der Pathologie ordentlichem und der Natur-
geschichte außerordentlichem Professor auf der
Universität zu Leipzig, der Linneischen So-
cietät Präses, und mehrerer gelehrten
Gesellschaften Mitglied
aus Hochachtung und Dankbarkeit
gewidmet.
Der Herausgeber dieser kleinen
Schriften hat die Absicht, das Beste,
was von berühmten Gelehrten über ver-
gleichende Physiologie und Anatomie in
fremden Sprachen herausgegeben wor-
den ist, und noch keinen Uebersetzer ge-
funden hat, zu sammeln, und in einer
Reihe kleiner Bändchen bekannt zu ma-
chen. Er schränkt sich dabei nicht auf
die Litteratur des Inlands ein, sondern
wird auch die ausländische, vornehm-
lich der Engländer, Franzosen und Ita-
liener benutzen.
Das Unternehmen ist gewiß nicht
überflüssig, denn gerade in diesem, ob-
schon so wichtigem und interessantem,
[[A4]] Fache der Naturhistorischen und medizi-
nischen litteratur sind wir so reich nicht,
daß Beiträge hiezu nicht mit Danke an-
zunehmen wären. Läßt sich zumal der
Sammler solcher Beiträge angelegen
seyn, immer nur das Bessere und Vor-
züglichere aufzunehmen, mit diesem das
Seltnere und Neuentdeckte zu verbinden,
und, um desto reichere Ausbeute zu er-
halten, auch manchen Schacht zu besah-
ren, wo er mit Mühe die versteckten
Goldkörner heraus arbeiten muß; kurz,
bietet er alles auf, um die hierüber vor-
handenen einzeln zerstreuten Erfahrun-
gen, Beobachtungen und Thatsachen,
nebst dem was philosophische For-
scher dabei meinten und dachten, davon
muthmaßten und gewiß wußten, in ge-
höriger Menge und Vollständigkeit, wie
in einem Magazine niederzulegen; – so
kann er gewiß auf die Nutzbarkeit seines
Werks, wie auf Dank und Beifall rech-
nen. Denn indem er eine Lücke in der
Litteratur ausfüllen hilft, setzt er zugleich
den künftigen philosophischen. Begründer
einer wissenschaftlichen Physiologie und
[[A5]] Naturphilosophie in den Stand, seine
Meinungen leichter an den Probirstein
der Beobachtung zu halten, und auf
diese Weise nicht etwa Mißpickel für
Gold zu nehmen, und sein System a
priori auf – Luft zu gründen.
So viel von der Absicht des Unter-
nehmens. Ueber die Ausführung kommt
es mir nicht zu zu urtheilen, und ich
überlasse dies Anderen.
Diese Andern aber, welche gegen-
wärtiges Bändchen künftig beurtheilen
werden, darf ich wohl bitten, daß sie
etwas behutsamer sich dabei benehmen,
als der Rezensent meiner Uebersetzung
des Blumenbachischen Werks: ‘„Von
den natürlichen Verschieden-
heiten im Menschengeschlechte“’
in der allgemeinen teutschen Bibliothek,
der mir Uebersetzungsfehler daraus an-
führt, die wahrscheinlich nur er gefun-
den hat, denn ich kann es ihm belegen,
daß er sie in den andern Exemplaren ver-
gebens suchen wird. Doch darüber
[[A6]] nächstens ein Wort im Intelligenzblatt
der Allgem. Jenaischen Litteraturzeitung.
Die Fortsetzung gegenwärtiger
Sammlung wird gewiß folgen, denn
ich fürchte nicht, das es ihr an Unter-
stützung fehlen solle. Ueber das Wenn
und Wo kann ich indeß zur Zeit noch
nichts Gewisses versprechen.
Leipzig, am 20sten May 1800.
Der Herausgeber.
Als ich mich vor einiger Zeit mit dem
Versuche einer vergleichenden Physiologie
der warmblütigen und kaltblütigen Thiere
beschäftigte, fand ich oft Gelegenheit zur
Bewunderung jener sonderbaren Verschie-
denheit, welche auch in Ansehung der Oeko-
nomie der warmblütigen Thiere beyder
Ordnungen (der Qradrupeden und Vögel)
statt findet, und dieses veranlaßte mich
nach der Zeit diesen Unterschied genauer zu
untersuchen. Bey dieser Untersuchung in
einem Felde, auf welchem schon andere be-
rühmte Männer geärntet hatten*), fand ich
[Seite 4] wenigstens eine Nachlese von Bemerkungen,
die für die Physiologie der warmblütigen
Thiere und selbst des menschlichen Körpers
nicht eben unwichtig sind.
So verbreitet immer ein Gegenstand Licht
über den andern.
Eine solche Vergleichung aber mußte
meines Bedünkens zur Erläuterung der
Naturgeschichte der Vögel selbst sehr dienlich
seyn, welche Ordnung von Geschöpfen so son-
derbare und von der Oekonomie der übrigen
Thiere durchaus abweichende physiologische
Erscheinungen darbietet, als kaum irgend
eine in dem ganzen Thierreiche. Vornehm-
lich wurde mir auch dadurch, die schon
sonst von mir geäußerte Meinung, immer
mehr bestätigt, daß alle die emblematischen
Vorstellungen von einer Stetigkeit, oder Lei-
ter, oder Kette der Natur, in dem Sinne näm-
lich wie einige berühmte Männer unsers
Jahrhunderts, die sich in Ausschmückung
solcher Hypothesen recht sehr gefielen, sie
nahmen, so bald man sie ernstlich behandelt,
[Seite 5] und mit der Natur selbst zusammenstellt,
äußerst mangelhaft und voller Lücken seien.
Denn die Vögel sind einestheils in der äußern
Bildung des Körpers, der Feder. Bedeckung
u.s.w. von allen rothblütigen Thieren
himmelweit verschieden, und weichen an-
derntheils in der innern Struktur ihrer
Theile, und deren Verrichtungen so auffal-
lend von dieser ab, daß sie, die Wahrheit
zu gestehen, in Hinsicht auf diese beyden
Punkte eine ganz besondere und fast anoma-
lische Ordnung in der organischen Welt
ausmachen, und sich mithin nur mühsam
und gleichsam mit Gewalt in eine solche Lei-
ter der Natur einkeilen lassen.
Jedoch ich gehe zur Abhandlung selbst
fort. Ich werde hier, wie es am rathsam-
sten ist, nach den vier Klassen der Verrich-
tungen der thierischen Oekonomie gehen, al-
lein von dem Zeugungsgeschäfte anfan-
gen, indem in ihm der größte und Haupt-
unterschied zwischen den Eierlegenden und
lebendig gebärenden Thieren liegt, nachher
zu den Lebens- und natürlichen, und end-
[Seite 6] lich zu den thierischen Verrichtungen über-
gehen. Ich werde demnach im Allgemei-
nen dieselbe Ordnung beybehalten, die der
scharfsinnige Joh. Bohn, ein ehedem sehr
berühmter Arzt zu Leipzig, in seinem vor-
treflichen physiologischen Handbuche befolgt
hat.
Indem ich von dem Zeugungsgeschäfte
der warmblütigen Thiere anfangen will,
bietet sich mir gleich eine Bemerkung dar,
durch welche, wie mich däucht, eine Frage,
der Natur selbst gemäß, beantwortet werden
kann, welche durch die unter den angesehen-
sten Gelehrten über sie geführten Streitig-
keiten neuerlich so berühmt geworden ist.
Es ist bekannt, daß man nach einem
fruchtbaren Beyschlafe bey dem Weibe der
Menschengattung und andern Säugethieren,
[Seite 8] in jedem Eierstocke eine Spalte antrifft; die
bey dem Liebesreize aus dem Reißen einer oder
der andern jener Bläßchen entsteht, welche
uns Graaf für wirkliche Eier gab, und
daß diese kleine Wunde im Verlauf der Zeit
zu einer Narbe wird, die mit einer zierlichen
Hautrinde umgeben ist, und die seit Mal-
pighi's Zeit mit dem Namen des gelben
Körpers bezeichnet wird.
Dieses ist außer allen Zweifel gesetzt, al-
lein neuerlich hat man darüber zu streiten
angefangen, ob jener gelbe Körper (luteum
corpus) nur stets nach einem fruchtbaren Bey-
schlafe entstehe, und also jedesmal der Zeuge
einer ächten Empfängniß sey, oder ob er
auch ohne vorhergegangenen Beyschlaf ent-
stehen, und also auch bey solchen angetrof-
fen werden könne, die noch nie einen Mann
zugelassen haben?
Jede von diesen Meinungen hat ansehn-
liche Vertheidiger und eifrige Bestreiter der
entgegengesetzten gefunden. Für die, wel-
che behauptet, die gelben Körper entstehen
[Seite 9] bloß nach einem fruchtbaren Beyschlafe stritt
hauptsächlich unser Haller
*).
Büffon hergegen behauptete sehr eifrig,
daß man sie auch bey noch nie geschwängert
gewesenen Säugethieren finde**).
Der erste stützte sich auf den gewiß sehr
wichtigen Grund, daß er niemals weder
in irgend einem jungfräulichen Körper,
noch in so vielen noch unbeschwangerten
Thierweibchen, die er geöffnet hatte, Spu-
ren solcher Narben gesehen, da hergegen die
Eierstöcke von Menschen- und andern Säuge-
thier-Weibchen, die schon beschwängert ge-
wesen, sie allemal gehabt hätten.
Büffons, dieser entgegengesetzte Mei-
nung, schien aber auch nicht gänzlich ohne
Gewicht zu seyn, und erhielt dessen durch
die Zeugnisse von drey sehr geschickten Ana-
tomen Italiens nur noch mehr. Valli-
sneri nämlich, Santorini, und Ber-
trandi erzählen von mehreren und sehr
genau beobachteten Eröfnungen jungfräu-
licher Leichname, in denen sie offenbar gelbe
Körper gefunden haben.
Vallisneri
*) schreibt es von einem
ausnehmend schönen zehnjährigen Fräulein,
[Seite 11] die bisweilen hysterischen Zufällen ausge-
setzt war, in dem Nonnenkloster eines
strengen Ordens erzogen werden sollte, und
sich nach heftigen Gemüthsbewegungen ein
schleichendes und endlich tödliches Fieber zu-
gezogen hatte*). Nur im Vorbeygehen fügt
er hinzu, daß dieser gelbe Körper und die
benachbarte Röhre so ausgesehen haben,
wie eben diese Theile bey Thieren aussehen,
wenn sie von einem heftigen Geschlechtstrie-
be erhitzt werden**).
Santorini aber bezeugt in seinen Be-
obachtungen***) und seiner vortreflichen. Ge-
schichte einer aus dem After gezogenen Ge-
[Seite 12] burt*), er habe solche Körper bey sehr vie-
len unverletzten Jungfrauen gesehen.
Und Bertrandi
**) erklärt, er ha-
be bey Mädchen von vierzehn bis zwanzig
Jahren, von denen man theils ihres Lebens-
wandels, theils der Unverletztheit und
Vollheit ihrer Geburtstheile wegen, be-
haupten können, sie seyen als Jungfrauen
gestorben, öfters vollkommene und schwel-
lende gelbe Körper gesehen.
Bey diesen so großen Widersprüchen in
den Meinungen, däucht mich, werde die
vergleichende Physiologie, mit der wir uns
gegenwärtig beschäftigen, den Knoten auf-
lösen.
Denn der Eyerstock und die Rohre der
Vogel verstatten, obwohl sie nur einmal
[Seite 13] vorhanden, oder einfach sind, (d.h. nicht
wie bey den übrigen Thierklassen zur rech-
ten und linken Seite sich ausbreitend), im
Allgemeinen doch eine leichte Vergleichung
mit eben diesen Theilen an den Säuge-
thieren.
Die Dotter sind nämlich, so lange sie
am Eierstocke hängen, beynahe von eben
solchen häutigen Kelchen umgeben, wie die
Graafischen Bläschen von der gemeinsamen
Haut des Eierstockes.
Hat denn der Dotter nachher seine völ-
lige Reife erlangt, so reißt er sich auch auf
eben die Weise von seinem Kelche los, wird
von der Trompete aufgefaßt, und tritt in
den Eiergang, wie höchstwahrscheinlich
auch bey befruchteten Säugethieren der Gal-
lertartige Tropfe des Eierstocks, (nachdem
er, beynahe wie ein reifes Geschwür, seine
Hülle zerrissen hat), von dem faltigen Sau-
me aufgenommen, und in die Muttertrom-
pete fortgetrieben wird.
Und endlich hängt der leere Kelch (calix),
wenn er seine Dotter hat fahren lassen, ver-
[Seite 14] mittelst seines Stiels von dem übrigen Aste
des Eierstocks welk herab, und läßt sich
schon mit dem gelben Körper der Säuge-
thiere vergleichen.
Bekanntlich gehen bisweilen auch alle
diese Veränderungen bey Weibchen von
Vögeln vor, wenn sie auch keinen Mann
zugelassen haben, wo sie die sogenannten
Windeier (ova Zephyria s. subventanea) le-
gen, die den ächten im Ganzen genommen
ähnlich, allein unfruchtbar und zum Be-
brüten ganz untauglich sind.
Nicht minder wahr aber ist ferner, daß
unbelegte (innuptae) Vögel solche Windeier
(hypenemia) durch eine mechanische Rei-
zung der Geburtstheile empfangen (conci-
pere) können, eine Bemerkung, welche der
Vater der vergleichenden Physiologie und
mithin jeder ächtwissentschaftlichen Zoologie,
Aristoteles
*), und im vorigen Jahrhun-
derte der äußerst genaue Beobachter Har-
vey gemacht haben. Dieser letztere behaup-
[Seite 15] tete*), die Vögel seyen bisweilen so wollü-
stig, daß sie sich, so wie man nur ihren
Rücken leicht mit der Hand berühre, gleich
nieder legen, die Oefnung der Gebärmutter
entblößen und aufrichten, und wenn man
diese sanft mit den Fingern streiche, durch
leises Gestöhn und Schlagen mit den Flü-
geln das süße Gefühl des Genusses der Lie-
be zu erkennen geben; ja er habe die Erfah-
rung an der Turteltaube, Amsel und ande-
ren gemacht, daß die Weibchen darauf Eier
empfangen.
Eben derselbe erzählt auch von einem
Papagey, welcher lange der Liebling seiner
Gattin gewesen, daß er oft, wenn diese ge-
sessen, spielend und voll Muthwillen auf
ihren Schooß gekommen, wo er sich sehr
gefreut wenn ihm der Rücken gestrichen
worden, und durch Flügelschlagen und leises
Stöhnen sein innigstes Behagen bezeugt
habe. Nicht lange nach diesen sanften Be-
[Seite 16] rührungen aber sey er erkrankt, und end-
lich unter häufigen Konvulsionen verreckt.
Da er nun den Kadaver geöffnet, habe er
in beynahe vollkommenes Ey in der Ge-
barmutter gefunden, das aber, in Er-
mangelung eines Männchens, verdorben ge-
wesen.
Die Manen jener Jungfrauen mögen mir
verzeihen, wenn ich von den gelben Körpern
in ihren Eierstöcken einen nicht unähnlichen
Ursprung vermuthe, und glaube, daß sie in
dem Mädchenkörper, wie bey den Turteltau-
ben und Amseln, durch die Wirkung eines
Liebesreizes auf die Bläschen des Eier-
stockes entstanden seien, gleichviel ob dieser
Reiz durch die Umarmung eines Mannes
oder durch sonst ein üppiges Kunststück er-
regt worden*).
Alle angeführte Umstände unter denen
die Schriftsteller gelbe Körper bey Unver-
heyratheten beobachtet haben, sprechen sehr
für diesen Argwohn, z.B. das Alter vom
vierzehnten Jahre an, die hysterischen Zu-
fälle von einigen u.s.w. Ob etwas davon
vielleicht auf Rechnung des Klima kommen
müsse, darüber wag' ich nicht zu entscheiden,
und bemerke deshalb bloß, daß alle solche
Fälle, welche bey Schriftstellern vorkommen,
lediglich bey Italienerinnen beobachtet wor-
den sind.
Was aber die Hauptsache ist, um deret-
willen alles bisher gesagte bloß angeführt
worden, man sieht sogleich die Ursache,
warum man nur bey Mädchen und Vögeln,
niemals aber meines Wissens bey einem noch
unbeschwängerten Quadrupede solche gelbe
Körper, oder Kelche, wie man sie bey den
Vögeln nennt, gesehen hat, weil nämlich
bey diesen außer dem wirklichen Beyschlafe
kaum einer jener erwähnten Reize Statt zu
finden pflegt. Und da man nun bei so vie-
len Oefnungen von Säugethieren niemals
an einem noch nicht beschwängert gewesenem
einen gelben Körper bemerkt hat, so ist der
Schluß des großen Haller und seiner Anhän-
ger, daß diese Körper überhaupt vor der
Empfängniß nicht vorhanden seien, sehr
verzeihlich.
Wenn man aber bey den Säugethieren
die Weibchen von einer solchen widernatür-
lichen Geschlechtslust frey sprechen muß, so
kann man im Gegentheile wieder darthun,
daß die Männchen bey den Vögeln nie
durch einen gesetzwidrigen Reiz den Saa-
men hervorlocken, denn das männliche Glied
[Seite 19] ist bey den meisten sehr klein, und bey allen,
so viel ich weiß, außer im Augenblicke der
Paarung, zurückgezogen und so versteckt,
daß gar keine Friktion Statt finden kann.
Unter den Säugethieren aber findet man
welche, die offenbar Onanie treiben. Von
einigen Affen und Pavianen hat man dies
schon verlangst gesagt*), nachher aber hab'
[Seite 20] ich es auch bey Hunden, und einem Bäre
gesehen, den man zu Bern in einer Bären-
grube hielt. Er hatte sein Weib verloren,
und als er nun spürte, daß ein anderes
Paar in dem anstoßenden Theile der Grube
sich begattete, verschafte er dem drücken-
den Zeugungssafte einen gewaltsamen Aus-
gang.
Jedoch ich komme wieder auf die Eier der
Vögel, deren ich schon oben gedachte. Wenn
die Mutter das Ei gelegt hat, wird die Bil-
dung des Jungen durch Sitzen oder andere
Wärme vollendet, bey den Säugethieren her-
gegen in der Gebärmutter schon.
Und diese Bildung der bebrüteten Jungen
selbst unterscheidet sich in mehr als einer
Hinsicht merklich von der, welche man an
den Embrionen lebendig-gebärender Thiere
beobachtet.
Denn die erste Gestalt des bebrüteten
noch sehr zarten Jungen weicht Himmelweit
[Seite 21] von derjenigen ab, die man späterhin bey
fortgesetztem Brüten findet, da hingegen die
zartesten Embrionen der Säugethiere, selbst
wenn sie nur noch wie gelifferte Gallerte,
oder ein Würmchen im Eie (galba) sehen,
doch nicht erst eine solche Metamorphose
ihrer Gestalt zu bestehen haben, wie das
Küchelchen sowohl in Ansehung der ganzen
Beschaffenheit seines Körpers, als auch der
Einrichtung seiner Eingeweide bestehen muß.
Zum Beyspiele hievon mag vor allen
andern die ursprüngliche Gestalt des hüp-
fenden Punktes im bebrüteten Jungen, im
Vergleich mit dem Herzchen des ganz zar-
ten Säugethier-Embrio dienen. Wie
sonderbar und ganz eigen ist nicht die ver-
schlungene Gestalt desselben, bevor es end-
lich nach so mancherley Abwechselungen die
Gestalt eines vollkommenen Herzens erhält.
Haller hat diese wunderbaren Verände-
rungen in jenen klassischen Kommentaren
beschrieben, die er über diesen Theil der Phy-
siologie der Göttingischen Societät der
Wissenschaften, deren Präsident er war,
vorlegte.
Wo ich nicht irre, muß man eben dieser ver-
schlungenen Gestalt des Herzchens in dem noch
zarten Vogel den Ursprung einer gewissen
Mißgeburt (monstrosa fabrica) zuschreiben,
die man bey Vögeln so oft*), bey Säuge-
thieren hergegen meines Wissens noch nie-
mals bemerkt hat, nämlich doppeltes
Herz in dem einfachen, und sonst ganz Na-
turgemäß gebautem Thiere.
Wenn man diese Erscheinung in gehörige
Ueberlegung nimmt, so findet man, daß es
sich weit leichter begreifen läßt, wie die noch
getrennten Theile des künftigen Herzens, die
verbunden werden sollten, durch eine sehr
starke und übermäßige Wirkung des Bil-
dungstriebes zu zwey Herzen haben wer-
den können, als wie nach der Evolutions-
hypothese die Keime zweier Herzchen in den
[Seite 23] Keim eines einfachen Vogels sollten einge-
schlossen gewesen seyn.
