Das academische Museum hat auf Veranlas-
sung der, für das Wachsthum unsrer Univer-
sität so unablässig besorgten, Königlichen
Landesregierung von Sr. Majestät dem König ei-
nen neuen Zuwachs erhalten, der ihm zu einer sehr
auszeichnenden Zierde gereicht. Es ist dieß eine
Sammlung von Naturalien und Kunstsachen, aus
den vom würdigen Captn Cook neuentdeckten oder
doch vorher wenig bekannten Ländern der Südsee;
die an Vollständigkeit ausser England höchstens
etwa noch in Frankreich, sonst aber wohl schwerlich
ihres gleichen haben dürfte, und deren Werth noch
dadurch erhöht wird, daß wenigstens manche der Ge-
genden, wo sie gesammlet worden, nicht so bald
wieder von Europ. Schiffen besucht werden möchten.
Ihre Nutzbarkeit erstreckt sich, so wie auf die Na-
turhistorie überhaupt, so vorzüglichst auf die Ge-
schichte des Menschengeschlechts insbesondre. Für
jene wird sie um so lehrreicher, da ausser den un-
ter der eignen Rubrik von Naturalien begriffnen
Conchylien, Vögeln etc. auch die mehresten Artefacten,
theils mit neuen Conchylien besetzt, theils aus
merkwürdigen Steinarten u.s.w. verfertigt sind.
Für diese aber sind die Kunstsachen selbst am in-
teressantesten, da sie – sprechender als alle Reise-
beschreibungen – den ganzen Character und den
verschiednen Grad der Cultur der mancherley, durch-
gehends so merkwürdigen Südländischen Völker, be-
stimmen; der sowohl in den zur Stillung der drin-
gendsten Bedürfnisse des menschlichen Lebens nöthi-
gen Werkzeugen, zum fischen, jagen, zur Berei-
tung des Brodes, zur Kleidung etc. als in ihren
Waffen und Hausgeräthe, in ihrem Putz, musica-
lischen Instrumenten u.s.w. gleich sichtbar ist.
Die meisterhaftesten kunstreichsten Sachen von allen,
sind die auf der letztern Reise von den Einwohnern der
Sandwich-Inseln, und vornemlich von Owaihi,
wo der wackre Cook seinen Tod gefunden, mitge-
brachten Kleidungsstücke, als wodurch die von
Utaheiti und von allen andern bisher bekannten In-
seln der Südsee, bey weiten übertroffen worden. Ih-
ren baumrindnen Zeugen sind überaus artige, theils
recht geschmackvolle und lebhaft gefärbte Zeichnun-
gen, wie unserm Cattun, aufgedruckt: ihr Feder-
schmuck aber, besonders ein mit unzähligen kleinen
scharlachrothen und goldgelben Federgen dicht über-
zogner Helm und Mantel, sind ohne Widerrede die
prachtvollsten und künstlichsten Arbeiten der Art, die
man bis jetzt bey irgend einem sogenannten wilden
Volke gefunden.
Am 2 Jul. übernahm unser Herr Hofrath Gat-
terer das Prorectorat, welches bisher ein Jahr über
vom Hrn. Hofrath Murray geführt war. Seine
Antrittsrede ist bey Dieterich auf 2½ Bogen in
Octav, im Druck erschienen: Memoria Saeculi Hil-
debrandini und eines Inhalts, der schon der Zeit-
umstände wegen Aufmerksamkeit erwecken kann;
denn was kann mehr auffallen, als des Pabsts
Pius VI. Reise zum Dentschen Kaiser unter bestän-
diger Ertheilung des Segens und brüderlicher Küsse,
gestellt gegen Gregors VII. Bannstral, mit dem
er K. Henrich IV. zu Boden warf, und ihn zwang
nach Rom zu kommen, und baarfuß vor seinem
Palast Busse zu thun.
Der Anschlag zur Einladung und Bekanntma-
chung dieser Feyerlichkeit ist vom Hrn. Hofr. Heyne
abgefaßt und auch bey Dieterich 2 Bogen in Fol-
abgedruckt: de febribus epidemicis Romae falso
in pestium censum relatis. Die sogenannte In-
fluenza oder das Russische Fieber, das sich im Früh-
jahre auch in unsre Gegenden verbreitet hatte, und
von dem wir hören, daß es nun Frankreich durch-
wandert und über die Alpen in Italien eingedrun-
gen ist, gab dem Hrn. H. die sehr natürliche Ver-
anlassung, den Gedanken zu verfolgen: ob nicht
auch in den frühern Zeitaltern der Welt Spuren
von dergleichen Fiebern sich finden, die sich über
einen ganzen Welttheil verbreiteten. Leider sind die
Annalen des Menschengeschlechts so äusserst unvoll-
kommen, daß wir von sehr wenig Dingen, die wir
wissen möchten, und in sehr wenig Zeitperioden,
etwas wissen. Wir lesen bey Griechen und bey
Römern von Seuchen, es werden allgemeine Wör-
ter λοιμος, pestilentia, gebraucht. Durch genauere
Vergleichung des Zustandes der alten Welt über-
[Seite 780] haupt, und dessen, was die höchst mangelhaften
Nachrichten von jedem Falle enthalten oder an die
Hand gebend wird in dieser Schrift wahrscheinlich
gemacht, daß diese Seuchen blos epidemische Fie-
ber gewesen sind, und daß es kein einziges Bey-
spiel einer wahren Pest darunter giebt, bis erst im
zweyten Jahrh. nach C.G. da 169. das Heer des
L. Verus, das vom Zug gegen die Parther zurück
kam, die wirkliche Pest mit nach Italien brachte;
sie entstand, wie oft andere Pesten, durch Geräthe,
das mit der Pest angesteckt war: bey der Plünderung
eines Tempels zu Babylon kamen die Soldaten an
einen vermauerten Platz, worinn ein golden Käst-
chen verwahrt ward. Fast läßt sichs glauben, daß
die Pest unter die Krankheiten gehört, die erst zu
einer gewissen Zeit zum Vorschein gekommen sind.
In den Kriegen mit den Carthagern, bey den vie-
lem Verkehr der Römer und der Griechen mit den
Küstenvölkern von Africa in Zeiten, wo man noch
so wenig Vorkehrungen gegen die Pest machte, sollte
doch irgend einmal Erwähnung der Pest vorkom-
men; allein im Lager der Carthager in Sicilien und
anderwärts, findet man blos faule Fieber, wie sie
in Läger einbrechen. Hätten wir die Geschicht-
schreiber von Carthago noch, so würden wir frei-
lich mehr Licht über die Sache haben; einigemale
wird von Seuchen gesprochen, welche in Carthago
selbst herrschten; wäre es wirklich die Pest gewesen,
so wird es kaum begreiflich, wie bey den damali-
gen, so viel bekannt ist, geringen Anstalten, die
Pest sich nicht weiter in die Colonien, unter den
Nachbarn und durch die Handelsplätze verbreitet
haben sollte. Die Griechen sprechen viel von Pesten,
schon in der Heldenzeit: keine ist aber hinlänglich
bekannt, als die Pest zu Athen, im Peloponnesi-
schen Kriege: bey dieser kommen mehrere Charak-
[Seite 781] teren der wahren Pest vor, auch daß sie aus Aethio-
pien, dem Vaterlande der Pest, wo sie epidemisch
ist, gekommen seyn soll. Doch lassen grosse Aerzte
auch diese noch für keine wahre Pest gelten.