
tenfassette hat, mittelst deren hingegen die
übrigen vier metacarpi an diesem obern Ende,
durch straffe Amphiarthrosen (Th. I. §. 103.)
zusammen verbunden sind.
Das obere Ende des metacarpus vom
Zeigefinger faßt in der Mitte mit einer brei-
ten irregulair concaven Gelenkfläche das mul-
tangulum minus (§. 360.) – Vorwärts
stößt es mit einer ganz kleinen rundlichen Fas-
sette ans mutangulum maius (§. 359.) –
Rückwärts hingegen mit einer länglichten fast
Spindelförmigen Fläche ans capitatum.
(§. 361.) – Unter diesem endlich nach hinten
mit einer wie in zwey Dreyecke abgetheilten
Fläche an das folgende.
[Seite 421] Das vom metacarpus des Mittelfingers
unterscheidet sich vorzüglichst durch einen auf
dem Handrücken nach vorn stumpf aufwärts
gerichteten processus styliformis (Tab. II.
fig. .) – Mit seiner obern großen viereckten
Gelenkfläche stößt es an den Fuß des capitati
(§. 361.) – Nach vorn ans vorige mit einer
genau an dasselbe passenden Fläche. – Nach
hinten mit zwey kleinen rundlichen Fassetten
ans folgende.
Das vom metacarpus des Goldfingers
stößt oben ans unciforme (§. 362.) – Nach
vorn mit zwey kleinen Fassetten an die vom
vorigen. – Nach hinten mit einer schmahlen
in die quere laufenden Fläche aus folgende.
Endlich das vom metacarpus des kleinen
Fingers nach oben und etwas schräg vorwärts
mit einer breiten gewölbten Fläche ebenfalls
ans unciforme; und vorwärts mit einer
schmahlen in die quere laufenden ans vorige.
Die Mittelstücke sind bey allen fünfen
schräg bogenförmig gekrümmt, nach außen et-
was gewölbt. Nach innen etwas ausge-
schweift: und meist prismarisch, mit einem
rundlichen Rücken und einer nach innen gekehr-
ten Kante, die mit ihren beyden Seiten zur
Anlage von Muskeln dient.
[Seite 422] Am metacarpus des Daumen nämlich liegt
daselbst zu äusserst der opponens pollicis, nach
dem Zeigefinger hingegen zu, der abductor
indicis, und in dem Zwischenraume der übri-
gen die interossei. Denn da diese übrigen vier
metacarpi mit den beyderseitigen dickern Enden
aneinander liegen, so stehen hingegen ihre
schmahlern Mittelstücke wie Stäbe eines Gat-
ters von einander ab.
Zu hinterst am metacarpus des kleinen Fin-
gers liegt der adductor metacarpi auricularis.
Die untern Enden sind mehr oder weni-
ger kuglicht gewölbt. – Beym metacarpus
des Daumen flacher. – Bey den übrigen mit
erhabnen Knöpfchen.
Jener liegt mit seinem vordern Ende ganz
von dem benachbarten metacarpus des Zei-
gefingers abgesondert.
Die übrigen viere hingegen nahe an einan-
der, doch ohne so scharf bestimmte Seitenflächen
wie an den obern Enden.
Jedes ist mit der darauf passenden Gelenk-
grube am hintersten Glied der Finger ver-
bunden.
Die Knochen der Fingera), den Daumen
mit eingeschlossen, bestehen, aus Reihen von
Gliedern die man phalanges nennt, und von
denen die zunächst an der Mittelhand die
längsten, die in den Spitzen hingegen die kür-
zesten sind.
Der Daumen hat nur zwey. Die übrigen
Finger hingegen drey. – Jenen fehlt das
mittlere Glied.
Das hinterste Glied des Daumens und
der übrigen vier Finger; und dann auch das
mittlere bey diesen letztern sind kurze aber
starke Röhrenknochen, die so wie die in der
Mittelhand schwach Bogenförmig nach außen
gekrümmt sind. – Nach innen aber sind sie
flach mit scharfen Seitenrändern.
Die äußersten Glieder hingegen haben bey
allen fünf Fingern eine ganz eigne, schwer zu
beschreibende Gestalt; die man mit Pfeilspitzen
verglichen hat. Nach außen sind sie glatt, nach
innen hingegen rauh und uneben und zumahl
nach der Spitze zu mit einem rauhen, zuwei-
len halbmondförmigen Wulste eingefaßt.
Daß diese Glieder gegen die Weise der
übrigen nicht von der Mitte sondern von der
Spitze zu verknöchernb) anfangen, ist schon
oben angemerkt worden (Th. I. §. 17.)
Der Daumena) steht weit von den übri-
gen Fingern ab, wie es seine Bestimmung
erfordert, da er allein gleichsam der Antagoniste
der andern seyn sollb).
Sein erstes Glied (Tab. II. fig. 2. g. h.)
ist mit seinem obern Ende an das untere seines
metacarpus durch eine Arthrodie (Th. I.
§. 106.) eingelenkt, so wie die obern Enden
der gleichen Glieder von den übrigen Fingern
an die ihrigen.
An den beyden Seitenrändern seines Mit-
telstücks (§. 369.) sitzt auf der innern Seite die
Sehnenscheide des flexor longus.
[Seite 426] Das vordere Ende macht so wie die gleichen
Enden der erstern und zweyten Phalanx der
übrigen Finger eine Art Rolle (rotula, troch-
lea) an welcher das äußerste Glied mittelst
eines ginglymus (Th. I §. 105.) eingelenkt ist.
Das äußerste Glied (Tab. II. fig. 2. i. k.)
ist keilförmig – mit dem hintern breiten Ende
auf die eben gedachte Weise mit dem vorigen
verbunden. – An der innern platten Seite
des Mittelstücks sitzt die Sehne des flexor
longus fest. – Und das andre Ende hat die
rauhe wulstige Einfassung. (§. 370.).
Bey den übrigen Fingerna) kommt das
erste Glied in Rücksicht seiner beyden Enden
und deren Gelenkflächen im ganzen genommen
mit dem am Daumen (§. 372.) überein.
Auf der innern Seite des Mittelstücks sitzt
an den beyden Seitenrändern die Sehnen-
scheide für die flexores.
Das mittlere Glied (das wie gedacht dem
Daumen abgeht) hat an seinem obern Ende
eine doppelte flach ausgehöhlte Gelenkgrube für
die Rolle am untern Ende des vorigen.
An den Seitenrändern seines Mittelstücks
sitzen sowohl die gespaltenen Sehnen des subli-
mis, als auch die Sehnenscheide für den
profundus.
[Seite 428] Das untre Ende ist wie das am vorigen
Glied.
Es ist nur noch der letzte Theil des Ge-
rippes durchzugehen übrig, die Beinea), die
Organe der locomotiuitas des Menschen, die
ihm vorzüglichst zum Gange und außerdem zu
manichfaltigen andern Bewegungen und Stel-
lungen des Körpers dienenb), mit welchen sie
deshalb in den Hüftpfannen durch ein über-
aus sestes und doch zugleich sehr bewegliches
Gelenk verbunden sind.
Im ganzen genommen, lassen sie sich mit
den Armen vergleichenc), und am füglichsten
wieder in drey Abschnitte eintheilen,
1. in den Oberschenkel (femur), der
den Schenkelknochen begreift;
2. in den Unterschenkel (crus) zu
welchem das Schienbein, nebst der
Kniescheibe und das Wadenbein ge-
hören; und
Der Schenkelknochena) (os femorisb)
ist der stärkste und größtec) von allen Röh-
renknochen am ganzen Gerippe. Seine Röhre
ist in den ersten Kinderjahren, so wie bey der
Leibesfrucht meist ganz gerade, wird aber in der
Folge nach und nach etwas vorwärts gebogen.
Er steht mit dem ungenannten Bein, mit
dem Schienbein und mit der Kniescheibe in
Verbindung.
Von seinem obern Ende ragt nach innen
der Hals hinauf, auf welchem der mit Knor-
pelfläche überzogne Schenkelkopf oder die
Kugel sitzt, womit er durch die ausschließlich
sogenannte Enarthrose (Th. I. S. 82) in die
Hüftpfanne eingelenkt ist.
[Seite 432] Dieser Kopf ist anfänglich eine Epiphyse,
und die Spuren ihrer damahligen Verbindung
mit dem Halse sind zumahl beym durchsägten
Knochen oft noch bis gegen die Zeit der Mann-
barkeit merklich.
Sein Umfang beträgt ohngefähr zwey
drittel einer vollkommnen Kugel.
Seine Richtung ist schräg aufwärts, so
daß der Mittelpunkt seiner Oberfläche auf die
Axe des Halses fällt.
Neben diesem Mittelpunkt nach unten liegt
eine kleine Grube in welcher das untre Ende
vom ligamentum teresd) (s. suspensorium)
sitzt, dessen oberes in der oben gedachten ähn-
lichen Grube der Pfanne befestigt iste) (§. 270.)
Der Halsf) auf welchem dieser Kopf
aufsitzt ist dick und conisch; nach vorn und noch
mehr nach hinten flach gedrückt; und über-
haupt etwas vorwärts gerichtet. Seine Axe
[Seite 433] macht mit der Röhre ihrer, bey Mannsperso-
nen gemeiniglich einen Winkel von 45 Gra-
den; beym andern Geschlechte einen etwas
stumpferng) (Th. I. §. 118.)
An der breiten Basis dieses conischen Hal-
ses liegen nach hinten die beyden trochanteres;
beydes so wie der Kopf ebenfalls anfänglich
Epiphysen.
Der größere aufwärts und nach außen wie
ein stumpfer kurzer nach innen gebogner Haken.
Der kleinere weiter unten, nach innen und
auch mehr nach hinten als der vorige, wie ein
knorrichter Höcker.
Jener, der trochanter maior dient zur
Anlage folgender Muskeln: – nach innen
nahe an seiner Spitze sitzt der pyriformis, der
obturator internus, und die gemini; –
tiefer unten in seinem hohlen Ausschnitt der
obturator externus; – an seiner gewölbten
Außenseite der gluteus medius; – neben
diesem vorwärts in einer ansehnlichen flachen
Grube der gluteus minor; – tiefer herunter
nach außen und vorn der vastus externus; –
[Seite 434] und neben diesem noch etwas tiefer und mehr
vorwärts der cruralis.
Auf dieser Vorderseite ist von diesem größern
trochanter schräg abwärts nach dem kleinern
zu, eine rauhe Spur von der Anlage des
großen Capsularligaments das sich von da über
den Hals nach dem äußern Rande der Hüft-
pfanne erstreckth).
Auf der Hinterseite steigt, ohngefähr in
der gleichen Gegend vom großen trochanter
zum kleinen, ein erhabner stumpfer Rücken
herab, an welchem der quadratus femoris liegt.
Am kleinen Trochanter selbst inferirt sich
der große psoas mit dem ilacus internus.
Das Mittelstück des Schenkelknochen
ist übrigens meist cylindrisch, nur daß es nach
hinten eine erhabne Leiste (linea aspera s.
spina femoris) bildet, die oben mit zwey An-
fängen von den beyden Trochantern entspringt
und sich unten nach dem äußern condylus zu
allmählig verliert.
Sie dient ebenfalls einigen großen Schen-
kelmuskeln zur Anlage; – nach innen und
oben dem vastus internus; – nach außen dem
vastus externus; – vorne dem gluteus
magnus, dem pectineus, dem triceps cruris,
[Seite 435] und den drey adductoribus femoris, nämlich
dem longus, breuis und magnus. (die sonst
auch zusammen der triceps genannt werden.)
Nach unten wird dieß Mittelstück wieder
breiter, und endigt sich in die beyden großen
mit Knorpelrinde überzognen Gelenkknöpfe
(condyli) die ebenfalls anfänglich eine Epi-
physe ausmachen, und zur Bewegung des
Kniees dienen.
Nach vorn sind dieselben durch einen rund-
lichen flachen Ausschnitt (sinus) mit einander
verbunden, in welchem die Kniescheibe auf und
nieder bewegt werden kann.
Nach hinten ragen sie mit zwey großen ge-
wölbten Knorpelflächen hinaus, die durch einen
tiefen Ausschnitt von einander abgesondert
sindi), in welchem die großen Gefäße und
Nerven der Kniekehle zu liegen kommen.
Inwendig zu beyden Seiten dieses Aus-
schnitts sind zwey kleine Gruben, die eine am
innern condylus mehr nach unten; die andere
am äußern mehr nach oben. Beyde zur Anlage
fürs hintere ligamentum cruciatum zwischen
diesen Gelenkknöpfen und dem hintern Rande
des Schienbeinkopfs; und dann auch fürs hin-
[Seite 436] tere Ende der äußern halbmondförmigen Knor-
pelscheibe des Kniegelenksk).
Von den beyden condylis ist der innere et-
was größer und stärker gewölbt als der äußere;
und wenn man ein einzelnes Schenkelbein in
senkelrechter Lage ansieht, so scheint er auch
etwas länger; am ganzen Gerippe hingegen
wenn beyde Schenkelbeine in ihre natürliche
nach den Knieen convergirende Stellung kom-
men, schwindet jene Täuschung und beyde Knö-
pfe kommen in die gleiche Horizontalfläche zu
liegen.
Zu äußerst an beyden Seiten der Gelenk-
knöpfe sind ein paar rauhe Erhabenheiten (tu-
bera) auf jeder Seite eine, die zur Anlage
der Muskeln dienen.
An der innern nämlich sitzt der adductor
magnus femoris, und daneben nach hinten das
innere caput des gemelli: – an der äußern
hingegen dessen äußeres caput; – und darun-
ter in einer rauhen Vertiefung der popliteus.
Der zweyte Abschnitt des ganzen Beines
(§. 378.) begreift die beyden Röhren des
Unterschenkels und die Kniescheibe.
Diese letzterea) (patella, s. rotula, s.
mola)b) ist ein rundlicher meist Linsenför-
miger Knochenc), ohngefähr von der Größe
und der Gestalt einer großen etwas flachge-
druckten Castanie, der vorn über dem Kniege-
lenked) zu liegen kommt.
Ihre Verknöcherung nimmt so wie bey
vielen andern dergleichen rundlichen Knochen
(Th. I. §. 14.) erst nach her Geburt ihren
[Seite 438] Anfang, und wird erst in den erwachsenen
Kinderjahren beendigte).
Sie ist eigentlich als ein beweglicher Anhang
des Schienbeins anzusehen, an dessen vordern
großen tuber sie mit ihrem untern spitzern
Ende mittelst der stärksten Sehne am ganzen
Körper (– der gemeinschaftlichen Fortsetzung
der nächstbenannten einzelnen –) verbun-
den istf).
An ihren obern breitern Rand setzen sich
nämlich die Sehnen der großen den Unter-
schenkel ausdehnenden Muskeln, des rectus,
des vastus externus und internus, und des
cruralis.
Ihre Vorderseite ist gewölbt, uneben,
und mit einem sehnichten Bande überzogen,
welches die letztgedachten Sehnen, sowohl als
ihre untere starke Fortsetzung (§. 385.) bekleidet.
Die Hinterseite der Kniescheibeg) ha-
zwey neben einander liegende ausgeschnittene
flache Vertiefungen, die durch einen erhabnen
Rücken von einander abgesondert werden,
welcher in den vordern rundlichen flachen
Ausschnitt der Gelenkknöpfe des Schenkelbeins
(§. 382.) zu liegen kommt.
Die äußere dieser beyden Vertiefungen ist
so wie der condylus auf dem sie liegt, kleiner.
Diese Verbindung der Kniescheibe mit den
condylis kann füglich zum ginglymus (Th. I.
§. 105.) gerechnet werden.
Der wichtige Nutzen dieses kleinen Knochen
aber ist vorzüglich um die Insertion der ge-
dachten an seinem obern Rande befestigten
Muskeln vom Mittelpunkt des Kniegelenkes in
etwas zu entfernenh) und dadurch ihre Action,
die Ausdehnung des Unterschenkels zu er-
leichtern.
Die Schienbeinröhrea) (tibia)b) ist
nächst dem Schenkelbein der größte Röhren-
knochen am Gerippe. Sie hat ihren lateini-
schen Namen von der Aehnlichkeit ihrer Gestalt
mit einer umgekehrten Schalmeye. Doch
läuft sie nicht ganz gerade, sondern ist in etwas
schief gedreht, so daß ihre innere Seite nach
oben (wo der innere Gelenkknopf des Schen-
kelbeins drauf stößt) etwas mehr rückwärts;
nach unten hingegen mit dem innern Knöchel
etwas mehr vorwärts zu stehen kommt.
Sie ist mit ihrer obern Endfläche am Schen-
kelknochenc), mit ihrer untern am Knöchel-
bein eingelenkt; nach außen liegt das Waden-
bein an ihr; und oben steht sie nach vorn mit-
telst der gedachten Sehne (§. 385.) mit der
ihr eigentlich als Anhang zugehörigen Knie-
scheibe in Verbindung.
Das obere Ende der Schienbeinröhre ist
durch eine breite Querfläche wie abgeschnitten.
Auf dieser Fläche liegen zu beyden Seiten
zwey große ohngefähr Nierenförmige mit Knor-
pelrinde ausgeglättete sehr flache Vertiefun-
gend), die in der Mitte durch einen kleinen
nach hinten höckrichten Hügel und vor und
hinter demselben durch ein paar kleine rauhe
Gruben von einander abgesondert sind; in
welchen letztern die beyderley ligamenta cru-
ciata (§. 382.) festsitzen.
Da diese beyden Vertiefungen weit flacher
sind als die oben darauf stoßenden stark ge-
wölbten Gelenkknöpfe des Schenkelbeins, so
ist der Abstand zwischen diesen und jenen auf
beyden Seiten durch die zwey beweglichen
(Th. I. § 92.) Sichelförmigen Knorpel-
scheiden [cartilagines semilunares, zonae
semilunares Borell.e)] gefüllt, die auf
jenen Vertiefungen aufliegen. Sie sind an
ihren Außenrändern dicker und fester, und hin-
gegen an ihrem innern Ausschnitt dünner und
weicherf), und sind mit ihren Sehnenartigen
[Seite 442] Spitzen an die beyden großen Röhrenknochen
befestigt die das Gelenk bilden. Die beyden
Enden des innern Knorpels nämlich und das
vordere Ende des äußern ans Schienbein; das
hintre des letztern aber wie gedacht (§. 382.)
an den Schenkelknocheng).
An der vordern Seite des obern Endes am
Schienbein findet sich die rauhe knorrichte Er-
habenheit (tuber) an welcher die dicke Sehne
der Kniescheibe befestigt ist. – Neben dersel-
ben nach innen etwas weiter herunter ist eine
flache Furche zur Anlage für den sartorius,
semitendinosus und gracilis.
Seitwärts nach hinten und außen liegt eine
schräge Knorpelfläche die das obere Ende des
Wadenbeins aufnimmt.
Und auf der entgegengesetzten Seite, nämlich
nach hinten und innen eine rauhe Querleiste
an welcher der semimembranosus befestigt ist.
Das Mittelstück ist einigermaßen pris-
matisch, mit zwey breitern und einer schmäh-
lern Seite, die durch einen scharfen und zwey
stumpfe Ränder von einander abgesondert
werden.
[Seite 443] Der scharfe Rand (crista s. spina anterior)
liegt meist ganz gerade nach vorn.
Neben demselben nach außen die schmahle
Seite, die meist nur ohngefähr Daumenbreit,
nach oben gefurcht, nach unten etwas gewölbt
ist. Auf ihr liegen, zunächst an der crista
der tibialis anticus, der extensor longus di-
gitorum pedis, und der peroneus tertius.
Diese äußere Seite der Schienbeinröhre
wird von der benachbarten hintern durch den
zweyten Rand (spina posterior s. exterior)
abgesondert, der aber nur einer rauhen schmah-
len Linie gleicht, die mit dem vordern schar-
fen Rande meist parallel von oben nach unten
etwas rückwärts steigt, und zur Anlage des
ligamenti interosseih) dienet, das zwischen
beyden Röhren hetz Unterschenkels ausge-
spannt ist.
Neben dieser rauhen Linie liegt nun nach
hinten die zweyte Hauptseite der Röhre, die
sehr convex und nach oben weit breiter als
nach unten ist. – Ohngefähr gerade in ihrer
Mitte sitzt der flexor longus digitorum pe-
dis – und mehr nach oben, nach der rauhen
Linie zu der tibialis posticus, und diesem
gegen über nach dem dritten Rande hin in
[Seite 444] einer schrägen nach innen herabsteigenden rau-
hen Furche der soleus.
Jener dritte Rand (spina interior) ist
stumpf rundlich und dem andern Beine zuge-
kehrt.
Zwischen ihm und dem ersten scharfen
Rande liegt endlich die dritte Hauptseite des
Knochen, die schwach gewölbt, ziemlich glatt,
und bloß mit Haut bedeckt ist.
Das untere Ende hat seitwärts nach
außen einen rauhen flachen Eindruck Tab. II.
fig. 1. B.) in welchem das Wadenbein anliegt.
Zu äußerst ist ein tiefer mit Knorpelrinde
ausgeglätteter Ausschnitt, der gleichsam das
Mundstück der Schalmeye vorstellen soll, –
dieser Ausschnitt wodurch die Schienbeinröhre
zunächst mit dem Knöchelbein und mittelst
desselben mit dem ganzen Fuße in Verbindung
steht, bildet erst eine große horizontale meist
viereckte Endfläche mit zwey neben einander
liegenden flachen Eindrücken, die durch einen
sehr stumpf gewölbten Rücken von einander
abgesondert werden, und verläuft sich dann
nach innen in einen herabsteigenden kurzen
stumpfen Zapfen. – Jene horizontale End-
fläche kommt auf den gewölbten Rücken des
[Seite 445] Knöchelbeins zu stehen. – Dieser Zapfen
hingegen ist der innere Knöchel (malleolus
internus – Tab. II. fig. 1. A.) der an den
innern obern Rand des Knöchelbeins anschließt.
Am untern äußersten Rande dieses Knö-
chels ist ein kleiner Ausschnitt zur Anlage fürs
ligamentum deltoidesi) wodurch derselbe
mit dem Fersenbein verbunden ist.
Auf der Rückseite steigt hinter dem Knöchel
eine flache Furche herab in welcher die Sehne
des tibialis posticus liegt, – und neben der-
selben nach außen eine andre, minder deutliche,
für die Sehne des flexor longus hallucis.
Das Wadenbeina) oder die Nebenröhre
des Schienbeins (fibula, s. perone)b) eine
dünne Röhrec) ohngefähr von gleicher Länge
wie die vorige, an der sie mit ihren beyden
Enden anliegt, doch etwas niedriger, so daß
sie unten tiefer hinab tritt als jene, oben aber
nicht bis ans Schenkelbein reicht, und folg-
lich nicht unmittelbar zur Stützung desselben
beytragen kann.
Sie steht bloß mit der Schienbeinröhre und
unten mit dem Knöchelbein in Verbindung.
Ihr oberes Ende ist stumpfeckicht, kol-
bicht.
[Seite 447] Schräg nach innen hat es eine Knorpelfläche
womit es an der gedachten ähnlichen Fläche
(§. 392.) des Schienbeins anliegt.
An seiner äußern knorrichten Wölbung sitzt
der triceps cruris.
Das Mittelstück des Wadenbeis ist pris-
matisch, doch nicht ganz gerade, sondern ein
wenig von oben nach unten und außen gedreht.
Sein vorderer Rand steht der gedachten
rauhen Linie des Schienbeins (§. 393.) gegen
über und dient wie jene zur Anlage des liga-
menti interossei. – Nach unten und innen
verläuft sich dieser Rand in eine flache Furche,
an welcher, so wie am Außentheil des Randes
selbst, der extensor proprius hallucis, der ex-
tensor digitorum pedis longus und der pero-
neus tertius sitzen.
Neben diesem Rande liegt nach außen eine
Fläche die in der Mitte gefurcht, nach unten
aber gewölbt ist, und da zur Anlage des pe-
roneus longus und breuis dient.
Zunächst folgt der äußere Rand.
Und zwischen diesem und dem innern Rande,
die zweyte Fläche, die gewölbt ist, und an
welcher nach unten der soleus und der flexor
longus hallucis anliegen.
[Seite 448] Der innere Rand verläuft sich so wie der
vordere nach unten in eine flache Furche die
mit jenes seiner zusammen stößt.
Zwischen ihm und jenem vordern Rande
liegt endlich um die Mitte herum die dritte
Fläche, die ebenfalls ausgefurcht ist und zur
Anlage des tibialis posticus dient.
Das untre Ende des Wadenbeins
(Tab. II. fig. 1. C.) ist länglicht und bildet
den äußern Knöchel (malleolus externus).
Nach oben liegt es in dem gedachten rauhen
flachen Eindruck des Schienbeins (§. 394.) –
weiter herunter ist es mittelst einer glatten
Knorpelfläche mit dem Knöchelbein verbun-
den. – Neben dieser Gelenkfläche, und etwas
tiefer nach hinten ist eine kleine Grube zur
Anlage fürs ligamentum fibulae medium
perpendiculare, oder fibulare calcaneid)
wodurch der Knöchel mit dein Fersenbein ver-
bunden ist. – Auf der Rückseite ist endlich
ein kaum merklicher Eindruck für die Sehnen
des peroneus longus et brevis.
Die beyden Röhren des Unterschenkels
haben allerdings manche Aehnlichkeit mit den
beyden Röhren im Vorderarm. Sie liegen
eben so wie diese nur mit den beyden Enden
an einander, und stehen hingegen im übrigen
von einander ab. Zwischen ihnen ist auch
eben so wie zwischen jenen ein ligamentum in-
terosseum ausgespannt (§. 393. 397.) u.s.w.
Allein außer dem findet sich doch zwischen
beyden wieder große Verschiedenheit.
Die Schienbeinröhre hat z.B. nicht wie
die Elnbogenröhre ein olecranum, sondern
statt dessen die bewegliche Kniescheibe, – auch
macht ihr unteres Ende die Hauptverbindung
mit dem Fuße aus, da hingegen das untere
Ende der Elnbogenröhre nur sehr wenig Ver-
bindung mit der Handwurzel hat etc.
Das Wadenbein ist vollends der Speiche
sehr unähnlich. Es steht gar nicht mit dem
Schenkelknochen, und nur seitwärts mit dem
[Seite 450] Knöchelbein des Fußes in Verbindung; da
hingegen die Speiche die Hauptverbindung zwi-
schen der Oberarmröhre und der Handwurzel
ausmacht.
Endlich ist auch das Wadenbein gar keiner
so freyen Rotation fähig als die Speiche u.s.w.
So wie das Bein überhaupt manche Aehn-
lichkeit mit dem Arm hat, so läßt sich auch
insbesondre sein letzter Haupttheil (§. 378.)
der Fußa), im ganzen einigermaßen mit
der Hand vergleichen. Nur daß die Natur
nach der verschiednen Bestimmung dieser bey-
derley Organe, der Hand in ihrem ganzen
Bau mehr geschmeidige Gelenksamkeit, dem
Fuß hingegen mehr robuste Festigkeit verlie-
hen hat. Daher besonders die Knochen des
Hintertheils vom Fuß größer und fester und
auch durch stärkere und straffere Gelenkbän-
derb) untereinander verbunden sind als die
in der Handnurzel.
Im ganzen ist die Richtung des Fußes
horizontal; und seine Knochen nach oben, bis
vorn wo die Zehen anfangen, gewölbt; nach
unten hingegen ausgehöhlt, wodurch das
Stehen erleichtert, und die unter der Fuß-
sohle liegenden weichen Theile vor allzu starkem
[Seite 452] Druck gesichert werdenc) Die Hauptstützen
des stehenden Fußes sind dann nach hinten
die Unterseite des Hintertheils vom Fersen-
beind) – nach vorn und innen das hintere
[Seite 453] Gelenk der großen Zehe wo die Sesamsbeinchen
liegen: – und dann auch nach außen das
hintere Gelenk der kleinen Zehe und ihr
metatarsus.
Man theilt übrigens den Fuß so ein wie die
Hand: nämlich
a) in die Fußwurzele) oder dm Hin-
terfuß, (tarsus)
b) in den Mittelfuß, (metatarsus)
und c) in die Zehen.
Die Fußwurzel (tarsus) begreift siebena)
Knochen.
Das Knöchelbeinb) (talus s. astraga-
lus – Tab. II. fig. 1. num. 1.) hat im gan-
zen eine schwer zu beschreibende gewissermaßen
würflichte Gestaltc); nach oben gewölbt,
nach unten ausgeschnitten, zu beyden Seiten
[Seite 455] platt eingedrückt; und verläuft sich nach vorn
und innen in einen kurzen dicken Hals, der sich
in eine große kuglichte Gelenkfläche endigt.
Es ist zwischen beyden Knöcheln straff ein-
gefaßt, und steht außerdem noch mit dem Fer-
senbein, und dem naviculare in Verbindung.
So wie überhaupt nach der Bestimmung
des Menschen zum aufrechten Gange die Ver-
knöcherung in der Fußwurzel früher beginnt
und schneller rückt als in der Handwurzel
(Th. I. §. 14.) so zeigen sich besonders die
Knochenkernchen dieses und des folgenden
Knochen, schon bey der ungebohrnen Leibes-
fruchtd).
Mach oben wird das Knöchelbein (nur
seinen Hals ausgenommen von einer großen
gewölbten Knorpelflächee) bedeckt, die vorn
am breitsten ist, nach hinten schmähler hinab-
[Seite 456] steigt, längst ihrer Mitte flach eingedruckt ist,
und so gleichsam eine Rolle bildet auf welche
die untere Endfläche der Schienbeinröhre genau
anschließt und sich auf derselben mittelst einer
Art von ginglymus (Th. I. §. 105.) vor-
wärts und zurück bewegen kann.
Die Seitenränder jener Rolle schlagen sich
zu beyden Seiten gleichsam herunter und
bilden ein paar kleine Knorpelflächen zur An-
lage für die beyden Knöchel des Unterschenkels.
Die innere ist kleiner, fast Sichelförmig,
und nimmt den Knöchel der Schienbeinröhre auf.
Die äußere ist größer, von der Gestalt
eines Viertel Zirkels, und saßt den Knöchel
des Wadenbeins.
Nach vorn und zugleich schräg einwärts
ragt der kurze dicke Hals des Knöchelbeins
hinaus, welcher, seine untere Seite ausge-
nommen, rauh und löchricht ist, und sich zu
äußerst in einen großen breiten Gelenkkopf en-
digt, an welchem das naviculare anliegtf).
[Seite 457] Am untern Rande der Knorpelfläche dieses
Kopfs ist ein besondrer schwacher Eindruck,
wie eine stumpfe Fassette, von der Anlage des
ligamenti cartilaginei zwischen dem Fersen-
bein und dem nauiculareg).
Zu hinterst und ganz unten, gleichsam
am Fuß der großen Rolls ist eine schräge
flache Furche für die Sehnen des flexor
longus hallucis.
Auf der untern concaven Seite des gan-
zen Knochen sind zwey ausgeschnittene Knor-
pelflächen, die durch eine tiefe schräge Quer-
furche von einander abgesondert werden, und
[Seite 458] an zwey ähnlichen Flächen des Fersenbeins
mittelst einer Amphiarthrosis anliegen.
Die hintere von beyden ist bey weitem die
größte, breit, bogenförmig ausgeschweift, und
liegt mehr nach außen.
Die vordere weit kleinere ist eyförmig,
flacher, liegt unter dem innern Rande des
Halses, und stößt an die stumpfe Fassette der
Knorpelfläche des Kopfes (§. 411.)
Die tiefe schräge Querfurche die nach hin-
ten und innen am schmählsten ist, wird ganz
mit einigen Gelenkbändenrn gefüllt die zur Ver-
bindung dieses Knochen mit dem folgenden
dienenh).
Das Fersenbeina) (calcaneus. – Tab. II.
fig. 1. num. 2.) das größte von allen Knochen
des Oberfußes, ist im ganzen von einer läng-
lichten aber ebenfalls schwer zu bestimmenden
Gestaltb), knorricht, an beyden Seiten zu-
sammengedruckt, (so daß es gleichsam auf die
scharfe Kante zu stehen kommt), und über
dem vordern Ende schräg abgeschnitten.
Es ist bloß nach oben mit dem Knöchel-
bein, und nach vorn mit dem cubiforme
straff eingelenkt.
Da es die Hauptstütze des aufrechten mensch-
lichen Körpers ausmacht, und diesen wichtigen
Nutzen schon gegen Ende des ersten Lebensjah-
res leisten soll, so fängt es am frühsten unter
allen Knochen des Fußwurzel an zu ver-
knöchernc) so daß ich seinen ersten Knochen-
[Seite 460] kern schon bey Leibesfrüchten aus dem sechsten
Monath, von der Größe eines Waizenkornes
gefunden habe.
Die obere Seite des Fersenbeins ist auf
der hintern hohen Hälfte ausgeschweift, nach
vorn hingegen wie gedacht (§. 414.) gleichsam
schräg abgestuft.
Dieser schräge Abschnitt hat zwey Knor-
pelflächen die genau auf die beyden ähnlichen
Flächen passen, mit welchen das Knöchelbein
auf dem Fersenbeine aufliegt (§. 413.)
Folglich ist die äußere die größte, mit
einem gewölbten Rücken.
Die innere weit kleiner, flacher, eyförmig,
und mehr nach vorn.
Diese letztere sitzt auf einem besondern brei-
ten Seitenfortsatz (sustentaculum ceruicis
tali alb.) und fließt zuweilen mit ihrer vor-
dern stumpfen Spitze mit einer dritten noch
kleinern aber nicht immer so deutlichen Knor-
pelfläche zusammend), die tiefer herunter und
weiter vorwärts, jenseit jenes Seitenfortsatzes
[Seite 461] auf der äußersten innern Ecke dieser obern
Seite horizontal liegte).
Jene beyden größern Gelenkflächen werden,
so wie die drauf liegenden des Knöchelbeins,
ebenfalls durch eine zwar flachere Furche von
einander abgesondert, die sich nach außen in
eine tiefe durchlöcherte Grube verliert, und
zur Befestigung der obgedachten Gelenkbänder
(§. 413.) dient.
[Seite 462] Vor dieser Grube, (am äußern Rande
dieses vordern Theils der obern Seite) ist ein
rarher Höcker zur Anlage des extensor breuis
digitorum pedis.
Die innere Seite des Fersenbeins ist glatt
und weit ausgeschweift, um verschiedne Seh-
nen, Gefäße und Nerven bequem vorbey zu
lassen. – Vorn nämlich liegen unter dem ge-
dachten Seitenfortsatz die Sehnen des flexor
longus hallucis und des flexor longus digito-
rum pedis. – Weiter zurück aber die Sehne
des tibialis posticus, die großen Blutgefäße
gleiches Namens und das Ende vom Haupt-
stamm des ischiadischen Nerven.
Die äußere Seite ist länger als die vorige,
aber rauh und uneben. – Nach vorn kommt
hier zwischen ein paar kleinern Höckern die
Sehne des peroneus longus zu liegen.
Die vordere niedrigere Seite des
Knochen endigt sich in eine etwas schräge meist
rundliche Knorpelfläche, an welcher das cubi-
forme anliegt.
Die hintere bildet die eigentlich sogenannte
Ferse, – eine große länglichte rauhe gewölbte
Fläche (tuber alb.), an deren obern schrägen
Hälfte die sogenannte Achillis-Sehne ansitzt.
Endlich die untere Seite ist schmahl, nach
hinten doch etwas breiter, und höckricht.
Nach hinten und innen nämlich liegt ein
sehr großer Höcker, das untere Ende des ge-
dachten tuber (§. 421.) mit welchem die Ferse
auftrittf). – Vor demselben eine schräge
flache Querfurche zur Anlage für den flexor
breuis digitorum pedis und die Aponevrose
der Fußsohle. – Neben dieser nach außen ein
kleiner Höcker, an welchem der abductor digiti
minimi liegt.
Nach vorn ein schmahler länglichter Höcker
zur Anlage des sehnichten Bandes, wodurch
das Fersenbein mit dem cubiforme verbun-
den ist.
Die übrigena) fünf Knochen der Fuß-
wurzelb) haben sowohl in ihrer mäßigen
Größe als in ihrer Lage, und späten Ver-
knöcherungc) mehr Aehnlichkeit mit den
Knochen der Handwurzel als die beyden vorigen.
Es folgt zunächst das nauiculare (Tab. II.
fig. 1. num. 3.)
Dieses liegt nach innen; und zwar in die
Quere; und steht mit dem Knöchelbein und mit
den vier folgenden Knochen der vordern Reihe
in Verbindung.
Nach oben hat es einen rauhen bogenför-
migen Rücken.
Nach hinten eine löffelförmige ausgeglät-
tete große Grube, mit welcher es, – gleich-
[Seite 465] sam wie ein Deckel, – an dem großen Ge-
lenkknopfe des Knöchelbeins (§. 411.) anliegt.
Nach vorn drey Fassetten, für die drey
daran stoßenden cuneiformia der vordern Reihe.
Nach unten am innern Rande einen rau-
hen kleinen Höcker für den tibialis posticus; –
und in der Mitte einen andern, womit es ans
cubiforme stößt.
Die folgenden vier Knochen liegen vorn in
einer Reihe neben einander.
Zu innerst nämlich das cuneiforme maius
(Tab. II. fig. 1. num. 4.)
Es hat ohngefähr eine mandelförmige und
von der Seite angesehen rhomboidale Gestalt,
und liegt mit der Basis nach unten und mit
der Spitze nach oben.
Die hintere Gelenkfläche, womit es an
die innere Fassette vom nauiculare stößt, ist
flach ausgehöhlt, nach oben zugespitzt.
Die vordere, mit welcher es am ersten
metatarsus anliegt, ist länger und halbmond-
förmig.
Nach innen ist es convex und rauh. An
der untern vordern Ecke sitzt der tibialis anti-
cus an einer glatten Fläche. Und an der hin-
[Seite 466] tern Ecke nach unten an einem rauhen kleinen
Höcker der tibialis posticus.
Nach außen endlich ist es schwach ausge-
höhlt; und stößt mit einer kleinen Knorpelfläche
am obern Rande an den metatarsus, und mit
einer andern am hintern Rande an den folgen-
den Knochen.
Das cuneiforme minus (Tab. II. fig. 1.
num. 5.) ist das kleinste von allen Knochen der
Fußwurzel, und hat seinen Namen mit doppel-
tem Recht sowohl seiner Bildung wegen, als
weil es zwischen den beyden andern cunei-
formibus wie eingekeilt sitzt.
Seine Basis ist aufwärts gekehrt und
viereckt.
Nach hinten stößt es mit einer concaven
Fläche an die mittlere Fassette des nauicularis.
Nach vorn mit einer convexen an den
zweyten metatarsus.
Von seinen beyden viereckten Seitenflächen
ist die innere convex und nach dem vorigen
hingerichtet; – die äußere stößt mit zwey
rundlichen nur am hintern Rande mit einander
verbundnen kleinen Flächen ans folgende.
Das cuneiforme tertium (s. medium
alb. – Tab. II. fig. 1. num. 6.) ist eben-
falls keilförmig, mit der Basis nach oben,
und mit der Schneide niederwärts gerichtet.
Nach hinten stößt es mit einer kurzen
dreyeckten Knorpelfläche an die dritte Fassette
des nauicularis.
Nach vorn mit einer langen schmahl zu-
laufenden an den dritten metatarsus.
Dicht am Rande dieser letztern Fläche nach
innen mit einem schmahlen kleinen Streif an
den zweyten metatarsus; – und auf derselben
innern Seite nach hinten zu ans vorige, mit
eben so ein paar rundlichen kleinen Flächen wie
die im vorigen § beschriebnen.
