In Commission bey F. Campe: Die Geschichte
des Pferdes, naturgeschichtlich, physikalisch, ökono-
misch, technisch, historisch u.s.w. und mit besonde-
rer Hinsicht auf die Litteratur dieses Gegenstandes
dargestellt von G.F. Sebald (königl. Baierischem
Armee-Ober-Pferdearzt, Medizinal-Rath etc.). Her-
ausgegeben von K.W. Ammon (königl. Thierarzte
in Triesdorf). Erster Band. 555 S. in Octav.
Der erste Theil einer Encyclopädie der Pferde-
kunde, auf welche der Verf., wie es in der Vor-
rede heißt, die Zwischenstunden seiner Berufsarbei-
ten seit 22 Jahren verwendet hat, aber eben wegen
überhäufter Dienstgesthäfte die Ausarbeitung und
Herausgabe des Werks dem Hrn. A. übertragen
müssen, der auch, wie er sagt, ‘“noch manche schöne
eigene Beobachtung und Erfahrung im Texte ein-
fließen lassen.“’ Der zweyte Band, dem aber auch
mit der Zeit wohl noch ein dritter folgen dürfte,
‘“soll die Geschichte der Pferdezucht, der Reitkunst,
der Zaumkunst, der Wettrennen, des Hufbeschlags,
der Castration, Pferde-Arzneykunde u.s.w. abhan-
deln: lauter Gegenstände, welche in historischer
Hinsicht fast noch ganz unbearbeitet geblieben
sind“’ (– wie dieser Zusatz gemeint seyn mag,
muß erst die Erscheinung jener Theile lehren –).
‘“Hypothesen,“’ heißt es, ‘“sind überall vermie-
den worden“’ (– doch nicht eben überall, denn
z.B. §. 181 begreift, laut der Ueberschrift, Hy-
pothesen über den Schlaf, die hier so entbehr-
lich scheinen, wie so manches Andere, was frey-
lich keine Hypothese ist, wie z.B. gleich im §. 2.
Unter welche Classe der Thiere gehört das
Pferd? solche Bemerkungen: ‘“es athmet durch
die Lungen, hat rothes, warmes Blut“’ und der-
gleichen mehr –).
Im Ganzen zeugt das empfehlungswerthe Werk
eben so von den Kenntnissen, als von dem nütz-
lichen Sammlerfleiße des Verfassers. Es beginnt
mit den Nahmen des Pferdes, die aus unsers
Erxleben systema mammalium wo nicht vermehrt,
doch hätten berichtigt werden können (– so ist
hier zu wiederhohlten Mahlen der Italiänische
Nahme unrecht caballo geschrieben. So was
[Seite 1605] verlangt man entweder genau, oder lieber gar
nicht. Als Beytrag zu den Altdeutschen Synony-
mien können wir noch aus Luther’s Uebersetzung
Sir. 33, 6. anführen: Wie der Schellhengst
schreyet gegen alle Mähren etc. –). Von der ver-
muthlichen ursprünglichen Heimath der Pferde,
dem wahrscheinlichen Urstamm derselben, ihrer
Verbreitung, climatischen Verschiedenheit etc. Alles
mit Fleiß und aus guten Quellen zusammengetra-
gen. Vom ursprünglichen Vaterlande des Pferdes
werde ein Mehreres im folgenden Bande bey der
Pferdezucht verkommen (– wobey der Verf. die in
diesem Bande noch nicht angeführte Abhandlung
unsers Ritter Michaelis von der ältesten Geschichte
der Pferde und Pferdezucht etc. nicht unbenutzt las-
sen wird –). Beyläufig auch von den übrigen Gat-
tungen des Pferdegeschlechts, dem Zebra, Esel etc.
Bey den so genannten wilden Pferden unterscheidet
er 1. ursprünglich wilde, als wofür er die in den
Mongolischen Steppen hält; 2. verwilderte in
mancherley Weltgegenden, und 3. halbwilde, wo-
hin er die in wilden Gestüten rechnet. Ausführ-
lich von den Pferde-Raßen und Schlägen in allen
vier Erdtheilen. – Von den Maulthieren, Maul-
eseln und vorgeblichen Jümaren, deren letztern
Existenz aber der Verfasser (so wie der Recensent)
bezweifelt. Ueber die Fruchtbarkeit der Maul-
thiere, die sich schon deßwegen nicht in Zweifel
ziehen lasse, ‘“da uns die Zergliederung der Zeu-
gungstheile beiderley Geschlechts hinlänglich über-
führt, daß sie vollkommen zur Erzeugung junger
Thiere gebauet sind“’ etc. (– Gerade dem wider-
sprach Hebenstreit in seinem bekannten Briefe an
den Grafen von Brühl, nach eigenen Untersuchun-
gen. Aber freylich hatte er Manches für Eigen-
[Seite 1606] heiten im hybriden Bau der Maulthiere angesehen,
was sich doch im normalesten Organismus des
Pferdes gerade eben so findet. – Wohl aber
hat der älteste von den jetzt lebenden Correspon-
denten der königl. Societät, der ehrwürdige Cal-
dani, in seiner Critik der Erzählungen von be-
fruchteten Maulthieren gar manche derselben als
apocryphisch rabattirt. –) Beyspiele von auffal-
der Prädilection oder Abneigung mancher Beschä-
ler, wenn sie bespringen sollen. Mancherley Erb-
krankheiten und angeerbte Temperamentsfehler.
