Unter der Last von colorirten Kupferwerken zur
Naturgeschichte, die sich seit zwanzig Jahren –
bey weitem nicht immer zur wahren Bereicherung
oder Erleichterung des Studiums – fast ins Un-
übersehliche gehäuft haben, und von welchen
schwerlich eins von Bedeutung in unsern Blättern
übergangen seyn wird, sind gewiß nur wenige,
die auf einen so verdienten Beyfall der Natur-
und Kunstkenner, so wie auf allgemeine Bewun-
derung, rechnen dürfen, als das, an welchem sich
Rec. bey der gegenwärtigen Anzeige geweidet hat.
Die Rede ist von der prachtvollen Collection
des oiseaux dorés ou à reflets metalliques, die
zwey Bände in groß Folio, jeden ungefähr von
60 Kupferplatten und unter folgenden Titeln be-
greift:
T.I. Histoire naturelle des Colibris et des
Oiseaux-mouches, par J.B. Audebert. –
Ouvrage orné de Figures d’une exécution nou-
velle, dessinées d’après nature par l’auteur, et
imprimées en couleurs.
T. II. Histoire naturelle des Grimpereaux su-
criers, des Promerops, et des Oiseaux de
Paradis. Par L.P. Vieillot, naturaliste voya-
geur – d’après les dessins originaux commencés
par J.B. Audebert et continués par C. Sau-
vages.
Das Werk kommt in Heften heraus, deren wir
vom ersten Bande neune, vom andern zweye vor
uns haben; und wird, wenn es beendigt ist, den
Käufern, die nicht subscribirt haben, nahe an
200 Thaler kosten. Aber es erfüllt auch alle Er-
fordernisse aufs vollkommenste, die einem so theuern
Prachtwerke nicht bloß zur Entschuldigung, son-
dern zur verdienten Empfehlung dienen müssen.
Es betrifft Gegenstände, die, wie zumahl die Co-
libris, allgemein bewundert werden; die schon
überhaupt bey uns selten sind; vollends aber in
so einer zahlreichen Mannigfaltigkeit von Gattun-
gen wohl nirgends beysammen gefunden werden;
von welchen ferner ein großer Theil noch gar nie
abgebildet worden; und in deren Naturbeschrei-
bung noch gar manche Dunkelheit und Verwirrung
herrschte, die nur durch genaue Vergleichung ei-
ner Menge von Individuen gehoben, und doch
auch wieder nicht durch Worte deutlich genug ge-
macht worden konnte, sondern durchaus colorirte
Abbildungen erforderte. Alles dieß leistet das im
Wortverstand unvergleichliche Werk, das wir an-
zeigen, zu dessen Ausführung auch die glücklichste
Verbindung seltener Umstände zusammentreffen
mußte. Zuvörderst ein Reichthum von Exempla-
ren zur Vergleichung und Auswahl der abgebil-
deten Geschöpfe in den ansehnlichen Pariser Samm-
lungen, vor allem aber in dem durch den Krieg
so mächtig bereicherten National-Museum. Dann
ein Mann, wie der nun leider verstorbene Aude-
[Seite 403] bert, der großes Künstler-Talent mit gründlichem
Studium der Naturgeschichte seiner Fächer, die er
bearbeitete, verband: und der, sowohl für das
Scientifische, als für das Artistische dieser Unter-
nehmung sehr nutzbare, thätige Gehülfen fand:
Für jenes nähmlich zumahl den eifrigen Ornitho-
logen, Hrn. Vieillot, der lange in verschiedenen
Gegenden von America, dem einzigen Welttheil,
der Colibris hervorbringt, gelebt und ihre Öcono-
mie beobachtet hatte: Für dieses aber den Pro-
fessor der Zeichenkunst, Hrn. Bouquet, durch des-
sen Beyhülfe er diese kleinen Wundervögel in einer
Vollkommenheit dargestellt hat, von der Büffon,
so wie mehrere andere Naturforscher, geradezu be-
hauptet haben, daß sie jenseits der Grenzen der
Kunst liege. Diese Vollkommenheit ist besonders
dadurch erreicht, daß auch das Gold – so wie
die Farben des Gefieders – nicht durch Illumina-
tion mit dem Pinsel auf das Papier, sondern
gleich auf die Kupferplatte selbst aufgetragen
worden. Die täuschende Ähnlichkeit, die dadurch
erreicht ist, zeigt sich zum Bewundern, wenn man,
so wie der Rec. gethan hat, eine Anzahl der Vö-
gel selbst mit diesen Blättern vergleicht, deren
übrige Vorzüge an Treue und Leben ganz so sind,
wie sie sich von der kunstreichen Hand, die vor-
her die Naturgeschichte der Affen bearbeitet hat,
erwarten ließen.
