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Versuch
einer Geschichte
der
Steinkohlen, der Braunkohlen
und des
Torfes,
nebst Anleitung,
diese Fossilien kennen und unterscheiden zu lernen,
sie aufzusuchen und nützlich anzuwenden,
von
Joh. Carl Wilhelm Voigt,
Herzogl. G. Weimarischen Bergrathe, der kaiserl. Academie
der Naturforscher und mehrerer gelehrten Gesellschaf-
ten Mitgliede.
Zweyter Theil.
Mit zwey Kupfertafeln.
xxx
Weimar,
1805
.
In der Hoffmanischen Hof-Buchhandlung.
[[I]] [[II]]

2) Beantwortung des vorstehenden
Schreibens, vom Herrn Hofrath
Blumenbuch
. (Göttingen den 3. Sept.
1801.)

[Seite 168]

Ew. erstatte ich meinen, zwar durch eine Last von
mancherley kleinen Geschäften und Abhaltungen sehr ver-
[Seite 169] späteten, aber um nichts desto minder herzlichen ver-
bindlichsten Dank, für Ihre lehrreiche Zuschrift sowohl,
als für das mir überaus interessante Geschenk der in-
struktiven Suite zur Geschichte des Fossilen-Holzlagers
von Kaltennordheim.

Was die merkwürdigen kleinen Körperchen zwischen
der Braunkohle betrifft; so halte ich mich nach möglichst
sorgfältiger Untersuchung derselben für überzeugt:

Wenigstens habe ich weder in der, im hiesigen Mu-
seum befindlichen Sammlung von Sämereyen, noch
auch in drey Kupferwerken, die ich deshalb durchgese-
hen: nämlich Tournefort institut. rei herbariae,
Parsons Theatre of Seeds
, und Gaertner de fructi-
bus et seminibus
, ein Original dazu auffinden
können.

Daß diese Kapseln nie im conservirten Holze, son-
dern bloß in demjenigen vorkommen, das zu dichter
[Seite 170] Braunkohle metamorphosirte, und theils mit Pechkoh-
le durchzogen worden, das bleibt zwar immer ein auf-
fallendes, vor der Hand noch zum Theil problematisches
Phänomen, das aber doch wohl manche nicht unwahr-
scheinliche Erklärung zuläßt, wenn man eben den sehr
umgewandelten Zustand des Holzes zu Kohlen betrach-
tet, und die Größe der Revolution und des mächtigen
chemischen Decompositions-Prozesses bedenkt, durch den
die Fossilen-Holz- und Braunkohlenlager in ihre jetzige
Lage und Beschaffenheit gekommen seyn müssen. Ein
Prozeß, der, mutatis mutandis, sehr viel Aehnliches
mit demjenigen gehabt zu haben scheint, dessen Ew. in
anderer Rücksicht gedenken, wodurch nämlich die 100000
menschlichen Leichen, auf dem Kirchhofe des Innocens,
in Zeit von einigen Jahrhunderten, in eine Art von
Wallrathflötz umgewandelt worden. Wenigstens haben
mir die Stücke dieser adipocire, die ich von dem ge-
dachten Kirchhofe besitze, gar sehr die Vorstellung von
der Entstehung der Holz- und Kohlenflötze erleichtert,
vollends wenn man bey diesen noch das in Anschlag
bringt, was bey jenen Leichen wegfällt – die unver-
gleichbare längere Zeit und enormen Kräfte von Bewe-
gung und Druck, wodurch die zahllosen Baumstämme
umgerissen (vielleicht fortgetrieben oder zusammen ge-
schwemmt) worden, und noch seit ihrer chemischen De-
composition durch die darüberliegenden Lasten von Erd-
[Seite 171] lagern zusammengepreßt seyn müssen*). Denn so we-
nig auch ich es freilich begreifen könnte, wenn diese Kap-
seln bloß (wie sich Hr. Bergrath Voigt im 1sten Theile
seiner kleinen mineralogischen Schriften, S. 77. aus-
drückt) niedergesunken seyn sollten, eben so wenig un-
begreifliches finde ich dagegen, wenn ich mir sie nach ih-
rem jetzigen Vorkommen, als gewaltsam niedergedrückt
denke.

Gelegentlich wünschte ich wohl von Ew. gefälligst
belehrt zu werden, ob dieses fossile Holz nach einerley
bestimmten Richtung liegt, und nach welcher? Ob et-
wan, wie der alte Conring von diesen Hölzern sagte,
mit der Wurzel gegen Nordwest und mit dem Gipfel
nach Südost; oder, wie Beroldingen angiebt, mit der
Wurzel gegen Südwest, und mit dem Gipfel nach Nord-
ost**). Doch hoffentlich lerne ich dies aus der Fort-
setzung Ihrer so vortrefflichen geologischen Beschreibung
des Thüringerwaldgebirgs, der ich mit großen Verlan-
gen entgegen sehe etc.

Notes
*).
[Seite 171]

*) Bekanntlich wird auch das bituminöse Holz äußerst sel-
ten, oder nie, rund, sondern jederzeit breit gedruckt
angetroffen.

d.H.

**).
[Seite 171]

Diese Hölzer liegen so verworren durcheinander, daß
man selbst bey ausgeförderten großen Stücken, die auf
der Halde mit Aexten klein gespalten werden, oft noch
siehet, wie zwey Stücke übers Creuz zusammengepreßt
sind.

d.H.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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