Voyage de la Pérouse autour du monde –
Vierter Band, der einzelne Abhandlungen, Auf-
sätze und Briefe, theils von ihm selbst, theils von
seinen gelehrten Reisegefährten, enthält.
1) Bemerkungen, die de Lamanon und Mon-
gès auf dem Pic von Teneriffa gemacht. Das
flüchtige Alkali, der Aether und der Weingeist ha-
ben auf der Höhe desselben (gegen die sonstige
Behauptung) wenig oder nichts an Stärke und
Geruch verloren. Die atmosphärische Electricität
war daselbst beträchtlich, und zwar positiv.
2) Einige sehr interessante Abhandlungen des
Dr. Rollin über das Physische einiger der be-
suchten fremden Völkerschaften. Die Oster-Insel
sey nicht so steril, und ihre Einwohner nicht so
armselig, als sie geschildert worden. J’y ai vu,
au contraire, sagt er, une peuplade assez nom-
[Seite 1386] breuse, mieux partagée en grâces et en beauté
que toutes celles que j’ai eu occasion de ren-
contrer depuis. – à la couleur près, la face
n’offre point de différence d’avec celle des Eu-
ropéens: – les femmes reunissent à une con-
formation régulière, le poli et la grâce dans
le contour des membres; elles ont le visage
d’un oval agréable, de la douceur, de la fi-
nesse dans les traits, et il ne leur manque que
le teint pour être belles selon les idées que
nous attachons à la beauté. – Auf den Sand-
wich-Inseln war der Aussatz und die Lustseuche
mit ihren schrecklichen Folgen sehr gemein. Auch
in den Spitälern auf Madera und Manilla fanden
sich eine Menge Aussätzige.
3) Des Ingenieur Bernizet sehr genaue No-
tizen von der Oster-Insel und den dasigen son-
derbaren Wohnungen, Gräbern und colossalischen
Bildern. – Dazu die Risse und Abbildungen
Nr. 11. und 12. des Atlas.
4) Dr. Rollin’s physiologischer und patholo-
gischer Aufsatz über die Indianer von Chili und
auf der nordwestlichen Küste von Amerika, der
freylich zu den Recherches des Hrn. de Pauw
ein sonderbar contrastirendes Gegenstück gibt.
Les écrivains, heißt es hier, qui ont parlé des
Americains comme d’une espèce dégénérée,
ont suivi les écarts de leur imagination, et
n’ont rien donné à la verité. – Genaue Be-
schreibung des warmen Sandbades, dessen sich
die Californier zur Heilung der Lustseuche bedie-
nen. – Die leichtern Niederkunften der nord-
westlichen Amerikanerinnen werden ihrem weitern
Becken zugeschrieben. (– Aber der bloße äussere
Umfang des so genannten großen Beckens, so
wie ihn Hr. R. gemessen, beweiset dieß noch nicht.
[Seite 1387] Auch war er hier nicht auffallend weit, und nach
der S. 60 gegebenen Vergleichungs-Tabelle bey
den Männern noch weiter, als bey den Wei-
bern. –)
5) La Martinière über einige weißblütige
Seethiere des Indischen und großen Oceans. Das
meiste sind Mollusca.
6) Wieder Dr. Rollin über die Einwohner
der Küste des Amurlandes und der Insel Sega-
lien. Unter letztern auch welche mit blauen Au-
gen und castanienbraunem Haar. – Sie haben
vollständige und dabey doch compendios tragbare
Webstühle. – Die Schilderung der Gesichtsbil-
dung der erstern ist, als ob sie genau nach dem
Schedel von diesem so wenig bekannten Volke
aufgesetzt wäre, der als eine der vorzüglichsten
Seltenheiten der Blumenbachischen Sammlung in
der Decas tertia craniorum, tab. XXIII. abge-
bildet und beschrieben worden. Auch die von den
Köpfen genommenen Dimensionen treffen mit de-
nen an diesem Schedel aufs passendste zusam-
men. – Auffallend merkwürdig ist, daß Hr. R.
unter diesen Schinesischen Tungusen keine Spur
von Lustseuche so wenig, als von den Pocken, hat
bemerken können.
7) Des Ober-Ingenieurs de Monneron nau-
tisch-geographisch-statistische Bemerkungen über
die auf dieser Fahrt besuchten Amerikanischen
Küsten.
8) Eben dergleichen von la Pérouse selbst über
Manilla und Formosa.
9) De Lamanon über eine frische (nicht fos-
sile) Gattung von Bohrmuscheln aus der Meer-
enge am Amurlande, mit einer sehr ausführlichen
Beschreibung ihres Bewohners. (– Aber irrig
wird S. 117 gesagt, Woltersdorf habe zuerst in
[Seite 1388] seinem Mineralsystem der versteinten Terebratulu
gedacht. Sie sind schon im vorigen Jahrhundert
von Lachmund, und früher noch von Fabius Co-
lumna, beschrieben und abgebildet. – Auch
manche Nahmen sind ganz unkenntlich verdruckt,
z.B. M. de Hapech S. 118 ist Hr. Baron von
Hüpsch. –)
10) Die Überschrift des folgenden Aufsatzes
vom gleichen Verfasser, nähmlich die Beschrei-
bung einer ebenfalls frischen, nicht fossilen, Gat-
tung von Ammonshörnern, die er auf der Süd-
see gefunden, hat unsere Erwartung getäuscht.