Ueber Stärke und Dauer des Fortpflanzungsver-
mögens. Ein Bauernhengst in der Gegend des
Herausgebers hat in Einem Jahre über andert-
halb hundert Stuten belegt, wovon mehr als die
Hälfte trächtig geworden. ‘“Es gibt Hengste,
die“’ (nach der Ueberschrift des §. 112) ‘“Onanie
treiben, und Pollutionen haben.“’ Das letztere
war dem Rec. eben so befremdend, als interes-
sant; er findet aber weiter kein Wort darüber.
Zu ersterem Behuf nahm ein Spitzhengst im Ca-
sernenstall in München mehrmahlen unter den Au-
gen des Verfassers einen Lattirbaum zwischen die
Hinterschenkel. Ueber Zeugung und Geburt der
Pferde viel Nützliches; so wie über ihre Lebens-
perioden, Alter etc. (– Als Beytrag zu den Bey-
spielen von hochbetagten Pferden nennen wir Kö-
nig Carls XII. Brandklepper, der 1718 zu Lund,
43 Jahre alt, gestorben. s. Adlerfeld III. S. 272
u.f. –) Im Abschnitt von dem Instinct der
Pferde auch von ihren Sinnen, Fähigkeiten, Ge-
lehrigkeit etc. voller merkwürdiger Beyspiele. Eben
so im nächstfolgenden von dem Character dersel-
ben, und S. 295–306 theils auffallende, aber,
wie der Verf. versichert, auf seinen vieljährigen
[Seite 1607] Umgang mit diesen Thieren gegründete, Beyträge
zur physiognomischen Beurtheilung ihres Charac-
ters und ihrer Neigungen. Z.B. ‘“je schmäler
die Stirne, je länger und gebogener der Kopf,
und je höher schon von oben der Bug oder die
Wölbung anfängt, desto schlechter ist das Pferd,
es mag ein solcher Kopf dem Nichtkenner noch
so gefallen. Beynahe immer wird man Pferde
mit solchen Köpfen entweder dumm, oder eigen-
sinnig, oder boshaft finden. Besonders wenn
das hierzu noch weit mehr sagende Auge unsern
forschenden Blick unterstützen hilft. – Von den
Pferden, welche gleich unter der Stirne eine
buckelartige Hervorragung haben, incliniren die
meisten zum Koller.“’ Von den verschiedenen
Arten des Gangs der Pferde; von ihrer Kör-
perstärke, Schnelligkeit und Ausdauer; auch von
ihrem Geschick im Schwimmen. Daß Pferde zu-
weilen träumen, wie schon Lucretius behauptet,
scheint dem Verfasser nicht unwahrscheinlich. Aus-
führlich über die verschiedene Haarfarbe und so
genannte Abzeichen. Auch von den durchaus
haarlos gewordenen Pferden, wie das bekannte,
welches Alpy 1794 auch hier zur Schau führte.
(– Von Menschen, welchen eben so alle Haare
ohne Ausnahme ausgefallen, sind die Beyspiele
bey den Observatoren häufiger. –) Vom Ge-
biß, besonders auch als Wahrzeichen des Alters
der Pferde, meist nach Pessina. Von ihren Nah-
rungsmitteln. (– Schon vor mehreren Jahren
meldete dem Rec. einer seiner Freunde aus Eng-
land, daß man dort die Pferde häufig mit bebrü-
hetem Haber und Gerste füttere, wo die halbe
Portion dieselben Dienste, und auf die Dauer,
thue, als die ganze trockene. Die Samenkörner
[Seite 1608] werden dadurch, so wie bey den körnerschlucken-
den Vögeln durch die Steinchen, die sie dazu
nehmen, getödtet und ihrer Lebenskraft beraubt,
die sonst der Digestionskraft widersteht. –) Die
größten Pferde, die dem Verfasser vorgekommen,
sind im Pinzgau; gewöhnlich 19 Fäuste hoch.
‘“Vor der Auswanderung der Lutherischen Ein-
wohner aus dem Salzburgischen sollen diese Pfer-
de noch größer gewesen seyn, so daß damahls
ein Pferd von sieben Fuß vier Zoll, oder 22 Fäu-
ste, so gar selten nicht war. Die Emigranten
nahmen aber diese Pferderiesen mit sich fort, und
gewiß zum Nachtheil des Landes.“’ Allerley
Pferde-Mißgeburten, unter andern Cäsars Reit-
pferd mit Menschenfüßen (– darüber ein eigner
Aufsatz in unsers Beckmann’s Vorrath kleiner
Anmerkungen I. S. 123 u.f. –) Auch von an-
geblichen Pferdezwittern. Endlich der letzte Ab-
schnitt dieses Bandes vom Nutzen der Pferde und
deren Theile; selbst der Backzähne zu Knöpfen
und Spielwerken. (– Vor einigen Jahren be-
nutzte man am Harze die Kronen von diesen
Zähnen zur Ausfutterung von Zapfenlagern bey
Kunsträdern. –) Vom Chagrin wird unrichtig
gesagt, es werde durch Aufpressen der Senfkör-
ner bereitet (– man bedient sich dazu der Sa-
men eines Chenopodii –). ‘“Man überzieht da-
mit Sackuhren etc., und das, was viele Hunderte
als Fischhaut bewundern, ist nichts anders, als
Eselshaut.“’ (– Das sind zweyerley durchaus
verschiedene und auf den ersten Blick leicht zu
unterscheidende Dinge, und die Fischhaut selbst
wieder von mancherley sehr diverser Art –).