Nach außen liegt es mit einer rundlichen
Fläche am hintern Rande an dem folgenden an.
Das cubiforme (Tab. II. fig. 1. num. 7.)
ist das größte unter den vieren der vordern
Reihe.
Nach oben hat es eine rauhe gebogene
poröse Fläche von vier ungleichen Seiten.
Nach hinten stößt es mit einer schrägen
ein wenig concaven Knorpelfläche auf die vor-
dere Endfläche des Fersenbeins (§. 420.)
[Seite 468] Nach vorn mit einer ähnlichen aber in
zwey ungleiche Fassetten getheilten Fläche an
den vierten und fünften metatarlus.
Nach innen mit einer rundlichen Knor-
pelfläche am obern Rande, an das vorige
(§. 427.); – und mit einem ganz kleinen
stumpfen Höcker, der hinter derselben nach
oben liegt, an einen ähnlichen Höcker des
nauicularis (§. 424.)
Die Außenseite ist die kleinste.
Nach unten liegt ein knorrichter Wulst
in die Quere, um dessen äußeres Ende sich die
Sehne des peroneus longus herumschlägt,
und von da in die vor dem Wulst liegende
Rinne tritt.
Unter den drey Haupttheilen, worein Hand
und Fuß getheilt werden können, haben der
Mittelfuß und die Mittelhand noch die meh-
reste Aehnlichkeit mit einander.
Der Mittelfußa) (metatarsus) besteht
so wie jene aus fünfb) nebeneinander liegen-
den kleinern Röhrenknochen, die in ihrer Ver-
bindung zusammen, nach oben einen etwas ge-
wölbten Rücken, nach unten hingegen eine
flache Höhlung bilden. So wie jene zur Ver-
bindung der Finger mit der untern Reihe der
Handwurzel dienen, so diese zur Verbindung
der Zehen mit der vordern Reihe des Tarsus.
Der metatarsus der großen Zehe ist eben
so der kürzeste und dickste unter den übrigen,
wie der metacarpus des Daumen in Vergleich
zu den andern Röhren dieser Art.
[Seite 470] Die metatarsi der folgenden vier Zehen sind
schlanker und länger. Der zweyte der aller-
längste. Der vierte der kürzeste von allen.
Zuerst von ihren hintern Enden. Das
am metatarsus der großen Zehe (Tab. II.
fig. 1. D.) ist länglicht, und seine Gelenk-
fläche womit es ans cuneiforme maius stößt,
fast halbmondförmig, mit den Spitzen nach der
Außenseite gekehrt; – An seinem innern con-
vexen Rande ist ohngefähr in der Mitte eine
kleine flache Delle für den tibialis anticus. –
Die nach unten gerichtete Spitze aber verläuft
sich in eine große stumpfe Ecke zur Anlage des
peroneus longus. – Nach außen hat dieses
Ende zuweilen da wo es an den zweyten
metatarsus stößt eine kleine, aber wie gesagt,
unbeständige Knorpelfläche.
Die hintern Enden an den folgenden vier
Knochen sind weit stärker als ihre vordern En-
den, eckicht, und straff mit einander verbunden.
Das vom zweyten stößt hinten mit der
großen Endfläche ans cuneiforme minus; –
an den beyden Seitenrändern aber auch mit
einem paar kleiner Fassetten nach innen ans
cuneiforme maius, nach außen ans tertium.
Das vom dritten metatarsus liegt mit
seiner schmahlen Endfläche am cuneiforme
tertium.
[Seite 471] Das vom vierten mit einer rundlichen an
der innern Fassette des cubiformis.
Endlich das vom fünften mit einer stumpf-
dreyeckten (die Spitze auswärts gekehrt) an
der äußern Fassette desselben. – Schräg nach
außen und unten verläuft sich dieses Ende in
eine dicke stumpfe Spitze (Tab. II. fig. 1. E.)
an welcher der peroneus breuis anliegt.
Die Mittelstücke an den Knochen des
Mittelfußes ähneln wie an denen in der Mit-
telhand, kurzen Gitterstäben. Auch sind ihre
Zwischenräume eben so wie bey jenen mit den
interosseis gefüllt.
Das am metatarsus der großen Zehe ist
prismatisch, mit der breiten Fläche nach der
Außenseite gekehrt. – An der hintern Hälfte
der innern und untern Seite ist eine rauhe
Stelle zur Anlage des flexor hallucis breuis.
Die vordern Enden sind kolbicht, und
haben kuglichte Gelenkflächen zur Verbindung
mit den hintern Gelenken der Zehen, und lie-
gen nicht unmittelbar dicht aneinander.
[Seite 472] Das vom metatarsus der großen Zehe ist
groß und dick, und hat nach unten zwey ge-
furchte neben einander liegende Eindrücke zur
Aufnahme der Sesamsbeinchen dieses Gelenks.
Die an den übrigen vieren haben nach
oben eine kleine Querfurche, und nach unten
eine kleine Grube, wodurch sie gleichsam in
zwey stumpfe Spitzen getheilt werden, wo-
von die äußere die größte ist.
In einzelnen Theilen, besonders auch in
der Anzahl und in der Art der Einlenkung
ihrer Glieder haben die Knochen der Fuß-
zehen viel ähnliches mit denen in den Fingern.
Im ganzen hingegen unterscheiden sie sich gar
sehr von den letztern; theils schon durch ihre
Kürze, und daß sie zumahl bey Völkern die
enge Schuhe tragen, durch den vieljährigen
Druck derselben noch um desto mehr zusammen
gepreßt, verschoben, und die vordern Gelenke
der äußern Zehen theils gar leicht ankylosirt
werden; folglich überhaupt weit weniger Be-
weglichkeit haben können als die Finger. –
Ferner auch durch ihre relative Länge unter
einander selbst, da die zweyte Zehe zunächst an
der großen, die längste ista); an der Hand
hingegen der Mittelfinger.
[Seite 474] Der Hauptunterschied aber – und der vor-
züglichst den Fuß zum Fuße macht, und schon
allein den Menschen von allen noch so menschen-
ähnlichen Affen auszeichnetb) ist daß die
innere oder große Zehe, so gut als die übrigen
[Seite 475] eine neben der benachbarten anliegende zum
aufrechten Gangec) bestimmte Zehe, und nicht
[Seite 476] so wie in der zum greifen eingerichteten Hand
ein abstehender Daume ist. (Tab. II. fig. 1.
D. F. G. H. I. K. vergl. mit fig. 2. d. f. g. h. i. k.)
Man theilt übrigens die Zehen so wie die
Finger in ihre Reihen (phalanges) von Glie-
dernd).
[Seite 477] Das erste Glied, das nämlich an den me-
tatarsus stößt (Tab. II. fig. 1. G. H.) ist auch
hier bey weitem das längste.
Sein hinteres Ende bildet eine flache
Pfanne in welcher der vordere Gelenkkopf des
metatarsus liegt.
Das an der großen Zehee) hat am un-
tern Rande (wo die Sesamsbeinchen zu lie-
gen kommen) ein paar flache Eindrücke an
deren innern etwas größern der abductor hal-
lucis anliegt; so wie an dem äußern kleinen
der adductor hallucis und der transuersus
pedis. – Am obern Rande hingegen ist in der
Mitte der extensor breuis digitorum pedis
befestigt.
An der kleinen Zehe sitzt an diesem hin-
tern Ende der flexor proprius derselben, und
ihr abductor.
Das Mittelstück dieses ersten Glieds hat
nach unten zwey stumpfe Seitenränder zur An-
lage für die Sehnenscheiden der flexorum.
Das vordere Ende bildet eine Art Rolle,
an welche das folgende Glied mittelst eines
ginglymus eingelenkt ist.
Das mittlere Glied geht, so wie dem
Daumen, so auch der großen Zehe ab, ist aber
auch in den andern vier Zehen meist so ver-
schoben und zusammen gedrückt, daß man es
nur sehr uneigentlich unter die Röhrenknochen
rechnen kann.
Sein hinteres Ende ist mit einer doppel-
ten Knorpelfläche in die Rolle des vorigen
Glieds eingelenkt. – Auf dem obern Rande
desselben sitzt in der Mitte die Sehne der ex-
tensorum.
Das Mittelstück hat so wie am vorigen
Glied nach unten stumpfe Seitenränder, zur
Anlage des flexor breuis und der Sehnen-
scheide des flexor longus.
Das äußerste Glied (Tab. II. fig. 1. I. K.).
kommt so wie im allgemeinen seiner Bildung,
so auch in der Art seiner Verknöcherungf) mit
dem am Daumen und an den Fingern überein
(§. 373. 376.); ist aber auch so wie das
[Seite 479] vorige, zumahl an den kleinern Zehen meist
verdrückt etc.
Die Gelenkfläche des hintern Endes ist
wie am gleichen Ende des vorigen. – An sei-
nem obern Rande sitzt die Sehne der exten-
sorum; – an seinem untern die vom flexor
longus.
Das übrige ist ceteris paribus wie an den
Fingerspitzen.
Es sind nur noch die Sesamsbeinchena),
(oder wie man sie auch von ihrer Lage nennen
kann, Gelenkbeinchen, oder Sehnenbeinchenb)
übrig, die im ganzen mit der Kniescheibe ver-
glichen werden können, da sie eben so in den
Sehnen einiger flexorum an verschiednen Ge-
lenken der Finger und Fußzehen liegen, wie
jene in der großen Sehne der extensorum
vor dem Kniegelenkec).
Sie haben mehrentheils eine bohnenför-
mige Gestalt; wovon sie auch den griechi-
schen Namen erhalten; variiren aber sehr in
der Größed) und noch mehr in der An-
[Seite 481] zahle). Auch verknöchern sie am allerspä-
testen unter allen Knochen des ganzen Ge-
rippes.
Die bestimmtesten und wozu sich sogar
schon in der Leibesfrucht die knorplichte An-
lage zeigtf), sind am Fuß die beyden die un-
ten an der Sohle im Gelenk zwischen dem
hintern Glied der großen Zehe und ihrem me
tatarsus, in den beyden gedachten Grübchen
des letztern (§. 432.) neben einander liegen,
und beyde zum flexor breuis hallucisg),
das äußere auch zum adductor desselben ge-
hören. Dieß sind die größten, meist ohn-
gefähr von der Größe des pisiformis in der
Handwurzel.
Dann an der Hand erstens ein Paar an
der innern Seite des Daumen zwischen seinem
[Seite 482] obern Glied und seinem metacarpush)). Diese
beyden liegen im flexor brevis pollicis und
sind meist weit kleiner als die vorigen, ge-
wöhnlich nur wie kleine Caffeebohnen.
Dann eins an der Fuge zwischen beyden
Gliedern des Daumen, unter der Sehne des
flexor pollicis longus.
Eins zwischen dem hintern Glied des Zei-
gefingers und seinem metacarpus.
Und endlich auch meist noch eins zwischen
dem hintern Glied des kleinen Fingers und
dessen metacarpus.
Zu den ungewöhnlichen oder wenigstens
nicht so beständigen hingegen gehören erstens
am Fuß die zwischen dem hintern Glied der
kleinen Zehe und ihrem metatarsusi); –
oder ein einzelnes unten an der Gelenkfuge
zwischen den beyden Gliedern der großen
Zehek), oder wenn statt der gewöhnlichen zwey
am hintern Ende dieser Zehe (§. 439.) ihrer
dreye gefunden werdenl), u. dergl. m.
Eben so finden sich auch zuweilen ein Paar
Sesamsbeinchen hinten an den großen condy-
lis des Schenkelknochen in den Sehnen des
gemellusm).
Der seltenen Knöchelchen nicht zu geden-
ken, die man hin und wieder an andern Thei-
len des Gerippes, z.B. zwischen dem mul-
tangulum minus und capitatum der Hand-
wurzeln), – oder an Rückgrathswirbelno), –
am Stirnbeinp), – am canalis caroticus
des Schlafbeinsq) und anderwärtsr) etc. ge-
funden, und mit Sesamsbeinchen verglichen hat.
Von diesen 255 Knochen werden aber nur
248 zum eigentlichen Gerippe gerechnet, da
die sechs Gehörknöchelchen in der Paukenhöhle
versteckt liegen, und das Zungenbein von
allen übrigen Knochen abgesondert ist.
Ein venerisch-rhachitischer Schenkelknochen
eines ganz jungen Kindes, der gebrochen ge-
wesen, und durch einen breiten Ring a. b. c. d.
von ausgetretnem Knochensaft wieder zusam-
men geheilt ist.
a. Das foramen incisiuum s. palatinum
anticum.
b. Das rechte foramen palatinum po-
sticum.
c. Die rechte fossa pterygoidea.
e. Das rechte foramen spinosum.
f. Der Ausgang des rechten canalis ca-
roticus.
h. Die rechte fissura Glaseri.
i. Das rechte foramen condyloideum an-
ticum.
k. Der rechte porus acusticus internus.
l. Das linke foramen condyloideum po-
sticum.
m. Das linke foramen mastoideum s.
occipitale venosum.
n. Das linke foramen lacerum s. iugulare.
p. Die linke Gelenkhöhle für den Unterkiefer.
q. Das linke tuberculum articulare.
r. Die linke fissura orbitalis inferior.
s. Die spina palatina*).
A. B. Das untere Ende der Schienbeinröhre.
B. Der Eindruck in welchem das benach-
barte Ende des Wadenbeins liegt.
C. Der Knöchel des Wadenbeins.
D. F. Der metatarsus der großen Zehe.
E. Die stumpfe Spitze des hintern Endes vom
metatarsus der kleinen Zehe.
a. b. Das untere Ende der Speiche.
a. Der. processus styliformis derselben.
b. Der Eindruck in welchem der benachbarte
Kopf der Elnbogenröhre liegt.
c. Der processus styliformis der Elnbogenröhre.
d. f. Der metacarpus des Daumen.
e. Der processus styliformis des metacarpus
vom Mittelfinger.
g. h. Das obere Glied des Daumen.
Zweyter Theil.
Beschreibung der Knochen des mensch-
lichen Körpers.
S. just. henn. boehmeri corp. iur. canonici
vol. II. Extravagant. commun. L. III. tit. 6.
de sepulturis cap. I. p. 1166. – Vergl. auch mart.
gerberti taphographia principum Austriae
T. IV. P. I. S. Blas. 1772. gr. fol. p. 45.
wesalii ep. docens venam axillarem dextri cu-
biti in dolore laterali secandam. Basil. 1539. 4. p. 66.
Eine so äußerst seltne Schrift daß sie sogar nicht für
die von Boerhaave und Albinus a. 1725. besorgte
Ausgabe von Besal's Werken aufzutreiben war.
Von andersfarbigen Knocken bey manchen Thie-
ren habe ich im Handbuch der vergleichenden
Anatomie S. 5. Beyspiele angeführt.
Nur einige wenige Muskeln sind nicht unmittel-
bar an Knocken befestigt; z.B. der ungepaerte
Muskel des Zäpfchen im Halse (Azvgos vnulae),
die mehresten Muskeln des Augapfels u.s.w.
S. b. s. albini hist. musculor. p. 25.
Anderseits finden sich auch nur wenige Knochen
am Gerippe, an welchen keine Muskelsehnen be-
festigt sind; z. E. der Ambos, das Siebbein, das
untre Muschelbein in der Nase, die Pflugschaar,
das Nagelbein, einige Knochen der Handwurzel
u.s.w.
Hieraus ergibt sich von selbst die Wichtigkeit der
osteologischen Kenntniß für zeichnende und bil-
[Seite 4] dende Künstler. Denn daß dieser ihr anatomisches
Studium sich nicht etwa auf einen Muskelmann
einschränken, sondern von der Osteologie aus-
gehen müsse, daruber kann man zwey der gültig-
sten Richter nachlesen: beyde selbst sehr große
Künstler, und die zwey andre der allergrößten deß-
halb zu Mustern aufstellen: Benvenuto Cellini
in den Disc. sopra i principi del disegno den
Michelangelo – und Mengs über die Schönheit
und den Geschmack in der Malerey S. 77. den
Raphael.
Vergl. auch emeric-david Recherches sur
l'art. statuaire. Par. 1805. 8. p. 203 u. f.
Meine Gründe für diesen Terminus a quo der
Bildung des menschlichen Embryo nach der Em-
pfängniß, habe ich in der medicinischen Bibl.
angegeben, im II. B. S. 673. und im III. S. 726.
An einem solchen zarten Embryo in meiner Samm-
lung, der nicht viel größer als eine Roßameise ist, [Seite 7]
und ohngefähr aus der fünften Woche nach der
Empfängniß seyn mag, sind die weichknorplichten
Grundlagen der Rippen schon aufs schärfste aus-
gebildet. Ich habe eine Abbildung davon gegeben
in den Commentat. societat. Reg. scientar. Goet-
tingens. Vol. IX. p. 128. Fig. 1.
Einige altere Zergliederer haben bey den Knochen
des Hirnschedels eine Ausnahme machen, und
denselben bey der zarten Leibesfrucht nicht sowohl
für knorplicht als häuticht halten wollen. Aber
schon Vesalius sagt ganz richtig im Exam. ana-
tomicar Fallopii obseruationum p. 4. ‘„lata ossa
cartilagineae membranae speciem habeat“’ oder
wie sich nachher B. S. Albinus darüber aus-
drückte: Species eorum membranacea est, na-
tura cartilaginea. Icon. ossium foetus p. 150.
So fand ich z. E. bey einem Embryo den ich zer-
gliedert, und der ohngefähr die Länge einer Mut-
terbiene, der Kopf aber die Größe einer Zucker-
erbse hatte, schon den ganzen noch durchaus
knorplichten Boden der Schädelhöle (die innere
basis cranii) mit allen Gruben, Hügeln, Oeff-
nungen etc. aufs schärfste und deutlichste ausgewirkt.
Für diesen ersten Anfang der Ossification sind
von manchen Anatomen und Physiologen andre [Seite 8]
und theils von einander gar auffallend abweichende
Termine angegeben worden. So setzt sie z.B.
Hr. Geheim. R. Walter in s. Betrachtungen
über die Geburtstheile des weibl. Geschlechts
S. 22. schon in die dritte bis vierte Woche nach
der Empfängniß, und hingegen Hamberger in
s. physiol. medica p. 320. erst in das Ende des
dritten Monats.
Es lohnt nicht der Mühe alle die seltsamen Be-
griffe der Alten vom Ursprung der Knochen, z.B.
daß sie aus dem groben Unrath des männlichen
Saamens erzeugt würden u s. w. anzuführen.
Ziemlich vollständig hat sie B. S. Albinus ge-
sammlet annotat. academic. L. VII. c. 6.
Der erste Zergliederer der die Osteogenie aus
der Natur selbst studirt, und unzeitige Leibes-
früchte und Kinder in dieser Absicht zerlegt hat, ist
Gabr. Fallopius. S. dessen nicht genug zu em-
pfehlende Obseruationes anat. S. 17 u. f. der Ve-
net. Ausg. v. 1561. 8. Noch genauer hat nach-
her sein verdienter Schüler, Volcher Coiter die
Ausbildung der Knochen untersucht, auch die ersten
Abbildungen von Kinder- und Embryonengerip-
pen geliefert. S. dessen Ossium cum humani foe-
tus, tum infantis dimidium annum nati histor,
(in seinen seltnen und wichtigen Externar. et in-
ternar. corp. hum. partium tabulis Nürnb. 1573.
fol.) die auch Heinr. Eysson seinem eignen
Tract. de ossibus infantis Gröning. 1659. 12.
wieder beygefügt. Hierauf hat Theod. Kerckring
seine allerdings noch umständlichere und theils un-
gemein genaue Osteogenia foetuum Amst. 1670. 4.;
und 1671. als eine Zugabe die ichnograph. an-
thropogeniae herausgegeben: doch sind freylich [Seite 9]
manche Anmerkungen des ohnehin abentheuerlichen
Mannes verdächtig, einige aber offenbar falsch,
und fast durchgehends die Termine der Verknöche-
rung viel zu früh angegeben: so wie auch seine
Abbildungen ziemlich roh sind, und wenigstens
nicht mit b. s. albini icon. ossium foetus Lugd.
Bat. 1737. 4. verglichen werden dürfen, als worin
der große Künstler J. Wandelaar überhaupt alle
seine Vorgänger, ohne Vergleich übertroffen hat.
Die Knochen vieler Thiere aus verschiedenen Clas-
sen (namentlich die von Pferden, Ochsen, Hüh-
nern und Knorpelfischen) halten nach den Ana-
lysen der Herren Fourcroy und Vauquelin außer
diesen auch einen beträchtlichen Antheil von phos-
phorsaurer Talkerde, die den Menschenknochen
abgeht; sich aber dagegen im menschlichen Harne
findet und dafür in der Thiere ihrem mangelt.
Bulletin des scienc. par la soc. philomath.
T. III. N. 81.
So lassen sich die einander sonst wiedersprechenden
Meinungen von Rob. Nesbitt (in s. human
osteogeny explained. Lond. 1736. 8. Deutsch,
Altenb. 1753. 4.) und F. Dav. Herissant (in
den Mém. de l'ac. des Sc. de Paris vom J. 1758
und 1766.) in der Hauptsache mit einander
vergleichen.
Jener, der zuerst die alte Meinung widerlegt,
daß die Verknöcherung ein bloßes Verhärten des
vorher weichen Knorpels sey, (ohngefähr so wie
ein weicher Thon oder Teig allgemach verhärtet etc.)
glaubte der Knochensaft mische oder verbinde sich
gar nicht mit dem Knorpel, sondern nehme nur
dessen Stelle ein, und verdränge ihn, so daß
endlich beym vollkommnen Knochen bloß noch an
den Gelenkflächen einige Spur davon übrig bleibe.
Herissant hingegen setzte dieser Meinung seine
Versuche mit dem Einbeizen der Knochen in ver-
dünnten rauchenden Salpetergeist entgegen, und
behauptete, der Knorpelstoff bleibe der Verknöche-
rung ungeachtet selbst im festesten Knochen un-
verändert, und werde bloß von der Knochenerde
durchdrungen u.s.w.
Vergl. damit F. G. Danz Grundriß der Zerglie-
derungskunde des ungebohrnen Kindes in den
verschiedenen Zeiten der Schwangerschaft I. B.
Frankf. 1792. 8. S. 181 u. f. und die Abbildungen
der Gerippe menschlicher Leibesfrüchte aus sehr
frühen Terminen in ph. ad. boehmeri institu-
tion, osteologie. Hal. 1751. 8. tab. I. II. und vor-
züglich die bey c. f. senff de incremento ossium
embryorum in primis graniditatis mensibus. ib.
1801. 4. tab. I. II.
Ueberhaupt aber verknöchern die Fersenbeine un-
gleich früher als alle die in der Handwurzel, so
wie es die Bestimmung des zarten Kindes mit sich
bringt, das zwar in seinen ersten Lebensjahren
wenig Kraft mit seinen Händchen – aber desto
mehr mit seinen Füßen ausüben, damit auftreten,
den Körper damit stützen soll u.s.w. Eine Be-
merkung, die wohl so wie manche andere der Art
dem vormaligen Lehrer der Anatomie zu Pavia
P. Moscati nicht beygefallen war, als er zwei-
felhaft wurde, ob die Menschen auf zwey Bei-
nen, oder lieber auf allen vieren zu laufen be-
stimmt wären?
Wahrscheinlich weil das einmahl verknöcherte Fel-
senbein bey seinem zusammengesetzten wunderbaren
Baue nachher nicht viel mehr erweitert und ver-
größert werden kann. So sind auch, vermuth-
lich aus dem gleichen Grunde, bey den jungen
Raupen die härtern hornichten Theile in Ver-
hältniß gegen die weichen fleischichten so außeror-
dentlich groß, weil sie nicht so wie diese ausge-
dehnt werden und wachsen können. S. p. lyo-
net anat. de la Chenille de Saule p. 8.
So ist es nur bey dem kraftlosen, fast im ganzen
ersten Jahre bloß von fremder Hülfe abhängenden
Kinde. Bey allen vierfüßigen Thieren hingegen,
die theils schon in den ersten Stunden nach der
Geburt auftreten und laufen müssen, sind die Beine
schon in Mutterleibe fast unproportionirlich groß
und stark; und zwar am allerauffallendsten bey de-
nen, die sich gleich völlig auf ihre Füße verlassen
müssen, z. E. bey den Affen und Eichhörnchen, die [Seite 15]
auf den Bäumen leben etc., auch unter den Vögeln
bey den Wasserhünchen, die im Sumpf waden
sollen u.s.w.
Auch selbst beym innern Wasserkopf und bey rhachiti-
schen Kindern, deren Köpfe zuweilen außerordentlich
groß und zumahl nach hinten zu sehr verlängert sind,
bleiben doch die Gesichtsknochen meist in ihrem
behörigen Verhältniß, und es sind eigentlich bloß
die beyden Helften des Stirnbeins, die Scheitel-
beine und die große Schale des Hinterhauptbeins
die so sehr bis zur Verunstaltung vergrößert werden.
Die mehresten neuem Zergliedern find hierin an-
derer Meinung, und behaupten, daß beym Schei-
telbeine u.a. dergleichen breiten Knochen aus je-
ner allerersten kleinen Schuppe zuförderst die innere
dickte Rinde (die sogenannte tabula vitrea sodann
auf deren äußern Fläche erst die diploë, und zuletzt
über dieser das äußere dichte Blatt gebildet werde.
S. albini icones ossium foetus p. 6 u. f. v. swie-
ten Comm. in boerh. aphorism. Vol. I. p. 406.
bertin osteologie Vol. II. p. 31. u.a.m. Allein
ich halte mich vom Ungrund dieser Angabe und von
der Richtigkeit der dagegen oben angeführten Mei-
nung durch den Augenschein an einer ansehnlichen
Reihe dieser flachen Knochen überzeugt, die ich
von menschlichen Leibesfrüchten aus den ersten Mo-
naten nach der Empfängniß und auch von andern
größern Thieren, zumahl von ungebohrnen Füllen
und Kälbern vor mir habe.
S. die überaus lehrreichen Abbildungen vom An-
fang und Fortgang der Verknöchrung der Knie-
scheide, in Hrn. Geh. R. Walter's Abhandl. von [Seite 20]
troknen Knochen des menschl. Körpers. S. 375 u. f.
und in Herrn Geh. R. Loder's anatomischen
Tafeln tab. I. fig. 1-10.
Bey den großen Röhrenknochen ist diese Oeffnung so
weit, daß manche Insecten, zumahl Speckkäfer (Der-
mestes lardarius etc.) ihre Eyer dadurch in den
Knochen legen können; daher man zuweilen beym
Aufsägen ihre ganze Verwandlungsfolge in der
Markhöhle antrift. S. rvysch aduersar. anatom.
Decas III. tab. I. fig. 1. und albini annot. acad.
Lib. II. p. 24 u. f.
Selbst zwischen die Blätter der festesten Wände
der Röhrenknochen, wo sie Cl. Havers irrig für
leere Kanäle zur Vertheilung des Markes hielt.
S. albinvs l. c. L. III. tab. V. fig. 2.
Oper. minor. Vol. II. p. 575 u. f. und im Sup-
plément zur Pariser Encyclopédie T. I. Art.
Accroissement.
Zumahl ungemein schön in den Röhrenknochen
der sehr großen Thiere, des Elephanten, Nas-
hörner u.s.w.
Z.B. den Callus nach Beinbrüchen, widernatür-
liche Verknöcherungen weicher Theile, die Tuff-
steinartige Materie in den Gelenken der nicht sel-
ten mit einer Art von Gicht befallnen Hüner u.s.w.
Dieser Erfahrung gedenkt schon ant. mizaldus
(– misaud –) in s. Cantur. memorabilium s.
arcunorum omnis generis pag. 161. der Cölner
Ausg. von 1572. 12.
Aber erst im vorigen Jahrhundert (1736) ward
ein Londner Wundarzt G. Belchier durch Zufall
darauf gebracht, absichtliche und zweckmäßige Ver-
suche darüber anzustellen. s. Philosoph. Transact.
vol. XXXIX. p. 287. 299.
Weiter verfolgt sind sie von du hamel in den
Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris 1739. p. 1. 139.
bazano in den Comment. instit. Bononiens.
T. II. P. I. p. 129. und P. II. p. 124. guettard
in den gedachten Mem. der Pariser Acad. 1746.
S. 98. j. benj. boehmer radicis rubiae tincto-
rum effectus in corpore animali. Lips. 1751. 4.
und in ej. prolusio, qua callum ossium e rubiae
tinctorum radicis pastu infectorum describit.
ib. 1752. petr. dehtleef ossium calli gene-
ratio et natura per fracta in animalibus, rubiae
radice pastis. ossa demonstrata. Goett. 1753. 4.
J. Berzelius in Gehlen's allgem. Journal der
Chemie IV. B. S. 119 u. f.
Die leichteste und sicherste Weise von allen, die
ich versucht habe, ist daß man aus der gepülver-
ten Krappwurzel mit Brodteig Pillen macht, und
die wenn sie hart worden den Thieren einstopft.
Man kann sie in Vorrath machen und lange aufhe-
ben, ohne daß sie merklich an ihrer färbenden
Kraft etwas verlieren sollten. Bey jungen Tau-
ben färben diese Pillen schon binnen 24 Stunden
alle Knochen, selbst den Ring im Augapfel, Ro-
senfarb.
Bis jetzt wenigstens sind alle meine Versuche
fruchtlos gewesen, den Fröschen und Wassermol-
chen Färberröthe beyzubringen. Die ihnen mit
Gewalt eingestopften Pillen haben sie jedesmahl
wieder von sich gegeben, und wenn ich das Krapp-
Pulver in ihr Wasser gerührt, in der Hoffnung,
daß sie es da gelegentlich schlucken sollten, sind
sie nach 8 bis 14 Tagen darin gestorben, ohne
daß ihre Knochen im mindesten dadurch angegriffen
worden wären.
jo. benj. de fischer diss. de modo quo ossa
se vicinis accommodant partibus. Lugd. Batav.
1743. 4.
Schon Galenus erkannte die Wahrheit daß sich die
Hirnschale nach dem Hirn und keineswegs das Hirn
nach der Schale modele. de vsu part. L. VIII.
c. 12. p. 486. und anderw. – So in den vorletzten
Jahrhunderten besonders dü Laurens und Die-
merbrock. Jener in der hist. anatomica p. 139. [Seite 28]
Dieser in der anatome corpor. hum. p. 524. –
Neuerlich unter andern auch Lavater in den
physiognom. Fragm. II. B. S. 161. – Und eben
jetzt ist nun die Sache in den kleinen Schriften
über Hrn. Dr. Gall's Schädellehre allwieder zur
Sprache gekommen.
Vorzüglich schön habe ich die Abdrücke von diesen
gyris, und zwar auch im Gewölbe der Hirn-
schale, in den Schädeln einiger Gattungen des
Wieselgeschlechts, Iltis etc. so wie in dem der
Robbe (Phoca vitulina) gefunden.
Das merkwürdigste hieher gehörige pathologische
Stück so mir je vorgekommen, ist ein Schädel
eines bejahrten Mannes in meiner Sammlung,
dessen linke Gesichtshälfte durch vieljährigen an-
haltenden Gesichtsschmerz so auffallend zusammen-
gezogen worden, daß er gegen die rechte Seite
aufs abentheuerlichste absticht. Der heftige Krampf
hat das Jochbein der leidenden Seite eben so
stark herab als den benachbarten Theil des Un-
terkiefers hinauf, und den Seitenflügel desselben
auswärts gezogen.
p. camper sur la meilleure forme des souliers
(1781) 8. Deutsch in dess. kleinen Schriften.
I. B. 2. St.
Ich besitze durch die Güte des Hrn. Baron v. Asch
das Skelet eines bejahrten Donischen Cosacken an
welchem die Untertheile der Sitzbeine (tubera
ischiorum) von einer ganz auffallenden Größe
und Breite find. Höchst wahrscheinlich die Folge
des beständigen Reitens.
Hr. Hofr. Richter in den nov. Commentar. soc.
Reg. scientiar. Goettingens. T. III. p. 86. 89.
P. Camper über den Unterschied der Gesichts-
züge in Menschen verschiedener Gegenden und ver-
schiedenen Alters, übersetzt von Sömmerring.
Berlin 1792. 4. tab. IV. fig. 1. 2. 3. und tab. V.
Nicht wie der alte Ruysch und nach ihm viele
andre Zergliederer gemeint, mittelst einer dazwi-
schen liegenden Beinhaut, als welche da gar nicht
existirt. Aber wohl legt sich die äußere das ganze
Gerippe überziehende Beinhaut da, wo die An-
sätze ans Hauptstück stoßen, vorzüglich straff an,
und hilft ihre Verbindung befestigen.
Eine genaue Beschreibung aller Fortsätze am Mensch-
lichen Gerippe s. bey fr. wilh. hensing de apo-
physibus ossium c. h. Giess. 1742. und im VI. B.
der Hallerischen anat. Samml.
Ein ansehnliches Verzeichniß solcher von vielen Zer-
gliederern bemerkten Verknöcherungen aus allen
Theilen des Körpers hat Hr. v. Haller gegeben:
ad boerhaav. praelect. vol. III. p. 501 u. f.
und in den Elem. physiol. vol. VIII. P. II.
p. 78 u. f. So auch Hr. Prof. Sandifort obser-
vat. anat. patholog. P. III. cap. 2. p. 42 u. f. –
Am häufigsten finden sie sich an den größern
Schlagadern, an den Häuten welche die großen
Höhlen des Körpers auskleiden, und in manchen
Drüsen, die leicht im höhern Alter theils knochicht
theils gar roffteinartig werden; ein Unterschied
der nämlich bloß auf dem verschiedenen Verhältniß
der Knochenerde gegen die thierische Gallerte be-
ruht: ist dieses gering, so sind dergleichen Ver-
knöcherungen mehr hornartig, oder gar nur wie
festes Wachs, lassen sich späneln etc. widrigenfalls
hingegen mehr sandig, so daß sie unter dem
Messer knirschen u.s.w.
Wie ungleich seltner hingegen solche wiederna-
türliche Verknöcherungen an den eigentlich knorp-
lichten Theilen des erwachsenen Körpers gefunden
werden, davon im achten Abschnitt.
Zuweilen verwachsen aber auch die Suturen sehr
frühzeitig, und das entweder durch anhaltenden
äußern Druck auf den Schädel, oder aber aus
krankhafter Ursache. Einen merkwürdigen Fall [Seite 37]
der ersten Art habe ich in der Iten Decas cranior.
tab. 3. abgebildet; ein gar wundersamer jugend-
licher Kopf mit hoher Dachförmiger Scheitel auf
welcher keine Spur der ehmahligen Pfeilnaht
mehr zu erkennen ist, ohngeachtet alle übrigen
Nähte noch in ihrer vollsten jugendlichen Inte-
grität stehen. Von Fällen der andern Art besitze
ich z.B. das Gerippe eines rhachitischen siebenjäh-
rigen Kindes an welchem schon alle wahren Nähte
der Hirnschaale fast gänzlich verloschen find. (Vergl.
Zinn in den Commentar. soc. Reg. scientiar.
Goettingens. T. II. p. 366.)
Anderseits habe ich aber auch den überaus merk-
würdigen Schädel einer hundertjährigen gänzlich
zahnlosen Frau in meiner Sammlung, wo selbst die
sämmtlichen Alveolen beyder Kiefer längst total
absorbirt gewesen, und an welchem sich demohn-
geachtet alle und jede Suturen ohne Ausnahme
so frisch wie am Kopfe eines Mannbaren Mädchens
erhalten haben.
Hingegen verwachsen die Zahnwurzeln ohngeachtet
ihrer festen Einkeilung in den Zahnzellen, doch
nur äußerst selten mit denselben; da dann in
diesem Fall die ihnen eigenthümliche substantia
cornea geschwunden ist; und man folglich eben
deßhalb vermuthen kann, daß es der Hauptnutzen
dieser Substanz ist, dergleichen Ankylose zu verhüten.
Bekanntlich kann aber dieses Verwachsen der Ge-
lenke (Ancylons) auch aus andern Ursachen, aus
Verderbniß der Säfte etc. schon in jungern Jahren
statt finden. – Von einigen erstaunungswurdi-
gen Fallen der Art, da fast alle Gelenke des gan-
zen Gerippes zusammen verwachsen, und die Pa-
tienten dadurch bey ihrem Leben fast wie Bildsäu-
len steif und unbiegsam worden, s. reald. co-
lvmbvs a angef. O. S. 485. bern. connor
de stupendo ossium coalitu, Oxon. 1695. 8.
m. K. und die Philos. Transact. 1741 vol. XLI.
P. II. N. 461. Taf. V. – Andre zahlreiche Fälle
einzelner Ankylosen aus den Observatoren gesamm-
let s. in sandifort obs. anat. patholog. P. I.
p. 98 u. f. vergl. auch die trefflichen Abbildungen
in dess. Museum anat. acad. Lugd. Batav.
vol. II. und unter den Monographieen über diese
Knochenkrankheit vorzüglich jac. th. van de
wynpersse Diss. I. II. de Ancylosi. Lugd. Bat.
1739. 4. m. Kupf.
Auch andre dergleichen Höhlen und Canäle der
Knochen verengern sich wenn der sonstige Wider-
stand des Körpers den sie enthalten vermindert
wird. So hat z.B. Sömmerring bey einem [Seite 39]
Pferde und einem Eichhörnchen die mit Verderb-
niß und Einschrumpfen des einen Sehenerven
erblindet waren, auch des foramen opticum im
Keilbein auf derselben Seite merklich verengert
und gleichsam zugewachsen gefunden.
rvysch observ. anat. chirurg. p. 77. fig. 65.
herissant in den Mém. de l'Acad. des Scienc.
de Paris v. J. 1758. Pl. XII. fig. 1.
Dieses Schwinden der Diploë kann aber auch
außerdem durch Krankheiten, besonders durch ve-
nerischen Beinfraß, durch Englische Krankheit
u.s.w. veranlaßt werden.
S. Sömmerring de cognitionis subtil. systema-
tis lymphat. in medic. vsu. Cassel 1779. p. 12.
Sogar scheint es daß sich die Natur der leicht zu
producirenden Knockenmaße zuweilen bedient, um
dadurch den Verlust der übrigen nicht reproducir-
baren Stoffe eines ganzens Organs (– einer pars
dissimilaris wie es die Alten nannten –) eini-
germaßen zu compensiren, und es dadurch wenig-
stens taliter qualiter funktionsfähig zu machen.
So hat z.B. der berühmte Wundarzt Morand
(– in der Hist. de l'Ac. des Sc. de Paris v. J.
1770. p. 50. –) einen Hasen beschrieben, dem
lange vor seinem Tode einmahl der eine Vorder-
fuß war abgeschossen worden, den ihm die Natur,
wenn gleich nicht quoad materiem doch wenigsten
so ziemlich quoad formam durch ein Surrogat,
nämlich durch eine Pfotenförmige Knochenmaße,
die sie hervortrieb, zu ersetzen gesucht hatte. –
‘„c'etoit“’ wie er sich ausdrückt ‘„une espèce de
jambe de bois, dont la nature seule avoit fait
les frais.“’
Ein merkwürdiges Beyspiel mit Parallelfällen ver-
glichen s. in j. c. obertevffer diss. de enthlasi
cranii sponte restituta. Argentor. 1771. 4.
Ein Versuch der schon zu Pare's Zeiten be-
kannt gewesen. s. dess. Chirurg. pag. 359. der
Franks Ausg. v. 1610. – Späterhin s. birch
am angef. O. – umständlich aber i. hvnter's
hist. of the teeth. Th. II. S. 87 bis 112. Vergl.
auch mehrere Aufsätze darüber in den Memoirs
of the medical Society of London. vol. I.
pag. 330 u. f.
