Das Specimen archaeologiae telluris terra-
rumque inprimis Hannoveranarum alterum, wel-
ches Herr Hofr. Blumenbach der Königlichen So-
cietät der Wissenschaften in der neulichen Versamm-
lung an ihrem Stiftungstage (– s. oben S. 2009 –)
vorlegte, ist die Folge des erstern das sich im XVIten
B. der Commentat. recentior. befindet. Unter
andern war es eine Haupttendenz jenes frühern
Versuchs, zu erweisen, daß so viele weiland tropi-
sche Thiere, deren fossile Reste jetzt in unsern nord-
lichern Zonen gegraben werden, nicht – wie doch
noch neuerlich berühmte Geologen angenommen
haben, durch eine Fluth aus Südindien hieher ge-
trieben seyn können, sondern einst hier einheimisch
gehauset haben müssen. Dieser Erweis erhält
hier ein neues Gewicht durch den reichen Fund
von fossilen Gebeinen einer kleinen Horde von
Mammutsthieren, die neuerlich zugleich mit
denen von Löwen und Hyänen in unserer Nach-
barschaft, in einem Mergellager zwischen Osterode
und Herzberg am Vorharz, kaum eine Stunde
[Seite 2066] Weges von dem Orte ausgegraben worden, wo
man 50 Jahre vorher ebenfalls im aufgeschwemmten
Lande die fossilen Reste einer präadamitischen
Rhinocerfamilie in ihrer Lagerstätte entdeckt hatte,
die im II. Bande der ältern Commentarien der
königl. Societät von dem um das philosophische
Studium der Petrefactenkunde sehr verdienten
Hollmann beschrieben sind. Eine ausführlichere
Anzeige der einzelnen Stücke von jenem neueren
Fund wäre hier um so weniger an ihrer Stelle,
da der Verfasser gleich bey der Entdeckung dessel-
ben eine vorläufige Nachricht davon in diesen
Blättern gegeben hat (– gel. Anz. 1808, 88. St. –):
nur so viel erwähnen wir, daß die fossile Hyäne
an mächtiger Größe und an Form der Knochen der
südafricanischen gefleckten Gattung dieses Geschlechts
(Canis crocuta) am nächsten kommt. Zur Ver-
gleichung legte der Hr. Hofrath den frischen Sche-
del von dieser aus seiner Sammlung vor, der
selbst wieder dem von einer alten Löwinn, die er
unlängst zergliedert hat, an Größe nichts nachgibt,
aber doch nicht an die der fossilen Hyäne von
Osterode reicht.
Auch zu den tropischen Geschöpfen, obschon
ganz anderer Art, die aber ebenfalls in den Zei-
ten der präadamitischen Vorwelt in der Erdzone,
die wir jetzt bewohnen, einheimisch gewesen seyn
müssen, gehören so viele der fremdartigen In-
secten in Bernstein, wovon der Verfasser die
sprechendsten Belege aus seiner Sammlung vor-
zeigte; nahmentlich mancherley exotische Gat-
tungen des Schabengeschlechts; nicht specifisch den
jetzigen Indischen gleichend, aber doch manchen
derselben auffallend ähnelnd; theils noch als Lar-
ven: die völlig verwandelten zum Theil wie in
der regsamsten Lebendigkeit des Flugs etc.; eine
[Seite 2067] sogar noch mit voller Frischheit ihrer natürlichen
Farben. – Die eben so seltene als merkwürdige
Frucht des Bernstein-Baums, wovon der Ver-
fasser ebenfalls mehrere Exemplare vorlegte, die
er der Güte des verdienstvollen Hrn. Medicinal-
Raths Hagen zu Königsberg verdankt, hat neuer-
lich ein berühmter Botaniker der von Phyllanthus
emblicaähnlich finden wollen, mit welcher sie aber
kaum nur eine entfernte Vergleichung aushält.
Weit mehr ähnelt sie der Fruchtkapsel des Ostin-
dischen Baums, welcher das als köstliches Rauch-
werk berühmte so genannte Aloëholz (Aloëxylum
agallochum Loureir.) liefert, und hiermit
stimmte auch die Vergleichung mehrerer Stücke von
jenem harzreichen Holze aus Cochinchina selbst mit
mehreren von dem des Bernstein-Baumes, die noch
mit diesem edlen Harze umflossen waren, überein.
Versteht sich, daß auch hierbey durchaus nicht etwa
von identischer Gleichheit, sondern bloß von un-
verkennbarer Analogie die Rede war.
Eben so nach Analogie Vergleichung mancher
ausgezeichnet schönen Deutschen versteinten Hölzer
mit den Hölzern von tropischen Monocotyledonen,
zumahl von Palmen und Filicibus arboreis; fer-
ner der Stämme und colossalen Blätterabdrücke
von solchen Riesen-Farrnkräutern in Kohlenschiefer
und Kohlensandstein, vorzüglichst aus den Engli-
schen und Schottischen Steinkohlenwerken, eben-
falls verglichen mit analogen Urbildern, welche der
Verf. von St. Helena und aus Ostindien besitzt.
Hauptsächlich aber comparative Untersuchung der
Fructificationen auf manchen jener Farrnkraut-
schiefer, worunter sich die von Whitby in York-
shire an Schärfe der Conservation auszeichnen.
Und hierbey auch von einem der seltensten und
schönsten, aber von manchen Oryctographen gar
[Seite 2068] seltsam mißgedeuteten, Petrefact, dem Ma-
denstein in Hornsteingeschieben des Planischen
Grundes.
Nun zu der neuerlich oft pro und contra venti-
lirten Frage, ob die so genannten Dendr-achate,
auch wohl mitunter wirkliche Vegetabilien Moos,
oder auch Theile von andern Gewächsen enthalten?
Der Verf. glaubt, nach genauer Untersuchung, sie
allerdings bejahen zu müssen. Er besitzt einige
solche Moosachate aus Island und Jekaterinburg,
die wohl sicherlich wirkliche Conferven zu enthalten
scheinen; und hat von einem vormahligen werthen
Zuhörer, dem Hrn. Dr. Liesching, aus der Cap-
stadt einen höchst merkwürdigen sehr erhaben (als
goutte de Suif) geschliffenen Chalcedon erhalten,
welchen einer der kleinen Javanischen Fürsten von
Bandong in den Priangerlanden als Amulet getra-
gen, und der ganz unverkennbar ein paar kleine,
an deutlichen Stielen seitwärts ansitzende, Fructi-
ficationen eines vor der Hand freylich unbestimm-
baren Gewächses enthält, die doch in Form und
Lage ungefähr denen am Schwertel (Sparganium
erectum ) ähneln.
Zu den besonders merkwürdigen, in diesem neuen
Specimen näher untersuchten, Petrefacten aus den
Hannoverschen Churlanden gehören unter andern
mehrere Arten von Seelilien Schraubensteinen,
Seeigeln, Krebsen, Trilobiten etc. mancherley Co-
rallen bey Hannover und Celle, die fälschlich so
genannten versteinten Muscatnüsse im Bremischen
u.a.m. Auch bey Gelegenheit der einzelnen Am-
monshörner, die sich in eisenschüssigen Mergelnie-
ren am Heinberge finden, überhaupt Einiges von
diesem sonderbaren Vorkommen einzelner Petre-
facten aus beiden Reichen, Fische, Conchylien,
Farrnkräuter etc. im solchen Nieren oder Schwulen.