Beyträge zur Anatomie und Physiologie
der Thiere, von Dr. J.A. Albers. Erstes
Heft. 1802. 118 Seiten in groß Quart, mit
einer Kupfertafel. – Wir zeigen dieses ansehn-
liche und vieles Neues enthaltende Werk mit
[Seite 1070] wahrer Achtung für den Verfasser an, der die
wenige Muße, die ihm von einer sehr zeit-
raubenden medicinischen Praxis übrig bleibt,
großen Theils und mit ernstem Eifer auf Un-
tersuchungen in der vergleichenden Anatomie ver-
wendet: eine gewiß eben so belehrende als an-
genehme Beschäftigung, die nahmentlich practi-
schen Aerzten nicht genug empfohlen werden
kann, da sie das leichteste und sicherste Mittel
abgibt, sie immer zugleich in der ihnen so
nöthigen nähern Bekanntschaft mit der Kenntniß
des menschlichen Körperbaues zu unterhalten.
Durchgehends hat Hr. Dr. A. mit seinen eige-
nen Arbeiten die seiner Vorgänger verglichen,
und dadurch Vieles davon zu bestätigen, gar
Manches aber auch zu berichtigen und zu wi-
derlegen Anlaß gehabt. Wir können hier aus
dem überaus nützlichen Werke nur Weniges kurz
anzeigen. – Den Anfang macht I die Zerglie-
derung der Robbe (Phoca vitulina) nach drey
Exemplaren. Den merkwürdigen Bau des Au-
ges hat er gerade so gefunden, wie ihn Hr.
Hofr. Blumenbach im VII. Bande der Socie-
täts-Commentationen beschrieben und abgebildet.
Die Barthaare des Seehundes hält er für vor-
zügliche Organe des Gefühls, da ihre so ge-
nannten Wurzeln so ansehnliche Nervenfäden vom
zweyten Aste des fünften Paares erhalten. Das
foramen ovale und den Botallischen Gang fand
er in zweyen dieser Thiere offen, in einem ge-
schlossen. Bey einem dieser Geschöpfe zeigte sich
eine merkwürdige hernia diaphragmatis, da der
Magen in der Brust bey der linken Lunge
lag. Die große Weitung der untern Hohl-
ader als diverticulum für das zurückströmende
Blut während das Thier untertaucht, und folg-
[Seite 1071] lich nicht athmen kann. Viel Interessantes von
den weiblichen Genitalien desselben. Die ge-
naue Osteographie ist vom jüngern Hrn. Dr.
Treviranus. – II. Vom Auge, Herzen und
Zungenbein des Eisbären. Der Sehenerve bil-
det, ehe er in die Sclerotica tritt, einen gro-
ßen Knoten. – III. Zergliederung von 23 Gat-
tungen verschiedener Vögel, worunter viele sel-
tene ausländische. Unter andern, treffliche Be-
obachtungen über die Thränenwege in dieser
Thierclasse; nahmentlich am Psittacus aracan-
ga, mit überaus netten Abbildungen. So auch
über den bey den Vögeln an die beiden Enden
der Luftröhre vertheilten Kehlkopf; merkwür-
dige Verschiedenheiten ihrer Gallenwege, des
Magens, der Blinddärme etc. – IV. Bemer-
kungen über den Bau der Vogelaugen: zu-
mahl über den Knochenring in der Sclerotica;
ebenfalls mit Abbildungen. Nach den Untersu-
chungen des Verfassers dient dieser sonderbare
Ring zum Ersatz der in dieser Thierclasse so
unvollkommenen knöchernen Augenhöhle, da er bey
vielen Vögeln, vor allen aber bey den Eulen,
gleichsam als eine wahre Fortsetzung jener Höhle
anzusehen ist. Der Verfasser widerlegt die Mei-
nung, als ob Flechsen der geraden Augenmus-
keln über diesen Knochenring oder gar über
die Hornhaut wegliefen. Die Sclerotica selbst
besteht bey den Vögeln aus drey Blättern,
nicht bloß aus zweyen, wie man sonst geglaubt.
Auch über das, zumahl bey den Vögeln sehr
merkwürdige, Vermögen, die Länge der Augen-
axe durch mehrere oder mindere Wölbung der
Hornhaut und dadurch modificirte Lage der
Linse etc. nach Erforderniß der Umstände will-
[Seite 1072] kührlich zu verändern. – V. Wichtige Ver-
suche über das Athemhohlen der Vögel: zu-
mahl über die Wirkung verschiedener Gasarten,
die der Verfasser Vögeln nach unterbundener
Luftröhre durch Öffnung der Luftknochen ein-
athmen ließ. Wir heben einen dieser Versuche
zur Probe aus: Einem Hahn wurden beide
Schulterknochen durchgesägt, und am Stummel
des einen ein gläserner Kolben, nach einer hier
genau beschriebenen Vorrichtung, mit kohlensau-
rem Gas befestigt, an den andern hingegen
einer mit Sauerstoffgas. Nachdem das Thier
erst so viel kohlensaures Gas geathmet hatte,
daß der Kamm etc. eine blaue Farbe angenom-
men hatte, und es dem Tode nahe war; so
ward nun dieser Kolbe verschlossen, und dage-
gen dem andern der Zugang geöffnet, worauf
es binnen wenigen Minuten seine vorige Mun-
terkeit erhielt, und der Kamm sich wieder hoch-
roth färbte. – VI. Hrn. Prof. Rudolphi’s
Beschreibung des Strongylus gigas, eines In-
testinalwurms aus der Robbe.
Der nächstfolgende Heft dieser so nützlichen
Beyträge wird die Zergliederungen zweyer Af-
fen, zweyer Waschbären, eines Delphins, eines
Adlers und einiger Schildkröten liefern.