Selbst nach Beinbrüchen hat man nicht selten
völlig neue am ganzen Gerippe sonst nicht [Seite 44]
existirende Gelenke sich bilden gesehen, deren
Entstehung sich wohl schwerlich mit der Hypothese
von präformirten Keimen zusammenreimen läßt.
An Menschen ist z.B. der von Sylvester in den
1685. beschriebene Fall bekannt, wovon nachher
Daubenton im IIIten B. der Hist. nat. gen. et
particul. eine bessere Abbildung gegeben. Aber
auch an Thieren sind ähnliche Fälle bemerkt wor-
den. Z.B. an einer Katze von Tenon in den
Mém. de l'Acad. des Scienc. v. 1760. S.
mit mehrern j. salzmann diss. de articulationi-
bus analogis quae fracturis ossium superueniunt.
Argentor. 1718. 4. auch haller ad boerha-
vii praelect. T. V. P. I. p. 257.
albini annot. acad. L. V. p. 141. tab. II. san-
difort museum anatomic. acad. Lugd. Patav.
tab. LXIV u. f. – So auch beym Pferd Tenon
in der Hist. de l'Ac. des Scienc. v. 1770. S. 53.
Einige Versuche die ich schon vor mehrern Jahren
darüber angestellt s. in Hrn. Hofr. Richter's chi-
rurg. Bibl. VI. B. 1. St. S. 111 u. f. – Vergl.
g. l. koeler experimenta circa regenerationem
ossium. Goetting. 1786. 8. und alex. herm.
macdonald de necrosi ac callo. Edinb. 1799.
8. – Beyde mit trefflichen Kupfern.
Von der Erzeugung der Beinschwiele überhaupt s.
die treffliche Abhandlung des Hrn. Prof Bonn
in seiner Descriptio the sauri ossium morbosorum
Hoviani. Amst. 1783. 4. Vergl. damit die mei-
sterhaften Abbildungen von geheilten Knochen-
brüchen in Dess. tabul. ossium morbosor. ib.
1785 u. f. gr. fol.
v. haller elem. physiol. l. c. p. 356. und zu-
mahl des Dr. Baronio ricerche intorno alcune
Riproduzioni che si operano negli animal si
detti a sangue caldo, e nell uomo, in den
Memorie della Societa italiana T. IV. p. 480 u. f.
Ein paar merkwürdige Fälle von Reproduction
eines großen Theils des Unterkiefers s. in gebr.
j. van wy heelkundigen Mengelstoffen. Amst.
1784 u. f. 8. besonders instructiv ist der von einem
großen cariosen Stück des Kieferbogens, das die
Natur bey einem 70 jährigen Manne abgenosen,
und es allgemach wieder mit einen neuen repro-
ducirten knöchernen Bogenstück ersetzt hatte. Die
Abbildungen des alten Stücks s. im I. D. tab. IV.
fig. 3. 4. und die vom reproducirten im II. D.
2. St. tab. 1. fig. 1. 2.
Was die Alten von der Organisation der Knochen
gesagt, ist von wenigem Belange. Erst zu Ende
des vorigen Jahrhunderts ist sie von einigen ver-
dienten Männern recht absichtlich untersucht wor-
den. Dieß war vor allen der glückliche tiefe For-
scher der organisirten Schöpfung Marcell. Mal-
pighi, erst in der anat. plantar. Lond. 1675. fol.
und dann in den bey weiten wichtigsten operib.
posthumis. Lond. 1697. fol. – zweytens der Rö-
mische Lehrer Joh. Dominic. Gagliardi in seiner
anat. ossium. Rom. 1689. 8. mit saubern Kupf. –
und drittens Clopt. Havers in der osteol. nova
or some new observ on the bones. Lond. 1691.
8. – Neuerlich haben nachher besonders der
Französ. Leibarzt Lassone in den Mém. de
l'Acad. des Scienc. vom J. 1751. – ferner der
ältere Herissant am angef. O. und dann in
einer Dissert. eines seiner Verwandten gleiches
Nahmens E. a substantiae terreae intra poros
cartilaginum appulsu ossea durities. Par. 1768. 4.
mit Kupf. – auch albinvs in den annot. acad.
L. VII. c. 17. u.a.m. diesen Gegenstand weiter
verfolgt. – Am genausten hat neuerlich Scarpa den
ganzen Gegenstand bearbeitet in s. commentarius de
penitiori ossium structura. Lips. 1799. 4. m. netten
Kupf. und mit Zusätzen von Leveillé in den
Mém. de physiologie et de Chirurgie-pratique
par. a. sparpa. Par. 1804. 8. Deutsch mit An-
merk. vom seel. Hofr. Roose, Leipz. 1800. 4.
Das Schleimgewebe der Knochen zeigt sich auch durch
die diesem allgemeinen Grundstoff des thierischen
Körpers beywohnende Lebenskraft, die Contracti-
lität (institut. physiolog. p. 48.) wodurch sich
z.B. die Zellen der ausgerißnen Zähne in Kurzem
schließen. So ist z.B. an zwey Schädeln von
jungen Neuholländern in meiner Sammlung (Dec.
cranior. III. tab. XXVII. und Dec. IV. tab. XL.)
der alveolus des einen mittlern Schneidezahns
der obern Kinnlade der bekanntlich diesen Wilden
in ihrer Jugend asgeschlagen wird, so gleichför-
mig geschlossen als wenn er aus Wachs gewesen
und von vorn nach hinten zusammengedruckt wor-
den wäre.
Der abentheurliche Projectmacher Den. Papin
hat seine Maschine zuerst 1679 der Londner So-
cietät vorgelegt. s. birch. T. III. p. 486 – Von
neuen Verbesserungen dieses Kessels s. Wilke in
den Schwed. Abhandl. vom J. 1773. – Der
dessen ich mich zu diesen Versuchen bedient, ist
von Kästner in den Götting. Gelehrt. Anz.
1771. S. 41. u. f. beschrieben.
Durch einen fast ähnlichen Proceß werden die
Knochen im Magen der Raubthiere aufgelößt; der
gallertartige Theil zu ihrer Nutrition verwendt, die
Knochenerde aber meist mit ihrem Auswurf (dem
bey den Hunden sogenannten album graecum)
abgefuhrt.
Ueber die Knochenfaser hat Connor a. angef. O.
viel eigenes gesagt, und Hr. v. Haller hält ihn
für den ersten der eingesehen habe, daß alle feste
Theile des Körpers aus Fasern bestehn. de corp.
hum. part. fabr. et funct. T. I. p. 3.
Andre Bemerkungen, z.B. daß die Knochen-
faser selbst bey den größten Thieren, beym Ele-
phanten etc. doch nicht größer sey als bey den
kleinen, s. bey abr. kaav boerhaave de cohaes.
solidor. in corp. anim. im IV. B. der Nov.
Comment. Acad. Petropolit. p. 358 u. f.
Scarpa hat a a. O. die freylich von manchen
seiner Vorgänger in dieser Untersuchung zu weit
getriebne Vorstellung von der Knochen-Faser theils
eingeschränkt theils widerlegt. Doch hat schon sein
trefflicher deutscher Uebersetzer dabey erinnert daß
das schwerlich so zu deuten sey als ob er die Fa-
serförmigen Anfänge der ersten Knochenrudimente
überhaupt verwerfe; denn die ist in den obgedach-
ten Beyspielen, vollends bey der Vergleichung
mit dem Ossificationsproceß in den beyden Classen
von Thieren mit rothem kalten Blute, wohl
unverkennbar.
perenotti sur la construction et sur l'accroisse-
ment des os, in den Mém. de l'Ac. de Turin
vom J. 1784. T. II. p. 352 u. f. Und zwar bilden
sich diese Blätter nicht erst im Alter wie Albinus
meint, annot. acad. L. VII. p. 91. sondern offen-
bar schon im ersten Lebensjahre. s. z.B. Taf. I.
fig. 1. e.
gagliardi am angef. O. Tab. I. fig. 1. 2. 3. –
doch werden freylich feine sogenannten Knochen-
Nägel und Zäpfchen erst durch Calcination u.a.
Künsteley recht sichtbar.
S. außer Gagliardi und Scarpa, cheselden's
osteographia tab. II. boehmeri instit. osteolog.
Tab. III. fig. 1. 2. albini annot. acad. L. IV.
tab. VI. suë auf seinen Prachttafeln zur osteolo-
gie de monro tab. XXX. XXXI. und Loder's
Tafeln tab. I. und XV.
Z. E. bey den erwachsnen Bisulcis wenn die an-
fänglichen Doppelröhren in ihrem metacarpus und
meratarsus allgemach in Eine verschmelzen. s.
Handbuch der vergleichend. Anat. S. 76.
a. boyer Traité d'Anatomie T. I. p. 37. van
hoorn de iss, quae in partibus membri, prae-
sertim osseis, amputatione vulneratis, notanda
sunt. Lugd. Batav. 1803. 4. p. 125.
haller in Commentar. soc. Reg. scient. Gost-
tingens. T. II. p. 125. und in den nouis Com-
mentar. T. III. p. 29 u. f. bromfield's chi-
rurgical observat. and cases. T. II. p. 3. u.a.m.
kaav boerh. perspir. dict. Hipp. p. 322. u. f.
bonn de continuationib. membranar. in sandi-
fort thesaur. diss. T. II. p. 283. u. f.
Doch ist die Empfindlichkeit der Beinhaut auch
noch neuerlich von manchen behauptet worden
z.B. von Bromfield, Boyer u.a.m. – van
Hoorn nennt sie eine membrana, neruos qui-
dem accipiens quam plurimos, sed tamen
parum sensilis a. a. O. S. 37. v. haller de
partib. c. h. sensibilib. in den Commentar. Societ.
Goettingens. T. II. p. 123 u. f. und in den nouis
commentariis T. III. p. 13 u. f. Auch petr.
castell exper. quibus varias c. h. partes sen-
tiendi facultate carere constitit. Goett. 1753.
p. 61 u. f.
Oper. posthum. p. 48. Auch in der Idea anat.
plantar. in der diss. epistolica ad Sponium etc.
S. dessen 7 Aufsätze in den Mém. de l'Acad. des
Scienc. von 1741-43. Und Fougeroux Mém.
s. les os Par. 1760. 8. zur Vertheidigung der
Dühamelschen Meinung: die auch der würdige
Bonnet in den Consider. s. les corps organis.
§. 221. u. f. beyfällig vorgetragen hat. Ihr Un-
grund ist hingegen vom Hrn. v. Haller durch seine
musterhaften Beobachtungen des bebrüteten Küchel-
chen im Eye erwiesen worden. s. dessen Deux Mém.
s. la format. des os. Lausanne 1758. 12. und
vermehrt in den operib. minorib. vol. II. Auch
selbst Albinus ist hierin mit Haller gleicher Mei-
nung gewesen, und hat ebenfalls Dühamel um-
ständlich widerlegt, in den annot. acad. L. VI. c. 1. [Seite 60]
Von dem überaus merkwürdigen pathologischen
Phänomen, da man zuweilen beym Zersägen großer
Elfenbeinzähne mitten in ihrer Substanz Kugeln
auf eine eigne Weise verwachsen gefunden, womit
das Thier in jüngern Jahren angeschossen worden,
dessen sich Haller namentlich als entscheidenden Ge-
genbeweis zur Widerlegung von Dühamel's Be-
hauptung bediente (oper. minor. a. a. O. p. 554 u. f.
593.) habe ich im Handb. der vergleich. Anat.
S. 42. u. f. gehandelt und ein besonders merkwür-
diges Stück der Art aus meiner Sammlung
beschrieben.
Und daß auch Troja's neuern übrigens sehr
merkwürdigen Versuche über die Erzeugung der
Beinschwiele der Dühamelschen Meinung bey
weiten nicht so günstig sind als man geglaubt
hat, ist schon in Hrn. Hofr. Richters chir. Bibl.
am a. O. von mir angemerkt.
Aus einem ähnlichen Fehlschluß, der besonders
durch die knochichte Härte mancher Sehnen bey
den Vögeln, zumahl am Schienbein des wälschen
Hahns, veranlaßt worden, glaubte man im vor-
letzten Jahrhundert, daß die Knochen – wenig-
stens großentheils – aus den Sehnen entstünden.
s. nic. stenonis de musc. et glandul. obs. p. 26.
casp. bartholini jun. Specim. hist. anat. part.
c. h. p. 185. u. f. auch noch Jüvet in Vander-
monde's Journal de Medec. T. XII.
H. F. Isenflamm in s. und Rosenmüller's Bey-
trägen für die Zergliederungskunft II. B. S. 33 u. f.
Man hat ehedem verschiedenen Thieren das Mark
ohne Grund abgesprochen. So war es z.B. eine
allgemeine Sage, daß die Löwenknochen ganz
dicht und marklos wären, und sogar am Stahl
Feuer schlügen. s. aristot. hist. animal. III. 7. –
ein Irthum der doch schon zum Theil von gale-
nus de vsu partium XI. 18. weit umständlicher
aber von fallopivs exposit. de ossibus, Oper.
p. 527. von colvmbvs de re anat. p. 115. und
von renat. hener. apolog. pro vesalio advers.
sylvivm Ven. 1555 8. p. 27. widerlegt worden.
f. grützmacher de ossium medulla. Lips 1748.
fig. 2. 3. Auch im IVten B. der Hallerischen
anatom. Samml.
Daher find in den mehresten Luftknochen der Vögel,
von welchen sogleich die Rede seyn wird, nur
wenige Spuren von dieser sogenannten innern
Beinhaut merklich. Die wenigen Gefäße die in
dergleichen leere Knochenhöhlen gehen, lausen an
den Wänden hin, an welche sie bloß mit einem
zarten zu ihren beyden Seiten ausgebreiten Zell-
gewebe befestigt werden.
Zu den Aerzten die sich durch Erfahrungen bey
Knochenkrankheiten von der Empfindlichkeit des
Marks überzeugt hielten, gehörte weiland beson-
ders Nic. Massa, späterhin Deventer, so wir
neuerlich Bordenave, Sabatier, Troja u.a.m.
und noch kürzlich von Hoorn am a. O. und [Seite 64]
alex. danilewsky diss. de carie ossium. Mosq.
1805. p. 10.
Anderntheils versichern auch verschiedene Zer-
gliederer die Nervenfäden in die Markhöhlen der
Knochen verfolgt zu haben, wie z.B. Düverney
in den Mém. de l'Ac. des sc. 1700. p. 253. Al-
binus ad tab. ossium XXIV. fig. 2. u. XXV.
fig. 2. Portal im IIten B. des Précis de chirurgie
pratique; Lud. Paliani in den Epist. ad hal-
ler. script. Vol. IV. p. 106. 131. andr. com-
paretti de vaga aegritudine infirmitatis nervor.
ad. murray dissertat. de sensibilit. ossium
morbosa die auch im Isten Bande der Act.
medicor. Suecic. wieder abgedruckt ist etc. und
jac. joh. klint de nervis brachii. Goett. 1784.
p. 6. – Allein solche Nerven dienen dann bloß zur
Begleitung und Versorgung größerer Arterien und
verbreiten sich weder in die Substanz der Knochen
selbst noch in die Markhaut. s. Sömmerring
vom Bau des Menschl. Körpers. I. Th. S. 25.
und 29. der 2ten Ausg.
Hingegen hat längst der scharfsinnige jüngere
Riolan im Enchirid. anat. pathol p. 553. und
Hr. v. Haller a. a. O. und in den Nor. Comm.
Goetting. T. III. p. 30 u. f. und Bromfield
u.a.m. sowohl aus den fruchtlosen Nachforschun-
gen der Nerven im Mark, als aus Erfahrungen
an Knochenkrankheiten die Fühllosigkeit desselben
behauptet.
iaq. de marqve paradoxe ou Traité medullaire
auquel est amplement prouvé contre l'opinion
vulgaire, que la moëlle n'est pas la nourriture
des os. Par. 1609. 8.
ei. Diss. sur la nourriture des os, die nebst Cour-
tial's und J. L. Petit's Abh. von Knochenkrak-
heiten in Leiden 1709. 8. herausgekommen.
Daß Manche Knochen am Gerippe der Vögel
markleer und hohl sind, war längst bekannt.
Der große Galilei brauchte sie als Beyspiel um
zu beweisen, daß eine hohle Röhre weit stär-
ker ist und mehr resistirt als ein dichter Cylinder
von gleicher Materie, gleichet Länge und von
gleichem Gewichte, der aber folglich dünner seyn
muß. s. dessen Discorsi e Dimostrationi mate-
matiche etc. im IIten B. seiner Werke, der Bo-
legn. Ausg. v. 1655. p. 111 u. f.
Aber die Bestimmung und den Nutzen dieser
hohlen Knochen, und daß sie mit andern schon
vom großen Harvey entdeckten Luftbehältern der [Seite 66]
Vögel in Verbindung stünden (s. harvey de ge-
nerat. animal. Exerc. III. p. 4. u. f. der Londner
Orig. Ausg. v. 1651. 4.) hat zu allererst P.
Camper c. 1771 ausgefunden, und seine so wich-
tigen Bemerkungen darüber theils im 1ten Band
der Verhandel. v Rotterdam theils im IVten B.
der hedendaagsche Vaterhandsche Letteroeffenin-
gen bekannt gemacht. Seine spätern Entdeckun-
gen darüber find dem ersten B. seiner von Hrn.
Herbell übersetzten kleinen Schriften Leipz. 1782. 8.
S. 151 u. f. beygefügt. Joh. Hunter's Unter-
suchungen über diese Luftknochen s. in den philos.
Transact. Vol. LXIV. P. I. p. 205 u. f.
Die Hauptsache geht dahin, daß erstens bey
den meisten Vögeln die großen Röhrenknochen,
zumahl die Schulter- und Schenkelknochen eine
große leere Höhlung enthalten, die höchstens nur
mit einigen knochichten Queerfäden durchkreuzt
ist. Andre, zumahl die am Thorax, enthalten
zwar keine große Höhlen, sondern knöchernes
schwammichtes aber ebenfalls markleeres Gewebe,
und diese beyderley Gattungen von Luftknochen
stehen mittelst großer sehr sichtlicher dazu bestimm-
ter Löcher und besondrer Gefäße, deren Gang
und Verbindung Hr. Hofr. Merrem entdeckt hat
(s. Leipz. Magaz. 1782. 3tes St. S. 406 u. f.)
mit den Lungen in Verbindung. – Endlich ist
aber auch die Diploë der Hirnschale bey vielen
Vögeln, zumahl bey den Papageyen etc. überaus
dick, schwammicht, und doch ebenfalls völlig
markleer, und diese wird so wie der Schnabel
und der Unterkiefer durch die Eustachische Röhre
mit Luft gefüllt.
Alle diese markleeren Luftknochen zeichnen sich
auf den ersten Blick durch ihre Leichtigkeit, Weiße
und Sprödigkeit von den mit Mark versehnen Kno-
chen aus. Meist find sie auch etwas durchscheinend. [Seite 67]
Mehr darüber s. im Handb. der vergleich.
Anat. S. 251 u. f.
Eine entfernte Aehnlichkeit mit diesen Luft-
knochen der Vögel, nämlich mit den Luftzellen in
ihrer Hirnschale, zeigt sich übrigens doch selbst auch
beym Menschen am Zitzenförmigen Fortsatz (pro-
cessus mastoideus) des Schlafbeins, dessen Zellen
mit der Paukenhöhle und der Eustachischen Röhre
in Verbindung stehen.
Denn wenn das Mark zerstört worden, so ergie-
sen die Gefäße, die sich sonst hinein vertheilten,
nunmehro Knochensaft, und zwar ergiest sich der-
selbe wennn die ausgeleerte Markröhre mit Char-
pie etc. ausgestopft wird, desto stärker in den äußern
Callus, der die alte Röhre nun wie ein Futteral
umgiebt; wird sie aber leer gelassen, so erzeugt
sich auch in ihrem innern ein neuer Knochenkern.
Das leztre war mir damahls als ich den gedachten
Aussatz a. angef. O. einrückte noch nicht gelungen.
Seitdem aber habe ich es öfter bestätigt gesehen.
Ich übergehe den abentheuerlichen Nutzen, den
Leeuwenhoeck, der sich so oft durch seine Micro-
scope irre führen lies, dem Mark andichtete, [Seite 68]
daß es durch besondre Gänge als Fettschweis auf
die Oberfläche der Haut geleitet werde etc. philos.
Transact. Nr. 366. p. 97.
Daher die knirschende Sprödigkeit der ersten
Knochenkerne bey zarten Leibesfrüchten, bevor sich
noch einige Markzellchen in denselben gebildet
haben; und die gleichsam Glasartige Unbiegsam-
keit der gedachten markleeren Vogelknochen.
w. hvnter in den philos. Transact. Nr. 470. von
den Knorpeln der Gelenkflächen. f. dav. heris-
sant in den Mém. de l'acad. des sc. 1748. bey
Gelegenheit der Brustbeinknorpel. delassone
in eben diesen Mém. v. J. 1752, und io. gottl.
haase diss. de fabrica cartilaginum. Lips. 1767.
mit Kupf.
Ich habe zwar mehrmahlen in verknöcherten
Knorpeln des Kehlkopfs, aber noch nie so wie
es Morgagni (in den aduersar. anat. I. p. 25.)
öfters gesehen zu haben versichert, in den noch
unveränderten Knorpeln desselben, etwas einem
würklichen Knochenmark ähnliches finden können.
Daher die so sehr erschwerte und fast ganz ge-
hemmte Beweglichkeit der sogenannten Gicht-
knochen als bey welchen die articulirende Knor-
pelrinde und theils selbst der daran stoßende Theil
der Gelenkknöpfe und Pfannen etc. durch Absorbtion
verzehrt sind. s. Sömmerring in meiner medi-
cinischen Bibliothek III. B. S. 493 u. f. und
sein Werk de morbis vasorum absorbentium
p. 30 u. f. Auch joh. wenzell diss. de ossium
arthriticorum indole, Mogunt. 1791. 8.
Auf diese ausnehmende Elasticität der Knorpel,
besonders der zwischen den Wirbeln liegenden
Knorpelscheiben, gründet sich die sonderbare Be-
merkung, daß der menschliche Körper wegen seiner
aufrechten Stellung am Morgen um ein so be-
trächtliches höher ist, als am Abend. S. Vaße
und Becket in den Philos. Transact. Nr. 383.
und der Abt de Fontenu in der Hist. de l'Acad.
des Sc. 1727. p. 16 u. f.
Daher ist z.B. eine vollkommne wahre Ankylose
der Schambeinknorpel fast unerhört: – und der
große Harvey fand in der Leiche des 153 jährigen
Thomas Parre die knorplichten Anhänge der
Rippen am Brustbein noch so geschmeidig und
biegsam, als irgend bey einem jungen frischen
Manne. Den ganzen merkwürdigen Sectionsbe-
richt hat Joh. Betts seinem Buche de ortu et
natura sanguinis Lond. 1669. 8. beygefügt.
Eben so sah auch Jac. Reil diese cartilagines
permanentes in der Leiche des 130 jährigen Joh.
Bayles unverändert, bey welchem doch die große
Schlagader im Unterleibe nebst den iliachis großen-
theils verknorpelt war, und sich auch Verknöche-
rungen im Sichelförmigen Forsatz der harten
Hirnhaut fanden. s. die Philosoph. Transact.
vol. XXV. p. 2248.
Ueberaus merkwürdig ist die krankhafte Entstehung
der kleinen Bohnenförmigen Knorpel die sich zu-
weilen im Kniegelenk, so wie in den bursis mu-
cosis der Muskeln, und wiewohl sehr selten, im
Wasserbruch bilden. Monro hat in dem Schleim-
beutel hinter dem flexor pollicis longus ihrer
gegen 50 beysammen gefunden: und der verdiente
Weterinararzt Herr Director Havemann in Han-
nover nicht weniger denn 136 dergleichen in dem
sogenannten Luftbeutel an der Eustachischen Röhre
einer 14 jährigen Stute. – s. Voigt's Magaz.
für die Naturkunde IX. B. S. 216 u. f.
Ueber die Einrichtung des Gerippes zu diesem Zweck
vergl. außer dem was Borelli u.a. ältere davon
gesagt vor allen des geistreichen Barthez nouvelle
méchanique des mouvements de l'homme et des
animaux. Carcassone 1798. 4.
Der erste der die verschiednen Verbindungsarten
der Knochen genau bestimmt hat, ist der vortrefliche
Fallopius in seinen so reichhaltigen obseruat.
anat. S. 9 u. f. der Orig. Ausg. Unter den fol-
genden Zergliederern hat vor allen der verdiente
Düverney diese ganze Lehre genau und umständ-
lich abgehandelt. S. dessen erst nach seinem Tode
erschienenen Oeuvres anat. Tom. I. Par. 1761. 4.
S. 382 bis 411.
Sehr uneigentlich aber belegte man ehedem auch
ein Paar Spalten oder Ritzen (fissuras) mit dem
Namen von Nähten, die sich am Oberkieferbeine
finden; nämlich die infraorbitalis am plano or-
bitali, und die noch dazu meist nur bey Kindern
sichtliche incisiva vorn am Gaumen hinter den
Schneidezähnen.
jos. weitbrecht syndesmologia s. historia liga-
mentor. corp. humani. Petrop. 1742. 4.
‘„Quiddam additum articulis, per quod citius
flectantur ex lubrico.“’ seneca natural. quae-
stion. III. 15.
havers's osteologia nova tab. II. fr. leber.
pitschel de laxungia articulorum Lips. 1740. 4.
i. gottl. haase de unguine articulari eiusque
vitiis. ib. 1774. 4. xav. bichat sur la mem-
brane synoviale des articulations im II. B. der
Mém. de la Société médicale d'Emulation
p. 350 u. f.
Riolan's Erinnerungen über diese Articulation s.
in dessen Comment. de ossibus pag. 764.
Eine doppelte Anmerkung fließt hieraus. Daß es
nämlich eben so viele Kunst und Meisterhand vor-
aussetzt, ein schönes Menschengerippe, als eine
schöne nackte menschliche Figur zu zeichnen: und
daß zweytens die zumahl seit Michelangelo ge-
nauer bestimmten bekannten Maaße, für die Ver-
hältnisse der Theile des nackten Körpers, auch den
Probstein für abgebildete Gerippe abgeben: wo-
von aber, unter der so großen Menge, die in den
theils so prachtvollen osteologischen Werken befind-
lich sind, nur wenige diese Prüfung vertragen.
Als Muster dieser Art dienen die drey berühm-
ten Skelete beym vesalivs de corp. hum. fabr.
(S. 203. 204. und 205. der schönsten orig. Ausg.
von 1555.) verglichen mit den beyden herrlichen
Figuren in seiner Epitome, die von Tizian's [Seite 84]
großen Schüler, Johann Stephanus von Cal-
kar gezeichnet sind. s. H. Prof. Fiorillo's Ge-
schichte der zeichnenden Künste. II. B. S. 82 u. f.
Ueber vieles von diesen mancherley Verschiedenhei-
ten und Abweichungen im menschlichen Knochen-
bau s. fr. h. loschge de symmetria humani
corporis, inprimis sceleti. Erlang. 1793. 8. und
j. chr. rosenmüller de singularibus et natiuis
ossium corporis humani varietatibus. Lips.
1804. 4. auch schon j. c. insfeldt de lusibus
naturae. Lugd. Batav. 1772. 4. p. 19. u. f.
Wie daher Zergliederer zur Abbildung des natür-
lichen Baues des menschlichen Körpers, aus diesen
endlosen Verschiedenheiten die schönsten Muster
auswählen sollen, daven s. C. F. Wolff de
inconstantia fabricae de cligendisque ad eam
repraesentandam exemplaribus in den Act.
acad Petropol. 1778. P. II. p. 217 u. f. zumahl
226 u. f. 230 u. f.
Dieses für die Physiologie so wie für die zeichnen-
den und bildenden Künste gleich wichtige und lehr-
reiche Gesetz der Homogenität beruht auf der so
genauen Congruenz in der Ausbildung der zu einer
individuellen Gestaltung gehörigen Theile. – So
ungleich die stärkere oder schwächere Bestimmtheit
des Bildungstriebes bey verschiednen Individuen
von gleicher Gattung und gleichem Alter seyn
kann: so homogen ist doch hingegen in der Regel
der Ausdruck desselben in den einzelnen Theilen
des gleichen Individui. Auffallend habe ich die
Richtigkeit dieses constanten Gesetzes an der Aus-
bildung der Knochen bestätigt gefunden, so daß
wenn ein oder der andre einzelne Knochen der
nur erst von einem Gerippe zu Handen kam, vor-
züglich nett und scharf ausgewirkt war (seine
Fortsätze, Gelenkflächen etc. sich recht deutlich pro-
noncirt zeigten) ich auch sicher die übrigen im
gleichen Verhältniß schön und bestimmt ausgebil-
det fand und v. v. – Viel treffliches hierüber
sagt Lavater in den Fragmenten I. S. 182.
III. S. 103 u. f. 210. 302. zumahl aber IV.
S. 40 u. f. und Diderot in den Essais sur la
peinture p. 1. u. f.
Man vergleiche damit unsers großen Albr. Dürer's
vier Bücher von menschlicher Proportion. Nürnb.
1528. Fol., zumahl zu Ende des ersten B. – und,
freylich aus einem andern Gesichtspunkt suë sur
les proportions du squelette de l'homme exa-
mine depuis l'àge le plus tendre, jusqu'à celui
de 25, 60 ans et au delà im II. B. der soge-
nannten Mém. presentés p. 572 u. f.
Eine Anmerkung findet hierbey statt, daß da
die Gerippe von Embryonen und jungen Kindern
noch sehr viele knorplichte Stücken enthalten, die
beym Trocknen zusammenschrumpfen, auch die
Zeichnungen, die nach solchen vertrockneten Ge-
rippen gemacht werden, sehr entstellt und unna-
türlich ausfallen müssen, wie man leicht aus der
Vergleichung solcher Abbildungen mit den aus
dieser Rücksicht weit vorzüglichem in Süe's großer
Osteologie tab. XXVI bis XXVIII. ersehen
kann. –
Nach diesen Unterscheidungszeichen wurden a. 1630
auf Befehl der damahligen Aebtissin zu Paraclet
die Gebeine des heil. Abälard von seiner Heloise
ihren, zwischen welchen sie fast 500 Jahre lang
geruht hatten, getrennt und beyde besonders bey-
gesetzt. s. la vie de p. abeilard et d'heloise
son épouse. Vol. II. p. 326.
Viele treffliche hier eingreifende Bemerkungen, auch
über das Verhältniß der Stärke der Knochen zu
ihrer Größe, und wie z.B. Riesenknochen, wenn
sie nur irgend die Verhältnißmäßige Kraft aus-
üben sollten wie die Knocken eines gewöhnlichen
Menschen, entweder von einem ganz andern weit
festern härtern Stoff gebaut, oder aber von
einer ganz unförmlichen Dicke seyn müßten: und
wie sich daher die Stärke der Thiere schon aus
der Dicke ihrer Röhrenknochen und dem übrigen
Verhältniß der Theile ihres Gerippes ermessen
läßt, s. in galil. galilei dial. secondo p. 97 u. s.
der Werke. Bonon. 1655. 4.
Die erste Abbildung eines weiblichen Gerippes zur
Vergleichung mit dem männlichen hat fel. pla-
ter de partium corp. humani structura et vsu
Bas. 1603. fol. tab. II. gegeben. – In Chesel-
den's großen Werke (Osteographia or the ana-
tomy of the bones Lond. 1733. gr. Fol.) findet
sich Taf. XXXIV. eins nach den Verhältnissen der
mediceischen Venus zur Vergleichung mit dem auf
der folgenden Taf. in den Verhältnissen des Apollo
von Belvedere gezeichneten männlichen. So hat
auch Tarin in seiner Osteographie Paris 1753. 4.
Taf. XXIII. ein weibliches Skelet in der gleichen
Stellung wie das Albinische männliche (b. s.
albini tab. sceleti et musculor. hominis. Leid. [Seite 90]
1747 gr. Fol. tab. I.) geliefert. Und Süe ein
noch andres in der prächtigen Ausgabe seiner
Uebersetzung des Monroischen Handbuchs tab. IV. –
Bey diesen allen aber sind die vom männlichen
abweichenden Verhältnisse, wenigstens in einzelnen
Theilen offenbar übertrieben, so daß sie sich bey wei-
tem nicht mit Sömmerring's trefflichen tabula
sceleti feminei. Francof. ad M. 1796. gr. Fol.
vergleichen lassen.
tarin a. a. O. S. 79. suë a. a. O. S. 225. –
Im Gegentheil ehr größer und schwerer und be-
sonders die Hirnschalen Knochen in größerem Ver-
hältniß zu den Gesichts Knochen als am männ-
lichen Gerippe. Sömmerring vom Bau des
menschl. Körpers. I. B. S. 82.
casp. bavhini viuae imagines corp. hum. Frcf.
1604. 4. p. 246. suë a. a. O. etc. – Allein schon
der Restaurator der gründlichen Anatomie, Be-
rengar von Carpi hat diese vorgebliche Eigen-
schaft des weiblichen Schädels verworfen in s. so
reichhaltigen Comment. super Anatomia Mundini
p. 417. b. So nachher vesalius de c. h. fabr. p. 32.
Kant hat angemerkt, daß die Stirn des männ-
lichen Geschlechts auch bey uns flach, die des
weiblichen aber mehr kuglich zu seyn pflegt.
Anthropologie S. 278.
Und nach Gall sollen sich die weiblichen
Schädel von den männlichen hauptsächlich durch
die stärkere Eminenz des obern Theils des Hinter-
hauptbeins unterscheiden.
bordenave sur le mouvement des côtes dans la
respiration, in den Mém. de l'ac. des sc. de
Paris a. 1778. p. 222.
chph. iac. trew tabulae osteologicae Nürnb.
1767. gr. Fol. tab. IX. fig. 3. vergl. mit fig. 4.
Aber ohne daß es bey den Weibern aus 5 Wirbeln
bestehen sollte, wie Bauhin a. a. O. meinte.
Der bekannte Anatome Ph. Conr. Fabricius hielt
dieß für die einzige constante Sexualverschieden-
heit der Gerippe in s. Sciagraph. historiae phy-
sico-medicae Butisbaci etc. p. 65.
Uebrigens aber beym schönen Bau – wenigstens
nicht schmaler als die Hüften; ein Verhältniß
wogegen die Zeichner oft gar häßlich verstoßen.
Man s. z.B. die neueste aber überhaupt ganz
abentheuerlich verzeichnete Vorstellung des weiblichen
Skelets in der historie naturelle de la Femme
par moreau (de la Sarthe) T. I. tab. II.
Um die äußern Dimensionen der Schädel zu
nehmen, ist der gewöhnliche Tastercirkel hin-
reichend; für die Ausmessung seiner Höhlen aber
hat Hr. Hofr. Fischer in Moskwa einen andern
sehr bequemen erfunden, der sich von jenem sowohl
durch die zu diesem Behuf einzusetzenden Schenkel
mit divergirenden Spitzen, als auch durch einen
an demselben angebrachten Gradbogen auszeichnet,
welcher genau den Abstand der Spitzen bestimmt.
s. dess. Lettre sur une nouvelle Espece de
Loris, accompagnée de la description d'un cra-
niomètre de nouvelle invention. Mainz 1804. 4.
mit Kupfer.
Man sehe z.B. den Schädel des Orang-Utangs
(Simia satyrus) in meinen Abbild. naturhisto-
rischer Gegenstände tab. 52. und den das Schim-
pansee (Simia troglodytes) in den Mém. de
l'Ac. des Sc. de Paris 1764. Taf. XVI. fig. 2.
Die zu vergleichenden Schädel ohne den Unterkiefer
neben einander mit dem vordern Rand der Joch-
beine in einer Linie gestellt, und sie dann oben
vom Scheitel aus gleichem Gesichtspunkt besehen.
Diese Ansicht hat den Vorzug daß bey ihr der
Totalhabitus des Schädels und die ihn vorzüglich
characterisirenden Theile und die gegenseitigen Ver-
hältnisse, zugleich ins Auge fallen. Seine Länge
und Breite, die respective Größe der Hirnschale,
die Prominenz des Oberkiefers, die Weite der
incisura zygomatica u. dergl. m. – So habe
ich z.B. in der 4ten Ausg. der Schrift de ge-
neris hum. varietate natiua tab. I. den schönen
Schädel einer Georgianerin, den eines Negers und
eines Tungusen zur Vergleichung nach dieser Ver-
ticalnorm stehen lassen. – Noch weit auffallender [Seite 100]
aber nimmt es sich aus, wenn man contrastirende
Thierschädel aus dieser Ansicht gegen einander
vergleicht: z.B. den vom Orang-Utang, Tiger,
Biber, der Robbe etc.
Je mehr sich die Lage des processus basilaris am
Hinterhauptsbein der Wasserpassen nähert, und
je weiter die Vorderwand der großen Hinter-
hauptsöffnung von der spina palatina (– tab. 1.
fig. 2. s. –) absteht, und je schräger die processus
pterygoidei nach vorn herabsteigen, desto flacher
und weiter ist auch die fossa basilaris, was denn
auch meist mit einem desto längern aber oft auffal-
lend schmalen arcus zygomaticus verbunden ist.
Dr. Barclay hat in seiner new anatomical No-
menclature Edinb. 1803. 8. p. 148. den Gedan-
ken daß die alten Künstler im sogenannten griechi-
schen Profil jenen Character der frühsten Ingend
mit dem mehr ausgebildeten des reifern männ-
lichen Alters idealisch hätten combiniren wollen.
Ueberhaupt aber wird dieses Profil wohl von
manchen neuern Künstlern ins unnatürliche über-
trieben, ist aber in der edlen Form wie es sich
in den schönsten Köpfen von alter griechischer
Kunst selbst zeigt, allerdings auch in der schönen
wirklichen Natur zu finden.
So sind z.B. die Negerschädel in meiner Samm-
lung dick und schwer, hingegen die so ich von
Grönländern und Eskimos besitze dünn und leicht.
Eine Lieferung von Hüten die ein berühnter Pari-
ser Hutmacher dans le nord versandte und die
nach den für die Pariser Köpfe passende gewöhn-
lichen Maßen gemacht waren, konnten dort nicht
verkauft werden, weil man sie um vieles zu eng
fand, s. Tenon's Recherches sur le crane hu-
main im Iten B. der Mém. de l'Institut natio-
nal. Sc. mathem. et physiques p. 222.
Von meiner Sammlung von Schädeln verschiedener
Völkerschaften, die jetzt da ich dieses schreibe
deren 125 enthält, unter welchen, außer einigen
von Juden sich nur zwey Deutsche befinden, habe
ich von Zeit zu Zeit der Königl. Societät der
Wissensch. eine Auswahl vorgelegt, wovon gegen-
wärtig IV Decaden im Druck erschienen find.
Ueber den vielartigen, lehrreichen Nutzen den eine
solche Sammlung gewährt, und die wichtigen wissen-
schaftlichen Folgerungen die sich daraus ziehen lassen,
ist in der neuen Ausg. meiner Beyträge zur
Naturgesch. I. Th. S. 59 u. f. einiges gesagt.