Ferner rückt die ganze Bildung der
Theile in den Früchten der Säugethiere weit
schneller vorwärts, und gelangt weit
früher zur Vollendung, als bey dem be-
brüteten Jungen, weshalb ich mich über
den Schluß gewisser gleichzeitiger Aerzte
nicht genug wundern kann, die bey gericht-
lichen Streitigkeiten über die Vitalität einer
menschlichen Geburt, den Streit durch eine
Vergleichung des Termins des bebrüteten
Jungen mit der Zeit der menschlichen
Schwangerschaft schlichten wollten. Zum
Beweise des sehr beträchtlichen Unterschiedes,
der auch in dieser Hinsicht zwischen den Ey-
erlegenden und lebendig gebärenden Thieren
statt findet, mag die Bildung der Rip-
pen dienen. Mir ist kein Beispiel bekannt,
daß irgend jemand vor dem Ende des ach-
ten Tages eine Spur von ihnen in dem
Küchelchen gesehen hätte, denn selbst Hal-
ler bestimmt in seinen zahlreichen Tagebü-
chern über die Bildung des Küchelchens die
hundert zwey und neunzigste Stunde nach
[Seite 24] der Brütung als diejenige, wo man zuerst
die Rippen bemerkt*). Dieser Termin der
Bebrütung aber entspricht, im Vergleich
mit der Schwangerschaft des Weibes, dem
Anfange der sechzehnten Woche, denn
hundert neun und achtzig Stunden der Be-
brütung des Hünereies sind gleich fünfzehn
Wochen der Mutter, welche die Geburt
trägt. Um wie vieles früher aber erblickt
man demnach die Rippen am Oberleibe des
[Seite 25] menschlichen Embrio! Ich selbst bewahre
unter meinem anatomischen Vorrathe Früch-
te auf, die kaum größer als eine Ameise
find und deren Alter die fünfte Woche
nach der Empfängniß gewiß nicht übersteigt,
woran man aber doch die knorpelarti-
gen Anfänge der Rippen sehr nett aus-
gewirkt ganz deutlich erblickt. – (S.
Fig. 1. –)
Daß der Zeitpunkt der Knochenentste-
bung im menschlichen Fötus weit früher als
bey dem bebrüteten Jungen eintrete, hab' ich
schon anderwärts bemerkt*).
Im Betreff der Ernährung des Jungen
im Eie will ich noch die Analogie bemerken,
die der ganz zarte Embrio wenigstens in der
menschlichen Frucht mit ihm zu haben scheint.
Es ist mir völlig ausgemacht, daß das
Nabelbläschen (vesicula umbilicalis)
– (Fig 1.) –; von dessen Allgemeinheit
in frischen und unverletzten abortiven mensch-
lichen Eierchen ich anderwärts gehandelt
[Seite 26] habe*), vielfältige Aehnlichkeit mit der
Dotterhaut (saccus vitellaris), und seine
Nabelgekrößadergefäße (vasa omphalome-
seraica) mit denen zur venösen Gestalt des
bebrüteten Jungen gehörigen, haben: und
wahrscheinlich trägt dieses Bläschen eben-
falls zur ersten Ernährung des gallertarti-
gen Embrio bey, bevor er so groß geworden,
daß schon das Blut der Mutter zu seiner
Ernährung dienen kann.
Die Zeit, wie lange das Junge im
Eye bleibt, scheint, im Vergleich mit der,
wie lange ein Säugethier trägt, veränder-
licher, und weit weniger auf einen bestimm-
ten Termin eingeschränkt zu seyn. Denn
bey Hünereiern ist sie, zumal wenn sie
nicht durch thierische Wärme, sondern durch
sonst ein anderes Kunstmittel ausgebrütet
werden, unbestimmt zwischen dem achtzehnten
und vier und zwanzigsten Tage, je nachdem
sie nämlich anhaltendere oder weniger anhal-
tende Wärme gehabt haben.
Endlich muß auch dieses Unterschiedes
zwischen dem bebrüteten Jungen und dem
Fötus der Säugethiere, oder wenigstens
dem menschlichen gedacht werden, daß jenes,
wenn es völlig reif und ausgewachsen ist,
die Schaale, worin es bis dahin ver-
schlössen gewesen, selbst durchbrechen
und sich einen Ausgang verschaffen kann; da
der reife menschliche Fötus hergegen nicht das
Mindeste dazu beytragen zu können scheint,
sich aus dem Gefängniß der Gebärmutter
herauszuwinden.
Ich komme aber nun auf die andere Klasse
der Verrichtungen in der thierischen Oekono-
mie zu denen des Lebens.
Um von der vornehmsten derselben, dem
Blutumlaufe nämlich, anzufangen, so bie-
tet sich uns gleich ein sehr merkwürdiger Un-
terschied zwischen den Vögeln und Säuge-
thieren dar in Ansehung des kleinen
Blutumlaufs, der nämlich zwischen
Herz und Lungen statt findet.
Denn abgerechnet, daß die Lungen der
Vögel verhältnißmäßig klein, und an die
Brustwirbelbeine Rippen und Zwischen-
rippenmuskeln befestigt sind, zeichnen sich
dieselben (wie der große Harvey zuerst be-
merkte) hauptsächlich auch dadurch aus,
daß Oefnungen aus ihnen in die mancherley
Luftbehälter gehen, und sie mithin nicht wie
die Lungen der Säugethiere durch das Athem-
[Seite 29] holen so sehr aufgeblasen werden, und da-
durch dem aus dem rechten Herze kommen-
den Blute Bahn machen können, woraus
sich denn schon a priori schließen läßt, daß
sich die Natur hier eines andern Mechanis-
mus bedient habe, um jenen kleinen Blut-
umlauf gehörig zu Stande zu bringen.
In der That muß man sich aber wundern,
daß, da man sich in neueren Zeiten mit Un-
tersuchung der Luftbehälter in den Vögeln
so viel beschäftigt hat, doch keiner, wenigstens
meines Wissens nicht, diesen Knoten nur be-
rührt, geschweige aufgelöst hat.
Diesen besondern Mechanismus aber
glaube ich in einer eigenen Einrichtung des
rechten Herzens gefunden zu haben, worin
sich, so viel ich weiß, die ganze Klasse der
Vögel so von den Säugethieren unterscheidet,
daß sie statt der dreispitzigen, den mützen-
förmigen des linken Herzes ähnlichen Klap-
pen, mit einer merkwürdigen, zwar einfa-
chen aber sehr großen und starken flei-
schernen Klappe versehen ist. Diese
war freilich den Physiologen, vornehmlich
[Seite 30] des vorigen Jahrhunderts nicht unbekannt*),
allein von allen weiß ich nicht einen, der
über den Zweck und Nutzen dieser besondern
Einrichtung eine genauere und gründlichere
Untersuchung angestellt hätte.
Die Einrichtung dieser Klappe habe ich
zwar im Allgemeinen an den Herzen aller
Vögel, so viel ich deren deshalb secirt habe,
sich ähnlich gefunden, ich will sie aber doch
nach dem Kadaver eines Fischreihers (ar-
ctea cinerea) beschreiben, den ich vor Au-
gen habe. (S. Fig. 2.) Wenn man die
äußerste Wand, vornehmlich von dem un-
tern Theile, in wiefern er nämlich nach der
Spitze der rechten Herzkammer hinsieht, er-
öfnet, daß man die Holung der Herzkam-
mer erblickt (– d. e. –), so bekommt man
sogleich einen Muskel zu Gesicht (– a. b.
c. –) der so auf dem linken und obern Win-
kel der Kammer liegt, daß sein auf der
Scheidewand beider Herzen aufliegender
[Seite 31] Seitenrand (– b. c. –) von der Rechten
zur Linken schief herabzulaufen scheint. Der
ganze Muskel hat beinahe die Gestalt eines
Triangels, dessen fleischige und starke Basis
und Kathete aus dem Fleische der Herzkam-
mer selbst in der Nähe des sehnigten Ringes
erwachsen, die Hypothenuse aber, welche
ein dünnerer Rand des Muskels ist, sich mit-
ten durch die Holung der Kammer in diago-
naler Richtung hinzieht.
Diesen Rand selbst aber sieht man, wenn
man bey der Section also zu Werke geht,
so dicht und genau auf der Scheidewand der
Herzkammern aufliegen, daß daraus auf
den ersten Anblick schon erhellt, auf welche
Weiße er zwar dem aus dem rechten Herz-
ohre in die Kammer derselben Seite eindrin-
genden venösen Blutstrome folgsam nach-
giebt; bey dem folgenden Zusammenziehen
der Kammer aber von dem eben jetzt in der
rechten Herzkammer enthaltenen Blute
schwellend so vollkommen an die benannte
Scheidewand angedrängt wird, daß es auf kei-
ne Weise wieder in das Ohr strömen kann,
[Seite 32] sondern nothwendig weiter in die Lungen
fortgetrieben werden muß.
Die Natur ersetzt also auf diese Weise
bey den Vögeln durch eine stärkere muskulöse
Klappe des rechten Herzens, was sie den
Lungen selbst – weil diese überall Oefnun-
gen haben, und deshalb nicht, wie bey den
Säugethieren durch Einathmen hinlänglich
aufgeblasen werden können – versagt zu ha-
ben schien.
Diese Vorsicht der Natur wird noch
sichtbarer, wenn matt diese rechte Herz-
kammer der Vögel mit der linken vergleicht,
welche blos mit dünnen, schlaffen und nur
häutigen (den mützenförmigen ähnlichen)
Klappen versehen und überhaupt wie in
dieser so auch in der übrigen Einrichtung
dem linken Herze der Säugethiere ähnlich
ist. Denn da das aus den Lungen zurück-
kehrende Blut weiter keine Schwierigkeit ei-
nes Umlaufs dieser Art zu überwinden hat,
so bedurfte die Natur auch keiner andern Vor-
kehrung, als deren sie sich auch bey den
Säugethieren zur Beförderung des gro-
ßen Blutumlaufs bedient.
In eben dieser vielfachen Adhäsion der
Lungen bey den Vögeln, und dem geringen
Volumen, welches sie durch das Athemho-
len erhalten, liegt meines Bedünkens auch
die Ursache, warum ihr Gehirn bey dem be-
rühmten Schlichtingischen Versuche
sich nicht so nach dem Rhythmus des Athem-
holens senkt und wieder hebt, wie ich bey
der Vivisektion der mehresten Säugethiere,
und einmal auch bey einem gewissen Men-
schen, der durch einen Zufall den obern
Theil der Hirnschaale verloren hatte, selbst
gesehen habe.
Was aber die Luftbhälter der Vö-
gel selbst anbelangt, wegen welcher die Na-
tur den besondern eben angeführten Bau
des Herzens angeordnet hat, und wovon
sich bey den Säugethieren durchaus nichts
Aehnliches findet, so will ich dem, was
andere berühmte Männer hierüber schon
geschrieben haben, nur einige Bemerkungen
beyfügen.
Unter allen Behältern dieser Art schei-
nen die häutigen Zellen im Unterleibe den
ersten Rang zu behaupten, weil sie außer dem
[Seite 34] gewöhnlichen Nutzen der übrigen Behälter
vornehmlich auch den Mangel einer Unter-
leibspresse bey den Vögeln zu ersetzen, und
ihnen zu den Anstrengungen bey der
Aussonderung des Darmkoths, und
den Weibchen zu dem Drucke beym Eier-
legen ertheilt zu sein scheinen. Oefters
hab' ich auch bey Vögeln, vorzüglich Sang-
vögeln (ex passerum ordine) bemerkt, daß
ihr Unterleib, wenn sie den Unrath aus-
werfen, nicht einwärts getrieben wird, son-
dern vielmehr aufschwillt, zum Beweise daß
ihre häutigen Zellen im Unterleibe dann von
eingesogener Luft aufgeblasen, die benach-
barten Gedärme, die nicht ausweichen kön-
nen dadurch gedrückt werden, und der Mast-
darm gleichsam ausgemelkt wird, eine Beob-
achtung, die ich nachher durch einen Versuch
bestätigt fand, den an ich dem Kadaver eines
Papageyen (psittacus amazonicus) anstellte,
welchen ich eine Zeit lang lebendig ernährt
hatte. So wie ich Luft in seine Luströhre
geblasen hatte, sah ich deutlich, wie die
durch die Luft anschwellenden häutigen Zel-
[Seite 35] len des Unterleibes die neben ihnen liegenden
Gedärme empor heben, und besonders den
Mastdarm offenbar vorwärts stoßen.
Was ich ehedem von dem Schafte der
Schwung- und Flaumfedern erinnerte*),
daß sie nämlich ebenfalls zu den Luftbehäl-
tern gehören, das schien vor andern die
Beobachtung eines Gimpels (loxia pyrr-
hula) zu lehren, den ich mit struppigen em-
porstrebenden Federn sahe, so oft er auf-
geblasen wurde, und dessen Federn sich je-
derzeit wieder legten sobald die Luft heraus
gelassen wurde.
Von den Kinnladen der Vögel mit leich-
[Seite 36] tem Schnabel*), (levirostres) die ich eben-
falls zu diesem Behältern gerechnet habe,
werde ich weiter unten einiges zu erinnern
eine schickliche Gelegenheit haben.
Wie in den Werkzeugen des Athmens,
von denen wir bisher gesprochen haben, so
unterscheiden sich die Eyerlegenden und le-
bendig gebärenden Thiere mit warmem Blu-
te auch in den Stimmwerkzeugen gar sehr von
einander.
Denn bey allen Vögeln sind meines Wis-
sens die Theile des Kehlkopfs (larynx)
nicht wie bey den Säugethieren verbunden,
sondern in der Maaße gesondert, daß die
Kehle (glottis) (des Kehldeckels, epiglottis,
[Seite 37] beraubt) den obern Theil der Luftröhre
oder der Zungenwurzel, das Uebrige des
Kehlkopfes aber und vorzüglich seiner Höle
(ventriculus), und die Membranen, welche
statt der wirklichen Stimmenbänder (liga-
menta vocalia) vorhanden sind, den untersten
Theil einnehmen, wo die Luftröhrenäste be-
findlich sind (pars bronchialis).
Außer dem ist aber auch dieses noch sehr
merkwürdig, daß bey vielen Männchen un-
ter den Vögeln die Stimmwerkzeuge von
denen der Weibchen derselben Gattung so
äußerst verschieden sind. Denn ob man
gleich bei den Säugethieren auch einen sol-
chen Sexualunterschied bemerkt, wie z.B.
selbst bei dem Menschengeschlechte der Kehl-
kopf des Mannes gesamt dem Zungenbeine
(os hyoideum) weiter ist als der des Wei-
bes, so beschränkt sich doch, so viel mir
bekannt ist, der ganze Unterschied von die-
ser Art bei ihnen ganz auf die Propor-
tion der Theile, da bei den Vögeln herge-
gen bisweilen eine ganz verschiedene Einrich-
tung vorkommt. So kommt z.B. jene be-
[Seite 38] sondere knöcherne Kapsel (bulla), zu wel-
cher bekanntlich die Luftröhre der mehresten
Vögel aus der Ordnung der Wasservögel
(anseres) in ihrem äußersten Luftröhrenaste
aufgeblasen ist, wie sich aus des berühm-
ten Bloch's genauerer Untersuchung er-
giebt*), nur den Männchen zu, wodurch
Hildan's Meinung ungemein bestätigt
wird, der vor fast zweihundert Jahren
schon schrieb, daß diese Kapsel nicht, wie
einige glaubten, zu einem längeren Unter-
tauchen, sondern zu einer stärkeren Stimme
diene**).
Aber die Luftröhre scheint auch bei eini-
gen Männchen unter den Vögeln anders
[Seite 39] herabzulaufen, als bei den Weibchen. We-
nigstens scheint, wenn eine Muthmaßung
hier nicht unstatthaft ist, jener Unterschied,
den man verschiedenen Nachrichten zu Fol-
ge im Skelett des Schwans antrifft, daß
nämlich die Luftröhre bei einigen, fast wie
bei dem Kranich, in die Holung des Brust-
beins einlaufe, bei andern aber nicht, die-
ser Unterschied, sag' ich, scheint, wenn uns
nicht alles trügt, auf eine ähnliche Sexual-
verschiedenheit hinzuweißen.
Jetzt wenige Worte über die natürli-
chen Verrichtungen.
Hier bietet sich uns gleich jene ausge-
zeichnete Verschiedenheit zwischen den Vö-
geln und Säugethieren in denen zur Ein-
nahme der Nahrungsmittel erforderlichen
Organen dar, daß die ganze Klasse von je-
nen gar keine Zähne hat, da unter diesen
hergehen nur wenige völlig zahnlose Ge-
schlechter, die Wallfische nämlich, Ameisen-
fresser (myrmecophaga) und Schuppen-
thier (manis) gefunden werden. Einige
Vögel, vorzüglich Wasservögel, haben
zwar an den Kinnladen ausgezackte Rän-
der (serrati), allein diese Einschnitte kön-
nen durchaus nicht für Zähne gehalten wer-
den, da sie nicht einmal bis zu den knöcher-
nen Maxillen selbst gehen, sondern bloß
[Seite 41] der hörnernen Oberhaut des Schnabels und
dem unterliegenden Felle (corium) einge-
graben sind. Dasselbe gilt auch von den
(sonst sehr harten) stachlichten Spitzen am
Gaumen der Wasservögel.
Dagegen haben aber die Vögel einen an-
dern Vorzug, der, so viel ich weiß, auch
nicht einem einzigen Säugethiere zu Theil
geworden ist, nämlich die biegsame und
mehr oder weniger gefügige Beweglichkeit
der obern Kinnlade, welche den Schädeln
aller Vögel, so viele ich ihrer gesehen habe,
gemein ist*).
Diejenigen Vögel, welche sich von Saa-
[Seite 42] menkörnern nähren, sind, daß ich mich so
ausdrücke, mit einem dreifachen Magen
versehen worden, den man einigermaßen
mit dem vierfachen Magen der zweihufigen
wiederkäuenden Säugethiere vergleichen
kann. Denn der Kropf (ingluvies) der
Vögel scheint dem ersten (rumen Pansen)
und zweiten Magen (reticulum, Haube)
der wiederkäuenden Thiere, der drüsige
Schlauch*) von jenen dem dritten Magen
(echinus, Blättermagen, Buch) von die-
sen, und endlich der sogenannte Magen
von jenen dem vierten Magen von diesen
(abomasus, Laab, Fettmagen) zu entsprechen.
Daß die Vögel das Geschäft (actio)
dieses Magens sich erleichtern, indem sie
zu diesem Behufe Steinchen und andere
harte Körper verschlucken, ist eine so allge-
[Seite 43] mein bekannte Sache, daß man sich wahr-
haftig nicht genug wundern kann, wie in
unsern Zeiten ein Spallanzani den Irr-
thum eines ehrlichen gelehrten Töpfers
Bern. Palissy, welcher behauptete, daß
die Vögel sie nicht absichtlich, sondern aus
Unvorsichtigkeit und Dummheit verschlän-
gen, auf guten Glauben nachbeten konnte.
Es verdrüßt mich beinahe zur Widerlegung
eines so paradoxen Irrthums die gemein-
sten Beobachtungen anzuführen, daß die
Vögel z.B. die Sandsteinchen, welche sie
aussuchen, mit der Zunge prüfen, und sie,
wenn sie nichts Rauhes daran spüren,
wieder wegwerfen; und daß die Hüner,
wenn sie ihres verschlossenen Aufenthalts
halber, dieses mechanischen Verdauungs-
mittels entbehren, alles Ueberflusses von
Speisevorrath unerachtet, doch mager und
fast dürrsichtig (atrophicae) werden. Aus
diesem Grunde nimmt man auch, wenig-
stens auf englischen Schiffen, die nach In-
dien gehen, nicht allein einen Vorrath von
Gerste, sondern auch von solchen Sand-
steinchen mit, und bringt an den Hüner-
[Seite 44] ställen eine dopelte Krippe an, wo in die
eine Steinchen, und in die andere die Speise
kommt, weil beides zur gehörigen Fütte-
rung dieser Vögel gleich nothwendig ist.
Und so ist es auch allbekannt, daß die
Tauben ihren noch nicht flüggen Jungen
schon fleißig Sand zutragen, bevor diese
sich dies nothwendige Hülfsmittel zum Zer-
malmen*) selbst verschaffen können.