Ein unversteintes wahres Ammonshorn wäre für
die Zoologie sowohl, als für das geognostische
Petrefacten-Studium, eine große Neuigkeit ge-
wesen: so aber ists weiter nichts, als eine flache
Schnecke, ohne alle Scheidewände oder Kammern
(kurz keine polythalamia), die Hr. de L. gegen
allen bisherigen scientifischen Sprachgebrauch mit
ins Ammoniten-Geschlecht ziehen will. Hingegen
sagt er selbst: l’extinction de l’ancienne race
des cornes d’Ammon est un fait certain, qu’
aucune supposition raisonnable ne peut détrui-
re; et ce fait est, sans contredit, le plus éton-
nant que puisse nous présenter l’histoire des
animaux aquatiques.
11) La Pérouse über den Pelzhandel, zumahl
mit den Seeotterfellen. Er selbst hatte ihrer
ungefähr tausend Stück von den nordwestlichen
Amerikanern eingehandelt, die dann in Schina
für 10,000 Piaster, einzig und allein zum Pro-
fit seiner Mannschaft, verkauft wurden.
12) Auszüge aus Briefen von ihm und An-
dern, meist an den damahligen See-Minister. –
La P. rechnet sichs gleichsam zum Verdienst, daß
er nicht nach Utaheiti und den Gesellschafts-Inseln
[Seite 1389] gegangen; – à ces éternelles iles de la Société,
sur lesquelles on a déjà beaucoup plus écrit
que sur plusieurs royaumes de l’Europe –
J’avoue, sagt er, que je me félicite de n’avoir
à parler, ni de Taïti, ni de la reine Obéréa.
(– Freylich mußte er als Anführer einer solchen
Entdeckungsreise auf dem großen Ocean sich von
so oft besuchten Gegenden entfernt zu halten su-
chen: auch konnten nun die wiederhohlten Nach-
richten von Utaheiti nicht mehr den Reitz der Neu-
heit fürs große lesende Publicum haben, den die
ersten ausführlicheren Schilderungen von dieser
Feen-Insel und von ihrer so interessanten Köni-
ginn vor 25 Jahren hatten, da Cook’s erste große
Weltreise in Hawkesworth’s Sammlung erschien,
und schon dadurch ein Glück machte, das keiner
der folgenden wieder zu Theil worden ist! –)
Über die Mittel, die er brauchte, die Gesundheit
seines Schiffsvolkes zu erhalten, besonders dem
Scharbock vorzubeugen, kommen hier und da
auch in den vorhergehenden beiden Bänden um-
ständliche Notizen vor. Zu diesem Behuf ließ er
z.B. zuweilen Kaffee zum Frühstück geben: un-
vermerkt einen Aufguß von Chinarinde unter den
Grog (Branntwein mit Wasser) mischen; ließ die
Leute, wenn es anders das Wetter gestattete,
Abends von 8–10 Uhr tanzen u.s.w. – Der
edle Charakter des verdienstvollen la P. zeigt
sich hier, so wie an hundert Stellen des Tage-
buches, auch dadurch im schönsten Lichte, daß er
jede Gelegenheit sucht und nutzt, um dem Genius
seines großen Vorgängers Cook aus reinem er-
kenntlichen Herzen zu huldigen.
Den Schluß dieses Bandes machen 13) de La-
manon’s merkwürdige Beobachtungen, die er in
[Seite 1390] der Nähe des Äquators über das daselbst alle
sechs Stunden periodisch abwechselnde Steigen und
Fallen des Barometers angestellt hat. Eine Art
von Ebbe und Fluth in der Atmosphäre, die
doch den Stand des Quecksilbers meist um 1 bis
1½ Linien veränderte.
und endlich 14) Ventenat’s botanische Be-
schreibung der Lardizabala, eines neuen smilax-
artigen Pflanzengeschlechts aus Chili, wovon la
Martinière eingelegte Exemplare mit dem durch
Lesseps von Kamtschatka überbrachten Transport
geschickt hatte.
In dem zu diesem Werke gehörigen Atlas
du voyage de la Pérouse ist das Gemeinnützigste
eine vortreffliche große Weltkarte; dann auch eine
General-Karte vom großen Ocean oder der so
genannten Südsee, mit Inbegriff von fast ganz
Amerika, und eine andere vom nordlichen Theil
jenes Oceans bis zum Wendekreis des Krebses.
Das Wichtigste aber sind die Karten von der
Küste des Amurlandes, der Insel Segalien, Staa-
ten-Insel und Companie-Land. Unter den übri-
gen Kupfern vorzüglich porträtmäßige Abbildun-
gen der Tungusen und Segalien-Insulaner. Ge-
naue Vorstellung der verschiedenen Fahrzeuge vie-
ler von la P. besuchten Insulaner und Küsten-
bewohner. Zur Naturgeschichte ausser den im
vierten Bande beschriebenen Thieren und Pflanzen
noch einige Vögel und See-Igel. – Die Kupfer
selbst sind von ungleicher Güte; und auf einigen
scheint offenbar die durchs Zeichenbuch verdorbene
Hand der Künstler Manches idealisirt und ma-
nierirt zu haben.