Ein großer Künstler vom reinsten und schärfsten
Beobachtungsgeiste H. Wilh. Tischbein hat schon
da er noch in Neapel als Director des Mahler-
academie lebte eine Sammlung von meisterhaften
Kupferblättern zu einer vergleichenden Physiogno-
mik aus der Rücksicht herausgegeben um die
Characteristik der Menschen durch Vergleichung
mit dem Character allgemein bekannter Thiere zu
erläutern. Selbst in den Schädeln ist die Ana-
logie gewisser Totalformen des Gesichts mit
manchen thierischen oft auf den ersten Blick zu
erkennen. Man vergleiche z.B. das Löwenartige [Seite 105]
in dem von einem Donischen Cosacken (Dec. I.
tab. IV.) mit dem Rammskopfähnlichen Profil
des casanischen Tataren (Dec. II. tab. XII.)
Das irrige abgerechnet was Galenus dabey von
Abweichungen der Suturen sagt die damit ver-
bunden seyen, so habe ich Beyspiele von allen
drey Arten in meiner Sammlung; und die Sache
verdiente schon deßhalb Erwähnung weil die Ab-
bildungen dieser Anomalien in den Meisterwerken
der classischen Anatomen des XVIten Jahrhunderts
Vesal's, Eustach's u.a. so oft vorkommen.
Eine vierte anatomische Schädelform die Ga-
lenus selbst nur hypothetisch anführte weil er es
für unmöglich hielt daß ein Mensch mit derselben
leben könne, wenn nämlich der Querdurchmesser
der Hirnschale größer sey als der von vorn nach
hinten, hat in dem eben gedachten Jahrhundert
zu vielen Streitigkeiten Anlaß gegeben, da sie
Vesalius allerdings einigemahl in der Natur
gefunden zu haben versicherte de c. h. fabrica
p. 21. 23. und im examen anatomicar. fallo-
pii obseruationum p. 17. vergl. eustachii ex-
amen ossium p. 170. f. putei apolog. in ana-
tome pro galeno p. 18 b. und gabr. cunei
apologiae putei examen p. 14. so wie inoras-
siae comment. in galenum de ossibus p. 65.
Hr. Dr. Gall hat meine Sammlung mit
einem überaus wundersam geformten Schädel
eines Russen bereichert, der in der That für ein [Seite 106]
Beyspiel dieser durch jene Streitigkeiten so beruf-
nen Anomalie gelten kann, da die Hirnschale des-
selben nach allen drey Hauptdimensionen meist von
gleichem Durchmesser, und bis anf ein kaum merk-
liches minus eben so breit als lang und hoch ist.
Von krankhaften Mißgestaltungen der Schä-
del ist oben im Iten Theil verschiednes berührt
worden. S. 15. 19. 37. 50.
Bey den Cretins ist der Schädel zumahl an
der Grundfläche meist ganz verschoben und auf-
wärts gedruckt so daß z.B. die große Oeffnung
des Hinterhaupts in einer ganz widernatürlichen
Richtung von vorn nach hinten schräg hinab-
steigt u.s.w. S. außer den bekannten Monogra-
phieen über diese armseligen Halbmenschen von
Ackermann, Fodere, den beyden Wenzel u.a.
zwey treffliche Abbildungen und Beschreibung ihrer
Schädel von Michaelis in meiner medicinischen
Bibliothek III. B. S. 664 u. f. tab. I. II.
Von Schädeln andrer Blödsinnigen finden
sich einige kleine Figuren bey pinel sur l'alie-
nation mentale. tab. I. fig. 1. 2. 5. 6. Vergl.
Winkelmann's Archiv für Gemüths- und Ner-
venkrankheiten I. B. 1. St. S. 80 u. f.
Oder nach Sömmerring sieben, weil das Hin-
terhauptsbein mit den Jahren gewöhnlich mit dem
Keilbein zusammenwächst daher er beyde zusam-
men das Grundbein nennt.
vesal. de c. h. fabr. L. I. cap. 6. fig. 3. und
cap. 9. fig. 1. evstach. tab. anat. XXXXVI. fig. 1.
Kerkring's verdächtiger Irthum, daß sich bey
diesem Knochen die Ossification vom Umfang nach
dem Mittelpunkt erstrecke, braucht jetzt keine Wi-
derlegung mehr.
Wie diese pars orbitalis im hohen Grad des in-
neren Wasserkopfs hinten heruntergedrückt und vor-
getrieben wird, und die dadurch bewirkte Herab-
wälzung der Augäpfel ein gleichsam pathognomoni-
sches Kennzeichen dieser Krankheit abgibt, davon
habe ich in der medicinischen Bibliothek III. B.
S. 635 u. f. (bey Gelegenheit des Waglerschen un-
geheuren 17 jährigen Wasserkopfs in meiner Samm-
lung gehandelt.
Wie zuweilen bey den Caraiben durch gewalt-
sames Niederpressen der Stirne in den Kinder-
jahren (S. 30.) eine ähnliche Entstellung der
Augenhöhlen entsteht dovon giebt ein merkwür-
diger Schädel dieses Volkes den ich besitze (Dec. I.
tab. X.) ein auffallendes Beyspiel.
Sie sind so viel ich finden kann, doch zuerst von
Jac. Berengarius oder Carpus beschrieben
worden. S. dessen commentaria super anatomia
Mundini, Bonon. 1521. 4. p. 414.
Nur durch Krankheiten wird diese Ausbildung be-
hindert, besonders durch den innern Wasserkopf.
Zuweilen auch durch englische Krankheit.
Aber auch schon ausgebildete Stirnhöhlen können
durch Knochenverderbniß in der Lustseuche etc. wieder
zusammengezogen werden und gleichsam schwinden.
Ich habe ihn in der prolus. anat. de sinib. fron-
talibus Gotting. 1779. 4. umständlich auseinan-
der gesetzt.
Der sowohl durch den ungeheuren Verlust seines
Gaumens und seiner Nase, als durch die einfache
und doch hinlängliche Vorrichtung womit er die-
sen Verlust ersetzt hatte, bekannte Joh. Beck,
sprach, ohngeachtet er alle seine Nasenhölen mit
Schwamm verstopfen mußte, doch laut und ver-
nehmlich. – Und das gleiche bemerkt man bey Per-
sonen in deren Stirnhölen sich etwa Insecten oder
Würmer eingenistelt haben. Ich habe eine Feuer-
Aßel (Scolopendra electrica) in meiner Samm-
lung, die von einem Frauenzimmer noch lebendig
ausgeschneuzt worden, welcher sie ein ganzes Jahr
lang unerträgliche Kopfschmerzen verursacht, den
Geruch beraubt, aber nicht im mindesten die
Stimme verändert hatte.
Viele Thiere mit durchdringender gellender Stimme
wie die Affen, Meerkatzen, u.s.w. haben keine –
andre hingegen mit dumpfer Stimme, wie die
Bären, so ausnehmend große Stirnhölen. Aber
bey allen Thieren die einen sehr scharfen Geruch
haben, sind sie groß oder zahlreich, so beym
Hunde, bey den meisten Grasfressenden Thieren etc.
Von mächtiger Weite und Umfang sind sie beym
Schwein, vor allen aber beym Elephanten, dessen
erstaunenswürdige Stirnhölen ich am Schädel
eines jungen solchen Thieres vor mir habe, wo [Seite 114]
sie vorn 6 Zoll in die Tiefe und 10 Zoll in die
Breite halten, zu beyden Seiten des Scheitels
sich bis hinten in die condylos occipital. hinein
erstrecken, und oben die gleichsam doppelte
Hirnschale bilden, die diesem wunderbaren Thier-
geschlechte eigen ist.
vesalivs (versteht sich immer in I. B.) cap. 6.
fig. 7. evstach tab. XXXXVI. fig. 4.
Eine meines wissens Beyspiellose Varietät zeigt
sich in einem Schädel einer 30jährigen Weibs-
person in meiner Sammlung, in welchem die
innere Platte des Stirnbeins statt dieser sonst
nur schwachen crista ein langes und bis 4 Linien
breites sichelförmiges Blatt zur Grundlage des
processus salciformis bildet: meist so wie die in
dem Schädel des wunderbaren Schnabelthiers
(Ornithorhynchus paradoxus) den ich im IV. B.
der Mém. de la Soc. médicale p. 320 u. f. be-
schrieben habe.
Dabey ist es aber in Bezug auf die vermeinte
wichtige Bedeutung die man neuerlich den Win-
dungen der Rindensubstanz des Gehirns hat zu-
schreiben wollen, bedenklich, daß diese Hügel und
Gruben nur selten auf den beyderseitigen Orbital-
blättern des Stirnbeins symmetrisch mit einander
correspondiren, sondern in ihrer Bildung oft gar
sehr von einander verschieden sind.
morgagni aduersar. anat. VI. S. 31. p. 210. ed.
Venet. 1762. fol. – bertin Traité d'osteologie
T. II. p. 10. s. auch duverney oeuvr. anat. T. I.
p. 415. und Haller a. a. O. Th. VIII. S. 271.
So heißen sie auch im Französischen. Berengarius
hingegen u.a. Zergliederer seiner Zeit, geben die-
sen Namen den Schlafbeinen, comment. in Mun-
dinum p. 412.
s. io. ladmiral icones durae matr. in conuexa
et concaua superficiae visae. Amstel. 1738. 4.
Der verdiente Casp. Bauhin erzählt von seiner
Gattinn daß deren vordre Fontanelle in ihrem
26 Jahre noch nicht geschlossen gewesen und sich
so oft sie Kopfweh gekriegt, zu einer Grube er-
weitert habe, theatr. anatom. p. 280. – Andre
Fälle, aus frühern oder noch höhern Alter s. bey
rosenstein de ossibus caluariae, boehmer
instit. osteol. u.s.w. vergl. auch rosenmüller
de singularib. et nativis ossium varietatibus p. 12.
Wie sich bey einem Manne noch Jahre lang nach
heftigen Schlägen auf den Kopf die Scheitelbeine
bey der Pfeilnaht auf einen halben Zoll haben
über einander schieben lassen, s. in C. Gottfr.
Erdmann's Aufsätzen und Beobachtungen aus der
A. W. Dresd. 1802. 8. S. 54 u. f.
v. haller a. a. O. p. 269. – Und äußerst um-
ständlich io. godofr. ianke de foraminib. cal-
variae eorumque vsu Lips. 1762. mit Kupf.
p. 49-75. – Zuweilen sind sie von ungemeiner
Größe; s. z.B. lobstein de neruis durae matris
tab. I. b. c.
Galenus a. a. O. – Bey Mundinus u.a.
Arabisten heißt es os laude: und bey manchen os
basilare, oder auch der Gedächtnißknochen,
os memoriae (s. z.B. paaw primit. anat.
pag. 46. –)
Den letztern Namen hat die Meinung der alten
Aerzte, zumahl seit den Zeiten der spätern Griechen
und der Araber veranlaßt die das Organ des Ge-
dächtnisses im Hinterhaupte suchten. Vergl. ne-
mesius de natura hominis p. 169. theophi-
lus protospatharius de corp. humani fabrica
p. 85. u.a. selbst unter den neuem: denn auch
noch B. S. Albinus hielt das für nicht unwahr-
scheinlich. Und freylich beriefen sich die Herren
dabey auf die constante lautere Beobachtung, im
gesunden und kranken Zustand. Wackere Päda-
gogen, wie z.B. der verdiente alte Vockerodt
u.a. hielten aus vieljähriger Erfahrung den Hand-
griff für infallibel, womit sie durchs betasten des
Hinterhauptbeins und seiner Prominenz etc. die
Anlage zum Gedächtniß beurtheilten; und die so-
genannten Observatoren sind reich an Beyspielen
von Verlust des Gedächtnisses der sogleich auf
gewisse Verletzungen des Hinterhaupts erfolgt sey;
und Beniveni fand diesen Theil der Hirnschale [Seite 124]
bey einem endlich gehängten Gaudiebe adeo bre-
vem vt tantillam cerebri portiunculam con-
tineret, und erklärt sich daraus warum alle frü-
here Strafen bey diesem von der Natur im Ge-
dächtnißorgan verwahrloßten armen Sünder nicht
hätten fruchten können.
Freylich setzte hingegen Carpus die Memorie
nicht dahin sondern unten hinter die Ohren und
das zwar aus dem mimischen Grunde quod na-
turaliter homo confricat sibi illam partem
dum vult memorari.
Sehr selten aus fünf, daß nämlich der breite
schuppichte Theil der Länge nach getheilt ist.
fallop. expos. de ossib. p. 557. – Gewöhnlich
aber findet sich am obern Rande desselben ein
schmaler Einschnitt, der zuweilen lebenslang offen
bleibt, und eine herniam sinus falciformis ver-
anlassen kann. lobstein de nerv. d. m. tab. I. –
In der lehrreichen Präparatensammlung beym
British lying in Hospital in Longacre zu Lon-
don habe ich eine faustgroße herniam cerebri
am Kopf eines todt gebohrnen zeitigen Kindes
gesehn die durch eine weite Lücke im Hinterhaupt-
beine desselben entstanden war.
Bey vielen Säugethieren erhebt sich der Scheitel
nach hinten in einen scharfen Rücken, zur Anlage
ihrer starken Beismuskeln, da nämlich das Hinter-
hauptbein die cristam occipitalem bildet. Vor-
züglich stark hervorstehend ist sie bey den reißen-
den Thieren aus dem Hunde- und Katzengeschlecht,
besonders bey den Windspielen und andern Jagd-
hunden, Wölfen etc. beym Löwen, Luchs u.s.w. –
Beym Schweine und beym Babirussa ist es ein
hoher halbmondförmig ausgeschnittner Rand.
Der Elephantenschädel hingegen weicht auch
hierin von andrer Säugethiere ihrem gar sonder-
bar ab. – Statt einer Protuberanz oder Crista ist
sein Hinterhaupt zu einer tiefen Grube gleichsam
eingedruckt, die zwischen den hochgewölbten Sei-
ten des Schädels, ohngefähr wie das Siebchen in
der Hirnhöhle zwischen den Gewölben der Augen-
höhlen inne liegt.
Alle Säugethiere haben zwey Gelenkknöpfe am
Hinterhaupt; alle Vögel hingegen nur einen der
am vordern Rande des for. magni sitzt und dem
Kopfe eine freyere Bewegung gestattet. –
Daß sie beym Elephanten hohl sind, ist schon
oben angemerkt worden.
Vesalius meint diese Knöpfe seyen beym Men-
schen durchgehends flacher als bey andern Thieren
epist. de rad. chynae p. 47. u. f. der splendiden
Oporinischen Original-Ausg. – Allein das ist
nicht, wie schon Eustachius gewiesen hat ossium
exam. p. 187. u. f.
In sehr seltnen Fällen habe ich jeden von diesen
beyden condylis wie in zwey Fassetten getheilt, oder
gar wie aus zwey besondern flachgewölbten Knor-
pelflächen zusammengesetzt gefunden, die da wo sie
an einander stoßen einen erhabnen Rücken bilden.
Von der fossa basilaris und dem bedeutenden
Antheil den sie am Totalhabitus der verschiednen
Schädelformen hat s. oben S. 100.
Bey vielen Säugethieren erstreckt sich eine eigne
knöcherne Scheidewand zwischen die großen Sei-
tenblätter der harten Hirnhaut, die das kleine Ge-
hirn vom großen absondern: und bildet das merk-
würdige tentorium cerebelli osseum (s. os cerebri
s. vesal. ep. de rad. chyn. p. 99.): das dann
bey den verschiedenen Gattungen von einem zwey-
fachen Bau ist. Entweder nämlich stellt es gleich-
sam eine knöcherne Scheibe vor, die nur nach
unten einen meist viereckten Durchganz läßt –
Oder aber es besteht aus drey distincten Stücken
deren eins von oben und hinten wie ein Dach in
die Hirnhöhle hineinragt; die andern beyden aber
seitwärts vor den Felsenbeinen liegen. Jenes ist
der Fall im Katzengeschlecht: auch beym Bären,
[Seite 130] beym Marder etc. – Die letzte Art hingegen findet
sich z. E. beym Hunde- und Pferdegeschlecht. –
Endlich zeigt sich auch bey vielen andern Thieren,
bey den Schweinen, Mäusen, Caninchen und
selbst bey den mehresten Affen doch eine Art von
Ansatz zu den letzgedachten Seitentheilen, wenig-
stens ein scharfer Rand an den Felsenbeinen.
Es hält schwer den wahren Nutzen jener bey-
den Arten von knöchernen tentorium zuverlässig
zu bestimmen. Wenigstens ist die insgemein von
den mehresten Zergliederern angenommene Mei-
nung, daß es nur den weitspringenden Thieren
gegeben sey, um dadurch dem Druck des großen
Gehirns aufs kleine vorzubeugen etc. offenbar un-
zulänglich. Der Bär hat es und springt doch
wenig. Hingegen habe ich bey vielen der schnellst-
springenden Thiere, wie z.B. beym Steinbock
nicht eine Spur davon gefunden! – Cheselden
schreibt es bloß den Raubthieren zu (anat. of
the bones cap. 8.) allein es findet sich wie wir
gesehen haben auch bey gar vielen andern. –
Könnte es etwa die krachende Erschütterung beym
stark zubeißen verhüten? denn das thun doch alle
die genannten Thiere, auch selbst das Pferd im
verwilderten Zustande. Th. Bartholin sagt bey
Gelegenheit dieses tentorii ossei in s. Anatome
p. 710. (der beßten Ausg. von 1673.) ‘„in cranio
humano simile vidi“’ das wäre wohl ein Bey-
spiel ohne Beyspiel.
Beym Menschen liegt (wie ei seine Bestimmung
zum aufrechten Gange erfodert) das for. magnum
weiter nach vorn, als bey irgend einem Affen oder
vollends bey den übrigen Säugethieren, s. dau-
benton sur les différences de la situation du
grand trou occipital dans l'homme et dans les
animaux in den Mém. de l'Ac. des Sc. de Paris
1764. p. 568. u. f.
Dock hat auch hierin mancherley individuelle
(und vielleicht National-) Verschiedenheit statt.
Am weitsten rückwärts liegt diese Oeffnung an
einigen übrigens sehr schön geformten Türkenschä-
deln in meiner Sammlung.
conr. vict. schneider de ossib. temporum.
Viteb. 1653. 12. – Caßebohm in dem unten
anzuführenden classischen Werke Tract. I.
Bloß die warmblütigen Thiere haben einen
äußern Gehörgang. – Aber wohl ohne Ausnahme.
Bey den Affen und vielen andern Säugethieren
macht er wie beym Menschen gleichsam nur eine
Rinne die oben durchs Schuppenbein bedeckt wird.
Bey den Ziegen etc. hingegen bildet er eine eigene
vollkommene Röhre. Bey den Schweinen ist er
lang aber überaus enge. Bey den meyresten
Raubthieren hingegen weit und kurz etc.
Der weiland officinelle sogenannte Lapis Ma-
nati ist nichts anders als der Außentheil der
Paukenhöhle und bulla ossea des gemeinen
Wallfisches (mysticetus) woran man doch meist
noch den scharfen Rand zur Anlage des Pauken-
fells und den Eintritt der Eustachischen Röhre
erkennen kann.
Die Affen haben einen kaum merklichen processus
mastoideus.
Bey Schweinen, Rindvieh etc. ist er hingegen
sehr breit, aber flach zusammengedruckt und in-
wendig durch zahlreiche sehr ordentlich gereihte
Knochenblätter in längliche schmale Fächer abge-
theilt. – Bey Schaafen, Ziegen, Hirschen etc. hat
er meist die gleiche äußre Form, ist aber völlig
hohl, ohne dergleichen Knochenblätter. – Eben
so hohl ist er beym Eichhörnchen, Marder, Hasen etc.
doch nicht so länglicht sondern mehr kuglicht bla-
senförmig. – Am ansehnlichsten aber ist diese
Knochenblase bey den Raubthieren; besonders
aus dem Hunde- und Katzengeschlechte. Bey
allen macht sie mit der Pauke eine gemeinschaft-
liche Höhle aus.
Viele genaue Bemerkungen über diese Paucken-
blase und ihr Aenlichkeit mit dem Zitzen-Fortsatz
am menschlichen Gehörwerkzeug s. in vesalii
exam. observ. Fallopii S. 38. u. f.
Bey den Vögeln steht sogar die ganze Mark-
leere diploë der Hirnschale mit den Pauckenhöh-
len und dadurch beyde Ohren mit einander in
Verbindung, s. scarpa de struct. fenestrae ro-
tundae p. 118. u. f.
Auf diese Verbindung gründet sich des scharfsinni-
gen jüngern Riolan's bekannter Vorschlag, bey
Verstopfung der Eustachischen Röhre den zitzen-
förmigen Fortsatz anzubohren u.s.w.
S. Arnemann's Bemerkungen über die Durch-
bohrung des processus mastoideus. Gött. 1792. 8.
albini explicat. tabular. eustachii p. 275. der
Ausg. v. 1761. – v. haller icon. anat. Fasc. I.
p. 39. n. 7.
Bey den Affen zeigt sich nur eine schwache Anlage
zu einem processus styliformis, die aber kaum
diesen Namen verdient. eustach. ossium exam.
pag. 173.
Wenn der Griffel-Fortsatz sehr lang ist, besteht er
gewönlich aus mehrern Stücken, und hat an der [Seite 139]
Wurzel oder in der Mitte ein Knorpelkorn. s.
chr. l. willig obseruat. botanic. p. 1. sq.
Ich besitze aber auch welche die über 1 1/2 Pari-
ser Zoll lang und doch aus einem Stück ganz
knöchern sind; andre die an der Wurzel 4 Linien
im Durchmesser haben; einen der hohl ist wie
ein kleiner Röhrenknochen u. dgl. m.
vieussens neurograph. vniuersal. tab. XVII. K.
p. 93. der Ausg. v. 1684. haller icon. anat.
Fascic. I. tab. VI. N. N.
An der Stelle wo die harte Hirnhaut an diesen
Ausgang des canalis caroticus anschließt, findet
sich nicht selten ein kleiner flacher Knochen, den
Joh. Bapt. Cortese zuerst bemerkt und mit
Gesamsbeinchen verglichen hat, s. dessen miscell.
medica. Messan. 1625. fol. p. 17. sq. auch meckel [Seite 142]
de quinto p. neruor. cerebri p. 21. sq. zinn de
vasis subtiliorib. oculi p. 40. portal hist. de
l'anat. et de la chir. Vol. II. p. 297. u.a.m.
Es sind wenige Theile des thierischen Körpers, die
beydes durch ihren bewundernswürdigen Bau so-
wohl als durch die Wichtigkeit ihrer Verrichtungen
so viel anziehendes zu ihrer nähern Untersuchung
haben, als die Gehörwerkzeuge. – Kein Wun-
der also daß sie, zumahl seit 200 Jahren, von so
vielen der größten Zergliederer so sorgfältig bear-
beitet worden sind, daß uns auch wenig andre
Theile mit einer solchen genauen Vollständigkeit
bekannt sind.
Der erste der hierin reckte Bahn gebrochen,
und beynah allein schon das wichtigste des ganzen
innern Ohrs entdeckt hat, war der große und be-
scheidne Fallopia in seinen unschätzbaren obser-
vat. anat. Venet. 1561. 8.
Von den übrigen hebe ich nur die vorzüglich-
sten Classiker aus, die in besondern Werken die
Gehörorgane beschrieben haben. Unter diesen vor
allen der eisersuchtige aber zum erfinden in der
Anatomie gebohrne Eustach in der epist. de au-
ditus organis unter den opuscul. anatom. Venet.
1564. 4. und verschiedne Figuren dazu in den erst
1714 ans Licht gekommenen Tafeln, zumahl
tab. XLIII. fig. 2. 3. tab. XLIV. fig. 2. 3.
tab. XLV. fig. 2.
Nachher sind zumahl zu Ende des vorigen und
Anfang des jetzigen Jahrhunderts durch die gleich-
zeitigen Bemühungen einiger verdienten Zerglie-
[Seite 145] derer große Schritte in der nähern Kenntniß dieses
Sinnwerkzeuges gethan worden, – a. 1683 er-
schien die erste Ausg. von duverney Tr. de l'or-
gane de l'ouie das auch dem ersten Bande von
dessen erst 1761 herausgekommenen oeuvres ana-
tomiques einverleibt ist. – Ihnen setzte Mery
seine descr. de l'oreille entgegen, die mit lamy
explication mechanique des fonctions de l'ame
sensitive. Par. 1683. herauskam. – valsalvae
tract. de aure hum. Bonon. 1704. 4. ist die
Frucht einer 16 jährigen Arbeit über diesen Ge-
genstand, wobey ihr Verf. über tausend Menschen-
schädel geöffnet. – Und doch fand sie einen Rival
an vieussens Tr. nouveau de la struct. de
l'oreille. Toulouse. 1714. 4. – Aber auch einen
desto kräftigern Vertheidiger an Vasalva's Freund
dem unendlich verdienten Morgagni, dessen
epistolae anat. XVIII ad scripta pertinentes
Valsaluae, zuerst zu Venedig 1740. 4. mit der
Ausg. von Valsalva's sämmtlichen Werken her-
ausgekommen sind, und selbst größtentheils das
Gehörwerkzeug betreffen. – Ihm hatte indeß ein
Deutscher, – der unermüdete Caßebohm – mit
deutschen Fleiß und Scharfblick vorgearbeitet, dessen
Tractatus VI de aure humana. Hal. 1734 u. 35.
als ein Muster in Untersuchungen der Art anzu-
sehen sind. – Neuerlich haben sich zumahl Scarpa
durch s. disquisitiones anatomic. de auditu et
olfactu. Pav. 1789. fol. und Comparetti durch
s. obseruationes anatomic. de aure interna com-
parata. Patav. 1789. 4. um die weitere Unter-
suchung dieses Organs verdient gemacht. Und
jetzt sehen wir Sömmering's großen Werke dar
über entgegen. [Seite 146]
Ich übergehe was Santorini in den tab.
posthum. Albinus im IVten B. der annotat. acad.
Monro in seinem Werk übers Nervensystem
u.a.m. gelegentlich über den Bau des innern
menschlichen Ohrs gesagt haben.
Zu den ausführlichern Monographieen gehören
C. F. L. Wildberg's Versuch über die Gehör-
werkzeuge Jena 1795. 8. und conr. joach.
kühnau de organis anditui insernientibus.
Aber auch in der anatome comparata sind we-
nige Fächer so genau und so glücklich bearbeitet
als eben das von den Gehörwerkzeugen der Thiere,
worüber ich die wichtigern Schriftsteller im Handb.
der vergleich. Anat. S. 360 u. f. angeführt habe.
Eine treffliche von Sömmerring besorgte Abbil-
dung des ganzen Gehörwerkzeugs im Zusammen-
hange findet sich, wo sie wohl mancher nicht ge-
sucht hätte, in Heinse's Hildegard von Hohenthal.
Und mehrere belehrende eigne Vorstellungen
der besondern Theile s. in Loder's anatomischen
Tafeln tab. LIV. LV.
scarpa de struct. fenestrae rotundae auris et de
tympano secundario. Mutin. 1772. 8.
Die Vögel haben sehr sichtliche Eustachische Röh-
ren. – Den Fischen hingegen scheinen sie so wie
überhaupt allen den rothblutigen Thieren die kein
Paukenfell haben.
Bey den Säugethieren und selbst bey im Wall-
fischen sind die Gehörbeinchen – im ganzen ge-
nommen – der Gestalt nach, den Menschlichen
ziemlich änlich.
Die Vögel haben nur eines oder wenn man
will – zweye, weil es aus einer knorplichten und [Seite 151]
einer knöchernen Hälfte besteht, wovon jene am
Paukenfell anliegt und gleichsam die Stelle des
Hammers vertritt, die sogenannte columella
aber als Steigbügel im eyförmigen Fenster steht. –
Casserius hat es zuerst in der Gans entdeckt und
abgebildet, l. c. p. 78. s. auch derham's phy-
sicotheology. p. 343 u. f. der Ausg. v. 1716.
Bey den Amphibien findet fich bloß ein noch
weit einfacheres Beinchen, das die fenestr. onalis
schließt, und bey einigen wie z.B. beym Sala-
mander kaum nur dafür angesehen werden kann.
Die Fische haben theils eine, theils zwey,
theils drey sonderbare Steinartige Beinchen, die
dem äußern Ansehen nach dem Porcellan ähneln
aber sehr spröde und brüchig find, eine flachläng-
liche Gestalt mit scharf gezähnten Rand haben,
und ganz bloß in einem besondern Beutel hangen.
klein hist. pisc. natur. Missus I. tab. II.
Auch bey den größten Thieren, bey den Wallfischen,
den Elephanten etc. find doch die Gehörbeinchen
und meist das ganze innre Ohr – so wie auch das
Auge – nur klein. Die Art wie die sinnlichen
Eindrücke auf diese beyderley Organe würken,
giebt von selbst den Grund warum dieselben in
keinem Verhältniß mit der Große des ganzen
Körpers zu stehen brauchen.
Beym innern Wasserkopf behalten zwar die drey
Stücken, woraus anfänglich das ganze Schlafbein [Seite 152]
besteht, ihre natürliche Größe (Th. I. S. 15.
N. e) aber sie werden doch auch zuweilen durch
die Ausdehnung der Hirnschale aus einander ge-
trieben, und dadurch die Gehörbeinchen aus ihrer
behörigen Lage und Verbindung gebracht. Am
meisten habe ich bey denjenigen Wasserköpfen, an
welchen ich das Schlafbein auf diese Weise verzo-
gen gesehen, den Hammer und Ambos mit dem
Schuppenbeine aufwärts getrieben, und letztern
ganz vom Steigbügel getrennt, in einem Fall aber
auch diesen selbst aus seinem eyförmigen Fenster
ausgehoben gefunden. – Dieß giebt wahrschein-
lich einen Grund warum manche auch nachher
erwachsne Wasserköpfe zugleich taub und stupide
sind, da andre hingegen dabey ihr völliges Ge-
hör behalten.
Die ungestöhrte Lage des Steigbügels scheint
freylich zum Gehör am allerwichtigsten zu seyn. –
Wenigstens sind Fälle angemerkt, wo Leute nach
dem Verlust der andern beyden Knöchelchen doch
noch ganz gut haben hören können. s. Caldani in
den epistol. ad haller scr. Vol. VI. p. 142. 145.
Caet. Torraca im VI. B. des Giorn. di medic.
p. 321 u. f. und Scarpa a. a. O. S. 84 u. f.
Schon der große Eustach hat die willkührliche
Bewegung der Gehörbeinchen eingesehen de au-
ditus organ. p. 157. s. auch fontana dei moti
dell' iride p. 65 u. f.
cassebohm Tract. IV. pag. 56 u. f. tab. III.
fig. 1–23. – albini icon. oss. foetus tab. VI.
fig. 46–51.
Der Hammer und Ambos sind zu Ende des 15ten
Jahrhunderts, man weis aber nicht eigentlich von
wem, erfunden – Alex. Achillinus hat beyde
gekannt. – s. nic. massae epistolar. medicinal.
T. I. pag. 55. b.
Bey den Vögeln ist die Wölbung des Pauckenfells
gerade umgekehrt, nemlich nach außen erhaben.
scarpa l. c. p. 110. tab. II. fig. 2. d.
Diese Gräte ist es eigentlich die Rau zuerst ent-
deckt oder doch näher bestimmt hat, und die da-
her auch nach seinem Namen process. Ravianus
genannt wird, s. boerhaave praelect. in instit.
proprias T. IV. p. 358.
Der eigentliche processus spinosus, wie er ge-
wönlich ist, war schon über hundert Jahre vorher
nicht unbekannt, s. sal. alberti hist. plerarum-
que partium c. h. p. 84. der ersten Ausg. v. 1583.
und Fabric. Hildani Beschreibung der Fürtref-
lichkeit der Anatomy. Bern 1624. 8. S. 190. –
weit genauer aber, und seiner Meynung nach zu-
erst, hat ihn Folius abgebildet s. dessen nov.
auris internae delineat. Venet. 1645. Fol. die
auch in th. bartholini epistol. medicinal.
Cent. I. p. 255. sq. und im IV. B. der Haller'schen
anatom. Samml. S. 365. u. f. wieder abgedruckt
worden.
Der ber. Leidner Lehrer Franz de le Boë Syl-
vius glaubte es entdeckt (oder vielmehr erfunden)
zu haben, s. lindani physiol. med. p. 526. –
Hingegen wollte sein großer Antagoniste Drelin-
court es schon dem R. Columbus zuschreiben,
praelud. anat. p. 199. der Börhaavischen Ausg.
teichmeyer vindiciae quorund. inuentor. ana-
tomicor. Jen. 1727. – cassebohm Tract. IV.
pag. 55.
eustach. tab. VII. fig. 3. – cowper's new ad-
ministr. of all the muscles fig. 9. F.
Der Steigbügel ist wol unläugbar von Ingrassias
erfunden, s. fallopii obseruat. p. 26. und in-
grassiae in Galeni libr. de oss. comment. (post-
huma) Panorm. 1603. fol. p. 57.
Bey den Wallfischen ist der Vorhof sehr klein: –
bey den Vögeln hingegen überaus geräumig.
Die Bogengänge finden sich fast bey allen roth-
blütigen Thieren. Bey den Vögeln und Fischen
sind sie ausnehmend groß und ansehnlich.
Die Einrichtung der Schnecke ist zuerst von Eu-
stach a. a. O. – ihr feinerer Bau aber von zwey
verdienten Göttingischen Lehrern, Brendel und
Zinn beschrieben worden, s. des Erstern analecta
de concha auris humanae mit einem saubern
Kupfer; und de auditu in apice conchae. Beyde
Goetting. 1747. und des letztern observ. botanic.
et anatomic. ib. 1753.
Haller sagt: haec in corpore humano machinula
mihi dudum artificiosissima videtur omnium.
Alle Säugethiere haben eine gewundene Schnecke.
Die Vögel hingegen an deren statt nur eine gerade [Seite 161]
am Ende verschloßne kurze Röhre (wie ein stum-
pfer Zapfen), die aber in ihrer innern Einrichtung
der Schnecke der Säugethiere vollkommen ähnelt,
auch eben so in zwey Gänge abgetheilt ist u.s.w. –
s. perrault Ess. de Physique. T. II. p. 215.
fig. III. e. und Scarpa, Ph. Fr. Meckel, und
Galvani a. a. O.
domin. cotunnii de aquaeductibus auris huma-
nae anat. diss. Neap. 1760. 4. und anderwärts
mehrmalen aufgelegt.
ph. fr. meckel diss. de labyrinth. auris con-
tentis Argent. 1777. – eine vorzüglich auch für
die anatome comparata der Gehörwerkzeuge über-
aus lehrreiche Schrift.
Die Arabisten nannten das Keilbein os colatorii s.
cribratum weil sie in dem durch lange Jahrhun-
derte herrschenden Wahn stunden, daß dadurch
der Unrath aus dem Gehirne seinen Abfluß hätte. –
Der erste der diesen so allgemein angenommnen
verjährten Irrthum stürzte und dadurch ein ganz
neues Licht über einen wichtigen Theil der Physio-
logie und Anatomie – besonders auch über die
genaue und richtige Kenntniß des Keilbeins –
verbreitete, war der schon oft angeführte Witten-
berger Lehrer, Conr. Vict. Schneider in seinen
weitschichtigen aber classischen 5 Quartanten de
catarrhis besonders Lib. I. Sect. II. cap. 2–7.
pag. 153–257.
vesal. cap. 6. fig. 8. von oben. – eustach.
tab. XLVI. fig. 11 bis 14 und 16 von allen Seiten.
Die Entstehung und Ausbildung des clivus hängt
wohl unter andern hauptsächlich von dem ver-
schiedenartigen Druck ab den das Mittelstück des
Keilbeins, als Centralpunct der mechanisch auf
den Schädel bey belasten des Scheitels oder ge-
waltsamen Beißen etc. würkenden Kräfte, erleidet.
s. Richerand über das Bordeusche Problem im
IIIten Bande der Mém. de la Soc. médicale
S. 180 u. f.
Ueber den Einfluß den die Bildung des olivus etc.
auf die ebenmäßige Bildung der darauf liegenden
und damit correspondirenden wichtigen Theile des
Gehirns haben muß s. C. metzger de sceleti
dignitate p. 33 u. f.
morgagni aduers. VI. animadv. 6. 18. 21. 28. –
haller icon. anat. Fascic. I. tab. VI. VV.
p. 41. not. 16. – id. de corp. hum. functionib.
vol. VIII. p. 251 sqq.
Diese kleinen Knochenschalen sind längst dem
scharfsichtigen C. V. Schneider bekannt gewesen,
de catarrh. L. III. cap. I. p. 483. auch Düver-
ney hat sie gekannt, oeuvr. anatomiques vol. I.
p. 219. Bertin hat sie nur näher untersucht und
cornets sphenoidaux genannt Mém. de l'Ac.
des Sc. de Paris. 1744. p. 412. u. f. – Eine ge-
naue Beschreibung derselben s. in iancke prolus.
de cauernis quibusd. quae ossib. capitis hum.
continentur p. X. sq. und ihrer Varietäten in
Walter's Abh. von trocknen Knochen des mensch-
lichen Körpers. S. 109. u. f. – getreue Abbildun-
gen der Varietät wo diese Blättchen mit dem
Siebbein zusammenhängen s. in boehmer instit.
osteologic. tab. IV. fig. 5. G. G.; 6. K. K. und
7. L. L. und in Süe großen französischen Ausg.
von Monro's Werke tab. VIII. fig. 3. K. K.
und 4. H. H.
Diese spina macht zuweilen einen ganz beträcht-
lichen Stachel fast wie ein processus styliformis.
schneider de catarrh. L. II. Sect. I. cap. 19.
p. 195. sq. und Sect. II. cap. 2. p. 261. sq.
vidi vidii de anat. c. h. L. VII. tab. VII. fig. 8.
O. p. 30. sq. der Venetian. Ausg. v. 1611.
schneider de osse cribriformi et sensu ac organo
odoratus. Witteb. 1655. 12. eine kleine aber un-
schätzbare Schrift, die in der ganzen Physiologie
Epoche gemacht und zuerst den doppelten vorher
ganz allgemein angenommenen Wahn widerlegt
hat, daß die Gerüche durchs Siebchen dieses
Knochen ins Gehirn hinauf- und hingegen der
Unrath aus dem Gehirn durch die gleichen Wege
in die Nase hinunter stiegen. – Besonders enthält
sie auch einen Reichthum eigner Bemerkungen
zur anatome comparata.
So nannte Galenus das Siebbein, weil es nicht
bloß wie ein Siebchen durchlöchert, sondern viel-
mehr wie ein Schwamm mit Röhrchen durchzogen
sey, de vsu partium L. VIII. cap. 7. p. 335. der
Gesnerschen Ausg. v. 1562.
Der erste der das Siebbein genauer beschrieben hat
ist wieder der so oft mit Ruhm genannte Fallo-
pius in den observ. anat. p. 30. b. sq. – Die
erste Abbildung des einzelnen Knochen hat dessen
Schüler Vid. Vidius gegeben a. a. O. tab. V.
fig. 15 und 16.
Bey den Affen liegt das Siebbein nicht wie beym
Menschen mitten zwischen beyden Augenhöhlen,
sondern etwas tiefer in die Nase hinunter: daher
auch bey diesen Thieren bie Augenhöhlen weit
näher beysammen zu stehen kommen als beym
Menschen: und sich dadurch der von je so allge-
mein angenommne Irrthum widerlegt, als ob die
Augen beym Menschen näher beysammen stünden
als bey allen andern Thieren.