Von den Fleischfressenden (Raub-) Vö-
geln haben manche eine Eigenheit, von der
ich bei den Säugethieren nichts Aehnliches
weiß; das Vermögen nämlich, alles Un-
verdaute, hauptsächlich Knochen und Haut,
durch ein natürliches Erbrechen wieder von
sich zu geben, (die Gemölle werfen), wie
[Seite 45] man bei den Falken, Eulen u.a. aber auch
bei dem Eisvogel sehen kann, der die Fisch-
gräten gleichsam zu einem Balle zusammen-
gerollt von sich bricht.
Nun kommen wir noch auf einige thie-
rische Verrichtungen, in denen die
Vögel von den Säugethieren unterschieden
sind.
Die ursprüngliche Quelle aller dieser
Verrichtungen, und gleichsam der Leiter
derselben, das Gehirn, ist bekannter Ma-
ßen bei den Vögeln, hauptsächlich im Be-
treff der einzelnen Theile, ganz anders ein-
gerichtet, als bei den Säugethieren, allein
ich lasse diese Unterschiede hier unberührt,
weil sie bis jetzt nicht auf die Physiologie
einfließen, indem man über den Nutzen und
die Verrichtungen der meisten dieser Theile
wenig oder gar nichts Gewisses ausgemit-
telt hat.
Es wird daher nützlicher sein eine Ver-
gleichung der Sinnenwerkzeuge von den bei-
[Seite 47] den Thierklassen, mit denen wir uns jetzt
beschäftigen, anzustellen, und ich will den
Anfang mit dem Werkzeuge des Tastens
(tactus, Gefühl im engsten Sinne) machen,
welches von der übrigen Empfindung (sen-
satio), die allen Nerventheilen zukommt,
so unterschieden ist, daß kaum eine andere
Eigenthümlichkeit, als diese, aufzufinden
ist, die allen und jeden lebendigen Thieren
so gemeinsam wäre, da das Tasten her-
gegen, oder das eigentlich soge-
nannte Gefühl nur sehr wenigen Thier-
gattungen ertheilt worden zu seyn scheint.
Denn was die Säugethiere anbelangt,
so bin ich überzeugt, daß außer dem Men-
schen nur einige Gattungen aus der Ord-
nung der Affen, Pavianen, Meerkatzen und
Faulthiere mit dem Sinne des Tastens ver-
sehen sind. Denn diesen mochte ich mit
einigen berühmten Physiologen unsers Zeit-
alters diesen Sinn nicht absprechen, weil
ich mehrere Gattungen Affen secirt, weit
mehrere aber noch lebendig beobachtet, und
in den Handflächen, vornemlich aber in den
[Seite 48] Fingerspitzen derselben die Spirallinien der
Hautwärzchen deutlich erblickt habe.
Außer dieser Ordnung der Affen aber
möchte ich kaum einem andern Säugethiere
das Tasten zuschreiben, denn selbst bei den
lebendigen Elephanten, die ich gesehen, ha-
be ich keine Verrichtung ihrer Rüssel bemer-
ken können, die man für ein wahres Tasten
nehmen dürfte.
Buffons Meinung aber, baß vielen
Säugethieren, vornehmlich solchen, die
mit Hufen (solidungula) und gespaltenen
Klauen (bisulca) versehen sind, die Zunge
nicht allein zum Geschmack, sondern auch
zum Tastungsorgane verliehen sei, scheint
mir weit weniger unwahrscheinlich.
Wie nur wenigen Säugethieren, so
möcht' ich aber auch nur einigen Geschlech-
tern von Vögeln eigentliches Tasten zuschrei-
ben. Vornehmlich den Wasservögeln, bei
denen mir aber das Tastungsorgan nicht
in den Füßen, sondern einzig in der
[Seite 49]
Wachshaut des Schnabels (coria-
cea rostri integumento) befindlich zu seyn
scheint.
Ich habe bei der Gans und unserer
Hausente, die drei Aeste des fünften Ner-
venpaares genauer untersucht, und gese-
hen, daß sie größtentheils jener Wachs-
haut als häutige Aestchen zu Theil gewor-
den sind. Es schien mir deshalb der Mü-
he werth, von jener zierlichen Vertheilung
derselben, wie man sie bei der Ente (anas
Boschas) findet, eine nach der Natur ver-
fertigte Abbildung zu liefern*).
(S. Figur 3.)
Oft aber hab' ich auch die Erfahrung
an lebendigen Vögeln dieser Gattung ge-
macht, wie äußerst empfindbar dieses so
Nervenreiche Intugement ihres Schnabels
[Seite 50] sei; und ohne viele Mühe konnt' ich bemer-
ken, daß, wenn sie in einem trüben Teiche
oder Sumpfe Nahrungsmittel suchen, sie
die Dinge, auf welche sie mit dem Schna-
bel stoßen, auf eine ähnliche Weise mit
demselben untersuchen, wie wir uns des
Fingers bedienen, um einen Gegenstand
durch Tasten zu erkennen.
Im Geschmacksorgane herrscht
unter den verschiedenen Gattungen der Vö-
gel eine weit größere Verschiedenheit, als
unter den Säugethieren. Denn von den
letzteren ist mir auch nicht ein einziges be-
kannt, das nicht mit einer fleischigten und
mehr oder minder weichen Zunge versehen
wäre, und dem man nicht wirklichen Ge-
schmacksinn zuschreiben müßte. Wie viel-
fach hergegen ist die Verschiedenheit der Vö-
gelzungen! Viele derselben haben eine so
feste und wahrhaft hörnerne Textur, daß
es mir fast unwahrscheinlich ist, daß sie für
die Reize des Geschmacks empfänglich seyn
sollten.
Die Zunge des Pfefferfraßes
[Seite 51]
(Rhamphastus) mag zum Beispiele dienen,
welche ich jedoch nicht mit Buffon eine,
durch Irrthum der Natur übel angebrach-
te, ächte Feder nennen möchte, die zu bei-
den Seiten dicht mit Fasern, denen der Fe-
dern vollkommen ähnlich, besetzt sei, und
was solcher übertriebenen Redensarten
mehr sind, deren sich der sonst sehr ver-
diente Verfasser in der Geschichte des Pfef-
ferfraßes bloß darum bedient, um die schaf-
fende Natur eines Irrthums und einer Ver-
nachlässigung zu zeihen*).
Die hörnerne Zunge dieser Vögel in
dem Tukan (Rhamphastus Tucanus),
den ich secirt habe, über vier Zolle lang,
bei der Basis aber, wo die größte Breite
ist, kaum anderthalbe Linie breit.
Ihre Ränder laufen zwar vorn in Fä-
den aus, allein diese haben mit der bekann-
ten Textur der Bärte (cirrhi) an den Fe-
dern nicht die allermindeste Aehnlichkeit,
sondern müssen vielmehr mit den Fäden ver-
glichen werden, womit die Barden (lami-
nae gingivales)des Wallfisches an der
Seite besetzt sind. Die Basis des Zungen-
beins aber, an welche diese Zunge befestigt
ist, läuft in eine zarte knöcherne Gräte von
[Seite 53] der Länge eines Zolles aus, die mit der
Zunge selbst fest zusammenhängt.
Im Ganzen genommen findet man also
die Zunge dieser Vögel den Zungen vieler
andern Vögel ziemlich ähnlich, sobald man
nur außer einigen minder wichtigen Mo-
menten davon absieht, daß dieser hörnerne
Ueberzug bei dem Pfefferfraße bis zur Zun-
genwurzel fortläuft, da er bei andern her-
gegen nur die Spitze der Zunge bekleidet.
Diesen vermeinten Mangel aber scheint
die Natur durch einen weicheren und sehr
empfindbaren Gaumen ersetzt zu
haben, von welchem, wie ich beim Anatomi-
ren eines solchen Vogels gesehen habe, sehr
starke, aus dem ersten Aste des fünften Paa-
res entspringende, Nerven auslaufen. (S.
Fig. 4.)
Die übrige Struktur des innern Schna-
bels dieses berühmten Vogels habe ich in
einer Abbildung dargestellt, aus welcher
man deutlich ersieht, daß er Theile von drei-
facher Art enthält, an der Basis nämlich
[Seite 54] gewundene Geruchsbläschen (– b. c. d.
–) in deren oberste der erste Nerve von
hinten einläuft (– a. b. –). Das mitt-
lere Segment des Schnabels enthält eine
besondere Holung, die man gewissermaßen
mit Highmor's Höle vergleichen kann
(– e. f. g. –) der vordere zellichte Theil
endlich (– e. f. g. i. –) ist mit sehr zar-
ten hörnernen Scheidewänden unterwebt,
welche Textur man auch, aber knöchern,
fast eben so in den Schnäbeln der Papa-
geyen, hauptsächlich des Cacadu (psit-
tacus cristatus) erblickt. Und so möchte
ich diese Kinnbackenzellen der leichtgeschnä-
belten Vögel ebenfalls lieber zu den Luft-
behältern, als zu den Geruchsorganen rech-
nen, wohin Mons die Schnabelkap-
sel des Nashornvogels (buceros) rech-
nete*).
In Ansehung der Einrichtung der Ge-
ruchsorgane und der Schärfe des Ge-
[Seite 55] ruches sind die Vögel im Ganzen genom-
men eben so verschieden von einander, als
die Säugethiere, denn bei einigen, z.B.
dem Pfefferfraße, ist der erste Nerve sehr
zart, bei andern hergegen sehr dick, wie
bei der Gans u.a.m. einige haben einen
ausnehmend scharfen Geruch, wie die Ra-
ben, andere einen nur schwachen, wie die
Hüner.
Das Ohr der Vögel weicht von den
Säugethieren ihrem außerordentlich ab.
Denn vors Erste haben sie sämmtlich gleich
den äußern Knorpel nicht, der (wenige
Ordnungen ausgenommen, die mit
Schwimmfüßen versehenen, die Wasser-
säugethiere, der Maulwurf und einige an-
dere) den mehresten Säugethieren nicht
mangelt. Diesen Mangel aber ersetzt bei
ihnen eine sehr zierliche Anordnung der Fe-
dern um den Gehörgang, (der vorzüglich
bei den Eulen sehr sichtbar ist,) welche, da
sie wie Strahlen divergiren, zur Aufnahme
des Tons sehr passend geordnet sind.
Andere Besonderheiten des Ohres der
[Seite 56] Vögel, als das nach außen gewölbte Trom-
melfell, der einzige Gehörknochen, der knö-
cherne, einem Fingerhute ähnliche Kegel
statt der Schnecke der Säugethiere, sind zu
bekannt, als uns lange bei ihnen zu ver-
weilen. Dieses einzige will ich hier nur be-
merken, daß ich neulich wider alles Erwar-
ten bei dem Leguan (lacerta iguana) auch
nur einen einzigen, dem der Vögel vollkom-
men ähnlichen, Gehörknochen gefunden ha-
be, ein knorpelichtes Stäbchen (bacillus)
nämlich (wie Haller
*) diesen Theil des
Gehörknochens nennt) eine knöcherne Säule
(columella) u.s.w.
Die Augen der Vögel endlich haben
nicht nur Theile, welche an den Gesichts-
organen der Säugethiere gänzlich mangeln,
z.B. den knöchernen Ring der harten Haut
(sclerotica), den Fächer (pecten plicatum)
der gläsernen Feuchtigkeit (humor vitreus)
u.s.w., sondern unterscheiden sich auch
in der Struktur einiger andrer, beiden
Thierklassen sonst gemeinsamen, Theile, so
[Seite 57] offenbar und auszeichnend, daß eine Auf-
stellung derselben über ihre bisher strei-
tige Einrichtung in den Säugethieren
ein nicht unbeträchtliches Licht verbreiten
zu können scheint. So habe ich z.B. in
dem Auge des Uhu (stryx bubo) ganz deut-
lich unterscheiden können, daß die Iris
bei seiner Gattung ganz Membran und
von der schwarzen Haut (choroidea) sehr
unterschieden ist. So erinnere ich mich
auch nicht, bei einem andern Thiere die
Grenzen der Netzhaut (retina) so mit den
Augen haben verfolgen zu können, als bei
der benannten Gattung des Pfefferfraßes,
wo ich diese dicke und sehr weiße markige
Membran neben dem äußern Umfange des
sehr schwarzen strahlichten Körpers (corpus
ciliare) von einem sehr zierlichen etwas
schwellenden Rande begrenzt erblickte, wor-
aus man sieht, daß von der streitigen Haut,
die nach der Behauptung berühmter Männer
von der Netzhaut auslaufen, und bis zum
Glaskörper gehen soll, offenbar in diesen
Augen auch nicht ein Schatten anzutreffen
seyn kann.
Ein menschlicher Embrio von vier oder
fünf Wochen nach der Empfängniß, in wel-
chem man das in diesem Exemplar sehr klei-
ne Nabelbläschen, und die knorpelartigen
Anfänge der Rippen erblickt.
Das Herz eines Fischreihers, des-
sen rechte Kammer so geöffnet ist, daß das
größere Stück der äußern Wand aufwärts,
die zwei kleineren niederwärts gebogen sind.
a. b. c. die muskulöse Klappe, welche
die Vögel statt der dreispitzigen der Säu-
gethiere haben. a. b. und a. c. sind die
dickern Theile derselben, in denen es von
dem Fleisch des Herzens seinen Ursprung
nimmt. b. c. aber ist der dünnere Rand
derselben, der sich beim Zusammenziehen
der Herzbeutel an die kahle, der Zitzenförmi-
[Seite 59] gen Muskeln beraubte, Scheidewand des
Herzens d. e. anlegt.
f. g. die Borste, welche unter der
Klappe selbst in die Höle des rechten Ohres
geht.
h. i. die Spitze der in die Lungenpuls-
aber eingesteckten Röhre.
Kopf der Ente mit den Nerven des
Schnabels, die aus den drei Aesten des
fünften Paares ihren Ursprung nehmen,
und wie es scheint vorzüglich zum Tasten
dienen.
h. i. Der Nerv dieses Astes, welcher
dem Unterkiefer eigenthümlich ist.
k. Der abgeschnittene Hautnerve des
ersten Astes, der nach den Seiten der Nas-
löcher vertheilt ist.
Innere Gestalt der Hirnschaale und des
[Seite 60] obern Schnabels eines Pfefferfraßes,
in der Mitte vertikal durchschnitten.
a. b. Der Nerv des ersten Paares, der
in die Geruchskapsel b. c. d. ausläuft.
e. f. g. Die leere Holung, durch eine
sehr dünne häutige Scheidewand h. ge-
theilt.
e. f. g. i. der mit hörnernen Zellen
durchwebte Schnabel.
Die Nerven, welche außer diesem des
ersten Paares a. b. durch die Basis des
Schnabels herablaufen, gehören zum fünf-
ten Paare, und sind größtentheils in den
zarten Gaumen verflochten.
Da die zwei Hauptstücke der Physiologie,
von der thierischen Wärme, und
der Reproduktion, über welche seit
mehreren Jahren so genaue Untersuchungen
angestellt worden sind, zu den Hauptunter-
schieden zwischen den kalt- und warmblü-
tigen Thieren gehören, indem die kaltblü-
tigen sich durch eine starke und wunderbare
Reproduktionskraft auszeichnen; jene ur-
sprüngliche Wärme aber gegentheils den
Thieren der andern Klasse eigenthümlich ist;
so hoffte ich über diese Untersuchungen eini-
ges Licht verbreiten, und mit einem Male
zwei Gegenstände beleuchten zu können,
wenn ich im Allgemeinen eine physiologische
Vergleichung zwischen den kalt- und warm-
blütigen Thieren anstellte, vornehmlich die
[Seite 64] Oekonomie der erstern ausmittelte, und die
beträchtlicheren Abweichungen in der Oeko-
nomie der warmblütigen Thiele von dieser
bemerkte, ein Unternehmen, welches außer
jenem Hauptzwecke noch auf manche andre
Art von Nutzen zu seyn schien.
Denn einerseits erhält man durch eine
solche Vergleichung neue Ansichten über die
Naturgegenstände von verschiedener Art,
über ihre Verhältnisse, die Verwandschaf-
ten derselben mit einander u.s.w., anderer
seits aber wird man durch eine sorgfälti-
gere Untersuchung des Unterschieds zwischen
der thierischen Oekonomie der verschiedenen
Klassen, genauer bestimmen können, inwie-
fern man von denen an kaltblütigen Thie-
ren angestellten Versuchen auf die Physio-
logie des menschlichen Körpers schließen
könne, wobei einige berühmte Männer der
neueren Zeit, hauptsächlich in Ansehung der
Bewegung des Herzens, der Irritabilität,
der Wirksamkeit der Nerven, und den Wir-
kungen des Opiums, bekanntlich nicht be-
hutsam genug zu Werke gegangen sind.
Endlich aber schien mir überhaupt die
Physiologie derjenigen kaltblütigen Thiere,
die, weil sie durch Lungen Athem holen, zu-
nächst an die warmblütigen grenzen, der
Amphibien
*) nämlich, eine sorgfälti-
gere Untersuchung zu verdienen, weil dieser
Theil der Zoologie bisher beinahe am mei-
sten vernachlässigt worden, und unbearbei-
tet geblieben ist.
Man steht leicht von selbst ein, daß
wenn hier von kaltblütigen Thieren die Re-
de ist, darunter nicht die Blutlosen ver-
standen werden, welchen Namen die Alten
den Insekten und Würmern gaben, sondern
diejenigen, welche zwar kalte, aber doch
rothe Lebensfeuchtigkeit in den Adern ha-
ben; und von diesen habe ich zu meiner vor-
habenden Vergleichung wiederum besonders
die Amphibien gewählt, weil bei ihnen die
benannten ausgezeichneten Verschiedenhei-
ten in der thierischen Oekonomie um so wun-
derbarer scheinen, je mehr die übrige
Einrichtung ihrer Körper, der in den warm-
blütigen Thieren gleicht.
Da ich aber bis jetzt bloß hieländische
lebende Amphibien habe seciren, und Ver-
sucht mit ihnen anstellen können*), so
[Seite 67] ergiebt sich daraus von selbst, warum ich
auch nur den Versuch einer solchen verglei-
chenden Physiologie versprechen kann, und
andern, die mehr Gelegenheit und Muße
haben, eine reichlichere Ausbeute in diesem
Felde überlassen muß.
Damit aber auch bei diesem Versuche
alles in der Ordnung hergehe, wollen wir
uns nach den vier Funktionen richten, in
welche man die Lehre von der Physiologie
nicht unschicklich einzutheilen pflegt, nämlich
in die Lebens die thierischen, natürlichen
und Geschlechts, Verrichtungen. Mit den
Lebensverrichtungen wollen wir in-
deß den Anfang machen, weil in Hinsicht
auf sie die kalt- und warmblütigen Thiere
sich am meisten von einander unterscheiden.
Wenn man die hieländischen Amphibien
mit den warmblütigen Thieren vergleicht,
so findet man zuerst eine im Verhältniß zu
dem Körper geringere Quantität von Blut
bei jenen, weshalb auch ihr Fleisch weißli-
cher ist, einige Eingeweide aber, und zwar
vorzüglich die Lungen, welche bei den warm-
blütigen Thieren so äußerst vollblütig sind,
bei den Amphibien auch in dieser Hinsicht so
sehr von jenen abweichen.
Ich habe einen Versuch an Sumpf-
eidexen gemacht, von denen ich 24 er-
wachsene volle, und zugleich anderthal-
be Unze gegen einander abgewogen, zuerst
aber die frisch gefangenen zu dem Behufe
secirt habe, um ihre Blutmenge zu messen,
und hierbei aus dem Körper aller und je-
der nicht über zwei und einen halben Scru-
[Seite 69] pel bekommen können. Dieses geringe Ge-
wicht des Blutes verhält sich also zur gan-
zen Masse des Körpers wie 2 1/2 zu 36, da
man bei einem erwachsenen und vollen Men-
schen das Verhältniß des Blutes zum Kör-
per wie 1 zu 5 zu nehmen pflegt.
Merkwürdig ist es auch, daß das arte-
riöse Blut der hieländischen Amphibien, so
viel ich wenigstens habe bemerken können,
kaum von dem venösen zu unterscheiden ist*),
so daß man nur durch die Lage und Rich-
tung der Gefäße, in denen es enthalten ist,
das eine von dem andern unterscheiden kann,
[Seite 70] da sich bei den Säugethieren hingegen das
lebhaftere arteriöse Blut so merklich von dem
traurigen venösen unterscheidet, wofern
nämlich nicht ein Bad oder ein anderes war-
mes Medium eine Zeitlang auf sie wirkt
wodurch, wie sich aus Crawfords schö-
nen Versuchen ergiebt*), auch das venöse
Blut allmählig minder dunkel, und dem
lebhaften Roth des arteriösen ähnlicher wird.
Dieselbe Bewandniß scheint es auch mit
dem Fötus zu haben, der in der thierischen
Gebärmutter in ein Bad getaucht wird. Es
ist bekannt, daß bei ihm das Blut in bei-
derlei Gefäßen sich ebenfalls wenig in der
Farbe von einander unterscheidet.
