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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1805.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Göttingen.

[Seite 513]

Der königl. Societät der Wissenschaften ward in
ihrer Versammlung am 9. März eine für die verglei-
chende Anatomie und für die Physiologie des Sehens
gleich interessante Entdeckung vorgelegt, die ein thä-
tiger Correspondent derselben, der um die Zootomie
so verdiente Hr. Dr. Albers zu Bremen, am Auge
der Coryphaena equiselis gemacht hat, so wie er
auch an eben diesem wunderbaren Fische einen ganz
abenteuerlich anomalischen Schedelbau gefunden.
Vom Auge ward zugleich sowohl das Präparat selbst,
als auch zwey meisterhafte Zeichnungen desselben von
der Hand eines trefflichen Künstlers, des Hrn. Becker
aus Cölln, vorgezeigt. Das Merkwürdigste an die-
sem Organ, das ungefähr die Größe eines Kalbs-
auges hat, betrifft den eigenen – so viel bekannt,
bis jetzt in der ganzen Classe der Fische beyspiellosen –
Bau der Sclerotica, und kommt, so viel sich davon
mit bloßen Worten deutlich machen läßt, hauptsäch-
lich auf Folgendes hinaus:

Die gedachte Membran begreift bey diesem Fische,
ausser der äussern häutigen Grundlage nach innen,
noch drey große, sehr regelmäßig gebildete, schup-
[Seite 514] penförmige Knochen, die beynahe den ganzen Um-
fang des lederartigen Theils auskleiden. Zwey da-
von haben eine beynahe halbmondförmige Bildung,
und liegen zunächst um die Hornhaut herum; der
dritte, größere, dünnere, dem Druck nachgiebigere
hingegen nimmt den Hintergrund des Augapfels
ein, läßt aber in der Mitte eine weiche Stelle zum
Eintritt des Sehenerven. Diesen Wunderbau mit
der Stärke und Richtung der den Augapfel umfassen-
den sechs Muskeln verglichen, so dürfte nur ein Hy-
perskeptiker bezweifeln, daß derselbe auf das zum
deutlichen Sehen so nothwendige Vermögen des Thie-
res, die respective Lage der Linse und anderer inne-
ren Theile des Auges nach Erforderniß des umgeben-
den Mediums etc. willkührlich verändern zu können
(mutationes oculi internae), berechnet sey.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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