Da das ganze Siebbein, wie in der vorletzten
Note erinnert worden, bey den Affen tiefer liegt
als beym Menschen, so ist besonders auch die Lage
des Siebchens selbst, bey diesen Thieren sehr von
der im Menschenschädel verschieden. Das Stirn-
[Seite 178] bein hat bey ihm gar keine incisura ethmoidea,
sondern mitten zwischen beiden partibus orbita-
libus dieses Knochen steigt bloß ein ziemlich enger
blinder Gang in die Nase hinab, der fast der Oeff-
nung des innern Gehörganges ähnelt und auf
dessen Boden das kleine unansehnliche Siebgen
befindlich, und nur mit wenigen Oeffnungen
durchbohrt ist.
sam. theod. quelmalz de narium earumque
septi incuruatione. Lips. 1750. 4. – just.
gottfr. günz in den Mém. présent T. I. p. 289 sq.
Bey den scharfriechenden Thieren, zumal unter
den digitatis und bisulcis, sind die Muscheln
des Siebbeins aufs bewundernswürdigste gerollt [Seite 180]
und gewunden um in einem engen Raum doch
die möglichst größte Fläche zur Aufnahme einer
desto größern Menge von riechbaren Theilchen
zu erhalten.
Unter den mannigfaltigen Thierschädeln, die
ich auch besonders aus dieser Rücksicht untersucht,
habe ich doch bey keinem diese Muscheln von einer
so ganz ausnehmenden Eleganz gefunden als bey
der gemeinen Ziege. Sie ähneln da dem allerfein-
sten Flor oder Spitzen die aufs kunstreichste und
regelmäßigste zusammengefaltet wären.
S. dessen eigne obseruat. anat. p. 88. sq. und
Hrn. Girardi's Auslegung der nachgelaßnen Santori-
nischen Tafeln S. 53.
io. domin. santorini obseruat. anat. p. 89. sq.
der Venetian. Ausg. v. 1724. – Dann auch in
den XVII. tabulis posthumis Parm. 1775. kl. Fol.
tab. IV. F.
Denn für nichts mehr als eine sehr ungewönliche
Varietät sieht auch der gel. Herausg. der letzt
gedachten Tafeln, Hr. Prof. Girardi, diese so-
genannten Santorinischen Muschelgen an. Ex-
plicat. p. 52 sq.
Tertium maxillae os vesal. L. I. cap. 9.
p. 49. u. f. Es ist vermuthlich das secundum ge-
nae supernae gal. de ossib. p. 11. A. ders aber
mit dem planum orbitale des Oberkiefers zu
vermengen scheint.
Bey den gedachten scharfriechenden Thieren ist
auch das Siebchen ausnehmend groß und mit zahl-
reichen und sehr symmetrisch geordneten Löcherchen
durchbohrt. – Ganz vorzüglich beym Bären.
Auch beym Fuchs, beym Igel, und bey den bisulcis.
Am alleransehnlichsten und merkwürdigsten aber
beym Elephanten.
Hingegen ist bey den cetaceis, wenigstens beym
Delphin, dessen Schedel ich vor mir habe, auch
nicht eine Spur eines Siebchens oder sonstigen
Oeffnung zum Durchgang der Geruchnerven eines
ersten Paars zu sehen.
Selbst an dem oben S. 37. erwähnten Schädel
einer hundertjährigen Frau ist auch die Stirnnaht
noch in ihrer vollen Integrität erhalten.
Und eben von diesem Fall, wo sich die Kranznaht
mit der Pfeil- und Stirnnaht kreutzt, versteht [Seite 186]
ich die sonst so allgemein und noch vom Hrn.
v. Haller bibl. anat. T. I. p. 16.) für unerklär-
lich gehaltne Stelle in dem ächten Hippocrati-
schen Werke de capitis vulneribus (p. 28 der
Paawischen Ausg. im succenturiatus anatomi-
cus Lugd. Batav. 1616. 4) von Schädeln deren
Nähte übers Kreuz liefen. – Vergl. damit
galen. de vsu partium Lib. IX. cap. 17. p. 353.
Aeußerst selten und merkwürdig sind die Fälle, wenn
auch ein Scheitelbein oder das Hinterhauptbein,
durch eine ächte Naht durchschnitten wird.
Ein solches durch eine dergleichen Naht ge-
theiltes Scheitelbein besaß Winslow, wovon
Tarin in der Vorrede zu seiner Osteograhie
tab. V. eine Abbildung gegeben hat.
Einen Schädel mit einer Quernaht am obern
Theile des Hinterhauptbeins hat Eustach abgebil-
det tab. XLVI. fig. 8. – Ich besitze ein ähnliches
Stück wo diese sonderbare Naht noch weiter unten
liegt, und folglich der obere abgesonderte Theil
noch größer ist als bey dem Eustachischen. –
S. auch i. s. albrecht im IV. B. der nov. Act.
N. C. p. 69. i. f. schreiber im III. B. der nov.
comm. Petropolit. tab. IX. und albinvs de sce-
leto p. 131. [Seite 187]
Einen ganz sonderbaren Fall, wo bey einem
8jährigen Knaben alle drey ächten Nähte doppelt,
oder vielmehr durch einen zwischen denselben lie-
genden anderthalb Zoll breiten Knochenstreifen von
einander abgesondert waren, beschreibt Mauchart
in den Ephem. N. C. Dec. III. ann. 4. p. 147. –
An dem Schädel des oben [S. 110. n. i)] gedach-
ten 17jährigen ungeheuren Wasserkopfs in meiner
Sammlung sind die Seitentheile der Kronnaht
und die Hinterhauptsnaht ebenfalls durch Fingers-
breite Knochenstreifen von einander getrennt, die
aber selbst wieder aus einer Unzahl von Zwickel-
beinchen zusammengesetzt sind.
Mancherley andre Varietäten an den Suturen
s. bey v. doeveren observ. acad. p. 193 sq. und
sandifort obs. anat. pathol. Lib. III. p. 103 sq.
Daher sind auch die ächten Nähte, die sonst über-
haupt bey den mehresten Thieren minder zackicht
sind als beym Menschen, doch bey den gehörn-
ten bisulcis ausnehmend stark gezähnelt, um die
Hirnschale bey der Gewalt die sie mit ihren
Hörnern ausüben müssen, für dem auseinander-
weichen zu sichern. – Vorzüglich ist deßhalb die
sutura frontalis bey diesen Thieren von einer
ausnehmenden Dicke und Festigkeit.
Ein sehr sinnliches Beyspiel der Macht des Bil-
dungstriebes sieht man hier beym innern Wasser-
kopfe wo die flachen Knochen der Hirnschaale (welche
durchs Wasser so ausgedehnt und von einander
getrieben worden) die Knochenfasern an ihren
Rändern gleichsam wie Strahlen einander ent-
gegen treiben, um damit in einander greifen und
anschließen zu können.
schneider de catarrhis Lib. II. cap. 6. p. 391. sq.
rolfink dissert. anatomicae p. 311 sq.
An einem ausnehmend characteristischen Schä-
del eines hundertjährigen Juden in meiner Samm-
lung sind nicht nur die sämmtlichen ächten Nähte
sondern auch fast alle unächte so verwachsen, daß
der ganze Kopf wie aus einem Guß geformt er-
scheint. s. Decas cranior. IV. tab. 34.
Als ob sie Ole Worm erfunden hätte, s. wor-
mii et ad eum epistolas T. I. Proleg. p. XXVIII.
Aber fast hundert Jahre vorher hatte sie schon
der abentheurliche Paracelsus in seinem Buch
von den hinfallenden Siechtagen folgendermaßen
beschrieben: ‘„Ein Bein ist am Haupt, und näm-
lich es ist gerad und gleich der Centrum. Das
Bein ist nicht über einen Kreutzer breit, etwas
eckicht, und wird nicht in allen Schalen gefunden
sondern in etlichen u.s.w.“’
Auch Eustach hat diese Zwickelbeinchen ge-
kannt und abgebildet; und Sal. Alberti (hist.
plerar. part. h. c. p. 3.) und Marc. Aurel. Se-
verin (Zootom. Democrit. p. 194. sq.) u.a.m.
staehelin theses phys. anat. botan. in der Hal-
lerschen anat. Samml. VI. B. pag. 671. fig. 3.
i. e. hebenstreit rariora ossium momenta. Lips.
1740. al. monro pat. in Ess. of a Soc. at
Edinb. T. V. P. I. p. 220. sq. tabarrani im
III. B. der Atti dell' Accad. di Siena. Append.
p. 35. sq. und Hünauld, v. Döveren, und Hr.
Prof. Sandifort a. a. O.
Ich besitze z.B. Schädel an welchen zu beyden
Seiten der Kranznath nach den Schläfen zu
Zwickelbeinchen liegen, die so symmetrisch mit
einander accordiren als ob ihre Lage mit dem Zir-
kel abgemessen und sie selbst aus einer Form ge-
gossen wären. – Eben so zu beyden Seiten der
Hinterhauptsnaht, wo die auf der rechten Seite
mit denen auf der linken in Rücksicht der Anzahl,
Gestalt, Richtung etc. aufs genaueste harmoni-
ren. – Andre mit eben so exact regelmäßigen
Gruppen solcher Zwickelbeinchen da wo hinten die
sutura sagittalis an die lambdoidea stößt u.s.w.
Am auffallendsten ist diese Symmetrie an den
unzähligen Zwickelbeinchen des schon gedachten
(S.187. N. c) 17jährigen Wasserkopfs in meiner
Sammlung. Denn wirklich kann man diese un-
zählig nennen, da ihrer bloß in einer kleinen Strecke,
nämlich in der rechten Schuppennaht zum wenig-
sten 130 liegen. Auch die beyden Seiten der
Kronnaht, so wie die Hinterhauptsnaht sind voll
derselben. Die Pfeilnaht hingegen hat gar keine.
Diese Entstehungsart der Zwickelbeinchen ergiebt
sich am deutlichsten bey innern Wasserköpfen von
ansehnlicher Größe, wovon ich Beyspiele vor mir
habe an welchen die großen häutigen Zwischen-
räume zwischen den vergrößerten ausgedehnten
flachen Knochen der Hirnschale, mit einer Menge
kleiner linsenförmiger Knochenkernchen wie durch-
säct sind.
Diese so zufällige – meist erst durch eine
Krankheit veranlaßte – Entstehung dieser Knö-
chelchen, scheint mir, vollends in Verbindung mit
dem was in der vorigen Note von ihrer oft so
eleganten Symmetrie gesagt worden, wiederum
einen nicht unbeträchtlichen Beweis für die Macht
des Bildungstriebes abzugeben, und hingegen
die Präexistenz der präformirten Keime zu ent-
kräften.
Vergl. mit diesem § vieussens nevrograph. uni-
versal. p. 93. tab. XVII. fig. 1. – duverney
oeuvr. anat. vol. I. tab. IV. haller icon. ana-
tom. Fasc. I. tab. VI. tabarrani observat.
anatomic. Luc. 1753. 4. tab. IV. V. VI. walter
de morbis peritonaci et apoplexia tab. III. IV.
vicq d'azyr tab. XXXV.
Bey der großen Anzahl von Schädeln die ich zur
Hand und deßhalb nachgesehen habe, ist weit selt-
ner das rechte enger als das linke. – Gerade
das Gegentheil behauptet der bekannte Delametrie
oder vermuthlich sein Freund Camper, der vie-
len Antheil am ouvrage de Penelope hat, im
Iten Th. dieses Buchs S. 24 u. f. Unter einem
Dutzend Schädel sey bey zehnen das linke for. iu-
gulare weiter als das rechte, daher er rathet,
man solle beym Schlagfluß, der Schlafsucht,
catalepsis etc. immer lieber die linkt Drosselader
öffnen als die rechte.
Vergl. rich. lower de corde p. 152. der
Amsterd. Ausg. v. 1669. io. zachar. petsche
(Praes. M. Alberti) Sylloge anat. selectar.
observ. p. 4 sq. hunauld in den Mém. de l'Ac.
des Sc. a. 1730. p. 559 sq.
Der erste der die foramina am Kopfe recht genau
bestimmt hat, ist Vesal's Nachfolger reald.
columbus in seinem überhaupt viele interessante
und feine Bemerkungen enthaltenden Werke de
re anatomica Lib. I. Cap. II. p. 67. sq. der Pa-
riser Ausg. v. 1572.
Es sind nur wenige Thiere die ihren Oberkiefer
bewegen können, vorzüglich die Papageyen, bey
welchen der knöcherne Zapfen der in der hornichten
Scheide des Oberschnabels steckt, durch eine über-
aus merkwürdige Articulation, die theils zum
Ginglymus (Th. I. §. 105.) und theils zur Syn-
neurosis (Th. I. §. 101.) zu rechnen ist, und zwi-
schen den Nasenlöchern und den Augenhöhlen liegt,
mit dem übrigen Schädel eingelenkt ist.
Bey den mehresten übrigen Vögeln ist zwar
auch der Oberschnabel mehr oder weniger biegsam;
diese schwache Beweglichkeit rührt aber nicht von
einem würklichen Gelenke wie bey den Papageyen,
sondern davon her, daß der Knochenzapfen des
Oberkiefers meist nur zu beyden Seiten über den
Nasenlöchern durch ein paar ziemlich elastische
Knochenblätter mit der Hirnschale zusammen hängt.
S. Herissant in den Mém. de l'Ac. des Sc. de
Par. v. 1748.
Ueber die Beweglichkeit der Kiefer des Croco-
dils ist ehedem viel gestritten worden. – Manche
Zergliederer, wie Vesalius, Columbus etc. hiel-
ten bloß seinen Oberkiefer für mobil, den untern
aber für unbeweglich. Aber schon Vesling hat
das Gegentheil erwiesen und dem Oberkiefer alle
eigne Beweglichkeit abgesprochen – observ. ana-
tomicar. cap. 5. p. 39. der Ausg. v. 1740. 8.
Hingegen können die Schlangen den Oberkie-
fer bewegen; wie ich z.B. an der lebendigen
coluber natrix oft bemerkt. Und so auch viele
Fische. Vom Zevs faber z.B. s. morgagni
aduersar. anat. VI. p. 228.
Bey Galenus und den folgenden Zergliederern
bis auf Vesalius herrscht in Rücksicht der un- [Seite 200]
beweglichen Gesichtsknochen viel Verwirrung. Erst
Fallopius und dessen Schüler Vidus Vidius
haben sie recht bestimmt und genau auseinan-
der gesetzt.
theoph. de bordeu sur les articulations des os
de la face im IIten B. der mém. présentés.
pag. 13. sq.
albini icon. ossium foetus tab. V. fig. 28. 29. 33. –
j. hunter nat. hist. of the human. teeth. P. I.
tab. VIII. fig. 2. 3. 5.
Ueber diese Furche und wie sie wol ehe bey Ope-
rationen der Thränenfistel zu einem Fehlschnitt An-
laß gegeben s. bromfield's chirurg. observ. and
cases vol. I. p. 341. sq.
Auch diese, von vielen neuern Osteologen vergeßne
oder übersehne Fissur ist von den großen Zerglie-
drern des sechszehnten Jahrhunderts aufs genauste
bemerkt worden: s. vesal. cap. 9. fig. 2. a. a.
und p. 52. fallop observ. anat. p. 35. b. co-
lumbus p. 55. vergl. auch riolan. anthropogr.
p. 649. und h. eysson de ossib. infantis p. 26. sq.
Ich habe diesen so berühmten Knochen lieber os
intermaxillare, als mit Hrn. von Haller und
andern Zergliederern os incisiuum nennen wollen,
weil er sich auch bey solchen Säugethieren findet
die entweder wie die wiederkauenden mit gespalt-
nen Klauen, und Armadille etc. keine Schneide-
zähne im Oberkiefer haben, oder wie das Schna-
belthier und die Ameisenbären etc. gänzlich zahn-
los sind. Bey denen aber, die mit obern Schnei-
dezähnen versehen sind, sitzen dieselben nie wie
beym Menschen in den Oberkiefern selbst, sondern
immer in diesem zwischen denselben eingekeilten
besondern – einfachen oder gepaarten – Knochen.
Da Galenus in seiner Osteologie cap. 4.
p. 12. A. B. diesen Knochen unter die übrigen am
Schädel zählt, so erwies Vesalius daraus, daß
jenes canonisirte kleine Werk nicht nach Men-
schengerippen verfaßt seyn könne, wodurch er sich
denn bekanntlich den fast wüthigen Haß so vieler
seiner Zeitgenossen zuzog, die ihren Galenus
dieses Knochen wegen theils mit unglaublich ge-
zwungnen Sophistereyen zu retten suchten. s. z.B.
iac. sylvii depulsio calumniarium Vesani cu-
iusdam in Galenum §. 5. [Seite 208]
Ausführlich habe ich von diesen merkwürdigen
Knochen sowohl in der IIIten Ausg. des Buchs
de generis hum. variet. natiua p. 34 u. f. als im
Handb. der vergleich. Anat. S. 22 u. f. ge-
handelt. Vorzüglich aber s. die treffliche Mono-
graphie von Gotth. Fischer über die verschiedne
Form des Intermaxillarknochens in verschiednen
Thieren. Leipz. 1800. 8. m. Kupf.
Ohngeachtet die Höhlen des Oberkiefers schon von
den Osteologen des sechzehnten Jahrhunderts
genau beschrieben waren (s. z.B. fallopii observ.
anat. p. 35. b.); so hat man sie doch nachher
nach Highmor'n genannt, weil dieser in seiner
disquis. anat. corporis hum. über die Fisteln und
andere Zufälle derselben einiges neues gesagt hatte.
Und doch sind Fälle bekannt, wo auch diese
Schleimhöhlen bey Erwachsnen gefehlt haben. mor-
gagni aduersar. anatom. I. p. 38. und VI. p. 116.
Bey manchen großen Thieren mit langgestreckten
Oderkiefern, wie beym Pferd etc. bildet dieser ca-
nalis infraorbitalis eine lange Röhre, die mit-
ten durch den sinus maxillaris Länge nach
hindurch läuft.
v. haller ad boerhaavii praelection. in pro-
prias institut. vol. IV. p. 43. und in den iconib.
anatom. fascic. IV. p. 21. tab. II. fig. 2. O. O.
Bey den vierfüßigen Säugethieren und selbst bey
den Affen sind die vordern foramina palatina ohne
Vergleich größer alt beym Menschen, länglicht,
[Seite 210] und so viel mir wissend, immer doppelt, und bey
manchen gar dreyfach, so daß wie beym Pferd etc.
zwischen den beyden großen Oeffnungen noch eine
dritte kleinere nach vorn in der Mitte liegt. Bey
manchen, wie z.B. beym Löwen, sind die Aus-
gänge dieser großen Oeffnungen am Gaumen sogar
beym lebendigen Thiere sehr sichtlich. (S. Joh.
El. Ridinger Abbildung des zahmen Löwen, der
1760 in Deutschland zu sehen gewesen. gr. Fol.)
Die canales incisiuos selbst hatte der vortrefliche
Zergliederer Nil Stenson (nic. stenonis) ums
J. 1662. zuerst an Ochsen und Schafen entdeckt,
und sowol in seinen obseruat. anatom. de na-
rium vasis p. 107. als in dem specim. obseruat.
de muscul. et glandulis p. 34. beschrieben. Nur
blieb man lange über ihren Nutzen strittig: –
ob sie nicht auch beym lebenden Menschen würk-
lich als offne Gänge dienten, die aus den Nasen-
höhlen zum Gaumen führten; – oder womit sie
im gegenseitigen Fall gefüllt wären u.s.w. Das
ersten behauptete Santorini obseruat. anatom.
p. 93 sq. doch findet es nur in sehr ungewöhnlichen
Fällen statt. Gewönlich verlaufen sich die trich-
terförmigen Gänge, die aus der Nase zu beyden
Seiten der Pflugschar convergirend hinabsteigen
in die oben im vordern foram. palatino liegende
carunculam incisiuam, die Morgagni in seinem
Brief an Hrn. Girardi beschreibt: s. des letzt.
Erklärung der nachgelaßnen Santorinischen Ta-
feln in der Vorr. S. XVII. und im Text S. 56. –
[Seite 211] Vergl. damit duverney oeuvr. anatom. vol. I.
p. 221. 137. und morgagni aduersar. anat. VI.
pag. 237.
eustach. tab. XLVII. fig. 1. 3. 6. 8. – vid. vi-
dius a. a. O. tab. VI. fig. 19. pag. 37. – ar-
cant impetus prim. anatom. LB. 1721. tab. V.
fig. 9. 10. – und vorzüglich Loder's anatomisches
Handbuch tab. I. II.
S. Walter's Abhandlung von trocknen Knochen
des menschlichen Körpers S. 143. – albinus
de sceleto p. 196 sq.
Bey vielen Quadrupeden (zumahl unter den Digi-
tatis und Palmatis) verlauft sich der processus
malaris des Oberkiefers in einen eben so langen
schmalen Fortsatz als der ihm vom Schlafbein
entgegenkommende; so daß er nach Verhältniß
die Stelle einnimmt wo bey andern so wie beym [Seite 218]
Menschen, das Jochbein liegt; und dieses selbst
nur als ein Zwischenstück zwischen jene beyden
Fortsätze wie eingeschaltet ist; mithin gar nicht
ans Stirnbein reicht, und folglich auch nichts
zur Bildung der Augenhöhlen beyträgt. Hiernach
ist das zu verbessern was im Handb. der vergleich.
Anat. S. 28. gesagt worden.
Die mehresten Affen, Paviane und Meerkatzen
haben nur einen einzigen Nasenknochen, in Gestalt
eines Dreyecks mit einer schmalen nach oben ge-
kehrten Spitze.
Die mehresten übrigen Säugethiere haben zwey
theils ausnehmend lange und schmale Nasenknochen.
Beym Elephanten hingegen ist gleichsam nur
ein Rudiment davon zu finden.
Auch von diesen Knochen findet sich bey den Ele-
phanten nur ein Rudiment – so wie ihnen auch
überhaupt der Thränengang mangelt. S. p. cam-
per description anatomique d'un Eléphant mâle.
Par. 1802. fol. p. 45. 60.
Bey den Makis (dem Lemurgeschlechte) liegt, wie
Hr. Hofr. Fischer gefunden, dieser Eingang des
Thränencanals außerhalb der Augenhöhle, auf
dem Oberkiefer selbst; eine Eigenheit die einen
Hauptcharacter dieses eleganten Thiergeschlechts
abgibt. s. Gotth. Fischer's Anatomie der Maki.
I. B. Frankf. 1804. 4. S. 6.
Der erste der die untern Muschelbeine für ein paar
eigne besondre Knochen anerkannte, war wieder
der mehrmals gerühmte Columbus a. a. O. S. 58.
Doch sind sie auch von neuern Osteologen bloß
für Fortsätze oder Anhänge andrer Gesichtsknochen
gehalten worden. – So z.B. für Theile der
Thränenbeinchen von Winslow im Tr. anat.
vol. I. p. 86. und von hensing de apophysib.
p. 15. – Für Fortsätze der Gaumenbeine von san-
torini observ. anat. p. 88. – Für Theile des
Siebbeins von Hünauld in den Mém. de l'Acad.
des Sc. de Par. v. 1730. p. 560. so wie vorlängst
von fallop. observ. anat. p. 35.
Mit diesen dreyerley Knochen sind sie aber ge-
wiß nur in den seltesten Fällen verwachsen. Weit
eher könnte man sie für Theile der Oberkiefer
halten, als mit welchen ich sie bey einigen übrigens
ausnehmend schön ausgebildeten und doch noch
jugendlichen Köpfen, vollkommen zu einem Stücke
verwachsen gefunden habe.
Zumahl bey den scharfriechenden grasfressenden
Thieren, dem Pferd, Rindvieh etc. s. Salvat.
Morand in den Mém. de l'Acad. des Sc. de
Par. v. 1724. p. 405. sq. tab. XXIV.
Auch die Pflugschar ist erst von Columbus a. a. O.
S. 48. und von Fallopius observ. p. 33 b. als
ein besonderer Knochen beschrieben, und vomer
genannt worden.
Vesalius hielt sie für einen Anhang des Sieb-
beins, und in diesem Irrthum sind ihm auch noch
neuerlich Santorini a. a. O. S. 88, Ant. Petit
in seiner Ausg. des Palfyn, so wie Lieutaud
und Portal gefolgt, s. des letztern Ausgab.
von Lieutaud's anat. hist. et pratique vol. I.
pag. 66. sq.
Dieser untre Rand der Pflugschar kann, wie ich
an Beyspielen vor mir sehe, bey Leibesfrüchten
durch eine Kopfwassersucht oder einen andern me-
chanischen Druck die Oberkiefer und Gaumenbeine
auseinander treiben, und dadurch wohl einen ge-
spaltnen Gaumen verursachen.
Die Augenhöhlen sind nur erst neuerlich in ihrem
wahren Zusammenhang und Verhältnissen beschrie-
ben worden. Außer dem wenigen was Winslow
in den Mém. de l'Ac. des Scienc. de Par.
v. 1721 davon gesagt, hat Camper zuerst hier-
über Licht verbreitet in s. diss. physiol. de qui-
busd. oculi partib. LB. 1746. cap. I. und dann
unser unvergeßlicher Zinn in seinem classischen
Werke cap. 7.
Ich habe Schädel an welchen der Umfang der Au-
genhöhlen beträchtlich höher als breit ist, und
andre wo hingegen die Höhe derselben von ihrer
Breite auffallend übertroffen wird.
Außer dem Menschen haben meines wissens nur die
Quadrumanen diese äußere Wand völlig geschlos-
sen, und bey vielen derselben ist ihre orbita eben
so fest verwahrt als beym Menschen: bey manchen
Pavianen vielmehr noch robuster; so daß es Ein-
schränkung leidet, wenn Haller sagt: hoc oculi
tutamen in homine, quam in vllo alio ani-
male quod ego nouerim, tutius.
Bey den übrigen Säugethieren reicht das Joch-
bein entweder gar nicht hinauf zum Stirnbein,
(S. 217. N. c.) oder die großen Flügel des Keil-
beins treten auch nicht so weit seitwärts hervor,
sondern die Augenhöle ist an den Schädeln dieser
Thiere nach außen mehr oder weniger offen; und
das, wie H. Geh. R. Sömmerring vermuthet
um dem process. coronoideus des Unterkiefers
der bey ihnen mehrentheils weit größer ist als
beym Menschen oder Affen etc eine freyere Bewe-
gung zu gestatten.
Der Maulwurf hat gar keine eigentlichen Au-
genhölen – da seine kleinen so lange ganz ver-
kannten Augen ganz vorn unter der Haut liegen.
Fast einen änlichen Bau habe ich bey der Zer-
gliederung des kleinen Brasilischen Ameisenbären
(myrmecophaga didactyla) gefunden, dem man
auch kaum wahren Augenhöhlen zuschreiben kann.
Die ungeheure Größe dieser Höhlen bey den
mehresten Vögeln ist bekannt. Aber auch in Be-
treff der Säugethiere ist es nicht ganz richtig wenn
Haller sagt: homini maior quam vlli bestia-
rum orbitae pars ossea est: denn schon die Katze [Seite 237]
hat nach Verhältniß weit größere Augenhöhlen,
vollends aber so manche Makis.
Von mächtiger Weite find die orbitae bey
der Robbe (Phoca vitulina); hingegen auffallend
enge beym Beutelthier (Didelphis marsupialis).
Die erste genauere Beschreibung und Abbildung
der Nasenhöhlen im Menschen und verschiednen
Thieren hat Casserius gegeben, de fabrica nasi
im pentaestheseion. p. 115 sq. der Ausg. v. 1610.
Unter den neuem s. außer den demnächst zu
nennenden vorzüglich sam. aurivillii diss. de
naribus internis. Upsas. 1760.
Mit diesem ganzen Abschnitt vergl. folgende Ab-
bildungen: duverney oeuvr. anat. vol. I.
tab. XIV. – v. haller tab. narium internar.
im IV Fascic. der icon. anat. – santorini
tab. posthum. tab. IV. – die Kupfertafel zu m.
Prolus. de sinib. frontalib. – scarpa annotat.
anatomic. L. II. tab. I. – und i. chr. rosen-
müller descr. anat. partium externar. oculi
hum. Lipl. 1797. 4. tab. I. II. III. V.
boerhaave praelect. in propr. institut. ad
§. CCCCXCVII. vol. IV. p. 59. sq. – morgagni
aduersar. anat. VI. p. 236.
Beym Menschen ist der Unterkiefer, wie schon
Vesalius anmerkt, kürzer als bey allen andern
Thieren. Doch möchte ich fast noch den Elephan-
ten davon ausnehmen, dessen Unterkiefer wenig-
stens eben so kurz ist.
Ausnehmend gros ist er hingegen schon bey
vielen Affen; selbst bey einigen der Menschen-
ähnlichsten; nun vollends beym Pferd etc. und
Hippopotam.
fallopii observ. anat. p. 36. – albini icon.
oss. foetus tab. VI. fig. 43. 44. 45. – j. hun-
ter's nat. hist. of teeth. tab. VIII. fig. 1. 4. 6.
Bey vielen Thieren hingegen bleiben die beyden
Hälften des Unterkiefers entweder noch späte oder
theils gar für immer durch eine bloße Synchon-
drose die sich in kochen oder maceriren leicht von
einander giebt, verbunden. – So z.B. bey vielen
reisenden Thieren etc. – Auch beym Igel, bey
vielen der kleinen Thiere mit Mauscartigen Ge-
biß etc. – Eben so bey den Wallfischen und Del-
phinen u.s.w. die Kinnlade verwächst hingegen
zu einem Stück bey den Quadrumanen, den Ele-
phanten, beym Pferd, Rindvieh, Schwein u.a.m.
In der specifischen Form des menschlichen Kinnes
glaube ich einen Hauptcharacter der Humanität
gesunden zu haben. Nur beym Menschen ist es
prominirend, mithin haben seine untern Alveo-
lon verticale Richtung und folglich auch seine
untern Vorderzähne aufrechte Stellung. Und
darin kommen alle Raßen seines Geschlechts mit
einander überein, da hingegen die Richtung der
obern Schneidezähne gar verschiedentlich variirt
z. E. bey der äthiopischen weit schräger läuft als
bey der caucasischen. – s. Decas cranior. I. tab. VI.
VII. VIII. und Dec. II. tab. XVII. XVIII. XIX. –
Schon beym Orang-Utang und noch mehr bey
andern Assen, vollends aber bey den übrigen Thie-
ren ist das Kinn, (das überhaupt bey ihnen kaum
diesen Namen verdient) mehr oder weniger zu-
rückgezogen. – s. die IIIte Ausg. der Schrift de
generis hum. varietate natiua p. 26 u. f. und
den Orang-Utangsschädel in den Abbild. natur-
historischer Gegenstände tab. 52. verglichen mit
dem von der Georgianerin ebendaf. tab. 51. und
Dec. cranior. III. tab. XXI.
An letzterm zeigt sich zugleich ein sprechendes
Wahrzeichen der individuellen Schönheit, näm-
lich die üppige Fülle und Rundung des Kinnes die
gegen das eckige scharfkantige an gemeinen Schä-
deln auffallend contrastirt und hingegen mit der
wunderschönen Form dieses Theils übereinstimmt
so wie sich dieselbe an den edelsten Köpfen von
alter griechischer Kunst zeigt, von welchen ich einen
der mit eben zur Hand liegt, als Muster anführen [Seite 248]
darf, den der Arethusa (oder Proserpina) auf
den großen Silbermünzen von Syrakus, der durch
Tassie's und Mionnet's Paften bekannt genug ist,
und dessen Schönheit wie sich Winkelmann aus-
drückt, ‘„alle Einbildung übersteigt.“’
Etwa die Ameisenbären, das Hasengeschlecht, die
Schweine, Elephanten, und cetacea ausgenom-
men, haben wohl die mehresten übrigen Säuge-
thiere größere und höhere processus coronoideos
als der Mensch. – Bey manchen, wie z.B. bey
der Giraffe sind sie von ganz auffallender Länge.
Von der verschiednen Bildung dieser condylorum
bey den Thieren hängt die eben so verschiedne
Beweglichkeit ihrer Kinnladen ab. Rundliche
Knöpfe machen eine Art arthrodia (Th. I. §. 106.)
und gestatten folglich eine vielseitige Bewegung. –
Sehr breit in die Quere laufende hingegen bilden
gleichsam einen ginglymus (Th. I. §. 105.) mithin
eine weit eingeschränktere, bestimmtere, einseiti-
gere Einlenkung. – Jenes ist der Fall bey vielen
Herbivoren, besonders beym Elephanten, Biber etc. –
Dieses hingegen bey den reißenden Thieren. –
Beym Dachs greifen die Ränder der Rinne in
welcher der walzenförmige condylus wie in einem
Gewinde läuft, so weit über denselben her, daß
der Unterkiefer selbst nach der Maceration nicht
abfallen kann.
Bey den Wallfischen und andern cetaceis ste-
hen die condyli gar nicht in die Höhe, sondern
liegen ganz flach nach hinten.
Am allersonderbarsten habe ich diese Einlen-
kung am americanischen Crocodil gefunden, da sie
viele Aenlichkeit mit der Articulation des Ober-
arms und der Ellenbogenröhre beym Menschen
hat: die condyli nämlich sind fast wie das obre
Ende der vlna ausgeschweift, und passen in ein
convexes Gewinde des Schädels ein, das ebenfalls
der trochlea am untern Ende des humerus ähnelt.
jul. leop. th. f. zincken dictus sommer de
maxillae inferioris luxatione. Gotting. 1794. 4.
Die alte Meinung war daß die condyli in den
Gruben selbst lägen. – Und der pflichteten auch
Albinus, Ferrein in den Mém. de l'Acad. des
Sc. v. 1744. u.a. bey.
Der erste der hingegen die Einlenkung der
Knöpfe mit dem tuberculo artic. des Schlafbeins
behauptete, war der genaue Leidner Zergliederer
J. J. Rau; s. albini vitam Ranii vor dem
catal. supellectil. anat. Rauian.
Umständlich über die ganze Streitfrage s. hal-
ler ad boerhaav. praelect. in institut. propr.
vol. I. p. 142. sq. und die elem. physiol. vol. VI.
pag. 8. sq.
Dieser meniscus ist schon von car. stephanus
de dissect. part. corp. hum. Paris. 1545. fol.
p. 37. beschrieben. Auch von Vesalius cap. 10.
p. 55. abgebildet. – Genauer aber in morgagni
adversar. anat. II. fig. 1. 2. 3.
Das Schwinden dieses meniscus und die Ab-
sorbtion der knorplichten Articulations-Rinden ist
zuweilen ein äußerst lästiges vermuthlich Gichtar-
[Seite 252] tiges und namentlich in manchen Gegenden am
Niederrhein nicht seltnes Uebel, wobey die Kran-
ken bey jeder Bewegung der Kinnlade, im sprechen,
zumahl aber im Kauen über ein unleidliches Ge-
räusch in den Ohren klagen, als ob Holz gesägt
oder Blech gefeilt würde etc. f. Leidenfrost in
Duisb. 1785. 4.
Durch diesen Canal erhalten zwar die Zähne ihre
Gefäße und Nerven; er findet sich aber auch bey
völlig zahnlosen Säugethieren wie bey den Amei-
senbären und bey den eigentlich sogenannten Wall-
fischen (balaena mysticetus etc). Die Unterkie-
fer dieser letztern werden insgemein für Wallfisch-
rippen angesehen; ein seltsamer Irrthum, den
aber schon Wilh. Rondelet, ein treflicher Zer-
gliederer, widerlegt hat, de piscib. Lugd. 1554.
fol. pag. 53.
Bloß den rothblütigen Thieren kann man wahre
Zähne zugestehen. Was bey den Insecten und
Würmern so genannt wird, ist ganz von der Sub-
stanz würklicher Zähne verschieden.
Unter den rothblütigen fällt ferner die ganze
Classe der Vögel aus, als welche sämmtlich ohne
alle Ausnahme zahnlos sind.
Und selbst unter den übrigen drey Classen,
nämlich unter den warmblütigen Säugethieren
und unter den kaltblütigen Amphibien und Fischen
giebt es doch auch noch zahlreiche Ausnahmen
von ungezähnten Geschlechtern. – Denn Haller's
Aeußerung (elem. physiol. vol. VI. p. 19.) als
ob alle warmblütige vierfüßige Thiere mit Zähnen
versehen wären, leidet beträchtliche Ausnahmen;
da bekanntlich die Ameisenbären und die Formo-
sanischen Schuppenthiere (manis) keine Zähne
haben; eben so wenig als die eigentlichen Wallfische.
Und so halte ich auch das wundersame Schna-
belthier von Botanybay für zahnlos, von dessen
ganz anomalischen Kauorganen, (die weder sub-
stantia vitrea noch ossea, weder Wurzeln noch
Alveolen haben und die Hr. Home dem allem
ohngeachtet für Zähne ausgegeben, und dennoch
selbst ihre Structur mit der von der innern Haut
des Hühnermagens vergleicht), ich in Voigt's
neuen Magazin IV. B. S. 719 u. f. gehandelt habe.
Sie sind doch allemahl Knochenartig, so gut als
Nußschale holzartig ist, wenn gleich zwischen
einer Nuß und dem Holz ihres Baums ein großer
Unterschied bleibt.
Aus dem Heer von Schriftstellern über die Zähne
überhaupt nenne ich nur zweye statt aller: eu-
stachii libellus de dentibus. Venet. 1563. 4.
und i. hunter's natural History of the human
Teeth Lond. 1771. 4. m. Kupf. und das sup-
plement dazu, eben das. 1778.
Ueber die Textur der Zähne s. so wie über die
Organisation der Knochen überhaupt die drey clas-
sischen coaetaneos, Malpighi, Gagliardi, und
Havers in den oben (Th. I. S. 45. N. a) ange-
führten Schriften.
Ueberhaupt sind die Zähne die einzigen Theile des
Gerippes die auch in der Osteosarcosis (Th. I.
S. 49.) unverändert bleiben.
So hart, daß sie theils am Stahl Feuer schlagen
wie schon Th. Bartholin und Gagliardi be-
obachtet, s. des erstern histor. anatomicar. rarior.
cent. II. obs. 24. und des letztern anat. ossium
p. 62. Auch Broussonet in Voigt's Magaz.
für die Naturk. IV. B. 3. St. S. 180.
Im verdünnten Salpetergeist und ähnlichen mine-
ralischen Säuren schwindet der Schmelz der
Zähne nach und nach völlig, ohne wie andre
Knochen eine solche Grundlage von Schleimge-
webe zu hinterlassen. – S. Herissant in den oben
(Th. I. S. 11. N. i) genannten Abhandlungen. –
Auch I. Christl. Remme's Zweifel und Erinne-
rungen wider die Lehre von der Ernährung der
festen Theile. Halle, 1778. 8. S. 76 u. f.
Zweye meiner Freunde, der sel. Camper und der
würdige D. S. f. Simmons glaubten die unge-
wöhnlich milchblaue Farbe der Zähne für ein
Zeichen der Lungensucht ansehen zu können, das
hingegen D. Reid in seinem trefflichen Werke on
the phthisis pulmonalis nur selten und oft gar
nicht bestätigt gefunden zu haben versichert. –
Ich habe genau auf dieses Zeichen geachtet, und
bey einigen Lungensüchtigen im ganzen Lauf ihrer
Krankheit keine merkliche Spur davon, hingegen
bey andern Personen die doch keine Anlage zu
diesem Uebel hatten, diese auffallend weiße Farbe
entstehen gesehen, wenn sie die Hallerschen
Tropfen oder andre saure Arzneyen eine
zeitlang anhaltend gebraucht hatten. –
Nachher habe ich auch durch Versuche gefunden,
wie leicht man noch so gelben ausgerißnen Zäh-
nen durch kurzes einbeizen in Mynsichtisches oder
Dippelsches Elix. und dergl. eine milchblaue halb-
durchsichtige Farbe geben kann. – Es fragt sich
also ob nicht vielleicht überhaupt diese Farbe der
Zähne mehr vom Gebrauch solcher Arzneyen, (– so
wie bey vielen Landleuten vom Genuß des gesäuer-
ten schwarzen Brodes –) als von einer Verderb-
niß der Lungen herrührt.