Der erste Band enthält, wie gesagt, die Co-
libris und Mückenvögel, denn auch hier wird, so
wie bey Brisson und Büffon, das sonstige ge-
meinschaftliche Geschlecht Trochilus in jene Zweye
vertheilt; doch mit dem Geständniß, daß sich
keine scharf bestimmbare Grenze zwischen beiden
ziehen lasse. Die Einleitung handelt zumahl von
dem verschiedenen Bau und Gefüge der Federn
[Seite 404] überhaupt und dem davon abhängenden Farben-
spiel, Goldglanz und dergl. Die dazu gehörige
Kupfertafel ist die einzige, die mit dem Pinsel
ausgemahlt ist. Vom vierten Hefte an hat Hr.
Viellot, da Audebert indeß verstorben war, den
Text verfertigt und die weitere Ausgabe besorgt.
Noch ist der erste Band nicht geschlossen, weil
man erst noch zu einigen Lieferungen auf Bey-
träge aus auswärtigen Sammlungen hofft, um
diese kostbare Monographie so vollständig als
möglich zu machen. Mit dem trockenen Nahmen-
register der abgebildeten Gattungen wollen wir
unsere Leser verschonen, und dafür einige Bemer-
kungen des Hrn. Vieillot ausheben. Die äusserste
Grenze des Aufenthalts dieser kleinen Geschöpfe
ausserhalb den Wendezirkeln sey Canada. (– Im
Westen von Nordamerica findet sich aber auch
eine Gattung auf Nutka-Sund, und südlich eine
andere an der Küste von Patagonien, unter dem
48. Gr. –) Um lebendige Colibris in ihrer Frey-
heit mit mehr Muße beobachten zu können, steckte
er Holzspähne in die Blumenkelche, aus welchen
sie den Honig saugen wollten, und nöthigte sie
dadurch, sich länger dabey zu verweilen. Er
widerlegt die Meinung, als ob sie sich auch von
Insecten nährten; wenn man dergleichen in ihren
Magen gefunden, sey es ein seltener Zufall.
Noch irriger sey der Wahn, daß sie Winterschlaf
halten sollten. (– Das hat sich wohl ausser dem in
solchen Dingen sehr unzuverlässigen Gomara Nie-
mand einfallen lassen. –) Man kann sie unter
andern mit dem Insectennetz fangen, wie Schmet-
terlinge. Im Tode verlieren sie doch etwas von
der Pracht ihres Farbenspiels. Hr. V. hat sogar
welche gespeiset, und ihr Bißchen Fleisch dicht und
mager gefunden.
Der zweyte Band fängt aus dem schon ange-
führten Grunde erst mit der zwölften Lieferung
an, und wird ausser den Paradisvögeln, mit
welchen der Anfang gemacht ist, auch die gold-
farbigen Baumläufer und Wiedehopfe enthalten.
(– Aber wenn das Werk seinem Titel ganz ent-
sprechen sollte, so gehörte doch auch der Pfau
und mehrere andere Vögel unter die Oiseaux
dorés. –) Nach der Überschrift der Einleitung
zu urtheilen, so hat der Text dieses Theils Hrn.
Camille aus Genf zum Verfasser. Die Künst-
ler, welche die Tafeln dazu liefern, versichern,
daß sie alle Kräfte aufbieten werden, sich da-
bey noch selbst zu übertreffen. Auch sind diese
herrlichen Abbildungen von Paradisvögeln um so
verdienstlicher, da der größte Theil der bisheri-
gen nach sehr verstümmelten oder sonst entstellten
Exemplaren gemacht war.
Aber ein paar Beyspiele können wir nicht un-
berührt lassen, zum Beweis, wie hoch die Leiden-
schaft der Naturaliensammler gestiegen, und wie
sehr der Luxus mancher Liebhaber von bloß kost-
baren Büchern ausgeartet seyn muß.
In einem Avertissement wird den Käufern des
Werks zu Gemüthe geführt, daß ja bekanntlich
gar viele der darin abgebildeten Vögel so sel-
ten und gesucht seyen, daß einer davon in na-
tura mehr koste, als das prächtigste Exemplar
von den beiden Bänden.
Wie gut aber der Verleger für die Liebhaber
von bloß prächtigen Exemplaren gesorgt hat,
lehrt eine andere Anzeige, des Inhalts, daß
auch von dem ganzen Texte dieser beiden Folian-
ten 12 Exemplaren – nicht mit Druckerschwärze,
sondern mit Gold, abgezogen worden!