Unter den Amphibien selbst aber ist es
mit den Schildkröten anders beschaffen, bei
denen, nach dem Zeugnisse genauer Beob-
achter**), das venöse Blut wie bei den Säu-
[Seite 71] gethieren schwarz, das arteriöse aber schön
roth ist.
Im Ganzen genommen ist bei den hie-
ländischen Amphibien das Blut nach Ver-
hältniß ihrer Ernährung verschieden: blei-
cher nämlich bei weniger, von höherer Rö-
the bei mehrerer Nahrung. Und läßt man
dieses Blut aus den zerschnittenen Venen,
und setzt es der atmosphärischen Luft aus,
so erhält es, indem es zu einer Salbenarti-
gen Masse gerinnt, eine schöne frische Röthe.
Die Elemente des Blutes selbst scheinen
übrigens im Allgemeinen bei den Amphi-
bien und warmblütigen Thieren einander
ziemlich ähnlich zu sein, außer daß man in
jenen bei Vivisektionen immer elastische Luft-
bläschen ihrem Blute beigemischt findet,
welche mit dem in den Venen enthaltenen
[Seite 72] Blutstrome im Kreise herumgetrieben wer-
den, wodurch dieser durch solche Lufträum-
chen getrennte Strom gleichsam die Gestalt
einer Quecksilbersäule bekommt, die in einem
fehlerhaften Thermometer schlimmer Weiße
getrennt worden ist*).
Dieses verhält sich bekanntlich bei ge-
sunden warmblütigen Thieren ganz anders.
Bei gesunden sag' ich, mit denen sich die
ganze Physiologie und mithin auch die ge-
genwärtige Untersuchung beschäftigt. Denn
bei krankhaften Körpern, die an einem be-
sondern Zusammentreten des Blutes leiden,
ist es so ungewöhnlich nicht, daß man bis-
weilen die Venen zu sehr mit ihrem Blute
angefüllt, und durch elastische Luft getrennt
antrifft**). Bei vollkommen gesunden her-
[Seite 73] gegen, ist diese Luft, wenn ihrer auch eine
ziemliche Menge im Blute wäre – man
schätzt ihre Menge ungefähr auf den drei-
ßigsten Theil der ganzen Masse – doch so
innig mit diesem purpurnen Strome ver-
mischt, so aufgelöst darin enthalten, daß
man sie nur durch Kunst daraus entbinden
kann.
Die Erscheinungen der Circulation ha-
ben die Amphibien und warmblütigen Thiere
im Allgemeinen mit einander gemein, und
sie sind hinlänglich bekannt, da man selbst
jenen Bewundernswürdigen Kreislauf, wie
ihn der große Malpighi an den Frö-
schen beobachtete und beschreibt, auch jetzt
an eben diesen Thieren zu zeigen pflegt.
Bei dieser Gelegenheit will ich die oft
angeregte Frage mit berühren, ob nämlich
die Blutkügelchen, wenn sie durch die eng-
sten Aestchen der Gefäße laufen, ihre Ge-
stalt verändern, und aus sphärischen
ovale werden?
Ich habe nirgends von einer solchen
Veränderung in den warmblütigen Thieren
[Seite 74] eine sichere Beobachtung gefunden, und
auch selbst, weder im bebrüteten Eie (wo-
rin man, und zwar im Hünereie vornehm-
lich am fünften und den nächstfolgenden
Tagen, die Bewegung des warmen Blutes
sehr schön und deutlich betrachten kann),
noch in Eidexen oder Fröschen jemals wirk-
lich ovale Kügelchen erblicken können.
Reichel aber behauptet*), in den Thie-
ren der letztern Gattung, im Gekröse der
Frösche nämlich, eine solche Veränderung
der Kügelchen aus sphärischen in ovale ge-
sehen zu haben, und hat sie in einer netten
Abbildung dargestellt.
Wiewohl man nun bei der Behauptung
eines so sorgfältigen Beobachters kaum an
der Wahrheit zweifeln kann, so bin ich doch
hier noch sehr zweifelhaft, ob man eine
solche Veränderung der Figur natürlich
nennen könne, oder ob man sie nicht viel-
mehr einer widernatürlichen krampfartigen
[Seite 75] Zusammenziehung der Gefäße zuschreiben
müsse, welche, wie gewiß jedermann zugeben
wird, bei einem solchen Thierchen unter so
großen Martern auf Lieberkühns Folter
leicht eintreten konnte.
Was die Bewegungen des Herzens be-
trifft, das bei den hieländischen Amphibien
nur ein Ohr und eine Kammer hat, so
kommt diese durch ihren abwechselnden
Rhythmus, der bei dem wechselsweisen An-
ziehen und Nachlassen des Ohres und der
Kammer statt findet, mit dem ähnlichen
ausdehnendem und zusammenziehendem
Wechsel an den doppelten Ohren und Kam-
mern der warmblütigen Thiere, überein.
Ueber jene Zusammenziehung hat man
sonst im Allgemeinen die Frage aufgewor-
fen, ob die Herzkammern bei ihr wirklich
kürzer oder nur enger würden? Die erstere
Meinung ist jetzt durch die genauesten Be-
obachtungen an kalt- und warmblütigen
Thieren erwiesen und bestätigt, ich aber
habe jenes Phänomen an dem Herzen kei-
[Seite 76] nes Thieres deutlicher, Trugfreier und be-
stimmter gesehen und bewundert, als an
der Ringelnatter (coluber natrix).
Von dieser Schlangenart habe ich bisweilen
aus den benachbarten Wäldern, und vor-
züglich von dem Berge bei Plessen zwei El-
len lange erhalten, bei deren Vivisektion
ich die Herzkammer öfters bei jedem Zusam-
menziehen um zwei ganze Linien habe kür-
zer werden sehen, und meine Zuhörer das-
selbe habe bemerken lassen.
Auch habe ich sowohl an dieser Natter
als an den Fröschen und Kröten oft deut-
lich gesehen, daß der Herzbeutel bei einem
solchen Zusammenziehen vollkommen und
gänzlich ausgeleert wird, so daß auch kein
Tröpfchen Blut aus der Mündung der
Aorta in ihn zurückbringt; eine Bemerkung,
die ich auch an dem bebrüteten Jungen
hauptsächlich vom fünften bis zum achten
Tage gemacht habe. In wiefern man aber
dieses auch von dem Herze des Menschen und
anderer Säugethiere aussagen könne, oder
ob die halbmondförmigen Klappen (valvu-
[Seite 77]
lae semilunares) einige Tropfen des her-
vorgetriebenen Blutes auffangen und in die
Kammern zurückdrängen, wage ich bis jetzt
noch nicht zu entscheiden*).
Dieselbe Ringelnatter hat zwar einen
ausgezeichneten und ziemlich starken Herz-
beutel, allein er ist mit dem Brustfell durch
ein schlaffes zellichtes Gewebe verbunden,
und fließt gleichsam mit ihm zusammen, daß
beide zugleich angesehen, beinahe eine dop-
pelte Schicht derselben Membran auszuma-
chen scheinen.
Etwas ähnliches zeigt sich an jenem
Igel, über dessen Herzbeutel sich die mehre-
sten Anatomen zweideutig ausgedrückt, und
den einige ihm geradezu abgesprochen ha-
ben, von denen ich nur Blas, Peyer
und Oktavian Tozzetti nennen will.
Bei wiederholter Zergliederung dieser Thiere
[Seite 78] habe ich die Quelle dieser Abweichung leicht
entdeckt, welche in der schlaffen und sehr
zarten Textur dieses Herzbeutels, wo er
nach dem benachbarten Mittelfelle zugeht-
liegt.
Jetzt folgen auf das Herz in der Ord-
nung die Lungen, Theile, die in der gan-
zen Oekonomie bluthaltiger Thiere, und
besonders bei der gegenwärtigen Verglei-
chung sehr merkwürdig sind, da ihre Ein-
richtung und Verrichtung zu den Haupt-
unterschieden zwischen den Amphibien und
warmblütigen Thieren gehört.
Sieht man auf die Masse, so haben die
Amphibien sehr große Lungen. Besonders
groß sind sie bei den Schildkröten und
dem Chameleon, aber auch bei den hie-
ländischen Amphibien sind sie, im Vergleich
mit den Lungen warmblütiger Thiere von
ausgezeichneter Größe.
Je größer aber ihr Umfang, desto schlaf-
fer und lockerer ist ihr Gewebe.
Denn bei den Fröschen und Kröten,
auch der grünen Eidexe und dem Sa-
lamander bestehen sie aus vieleckigten
und ziemlich großen Zellen.
Bei der Sumpfeidexe und dem
Wassermolche laufen sie in eine lange
Blase aus.
Bei der Ringelnatter endlich ma-
chen sie einen einzigen, im Ganzen holen,
Sack von ungemeiner Größe aus, und wie
aus der Uebereinstimmung anderer Anato-
men*) zu erhellen scheint, überhaupt bei
allen Schlangen. Und zwar ist dieser Lun-
gensack bei der benannten Natter über einen
Pariser Fuß lang: die obere und längere
Hälfte desselben zeigt auf ihrer innern Ober-
fläche etwas dicke Netzförmige Wände, die
[Seite 80] man fast mit der Beschaffenheit der innern
Membran des zweiten Magens wiederkäu-
ender Thiere vergleichen kann; die untere
und um etwas kürzere Hälfte aber gleicht
bloß einer häutigen Blase.
Dieses Gewebe der Lungen in den Am-
phibien ist also sehr von den warmblütigen
Thieren verschieden, denn wenn schon bei
diesen die Lungen leicht, auch gewisserma-
ßen schwammicht und zellicht sind, so sind
sie doch im Vergleich mit jenen weit dich-
ter, und aus unzähligen kleinen, durch
das gemeine sehr zarte Zellgewebe mit ein-
ander verbundenen Luftbläschen gewebt.
Vergleicht man also irgend ein Säugethier
mit einem Amphibium von gleicher Größe,
z.B. die gemeine Fledermaus (vespertilio
murinus) mit der Feuerkröte (rana bom-
bina), so werden zwar die Lungen der letz-
teren einen größern Umfang haben, als die
der ersten, allein in Ansehung der so gerin-
gen Anzahl von Zellen doch unendliche Male
unter diesen stehen.
Die Lungen der warmblütigen Thiere
zeichnen sich aber vor denen der Amphibien
nicht bloß durch Kleinheit, und die größere
Anzahl von Zellen aus, sondern weit mehr
durch die erstaunliche Menge Blutführender
Gefäße in ihnen, in welchem Betracht beide
wirklich nicht mit einander zu vergleichen
sind. Dies lehrt schon die bloße Beschaf-
fenheit frischer Lungen in lebendigen Thie-
ren beider Klassen, aber auch eine mikro-
skopische Untersuchung, wenn man durch
eine glückliche Einspritzung die Gefäße der-
selben mit einer gefärbten Flüssigkeit an-
füllt, die das Innerste durchdringt.
Denn wiewohl dann auch die Lungen
der Amphibien wunderbare dichtgewebte
Netze von Gefäßen zeigen, welche die Wän-
de der Zellen ausnehmend schön färben, so
ist dieses doch beinahe gar nichts gegen die
Anzahl derselben, und die Feinheit der viel-
fach abgetheilten Zweige, welche endlich
selbst das scharf-bewafnete Auge nicht mehr
verfolgen kann, wodurch sich die Lungen der
Säugethiere auszeichnen.
Von der andern Seite aber haben die
Lungen der Amphibien auch einen besondern
Vorzug, dessen die des Menschen und an-
derer Säugethiere ermangeln, die besondere
Spannung (tonus) und Energie, vermit-
telst deren sie sich, auch wenn die Brust ge-
öfnet, und sie der äußern Luft ausgesetzt
worden, doch erheben und in ihrem Zustan-
de erhalten können*), da die Lungen der
Säugethiere hergegen, so wie der Brust-
knochen weggenommen, und die Brusthö-
len geöffnet worden, sogleich niedersinken
und sich nicht mehr erheben.
Ja die mit Absicht zusammengepreßten
Lungen in lebendig secirten Schildkröten
haben sich durch eigne Kraft wieder erhe-
ben können**).
Auch weiß man, daß eine Schildkröte,
an der man das untere Schild (welches
diesen Thieren statt Brustknochens dient)
weggenommen hatte, mit also geöffneter
Brust, und der Luft ausgesetzten Lungen,
doch noch sieben Tage gelebt hat*).
Die Ursache dieser Eigenschaft scheint
kaum anderswoher abgeleitet werden zu
können, als aus einem eigenthümlichen Le-
ben**) (vita propria) dieser Eingeweide,
denn man kann sie weder der Contractilität,
noch der Irritabilität, noch der Nerven-
kraft zuschreiben. Von einer wirklich mus-
kulösen Textur, welcher der neueste Schrift-
[Seite 84] steller hierüber, Varnier
*), allzulibe-
ral die Irritabilität zuzuschreiben scheint,
habe ich auf der Lungenoberfläche der Am-
phibien eben so wenig, als auf der der warm-
blütigen Thiere etwas entdecken können.
Der Nutzen eines solchen, an den Lun-
gen der Amphibien so sichtbaren eigenthüm-
lichen Lebens, wird sich dem leicht zeigen,
der bedenkt, daß es hauptsächlich solchen
Thieren zu Theil geworden, die entweber
eine nur unvollkommene oder gar keine knö-
cherne Brust erhalten haben, oder bei de-
nen sie andererseits ganz unbeweglich ist.
Dieses ist der Fall bei den Fröschen und
Kröten, die gar keine Rippen haben.
Unbeweglich aber ist er beinahe bei allen
Schildkröten (wenige Gattungen der häu-
tigen**)) – testudo membranacea – etwa
[Seite 85] ausgenommen), denn bei ihnen sind über-
haupt alle Bedeckungen des ganzen Stam-
mes unbeweglich, daß mithin weder die
Brust noch die Unterleibspresse die Verrich-
tungen beim Geschäft des Athemholens
übernehmen können, die sie bei warmblüti-
gen Thieren haben.
Im Allgemeinen zeigt diese besondere
und Kunstvolle Einrichtung der Lungen in
den Amphibien offenbar, daß diese Einge-
weide auch bei dieser Thierklasse gewiß gro-
ßen Einfluß auf die thierische Oekonomie
haben; obwohl man sie noch nicht so un-
tersucht hat, wie sie es verdienten.
Denn daß sie außer dem Athemholen
vielen auch zum leichtern Schwimmen die-
nen, ist ziemlich ausgemacht.
Vielen auch um Stimme hervorzubrin-
gen. Vielen sag' ich; denn einige Gattun-
gen von ihnen, auch hieländische, sind, so
viel ich weiß, gänzlich stumm, wie der Sa-
lamander, die grüne Eidexe, und
[Seite 86] die Blindschleiche (anguis fragilis);
und andere geben nur selten, und haupt-
sächlich wenn sie in Gefahr sind, einen Ton
von sich, wie die Wassereidexen, wel-
che hierin den Maulwürfen und Hasen ähn-
lich sind, die ebenfalls nur im höchsten
Drange der Noth einen Ton von sich ge-
ben.
Was man aber von einigen Säugethie-
ren erzählt, daß sie in gewissen Gegenden
die Stimme verlieren, wie die Hunde in
den mehresten Strichen von Amerika, das-
selbe wird uns auch hin und wieder von
den Amphibien berichtet, z.B. von den
Fröschen, von denen der vortrefliche Ger.
Fr. Müller
*) behauptet, daß sie in den
mehresten Gegenden des asiatischen Ruß-
lands stumm seien.
Das Athemholen selbst aber ist bei den
Amphibien ungleich und spärlich, auch weit
willkührlicher als bei den warmblütigen
[Seite 87] Thieren, und also nicht mit dem fortdau-
erndem und gleichmäßigem Rythmus des
Athemholens warmblütiger Thiere zu ver-
gleichen.
Zwar scheinen alle, so lange sie wachen,
bisweilen Luft zu schöpfen, und zwar am
häufigsten von allen die Schildkröten,
da bekanntlich auch die Seeschildkröten nicht
lange unter dem Wasser bleiben, sondern
in kurzen Zwischenräumen auf die Oberflä-
che des Meeres kommen, und frische Luft
schöpfen. Eben so verhält es sich mit den
Wald- und Sumpfeidexen, welche,
wenn ich sie in einem etwas tiefem mit Was-
ser angefülltem Gefäße hielt, in ziemlich
kurzer Zeit in die Höhe schwimmen, und
Luft einziehen mußten.
Allein im Ganzen genommen können
die Amphibien weit länger des Athemhs-
lens entbehren, und ohne Schaden in ver-
dorbner Luft ausdauern, als die warmblü-
tigen Thiere.
Denn von den eben angeführten Schild-
[Seite 88]
kröten ist es bekannt, daß sie, wenn man
ihnen die Kinnbacken auch ganz fest zusam-
menschnürt, und die Nasenlöcher versiegelt,
demungeachtet über einen ganzen Monath
leben können*).
Hierher kann man auch die sonst räth-
selhaften aber doch nicht abzuläugnenden
Beispiele von Kröten rechnen, die man
bisweilen in dichten Baumstämmen, oder
was noch wunderbarer und fast unglaub-
lich scheinen könnte, in Marmorblöcken oder
andern Steinen gefunden hat**).
Die Amphibien können aber auch weit
länger in Kohlengesäuerter oder fixer und
phlogistischer Luft ausdauern, als die
warmblütigen Thiere.
In Ansehung der fixen Luft habe ich
Versuche in der berühmten Pyrmonter Höle
gemacht, und dabei beständig gesehen, daß
Tauben, wenn sie über eine Minute in
diesem Meere von fixer Luft bleiben, kaum
wieder in das Leben zurückgebracht werden
konnten; und Frösche hingegen, wenn sie
auch an sechs und sieben, ja neun Minu-
ten in dieser Atmosphäre gewesen waren,
doch nachher wieder zu sich selbst kamen*).
Um wie vieles aber die warmblütigen
Thiere in Ertragung der phlogistischen Luft
hinter den Amphibien zurückbleiben, hat
[Seite 91]
Carminati an einer Menge von Versu-
chen gezeigt*); aber auch die hieländischen
Amphibien verderben ihre Atmosphäre so
langsam mit Stickluft, daß, wenn ich un-
ter eine Glocke zwei Sperlinge, und un-
ter die andre zu gleicher Zeit eben so viel
Frösche (von gleicher Größe u.s.w.)
brachte, die Atmosphäre dieser letztern
dann noch wenig verändert war, wenn die
Sperlinge in ihrer schon ganz verdorbnen
Stickluft unter Verzuckungen starben. In
der Atmosphäre der Frösche löschten weder
die Flamme des Wachsstocks, noch hinein-
geworfene glühende Kohlen sogleich aus**).
Daß die Amphibien auch im sogenann-
ten Luftleeren Raume unter der Luftpumpe
[Seite 92] eingeschlossen weit später sterben als die
warmblütigen Thiere, ist nach Boyle's
und der Caementi's von andern oft
wiederhalten und bestätigten Versuchen, je-
dermann bekannt.
Da aber die Organe des Athemholens,
von denen wir bisher gehandelt haben,
nach allem was man hierüber aufgefunden
hat, höchstwahrscheinlich die Hauptwerk-
stätte der thierischen Wärme sind, so scheint
mir eine kleine Untersuchung über den Un-
terschied der natürlichen Wärme, welche
zwischen den beiden Thierklassen, von de-
nen wir sprechen, statt findet, hier an ih-
rem rechten Platze zu seyn.
Wir sehen nämlich, daß diejenigen
Thiere, welche dichtere und mit einem gro-
ßen Blutvorrathe versehene Lungen haben,
und bei denen so wichtige Vorkehrungen zu
dem kleinern Blutumlaufe gemacht sind,
welche, so wie sie geboren sind, immerwäh-
rend athmen müssen, und statt der reinen
Luft, die sie einziehen, die mephitische aus-
[Seite 93] stoßen, wodurch sie die umgebende und ein-
geschloßne Luft verderben, u.s.w., wir sehen,
sag' ich, daß diese Thiere zugleich einen aus-
gezeichneten Grad natürlicher Wärme ha-
ben, der bei dem Menschen gegen 96 Grad
Fahrenheit, bei andern Säugethieren aber,
und mehr noch bei dm Vögeln, an 110
Grade und darüber hält.
Die Amphibien hergegen, die nur lockere
schlaffe Lungen mit einem nur geringen
Blutvorrathe haben, holen auch sparsam
und gleichsam willkührlich Athem, ja kön-
nen des Athemholens auf lange Zeit entbeh-
ren, ziehen ferner nur sparsam mephitische
Luft ein; und haben endlich keine so starke
angeborne Wärme, sondern kaum einige
Grade mehr als die Temperatur der sie um-
gebenden Luft.