Diese Eintheilung gilt bloß vom Gebiß der warm-
blütigen vierfüßigen Thiere. – Schon bey den
Delphinen sind die zahlreichen Zähne womit der
ganze limbus alneolaris beyder Kiefer besetzt ist,
von einerley Bildung.
Außer den obgedachten völlig zahnlosen Thieren
gehen manchen andern doch die Vorderzähne ab:
wie den Faulthieren, Armadillen etc.
Andern fehlen wenigstens die Vorderzähne im
Oberkiefer, wie den Bisulcis.
Aber auch in der Anzahl und Bildung und
Richtung dieser Classe von Zähnen zeigt sich bey
den verschiednen Geschlechtern der Säugethiere
nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Nah-
rungsmittel mannichfaltige Verschiedenheit. –
Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewöhnlich
6 in jedem Kiefer, mit ausgezackten Kronen, die
wie Zangen fest auf einander greifen. – Die na-
genden Thiere (glires linn. oder scalpris den-
tata hunt.) unter den Digitatis und Palmatis
haben nur Ein Paar Schneidezähne in jedem Kie-
fer mit überaus scharfen, meiselartigen Schneiden;
das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige
Gestalt, und zu der großen Kraft die es beym
Nagen anwenden muß außerordentlich lange Wur-
zeln, die z. E. bey der gemeinen Hausmaus fast
die ganze Länge des Unterkiefers hoben.
Daß hierin zumahl bey bejahrten Personen viele in-
dividuelle Verschiedenheit herrscht, braucht keiner [Seite 260]
Erwähnung. – Man sieht täglich Menschen mit
überaus stumpfen, und andre mit ungemein schar-
fen Schneidezähnen u.s.w.
Aber das ist merkwürdig, daß ganzen Natio-
nen die eine oder die andre Form dieser Art von
Zähnen eigen scheint. – So habe ich z.B. schon vor
25 Jahren an mehrern Mumien-Schädeln, die
sowohl in Rücksicht der so sehr characteristischen
altaegyptischen National-Physiognomie, als der Art
der Balsamation, alle Zeichen der frühesten älte-
sten Zeiten zu haben schienen, die Vorderzähne
in beyden Kiefern nicht meiselartig, sondern von
der Gestalt wie kurze abgestumpfte Kegel mit
flachen Kronen gefunden. Da man mehrere Jahr-
tausende hindurch und unter so verschiednen Völ-
kern Mumien gemacht, so versteht sich wohl von
selbst daß nicht alle Mumien solche sonderbare
Zähne haben können: aber die Bemerkung kann
vielleicht unter andern eben dazu dienen, die
Mumien aus den ältesten Zeiten von nachwärti-
gen neuern zu unterscheiden u.s.w. Mehreres
darüber habe ich in den Observations on some
Egyptian Mummies opened in London in
den Philosophical Transactions v. 1794. P. II.
p. 184 u. f. gesagt.
Aehnliche Zähne hat Winslow an einem
Schädel von Hond-Eyland, (in der Disko-Bucht
an der Westküste von Grönland) beschrieben, in
den Mém. de l'Acad. des Scienc. de Par. 1722.
pag. 324 sq. –
In Dühalde's Descr. de la Chine vol. II. p. 275.
und in Osbeck's Reise nach Ostindien etc. S. 226.
werden den Schinesen besonders hervorstehende
ohre Vorderzähne zugeschrieben. Das habe ich
nun weder bey 21 Schinesen die ich in Amsterdam
lange und genau zu sehen Gelegenheit gehabt, noch [Seite 261]
an einem übrigens ausnehmend characteristischen
Schädel eines 30jährigen Mannes von diesem
merkwürdigen Volke irgend auffallend gefunden,
den ich vor kurzen nebst mehrern andern von
Ostindischen Völkerschaften durch die Güte des
Hrn. D. Jassoy Stadtphysikus zu Batavia er-
halten; wohl aber zeichnet sich dieser Schädel
unter andern durch eine sonderbare gleichsam
kuglichte Wölbung des Vordertheils der Oberkiefer
und die damit correspondirende eigne Krümmung
der darin sitzenden Schneidezähne aus.
Auch die Eckzähne fehlen entweder manchen Säu-
gethieren gänzlich, wie den auf der vorletzten Seite
genannten Mäusen und andern nagenden Thieren:
oder sie sind doch sehr klein wie beym Pferd. –
Von ansehnlicher Größe und ausnehmender Stärke
sind sie bey den reißenden Thieren; aber auch bey
den mehresten Affen. – Das gemeine Schwein
hat die größern Fänge im Unterkiefer: der Hirsch-
eder (Babirussa) aber außer diesen auch die eignen
parallelen fast in Cirkel gebognen langen Eckzähne
im Oberkiefer. – Am allersonderbarsten aber zeich-
nen sich die ungeheuren Hauzähne des furchtbaren
Eders im innern von Südafrieg (Sus aethiopi-
cus) besonders auch in ihrer Substanz und Ver-
bindungsart von den eben gedachten aus. An
einem mächtig großen Schädel dieses famosen [Seite 262]
Thiers den ich so eben in einer reichen Sendung
Capscher Naturseltenheiten von der Güte des Hrn.
Pastor Hesse in der Capstadt erhalten, haben die
fast 9 Zoll lang aus ihren Alveolen seitwärts her-
ausstehenden, wie Ochsenhörner gekrümmten obern
Hauzähne gleichsam Elfenbeinsubstanz, die untern
hingegen sind nur 4 Zoll lang und wie bey dem
gemeinen Schwein mit Schmelz überzogen und
schließen so dicht an eine genau damit correspirende
Fläche jener obern an daß sie zusammen auf den
ersten Blick gleichsam nur Einen Zahn auszu-
machen scheinen.
Die Bären, der gemeine sowohl as der Eisbär
(auch der Waschbär und der Dachs) haben hinter
den großen Eckzähnen in beyden Kiefern noch
einige ganz kleine von sonderbarer Bildung, die
hingegen dem präadamitischen foßilen Höhlenbär
(Vrsus spelaeus) abgehen.
Auch haben die Eckzähne das vorzügliche, daß sie
seltner als die übrigen vom Beinfraß angegriffen
werden.
Die Backenzähne der Sängethiere zeigen zumahl
in Bildung ihrer Kronen überaus viel merkwür-
dige Verschiedenheiten, die den Nahrungsmitteln
wozu sie bestimmt sind, aufs genauste angemessen sind.
Bey den reißenden Thieren, zumahl aus dem
Hunde- und Katzengeschlecht sind die Kronen wie
beym Menschen und den Quadrumanen ganz mit
Schmelz überzogen, überdem aber scharf schnei-
dend ausgezackt und die untern gleiten im Kauen
dicht neben den obern vorbey, fast wie die bey-
den Blätter einer Scheere, wodurch das rohe
Fleisch, zähe Sehnen u.s.w. gleichsam zerschnit-
ten werden. – Der Bär, der sich aus beyden
Reichen nährt, hat schon breitere Kronen, deren
Zacken mehr gerade auf einander schließen.
Auch die menschenähnlichsten Affen haben doch
weit scharfzackichtere Zähne als der Mensch, wie
ich z.B. aus der Vergleichung eines ausnehmend
schönen Schädels des wahren Orang-Utang, (womit
Hr. D. von Marum meine Sammlung bereichert
hat), mit allen meinen Nationalschädeln ersehe.
Die bloß grasfressenden Thiere dieser Classe,
haben breite Kronen, die aber auf der Oberfläche
nach eignen meist geschlängelten Richtungen ausge-
furcht und durchschnitten sind, so daß auch
Knochensubstanz auf der Endfläche derselben zu
sehen ist. Da bey den wiederkauenden der Un-
terkiefer ungleich schmähler zuläuft als der obere,
so passen die Backenzähne der beyden Kiefer nicht
auf einander, sondern werden erst durch die Sei-
tenbewegung des Unterkiefers abwechselnd an ein-
ander geschoben und dadurch das Gras etc. zerrieben.
Bey den Elephanten-Gattungen sind die Kro-
nen der Backenzähne sehr breit: nur die substan-
tia ossea etwas vertieft und bey der Africanischen
wie mit rhomboidalen bey der Asiatischen aber mit
geschlängelten Leisten von substantia vitrea belegt.
s. die Abbild. naturhistor. Gegenstände tab. 19.
fig. B. C.
Schon Mundinus trennte diese beyden sogenann-
ten bicuspides von den drey hintern eigent-
lichen Backzähnen, und nannte jene maxillares
und hingegen nur diese molares p. 370. b. der
Ausg. mit Berengar's comment.
Auch Leon. da Vinci hat in seinen bewun-
dernswürdigen anatomischen Handzeichnungen von
welchen ich in der medicin. Biblioth. III. B.
S. 241. und 728. Nachricht gegeben die mensch-
lichen Zähne in vier ordines abgetheilt und die
bicuspides von den eigentlichen molaribus un-
terschieden.
Eine überaus genaue und für dir Zahnärzte wich-
tige Tabelle über alle Verschiedenheiten bey den
Wurzeln der Backenzähne hat Eustach gegeben de
dentib. pag. 33. 37.
S. des ber. Leidner Lehrers io. iac. rav disp.
de ortu et regeneratione dentium L. B. 1694.
eine meisterhafte Schrift, die auch im VI. B.
der Hallerschen Samml. wieder abgedruckt ist, –
und dann Herissant sur la formation de l'Email
des dents, et sur celle des gencives, in den
Mém. des Sc. de Par. v. 1754. pag. 429 sq.
tab. XVI. fig. 1. 2.
Ungemein anschaulich sehe ich dieß an einem Milch-
backenzahn eines jungen Elephanten in meiner
Sammlung, auf dessen obern Ende das Email in
Gestalt unzähliger dicht an einander liegender kur-
zen Zäpfchen aus der substantia ossea ausschwitzt:
es hat fast das Ansehen wie der samtartige Ueber-
zug an den Schilfkolben (typha palustris max.),
Eine Abbildung davon habe ich in der Preis-
schrift über die Nutritionskraft, St. Petersb.
1789. 4. S. 16. Fig. 1. gegeben.
S. über dieses ganze merkwürdige Geschäfte außer
den angeführten Schriftstellern, besonders io. andr.
ungebauer (Praes. i. e. hebenstreit) diss. de
dentitione sequnda iuniorum. Lips. 1738. c. f. ac.
die auch im VII. B. der Hallerschen Sammlung
befindlich ist. – io. godofr. jancke Diss. I. II.
de ossibus mandibularum puerorum septennium.
Lips. 1751. c. f. ae. – und albini annotat.
academ. L. II. cap. 1. 2. 3. tab. I. II.
S. Hrn. Hofr. Sternberg's Erinnerungen und
Zweifel gegen die Lehre der Aerzte von dem schwe-
ren Zahnen der Kinder. Hannov. 1802. 8. m. K.
So wie überhaupt kein andres Thier in der Natur
außer dem Menschen so sehr lange Kind bleibt, [Seite 267]
so spät erst auf seine Füße treten lernt, so sehr
spät mannbar wird u.s.w. so sind auch alle Ter-
mine des Zahnens bey ihm in Vergleich gegen
andre ihm irgend ähnliche Thiere ganz auffallend
verspäter.
Von diesen und andern Beweisen der Lebenskraft
in den Kiefern bey Bildung der Zahnzellen etc. s.
fallopius l. c. pag. 37.
ruysch obseruat. anat. chirurg. p. 78. fig. 66.
Ich habe vollkommen ähnliche Beyspiele, zumahl
am Unterkiefer einer zwanzigjährigen Person vor mit.
plin. hist. natural. L. XI. S. 63. – eustach.
l. c. p. 92 sq. – albin. annotat. acad. L. I.
tab. IV. und id. de sceleto p. 477. – hunter
l. c. etc.
S. prochaska obseruationes de decremento
dentium, im Isten Stück seiner adnotat. acad.
pag. 5 u. f.
Dieß scheint um so auffallender da doch die To-
talreproduction der ganzen Zähne, bey Personen
die sie nämlich zum zweytenmahl gewechselt, nicht
unerhört ist. s. z.B. Simmons in den Medi-
cal observ. and Inquiries Vol. III. p. 187 u. f.
Dachs in den Haarlemer Verhandelingen
XVI. Th. II. St. S. 317. und j. c. gehler progr.
de dentitione tertia. Lips. 1786. 4. m. Kupf.
Bey den zahlreichen Fällen von unvollkommner
Empfängniß im Eyerstocke selbst, werden nächst
den Haaren keine andere Theile so deutlich, be-
stimmt, und oft ausschließlich einzig ausgebildet,
als Zähne. Einige auffallende Beyspiele der Art
habe ich im VIII. B. der Commentationum So-
cietat. Reg. Scient. Goetting. p. 55 u. f. beschrie-
ben. Neuerlich habe ich durch die Gefälligkeit [Seite 272]
des Hrn. Hofmed. Sachse zu Schwerin ein faust-
großes mit drey Backzähnen besetztes sogenanntes
Fleischgewächs nebst einer Anzahl unförmlicher
zackichter Knochenstücken und einem dutzend ein-
zelner Zähne verschiedner Art erhalten, welches
alles von einer 24jährigen Frau nach einer con-
ceptio ouaria durch ein Bauchgeschwür ausge-
nommen worden. Unter den Zähnen sind viere mit
einer gemeinschaftlichen Wurzel versehen, ein
andrer an der Krone carios etc.
Ein äußerst merkwürdiger und meines wissens
in seiner Art einziger Fall ist von Hrn. Prof.
Ploucquet in der Diss. sistens memorabile
physconiac ouaricae, nec non osteogeniae et
odontogeniae anomalae exemplum. Tubing.
1798. 4. beschrieben, da sich im rechten Eyerstock
eines 20jährigen Weibes außer mancherley Knochen,
großentheils mit Alveolen, nicht weniger denn
300 Zähne aller Art und von der verschiedensten
Größe (bis zur microscopischen Kleinheit) gefun-
den, wovon Hr. Prof. Autenrieth mir ein sehr
instructives Sortiment für meine Sammlung mit-
zutheilen die Güte gehabt.
Ja selbst bey Mädchen, wo übrigens alle Um-
stände für ihre unverletzte jungfräuliche Integrität
bürgten, hat man wohl ehr Zähne (und unförm-
liche vieleckichte Knochen und Haarbüschel) in einem
ihrer Eyerstöcke gefunden. Die unverdächtigsten
Beyspiele dieses für die Physiologie des Bildungs-
und Zeugungsgeschäftes höchst merkwürdigen Phä-
nomens geben unter andern lentin in observ.
medicar. fasc. l. c. 33. Baillie in den philosoph.
Transact. vol. LXXIX. p. 71. und Lassüs in
der Seance publique de l'Ecole de Médecine de
Paris. du 27 Brum. an 12. p. 8.
fallopii obseruat. anatomicae p. 42 sq. bau-
hini theatr. anatomic. p. 512 sq. jo. v. rever-
horst de fabrica et vsu linguae LB. 1739.
und im Iten B. der Hallerschen anat. Samml.
S. 101. u. f. haller de c. h. funct. Vol. VII.
pag. 285 sq.
w. cowper's myotomia reformata (posthuma)
Lond. 1724. gr. sol. tab. XXVII. fig. 1–4.
Ueber die ausnehmend vielfache und ihren Absich-
ten genau entsprechende Verschiedenheiten der Zun-
genbeine bey den rothblütigen Thieren s. fabric. [Seite 274]
ab aquapendente de larynge vocis instru-
mento p. 276 sq. der Albinischen Ausg. casse-
rius de vocis organis durchs ganze Werk, und
vorzüglich cuvier Leçons d'Anatomie comparés
T. III. pag. 227 u. f.
Daher auch Galenus in der Osteologie seiner nur
ganz beyläufig gedenkt. Umständlicher hingegen
in den Büchern de dissect. neruor. c. 10. p. 106.
de musculor. dissect. c. 13. p. 91. und besonders
in dem Werke de vsu partium L. VII. c. 19.
p. 325 u. f. der Ausg. v. 1562.
Daher die bloße Verrenkung des Zungenbeins, zu-
mahl seiner Seitentheile, bey gewaltsamer Verzer-
rung der mittlern constrictorum pharyngis ein
sehr Gefahrdrohendes aber doch zuweilen durch [Seite 275]
einen leichten Handgriff wieder zu hebendes Hin-
derniß des Schluckens werden kann. s. valsalva
de aure humana p. 35. der Venet. Ausg. s. Werke
von 1740. 4. und p. p. molinelli in den Com-
ment. Bononiens. T. V. P. II. p. 1 sq.
Bey einigen Meerkatzen, z.B. bey dem sogenann-
ten Musicantenaffen (Beelzebul linn. l'Ouarine
buff.) und beym rothen Brüllaffen (Seniculus
linn. l'Alouatte buff.) bildet das Mittelschild
eine ansehnliche knöcherne Blase, die schon in
grew mus. reg. Societ. tab. II. p. 11. abgebildet
ist. Aufs genaueste beschreibt sie Camper in s.
Naturgeschichte des Orang-Utang S. 152 u. f.
tab. IV. fig. 4.5.
Bey den mehresten Quadrupeden findet sich statt
dieser Waizenkörner ein Paar ansehnlicher bey den
verschiednen Geschlechtern und Gattungen viel-
artig gestalteter Hörner, die nach der Gegend
des Schlafbeins sich erstrecken wo beym Menschen
und vielen Quadrumanen der Griffelfortsatz liegt.
Weitbrecht schien dieses Ligament bezweifeln zu
wollen, Syndesmolog. p. 211 sq. Man s. aber
morgagni de sed. et causs. morbor. per anat.
indag. epist. LXIII. Sect. 14. Vol. II. p. 417.
Dieß war die seltene Varietät die Vesalius für
den gewöhnlichen Bau angesehen, und worin ihm
lange seine Abschreiber gefolgt sind, de corp. hum.
fabr. cap. XIII. fig. 1. 2. – Allein schon Fallo-
pius a. a. O. und Eustachius im ossium. exam.
p. 197. haben den Fehler gerügt. s. auch des
letztern tab. XLVII. fig. 14. 15. und jan. plan-
cus de monstris. Venet. 1749. 4. tab. III. fig. 3.
Außer den allgemein bekannten Quellen vergl. man
zu diesem Theil der Osteologie corn. henr. à roy
Comment. de Scoliosi. LB. 1774. 4. Und über
das Rückgrath insbesondere adolph murray
diss. de spinae dorfi luxationbus. Upfal. 1780. 4.
Am Rumpfe des Vogelgerippes sind doch ungleich
weniger knorplichte Theile als bey den Säuge-
thieren. Der Grund davon ergiebt sich aus dem
was oben (Th. I. S. 66.) von den Luftwerkzeu-
gen der Vögel gefagt worden.
Das gallertige Rückgrath, oder die sogenannte
Carina giebt die erste Spur vom Anfang der Aus-
bildung des Küchelchens im neubebrüteten Eye.
s. malpighi de format. pulli in ovo fig. 5 sq.
S. 5 u. f. der Londner Ausg. v. 1673. C. F.
Wolf theoria generationis tab. II. fig. 5. und
meine Abbild. naturhist. Gegenstände tab. 64.
fig. 1. a. b. c.
Die Anzahl der Wirbel des Rückgraths scheint
mir bey den Thieren wohl durchgehends mit der [Seite 281]
Größe und Stärke ihrer übrigen Bewegungswerk-
zeuge im umgekehrten Verhältniß zu stehn. Die
Schlangen z.B. die gar keine äußeren Organe
der locomotiuitas erhalten haben, sind dafür mit
den zahlreichsten Wirbeln versehen; meist zu meh-
reren hunderten: so zähle ich an der Natter 248 etc.
– Zunächst folgen die langgestreckten Fische, wie
der Aal der 90 Wirbel hat etc. – Die Frösche
hingegen haben den ihren großen Springfüßen
ein ganz kurzes Rückgrath von wenigen Wirbeln.
Hingegen find an den Gerippen ungebohrner Lei-
besfrüchte zumahl aus der ersten Hälfte der
Schwangerschaft die Lendenwirbel am dünnsten,
und hingegen die Nackenwirbel am allerstärksten.
Die kränklichen Abweichungen des verwachsenen
Rückgraths werden bekanntlich unter drey Haupt-
gattungen gebracht: cyphosis, der Buckel, wenn
es zu stark rückwärts gewölbt ist: lordosis, wenn
es vorwärts verwachsen: und scoliosis, wenn es
seitwärts gekrümmt ist.
S. chr. gottl. ludwig de distorta spina
dorsi im II B. der aduersar. medico-practic.
p. 327 sq. 538 sq. und 579 sq. auch s. Abh. de
dolorib. ad spinam dorsi im I. B. S. 711 u. f.
andr. l. chr. watzel (praes. Hartmann)
efficacia gibbositatis in mutandis vasorum di-
rectionibus. Franc. ad Viadr. 1778. 4. m. Kupf. –
vergl. auch cheselden's osteographia tab. XLIV.
und sandifort Mus. anat. acad. L. B. vol. II.
tab. XXXI–XLIV. und L–LX.
cheselden osteographia tab. XIII. und Cam-
per's Betrachtungen über einige Gegenstände aus
der Geburtshülfe. tab. I. fig. 6.
Daher diese Hinterseite des Rückgraths beym unge-
bohrnen Wasserköpfen leicht vom Wasser ausein-
ander getrieben und zur spina bifida verunstaltet
werden kann. An einem ganz abentheuerlich miß-
gestalten sogenannten Krötenkopf (foetus anence-
phalus) in meiner Sammlung, der ohngefähr
die Größe einer viermonathlichen Leibesfrucht hat,
und sich außer dem nur aus wenigen Wirbeln
bestehenden auffalend kurzen Rückgrath und einem
großen Occipitalsack, auch durch einen mächtig
großen prolapsus des Herzens, der Leber, der
Milz, des Magens und des größten Theils der
Därme auszeichnet, sind die Bogen der hinten
offnen Rückenwirbel Fingers breit anseinander
getrieben und bilden gleichsam eine länglicht vier-
eckte ausgeweitete flache Grube.
gagliardi anat. ossium p. 77 der Röm. Ausg. –
Pitschel glaubte in diesen Löchern die Verbindung [Seite 285]
des Brust- und Bauchfells nut der harten Hirn-
haut gefunden zu haben. s. dessen anatom. chirurg.
Anmerk. Dresd. 1784. 8. S. 38 u. f. II. Taf.
Von der Verschiedenheit die durch den Druck auf
diese Knochenscheiden in der Statur des aufrech-
ten Menschen bewirkt wird. s. Th. I. S. 67. N. *)
winslow s. les mouvements de la tête, du col.
et du reste de l'epine du dos in den Mém. de [Seite 286]
l'Ac. des Sc. de Paris 1730. p. 351 sq. vergl. mit
einem Aufsatz des ältern Alex. Monro in s. Wer-
ken S. 281 u. f. der engl. Ausg.
Ueber die Verschiedenheiten dieser Oeffnungen an
den drey Haupttheilen des Rückgraths s. umständ-
lich Vesalius im großen Werke S. 83.
s. eustach. tab. XVIII. fig. 2. – und besonders
die unter des großen Malers Peter Berrettini
Namen erst a. 1741 herausgegebnen tab. anatom.
tab. XII. fig. 1. tab. XIII. fig. 1. tab. XIV. fig. 1.
Diese Seitentheile werden deßwegen auch von
manchen Zergliederern wie z.B. von Mauchart
in den unten anzuführenden Dissertationen, und
von Ad. Murray a. a. O. die corpora dieses
Wirbels genannt.
albini icones ossium foetus tab. VIII. fig. 55. 56.
trew tabulae osteologicae tab. B.
Bey den Raubthieren, zumahl bey denen die ihre
meiste Stärke im Nacken zeigen, wie die Wölfe,
Hyänen, Löwen etc. ist der erste Halswirbel von
ausnehmender Stärke, und zumahl mit zwey
überaus großen breiten flügelförmigen Seitenfort-
sätzen versehen.
Dieser ganz natürliche Zwischenraum ist wohl ehr
von unkundigen Wundärzten bey Legalsectionen
für eine gewaltsame Verzerrung gehalten worden.
s. chr. gottl. ludwig de luxatione vertebra-
rum colli a medico forensi circumspecte disqui-
renda. Lips. 1767. 4. Und im IIten Bande der
Aduersar. pag. 253 sq.
Wie fast durchgehends bey den vierfüßigen Thie-
ren. Doch findet sich zuweilen bey manchen
Affen auch nur ein Einschnitt statt des vollkom-
menen Loches. s. Camper natuurkund. Ver-
handel. over den Orang-outang etc. p. 21.
vergl. mit eustach. ossium examen. p. 211. 214.
Daher man ihn auch nicht gar selten mit dem
Hinterhauptbein verwachsen findet. Beyspiele die-
ser Art von Ankylose s. in Hrn. Prof. Sandifort
Exercitat. academicis P. I. tab. I. II. III. und in
van de wynpersse diss. de Ancylosi tab. I.
fig. 1. 2. 3. [Seite 293]
Vor hier habe ich kurz hinter einander zwey
dergleichen Schädel erhalten, die dem vom Sandi-
fort a. a. O. tab. II. fig. 2. abgebildeten, zum
Bewundern gleicht.
Sie sind am genauesten von Mauchart in der
ersten von den beyden unten zu nennenden Dis-
sertationen beschrieben.
Lorry hielt denjenigen Theil des Rückenmarks
der in diesem Wirbel steckt gleichsam für den Cen-
tralpunkt des Lebens und Sitz der Seele. –
Mém. présentés. T. III. p. 366. 370 u. f.
Ueber diese Gelenkbänder s. vesalius L. II.
cap. 30. p. 332 sq. und besonders Eustach's an-
sehnliche Schrift de motu capitis (am ossium
examen p. 227–260.) wo er aber doch an einigen
Stellen, bloß um seinen angebetheten Galenus
zu retten, ein paar wirkliche Irthümer desselben
zu vertheidigen gesucht hat.
Besonders gehören zwey Dissertationen von
Mauchart hieher. Die eine, capitis articulatio
cum prima et secunda vertebra. Tüb. 1747. 4.
steht auch im VI. B. der Hallerschen Sammlung
anatomischer Streitschriften. Die andere, de
luxatione nuchae ib. im gleichen Jahr; ist im
II B. der chirurgischen Samml. wieder abgedruckt.
Vergl. auch ph. conr. fabricius de morte
laqueo suspensorum in s. schiagr. hist. physica-
medicae Butisbaci p. 48 u. f. und die Abbildung
bey weitbrecht tab. XI. fig. 38.
Wie schon Columbus gegen das gemeine Vorur-
theil sehr richtig, und nach zahlreichen Unter-
suchungen an Gehängten angemerkt hat, de re
anat. L. III. cap. 2. p. 194.
Düverney hielt die Verrenkung sowohl des
Kopfs vom ersten Halswirbel, als dieses letztern
vom zweyten für unmöglich: oeuvr. anatom.
Vol. I. p. 446 sq. – J. L. Petit gab zwar die
letztere zu, und hielt sie sogar für die gewöhnliche
Todesart der Gehängten, im Tr. des maladies
des os Vol. I. p. 68 der Ausgabe v. 1758. –
Allein auch diese hat Mauchart in der zweyten
von den beyden angeführten Dissert. §. 11. bloß
auf wenige bestimmte Fälle eingeschränkt.
Daß von solchen Fällen hier nicht die Rede
ist, wobey die Wirbel zugleich zerbrochen sind, [Seite 298]
braucht keine Erinnerung. s. chr. gottl. lud-
wig de paraplegia ex fractura vertebrarum
colli. Lips. 1767. 4. und im III B. der Ad-
versar. pag. 507 sq.
Ueberhaupt aber wird auch gar häufig manche
andre Todesart oder Verletzung ganz irrig auf die
Verrenkung der Halswirbel oder aufs Halsbrechen
geschrieben. – Meist mit nicht besserm Grunde
als weiland der heil. Abälard in seiner merk-
würdigen Epistola calamitatum von sich selbst er-
zählt, wie er einmahl den Hals gebrochen: ‘„de
nostra lapsum equitatura, manus Domini vehe-
menter collisit, colli mei canalem confringens.“’
Merkwürdig ist die, bey allen vierhändigen
vierfüßigen Säugethieren bis auf die anoma-
lische Ausnahme beym dreyzehigen Faulthier un-
veränderlich gleiche bestimmte Anzahl der Hals-
wirbel. Die langhalsichte Giraffe, und das Ka-
meel und das Pferd etc. haben nicht mehrere als 7:
und der Maulwurf und der zweyzehichte Ameisen-
bär ohngeachtet ihres so kurzen Halses nicht weniger.
Auch beym Menschen sind die Varietäten in
der Zahl der Halswirbel fast unerhört, und hin-
gegen bey den übrigen Theilen des Rückgraths bis
zum Kukuksbein gar nicht selten. – Denn Spie-
gel's Behauptung, daß man bey langhalsichten
Personen zuweilen 8 Halswirbel finde, scheint
nicht aus der Natur geschöpft. Columbus will
ebenfalls mitunter 8 und auch nur 6 Halswirbel
gefunden haben. In betreff des überzähligen ist
Eustach's Anmerkung wenigstens von größerm
Gewicht: ‘„Collum ex septem vertebris constat,
nisi natura in conformandis particulis aberrans
et a communi lege discedens, vt quandoque
mihi videre contigit, octo pro septem efficiat.“’
Ossium exam. pag. 210. [Seite 301]
Die Vögel haben zahlreichere Halswirbel. Die
Eulen, Raben etc. ihrer 12. – Die Hühner, Tau-
ben etc. 13. – Der Straus 18. – Der Storch 19. –
Der Schwan 23.
Durchgehends ist der Hals bey den Vögeln
überaus beweglich und gelenk, um gleichsam die
Steifigkeit ihres Rückens zu ersetzen.
Bey manchen vierfüßigen Thieren die kein so star-
kes ligamentum suspensorium colli haben, das
bey andern den vorhängenden Kopf tragen hilft,
zeigt sich dagegen eine überaus sonderbare Ein-
richtung in den Nackenwirbeln, deren Körper vorn
nach unten einen schuppenförmigen Fortsatz bildet,
der als Stütze die Last des Kopfs erleichtert.
Ich habe in den beyden ersten Ausgaben der
Schrift de generis humani variet. natiua tab. II.
fig. 1. eine Abbildung dieses merkwürdigen Baues
beym Pavian (Papio mandrill.) gegeben.
Beyspiele von wenigern oder von überzähligen
Wirbeln s. in ph. ad. böhmer obseruat. anatom.
P. I. praefat. p. V. not. e) und in haller de
c. h. funct. Vol. VI. p. 7 sq.
Bey den Vögeln sind die Rückenwirbel unbeweg-
lich, und wenigstens auf der Rückseite ganz zu-
sammenverwachsen.
Ueber ihre Anzahl bey diesen Thieren s. Mer-
rem's vermischte Abhandlung aus der Thier-
Geschichte S. 125. und Schneider's vermischte
Abhandlung zur Aufklärung der Zoologie und der
Handlungsgeschichte S. 162 u. f.
Bey den Fröschen vertreten die überaus breiten
Seitenfortsätze gleichsam die Stelle der ihnen ab-
gehenden Rippen.
Bey den mehresten vierfüßigen Säugethieren
sind diese Dornfortsätze von einer auffallenden
Länge, besonders beym Elephant, Pferd, und
durchgehends bey den Thieren mit gespaltnen
Klauen. Bey keinem aber doch so ungeheuer
lang und stark als beym Camel und Dromedar.
Daß diese Fortsätze bey Frauenzimmern die sich enge
schnüren, schief wachsen sollen, sagt jo. c. ins-
feld diss. de lusibus naturae LB. 1772. 4. p. 28.
Auch diese Wirbel variiren zuweilen in der Anzahl,
zumahl ist ein überzähliger eben keine Seltenheit.
Namentlich hat man dergleichen zuweilen bey
Niesenartigen Menschen gefunden, wie z. E. am
großen Jonas in Berlin. Aber lächeln muß man,
wenn Maupertins deßhalb dessen Scelet le plus
singulier nennt qui soit peut etre au monde.
Unter den Fragen welche die Pariser Academ.
der Wissensch. dem unglücklichen de la Perouse
mitgegeben ist auch (in dess. voy. autour du
monde T. I. p. 167.) die, daß man nachsehen
möge ob sich bey Völkern von auffallend großer
Statur etwa sechs Lendenwirbel fänden?
So viel ist aber gewiß daß hier zu Lande diese
Zahl den Leuten von großen Wuchs weder allge-
mein noch etwa ausschließlich eigen ist. Man
findet sie nicht gar selten auch an Sceleten von
ganz gewöhnlicher Länge.
Die meisten Affen und viele andere vierfüßige
Thiere haben mehr als fünf Lendenwirbel. Der
Mandrill z.B. ihrer 7. – Hingegen habe ich das
Gerippe eines geschwänzten Affen vor mir, der doch
auch nur 5 Lendenwirbel, aber 14 Brustwirbel hat.
Den Vögel kann man eigentlich keine wahren
Lendenwirbel zuschreiben wie schon der brave Roiter
richtig angemerkt hat im 10 Kap. seiner Schrift [Seite 310]
de aulum sceletis, an seiner Ausgabe von fal-
lopius de partibus similaribus c. h. – s. auch
Merrem a. a. O. S. 126.
Auch diese processus accessorii haben in dem
heftigen Streite zwischen Vesalius und seinen
Gegnern, Auffehen gemacht. Galenus nämlich
hatte sie (a. a. O. p. 19. D.) als gewöhnlich be-
schrieben. – Vesalius folgerte hieraus so wie
auch aus vielen andern Stellen der Galenischen
Osteologie, daß dieselbe nach Affen- und nicht
Menschen-Gerippen verfaßt sey, de c. h. fabr.
p. 95 sq. cap. 17. fig. 4. – Eustach hingegen
vindicirte sie wieder dem Menschen, im ossium
exam. p. 217. und bildete sie auch auf seiner
Tab. XLVII. fig. 11. D. nach Menschenwirbeln ab.
Bey den Affen hingegen ist der Dornfortsatz auf-
wärts gekehrt. Und es ist offenbar verdächtig,
daß Galenus a. a. O. diesen Fortsätzen gerade
diese Richtung zuschreibt!
Ueber den Grund dieser Benennung ist viel gestrit-
ten worden. Eine Menge Vermuthungen darüber
hat Riolan zusammengetragen, anthropograph.
p. 848. der Pariser Ausg. v. 1626. 4.
Ueberhaupt variirt zwar das Kreuzbein gar man-
nichfaltig, in Rücksicht der kleinen Abweichungen
von Länge, Breite und Krümmung. Allein an
den schönsten Gerippen und die ich in der ganzen
übrigen Ausbildung für Muster des natürlichsten
Baues halten muß, habe ich die Verschiedenheit
zwischen dem männlichen und weiblichen Kreuz- [Seite 314]
beine immer so gefunden, wie sie oben angegeben
ist. Daher ich es nicht verstehe wie einige neuere
Französische Zergliederer gerade das Gegentheil
behaupten können: Bertin z.B. sagt im Tr.
d'osteologie Vol. III. p. 159: ‘„L'extrémité in-
férieure est toujours recourbée en devant;
elle l'est ordinairement plus dans la femme
que dans l'homme.“’ Und Hr. Sabatier im
Tr. complet d'anatomie Vol. I. p. 125. ‘„Dans
la semme au contraire il est – plus courbé.“’
Offenbar ist beym schönsten Bau das weibliche
Kreuzbein an sich flacher, minder gekrümmt; aber
es macht in seiner Verbindung mit dem letzten
Lendenwirbel, am sogenannten Vorgebirge (§. 244.)
einen schärfern Winkel und tritt dann stärker rück-
wärts als am männlichen Gerippe. Und gerade
so haben es auch die ältern Zergliederer ganz rich-
tig angemerkt. Zu allererst, so viel ich weis,
Lud. Bonaccioli, der schon zu Ende des 15ten
Jahrhunderts ale Prof. zu Ferrara lebte, in seiner
sehr schlüpfrigen Enneas muliebris (die er den-
noch seiner – freylich ohnehin sehr berüchtigten –
Herzoginn Lucretia zu dediciren, kein Bedenken
getragen hat!) wo er sagt: ‘„os sacrum in viris
rectius (nämlich in Verhältniß seiner Verbindung
mit den Lendenwirbeln) in feminis in exteriora
magis, quo secius partui impedimento sit,
recuruatum conspicitur’.
In exteriora heißt hier, so wie bey vielen
nachherigen Zergliederern die Richtung der Kreuz-
beins nach hinten. Eben so nimmts z.B. auch
Riolan a. a. O. p. 705. und Boerhaave in den
institut. §. 659. u.a.m.
Diese Richtung mit der das weibliche Kreuz-
bein stärker nach hinten austritt, ist aber bloß am [Seite 315]
Gerippe und nicht am vollständigen weiblichen
Körper merklich, weil bey diesem bekanntlich
auch die fleischichten Theile derselben Gegend ein
ansehnlicheres Verhältniß von Umfang und Wöl-
bung haben als am männlichen. Desto merklicher
wird sie hingegen bey Mannspersonen, wenn
dieser ihr Kreuzbein etwa so stark als beym andern
Geschlecht zurücktritt die daher in manchen Gegen-
den geschwänzte Menschen genannt werden. s.
fallopii expos. de ossib. p. 577 sq. paw pri-
mit. anatom. p. 101.
Ganz nach der Natur ist übrigens die Be-
schreibung des weiblichen Kreuzbeins bey albinus
de sceleto p. 476. ‘„Sacrum feminis latius, per
longitudinem rectius, infra non aeque incur-
vatum in priora.“’ – So auch bey Marherr in
den praelect. Vol. III. p. 573. der Ausg. v. 1785.
Und eben so nach der richtigen schönen Natur
ist auch das Profil eines weiblichen Kreuzbeins in
trew tabul. osteolog. tab. IX. fig. 6. zur Ver-
gleichung mit dem von einem männlichen;
ebendas. fig. 5.
Gewöhnlich besteht das Kreuzbein aus fünf wirbel-
artigen Stücken. – So auch in den Abbildungen
bey Eustach, Bidloo, Cheselden, Albinue,
Sue u.a.m.
Sehr selten nur aus vieren dergleichen ich
eins der Güte des Hrn. Geh. R. Sömmerring [Seite 316]
verdanke. s. auch schon fallopii expos. de
ossib. p. 579.
Sechse sind weit häufiger. – So bey Vesa-
lius, Trew, Smellie u.a. Auch in Amat.
Bourdon ungeheuer großen tabulis anatom.
tab. 5. fig. 32.
Nur muß man nicht die Fälle wo das erste
Glied des Kukuksbeins mit dem untern Ende des
Kreuzbeins ankylotisch verwachsen ist, mit jenem
verwechseln, wo dasselbe aus 6 wahren Wirbel-
stücken besteht, und folglich dann mit 5 Paar Oeff-
nungen zum Durchgange der Kreuznerven durch-
bohrt ist. Ich habe von beyden Arten mehrere
Beyspiele in meiner Sammlung. Auch eins wo
das Kreuzbein aus 6 wahren Wirbelstücken besteht,
und dennoch das erste Glied des Kukuksbeins noch
gleichsam als ein siebentes ankylotisch damit ver-
wachsen ist.
