Ueber Declamation, in medicinischer und
diätetischer Hinsicht. von G. Fr. Ballhorn. 92
Seiten in gr. Octav. Der Hr. Hofmedicus sucht
die Aufmerksamkeit auf ein kräftiges Hülfsmittel
zur Erhaltung und Stärkung der Gesundheit zu
erwecken, das bey den Alten einen wichtigen Theil
ihrer diätetischen Gymnastik ausmachte, neuer-
lich hingegen zu diesem Zweck nicht allgemein
genug benutzt wird. Er versteht unter Declama-
tion alle anhaltende laute Vociferation, also auch
Gesang etc. – Voran Etwas zur Geschichte die-
ser Anaphonesis bey den Alten, besonders von
ihren Phonaskern; dieß großen Theils aus einem
Programm vom verstorbenen Vater des Verf. –
Der Vorzug der Declamation vor andern bloß
körperlichen Bewegungen, daß durch jene der
doppelte Zweck erreicht wird, den Galen so sehr
urgitte, nicht den Körper allein, sondern auch
zugleich das Gemüth in Thätigkeit zu setzen. Ihr
vielseitig wohlthätiger Einfluß auf so mancherley
Systeme des Körpers und deren Functionen. Wie
sie als kräftiges Surrogat für sonstigen Mangel
an Leibesbewegung diene, denn auch Predigen
[Seite 1805] macht, wie Salomo sagt, den Leib müde. Drum
schrieb Bagliv das Wohlbefinden so vieler seden-
tären Mönche auf ihre habituelle Anaphonesis
beym Horas-Singen etc., und empfahl eben die-
ses Mittel den Podagristen bey ihrer gezwunge-
nen sitzenden Lebensart. – Dann werden die
Krankheiten aufgezählt, in welchen sich Decla-
mation heilsam erweise. So zumahl chronische
Brustbeschwerden und Anlagen dazu; mancher-
ley Nervenübel, selbst gewisse Epilepsien; Schwä-
che des Magens, wogegen Celsus das Lautlesen
vorzüglich empfahl, und der jüngere Plinius es
dagegen anwandte; orationem, sagt er, grae-
cam latinamve clare et intente, non tam vo-
cis causa, quam stomachi, lego. Nutzen dieses
Mittels beym Angstgefühl, einem der lästigsten
Zufälle der Hypochondristen, so auch gegen die
häufige Beschwerde kalter Füße und dergl. m. –
Zuletzt Rathschläge und Vorsichtsregeln beym
Declamiren selbst.