Einige Grade sag' ich – wenn man
nämlich das annimmt, was genaue Beob-
achter an den Schildkröten erfahren haben*);
[Seite 94] denn bei den hieländischen Amphibien hat-
ten die hierüber von mir angestellten Ver-
suche keinen so konstanten Erfolg, daß ich
etwas Bestimmtes daraus sollte folgern
können*).
Der Vorzug, der unter den übrigen
warmblütigen Thieren, vornemlich dem
menschlichen Körper zukommt, und den
man neuerlich genauer untersucht hat, daß
er nämlich auch einem Uebermaas atmos-
phärischer Hitze, die weit größer als seine
[Seite 95] natürliche Wärme ist, so widerstehen kann,
daß diese letztere nur wenig von jenem frem-
den Feuer erhöht wird, sondern fast immer
den ihr gewöhnlichen Grad beibehält; und
daß er von der andern Seite die strengste
Kälte eben so leicht ertragen kann; dieser
Vorzug kommt gewissermaßen auch den Am-
phibien zu, welche bekanntlich einem sehr
hohen Grade von Hitze wie von Kälte eben-
falls widerstehen können.
Was das erstere anbelangt, so weiß
man, daß die mehresten Gattungen der
Amphibien in den heißesten Gegenden ein-
heimisch sind, ja daß die Amphibien bis-
weilen so gut wie die Fische in heißen Quel-
len leben, und zwar freiwillig darin woh-
nen, und sich auch recht wohl darinnen be-
finden*).
Ja man findet unter der Menge ver-
dächtiger Erzählungen von Eidexen und
andern Amphibien, welche sich lange Zeit
[Seite 96] in einem lebenden menschlichen Körper auf-
gehalten haben sollen, doch bisweilen unbe-
zweifelte und ganz Ausnahmlose Beispiele
von dieser Erscheinung*), über die man
sich in der That um so mehr wundern muß,
[Seite 97] weil diese Thiere hier nicht allein von einem
Uebermaas von Hitze, sondern auch, was
noch wichtiger ist, von mephitischer und
ganz verdorbner Luft affizirt werden müssen.
Jedoch muß man bemerken, daß diese Thie-
re, so lange sie nämlich am Leben waren,
meist den Magen selbst bewohnten, die Men-
schen aber, welche an solchen ungewohnten
und so lästigen Einquartirungen litten,
um die dadurch erregten grausamen Schmer-
zen zu lindern, fast beständig Nothgedrun-
gen waren, eine ungeheure Menge Wasser
zu verschlucken, welche einerseits die fixe
Luft des Magens einsaugen konnte, anderer
seits aber den Eidexen gleichsam das na-
türliche Element gab, in dem sie schwim-
men konnten.
Nicht allein aber einen ausgezeichneten
Grad von Wärme, sondern gegentheils auch
eine äußerst große Kälte können die Am-
phibien ertragen. Zum Beweise dieses Um-
stands will ich folgendes Beispiel anführen,
das ich an einem Laubfrosche, den ich
eine Zeitlang in meiner Stube gehabt hat-
[Seite 98] te, selbst gesehen habe. Diesen fand ich
eines Morgens (am 31. Dezemb. 1783.)
nach einer in der Nacht plötzlich eingetrete-
nen Kälte (wobei das benachbarte Thermo-
meter auf 30° Fahrenh. gefallen war) ganz
in das Wasser eingefroren, wie ein in Bern-
stein eingeschlossenes Insekt, und wie sich
von selbst versteht, unbeweglich, mit ge-
schlossenen Augenliedern u.s.w. Wider
alle meine Erwartung kam dieses Thier, so
wie nach und nach das Eis aufthaute, auch
wieder zu sich; die vorderen Schenkel fien-
gen sich, weil der Theil des Eises, an dem
sie hiengen, zuerst schmolz, auch zuerst zu
bewegen und zu regen an, indeß der Kopf
und Stamm noch fest an dem übrigen Eise
hiengen. So wie dieses aber vollends auf-
gethauet war, war auch das ganze Thier-
chen völlig wieder hergestellt, und hat noch
lange nachher gelebt*).
Eine ähnliche Erstarrung überfällt zwar
[Seite 99] die Amphibien bisweilen auch, wenn sie in
ihrem Winterschlafe begraben liegen, allein
dann ist sie weniger wunderbar, weil zu
der Zeit überhaupt alle und jede Funktio-
nen der thierischen Oekonomie entweder ganz
oder doch zum großen Theil außer Wirk-
samkeit gesetzt sind, worüber ich weiter hin-
ten einige Worte sagen muß.
Indessen gehen wir zu den eigentlich soge-
nannten thierischen Verrichtungen fort,
zu deren Bethätigung vornehmlich das Ner-
vensystem bestimmt ist.
Und hier zeigt sich gleich an diesem Sy-
steme der Unterschied zwischen den warmblü-
tigen Thieren und den Amphibien, daß diese
bei einem Verhältnismäßig so kleinem Ge-
hirne, so vorzüglich dicke Nerven haben,
da bei jenen im umgekehrten Verhältniß
dünnere Nerven mit einem größeren Gehir-
ne verbunden sind. Dieser Unterschied
scheint um so wichtiger, je konstanter er,
so viel man bis jetzt weiß, bei den sämmt-
lichen Ordnungen dieser Thiere ist.
Das einst so sehr geschätzte Wägen der
Gehirnmasse gegen die ganze Körpermasse,
beruht auf einem so wenig festen und so un-
[Seite 101] sichern Grunde, als daß man etwas Gewis-
ses und Bestimmtes daraus folgern könnte,
dagegen aber leuchtet uns Sömmerings
scharfsinnige Meinung*) um so mehr ein,
daß ein weit sicherer Verhältniß zwischen
der Dicke der Nerven eines Thieres und
derjenigen Portion seines Gehirns ist, wel-
che außer dem zu den Anfangen dieser Ner-
ven selbst gehörigen übrig bleibt, und die
man von dieser andern Portion unter der
Benennung des Sensoriums unterscheiden
kann.
Fügen wir nun diesem merkwürdigen
Kanon noch einen andern bei, den Alex.
Monro der Sohn**) mit vieler Wahr-
scheinlichkeit festgestellt hat, daß man näm-
lich in den Nerven zweierlei Arten von Ener-
gie unterscheiden müsse, welche sie von dem
[Seite 102] Gehirn und zwar vornehmlich von jenem
Sensorium erhalten, und eine andere ihnen
eigenthümliche von dem Einflusse jener gar
nicht abhängige; so sieht man sogleich, daß
durch beide über die jetzt angestellte Ver-
gleichung ein großes Licht verbreitet werde.
Denn es erhellt sogleich auf den ersten
Anblick, daß die Amphibien dicke und starke
Nerven, oder Verhältnißmäßig sehr wenig
von jenem zu den Geistesfähigkeiten beitra-
genden Gehirnüberschusse*) (sensorium ce-
rebrale) –, gegentheils aber eine besondere
eigenthümliche Energie der Nerven haben,
und daß überhaupt die Verrichtungen der
einzelnen Theile bei ihnen weniger von dem
Einflusse des Gehirns abhängen, welcher
Einfluß bei warmblütigen Thieren, und vor-
nehmlich bei dem Menschen äußerst
groß ist.
Diese eigenthümliche Energie der einzel-
nen Theile bei den Amphibien, beweisen die
wunderbaren Bewegungen, welche man an
Gliedern von ihnen bemerkt, die schon längst
von ihrem übrigen Körper abgeschnitten
worden, denn ich habe z.B. sehr oft ab-
geschnittene Schwänze von Wassermol-
chen, oder Theile, in welche ich die Rin-
gelnatter zerschnitten hatte, zehn Stun-
den lang und drüber sich aufs lebhafteste
bewegen sehen.
Und daß der vorlängst abgeschnittene
Kopf der Klapperschlange noch gebis-
sen habe, hat mir ein Augenzeuge, der
englische General Gage erzählt.
Daß der abgenommene Kopf der ameri-
kanischen Schildkröte noch am andern Tage
einen entgegen gehaltenen Stock fest mit den
Kinnbacken gepackt habe, hat mir aus eige-
ner Erfahrung der englische Obriste Gard-
ner erzählt*).
Dasselbe eigenthümliche und für sie selbst
zureichende Leben der Theile, und den ge-
ringern Einfluß der einen Art von Verrich-
tungen in die andere bei den Amphibien,
bezeugen die sehr bekannten Versuche, aus
welchen man weiß, daß der Stamm von
Schildkröten, des Kopfes beraubt, doch
nach vollen eilf Tagen noch die Glieder be-
wegt hat*); andere Schildkröten aber, de-
nen man das Gehirn aus der Hirnschale ge-
nommen hatte, doch bis zum sechsten Mo-
nathe noch gelebt haben**); und daß Frö-
sche, denen man das Herz ausgerissen und
die Lungen zerstört hatte, noch munter her-
umgehüpft sind.
Dieser letztere Versuch ist um so merk-
würdiger, weil er deutlich beweißt, wie
wenig bei diesen Thieren die Wirksamkeit
des Nervensystems von dem Einflüsse des
Herzens und dem Umlaufe des Bluts ab-
[Seite 105] hängt, da bei den warmblütigen Thieren
hergegen diese Systeme so genau zusammen-
stimmen, und so innig in einander wirken.
Erwägen wir nun das, was von dem
geringen Einflusse des Sensoriums der Am-
phibien auf ihre Nerven gesagt worden ist,
nehmen wir dazu was wir oben von ihren
Lebenswirkungen erinnert haben, und ver-
gleichen mit allem diesem die Oekonomie
des Lebens warmblütiger Thiere, so wer-
den wir hoffentlich der Wahrheit ziemlich
auf der Spur seyn, wenn wir behaupten,
daß, obwohl die Lungen die Werkstätte der
natürlichen Wärme und die dephlogistisirte
Luft der Zunder dazu zu seyn scheinen, den-
noch auch die Reaktion des Sensorium nicht
wenig dazu beitrage, diesen phlogistischen
Prozeß in den lebendigen Thieren in Gang
zu bringen und anzuregen.
Dieser Meinung entsprechen die Bei-
spiele von Schildkröten, bei denen die thie-
rische Wärme kaum merklich ist, obschon
durch das hellrothe, auf den ersten Anblick
[Seite 106] von dem schweren und dunkeln phlogisti-
schen venösen zu unterscheidende, arteriöse
Blut, Feuer durch den Körper verbreitet
wird. Diese Thiere aber haben auch ein
im Verhältniß ihrer Körpermasse nur äu-
ßerst kleines Gehirn.
Ferner entsprechen ihr die Erscheinun-
gen an warmblütigen Thieren, die im Win-
terschlafe begraben liegen, denn bekanntlich
nimmt bei ihnen in eben dem Grade, als
die Verrichtung ihres Sensorium schwächer
wird, auch ihre Wärme ab; da sonst bei
diesen Thieren, wenn sie wach sind, auch
wenn sie dem kältesten Medium ausgesetzt
wären, die Eingeweide eine nur um so in-
tensivere Wärme haben.
So entsprechen ihr auch die bekannten
Erscheinungen, wo wir uns von einer plötz-
lichen und augenblicklichen Hitze überlaufen
fühlen, wenn uns z.B. ein plötzlicher
Schwindel ergreift, wir mit dem Fuße an-
stoßen, oder bei einem ähnlichen kur-
zen Leiden. Wir sehen dann, daß das af-
[Seite 107] fizirte Sensorium etwas heftiger auf das
übrige Nervensystem zurückwirkt.
Und endlich, um anderes zu übergehen,
entsprechen ihr, wo ich nicht irre, auch die
vielen pathologischen Symptome von ver-
mehrter Wärme in solchen Krankheiten, in
denen (bei sonst unverletzten Werkzeugen
des Athemholens) das erschütterte Senso-
rium, affizirt wird; und der gegentheils ver-
minderten Wärme, wo die Energie des
Sensorium geschwächt wird, u.s.w.
Wir kehren aber nach dieser Abschwei-
fung wieder auf den rechten Weg zurück,
und wollen uns jetzt mit den äußern Sin-
nen der Amphibien und einer Vergleichung
derselben mit denen der warmblütigen Thiere
beschäftigen.
Zuerst von den Tastungsorganen.
Nackte, das heißt, weder mit Schildern
noch Schuppen bedeckte Amphibien, sind
statt deren mit einem zähen Schleime über-
zogen, der an einigen zu einem besondern
Zweke dient, an dem Laubfrosche z.
[Seite 108] B. dazu, daß er sich auch an die glattesten
Körper fest anhängen kann.
Von dieser Art Schleim scheint eine an-
dere verschieden zu seyn, die einigen vier-
füßigen Amphibien zu Theil geworden ist,
und die bei ihrer besondern Schärfe diesen
Thieren sonder Zweifel zum Vertheidigungs-
mittel dient, um sich dadurch gegen die An-
griffe anderer Thiere desto sicherer zu stellen.
Diese Art Schleim ist in besondern Hö-
lungen unter der Haut enthalten, und an
dem Salamander und der Feuerkrö-
te deutlich zu sehen. Es scheint, sie kön-
nen denselben willkührlich aussondern.
Daß er an dem letztgenannten Thiere
sehr scharf sey, habe ich selbst erfahren, als
ich durch Zufall die Hand verwundete, da
ich mit einigen dieser lebendigen Thiere Ver-
suche anstellte. Denn als ich unbedachtsa-
mer Weise den verwundeten Finger in den
Mund nahm, um das Blut aus der Wun-
de zu saugen, spürt' ich auf der Zunge und
[Seite 109] am Schlunde ein beißendes Brennen, un-
gefähr von der Art als gekaute Lorbeerrin-
de erregt, und dieses Brennen hielt meh-
rere Stunden an.
Eine eben solche Feuchtigkeit ist die, ver-
möge deren die Salamander, wenn
man sie auf einige glühende Kohlen legt,
diese auslöschen können; obschon sie auch
dadurch schon, wie die konvulsivischen Be-
wegungen ihres Körpers bezeugen, heftig
affizirt werden, und wenn sie länger dar-
über bleiben, wie ich selbst gesehen habe,
sterben. Daraus läßt sich abnehmen, daß
sie das Feuer selbst nicht unbeschädigt aus-
halten können, was die fabelhafte Sage
der Alten behauptete, und ein sonst in sei-
ner Art großer Mann Benvenutus Cel-
lini
*) selbst erfahren haben wollte.
Ein ähnlicher Saft muß der sein, der
sich zwischen den blättrichten Fußzehen der
Gecko (lacerta Gecko) befindet, und wel-
[Seite 110] cher sich den Eßwaaren, worüber das Thier
läuft, mittheilt.
Endlich scheint auch jener besondere und
ganz spezifische Gestank, den die Amphibien,
wenn sie gereizt werden, von sich geben,
und der z.B. bei den Sumpfeidexen
und dem Wassermolche wie frischge-
schnittene Petersilie, bei der Kröte wie
Knoblauch riecht, von eben dieser schleimig-
ten Feuchtigkeit herzurühren.
Der Geruch, den die Krokodille
bisweilen von sich geben, ist wie Bisam*).
Ganz sonderbar übelriechend ist der Duft
den die gereitzten Klapperschlangen
verbreiten**).
Von dem Zwecke und Nutzen dieser Ge-
rüche, weiß man zur Zeit noch wenig Ge-
wisses.
Sonst war es die gewöhnliche Meinung,
der auch jetzt noch manche zugethan sind,
daß die Klapperschlangen durch diesen Duft
die Thiere betäubten, oder wie man sich ge-
wöhnlich ausdrückt, bezauberten, eine Mei-
nung, welche ich aber nicht unterschreiben
mag. Ich glaube vielmehr, daß jene Thier-
chen durch einen panischen Schrecken dazu
gebracht werden, daß sie sich, sobald sie
den spezifischen Ton der Klapperschlange hö-
ren, gleichsam in einer Art von Erschütte-
rung in den tödtlichen Rachen der Schlan-
ge stürzen. Dies zu glauben bewegt mich
außer andern Gründen vorzüglich der, weil
ich aus Berichten der glaubwürdigsten Au-
genzeugen weiß, daß sich die Knaben der
wilden Indianer des nördlichen Amerika
der List bedienen, daß sie, um Eichhörn-
chen und kleine Vögel zu fangen, den zi-
schenden Ton der Klapperschlangen nach-
ahmen, und dadurch diese Thierchen gleich-
sam betäuben.
Die Salamander und Wassermol-
che haben den Gestank, den sie, wenn sie
gereizt werden, von sich geben, vielleicht
dazu, um sich gegen die feindlichen Angriffe
anderer Thiere dadurch zu vertheidigen, wie
dies bekanntlich bei dem Stinkthiere
(viverra putorius) und andern Säugethieren
der Art, und bei einigen Wanzen der
Fall ist.
Vielleicht dient ihnen dieser spezifische
Geruch im Frühling auch zum Liebesreize,
was wenigstens von dem Knoblauchsgeru-
che der Kröten wahrscheinlich ist. Denn
wenn man die Hand, mit der man eine
Zeit lang weibliche Kröten gehalten hat, in
das Wasser taucht, worinnen männliche
befindlich sind, so kommen sie augenblick-
lich von allen Seiten herbei, und hängen
sich fest an die Finger an.
Die Haut der mehresten Amphibien
scheint auch in so fern unter die Reinigungs-
organe zu gehören, weil sie öfter als irgend
eine andere Thiergattung die äußere Haut
[Seite 113] ablegen, und durch natürliche Repro-
duktion, von der Art die den Namen der
Naturgemäßen (secundum naturam)
verdienen, mit einer andern schon untergele-
genen vertauschen.
Und zwar legen besonders unsre hielän-
dischen nackten Amphibien, die Frösche
nämlich, Salamander, und vor an-
dern die Wassereidexen, der Wasser-
molch und die Sumpfeidexe, haupt-
sächlich in den Sommermonathen und
zum wenigsten jede Woche, dieses zarte und
gleichsam schleimichte Oberhäutchen ab.
Von den Schlangen sagt man insge-
mein, daß sie, wenn sie sich häuten, auch
zugleich das äußerste Blatt der Hornhaut
ablegten. Bei einer sorgfältigern Untersu-
chung aber, die ich mit der Natter an-
stellte, sah ich leicht, daß dieser Theil des
über die Augen gespannten und durchsichti-
gen Oberhäutchens, keineswegs mit der
Hornhaut des Auges selbst zusammenhänge,
sondern durch ein besonderes Wässerchen
[Seite 114] von ihr getrennt sei. Es ist auch unbe-
weglich, so daß der Augapfel hinter ihm
wie hinter einem Fensterchen bewegt wird
u.s.w.
Endlich ist auch dies an der Haut der
Amphibien merkwürdig, daß sie öfters die
Farbe verändern.
Denn die sonst durch fabelhafte Zusätze
übertriebene und unter die Wunder gezählte
Farbenveränderung des Chameleons, fin-
det auch, wie Brown
*) vorlängst be-
merkte, bei den mehresten andern Gattun-
gen der Eidexen des südlichen Amerika statt,
und ich selbst habe das nämliche auch an
den hieländischen Landamphibien, vornehm-
lich an der grünen Eidexe und dem
Laubfrosche, bestätigt gefunden. Die
Veränderungen dieser Farbe sind jedermann
bekannt, ich habe aber dabei noch die Be-
merkung gemacht, daß sie in sehr heißen
Sommern am häufigsten vorkomme, und
die Farbe selbst sich durch ein sehr lebhaftes
[Seite 115] fast Smaragdartiges Grün auszeichne, und
daß sie im Gegentheil in einem regnichten
und kälteren Sommer minder häufig vor-
komme, und die Farbe nur grau oder dun-
kelgrüner sei.
Was die übrigen Sinne der Amphibien
anbelangt, so scheinen mehrere Phänomene,
z.B. das oben angegeführte Beispiel von
männlichen Kröten, die nach der Hand eilen,
in welcher man vorher eine weibliche gehal-
ten hat, u.a.m. zu bezeugen, daß der Ge-
ruch bei einigen ziemlich scharf sein müsse.
Die Eigenthümlichkeiten der Amphibien
in Ansehung ihrer Zunge und Gehörwerk-
zeuge sind zu bekannt, als hier bei ihnen
zu verweilen.
Von ihrem Gesichte will ich wenigstens
dieses bemerken, daß ich nirgends ein Bei-
spiel von Levkäthiopie, oder Mangel des
schwarzen, das innere Auge überziehenden,
Pigments, (ein Naturfehler, von dem wir
unter den warmblütigen Thieren beider Ord-
[Seite 116] nungen, und selbst der Menschengattung,
täglich mehrere Beispiele finden,) unter den
Amphibien weder selbst getroffen, oder auch
nur erzählt gefunden habe.