Dieß ist der Fall, wo der alte Sal. Alberti
ein Kreuzbein von 7 Wirbeln zu sehen gemeint,
und es dafür abgebildet hat, in s. hist. plerarum-
que partium h. c. Viteb. 1583. 8. p. 89. und
den auch Pet. Paw gefunden zu haben versichert
primit. anat. p. 102.
Ein mehreres über dergl. Verschiedenheiten
findet sich in albini annot. acad. L. IV. p. 53 sq.
v. doeveren obseruat. acad. p. 206 sq. und
bey tabarrani in den Atti di Siena Vol. III.
pag. 142 sq.
Eine gar sonderbare Abweichung des Bildungs-
triebes verdient doch hier Erwähnung, weil so viel
mir bekannt am übrigen Rückgrath nichts ähn-
liches vorkommt und sie hingegen am menschlichen
Kreuzbein nicht gar selten, bey Thieren aber meines
wissens unerhört ist; da nämlich der oberste Wirbel
desselben an der einen Seitenhälfte die völlig aus- [Seite 317]
gebildete Form eines Lendenwirbels und hingegen
an der andern die gewöhnliche vom Oberstück des
Kreuzbeins hat. Ich besitze ihrer mehrere; und
Abbildungen von dergleichen haben Albinus in
den Annotat. a. a. O. tab. VII. fig. 5. und San-
difort im Museum tab. XLV. fig. 5.
Bey den mehresten Affen, und selbst bey einigen
ziemlich menschenähnlichen, besteht das Kreuzbein
nur aus drey Wirbelstücken, die folglich nur zwey
Paar Oeffnungen für die durchgehenden Nerven
haben. Und da Galenus a. a. O. überhaupt das
Kreuzbein also beschreibt, so sieht man offenbar
daß er seine Beschreibung nicht nach Menschen-
beinen sondern vermuthlich nach solchen Affen etc.
verfertigt; wie schon Vefalius – trotz Jac.
Sylvius und Eustach – vollkommen richtig
erwiesen: sowohl in der epistola de radicis Chynae
decocto p. 49 sq. der Oporinischen Orig. Ausg.
als auch im großen Werke p. 99. wo er deshalb
auch die Abbildungen vom Kreuzbein der Affen
gegeben.
Bey den Vögeln macht das Kreuzbein mit den
übrigen beyden Beckenknochen ein einziges zusam-
menhängendes Stück aus: ist aber bey den ver-
schiedenen Arten von ungleichem Verhältniß der
Länge etc. – Viele genaue Bemerkungen darüber
s. bey Roiter a. a. O. cap. 10.
cheselden osteographia tab. XIII. smellie's
Set of anatom. Tables, tab. II. u.a.m. hun-
teri anatom. vteri hum. grauidi tab. IX.
In seltnen Fällen erstreckt sich auch wohl diese
Spalte längs der ganze Hinterseite des Kreuzbeins,
das dann an der Stelle wo die Dornfortsätze liegen [Seite 321]
sollten mehr ober weniger weit von einander steht.
Gewöhnlich, aber eben nicht allemahl, ist dieß
Folge des innern Wasserkopfs. Unter mehrern von
solchen gespaltnen Kreuzbeinen erwachsner Per-
sonen die ich besitze ähnelt eines vollkommen dem-
jenigen das Sandifort im Museum tab. XIX.
fig. 4. abbilden lassen.
Beym natürlichsten Bau ist das Kukuksbein aus
vier Stücken zusammengesetzt. – So ist es auch
in den Abbildungen bey Vesalius, Cheselden,
Albinus, Trew u.a.
Zuweilen nur aus dreyen. – So in veslin-
gii syntagma anatom. tab. 2. fig. 5. 6. p. 18.
der Ausg. v. 1666. und in Sue großen Tafeln
Tab. XVII. fig. 3. 4.
Manchmahl hingegen auch aus fünfen. – So
bey Sal. Alberti a. a. O. und in bidloo anat.
hum. corporis tab. XCVIII. fig. 3. 4. und in
Hrn. v. Haller's iconib. anat. Fasc. IV. tab. III.
B. 1. 2. 3. 4. 5.
Casp. Bauhin tribuirte (– aber ohne zu-
reichenden Grund –) dem weiblichen Kukuks-
bein 5 Wirbel, und dem männlichen hingegen 4.
s. dessen theatr. anat. L. I. tab. XLI. fig. 8 und 9.
p. 85. der Ausg. v. 1640.
Aber wohl verwachsen sie nicht selten durch Anky-
losen. Und zwar (wie Camper in den gedachten
Zusätzen zum Mauriceau anmerkt, und auch ich
mehrmahlen gefunden habe) zuweilen schon im
erwachsenen jugendlichen Alter.
Am häufigsten verwächst das erste Stück des
Kukuksbeins mit dem Ende des Kreuzbeins (s.
oben S. 316.), und dann die letzten Stücke von
jenem untereinander selbst, so wie in Hunter's
anat. vteri hum. grauidi tab. IX. lit. H. K. –
vergl. levret art des accouchemens p. 4.
Man hat behauptet die Ankylosen des Kukuks-
beins entständen besonders leicht bey Frauenzim-
mern die viel reiten, und hat davon die häu-
figern schweren Niederkunften unter solchen Völ-
kern, und namentlich auch beym englischen Frauen-
zimmer ableiten wollen. Der Pater Dobrizhoffer
handelt daher ausführlich von den schweren Ge-
burten der Adiponischen Weiber, die, wie er sagt,
den größten Theil ihres Lebens mit Reiten zubrin-
gen, und dabey nach der Männer Art auf ihren
harten rindsledernen Sätteln sitzen. s. dessen Ge-
schichte der Abiponer, einer berittenen und krie-
gerischen Nation in Paraguay IIter B. S. 269 u. f.
Daß inzwischen diese Behauptung nicht zu un-
bedingt angenommen werden darf, sehe ich z.B.
an einem schon oben erwähnten Skelet eines be-
jahrten Donischen Cosacken, an welchem mehrere
Knochen, z.B. 4 Lendenwirbel zusammen anky-
losirt sind, aber gerade das Kukuksbein gar nicht
mit dem Ende des Kreuzbeins verwachsen son-
dern vollkommen beweglich geblieben ist.
Daher das Kukuksbein leicht durch ein gewaltsames
hartes Niedersetzen oder durch einen Stoß dessel-
ben an eine Ecke leicht verrenkt werden, und dann
in Beinfras übergehen, und auch wohl starke
Eiterung der benachbarten Theile und den Tod
nach sich ziehen kann, s. sue et dangerville
de coccygis luxatione Paris. 1770. 4.
Diese Nachgiebigkeit hat schon beym Stuhlgange,
vorzüglich aber bey der Niederkunft ihren Nutzen. –
Harvey hat schon angemerkt, wie man sich
durch einen leichten Versuch überzeugen kann,
daß die geschwänzten vierfüßigen Säugethiere
weder ihre Junge werfen, noch ihren Mist fallen
lassen können, wenn sie nicht den Schwanz
dabey zurückbeugen. De generat. animal. p. 196.
der Londner Originalausg. v. 1651.
Bey den geschwänzten Thieren läuft hingegen das
zur Schwanzrippe verlängerte Kukuksbein außer-
halb des Körpers fort, und ist bekanntlich bey
manchen von einer ausnehmenden Länge.
So besteht z.B. das Schwanzbein am Gerippe
eines Winselaffen (Cercopithecus capucinus) in [Seite 325]
meiner Sammlung aus 26 Wirbeln; beym kleinen
zweyzehichten Ameisenbär aus 41.
In der ganzen Classe der Vögel ist das Ku-
kuksbein nie zu einer wahren beweglichen Schwanz-
rippe verlängert, sondern besteht meist aus 7-8
Wirbeln, die besonders zur Anlage der großen
Oehldrüsen am uropygium dienen.
An dem ungeschwänzten Kluthahn (Gallus
ecandatus) bey welchem sich dieses Organ durch
eine hochstmerkwürdige Degeneration verlohren zu
haben scheint, ist, wie ich durch wiederhohlte Un-
tersuchung gefunden, auch vom Kukuksbeine nur
ein unförmlicher Rest geblieben, der aus einem
ganz unsymmetrischen knorrichten Stücke besteht,
das meist wie aus 4 misgestalten Wirbeln zusam-
menverwachsen ist.
Bey den mehrsten Affen hingegen und selbst bey
den gemeinen ungeschwänzten, (Simia syluanus,
inuus etc.) deren Kukuksbein meist nur aus drey
Wirbeln besteht, sind dieselben sowohl mit einem
Canal für das sich so weit erstreckende Rückenmark
als mit Löchern zum Ausgang für Nerven durch-
bohrt. Und da Galenus a. a. O. diesen Bau
dem Kukuksbein überhaupt zuschreibt, so hat
Vesalius in beyden obgedachten Werken auch
hieraus erwiesen, daß seine Osteologie nicht nach
dem menschlichen Gerippe verfertigt seyn könne.
Beym Schimpanse (Simia troglodytes) aber
ist das Kukuksbein aus vier Wirbeln zusammen-
gesetzt, die nicht durchbohrt sind. Also in so fern
wie beym Menschen. s. Tyson a. a. O. S. 69 u. f.
Mit welchem man sie zuweilen ankylotisch ver-
wachsen findet. s. z.B. columbus de re
anat. p. 108. pinaeus de virginitatis notis
p. 128. duverney oeuvres anatom. Vol. I.
p. 458. und lamorier im IIten B. der Hist.
de la Soc. de Montpellier v. 1778. p. 243 u. f.
Eine genaue Beschreibung dieser Theile und ihrer
Veränderungen bey Entstehung der Leisten-
Brüche s. in pfann diss. de entero-oscheocele
antiqua. Erlang. 1748. §. X sq.
Beym männlichen Becken beträgt dieser Winkel
gewöhnlich 70 Grade. – Beym weiblichen 90 und
zuweilen noch drüber.
Nur einen Schriftsteller statt aller hierüber anzu-
führen, s. jo. peters. michell de synchondro-
tomia pubis Comm. Amst. 1783. gr. 8.
Besonders vom W. Hunter in den medical obs.
and Inquiries Vol. II. p. 333 sq. tab. I. fig. 3. 4.
Andr. Bonn in den Verhandel. van het Ge-
nootschap te Rotterdam III. D. pag. 151 sq.
tab. II. III. IV. eman. bentely de sect. syn-
chondroseos ossium pubis. Argent. 1779. 4. und
J. G. Walter von der Spaltung der Scham-
beine in schweren Geburten. S. 11 u. f.
Die Fälle sind nicht gar selten wo diese ganze
Knorpelscheibe fehlt, und die Schambeine vorn
von einander ab und auseinander stehn. – Ein [Seite 333]
Becken der Art hat Hr. Geh. R. Walter bey der
angeführten Schrift in Kupfer stechen lassen. –
Sonderbar ist nur, daß dieser Mangel ge-
wöhnlich mit einem ganz eignem angebohrnen Feh-
ler der Harnwege verbunden ist, da nämlich die
Harnröhre gespalten und auseinander getrieben,
und durch diese widernatürliche Oeffnung die
Harnblase umgekehrt aus dem Leibe heraus ge-
drängt ist (prolapsus vesicae inuersae), welche
dann in Gestalt eines derben rothen schwammich-
ten immer nässenden Fleischgewächses in der
Schamgegend über den Zeugungstheilen heraus-
liegt. – Eine bey Kindern beyderley Geschlechts
gar oft beobachtete angebohrne Mißbildung, deren
Entstehung zuerst von Hrn. Prof. Bonn aufge-
klärt worden und die hingegen meines wissens
niemahlen bey irgend einem andern Säugethier
gesehen ist.
Sie ähnelt diesen auch darin, daß sie eben so nach
Verschiedenheit der Umstände entweder aufschwel-
len oder aber mehr zusammengezogen werden
kann. – Darauf gründet sich die seit Sever.
Pineau's Zeiten und zumahl in den letztern
15 Jahren so endloß verfochtne oder bestrittne
Frage von der Möglichkeit oder Beträchtlichkeit
des Auseinanderweichens dieser Knorpelscheibe so-
wohl während der Schwangerschaft als auch bey
der Niederkunft. – s. ein Heer von Citaten pro
und contra bey Hrn. Michell a. a. O. S. 51 u. f.
Es ist doch überaus merkwürdig, daß alle Ver-
knöcherung der Schambeinknorpel so außerst sel-
ten, und eine vollkommne Ankylose derselben
fast unerhört ist; daher sie auch schon von Pineau
so wie nachher von Düverney a. a. O. neuer-
lich von Hrn. Louis de partium generationi infer-
vientium in mulieribus dispositione u.a.m. gänz-
lich bezweifelt worden.
Unvollkommene Ankylosen der Schambeinknor-
pel sind von Sandifort im II. Bande seiner
observat. anat. patholog. von van de wyn-
persse diss. de Ancylosi, und von Michell
im angeführten Werke beschrieben werden.
Bey Pferden ist hingegen der Fall nicht selten.
Und bey manchen Säugethieren, wie beym
Biber und Känguruh (Didelphis gigantea)
ist schon im natürlichen Bau die Symphyse
knöchern.
Auch diese Oeffnung kann der Sitz eines freylich
äußerst seltnen Bruches werden. s. chrph. h.
papen epist. ad Hallerum sistens stupendam et
nunquam descriptam herniam dorsalem. Goett.
1750. 4.
tabarrani cose anatomiche im Anhang zum
III. B. der Atti dell' accad. di Siena p. 4 sq.
Icon membranae vasculosae ad infima acetabuli
ossium innominatorum positae – delineata et
coloribus distincta typis impressa a jo. ladmi-
ral Amst. 1738. 8.
th. schwencke obs. anat. de acetabuli liga-
mento interno, caput femoris firmante an dess.
haematologia. Hagae C. 1743. 8. p. 201 sq.
Kann aber ebenfalls der Sitz einer eignen Art von
Brüchen werden. s. Hrn. Hofr. Richter's Abh.
von den Brüchen. S. 787 u. f. der 2ten Aufl. und
duverney oeuvres anatom. Vol. I. p. 462.
sandifort diss. de pelui LB. 1763. und im
III B. seines thesaurus diss. p. 169 sq. ripping
diss. quasdam de pelui animaduersiones sistons.
ib. 1776. 4.
Ein Blick in die osteologia comparata zeigt dieß
aufs unverkennbarste. Bey allen Quadrupeden,
aber auch selbst bey den Menschenähnlichern Qua-
drumanen ist das Becken in Verhältniß länglich-
ter, schmahler, conischer, mit den Hüften bey
weitem nicht so divergirend als beym Menschen.
Man sehe z.B. die Abbildungen des Beckens
vom Orang-Utang in Camper's Naturgeschichte
dieses Thiers tab. III. fig. 7. und vom Schim-
panse bey Tyson a. a. O. fig. 5.
Am Royterschen Affengerippe (bey seiner
analogia oss. humanor. simiae et verae et cau-
datae, atque vulpis) taugt hingegen das Becken
gerade nichts, da die ungenannten Beine durch
ein seltsames Versehen bey der Zusammensetzung
völlig verkehrt gestellt worden, mit den Hüftbeinen
nach unten, mit den Sitzbeinen nach oben etc.
Ueber die mannichfaltigen besondern Verschie-
denheiten im Baue des Beckens bey den Säuge-
thieren und bey den Vögeln vergleiche man die
zahlreichen und überaus genauen Abbildungen bey
Royter an seiner Ausg. von fallopii lection.
de partib. similar. und in Joh. Dan. Meyer
Vorstellung allerhand Thiere nebst ihren Skeleten.
Unter den vierfüßigen Säugethieren hat der
Maulwurf wohl eins der sonderbarsten Becken.
Es ist so eng und schmahl, daß es außer einigen
schlanken Muskeln, blos Nerven und Blutgefäße
zu fassen im Stande ist, hingegen die Geburts-
theile u.a. benachbarte Eingeweide außerhalb der
Schambeine liegen müssen.
Außer den schon oben (Th. I. S. 92. u. anderw.)
angeführten Schriften und Abbildungen s. unter
andern auch Camper's Betracht. über einige Ge-
genstände aus der Geburtshülfe S. 5 u. f. bonn
over het Maakzel en de Loswording van het
Bekken etc. im III. B. der Rotterdamer Abh.
S. 267. und j. c. f. koeppe (praes. krause)
de pelui feminea metienda. Lips. 1781. 4.
Die Nachrichten der Reisenden von der leichten
Niederkunft der Negressen etc. könnten auf die
Vermuthung führen, daß ihr Becken geräumi-
ger gebaut sey, als bey Europäischen Weibern. –
Allein Camper schrieb mir daß er den Körper
einer Negresse die im Kindbett gestorben, zugleich
nebst dem Kinde selbst erhalten habe, und die
Maaße dieses Beckens (so wie auch die vom Kopfe
des Kindes) seyen aufs vollkommenste wie bey
hieländischen wohlgebildeten Weibern. Vergl. da-
mit nic. corn. de fremery de mutationibus
figurae peluis etc. Lugd. Batav. 1793. 4. p. 79.
aber auch die gegenseitigen Bemerkungen bey
Sömmerring über die körperliche Verschiedenheit
des Negers vom Europäer S. 34 u. f.
Dr. Rollin glaubte auf seiner großen Welt-
reise mit La Perouse an den Nordwestlichen Ame-
rikanerinnen ein ungewöhnlich geräumiges Becken
gefunden zu haben, dem er auch ihre leichten
Niederkünften zuschrieb. Allein der bloße äußre
Umfang des sogenannten großen Beckens, so wie
er es gemessen, beweiset dieß noch keinesweges.
Ueberdem war derselbe aber gar nicht eben auf-
fallend weit, und nach der gegebnen Vergleichungs-
Tabelle, bey den Männern noch weiter als
bey den Weibern. s. Voyage de la Perouse
autour du monde vol. IV. p. 60.
Auch bey manchen vierfüßigen Thieren ist das
weibliche Becken merklich geräumiger als das männ-
liche. So z. E. bey der Stute. s. gio. brugnone
Mascalcia etc. Tor. 1774. 8. p. 146 sq. not. a).
Vergl. die Dimensionen des Beckens der Kuh bey
j. gunth. eberhard over het Verlossen der
Koeijen. Amst. 1793. 8. tab. IV u. f.
Die Anzahl der Rippen variirt zuweilen so wie die
der Rückenwirbel. Beyspiele von mangelnden oder
aber von überzähligen Rippen sind gesammlet in
haller de c. h. funct. Vol. IV. p. 8. – bertin
Tr. de osteologie T. III. pag. 97. – sabatier
Tr. d'Anat. T. I. p. 152. – böhmer obserr.
anat. P. I. praef. p. VI. not. f) sqq. – s. auch
Malacarne in bonnet contempl. de la anat.
P. I. p. 290 sq. des IV. B. der großen Ausgabe
seiner Werke.
Bey den Thieren herrscht eine große Verschieden-
heit in Rücksicht der Anzahl, Gestalt und andrer
Verhältnisse der Rippen. [Seite 347]
Die Frösche haben gar keine, sondern statt der-
selben desto größere Seitenfortsätze der Brustwir-
bel (S. 306. N. f).
Bey den Schildkröten sind die Rippen meist
ganz mit der großen knochichten Rückenschale ver-
wachsen. Am meisten bey den Landschildkröten,
denen daher Royter die Rippen gar abspricht.
Deutlicher sind sie hingegen bey den Meerschild-
kröten zu unterscheiden. s. caldesi osservaz. anat.
intorno alle Tartarughe tab. I. fig. 2.
Die Vögel haben keine zahlreichen Rippen.
höchstens 10 Paar – von ihren sonstigen Eigen-
heiten s. das Handbuch der vergleichend. Ana-
tomie S. 88.
Es giebt nur wenige Gattungen von Säuge-
thieren (im Geschlecht der Fledermäuse und Ar-
madille) die ein Rippenpaar weniger haben als
der Mensch, die mehrsten übrigen haben zahl-
reichere. Viele Affen 14 Paar. – So auch der
Marder etc. – Die Robbe, der Iltis, auch der
Igel etc. 15 P. – Der kleine Brasilische Ameisen-
bär 16 P. – Das Pferd 18 P. – Der Ele-
phant 19 P.
Die allerzahlreichsten Rippen finden sich bey
den Schlangen. Die gemeine Natter z.B. hat
ihrer 173 Paar, die sich vom Nacken bis zur
cloaca beym Anfang des Schwanzes erstrecken.
Albinus sagt a. a. O. S. 73. die zweyfachen Ge-
lenkknöpfe der Rippen womit sie an den Brust- [Seite 348]
wirbeln eingelenkt sind, und die bey der reifen
Leibesfrucht noch aus bloßen Knorpel bestehn,
würden nachher erst zu Epiphysen ehe sie mit
dem Hauptstück der Rippen zusammenwüchsen:
das geschehe aber sehr geschwinde; und nur beym
obersten Rippenpaar erst um die Zeit des völlig
erreichten Wachsthums.
Ich habe dieses alles nicht so finden können,
sondern bey einer großen Menge von Rippen un-
gebohrner Leibesfrüchte und kleiner Kinder die ich
deßhalb untersucht und theils vor mir habe, ist
nichts einer wahren Epiphyse (in dem Sinne
wie er Th. I. §. 42. bestimmt worden) ähnliches
zu finden; sondern offenbar werden die Anfangs
bloß knorplichen Gelenkknöpfe nach und nach von
den benachbarten Stellen der Diaphyse (Th. I.
a. a. O.) eingenommen: ohne daß sich erst be-
sondre Knochenkernchen in denselben erzeugen.
Die Vögel haben in der Gegend dieses schneiden-
den Fortsatzes an ihren mittlern Rippenpaaren
einen ganz besondern schmalen Anhang, der wie
ein flacher Hake nach hinten gekehrt ist – Royter
glaubt (de auium sceletis cap. 9.) er diene zum
Schutze der Brust gegen die starke Bewegung der
Flügel: ein Nutze der mir doch nicht recht ein-
leuchtend ist.
b. s. albini tabula vasis chyliferi, c. vena
azyga, arteriis intercostalibus etc.
Die Wichtigkeit der obigen Bemerkung für die
Chirurgie, bey der Oeffnung der Brusthöhle, zeigt
ein Aufsatz des Dr. Löffler von der Verletzung
der Rippenschlagadern in meiner medicinischen
Bibliothek III. B. S. 535 u. f.
Dieses vordere Ende findet sich zuweilen gabel-
förmig gespalten. Beyspiele von dergl. costis bi- [Seite 352]
fidis s. in c. nic. lange lapid. figuratis Hel-
vetiae tab. LII. lit. B. und in albini annotat.
acad. L. II. tab. VII. fig. 8. cap. 13. – vergl.
v. haller de c. h. funct. vol. VI. p. 8. n. o)
und bonn descript. thesauri ossium morbosor.
Houiani.
Eben so hat man auch im Gegentheil mehrere
Rippen wie zusammen geschmolzen oder zusammen
verwachsen gefunden. s. Haller a. a. O. S. 15.
Auch Albinus a. a. O. und mehrerley solche ano-
malische Varietäten in sandiforti museum
acad. LB. tab. XLIX.
So habe ich auch bey einem Schweine zwey
Rippen ohngefähr in der Mitte durch ein dickes
gemeinschaftliches Knochenstück mit einander ver-
bunden gesehen.
Die Fälle hingegen, wo mehrere ächte Rip-
pen durch eine Verknöcherung eines großen Stückes
vom Brustfell mit einander fest verknüpft sind,
dergleichen ich auch in meiner Sammlung besitze,
rechne ich nicht hieher.
herissant sur la structure des cartilages des
côtes in den Mém. de l'Acad. des Sc. de Paris
1748. p. 141 sq.
Auch hier herrscht viele Varietät bey Menschen
und Thieren. Nicht gar selten z.B. reicht beym [Seite 353]
Menschen so wie bey vielen Affen, der knorp-
lichte Anhang der achten Rippe ebenfalls hinauf
zum Brustbein u.s.w. – s. Sömmerring über
die körperliche Verschiedenheit des Negers vom
Europäer. S. 32. N. a)
Aber übrigens doch lang genug, und nicht so sehr
von den Anhängen des zweyten Rippenpaars ver-
schieden, daß man ihn bloß für eine Symphysis – [Seite 356]
oder gar das Brustbein und das erste Rippenpaar
wie für ein Stück – halten dürfte; wie doch
Albinus und mehrere andre neuere Zergliederer
gemeint haben.
v. haller Mém. sur plusieurs phenomenes im-
portans de la respiration p. 252. – und de c. h.
function. vol. VI. pag. 18. – Auch theod. fr.
trendelenburg de sterni costarumque in re-
spiratione vera genuinaque motus ratione Goett.
1779. pag. 9.
Die Vögel haben statt dieser knorplichten Anhänge
ein zweytes schmahles Knochenstück, das sowohl
mit der Rippe wozu es gehört, als mit dem Brust-
bein, eingelenkt ist.
Folglich sind die untern auch die beweglichsten,
am leichtsten nachgiebigen, wie es der Mechanis-
mus des Athemholens erfordert.
Daher ist es eine zweckmäßige Einrichtung,
daß diese zum leichten Athemholen so nothwendi-
gen Knorpel (so wie überhaupt die cartilagines
permanentes am ganzen Gerippe) nicht leicht
verknöchern. Th. I. S. 68. N. *).
Geschieht dieß aber, so wird es leicht eine
unheilbare Ursache einer lästigen Engbrüstigkeit.
v. haller de c. h. funct. vol. VI. p. 11. –
bertin Tr. d'osteologie T. III. p. 100. – jo.
steph. bernard epist. ad Haller scriptar.
Vol. III. p. 362. 394. – rud. aug. vogel observ.
de asthmate singulari ex cartilaginum costarum
ossescentia. Goett. 1773. – Medical obs. and.
Inquiries Vol. V. pag. 254.
Die Anhänge an den untersten ächten Rippenpaa-
ren und an den obersten unächten Paaren stoßen
zuweilen, ohngefähr in ihrer Mitte, aneinander,
so daß sie aus jeder Seite gleichsam ein zusammen-
hängendes Stück ausmachen. eustach. tab. XLIII.
fig. 1. – vergl. g. martini in Eustachii tabulas
Commentaria. Edinb. 1755. 8. p. 396.
So ist sie in Trew's Tafeln, tab. C. u. tab. VIII.
fig. 22. 23. vergl. mit fig. 7. 8.
Der Mensch scheint unter allen warmblütigen
Thieren das allerkürzeste Brustbein erhalten zu
haben: – Höchstens kommt ihm etwa der Schim-
panse darin bey. s. tyson's Anatomy of a
Pygmie fig. 5.
Von dem wundersamen sternum abdominale
der Crocodile s. das Handbuch der vergleichend.
Anatomie S. 102.
Unter allen rothblütigen Thieren sind meines
Wissens die Schlangen die einzigen die gar kein
Brustbein haben. Denn selbst bey den Fischen
ist doch etwas demselben ähnliches. Und die
Frösche haben zwar keine Rippen, aber dennoch
ein gar ansehnliches Brustbein.
Bey den Vögeln hat es die bekannte, Pflug-
schaar-ähnliche Gestalt, zur Anlage der ausneh-
mend großen Brustmuskeln, die den mehresten
dieser Thiere zum Flug nöthig waren. – Der
Straus hingegen, der nicht fliegt, hat auch ein
flacheres Brustbein, das sich schon dem Baue
der Säugethiere nähert.
Unter diesen letztern hat wieder umgekehrt das
Brustbein des Maulwurfs viel ähnliches mit der
Vögel ihrem, nämlich an seinem obern Ende
gleichfalls eine scharfe Schneide zur Anlage für die
robusten Muskeln, die dieses animal subterraneum
zum Graben braucht. Auch bey der Robbe, die
überhaupt im Totalhabitus des skeletirten Rumpfs
auffallende Aehnlichkeit mit des Maulwurfs seinem
zeigt, verläuft sich das vordre Ende des Brust-
beins in einen langen cylindrischen Knorpel.
Bey den mehresten übrigen vierfüßigen Säuge-
thieren ist das ganze Brustbein cylindrisch und ge-
gliedert, selbst bey den meisten Affenarten, und
beym Bären, dessen Gerippe sonst (Kopf und
Becken ausgenommen) viel Analogie mit dem
menschlichen hat.
albini icones oss. foetus tab. IX. fig. 65.
Dieß hielt Berlin für den gewöhnlichen Fall. Tr.
d'Osteologie T. III. p. 133 sq. er ist aber sicher
bey weitem der seltnere.
Daher die Widersprüche und Zänkereyen der Zer-
gliederer des 16ten Jahrhunderts über die Anzahl
der Stücke woraus das Brustbein bestehe, weil
sie nur nach dem einen oder den wenigen Mu-
stern urtheilten, die sie gerade vor sich hatten,
und keinen größern Vorrath von jugendlichen
Brustbeinen mit einander verglichen. s. Vesal's
Critik über Galen's Beschreibung des Brustbeins,
sowohl in der Epist. de radice Chynae p. 52 sq.
als auch im großen Werk S. 113 u. f. – Dann
Fallopii Erinnerungen gegen Vesalius, in den
obseruat. anatom. p. 50. b. – und dieses seine
Vertheidigung im obseruationum Fallopii exa-
men p. 66 sq. – Und dann Eustach's große Apo-
logie für die Galenische Osteologie im ossium
examen p. 197 sq. 201. der zuerst den rechten
Weg einschlug, und zahlreiche Varietäten mit
einander verglich. s. tab. anatom. XXXXVII.
fig. 18. 19. 20. 21.
Albinus a. a. O. S. 75 bis 95. der eine sehr
große Menge solcher Verschiedenheiten nach der [Seite 365]
Natur beschreibt. Und doch habe ich unter mei-
nem Vorrath noch manche andere von ihm un-
berührte.
Doch besitze ich auch das Brustbein von einem
Erwachsnen, das noch aus sechs distincten Stücken
besteht, wovon viere der Klinge zugehören.
An dem schon mehrmahlen gedachten Gerippe
eines Donischen Cosacken das ich der Güte des
Herrn Baron von Asch verdanke, ist das unge-
heure Brustbein fast Handbreit, also meist noch
einmahl so breit als es gewöhnlich zu seyn pflegt.
Ein andres eben so breites aber sehr kurzes und
durch eine schaudervolle Lordosis ganz entstelltes,
in meiner Sammlung, ist trefflich abgebildet in
corn. jac. van den bosch anatomia systematis
respirationi inseruientis pathologica. Harlem.
1801. 4. pag. 65.
Denn die Albinischen Abbildung tab. ossium XIV.
da dieser untere Anhang anderthalb Zoll lang,
und seine obere größere Hälfte noch knöchern ist,
gehört zu den ungewöhnlichern Varietäten.
Bey sehr engbrüstigen Kindern kann man zuwei-
len, wenn sie tief Athem holen, sogar einige Be-
wegung in der Gegend dieser Fuge gewahr werden.
Diesen untern Theil der Klinge haben manche
Zergliederer für ein besonderes drittes Knochen-
stück des Brustbeins gehalten, weil es zuweilen
noch bey erwachsenen Subjecten durch eine Spur
einer änlichen Querfurche wie die obere zwischen
dem Griffe und der Klinge ist, abgesondert werde.
v. haller de c. h. funct. Vol. VI. p. 23.
Allein solcher anomalischen Spuren sind dann
gemeiniglich mehrere auf der Klinge. (vergl. S. 365.
N. i). Besonders zwischen den knorplichten An-
hängen des 3ten und 4ten Rippenpaares. Sie
sind aber alle von der gewöhnlichen wahren Fuge
zwischen dem Griff und der Klinge sehr leicht zu
unterscheiden, und geben keinen Grund, die Klinge
selbst wieder in mehrere besondere Stücke einzutheilen.
Dieses Knorpelblatt leistet beym Athemholen so
große Dienste, daß ich glauben sollte, der gänz-
liche Mangel desselben, den Haller einmahl be-
merkt zu haben versichert, müsse sehr lästige Fol-
gen gehabt haben. – Er sagt a. a. O. S. 25.
‘„Vidi, nullam omnino cartilagineum hoc loco
fuisse, et costas oppositas marginibus suis se
adtigisse, fuisseque connexas.“’ Das letztere
sehe ich zwar auch an einem sehr schönen Skelet
vor mir, wo ebenfalls die Anhänge des obersten
unächten Rippen-Paares mit ihren obern Enden
unter dem Brustbein aneinander liegen: allein
hinter denselben ragt demohngeachtet ein, frey-
lich sehr dünner, übrigens aber vollkommen aus-
gebildeter Herzgruben-Knorpel herab.
Es ist schon ein Grund für seine wichtige Be-
stimmung, daß er so äußerst selten verknöchert ge-
funden wird. Haller selbst hat ihn bey einer [Seite 370]
100jährigen Frau noch völlig knorplicht ange-
troffen. Und in den wenigen Fällen wo man
ihn verknöchert gesehen, hat et auch lästige Be-
schwerden verursacht.
Auch die fehlerhaften Beugungen dieses Knor-
pels, einwärts oder auswärts, verursachen habi-
tuelle Engbrüstigkeit, Herzgespann, Erbrechen u.s.w.
s. bapt. codronchius de prolapsu mucronatae
cartilaginis an seinem Werke de morbis qui Imo-
lae vulgati sunt. Bonon. 1603. 4. und lud. septa-
lius de morbis ex mucronata cartilagine eue-
nientibus. Mediol. 1632. 8. und guil. pisonis
hist. naturalis Brasiliae p. 36 sq.
Die alte Sage, daß dieses Loch am weiblichen
Gerippe weit häufiger seyn solle als am männ-
lichen, ist nicht in der Natur gegründet.
Eine genaue Abbildung des ganzen Thorax in sei-
nem natürlichen Zusammenhange aus einem weib-
lichen Körper s. in der angeführten Probeschrift
des jüngern Hrn. Dr. Trendelenburg Taf. I. und
mit dem übrigen Rumpf in der Stellung und mit
den Umrissen der mediceischen Venus bey Söm-
merring über die Wirkungen der Schnürbrüste.
Berl. 1793. 8. Fig. 2. einer überhaupt für die
ganze Osteologie des Thorax ausnehmend reich-
haltigen Schrift.
Der menschliche Thorax unterscheidet sich in sei-
ner ganz eignen Bildung besonders durch die vor-
dere Fläche der Brust von anderer Säugethiere
ihrem, namentlich von den Affen, die schon eine
seitwärts zusammengepreßte und hingegen nach
vorn scharf zulaufende Brust haben, wie die meh-
resten eigentlich vierfüßigen Thiere.
Der Schimpanse so himmelweit er sonst in
seinem übrigen Körperbau vom Menschen abweicht, [Seite 372]
kommt ihm doch im Bau des Thorax näher als
andere Affen. s. Tyson a. a. O. fig. 5.
Bey den übrigen Säugethieren ist die Brust
nach der Verschiedenheit ihrer Lebensart und des
derselben angemeßnen übrigen Körperbaues auch
von verschiedner Bildung; mehr oder weniger
schmahl, hochgewölbt etc. – z.B. bey den kurz-
beinigen, z. E. den Wiesel- und Mäuseartigen klei-
nen Thieren, bey den Maulwürfen etc. breiter als
bey andern. – Am schmahlsten ist sie meines
Wissens bey den Thieren aus dem Hirschgeschlecht.
Nach Verhältniß der Breite des Thorax sind
nun auch die Rippen mehr oder weniger ge-
krümmt. Beym Menschen folglich wie obengedacht
am stärksten; bey Thieren mit scharfer Brust sehr
schwach. Und eben wegen der Breite der Rück-
seite seines Thorax und seiner Lenden und der
damit correspondirenden flachern Form seines
ganzen Rucken kann auch nur der Mensch – aus-
schließlich oder wenigstens bequemer als irgend
ein andres Säugethier – mit ausgestreckten Bei-
nen auf dem Rücken liegen.
Die Weite des menschlichen Thorax variirt doch
sehr nach der Verschiedenheit des Alters und Ge-
schlechts. – Bey ungebohrnen Leibesfrüchten
und jungen Kindern ist er nach Verhältniß un-
gleich weiter und mehr hochgewölbt als beym er-
wachsenen Menschen. Der Grund liegt wohl
größtentheils in den besondern Wegen des Blut-
laufs nach der Leibesfrucht, und der davon abhän-
genden ansehnlichen Größe der Leber bey derselben.
Beym weiblichen Geschlecht ist er auch im
erreichten Wachsthum etwas schmahler, und vorn
wo die Brüste aufsitzen flacher als beym männ-
lichen (Th I. §. 115.)
Auch scheint einige National-Verschiedenheit
in der Weite und Wölbung des Thorax statt zu
finden. Sömmerring fand die knöcherne Brust
bey drey männlichen Mohren groß, geräumiger
und gewölbter als beym Europäer. (über die kör-
perliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer
S. 31.) – Eben so wird von genauen Beobach-
tern die Brust der schönen Tschirkassier be-
schrieben. (s. Dr. Schober's memorabilia Rus-
sico-Asiatica in Müller's Samml. Russischer
Geschichte VII. B. S. 130.) – Und so ward auch
schon bey den Griechen eine prächtig gewölbte
Brust an männlichen Figuren für eine allgemeine
Eigenschaft der Schönheit gehalten (Winkel-
mann's Gesch. der K. S. 183. der Dresdn. Ausg.)
Eine unförmlich hohe Brust, wobey besonders
dos Brustbein sehr schräg zu liegen kommt, mit
seinem untern Ende hervorgetrieben wird etc. fin-
det sich zumahl häufig bey atrophischen, rhachiti-
schen u.a. Kindern die unverhältnismäßig große
Lebern haben.
Die Festigkeit und Stärke des Thorax ergiebt sich
schon aus den bekannten Erfahrungen, daß er
bey robusten erwachsenen Menschen Ambose u.a.
Lasten von 7 Centnern und drüber, zu tragen im
Stande ist. Hingegen wollen die gewöhnlichen
Nebenumstände bey dergleichen Versuchen, da
man zugleich mit Schmiedehammern auf den Am-
bos schlagen läßt etc. gar nicht viel sagen; sind
wenigstens bey weitem nicht so wunderbar, als
sie Unkundigen scheinen mögen. s. senac sur les
organes de la respiration in den Mém. de
l'Acad. des Scienc. de Paris. 1724. p. 174 sq.
Am weiblichen frischen Gerippe scheint ceteris pa-
ribus der obere Theil des Thorax beweglicher als
er es beym männlichen ist. Allemahl doch aber
minder beweglich als der untere.
Bey vielen lebendigen Säugethieren ist, wenn sie
athmen, die sehr wenige Beweglichkeit der vor-
dern Rippenpaare in Vergleich gegen die über-
aus beweglichen hintersten Paare, sehr auffallend
merklich. Besonders bey großen Thieren, wie
beym Cameel, Pferd etc.
Ueberhaupt haben die Rippen bey den vierfüßi-
gen Thieren eine weit andere Richtung als beym
Menschen. Ihre Verbindung mit dem Rückgrath
– zumahl der vordern Paare ihre – nähert sich
mehr einem rechten Winkel u.s.w.
Unter den ältern Zergliederern hat vorzüglichst der
schon oft gerühmte Columbus diesen Theil der
Osteologie genau und lehrreich behandelt, de re
anatomica. L. I. cap. 21–27.
Die individuelle Verschiedenheit in der Länge der
Arme an übrigens gut proportionirten Körpern ist
bekannt und längst von den Schriftstellern über
menschliche Proportion und Symmetrie bemerkt
und bestimmt.
Beym weiblichen Geschlecht sind sie ceteris
paribus gewöhnlich etwas kürzer. s. sömmer-
ring tab. sceleti feminei.
