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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1809.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Stockholm.

[Seite 1737]

Skizze von Brasilien. Von J. Lobo da Sil-
veira,
Mitgliede der königl. Societät der Wissen-
schaften zu Göttingen. 112 Seiten in Octav. –
Ueber ein Wunderland, wie Brasilien ist, das bey
seinem mächtigen Umfange unter dem glücklichsten
Himmel, dem Reichthum seiner Producte, so vielen
ausschließlichen Eigenheiten seiner organischen Schöp-
fung, auch noch eine neue welthistorische Wichtigkeit
erlangt hat, darüber einen aufgeklärten vielgelehrten
Portugiesen reden zu hören, muß schon an sich eine
willkommene Erscheinung seyn; die aber dadurch
noch um so merkwürdiger wird, daß der treffliche
Verfasser sein Buch Deutsch geschrieben, ‘“aus Vor-
liebe für die Deutsche Sprache, so wie aus Erkennt-
lichkeit gegen seine Deutschen Lehrer”’; denn er hat
sich fünf Jahre lang, bis er als ausserordentlicher
Gesandter seines Hofes an den Schwedischen abging,
hier in Göttingen aufgehalten, und unsre Lehranstal-
ten und wissenschaftlichen Institute in einem Umfange
und mit einem Eifer benutzt, der zu den größten
Hoffnungen berechtigen, und sein Andenken unter
[Seite 1738] uns lebendig und theuer erhalten muß. Die beß-
ten Quellen sind bey dieser Arbeit benutz; zumahl
die Portugiesischen, von Osorius bis auf die Me-
morias
der Academie der Wissenschaften zu Lissabon,
aber auch solche wichtige, und doch selten zu solchem
Zweck angewandte Hülfsmittel, wie die dasigen
Preis-Couranten u. dergl. m. – Eine Sizze ist
nicht zu einem ausführlichen Auszug für unsre Blät-
ter geeignet; also nur wenige Worte vom Inhalt
der interessanten Schrift. – Brasilien wird hier
in dem Umfange für alle Portugiesische Besitzungen
in America genommen, wie sie A. 1777 und 1778
in den, aus dem Recueil des Hrn. Staatsrath von
Martens bekannten, Verträgen von St. Ildefonso
und Prado bestimmt worden. – Schilderung der
eingebornen Indianer, die nun ganz ein Mittellän-
disches Volk geworden. – Die wohlthätigen Wir-
kungen der königl. Verordnungen von A. 1755 und
1758, kraft deren diese Indianer den Portugiesischen
Colonisten in allen Rechten und Privilegien gleich-
gesetzt sind; nahmentlich die gelungenen Versuche,
die, zumahl in den Statthalterschaften Mato grosso
und Gojazes, so wie in der Unter-Statthalterschaft
Pianhy, zur bürgerlichen Cultur dieser so genannten
Wilden gemacht worden. – Humane Behand-
lung der Negersklaven in den Brasilischen Besitzun-
gen. – 128 Großhändler in Rio de Janeiro, und
116 in St. Salvador. – Diamanten seyen erst
1728 in Brasilien entdeckt (– so wird fast allge-
mein angegeben; aber wenigstens müssen sie schon
1721 gefunden worden seyn, da Roggeweyn auf sei-
ner Reise um die Welt in Rio de Janeiro war,
s. seines Gefährten, des Mecklenburgischen Pfeffer-
kuchen-Bäckers Behrens Betreibung dieser Fahrt
S. 32 –). Im Durchschnitt kann man die Ein-
künfte der Krone an Diamanten jährlich auf 3 Mil-
[Seite 1739] lionen Cruzados schätzen. Ihr größter Vertrieb ist
in die Levante. – Das weisse Brasilische Gold ist
bis jetzt Waschgold. Der Verf. hat aber starke
Gründe, zu vermuthen, daß auch ein Theil aus
Seifenwerken gewonnen wird. Der jährliche Betrag
ist hier zusammen auf 24 Millionen Cruzados ange-
schlagen. – Nach Vandelli’s Versicherung findet
sich auch Platina in Brasilien. – Gediegen Kupfer,
davon ein 1666 Pfund schweres Stück aus Cochoeira
in der Statthalterschaft Bahia nach Lissabon gekom-
men. – Natürlicher Salpeter. – Beträchtliche
Getreideausfuhr aus Rio grande. – Cocos be-
deute im Altportugiesischen einen Popanz oder Kin-
derscheue, und sey den Indischen Nüssen wegen der
larvenähnlichen Form ihres Keimendes mit seinen
drey Löchern beygelegt worden. – Man will be-
merkt haben, daß da, wo man sich größten Theils
von den Bananen nährt, auch die Ehen am frucht-
barsten sind. – Von den Reben in der Comarea
des Ilheos kann man, wenn das Beschneiden der
verschiedenen Stöcke in verschiedenen Monathen vor-
genommen wird, Jahr aus Jahr ein reife Trauben
lesen. – Tausend Zuckerrohre geben beynahe einen
Centner Zucker. – Der beßte Kaffee von Rio de
Janeiro gebe dem beßten von Mokka nichts nach. –
Nächst der Baumwolle aus Siam ist die Brasilische,
zumahl aus Maranhao und Para, die vorzüglichste.
Jährlich wird davon für 32 Millionen Thaler ausge-
führt. (– Der Rec. hat neuerlich auch treffliche
Nankin-Baumwolle, die in Bahia entdeckt wor-
den, über Lissabon erhalten. –) – Die Tabaks-
pacht trägt jährlich 2′700,000 Cruzados. – Ein-
heimische und naturalisirte Gewürze, Farbenmate-
rialien etc. – Ueberfluß der vortrefflichsten Schiffs-
bauhölzer. – Stellvertreter des Hanfs, Hibiscus
brasiliensis
etc. – Die Unzahl von verwilderten
[Seite 1740] Pferden und Hornvieh. Von letzteren werden jähr-
lich auf 100,000 Häute ausgeführt. – Der bedeu-
tende Wallfischfang an den Küsten von Brasilien,
besonders des köstlichen Caschelots. – Auch echte
Coschenille – und die mancherley Gattungen von
Brasilischen Honigbienen.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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