Viele Gattungen von Amphibien sind
zwar von Natur Lichtscheu, und gehen nur
des Nachts hervor ihre Nahrung zu suchen,
sind aber am Tage verborgen; jedoch lieben
auch einige das Licht sehr, das Tageslicht
wie die grüne Eidexe und der grüne Wasser-
frosch, oder auch nur das Lampenlicht, wie
der Laubfrosch.
Das Chameleon hat die Eigenheit an
seinen Augen, daß nicht nothwendig beide
auf einerlei Achse stehen müssen, sondern in
demselben Momente jedes nach einer ganz
verschiedenen Richtung bewegt werden kann.
Ueber den sogenannten innern Sinn der
Amphibien, hat man zur Zeit noch wenig
Untersuchungen angestellt.
Daß die Schlangen wenigstens ein gut
behaltendes Gedächtnis haben müssen, be-
[Seite 117] zeugen die bekannten Kunststücke, welche sie
machen, z.B. ihr Tanzen u.a.m., wel-
ches man der Klapperschlange, der
Abgottsschlange (Boa
constrictor),
der Brillenschlange (coluber naja),
ja in Teutschland hin und wieder auch den
Nattern lehrt.
Ja es haben uns auch glaubwürdige
Schriftsteller berichtet, daß es seltnere Bei-
spiele von vierfüßigen Amphibien gebe, die
man außerordentlich zahm und kirre ge-
macht hat. Selbst von dem Nilkroko-
dille
*) und der hieländischen Kröte
**)
hat man hievon unverwerfliche Zeugnisse.
Von Kunsttrieben (instinctus artificia-
les) aber; mit denen so viele Gattungen
von Säugethieren und Vögeln ausgestattet
[Seite 118] worden, trifft man, so viel ich mich erin-
nere, bei der ganzen Klasse der Amphibien
auch nicht eine Spur an.
Der Schlaf ist, die Seeschildkrö-
ten etwa ausgenommen, welche unver-
werflichen Zeugen zu Folge ordentlich schla-
fen, sonst fast bei keiner Gattung von Am-
phibien regelmäßig und zu bestimmter Zeit
in der Dämmerung zurückkehrend.
Der lange Winterschlaf aber ist wenig-
stens den hieländischen, und vielleicht über-
haupt allen und jeden gemeinsam; Denn
von dem Krokodille hat schon vorlängst
Herodot angemerkt, daß auch dieses
dem Winterschlafe eine Zeit lang unterwor-
fen sei.
Uebrigens sind die Phänomene dieses
Schlafes bei den Thieren beider Ordnun-
gen, den warm- und kaltblütigen nämlich,
dieselben. Hauptsächlich darin, daß auf
das Stillstehen der Verrichtungen des Ner-
vensystems ein gänzlicher Stillstand der
[Seite 119] übrigen Verrichtungen erfolgt. Denn so
sehen wir z.B. bei warmblütigen Thieren, die
bei dem Winterfroste erstarren, daß in eben
dem Grade, als das Sensorium und die will-
kührlichen Bewegungen anfangen zu rasten,
auch zugleich der Schlag des Herzens und der
Umlauf des Blutes anfängt matt zu wer-
den, das Athemholen aber beinahe gänzlich
aufhört, und die natürliche Wärme bis zu
einem geringen Grade von Laulichkeit ab-
nimmt, beinahe so, wie wir bei zufälligen
heftigen Affektionen des Gehirns wahrneh-
men, wodurch die kräftige Wirksamkeit des
Sensoriums sehr abgespannt wird.
Auch ist der Umstand merkwürdig, in
dem die Amphibien ebenfalls mit den warm-
blütigen Thieren übereinstimmen, daß, wenn
sie den Winter über in einer warmen Stu-
be gehalten werden, sie dieses sonst gewohn-
ten Schlafes ganz entbehren, allein, wenn
sie einmal in denselben gefallen sind, nicht
ohne Lebensgefahr vor der bestimmten Zeit
aus demselben geweckt werden können.
Daß die Salamander, Wasser-
[Seite 120]
eidexen und Laubfrösche den gan-
zen Winter über ohne Schlaf in der Stube
zubringen können, ist allgemein bekannt,
und unter den warmblütigen Thieren hat
man an den Murmelthieren (mar-
mota alpina) dieselbe Erfahrung gemacht.
Daß aber ein gewaltsames Erwecken aus
dieser Winter-Starrheit den Tod verursa-
che, hat Gleditsch
*) an den Fröschen
erfahren, an zwei Erdzeiselchen (mar-
mota citellus) von den Karpathen und den
kleinen Haselmäusen (glis avella-
narius) aus unserer Nachbarschaft habe
ich es selbst; an Schwalben haben es
andere gesehen.
Und endlich verdient auch dieses bemerkt
zu werden, daß in beiden Ordnungen der
Thiere, welche wir jetzt mit einander ver-
gleichen, einige Gattungen einsam, andere
in Haufen beisammen den Winterschlaf hal-
[Seite 121] ten. Von dieser letztern Art haben wir un-
ter den warmblütigen Thieren die Beispiele
an den Fledermäusen und Schwal-
ben, unter den Amphibien aber an den
Fröschen, und vorzüglich dem Sala-
mander
*).
Jetzt gehen wir zur Untersuchung der na-
türlichen Verrichtungen bei den Am-
phibien über, wo wir gleich die Eßlust
weit unordentlicher finden, als sie gewöhn-
lich bei den warmblütigen Thieren nicht zu
seyn pflegt.
Denn wenn verschiedene einerseits unge-
heuer gefräßig sind, und einige sogar einen
Heißhunger haben, so daß die Salaman-
der z.B. ihren eignen Unrath und Erde
verschlingen; so findet man auch andererseits,
daß sie fast unglaublich langen Hunger aus-
halten können. Von den Schildkröten z.
B. – um andere gemeinere Beispiele zu
übergehen*) – sagt ein in der That gilti-
[Seite 123] ger Zeuge, Caldesi
*), daß sie, auch
wachend, den Hunger sechs Jahre lang aus-
halten können. Die Beispiele von Kröten,
die in Marmorblöcke eingeschlossen waren,
ziehe ich hier nicht wieder an, weites wahr-
scheinlich ist, daß diese in einer langen Starr-
heit begraben gelegen haben.
Die mehresten Amphibien fressen alles,
doch sind einige auf eine gewisse Art von
Nahrungsmitteln eingeschränkt, z.B. die
Laubfrösche, welche bekanntlich nur we-
nige Insektenarten, und noch dazu nur le-
bendige, fressen.
Bis jetzt aber ist mir im Ganzen noch
kein Beispiel von einem Amphibium bekannt,
von dem man sagen könne, daß es die Speise
wirklich kaue. Denn auch die Kräuterfressen-
den Amphibien nagen zwar an den Wurzeln
und Kräutern, allein kauen dieselben nicht.
Die mehresten Schlangenarten haben
einen scharfen Gift, der ihnen vermöge sei-
ner septischen Kraft zur Verdauung des
Fleisches dient, und den Mangel des Kau-
ens ersetzt.
Im Ganzen genommen macht auch dies
einen Unterschied zwischen den Amphibien
und warmblütigen Thieren, daß man unter
diesen kaum ein von Natur giftiges findet;
denn von ihrem Zustande in der Tollheit ist
hier die Rede nicht. Ich weiß mich keines
Thieres der Art mit einem verborgenen Gif-
te zu erinnern, man müßte denn die ver-
dächtige Beschaffenheit der Bären-Leber
(ursus arcticus) hieher rechnen. Von die-
ser erzählt Ger. van Veer
*) welcher
[Seite 125]
Heemskerk auf seiner merkwürdigen
Farth begleitete, daß, als sie bei ihrem
Winteraufenthalte auf Nova Zembla, da-
von gegessen, sie beinahe daran gestorben
wären.
Daß man aber übrigens auch einige
Gattungen von Amphibien sonst ungerech-
ter Weise für giftige gehalten habe, hat
eine neuere sorgfältigere Untersuchung ge-
lehrt. Hieher gehört vornehmlich der Sa-
lamander, das unschuldigste Thier, von
dem Plinius, aller Natur und Wahr-
heit entgegen, schrieb, es sei das abscheu-
lichste von allen Thieren.
Das Verschlucken geht bei den mehre-
sten Amphibien langsam von statten.
Der Schlund läßt sich bei ihnen außer-
ordentlich weit ausdehnen, hauptsächlich
bei den Schlangen, bei denen die Kinnla-
den gar nicht fest eingelenkt sind.
Der Magen ist fast bei allen verhält-
nißmäßig sehr klein.
Der Darmkanal ist bei den Schlangen
sehr kurz. Bei einer Natter, die vier
Füße lang war, sah ich ihn wenig über drei
Füße lang, fast gerade, oder nur wenig
gewunden.
Der ganze Speisekanal der Amphibien
aber ist mit einem leimigten und zähen
Schleime überzogen, worin eine Menge ver-
schiedener Würmer befindlich ist.
In Ansehung der Ernährung der Am-
phibien ist auch dieses merkwürdig, daß ich
es in vielen und mannichfaltig abgeänder-
ten Versuchen, bis jetzt noch nicht habe da-
hin bringen können, daß ich Frösche und
Eidexen mit Färberröthe hätte füttern, und
ihre Knochen so Rosenroth färben können,
als bekanntlich die Knochen der Säuge-
thiere und Vögel werden, die man damit
füttert.
Nahe mit der Ernährung ist die Re-
produktion verwandt, durch deren Unter-
[Seite 127] suchung wir uns den Uebergang zu der letz-
ten Klasse der Funktionen in der thierischen
Oekonomie, dem Zeugungsgeschäfte näm-
lich, bereiten. Denn man hat wohl nicht
Unrecht, die Ernährung eine immerwäh-
rend, obwohl unmerklich fortgesetzte, die
Reproduktion aber (Wiedererstattung ver-
lorner Theile) eine in den einzelnen Thei-
len wiederholte Zeugung zu nennen.
Diese reproduktive Kraft mangelt zwar
im Allgemeinen keinem Bluthaltigen Thiere
gänzlich, allein so offenbar Vorzugsweise
hat sie kein anderes, als die mehresten Gat-
tungen der Amphibien, hauptsächlich aus
der Ordnung der vierfüßigen.
Die gemeinen Versuche, daß vornehm-
lich den Wassereidexen, aber auch aus der
Ordnung der auf dem Lande lebenden, der
grünen Eidexe*), die abgeschnittenen
Schwänze vollkommen wieder wachsen, sind
[Seite 128] zu bekannt, als daß es nöthig wäre sie
hier aufzuzählen.
Ich habe aber auch wegen der Repro-
duktion eines ausgerissenen Auges des
Wassermolches, von der Bonnet
*)
Meldung thut, selbst Versuche angestellt.
Diese fielen so aus, daß, so oft ich den
ganzen Augapfel zunächst der Stelle, wo
der Sehnerve in ihn läuft, ausschnitt,
(was ich an drei Thieren dieser Art ver-
suchte) niemals ein wahres Auge wieder er-
wuchs. Vielmehr schoß aus dem zurück-
gebliebenen Theile dieses Nerven selbst ein
weißlicher und dichter Schwamm hervor,
der allmählig die Augenhöle ausfüllte, und
unter dessen Anwachsen die Eidexen selbst
gleichsam wie Wassersüchtige schwollen, und
[Seite 129] unter dem Verlaufe weniger Monathe
starben.
Bei einem vierten Thierchen der Art
machte ich im May 1784 zuerst einen Schnitt
in die Hornhaut, daß die Linse nebst den
übrigen Feuchtigkeit ausflossen, und dar-
auf schnitt ich die zurückgebliebenen und
schlaffen leeren Häutchen so aus, daß ich
doch einen kleinen Theil der gemeinsamen
Häutchen des Augapfels zurückließ, der
nach genauer Untersuchung (des übrigen
ausgeschnittenen, in klarem Wasser befindli-
chen, und mit bewaffnetem Auge besehenen
Augapfels nämlich) kaum 1/5 der ganzen Ku-
gel betrug*).
Bei diesem Thierchen schien in den näch-
sten Monathen die ganze Augenhöle, wie
mit den Augenliedern verschlossen, allein un-
gefähr im sechsten Monathe nach dieser Ope-
ration fiengen sich diese an zu öffnen, und
[Seite 130] man konnte nun schon leicht einen neuen
aus der Augenhöle hervortretenden kleinen
Augapfel unterscheiden. Als das Thierchen
im eilften Monathe nach der Operation, im
April 1786, durch einen Zufall starb, war
dieser Augapfel zwar noch weit kleiner als
der andere unverletzte, aber doch übrigens
so vollkommen, daß man hinter der Horn-
haut die Regenbogenhaut gehörig in die
Pupille eingepaßt, deutlich unterscheiden
konnte, und auch jetzt noch in dem Thier-
chen, das ich in Spiritus aufbewahre, un-
terscheiden kann.
Neulich habe ich auch mit einem ächten
Salamander Versuche anzustellen ange-
fangen, und habe die Erfahrung gemacht,
daß ihm ebenfalls jene reproducirende Kraft
zu Theil geworden sei. Ungefähr der dritte
Theil des Schwanzes und eine Zehe, die
ihm abgeschnitten worden, wuchsen zwar
vollkommen aber sehr langsam wieder, so
daß sie nach Verlauf eines vollen Jahres
noch weit kleiner als die ursprünglichen ih-
nen abgeschnittenen Theile waren.
Vergleicht man dieses alles mit der sehr
eingeschränkten und weit vollkommneren re-
producirenden Kraft der warmblütigen
Thiere, so erhellt daraus ein wichtiger Un-
terschied zwischen ihnen und den Amphibien.
Denn ich werde täglich mehr überzeugt,
daß sich bei dem Menschen und den übrigen
Säugethieren, nur solche gleichartige Theile
reproduciren, die bloß aus Zellgewebe be-
stehen, und mit keiner andern Art von Le-
benskraft als der gemeinsamen Zusammen-
ziehbarkeit versehen sind, so daß es nicht
glaublich ist, daß sich Muskelfleisch mit
Hallers Irritabilität begabt, oder Ner-
venmark von Sensilität beseelt, oder eins
jener Mittelgefäße (parenchyma) die eigen-
thümliches Leben besitzen, jemals in einem
warmblütigen Thiere reproducirt haben
sollten.
Nun müssen wir noch eine kurze Untersu-
chung über die Zeugungs-Verrichtun-
gen der Amphibien anstellen.
Was die äußern Geschlechtstheile der-
selben anbelangt, so trifft man bei den
Männchen einiger Gattungen, z.B. bei
den Fröschen und Wassereidexen
kaum eine Spur davon, da sie bei andern
hergegen, z.B. den Landeidexen und Schlan-
gen doppelt sind. Die Geschlechtstheile der
Weibchen entsprechen jenen in der Regel.
Zur Befriedigung der Geschlechtslust
werden die Amphibien durch einen sehr hef-
tigen Reiz getrieben, so daß man sie die-
selbe auf eine ganz widernatürliche Weise
[Seite 133] hat befriedigen sehen, die Frösche z.B.
bei Kröten
*) u.s.w.
Niemals aber habe ich von einem Bei-
spiele gehört, daß aus solch einer Vermi-
schung Bastarde erzeugt worden wären.
Man müßte denn etwa die zahlreichen Va-
rietäten von Wassereidexen hierher rech-
nen, die zwischen dem Wassermolche und
der Sumpfeidexe völlig das Mittel halten,
und die man in solchen Gräben, wo im
Frühlinge dergleichen Thiere von beiderlei
Art leben, leicht finden kann. Denn wie-
wohl es bekannt genug ist, daß bei diesen
Eidexen keine wirkliche Vermischung statt
findet, so ist es jedoch nicht unwahrschein-
lich, anzunehmen, sie seyen dadurch ent-
standen, daß Eier von der einen Art durch
männlichen Saamen der andern Art befruch-
tet worden.
Die mehresten von denen Amphibien,
die ihre Eier im Wasser legen, vornehmlich
[Seite 134] die Frösche und Kröten, bekommen
eine äußerst große Menge von Jungen. Ei-
nige Arten dieser Thiere legen an tausend
Eier und darüber auf einmal.
So viel ich bis jetzt weiß, sind die Am-
phibien insgesamt Eierlegende Thiere.
Denn obwohl die Vipern nach Var-
ro ihren Namen von lebendig gebären (a
vivo partu) erhalten haben, so sind doch
die Fötus, welche sie gebären, nicht bloß,
sondern obschon ausgebildet, doch noch in ih-
ren häutigen ovalen Hüllen enthalten, un-
gefähr wie bisweilen eine sogenannte trock-
ne Geburt bei der menschlichen Niederkunft.
Eine fast ähnliche Beschaffenheit hat es
mit der Geburt der Salamander. Auch
diese berühmte Eidexe bringt sehr zarte ovale
Bläschen hervor, die man mit den Blasen-
würmern (hydatides) vergleichen könnte.
In diesen Bläschen aber sieht man das gan-
ze Tierchen von der Größe einer Unze deut-
lich liegen, das beinahe im Augenblicke der
[Seite 135] Geburt selbst den Schwanz bewegt, die Hül-
len seines Eies zerreißt, und in der Gestalt
einer vierfüßigen Kaulqvappe (gyrinus)
hervorgeht.
An eben diesem paradoxen Thiere habe
ich aber auch die von Wurfbain
*) vor-
längst bemerkte Eigenheit vor Kurzem selbst
beobachtet, daß das Weibchen, welches
lange Zeit ganz allein, und aller Gemein-
schaft mit einem andern Thiere seiner Gat-
tung beraubt war, von freien Stücken sol-
che trockne Geburten hervorbringen kann.
Denn es geht wenigstens in den fünften
Monath, daß ich einen weiblichen Sala-
mander, dem ich den Schwanz abgelößt
hatte, so ganz allein zu Hause aufbewahre,
daß ich in der ganzen Zeit keinen andern
Salamander lebendig gesehen, um nicht zu
sagen um mich gehabt habe. Und nichts
destoweniger brachte doch dieses Thier, an
dem ich bei so langem Hunger den Umfang
des Körpers bewunderte, in diesen Tagen
[Seite 136] Junge hervor, deren ich schon vier und
dreißig am Leben und sehr lebhaft sehe.
Aus dieser merkwürdigen Beobachtung
läßt sich zweierlei folgern.
1) Daß sich die Salamander ein-
ander wirklich begatten, und das Männ-
chen nicht bloß, wie bei den Wasserei-
dexen, die weiblichen Eier befruchte, wenn
diese gelegt sind.
2) aber, daß die Salamander
hierin eben so beschaffen sind, wie die Hü-
ner, welche, wofern sie einmal von dem
Hahne beschwängert worden, obwohl nicht
ein volles Jahr lang, (wie Fabricius
von Aqvapendente
*) meinte) doch
nach des sorgfältigen Reaumur's**)
Beobachtung, bis zur fünften Woche nach
der Trennung von dem Hahne fruchtbare
Eier legen.
Diese Jungen des Salamanders selbst
haben einen rundlichen (anceps), auf bei-
den Seiten breit gefiederten Schwanz, der
ihnen beim Schwimmen ungemein zu stat-
ten kommt, und am Halse haben sie zu bei-
den Seiten eine Art von Fischkiefern
(Swammerdam's
*) franzenartige
Läppchen appendices fimbriatae), welche
aber bei zunehmendem Alter verschwinden,
wo sich auch der rundliche Schwanz in einen
Wirbelschwanz (c. verticillata) verwandelt.
Aber auch diese Eigenheit findet sich im
Ganzen genommen bei den mehresten vier-
füßigen Amphibien vornehmlich von der Gat-
tung der Eidexen**), und bei den Fröschen
wo ich nicht irre, insgesammt, daß sie ihre
Gestalt in der Art verändern, daß sie als
Kaulqvappen eine andere haben, als wenn
sie schon erwachsen sind. In der Oeko-
nomie der warmblütigen Thiere hergegen
[Seite 138] habe ich nichts dieser Metamorphose Aehn-
liches gefunden.
Der Termin wo sie ihr völliges Wachs-
thum erreichen, ist bei vielen Amphibien,
wie fast bei allen Vögeln und Säugethie-
ren, die Mannbarkeit.
Bei einigen aber, vorzüglich unter den
Krokodillen, Schildkröten und Schlangen,
dauert das Wachsthum beständig fort. Un-
ter den Säugethieren dürfte man vielleicht
die Wallfische als Beispiele eines solchen
immerwährenden Wachsthums anführen,
denn bei diesen kann man die Grenzen einer
festgesetzten Größe ebenfalls kaum bestim-
men.