Unter den Neuholländischen Wilden haben die
Waldbewohner die von Kindesbeinen an die Bäume
beklettern, um ihrer Nahrung nachzugehn, längere
Arme und Beine als ihre bloß an den Küsten
lebenden ichthyophagischen Brüder. s. dav. col-
lins's Account of the English Colony in New
South-Wales. Vol. I. p. 550.
Im ganzen genommen, sind diese Haupttheile des
Armes an den Vorderfüßen aller vierfüßigen Säu-
gethiere, wenn sie auch gleich auf den ersten Blick
noch so verschieden und vom menschlichen Baue
abweichend scheinen (wie bey den Fledermäusen,
Maulwürfen etc.) sehr deutlich zu erkennen.
Die Vorderfüße der Seeottern, Robben, Wall-
rosse, Seekühe etc. machen in ihrem Knochenbau
den Uebergang zu den sogenannten Brustflossen der
Wallfische und Delphine, die aber im Grunde
eben so gut ihre sehr deutlichen Schulterblätter,
Knochen des Oberarms und Vorderarms und der
fünffingerichten Hände haben, als die Vorderfüße [Seite 377]
andrer Säugethiere, deren Vorderbeine den Men-
schenarmen ähnlich sind, s. tyson's phocaena or the
anatomy of a Porpess. Lond. 1680. 4. fig. X. XI.
Auch bey den kaltblütigen vierfüßigen Thieren
ist der Bau der Vorderfüße und ihrer vier Haupt-
theile dem an den warmblütigen sehr ähnlich. s.
z.B. von den Schildkröten caldesi osservaz.
anat. intorno alle Tartarughe tab. III. fig. 1. 4. 5.
Eben so haben endlich auch die Vogelflügel
eine auf den ersten Blick unerwartet auffallende
Aehnlichkeit mit den Armen des Menschen oder
den Vorderfüßen der andern gedachten Thiere.
s. die mehrgedachten Werke von Royter, Joh.
Dan. Meyer etc. – Auch Merrem's vermischte
Abhandlungen aus der Thiergeschichte S. 131 u. f.
Diese beyderley Knochen sind auch von manchen
Zergliederern, doch auf eine etwas unnatürliche
Weise zum Thorax selbst gerechnet worden.
Schon der unglückliche Jessen hat gezeigt, daß
beydes die Schlüsselbeine und die Schulterblätter,
eigentlich bloß zur Bewegung und Haltung der
Arme bestimmt sind, de ossibus p. 24.
Er bezieht sich deßhalb auch auf das Beyspiel
eines Menschen zu Hall in Schwaben der ohne
Arme gebohren war, und dem zugleich auch jene
beyderley Knochen fehlten.
Doch dieß allein würde freylich nicht genug
beweisen. Ich selbst habe mehrere Männer gese-
hen, die ohne die mindeste äußere Spur von Armen
gebohren waren, und dennoch auf beyden Seiten
sowohl Schlüsselbeine als Schulterblätter hatten,
und die letztern auch leicht bewegen konnten.
Schon Fel. Plater hat die schwächre Krümmung
der weiblichen Schlüsselbeine angemerkt, mit dem
Zusatz: vnde neque ita agiles sunt vt viri
brachiis; vt videre est cum lapides iaciunt.
de corp. hum. struct. et vsu pag. 48. Andry
macht die gleiche Bemerkung in Bezug aufs Fe-
derball-Spiel. Orthopedie T. I. p. 60. Vergl.
auch w. goeree's Schilderkonstig Ontwerp der
Mensch-kunde p. 386.
Daß die Schlüsselbeine vorzüglich bey denjeni-
gen Frauenzimmern am geradesten seyen, die von
Kindesbeinen an Schnürbrüste getragen, behauptet
Sabatier im Tr. d'anat. Vol. I. p. 172.
Man kann hieraus schon ziemlich a priori erra-
then, welche Thiere mit Schlüsselbeinen versehen
seyn müssen. Bey weitem nämlich nicht bloß die
Affen und Makis und Fledermäuse, die Linne'
daher mit dem Menschen unter die gemein-
schaftliche Ordnung primates gebracht hatte (– s.
erxleben dirudicatio systematis animalium
mammalium Goett. 1767. p. 11. –) Sondern
überhaupt alle die Thiere die besonders wichtigen
Gebrauch von ihren Vorderfüßen, oder was die
Stelle derselben bey ihnen vertritt, machen müssen.
Dahin gehören A) unter den vierfüßigen Säugethieren:
1. Diejenigen so viel klettern, Bäume bestei-
gen, oder weite Sprünge machen. – Wie z.B.
die ganze Ordnung von Quadrumanen, nämlich
die Affen, Paviane, Meerkatzen und Makis. –
Dann auch die Ameisenbären; die Mäuse- und
Rattenartigen Thiere; die Eichhörnchen; die Wie-
selartigen Thiere; die Faulthiere etc.
2. Die in der Erde grabenden: – wie nament-
lich der Maulwurf, (dessen Schlüsselbein ganz
kurz, aber so wie alle seine übrigen Knochen der
Vorderfüße, überaus sonderbar und auszeichnend
gebildet sind); auch die Spitzmaus; der Hamster;
der Igel u.s.w.
3. Einige von denen so schwimmen müssen: –
wie z.B. der Biber.
4. Die flatternden: – nämlich die ganze Ord-
nung von Chiropteris.
Die Schlüsselbeine fehlen hingegen denjenigen
vierfüßigen Säugethieren, die hochbeinicht sind,
eine sehr schmahle Brust haben, und bloß auf der
Erde ihren Geschäften nachgehen. – Wie z.B.
dem Hundegeschlecht, und den ganzen Ordnungen
von Solidungulis, Bisulcis, und Belluis. [Seite 380]
B) ist die ganze Classe der Vögel mit Schüsselbeinen
versehen, und zwar von auffallender Größe und
Stärke: wie es die Bestimmung der allermehre-
sten dieser Thiere zum Fluge erfordert. Sie sind
meist gerade: die untern Enden dicker und näher
zusammen als die obern, und stehen beynahe aufrecht.
Ihre obern Enden sind durch einen ganz beson-
dern, bloß den Vögeln eigenthümlichen, gabel-
förmigen, überaus spröden schlanken Knochen (fur-
cula) unterstützt und mit dem Brustbein verbun-
den. Nur beym Straus und Casuar bilden weder
die Schlüsselbeine noch die furcula noch die
Schulterblätter abgesonderte Knochen, sondern
diese Vögel haben auf jeder Seite, am Vordertheil
des Thorax, einen sonderbaren, länglicht-flachen
Knochen, der aus jenen dreyen gleichsam in
eins verschmolzen ist.
C) endlich haben auch unter den kaltblütigen vier-
füßigen Thieren, die Schildkröten und Frösche,
sehr kenntliche Schlüsselbeine.
Von der Schildkröten ihren s. coiter de qua-
drupedum sceletis cap. XII. und Caldesi a. a. O.
Von der Frösche ihren, Rösel's musterhaftes
Werk, besonders Taf. VII. Fig. 2. S. 35. vom
braunen Graßfrosch. – Taf. XIX Fig. 7. 8. S. 84.
von der wie Knoblauch stinkenden Wasserkröte mit
braunen Flecken.
Von den Schlüsselbeinen der Thiere überhaupt
s. Haase comparat. clauicular. animant. brutor.
c. humanis. Lips. 1766.
Daher sie bey manchen ehedem gebräuchlichen Arten
von brutaler Tortur leicht zerbrochen werden konn-
ten, weßhalb der brave alte Hildanus die Crimi-
nalrichter gar ernstlich vor einem solchen unmensch-
lichen Verfahren warnt. s. Dess. Beschreib. der
Fürtrefflichkeit etc. der Anatomy. Bern, 1624. 8.
S. 143 u. f.
Die Schulterblätter finden sich (– weit allgemei-
ner als die Schlüsselbeine –) bey allen rothblü-
tigen Thieren die Vorderfüße oder ähnlichen Bewe-
gungswerkzeuge etc. erhalten haben. Also bey allen
Säugethieren, bey allen Vögeln, und bey den
vierfüßigen Amphibien.
Ihre Bildung aber ist von mannichfaltiger
Verschiedenheit. – Bey den Vögeln z.B. sind
die Schulterblätter lang, schmahl, ohngefähr Sä-
belförmig etc. – Bey den Fröschen flach, Schup-
penförmig. – Bey den Schildkröten liegen sie
ganz anomalisch, vorn auf der Brust, nach
dem Brustschild zugekehrt. s. Royter Taf. II. –
Caldesi a. a. O. – und Joh. Dan. Meyer
I. B. Taf. 29. 31. II. B. Taf. 62.
Ein paar umständliche Abhandlungen von Wins-
low über die mannichfaltigen Bewegungen der
Schulterblätter s. in den Mém. de l'Acad. des
Sc. de Paris 1723. p. 69 sq. und 1726. p. 175 sq.
Zuweilen liegt zwischen diesem Gelenk auch noch
eine besondere kleine Knorpelscheibe. – s. Vesa-
lius im großen Werke S. 123. – Weitbrecht
Taf. I. Fig. 4. d. – Bertin a. a. O. S. 208.
albini icon. oss. foetus tab. XIII. fig. 1. 2.
Da die Verknöcherung bey den noch übrigen ab-
zuhandelnden Röhrenknochen in der Hauptsache
auf eins hinausläuft so berühre ich sie nicht wei-
ter im Texte selbst, sondern verweise nun nur in
der Note wo ich die Vesalische Abbildung des
ausgewachsenen Knochen citire, zugleich auf die Al-
binische von den Knochen der zeitigen Leibezfrucht.
Dieser Knochen hat wohl bey allen rothblütigen
Thieren die mit Vorderfüßen oder Flügeln verse- [Seite 390]
hen sind, eine mehr oder weniger röhrenförmige
Gestalt, nur den Maulwurf angenommen, bey
welchem er eine ganz ungewöhnliche, und eher
einem kurzen dicken, in der Mitte schmahlen und
an den beyden Enden breit ausgeschweiften Schilde
ähnelnde Bildung hat.
weitbrecht tab. II. fig. 5 – 9.
Vor allen aber Camper's meisterhafte Abbildun-
gen. Demonstrat. anatomico-pathologicar. L. I.
pag. 4. sq. §. 14.
Bey den Fröschen und Kröten ist im Vorderarm
sowohl als im Schienbeine nur ein einziger
Knochen, der zwar nach beyden Enden zu, wie
gespalten, theils gar durchbrochen ist, und auch
daselbst zwey besondere neben einander liegende
Markhöhlen enthält. – Aber in der Mitte sind
diese scheinbaren zwey Röhren nicht nur sest zu-
sammen verwachsen, sondern noch dazu ganz dicht
und ohne alle Höhlung. – s. troia Memoria
sopra la structura singolare della tibia e del
cubito nelle Rane e nei Raspi, an der Italiän.
Ausg. seines mehrgedachten Werkes über die Ne-
crose. Neap. 1779. 8. S. 250 u. f. Taf. VII. u. VIII.
Daß man die beyden Röhrenknochen des Vorder-
arms focilia nennt, kommt aus dem Arabischen
da Zend (im singulari) oder Zendân (im duali)
eigentlich diejenige Art von Feuerzeug heißt, die
aus zwey Stücken Holz (ohngefähr von der Lände
und Proportion dieser beyden Knochen) besteht,
womit die Nomadischen Morgenländer durchs
schnelle aneinanderreiben derselben Feuer anmach-
ten. Und deßhalb haben Avicenna u.a. Arabische
Aerzte diese Knochen Zend und Zendân genannt.
Das dann die ehrlichen Latinobarbari durch
focile übersetzt haben. – s. th. hyde hist. reli-
gionis veterum Persorum p. 333 sq. und die dazu
gehörigen Abbildungen p. 407.
vesalius cap. 24. fig. 1. 2. 5. 6. 10. 11. – vergl.
albini icon. oss. foet. tab. XIV. fig. 124. 125.
126. 129.
De la Chenal beschreibt in seinen observ. botan.
med. Basil. 1766. 4. §. 28. einen sonderbaren
Fall, da er am rechten Elnbogen einer Leiche am
obern Ende des übrigens ganz natürlich gebilde-
ten olecrani noch einen besondern beweglichen
kleinen Knochen gefunden, der mit eignen Sehnen
und Gelenkbändern versehen gewesen, und beson-
ders auch in Rücksicht seiner Verbindung mit dem
anconaeus vollkommen einer kleinen Kniescheibe
geähnelt habe.
vesalius cap. 24. fig. 1. 2. 3. 4. 7. 8. 9. – vergl.
albini icon. oss. foetus tab. XIV. fig. 127. 128.
130. 131.
Daher sie auch von einigen ältern Zergliederern
manubrium manus (fr. le porte-main, le
manche de la main) – so wie hingegen von Al-
binus additamentum vlnae genannt worden.
Doch fehlt sie denjenigen Säugethieren die
gerade unter allen die allergrößte Hand haben,
nämlich den Fledermäusen; oder sie haben höch-
stens nur ein grätenförmiges Rudiment dazu,
so wie es schon der wackre Weygand im
IVten Supplement zu den Breslauer Sammlun-
gen am Vespertilio auritus beschrieben hat.
Von einer überaus seltnen Verrenkung dieses obern
Endes der Speiche sowohl vom tuber der Ober-
armröhre als bei benachbarten sinus der Elnbo-
genröhre (§. 333.) die Büttet Oberwundarze
am Spital zu Estampes zuerst bemerkt haben soll,
s. die hist. de la Soc. de Medecine a. 1780. p. 175.
Doch scheint sie schon von Düverney gekannt
zu seyn, s. dessen oeuvres anatomiques T. I. p. 470.
Wie Bertin und Albinus meinten. – Jener im
Tr. d'Osteologie T. III. pag. 230 sq. 255 sq. –
Dieser de sceleto p. 395.
winslow sur la rotation, la pronation et la su-
pination in den Mém. de l'Ac. des Scienc. de
Paris 1729. p. 27 sq.
vesalius cap. 25. fig. 1. 2. – Vor allen aber die
vier meisterhaften Abbildungen in albini histo-
ria musculorum p. 631–644.
s. hierüber umständlich und trefflich galenus de
vsu partium durchs ganze erste Buch und im An-
fang des zweyten.
Zu den Nationalverschiedenheiten gehört ihre auf-
fallende Kleinheit bey den Hindus; die sich selbst
aus ihren Säbelgefäßen ermessen läßt. s. hodges's
Travels in India p. 3.
Es sind zahlreiche Geschlechter unter den Säuge-
thieren mit Händen versehen: aber bey keinem
einzigen kommen dieselben doch dem so vorzüg-
lichen Bau der Menschenhände gleich. Selbst
weder beym Orang-Utang noch beym Schim-
panse. Bey beyden sind die Hände affenmäßig,
mit kurzen Stummel-Daumen u.s.w. – s. cam-
per Verhandel. tab. III. fig. 5. und tyson's
anat. of a Pygmie fig. 5. – vergl. mit eusta-
chii tab. XLVII. fig. 37.
Uebrigens sind alle eigentlichen Affen (simiae)
mit Händen versehen. So auch alle Paviane.
Und die Makis (lemures).
Unter den Meerkatzen (cercopitheci) hingegen
sind wenigstens bey vielen Gattungen die Vorder-
hände noch weit weniger menschenänlich gebaut
als bey den vorigen Geschlechtern. Der Coaita
z.B. (cercopith. paniscus) hat eine blos vier-
fingrige Hand ohne Daumen. Der Uistiti (cer-
copith. iacchus) u.a. Sangouinchen haben fast
nur solche, freylich zum Fassen auch geschickte
Vorderpfoten, wie die Eichhörnchen, Mäuse, Beu-
telthiere (didelphides) u.a.m.
Die mehresten Affen haben neun Knochen in der
Handwurzel. s. jo. riolani simiae osteologia
p. 908. der Pariser Ausg. v. 1626. – selbst der
Orang-Utang hat so viele. – vergl. albini ex-
plicat. tabular. Eustachii. tab. XLVII. fig. 34.
e. f. fig. 35. a. f. und fig. 37. k. m.
Manche haben doch aber auch nur achte. So
z.B. Tyson's Schimpanse.
Die ältern Zergliederer unterschieden die Knochen
der Handwurzel blos durch Zahlen. – Mich. Ly-
ser hat sie in seinem bekannten culter anatomicus
zu allererst mit bestimmten Namen belegt. p. 208 sq.
der Ausg. v. 1665.
Weil es weder mit dem Vorderarm noch mit der
zweyten Reihe der Handwurzel in Verbindung
steht. Daher auch Albinus sagt: ad carpum re
quidem vera non pertinet, de sceleto p. 401.
Es ist sonderbar, daß Düverney und Bertin und
der verstorbene Alex. Monro und viele neuere
Zergliederer die Lyserschen Benennungen dieses
und des folgenden Knochen geradezu verwechselt
haben. Vermuthlich daß sie nicht aus der Quelle
selbst, sondern einer aus dem andern geschöpft.
Ich rechne nämlich, wie Aristoteles und Celsus,
das zum Daumen gehörige Bein dieses Theils
der Hand für einen metacarpus, und nicht wie
Galenus fürs erste Glied des Daumen selbst.
Denn es ist ja nebst den übrigen vieren in eine
gemeinschaftliche breite Fläche verbunden; liegt
wie jene mit seinem hintern Ende an der Hand-
wurzel, und hat daselbst keine solche runde Grube
wie die hintern Enden der ersten Finger-Glie-
der; hingegen ist sein vorderes Ende dem vordern
Ende an den übrigen metacarpis ähnlich u.s.w.
Daher es mich befremdet, daß Vesalius und
neuerlich Düverney, Bertin, Cheselden, J.
Bell u.a. demohngeachtet der Galenischen Ein-
theilung gefolgt sind.
Der metacarpus und metatarsus leidet bey neu-
gebohrnen Kälbern, Lämmern und Thieren aus [Seite 418]
dem Hirschgeschlechte, (– und wohl überhaupt
bey allen Bisulcis –) eine merkwürdige Verän-
derung. Er besteht nämlich bey ungebohrnen
Thieren aus zwey besondern, aber dicht an einan-
der liegenden Röhren: die aber kurz nach der Ge-
burt zu dem sogenannten Canon zusammen wach-
sen. Die vormahligen Scheidewände zwischen jenen
beyden Röhren werden erst immer dünner, dann
durchlöchert, und schwinden endlich ganz und gar;
so daß bey den erwachsenen Thieren aus jenen
Geschlechtern inwendig eine gemeinschaftliche Mark-
höhle, und von außen nur noch eine schwache
Furche zu erkennen ist, wo vordem die beyden
Knochen an einander gelegen hatten. s. fouge-
roux de bondaroy in den Mém. de l'Acad.
des Sc. de Paris. 1772. P. II. p. 502 sq. – und
jo. bapt. Com. a Covolo de matamorphosi
ducrum ossium vedis in quadrupedibus aliquot.
Bonon. 1765. gr. 4.
Das Pferd hat im metacarpus und metatar-
sus zwar auch nur eine einzige Hauptröhre, die
oben an den carpus oder tarsus und unten an dem
Fesselknochen (das erste Glied des einzigen Fin-
gers bey diesem Thiere) eingelenkt ist; allein an
den hintern Rändern derselben liegen zwey un-
bewegliche kleinere und fast grätenförmige Neben-
röhren (les os epineux du conon, les deux
poinçons) die aber, da keine Finget für sie vor-
handen sind, auch nicht so weit herunter reichen.
Daubenton glaubte, jene Hauptröhre ver-
trete die Stelle von den drey mittlern metacarpis
der Menschenhand, des Zeigefingers nämlich, des
Mittelfingers und des Goldfingers. Der große
Thiermahler Stubbs hingegen, rechnet ihn in
dem sogleich anzuführenden unschätzbaren und
prachtvollen Werke nur für die zwey metacarpos [Seite 419]
des Mittelfingers und des Goldfingers. Folglich
auch die innere Nebenröhre nicht, wie Dauben-
ton, für den metacarpus des Daumen, sondern
für den des Zeigefingers. Die äußere rechnen
beyde für den metacarpus des kleinen Fingers.
s. die Büffonische histoire naturelle Vol. IV.
p. 362. der großen Orig. Ausg. – g. stubbs's
Anatomy of the horse. Lond. 1766. im größten
Quer-Folio, tab. I. am Vorderfuße 4–9. am
Hinterfuße 14–19. tab. II. am Vorderfüße 4–9.
am Hinterfuße x. y. z. und tab. III. am Vorder-
fuße 1–7. am Hinterfuße 2–7. – vergl. damit
des königl. Leibarztes jo. heroard hipposteo-
logie. Paris. 1599. 4. am Vorderfuße p. 20. g. h.
und am Hinterfuße p. 23. h. i.
Die eigenthümliche Gestaltung des menschlichen
Daumen gehört mit zu den auszeichnenden Cha-
racteren des Humanität. Seine Länge, sein Ah-
stand von der übrigen Hand, und die Freyheit
und Vollkommenheit seines Bewegungs-Vermö-
gens unterscheidet ihn auffallend von dem Stum-
meldaumen der Quadrumane. s. schon galenus
de vsu partium. p. 61 u. f.
Daher er bey den Griechen αντιχειρ hieß. (Vergl.
ioach. camerarii commentar. vtriusque lin-
guae p. 252.) Und wie sich Albinus ausdrückt:
manus parua maiori adiutrix. de sceleto p. 465.
vesalius cap. 27. tab. 1. 2. 3. – vergl. mit al-
bini icon. oss. foetus tab. XV. fig. 140–143.
146–148.
Von der individuellen Verschiedendeit ihrer rela-
tiven Länge s. die Werke über die Form-Verhält-
nisse des menschlichen Körpers, namentlich auch
eisholtii anthropometria p. 247. und Goeree
a. a. O. Desgleichen die ältern Physiognomiker.
Ihre auffallende Länge an den Hindus ist be-
kannt. s. z.B. de la boullaye – le – gouz
voyages et obseruations p. 153. und Kant in
Engel's Philosoph für die Welt II. Th. S. 155.
Eben so wie obgedacht an den Landeinwärts in
den Wäldern hausenden Neuholländern.
Zu den sämmtlichen folgenden Abschn. vergl. aug.
ir. walther de articulis, ligamentis et muscu-
lis hominis incessu statuque dirigendis. Lips.
1728. 4. und das Supplementum ib. 1731. –
Beyde finden sich auch in Haller's disput. ana-
tom. select. Vol. VI. p. 467–584.
Eine gute Vergleichung der Beine des Menschen
mit den Hinterbeinen der vierfüßigen Thiere s. in
vesalii ep. de rad. chynae p. 107 sq.
vesalius cap. 30. fig. 1. 2. – vergl. mit albini
icon. oss. foetus tab. X. fig. 70. 71. 72.
Nur beym Menschen und bey einigen Affen ist der
Schenkelknochen so viel länger als das Schienbein.
Bey andern Affen hingegen und bey den übrigen
vierfüßigen Thieren weit kürzer als letzteres. – s.
columbus de re anat. p. 154 sq.
Ein paar seltne Fälle, wo diese runden Bänder
an beyden Schenkelköpfen und ihren Pfannen
gänzlich gefehlt, s. in bern. genga anatomia
chirurgica. Rom. 1687. 8. pag. 124 sq. und in
h. alb. nicolai (Praes. Jo. Salzmann) decas
obseruat. anatomic. Argent. 1725. 4. p. 10.
christ. gottl. ludwig de collo femoris eius-
que fractura in der Hallerschen collect. diss.
chirurgic. Vol. V. pag. 367 sq.
Bey den vierfüßigen Thieren und selbst bey den
menschenähnlichsten Affen ist dieser Hals weit kür-
zer als beym Menschen, und nähert sich in seiner
Richtung zur Röhre schon mehr einen rechten Winkel.
cant impetus anat. primi tab. V. fig. 4. – hei-
ster de genuum structura eorumque morbis im
IV. B. der angeführten Hallerschen chirurgischen
Sammlung. – vergl. weitbrecht tab. XIX.
fig. 57. 58.
albini ic. oss. foetus tab. X. fig. 73. 74. – vergl.
die 6 Kupfertafeln an Walter's Abhandl. von
trocknen Knochen des menschl. Körpers, und
Loder's anatomische Tafeln tab. I. fig. 1–10.
vesalius cap. 31. fig. 1. 2. 3. 4. – vergl. mit
albini icon. oss. foetus tab. XI. fig. 75. 76. 79. 80.
Von Troja's Bemerkung über den Hinterschen-
kel der Frösche und Kröten s. oben S. 380. N. *)
morgagni aduersaria anatomica altera p. 65 sq.
der Orig. Ausg. v. 1717. – winslow sur la [Seite 442]
mechanique des cartilages sémilunaires, in den
Mém. de l'Acad. des Scienc. de Paris 1719.
pag. 157 sq.
vesalius cap. 31. fig. 1. 2. 5. 6. vergl. mit al-
bini icon. oss. foetus tab. XI. fig. 77. 78.
Sie fehlt, wie schon Royter angemerkt hat, den
wiederkauenden Thieren mit gespaltnen Klauen:
doch hat Camper eine Ausnahme davon am
Asiatischen Moschus pygmacus gefunden, der
allerdings diese Nebenröhre hat, die hingegen
der Africanischen Gattung dieser niedlichen Ge-
schöpfe nämlich dem Guineischen Rehchen, so wie
andern Bisulcis abgeht. s. dess. Naturgeschichte
des Orang-Utang etc. S. 102 u. f.
Kein andrer Theil des Körpers erleidet mit den
Jahren häufigere oder auffallendere Veränderung
seiner natürlichen Form als der Fuß, zumahl bey
gewissen Arten von Lebensweise (vieljährigen star-
ken Fußgängern etc.) und vollends bey manchen
sogenannten civilisirten Völkern durch die Mode
der Schuhe etc. s. Camper's interessante Abhand-
lung sur la meilleure forme des Soiliers s. l.
et a. (1781) 8. die auch im I. B. seiner kleinern
Schriften ins Deutsche übersetzt ist. – Von den
gar mancherley fehlerhaften Abweichungen in der
Bildung des Fußes s. auch junivs de pictura
veterum pag. 267 u. f.
Auch ist ein vollkommen regelmäßiger skeletir-
ter Fuß, von musterhaften Proportionen ein eben
so seltnes als schönes Präparat.
Unter den sogenannten wilden Völkern zeichnen
sich die Grönländer durch die natürliche Klein-
heit ihrer Füße aus. Nächst dem die Hottentotten;
da hingegen die ihnen benachbarten Caffern große
Füße haben.
Nur einzig und allein der Mersch fußt (– bey
dem unter allen Säugethieren ihm ausschließlich
eignen aufrechten Gange –) mit diesem Theil
der Ferse auf den Boden.
Allein auch unter den vierfüßigen Säugethie-
ren ist die Weise verschieden, wie sie mit den Hin-
füßen auftreten. – Manche, wie z.B. der Ele-
phant und der Bär etc. treten doch meist auf die
ganze Sohle bis zur Ferse, nur daß diese nicht
wie beym Menschen ihre Hauptstütze macht. –
Die mehrsten übrigen hingegen, zumahl die Hoch-
beinichten, aus dem Hunde- und Katzengeschlecht, [Seite 453]
und die mit Hufen und mit gespaltnen Klauen etc.
treten eigentlich bloß auf die Zehen, so daß ihre
Ferse nach hinten hoch empor steht.
Vesalius folgerte daraus das Paradoxon, daß
der Mensch nicht, wie die Alten sagten, den
längsten, sondern vielmehr den kürzesten Fuß
habe. Epist. de rad. Chynae p. 67. 197. 155. –
Doch würde davon gleich der Elephant eine Aus-
nahme machen.
So ward der Tarsus schon von den deutschen Ana-
tomen im XVIIten Jahrhundert genannt. s. Sim.
Paulli in den Act. medic. et philosoph. Hafnien-
sibus Vol. II. p. 44.
Galen's irrige Meinung, daß der Tarsus eben
sowohl aus acht Knochen bestehe als die Hand-
wurzel (Comment. in Hippocr. de fractur. L. II.
p. 467. der Gesnerschen Ausg. v. 1551.) ist zu-
erst von Vesalius widerlegt worden, a. a. O.
S. 109 u. f.
Eigentlich diese – im Umriß vierseitige – Fläche
ward von den alten griechischen Aerzten τετρωρος
genannt, mit welchem Namen man nachher aber
auch das ganze Knöchelbein belegt hat. s. alex.
symmach. mazochii comment. in Herculanensis
musei tabulas Heracleenses. Neap. 1745. sol.
Vol. I. pag. 197.
Eine Verschiebung dieses Knochen von jenen Ge-
lenkkopf res Knöchelbeins und dann auch eine
widernatürliche Kürze und schiefe Richtung des
Halses an diesem letztern, in Verbindung mit
einem ebenfalls fehlerhaften kurzen Fersenbeine, [Seite 457]
sind wohl in den mehresten Fällen die Hauptur-
sache der unter dem Namen des sogenannten
Klump-Fußes bekannten angebohrnen Mißgestal-
tung. – s. jac. van der Haar Bericht om an-
gebooren Horlvoeten der Kinderen te regt te
brengen, in den Verhandel. van Haarlem.
XIX. D. III. St. p. 104 sq. und D. Wantzel in
Arnemann's Magazin für die Wundarzneywissen-
schaft. II. B. S. 282 u. f.
Camper fand die wahrscheinliche Veranlassung
zu dieser Mißstaltung in einer fehlerhaften Lage
der Leibesfrucht, wodurch der zarte Fuß anhaltend
gedruckt und dadurch die freye Ausbildung des
Knöchelbeins behindert worden. s. Dessen letzge-
dachte Schrift S. 48 u. f.
So z.B. in Albin's tab. ossium tab. XXIX.
fig. 6. b. – vergl. damit p. camper epist. ad
anatomicor. principem magnum Albinum. Gro-
ning. 1767. 4. p. 19. – und des letztern anno-
tal. academ. L. VIII. p. 73 sq.
Camper war geneigt, diesen Fall, wo die beyden
Flächen zusammenhängen, besonders bey Frauen-
zimmern zu vermuthen die hohe Absätze tragen,
und bey welchen daher dir Last des Körpers mehr
auf die Zehen fällt. Durch diesen anhaltenden
verstärkten Druck können, wie er glaubt, die
beyden Flächen nach und nach gleichsam zusam-
mengeschoben werden. Bey Kindern habe er sie
immer abgesondert gefunden. Hingegen sind sie
am Gerippe eines Hinkenden in seiner Sammlung
nur am gesunden langen Beine abgesondert, und
nur am kurzen, das immer bloß mit den Zehen
aufgefußt habe, zusammenhängend – s. die ge-
dachte Abhandl. über die beste Form der Schuhe
S. 24 u. f.
So scharfsinnig jene Vermuthung ist, so gewiß
ist es doch von der andern Seite, daß man auch
bey Personen diese beyden Flächen zusammen-
hängend findet, auf welche jene Ursache wohl
schwerlich gewirkt haben kann. Ich selbst habe
bey Untersuchung der vortrefflichen Mumie, die
der König von Dänemark der hiesigen Societät
der Wissenschaft zu dieser Absicht geschenkt, und
die nun im Akademischen Museum befindlich ist,
an den Knöchelbeinen die beyden sonstigen Flächen
zu einer einzigen – völlig wie in Albin's Abbil-
dung – verbunden gefunden.
Bey der Last die dieser Theil des Fersenknochen
beym aufrechten Gange stutzen muß, ist es anffal-
lend, daß man ihn doch zuweilen nebst den andern
Knochen des Tarsus durch Beinfraß zumahl bey
venerischen Personen die doch drauf gingen so
mürbe findet, daß er mit den Fingern zerrieben
werden kann.
Ueber den metatarsus der Pferde und der wieder-
kauenden Thieren mit gespaltnen Klauen siehe oben
S. 418 u. f. N. c)
Daber es ein Fehler ist, daß in Cheselden's und
Albin's großen Tafeln die große Zehe als die
längste abgebildet worden. s. camper sur la meill.
forme des souliers pag. 36 sq.
Zwar ist ein übrigens feiner Kenner körper-
licher Schönheit, Per. Lauremberg hierin andrer
Meinung da er in s. Pasicompse p. 130. sagt: [Seite 474]
In digitis pedum deforme est, si pollex primo
digito fuerit breuior. Oportet enim omnibus
esse longiorem. Aber hier hat er sich durch den
conventionellen Modegeschmack an kleinen Füßen
die durch knappe Schuhe gezwängt worden, irre
leiten lassen Freylich habe ich auch einige im
ganzen bildschöne Füße in meiner Sammlung
an welchen die große Zehe um etwas länger ist
als die nächstanliegende. Allein das ist offenbar
nicht natürliche sondern durch enge Schuhe er-
zwungne Form; so wie vollends an den Gyps-
abgüssen von den winzig kleinen Füßen Schinesi-
scher Frauenzimmer von Stande, die ich der Güte
des Hrn. Baronet Banks verdanke, alle übrigen
vier Zehen durch das gewaltsame Binden von Kin-
desbeinen an ganz verdrückt und unter dem äußern
Fußballen umgeschlagen und wie verwachsen liegen,
so daß bloß die große Zehe (– in deren Form
die dortigen Liebhaber das non plus vltra der
Schönheit setzen –) frey prominirt, und die an-
dern im Stehen gar nicht sichtbar sind.
Hingegen ist an einem sehr schönen Aegypti-
schen Mumien-Fuß den ich vor mir habe, so
wie an den Füßen der höchst seltnen alten
Guanchen-Mumie von Tenerifa, womit ebenfalls
Hr. Banks meine Sammlung bereichert hat, die
große Zehe kürzer als die nächst anstoßende.
Und eben so verhalten sie sich an den wenigen
antiken Füßen die uns von griechischer Kunst
übrig geblieben.
Von andern Verschiedenheiten der Hinterhand der
Affen vom Menschenfuß s. galenus de vsu par-
tium pag. 153.
Ich habe mich in der Schrift de generis hum.
varitate nativa umständlich über dieses Haupt-
unterscheidungszeichen des Menschen von der gan-
zen übrigen thierischen Schöpfung ausgelassen; und
auch im Handbuch der Naturgeschichte den Men-
schen als das ausschließliche animal erectum bi-
manum characterisirt.
Alle bis jetzt bekannte noch so menschenähnliche
Affen, der Orang-Utang, der Schimpanse, der
Gibbon etc. haben durchgehends vier Hände, wie
es ihre Lebensart, ihr Aufenthalt auf von Bäu-
men etc. erfodert, und ihr Körperbau auf den er-
sten Blick zeigt, da die an den Hinterfüßen eben
so wohl einen abstehenden zum greifen eingerichte-
ten Daumen, und hingegen eben so wenig eine
große Zehe haben, als die an den vordern. –
vergl. meine Abbildungen naturhistor. Gegen-
stände tab. 11 und 12. und des sel. Dr. oskamp
Beschryving van den Orang-outang, gelyk
ook van den Gibbon, de twee Aapensorten,
die het meest naar den Mensch gelyken. Am-
sterd. 1803. 4. tab. I und II.
Und daß etwa die große Zehe beym Menschen
bloß durch den Gebrauch der Schuhe etc. ihre an-
liegende Richtung erhalte, wird hoffentlich nie-
manden beyfallen der nur ungebohrne Leibesfrüchte
gesehen hat, oder sich so vieler Völker aller Zeiten
erinnert die nie einen Schuh getragen haben.
Vielmehr ist die angestammte Anlage der großen
Zehe neben der benachbarten, so unabänderlich
fest und bestimmt, daß diese nicht einmahl durch
vieljährige Uebung von Kindesbeinen an, zu den
Bewegungen und Verrichtungen eines Daumen
geschickt gemacht werden kann. – Ich habe eine
Weibsperson gesehen, die so wie die obgedachten
Männer (S. 377. N. d) ohne Arme gebohren war, [Seite 476]
die aber dagegen mit den Fußzehen vielerley kleine
und doch kunstreiche Dinge verrichten konnte,
wie z.B. Federn schneiden, schreiben, spinnen,
nähen u.s.w. Ihre Zehen überhaupt waren, da
sie wenig gieng und keine Schuhe trug, schlank
und den Fingern ähnlicher als sie sonst zu seyn
pflegen. Allein bey alledem, konnten ihre großen
Zehen an beyden Füßen doch um nichts weiter
von den benachbarten entfernt werden als bey
andern Menschen auch, geschweige daß sie etwa
durch die lange Uebung hätten sollen, so wie an
den Hinterhänden der Affen, als Daumen gebraucht
werden können. – Und eben dieß war der Fall
bey der völlig ähnlichen auch a. a. O. erwähnten
Mißgeburt, die vor 200 Jahren zu Hall in Schwa-
ben lebte. Es war dieß ein Mann Namens Th.
Schweicker, der wenigstens gegen 60 Jahr alt
worden, und wegen seiner vorzüglichen Calligra-
phie und kleinen Tischlerarbeit die er mit den
Füßen verfertigte, so berühmt war, daß er oft
von Dichtern seiner Zeit besungen, in Kupfer ge-
stochen worden etc. Auch habe ich eine Schau-
Münze in Thalergröße vor mir, auf welcher er
schreibend vorgestellt ist.
Die Osteogenie der hintern und mittlern Phalanx
s. in albini ic. oss. foetus tab. XII. fig. 104–111.
Der gewöhnlichste Hauptsitz des Podagra, wobey
man dieses hintere Glied der großen Zehe zuweilen
wie in einem Bette von podagrischen Tofus ver-
graben findet. s. z.B. die medical communica-
tions Vol. I. Lond. 1784. 8. Tab. I. fig. 1.
Bey bejahrten robusten und activen Menschen sind
sie weit größer und stärker ausgewurkt als bey
fugendlichen und zärtlichen von sitzender Lebensart.
Bertin behauptet sogar, daß sie zuweilen bey sehr
weichlichen und unthätigen Personen gar sehlen
sollen. Tr. d'osteologie Vol. IV. p. 232.
Doch sind sie überhaupt, wie schon Eustach ange-
merkt hat, (oss. exam. p. 208. vergl. mit seiner
tab. XLVII. fig. 37.) beym Menschen minder
zahlreich als bey den Hunden, manchen Affen le-
bey welchen sie auch weit früher verknöchern. In
Menge habe ich sie an den Vorder- und Hinter-
füßen der Robbe, die zahlreichsten aber auf der
Außenseite der Schaufelpfoten des Maulwurfs
gefunde. s. Institution. physiolog. p. 247. not. q)
der IIten Ausg. –
dav. corn. de courcelles icones musculor.
plantas podis. LB. 1739. 4. tab. III. d. – weit-
brecht tab. XIII. fig. 72.
haller icon. anatomic. Fasc. V. p. 49. not. 35.)
und rosenmüller de singularib. ossium varie-
tatibus pag. 64.
vesalius de c. h. fabr. p. 163. – eustach.
ossium exam. p. 180. – trew de chylosi foe-
tus tab. II. fig. 5. – bertin l. c. p. 222. der
sie für gewöhnlich annimmt.
Auch finden sie sich bey vielen Quadrumanen
und Quadrupeden. So sehe ich sie z.B. in mei-
ner Sammlung an den Gerippen von Simia syl-
vanus und Cercopithecus capucinus und in
ansehnlicher Größe am äußern condylus der
Skelete des Vrsus lotor und der Didelphis
marsupialis.
e. fr. burchard disp. de peculiari osse sesa-
moïde ad os frontale reperto. Rostoch. 1742. 4.
Der Raum von da bis zum vordern Rand des
foram. magui bildet die fossa basilaris deren
verschiedenartige Weite und Tiefe einen der Haupt-
charactere ausmacht von welchen das auszeich-
nende im Totalhabitus der Schädel abhängt.
(s. Th. II. §. 7.)