In der neulichen Versammlung der königl. So-
cietät der Wissenschaften zeigte Hr. Hofr. Blumen-
bach, der sich schon seit lange mit Erläuterung
der Physiologie aus dem abnormen Bau der Miß-
geburten beschäftigt, und eine belehrende Anzahl
derselben für seine Sammlung zusammengebracht,
einige davon vorläufig noch in ihrer ganzen Integri-
tät vor, ehe er sie hernach zur Untersuchung des
innern Baues zergliedern wird. – Unter andern
ein von einem rein belegten Hühnerhund in einer
benachbarten Provinz geworfenes Monstrum, das
dort großes Aussehen erregt hatte, weil das Volk
ein leibhaftes Menschenantlitz an ihm zu finden
meinte, was sich aber einzig und allein auf eine
im Grunde höchst unmenschliche Mißgestaltung einer
cylindrisch prominirenden Nase reducirte. Inzwi-
schen hat doch dieses much ado about nothing
Hrn. Hofr. Bl. Anlaß zu einer critischen Revision
so vieler weiland angestaunter Mißgeburten gege-
ben, die, von Thieren geboren, doch menschenähn-
[Seite 1386] liche Bildung gehabt haben sollten. Das Resultat
war, daß sich wohl unter den menschlichen Mißge-
burten nicht gar selten welche finden, die aller-
dings einige Aehnlichkeit mit irgend einem Thiere
zeigen, daß aber, so weit die Untersuchungen des
Hrn. Hofr. reichen, auch nicht ein einziges von einem
als genau und zuverlässig anerkannten Beobachter
beschriebenes oder nach der Natur abgebildetes thie-
risches Monstrum aufgestellt werden könne, das wirk-
lich eine dem Menschen ausschließlich eigne Gestaltung
irgend eines seiner Theile und Gliedmassen gehabt
habe. So daß es allerdings scheint, der Bildungs-
trieb müsse, um zur höchsten Stufe der reinen Ausbil-
dung menschlicher Gestaltung zu gelangen, erst durch
die niedern Sprossen der bloß thierischen Formen ge-
hen. Auf diesem Wege wird er zuweilen gehemmt,
so daß er bey jener niedern thierischen Form stehen
bleibt, ohne den Gipfel des menschlichen Typus zu
erreichen. Aber nun und nimmermehr kann er bey
der Bildung einer thierischen Leibesfrucht die Staffel
von dieser ihrer Form überspringen, und ihre Thier-
form zur menschlichen erheben.
Unter den übrigen monstris, die dießmahl vorge-
zeigt wurden, ein ungefähr dreymonathlicher mensch-
licher Embryo, den Hr. Hofr. Bl. der Güte des Hrn.
Dr. und Prof. Heineken zu Bremen verdankt, und
der sich, ausser andern Mißgestaltungen der Gliedmas-
sen, durch eine Universal-Atresie auszeichnet, da er
durchaus keine Spur irgend einer äussern Oeffnung
des Körpers zeigt, eben so wenig Mund, Nase,
Ohren etc., als After oder Genitalien, so daß in
diesem Fall an eine Ernährung durch den Mund nicht
zu denken ist. Auch ist dieses Quasi-Pflanzenthier
allein (NB), und nicht, wie es bey andern mensch-
lichen Mißgeburten der gewöhnlichere Fall ist, als
[Seite 1387] Zwilling zur Welt gekommen. – Ein weiblicher
Fötus, ungefähr aus der Hälfte der Schwanger-
schaft, ohne Oberschedelknochen und Hirn, dagegen
am Hinterkopfe mit einem hautigen Sack, der bis
an die Lenden herabhängt, einem weitgespaltenen
Rückgrath, allgemeinen prolapsus von Herz, Leber,
Magen, Darmcanal etc. Die niedre, gleichsam ge-
preßte, Unform des Kopfs, der mangelnde Hals,
die wundersame Kürze des Rumpfs und die dagegen
mächtig langen Beine geben dem Totalhabitus der
abenteuerlichen Creatur auf den ersten Blick auffal-
lende Aehnlichkeit mit einem Frosch. – Ein schier
zum Auskriechen zeitiges Gänschen ohne Oberschna-
bel, nur mit Einem großen Auge, das aber am
Gaumen sitzt, und gleichsam aus dem offnen Rachen
herausguckt. An einem skeletirten Kopf eines
bebrüteten Gänschens von gleichem Alter ward vor-
läufig gezeigt, wie zumahl der Mangel einiger Kopf-
knochen diese in ihrer Art vielleicht einzige Monstro-
sität verursacht habe.