Von der Lebensdauer der Amphibien
weiß man noch wenig.
Viele erreichen ohne Zweifel ein hohes
Alter, vornehmlich aus der Ordnung der
Schildkröten
*), Schlangen und
[Seite 139]
Krokodille, welche aus einem im Ver-
hältniß der künftigen Größe sehr kleinem
Eie hervorkommen, äußerst langsam wach-
sen, und doch zu einer ungeheuern und
beinahe Rieseumäßigen Masse gelangen.
Wir haben nun die Hauptmomente auf-
gezählt, in denen sich die thierische Oeko-
nomie der Amphibien von der, der warmblü-
tigen Thiere zu unterscheiden scheint. Jetzt
wollen wir zum Schlusse noch einige Sätze
beifügen, welche uns in den Stand setzen,
mit einem Blicke zu übersehen, worauf im
Ganzen genommen jener Unterschied vorzüg-
lich beruhe.
Bei den warmblütigen Thieren dauert
der phlogistische Prozeß, wie man ihn nennt,
vom ersten Beginn ihrer Bildung bis zum
letzten Hauche des Lebens. Bei dem Fötus
der Säugethiere mit Hülfe des Mutterku-
chens, welcher das Phlogiston des Fötus
[Seite 140] durch das Feuerelement der Mutter verän-
dert. Bei dem bebrüteten Küchelchen ver-
mittelst der porösen Schaale und des Weis-
sen im Eie, welche ebenfalls der feurigen
Nahrung den Zugang, dem überflüßigen
Phlogiston aber den Ausgang verschaffen*).
Sind die Säugethiere und Vögel aber ein-
mal geboren, so geschieht es durch das im-
merwährende Einziehen und Ausstoßen des
Athems.
Dieser phlogistische Prozeß steht ferner
mit den übrigen Arten von Verrichtungen
im genauesten Zusammenhange hauptsäch-
lich mit denen des Nervensystems, wie durch
oben angeführte Phänomene des Winter-
schlafs bei den Säugethieren wahrscheinlich
wird.
Das Nervensystem selbst aber stimmt
mit den übrigen Funktionen genau zusam-
men, vornehmlich vermittelst der Zurück-
wirkung des Sensorium, welche von dem
[Seite 141] Ueberschuß der zu den Anfängen der Ner-
ven gehörigen Hirnmasse abhängt.
Aus diesen allem entsteht die lebendig-
ste Wirksamkeit aller Verrichtungen, die
größte Beweglichkeit, dadurch wird der le-
bende Körper fähig die noch so modifizirten,
vielen und vielfachen Reize und Eindrücke
aufzunehmen; dadurch entsteht vor allen
übrigen dem Menschen der größte Vorzug,
bei dem, wie vorlängst Hippokrates
bemerkte, alles auf einen Punkt hinwirkt,
alles harmonisch zusammenstimmt, weshalb
auch er mit der ganzen ihn umgebenden
Schöpfung in der größten Verbindung steht.
Ganz anders hergegen ist die Natur der
Amphibien.
Der phlogistische Prozeß ist bei den hie-
ländischen sehr gering und langsam.
Auch ist bei den Amphibien der Einfluß
des Blutes auf die Verrichtungen des Ge-
hirnes schwach.
Und auch die Zurückwirkung des kleinen
Sensorium auf die dicken Nerven ist gering.
Deshalb findet bei ihnen überhaupt ein
nur geringer Consensus statt; eine nur ge-
ringe Wirksamkeit der einen Funktion auf
die andere.
Deshalb ist die Beweglichkeit der gan-
zen belebten Maschine geringer.
Von der andern Seite aber findet auch
eben darum eine größere Zähigkeit jenes ein-
fachern Lebens statt, weil ein affizirter
Theil, ein affizirtes System nicht so leicht
die übrigen in den Consensus zieht.
Im Ganzen genommen also ist hier ein
mehr vegetatives, und mehr zur Reproduk-
tion – wie beide organisirte Naturreiche
bewähren – als zu Fähigkeiten höherer
Art, zu Consensus, und einem harmoni-
schen Zusammenwirken eingerichtetes Leben.
Als Beitrag
zur
Naturgeschichte der Menschenspecies.
Niemals ist meines Wissens mehr über die
Frage gestritten worden, obwohl alle, oft
in ihrem Körperbaue so weit von einander
abweichende, Menschenraçen, einen und
denselben Ursprung haben, oder nicht, als
seit der Mitte des nun vollendenden Jahr-
hunderts. Für den uneingenommenen Be-
obachter ist es in der That ein sehr inter-
ressantes, oft belustigendes, Schauspiel,
alle die verschiedenen hierüber vorgebrach-
ten Meinungen zu mustern, und alles zu
vernehmen, was Voltaire darüber
scherzte, Monboddo, Rousseau und
Moskati darüber fabelten, – ein Hal-
ler, Linne, Buffon, Blumenbach,
Hunter und andere darüber untersuch-
ten, und dieser und jener gegen diese Un-
tersuchungen einwendeten.
Herr Hofrath Blumenbach hat sich
am sorgfältigsten mit der Untersuchung die-
ser Frage beschäftigt, wovon sein trefliches
Werk über die natürlichen Ver-
schiedenheiten im Menschenge-
schlechte den Beweiß liefert.
In diesem Werte zeigt er nach der Ana-
logie der ganzen organisirten Natur, ein-
mal, daß es völlig unwahrscheinlich sei,
daß ein Orangutang der Stammvater des
Menschengeschlechts sei, und dann, daß
unstreitig alle bisher bekannt gewordenen
verschiedenen Arten von Menschen nur zu
Einer und derselben Gattung gehören.
Bei diesen Untersuchungen wird er von
folgenden drei Kriterien geleitet.
1) Man muß bei dieser Untersuchung
durchaus immer die Physiologie der orga-
nisirten Körper überhaupt vor Augen ha-
ben: darf nicht bloß am Menschen haften
bleiben, und thun, als wenn er der einzige
organisirte Körper in der Natur wäre; und
[Seite 147] etwa die Verschiedenheiten in seinem Ge-
schlecht befremdend und räthselhaft finden,
ohne zu bedenken, daß alle diese Verschie-
denheiten nicht um ein Haar auffallender
oder ungewöhnlicher: sind, als die, worin
so tausend andere Gattungen von organi-
sirten Körpern, gleichsam unter unsern Au-
gen ausarten.
2) Man darf nie bloß ein Paar recht
auffallend gegen einander abstechende Men-
schenraçen ausheben, und diese nun, mit
Uebergehung der Mittelraçen, die die Ver-
bindung zwischen jenen machen, so allein
gegen einander aufstellen: sondern man muß
nie vergessen, daß auch nicht eine einzige
der körperlichen Verschiedenheiten bei irgend
einer Menschenvarität sei, die nicht durch
so unendliche Nüancen allmählig in der an-
dern ihre überfließt, daß derjenige Natur-
forscher oder Physiolog wohl noch geboren
werden soll, der es mit Grund der Wahr-
heit wagen dürfte eine bestimmte Grenze
zwischen diesen Nüançen und folglich selbst
zwischen ihren Extremen festzusetzen.
3) Da bei Bestimmung der Varietä-
ten im Menschengeschlecht, so gut wie in
der übrigen Naturgeschichte ohne anschau-
liche Kenntnisse kein sicherer fester Tritt
gedacht werden kann, so ist es eine Haupt-
regel bei dieser Untersuchung, alles anzu-
wenden, um sich immer mehr solche Subsi-
dien zu diesem Behuf aus der Natur selbst
zu verschaffen.
Von diesen Subsidien hat er, wie sich
aus dem Verzeichnisse seines anthropologi-
schen Vorrathes vor der dritten Ausgabe
seines Werks über die natürlichen Verschie-
denheiten im Menschengeschlechte ergiebt,
gesammelt:
1) Hirnschädel von verschiedenen
Nationen.
2) Charakteristische Embrionen.
5) Portraits von Individuen ver-
schiedener Nationen, welche geschickte
Künstler nach der Natur selbst sorgfältig
gezeichnet haben.
Um diese anschaulichen Kenntnisse auch
andern zu verschaffen, dienen die Abildun-
gen zu dem Werke, von dem wir hier Aus-
züge liefern, und wegen der Portraits kann
man nachsehen, Blumenbachs Natur-
historische Abbildungen, Heft 1. (Göt-
tingen 1796.)
Die Vergleichung der Hirnschädel von
verschiedenen Nationen dient besonders da-
zu, um die Varietäten des Menschenge-
schlechts richtiger bestimmen zu können, in-
dem man hier gleichsam die Uebergänge der
einen in die andere vor Augen hat.
Allein wenn sich hier sogleich von selbst
ergiebt, wie wichtig eine solche Schädel-
sammlung für das Studium der Naturge-
schichte der Menschenspezies sei, so sieht
man doch auch gleich auf den ersten Blick,
daß ihr ganzer Nutzen davon abhänge, daß
man auch von der Aechtheit derselben
überzeugt sei.
Herr Hofrath Blumenbach, welcher,
weit entfernt von Hypothesensucht, gern
[Seite 150] überall gewiß geht, bleibt sich auch hier
treu, und giebt uns seine Kriterien an,
welche diese sind:
1) Ich bewahre, um den ächten Ur-
sprung eines jeden Schädels zu beweisen,
einen mit meiner Sammlung verbundenen,
Apparat eigenhändiger Briefe auf, deren ich
mich als Dokumente bediene. Alle, die nur
einigermaßen zweifelhaft oder zweideutig
scheinen könnten, stelle ich besonders.
2) Dabei bewahre ich alle accessorische
Theile auf, welche etwa einem oder dem andern
Schädel anhangen. Versteht sich, wenn sie
nämlich von solcher Beschaffenheit sind, daß
sie schon an sich die Aechtheit der Schädel be-
weisen; z.B. bei Mumienschädeln Ueberreste
von Erdharz oder Byssus. So habe ich an dem
Karaibenschädel, den ich der Güte des Herrn
Baronet Banks verdanke, die hin und
wieder daran befindlichen, ziemlich gera-
den, starren Haare mit gutem Vorbedachte
aufbewahrt, denn hierdurch kann nöthigen
Falls sogleich auf den ersten Anblick der
[Seite 151] Zweifel gehoben werden, ob er nicht etwa
von einem übergelaufenen Aethiopier sei*),
welche bekanntlich seit der Mitte des vori-
gen Jahrhunderts die karaibischen Inseln
und hauptsächlich die Insel St. Vinzent
in großer Anzahl bewohnen, und biswei-
len die besondere, durch Kunst bewirkte,
Form des Kopfes der eingebornen India-
ner haben sollen**).
3) Nun aber muß der Schädel selbst
untersucht und ausgemittelt werden, ob er
auch wirklich charakteristisch sei, und zu dem
vorhabenden Zwecke dienen könne. Denn
es kann sich treffen, daß auch ein wirklich
ächter Schädel diesem Zwecke schlecht ent-
spricht, wenn er etwa von krankhafter Be-
schaffenheit, oder durch ein zufälliges in-
dividuelles Mißverhältniß der Theile verun-
staltet worden ist. So finden wir biswei-
len unter unsern Landsleuten Menschen von
einer so besondern Form des Kopfes, daß
wir, wäre selbige einem ganzen Volke ge-
mein, dieses mit allem Fug und Rechte un-
ter die Verschiedenheiten des Menschenge-
schlechts setzen würden. Man hat sich also
sorgfältig vorzusehen, daß man eine ähn-
liche zufällige Verunstaltung an einem aus-
ländischen Schädel nicht für national hält;
ein Irrthum, welchen man am besten da-
durch vermeidet, daß man mehrere Schädel
[Seite 153] von einer und derselben Nation mit einan-
der vergleicht*).
4) Wo dies nicht geschehen kann, muß
man wenigstens Portraits vergleichen, de-
nen entweder die gelehrte Hand des Künst-
lers, oder das Zeugniß eines erfahrnen
Richters, der Avtopsie gehabt hat, Glau-
ben verschafft.
5) Hieher rechne ich auch, oder halte
sie gar noch für vorzüglicher, solche Abbil-
dungen, welche, obwohl sie keine Person
vorstellen, doch für den Charakter eines
Volks ungemein viel beweisen, z.B. alte
Siegel, ägyptische Götzenbilder, Migna-
turgemählde von jetzigen Sinesen, Kalmük-
ken, Nordamerikanern u.s.w.
6) Und endlich nehme ich meine Zu-
flucht zu den Schriftstellern, vornehmlich
Reisebeschreibern, und suche auszumitteln,
in wie weit ihre Berichte mit der Natur
selbst übereinstimmen.
Bei einer so sorgfältigen Genauigkeit
kann es nicht leicht treffen, daß man sich
irren sollte. Allein es ist außer diesem noch
etwas zu berücksichtigen, nämlich die Ver-
gleichung dieser Schädel mit einander selbst.
Mehrere Anatomen haben sich bemüht,
ein allgemeines Verhältniß festzusetzen, wo-
durch man die Verschiedenheiten der Schä-
del gleichsam nach Graden berechnen, und
in Klassen abtheilen könnte. Campers
Gesichtslinie verdient hier einer besondern
Erwähnung.
‘„Der Grund – sagt dieser berühmte
Mann*) – worauf sich der Unterschied
der Nationen gründet, bestehet in einer ge-
raden durch die Hölen des Ohrs (Ge-
hörgang) bis auf den Boden der Nase ge-
zogenen Linie, und in einer andern geraden
Linie, welche die Hervorragung des Stirn-
beins oberhalb der Nase berührt, und bis
auf den am meisten hervorragenden Theil
[Seite 156] des Knochens der Kinnbacken gezogen wird,
wohl verstanden, wenn man die Köpfe im
Profil betrachtet. In dem Winkel nun, den
diese beiden Linien beschreiben, bestehet nicht
allein der Unterschied der Thiere, sondern
auch der unterschiedenen Nationen.“’
Mit dieser Art die Schädel zu messen,
kommt man aber nie aufs Reine, denn
1) ist diese ganze Gesichtslinie höch-
stens nur auf diejenigen Varietäten im Men-
schengeschlechte anwendbar, die in der Rich-
tung der Kinnladen von einander unterschie-
den sind, keineswegs aber auf jene, die sich
vielmehr durch ein in die Breite gezogenes
Gesicht auszeichnen.
2) aber ist es auch öfters der Fall,
daß zwei ganz verschiedene Schädel, doch
einerlei Richtung der Gesichtslinie haben,
und gegentheils mehrere Schädel einer Na-
tion, welche im Ganzen genommen von glei-
chem Habitus sind, nicht einerlei Richtung
der Gesichtslinie haben. Aus dem bloßen
[Seite 157] Umrisse des Gesichts im Profil kann man
wenig schließen, wenn man nicht zugleich
auf die Breite des Gesichts Rücksicht nimmt.
Und
3) Bedient sich Camper in den Ab-
bildungen zu seinem Werke dieser Normal-
linien selbst so willkührlich und unbestimmt,
variirt so oft mit den bezeichnenden Punk-
ten, nach welchen er jene Linien richtet, und
von denen ihre ganze Richtigkeit abhängt,
daß er hierdurch selbst schweigend eingesteht,
er sei in Ansehung des Gebrauchs derselben
ungewiß und zweifelhaft.
Außer dieser Gesichtslinie Campers
verdienen noch die Hinterhauptslinie
Daubentons, und Albrecht Dürers
Schema bemerkt zu werden.
Daubenton denkt sich zwei gerade Li-
nien. Die erste derselben läuft von dem
hintern Rande des großen Hinterhauptslo-
ches (foramen occipitale) durch den untern
Rand der Augenhöle herab: die andere aber
ist durch die Horizontalfläche dieses Loches,
[Seite 158] zwischen beiden Gelenkhügeln mitten durch
gezogen. Den Winkel nun, in dem diese
Linien sich gegen einander neigen, hält er
für den normalen Charakter des Schädels.
Allein auch hier trifft man auf nicht
geringe Schwierigkeiten, denn die Richtung
der Fläche des großen Loches ist oft an Kö-
pfen von einer und derselben Nation, z.B.
an zwei Türkenschädeln, die ich eben jetzt
vor mir habe, oder in dreien Negerschädeln,
ungemein verschieden.
Besser kann, wenn man die Gesichter
im Profil betrachtet, des unsterblichen Dü-
rers Schema zum anthropologischen Zwek-
ke dienen. Er hat es in seinem treflichen
Werke von der Proportion der
Theile an der aufrechten Gestalt
der menschlichen Körper, in dem
Abschnitte, der von der Zusammensetzung
des menschlichen Kopfes handelt, gleich
oben angestellt. Er zieht nämlich drei Grenz-
linien des Gesichts, an Stirn, Nase,
und Kiefer.
Am besten thut man aber wohl auf je-
den Fall besonders auf zwei Knochen hier-
bei Rücksicht zu nehmen, auf den Stirn-
knochen nämlich und die Kinnbacken.
Denn nach der Form des Stirnknochens
richtet sich der Habitus beinahe der ganzen
Hirnschale, da die Richtung des plani cir-
cularis ein Beweiß von dem an den Seiten
verengerten oder erweiterten Kopfe ist; und
der obere Rand des Knochens, wo er mit
der Pfeilnath zusammen läuft von dem spiz-
zigen oder flachen Scheitel. Von der Ver-
schiedenheit an den Augenbraunenbogen und
der Glatze (glabella) zwischen denselben,
welche ganz allein auf diesem Knochen beru-
hen, will ich gar nichts sagen.
Von dem Kinnbackenknochen aber hängt
erstlich die Weite der Nasen und die Rich-
tung der Nasenbeine, und von der jedes-
maligen Bildung der Kinnbackenfortsätze,
die größere oder kleinere Hervorragung der
daran liegenden Jochbeine (worauf bei die-
ser Untersuchung sehr viel ankommt) das
[Seite 160] Verhältniß der Oberkiefergrube, und end-
lich die Verengerung oder Erweiterung des
Zahnzellenrandes ab. Ja man kann sogar
die Form und den Habitus des Unterkie-
fers, da seine Zellen und Zähne denen im
Oberkiefer entsprechen, nach der Einrich-
tung desselben bestimmen.
Von beiden Knochen aber, dem Kinn-
backen- und Stirnknochen zusammengenom-
men, hängt auch die Richtung, Weite und
Tiefe der Augenhölen ab.
Nimmt man nun diese Normalknochen
zum Fundament an, so wird man daraus
leicht sichere und beständige Charaktere des
Totalhabitus, auch in wiefern sie in den
benachbarten Knochen liegen, weiter herlei-
ten können. Sichere und beständige
sag' ich, denn was sich von diesen Knochen
weiter entfernt, z.B. das Hinterhaupt,
scheint mehr durch eine zufällig bewirkte
Verschiedenheit der Weite und Figur her-
zurühren, Eigenschaften, welche oft an
Schädeln von einer und derselben Nation,
[Seite 161] die sich übrigens sehr ähnlich sind, doch
sehr vielfach nüanciren.
An einem andern Orte giebt der Herr
Verf. die Scheitelnorm als Maasstab
an, die Verschiedenheiten darnach zu be-
stimmen.
Je größer und genauer – sagt er –
täglich meine Bekanntschaft mit meiner
Sammlung von Schädeln verschiedener Na-
tionen wird, desto unmöglicher kommt es
mir vor, diese National-Verschiedenheiten,
bei den so großen Unterschieden im Verhält-
niß und Bildung der mannichfaltigen ein-
zelnen Theile der Schädel, welche mehr oder
minder zur Bestimmung der Nation beitra-
gen, auf die Grade und Winkel einer gewis-
sen Hauptlinie zurückzuführen.
Indeß hat diese Methode zur Bestim-
mung der Verschiedenheiten an den Schä-
deln den Vorzug, daß sie die meisten und
vornehmsten Theile des Kopfes, nach denen
sich die Nationaleigenthümlichkeiten am leich-
[Seite 162] testen vergleichen lassen, mit einem Blicke
übersehen läßt; und durch Erfahrung bin
ich überzeugt worden, daß sie diesem Zwecke
ungemein entspricht, wenn man die zu ver-
gleichenden Schädel ohne die untern Kinn-
laden mit ihren Jochbeinen nach Einer ho-
rizontalen Linie richtet, und in Einer Rei-
he auf den Tisch stellt, sodann aber sie von
hinten betrachtet. Denn auf diese Art fällt
alles, was den Hauptcharakter in den
Schädeln der verschiedenen Nationen aus-
macht, sei es nun die Richtung der Kinn-
laden oder der Jochbeine, die Breite oder
Enge der Hirnschaale, die Flachheit oder
Erhabenheit der Stirn u.s.w. auf einen
Blick so deutlich ins Auge, daß man diese
Ansicht nicht unschicklich die Scheitel-
norm nennen dürfte.
