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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1802.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Erfurt.

[Seite 942]

Ideen zu einer Zoochemie, systematisch darge-
stellt von Dr. C.W. Juch. Mit Zusätzen und
einer Vorrede von Dr. J.B. Trommsdorff.
Erster Theil, welcher eine Betrachtung der in-
ponderablen Materien enthält. – 1800. 268 Sei-
ten in groß Octav. – Der Anfang eines über-
aus nutzbaren Werks, das bey weitem nicht et-
wa eine Sammlung chemischer Analysen von tod-
ten thierischen Substanzen enthält (denn so was
könnte sich auch Mancher unter dem Worte Zoo-
chemie denken), sondern einen der wichtigsten
Gegenstände der eigentlichen Physiologie behan-
delt, die chemische Wirkungsart der Materie in
und auf den belebten thierischen Körper; also
eigentlich so genannte vitale Chemie. Der Ver-
fasser (nunmehriger Professor medic. zu Altorf),
[Seite 943] dessen gelehrten Arbeiten schon öfter in un-
sern Blättern die Rede gewesen, befolgt die dy-
namische Vorstellungsart, und bestimmt nach
selbiger in der Einleitung erst die allgemeinen
Begriffe von Materie und Kraft; von Leben und
Erregbarkeit; von so genannten Elementen und
Affinitäten etc. mit manchen gegründeten Erinne-
rungen über die bisherigen chemischen Verwandt-
schaftstafeln, so wie über das Schwankende in
der Annahme von einfachen Stoffen im Gegen-
satz von unzerlegten und von zusammengesetzten
Körpern. – Der erste Theil des Werks selbst
begreift dann fünf so genannte inponderable Stoffe,
welche in der belebten Welt wirksam sind, nähm-
lich Licht, Wärme, Electricität, Galvanismus
und Magnetismus. – Das Licht, versteht sich,
ebenfalls dynamisch betrachtet, als Materie im
höchsten Grad ihrer Repulsion, hält auch der
Verfasser von der Wärme verschieden, besonders
wegen der großen Verschiedenheit der ursprüng-
lichen Motalität beider Materien und der Or-
gane, die dadurch afficirt werden. Auch glaubt
er nicht, daß es mit andern Körpern Verbin-
dungen eingehe. Es sey sehr wahrscheinlich,
daß Licht, so bald es unsere Haut berührt, gar
nicht als Licht wirke, sondern aller Reitz, wel-
cher dadurch hervorgebracht wird, von seiner
Zersetzung und Übergang in Wärme herrühre;
und daß die Wirkung desselben sich umgekehrt
verhalte, wie seine Fähigkeit, Wärme zu er-
zeugen, oder wie seine Vernichtung als Licht.
Es vermöge dasselbe nicht allein, den Sauer-
stoff vom Körper zu trennen, sondern es finde
auch unter seinem Einfluß eine ganz andere Form
und Mischung der Bestandtheile Statt, als wenn
es dem erregbaren Körper entzogen wird. Den
[Seite 944] Malpighischen Schleim hält er für ein Haupt-La-
boratorium zur Umsetzung des oxygenirten Blutes
in carbonisirtes. Beyläufig von der Insolation;
und eine scharfsinnige Vergleichung der Rachitis
und der Scrofeln mit der Bleichsucht (dem Etio-
lement
) der Gewächse. – Daß der Verf. kei-
nen Wärmestoff annimmt, versteht sich wieder
nach dem System, dem er beypflichtet, von
selbst. Mancherley triftige Erinnerungen über die
Crawfordische Theorie. Interessante Bemerkungen
über die beträchtliche Wärme, die nächst den Bie-
nen auch manche andere Insecten erzeugen, wenn
sie lebendig in Menge beysammen sind: so wie
über Einfluß der Nerven auf die thierische Wär-
me; üer den Nutzen der Nervenknoten in der
vitalen Chemie u. dergl. m. – Den Grund der
Entstehung der Electricität glaubt er in einer wirk-
lichen Zersetzung des Oxygens der Atmosphäre auf
der Oberfläche des Körpers, und zwar in den
Puncten, wo die Reibung oder Berührung mit
einem andern Körper geschieht, zu finden. Nach
dieser Vorstellung bestehe sie zwar nicht aus Sauer-
stoff, aber sie entstehe daraus durch Formände-
rung. – Beym Abschnitt vom Galvanismus darf
man nicht vergessen, daß er schon vor mehr als
zwey Jahren in den Druck gegeben worden, folg-
lich die neuesten Entdeckungen in diesem weiten,
fruchtbaren, Felde dabey noch nicht benutzt wer-
den konnten. Bey Gelegenheit der Galvanischen
Lichterscheinung im geschlossenen Auge oder im
Finstern, ähnliche eigene Beobachtungen aus an-
derm Anlaß. – Die auf dem Titel angezeigten
Zusätze des Hrn. Prof. Trommsdorff erfolgen erst
mit dem Schlusse des nützlichen Werks, dessen
Fortsetzung wir mit Verlangen entgegen sehen.




Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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