Diesem allen zu Folge stellt nun der
Herr Verf. nach seiner Eintheilung des Men-
schengeschlechts in fünf Raçen
die Unterschiede auf, welche er an den Schä-
deln einer jeden beobachtet hat, und welche
kürzlich folgende sind:
In diesem Kopfe ist das meiste Eben-
maas, eine sanft gerundete Form, und
mäßig geebnete Stirn. Jochbeine, die nir-
gends hervorspringen, und von dem Joch-
fortsatze des Stirnknochens herablaufen.
Der Zahnhölenrand ist ziemlich rund,
und die Vorderzähne in beiden Kiefern ste-
hen senkrecht.
Der Kopf gleichsam viereckig; die Joch-
beine stehen heraus; die Nasenvertiefung
und der Knochen der stumpfen Nase stehen
mit den Jochbeinen fast horizontal; die Au-
genbraunenbogen sind kaum merklich; die
[Seite 164] Nasenlöcher sind enge; die Wangengrube
nur leicht gehölt. Der Zahnhölenrand
macht vorwärts einen flachen Bogen. Das
Kinn ragt hervor.
Der Kopf ist schmal und an den Seiten
eingedrückt; die Stirn sehr uneben und hök-
tericht; die Jochbeine hervorstehend; die
Nasenlöcher weit; die Wangengrube neben
den Furchen am untern Nande der Augen-
hölen tiefer gehölt; die Kinnbacken stehen
hervor; der Zahnhölenrand ist schmäler,
länger und ovaler; die obern Vorderzähne
stehen schräg hervor; die untere Kinnlade
ist groß und stark; der obere Hirnschädel
dick und schwer.
hat zwar breitere aber doch gebognere und
gerundetere Wangen, als die mongolische.
Sie ragen nicht auswärts, und sind nicht
winklicht, wie bei dieser.
Gemeiniglich hat sie tiefe Augenhölen;
[Seite 165] die Form der Stirn und des Scheitels ist
bei den meisten durch Kunst bewirkt; die
Hirnschädel sind leichter.
Eine mäßig verengte Hirnschaale; eine
etwas aufgeschwollne Stirn; kleine nicht
hervorragende Backenknochen. Der Ober-
kiefer steht etwas hervor; die Scheitelbeine
sind nach den Seiten ausgebogen.
Die reichste Aerndte in neuesten Zeiten hat
der berühmte, und um die Naturgeschichte
sehr verdiente Joh. Gottl. Schneider gehal-
ten in seinem reichhaltigen Kommentar über
den Nachlaß Friedrichs II.
Vergl. hauptsächlich des unsterblichen Man-
nes opera minor. T. II. und element, physiol.
T. VIII. p. I. S. 32 fg.
‘„Bey allen Weibern, die vor ihrem To-
de nie geschwängert waren, zeigten sich auch
bey der Oeffnung nie gelbe Körper.“’ Der-
selbe in den Anmerkungen zu Büffons Theo-
rie, 7. III. S. 185.
‘„Man wird in der ganzen Welt bey einer
Jungfrau keinen gelben Körper finden,“’ sind
seine Worte bey Bonnet, Oeuvres. T. III.
S. 467 etc. Ausgabe in 4.
In den Mém. de l'académie des sc. de Paris,
l. 1748. und in der histoire naturelle génér.
et partic. T. II. Ausg. in 4. auch in den
Supplém. à l'histoir. naturelle T. IV.
‘„Una giovane nobile, e bella d'anni diciotto,
posta in educazione come suol dirsi, in un
Munistero di severissime monache“’ etc.
‘„Come si vede nelle ovaje de' bruti, quanda
particolarmente hanno svegliato l'estro de
loro amori.“’
Das glaub' ich gewiß, daß durch solche wie-
derholte künstliche Reizungen ein Bläschen
des Eierstocks reißen, und so auch bey einer
Jungfrau der gelle Körper entstehen könne.
Der Meinung bin ich aber gar nicht, welche
viele berühmte Männer mit Graaf hegen,
[Seite 17] daß diese Bläschen wirkliche Eier seien, die
sich vollständig von dem Eierstocke trennten,
und in die Gebärmutter kämen, und daß die-
ses auch durch eine bloße verliebte Einbil-
dungskraft geschehen könne. So be-
hauptete z.B. Boerhaave selbst, und nach
ihm Chr. Gottl. Neumann in seiner Dispu-
tation de exclusione ovulorum in salacibus
absque ullo praegresso coitu. 1717. 4. und
Walter in seinen Beobachtungen über
die Geburtstheile des weiblichen
Geschlechts. Berlin 1776. 4.
So sagt z.B. Carpus Comment in Mun-
dinum in dem Abschnitt vom Unterschiede
zwischen den Menschen und übrigen Thieren
S. 13 a.
‘„Auch hilft unter allen andern
Thieren allein der Mensch beiderlei Geschlechts
sich selbst, indem er entweder mit der Hand,
oder durch einen andern Kunstgriff den Saa-
men hervorlockt, etwas das kein anderes
Thier thut, die Meerkatze oder sogenannten
geschwänzten Affen (cynocephalo s. cercopithe-
co) ausgenommen, der, wie ich von vielen,
und besonders meinem Schüler, dem glaub-
würdigen Herrn D. Mar, Green erfahren
habe, ebenfalls mit den Händen den Saa-
men hervorlockt, und ihn dann frißt. Da-
bei ist der Umstand noch wunderbarer, daß,
wenn er etwa von einem Menschen über die-
[Seite 20] sem abscheulichen Laster ertappt wird, er sich
oben so schämt, als wenn er Vernunft hätte.“’
Man sehe z.B. Rudbeck in Hemster-
huisii messe aurea, S. 331. Ausg. 1659.
Littre in Histoire de l'academie des scien-
ces de Paris J. 1709. S. 26 fg.
Transactions of the American society at Phi-
ladelphia. Th. 2. S. 323.
Opera minora, Th. 2. S. 207. Not. 239. in
einem Eie von 192 Stunden. ‘„Rippen sind
noch nicht vorhanden.“’
N. 239. von eben so viel Stunden. ‘„Die
Lunge ist deutlicher zu sehen, und dann die
Rippen.“’
S. 210. N. 299. ebenfalls, ‘„Anfang der
Rippen.“’
S. 211. N. 304. von 194 Stunden
‘„dünne Bedeckung des Unterleibes, häu-
tige Verhüllung der Brust, Ansatz des Brust-
beins, und des Seiten- und Hintertheils der
Rippen.“’
Und S. 212. N. 306. von 210 Stunden
‘„die Rippen ziemlich vollkommen.“’
Geschichte und Beschreibung der
Knochen des menschlichen Körpers,
S. 8. und Vorrede S. 10.
Handbuch der Naturgeschichte, Er-
ste Ausgabe von 1779. S. 151. Fünfte Aufl.
von 1797. S. 133. fg §. 60. 61. ‘„Selbst
die Federspulen siehen mit dem lockern
Zellgewebe des Vogels in Verbindung, und
können gleichfalls mit Luft gefüllet oder aus-
geleeret werden. Diese Luftbehälter sind
vorzüglich zum Fluge von äußerster Wich-
tigkeit.“’
Eine eigne Ordnung der Vögel, wozu der
Bf. die Vögel des heißesten Erdstriches rech-
net, mit kurzen Füßen, und meist sehr gro-
ßen, dicken, aber mehrentheils holen und
daher sehr leichten Schnäbeln, z.B. Papa-
geyen Pfeffervögel u.s.w.
In dem vortreflichen, aber äußerst seltnen
Werke: von der Fürtrefflichkeit,
nutz, und Nothwendigkeit der Ana-
tomy. Bern 1624. 8. S. 223. Vergl. das
Kupfer.
Doch behauptet Herr Schneider in den
vortreflichen oben angeführten comment. Th.
2. S. 171. von dem Schädel des Auerhahns
(urogallus), den ich nicht gesehen habe, das
Gegentheil. ‘„In dem obern Theile des
Schnabels hat dieser Vogel gar keine Beweg-
lichkeit, wenn man sie nach der Junktur
der Stirn- und Nasenbeine mit dem Schna-
bel oder obern Kinnlade ermißt.“’
Dieses Werkzeug vor dem Magen, in dessen
Drüsen ein die Verdauung befördernder
Saft abgesondert wird, nennt man sonst auch
selbst echinus.
Nach Tod. Whytt's Meinung, dienen
sie auch als Reiz zur Erweckung der Lebens-
kraft des inwendig mit einem so kallösen
Ueberzug bekleideten Magens. S. dessen
Essay on the vital and other involuntary mo-
tions of animals. S. 85. Ausg. v. 1751.
Vgl. z.B. mit der unsrigen Moulen's
Figur, welcher zweifelhaft ist, ob diese Ner-
ven zum Tasten oder zum Schmecken dienen.
Philosophical Transactions N. 199.
Histoire naturelle des oiseaux T.
VII. S. 100. fgg. ‘„le bes excessif, inutile
du toucan, renferme une langue encore plus
inutile, et dont la structure est très-extraor-
dinaire: ce n'est point un organe charnu ou
cartilagineux comme la langue de tous les ani-
maux ou des autres oiseaux, c'est une véri-
table plume bien mal placée: comme l'on
voit, et renfermée dans le bec comme dans un
etui.“’
Und S. 113. ‘„La langue des toucans est,
comme nous venons de le dire, encore plus
[Seite 52] extraordinaire que le bec: ce sont les seuls
oiseaux qui aient une plume au lieu de lan-
gue, et c'est une plume dans l'acception la
plus stricte, quoique te milieu ou la tige de
cette plume-langue soit d'une substance
cartilagineuse, large de deux lignes; mais elle
est accompagnée des deux cotés de barbes très-
serrées et toutes pareilles à celles des plumes
ordinaires“’ u.s.w.
Es bedarf wohl jetzt kaum einer Bemerkung
mehr, daß unter der Benennung Amphi-
bien, im Sinne des Systems bloß die vier-
füßigen Landwasserthiere (reptilia) und
Schlangen begriffen werden; keineswegs
aber die sogenannten Knorpelfische, die der
verdienstvolle Linne' nicht der Natur gemäß
von den übrigen Fischen trennte, und zu der
Klasse der Amphibien rechnete.
Vgl. Broussonet in Mém. de l'Ac. des
Sc. de Paris 1780. S. 679. fg.
Camper in den Schriften der Ge-
sellschaft naturforschender Freun-
de zu Berlin. Bd. 7. Abth. 2. S. 197.
folg.
Und zwar vornehmlich aus dem Geschlechte der
Frösche mit der gemeinen Kröte, der Feu-
erkröte, dem braunen Grasfrosche,
dem grünen Wasserfrosche und Laub-
frosche; aus dem Geschlechte der Eidexen
[Seite 67] mit der grünen und Sumpf-Eidexe,
dem Molche und Wassermolche; aus
der Ordnung der Schlangen aber bloß mit
der Ringelnatter und Blind-
schleiche.
So sagt auch Haller von den Fröschen
oper. minor. Th. 1. ‘„Das arteriöse und ve-
nöse Blut ist bei den Fröschen nicht verschie-
den.“’ Von dem Molche sagt Spallan-
zanide' fenomeni della circolazio-
ne S. 100. ‘„Avutasi egualità di diametro,
al colore del sangue venoso è somigliantissomo
al colore del sangue arterioso.“’ und S. 193.
‘„Il sangue arterioso in nulla differisce dal ve-
noso sia nel colore, sia nella densità.“’
Zuerst hat dieses meines Wissens angemerkt
[Seite 71] Caldesi in observ. anat. intorno alle Tar-
tarughe S. 60 fg.
Vgl. Mery in Hist. de l'Acad. des Sc. de
Paris avant 1699 Bd. 2. S. 210. fg.
S. Caldesi von den Schildkröten a. a. O.
S. 64. Vgl. Redi opera ed. vernac. Neap.
1778. Bd. 6. S. 32 fg. An den hieländi-
schen vierfüßigen Amphibien ist es gewöhn-
lich.
Vgl. z.B. Coiter
observ. anat. chirurg.
S. 126. Charas
nouvelles experiences sur
la vipere S. 39. Pariser Ausg. von 1678.
Tyson
in philos. Transact. No. 144. S. 30.
Taf. I. Fig. 1. Taf. 2. Fig. 4. Seba
The-
saur. Bd. 2. Taf. 109. Fig. 1. 3. 4. 5.
Morgagni
advers. anatom. V. 29. Vgl.
die schönen Versuche an einer gefangenen
Schildkröte in der Hist. des animaux der Pa-
riser Akademisten. Th. 2. S. 194. fg.
Ueber diese vita propria, worüber der be-
rühmte Verfasser in mehreren seiner Werke,
hauptsächlich aber in der Instit. Physiol. Ab-
schn. 4. §. 42. Ausg. von 1798 spricht, wird
man mit Nutzen nachlesen C. Ch. E. Schmid
Physiologie philosophisch bearbeitet Band I.
S. 182. fgg.
Schneider Naturgeschichte der Schildkrö-
ten, S. 312. 330. und in der Vorrede S. 42.
Von den zahlreichen Beispielen in beider
Art will ich nur wenige anführen.
Man vergleiche z.B. des Selbstbeobachters
Luid
lithophylac. Britann. S. 112.
le Cat bei Alleon du Lac in den Me-
langes d'histoire naturelle Bd. 3. S. 95. fg.
The Gentleman's Magazine Bd. 26. 1756. S.
74. fg. 240. fg.
Guettard in den Mém. sur differ. part.
des Scienc. et arts Bd.4. S. 615. fg.
Histoire de l'Academie des Sc. de Berlin,
J. 1782. Mehrere haben angeführt Haller
d. c. h. fabr. et. funct. Bd. 7. S. 151. fg.
Kästner in der Vorrede zur teutschen
Uebers. der actor. Holmiens. Bd. 3.
Diesem entsprechen die Erfolge anderer von
[Seite 90] andern in der berühmten Hundsgrotte bei Nea-
pel angestellter Versuche, z.B. von Nollet,
der die seinigen erzählt in den Mém. de l'Ac.
des Sc. de Paris. J. 1750. S. 72.
von Ad. Murray in Swensk Vetens k.
acad. Handlingar J. 1775. Bd. 36. S. 249.
Della Torre machte die Erfahrung, daß
eine Kröte fast auf eine halbe Stunde in
dieser Höle ausdauern konnte, und eine Ei-
dexe nach fünf Vierthelstunden, denn so lange
war sie in dieser Atmosphäre eingeschlossen,
noch lebte.
Die Worte Bern. Konnors
de antr.
lethiferis S. 64. ‘„Frösche, Schildkröten,
und andre Amphibien, die weniger Luft zur
Erhaltung des Lebens brauchen, können sehr
lange in dieser Höle leben“’ erkläre ich eben-
falls so, daß darunter ein ähnliches längeres,
aber doch keineswegs fortdauerndes Leben der
Amphibien in einer solchen Höle voll fixer
Luft, zu verstehen sei.
Vergl. nach Cigna
Spallanzani in
opusculi di sisica animale e vegetabile Bd. 2.
S. 145 fg. wo er auch einige Irrthümer
Veratti's in Ansehung dieser Versuche
scharfsinnig verbessert.
Braun in den Nov. Comment. acad. Pe-
tropol. Th. 13. S. 427 fg. behauptet ‘„das
er nach vielen über die Frösche angestellten
Versuchen gesehen habe, daß sie aller ihnen
zukommenden Wärme ermangelten, sondern
bloß die Wärme bei sie umgebenden Mediums
hielten, und glaubt, daß diejenigen nicht
gänzlich von dem Erschleichungsfehler frei sind,
welche diesen Amphibien einige Grade innerer
Wärme, unabhängig von dem Fluidum oder
überhaupt Medium, das sie umgiebt, Luft
und Wasser, zuschreiben.“’
Auch hievon will ich nur wenige Beispiele an-
führen:
Th. Reines Bericht von einer Magd in
Altenburg in Th. Bartholin's Act. Hav-
niens. Bd. 2. S. 110 fg.
Harder apiar. observat. S. 89.
Jo. Rud. Zwinger in den Act. Helvet.
Bd. 1. S. 22 fg.
Batigne in Hist. de l'Ac. des Sc. de Ber-
lin J. 1770. S. 40 fg.
Eine Menge von Citaten s. bei Jakobä
de ranis et lacertis S. 12. fg.
Schröck zu Joh. Helwig
observat. S.
249 fg. 272 fg.
Kundmann in promptuario S. 108 fg.
Und in den A. N. C., collect. Vratislavienf.
und im Commerc. litter. Norico u.a.m.
So erzählt auch von den Wassermol-
chen
du Fay in den Mém. de l'Acad. des
Sc. de Paris J. 1729. S. 144 fg.
Diss. de basi encephali. S. 17.
Derselbe über die körperlichen Verschieden-
heiten bei Negers vom Europäer 2te Ausg.
S. 60 fg.
Dies sagt von dem Krokodill Vesling
observat. anat. S. 39.
Von den Schildkröten Schneider
Naturgeschichte der Schildkröten S. 285 fg.
Von den amerikanischen Krokodillen, s. de
Pagés voyages autour du munde Th. 1.
S. 41. 48.
Außer Herodot's und Strabo's des
Augenzeugen Jo. Graves's s. dessen Mis-
cell. works S. 525.
Daß der Hunger der warmblütigen Thiere-
ausgenommen wenn sie im Winterschlafe lie-
gen, oder von Krankheiten angegriffen sind,
mit dem langen Hunger der Amphibien kaum
zu vergleichen sey, darüber s. außer andern
diss. academicor. institui Bonon. (mit Bee-
cars Auslegung) bei Papst Benedikt XIV.
de servor. dei beatificatione B. 4. Abth. 1. S.
328 fg.
Derselbe Beccar in comment. instit.
Lonon. Th. 2. Abth. 1. S. 223 fg.
S. dessen weerachtighe Beschryvin-
[Seite 125] ghe van drie Seylagien, u.s.w. Am-
sterd. 1598. Ov. 4. S. 43. b.
S. außer andern Ph. Jak. Hartmann
dubia de generat. viviparor. ex ovo S. 26.
Von den Eidexen auf den Antillen Ol-
dendorp Geschichte der Caraibischen Mis-
sion. S. 97.
Niebuhr sah zu Surate eine Schildkröte
von 125 Jahren. S. dessen Reise, Band 2.
S. 72.
Vgl. Labat voyage aux isles de l'Amerique
2te Ausg. Th. 2. S. 243 fg. ‘„Die gleiche
Kleidertracht ist kein Hinderniß, daß man
nicht die Karaiben von den Negern sogleich
unterscheiden sollte, denn diese letzten haben
krauses Haar, wie Wolle, bei den erstern
hergegen ist es schwarz, lang, gerade und
sehr stark.’
Vgl. Thibault de Chanvalon voyage
à la Martinique S. 39 fg. ‘„Die zu den Ka-
raiben gekommenen Neger nehmen die Sit-
ten und Gewohnheiten derselben an. Sie
platten, wie diese, den Kopf ihrer Kinder
nach hinten ab, indem sie ihnen nach der
Geburt denselben zwischen zwei Seiten drük-
[Seite 152] ken, wodurch sie natürlicher Weise unförm-
lich und monströs werden.“’
An einem andern Orte sagt der Herr Verf.
‘„Wenn zuverlässige Beobachter den
Köpfen der wahren Türken eine auszeichnen-
de durch die Kunst bewirkte Form zuschreiben,
und ich erhalte ein Paar Schädel aus dem
türkischen Heer von Oezakow, und diese Schä-
del haben jene auszeichnende Form so, daß
sie auch ein Blinder schon auf den ersten
Griff durchs Gefühl anerkennen müßte, und
sie kommen darin nicht nur beide mit ein-
ander, sondern auch mit einer dritten calva-
ria, in meiner Sammlung überein, die von
einem türkischen Offizier ist, der hundert
Jahre vorher bei Fünfkirchen blieb, und alle
dreie wieder mit den Portraitmäßigen Ab-
bildungen wahrer Türken von Meisterhand,
die ich vor mir habe; – so muß ich entweder
glauben, daß meine Schädel auch wahre Tür-
kenschädel sind, – oder aber, daß ein cu-
rioser Zufall, wie der, der einst die sechs ge-
krönten Häupter im Candide zusammen-
brachte, mir drei sceletirte Häupter von
Nicht-Türken, und doch mit allen auszeich-
[Seite 154] nenden Charakteren wahrer Türken, mitten
aus den türkischen Heeren, in meine Samm-
lung nach Göttingen gespielt hat.“’