Die Königliche Societät der Wissenschaften hatte
für den Julius dieses Jahrs zwey öconomische
Preisfragen aufgegeben; die ordentliche, und dann
noch eine außerordentliche.
Jene war schon vor beynahe drey Jahren, und
seitdem zu wiederhohlten Mahlen bekannt gemacht
(– gel. Anz. 1812. S. 1247 und 2006. – 1813.
S. 1270 und 2020 – und im vorigen Jahrgange
S. 1230 und 1900 –):
Welches sind in gebirgigen Gegenden die
zweckmäßigsten Vorrichtungen, das Ab-
fließen der Aecker der Regengüssen zu ver-
hüten, ohne in den Grabenbetten, bey star-
kem Falle der Graben, das Ausreißen des
Bodens zu sehr zu befördern?
Die Societät hat das Vergnügen gehabt, zwölf
Abhandlungen zur Beantwortung dieser Aufgabe zu
erhalten, die mit nachstehenden Sinnsprüchen be-
zeichnet waren:
II. Die Erde bezahlt die Bemühungen, die wir etc.
IV. Et in parvis sapere, bene est.
V. Das von der Höhe herunterkommende und
dem Strome zufließende Wasser etc.
VII. O rem calamitosam, et provisionis
nostrae dignam.
VIII. Unda rapit terram, vi, mole et saepe
ruendo.
IX. Der Mensch setzet den Wogen des Meeres
Grenzen etc.
X. Vor der Trefflichkeit setzten den Schweiß die
unsterblichen Götter.
XI. Naturam ducem sequi optimum. (– Von
dieser sonst sehr wackern Schrift ist nur der
Anfang zur rechten Zeit, der Haupttheil der-
selben aber erst lange nach dem gesetzmäßigen
Termin eingelaufen, so daß sie nicht mit denen
concurriren kann, deren Verfasser die festgesetzte
Bedingung richtig befolgt haben; zumahl die
Frage wie gedacht schon seit beynahe drey
Jahren aufgegeben war, den Mitgliedern der
Societät aber zum Lesen, Vergleichen und Beur-
theilen der sämmtlichen Abhandlungen nur we-
nige Wochen Zeit bleibt. –)
So verschieden inzwischen, wie leicht zu erwarten,
der Gestalt einer solchen Zahl von Concurrenzschrif-
ten seyn mußte, so ist doch unter denselben kaum
eine unbedeutend; hingegen mehr als eine in ihrer
Art trefflich. Nur ist in mancher der Gesichtspunct
zu enge gefaßt, da ihre Verfasser zu wenig auf das
Allgemeine – auf das Wassergebiet eines ganzen
Berges etc. – gehen, sondern sich zu einseitig auf
dasjenige beschränken, was bloß auf einzelne Grund-
stücke anwendbar ist; oder sich mit Vorschlägen be-
gnügen die nur auf einen Theil der Aufgabe passen;
z.B. bloß auf Anweisung zu Verhütung des Aus-
reißens der Grabenbetten bey Regengüssen u.s.w.
Manche empfehlen zu unbedingt gewisse Vorrich-
tungen, z.B. Erdfänge, die doch in solcher Voll-
kommenheit wie sie hier verlangt werden, nach der
verschiedenen Localität ihre großen Schwierigkeiten
haben, und unter gewissen Umständen den gehofften
Zweck dennoch ganz verfehlen würden, so wie dieß
auch von Bezeichnung der Beetgrenzen durch Steine
gilt, als an welchen sich doch das Wasser gerade
am ersten stoßen, und dann zur Seite ausreißen
mußte etc.
Hingegen hat der Verfasser von Nr. I. die Auf-
gabe selbst vollkommen richtig gefaßt, in ihrem Um-
fange gehörig überdacht, seine Vorschläge systema-
tisch und gründlich vorgetragen und überhaupt seine
Schrift mit größtem Fleiße ausgearbeitet. Jene
Vorschläge gehen hauptsächlich dahin: 1. die Berge
zu terrassiren; 2. unter den Terrassen zu Auffan-
gung des davon nach abfallenden oder sich durch die
Erde ziehenden Wassers, wagerechte Rinngraben zu
halten; und aus diesen endlich 3. das Wasser durch
Abzugsgraben abzuführen, die mit so wenigem Falle
als möglich, um den Berg herum in einer Schnecken-
linie, näher nach dem Thale hin aber, um den Sturz
des Wassers und seine Fallkraft zu vermindern, in
einer Schlangenlinie anzulegen seyen. Freylich be-
schränkt sich der Verfasser nur auf solche Maßregeln,
wodurch das Abfließen im Großen oder überhaupt
verhütet wird, und zwar aus dem Grunde, weil
er nur diese Maßregeln für zweckmäßig hält, als
bey deren Befolgung dann das Uebel im Kleinen
gar nicht eintreten, mithin eine Vorkehrung dagegen
auch nicht nöthig seyn kann. Da nun aber jene
Maßregeln schwerlich von einzelnen Besitzern, son-
dern nur von der Landespolicey ausgeführt werden
können, so ist es auch diese allein, mit welcher der
Verfasser es zu thun hat. Und freylich, wer einen
Berg ansieht, der dem Abfließen unterworfen ist,
aber mehrere Besitzer hat, der muß bald fühlen, daß
einzelne derselben für sich nichts gegen dasselbe aus-
richten können. So wünschenswerth es inzwischen
gewesen wäre, daß der Verfasser außer jenen Vor-
schlägen für das ganze Wassergebiet eines Berges:
auch solche in der Ausführung irgend thunliche für
einzelne Grundstücke an einem solchen Berge bey-
gebracht hätte, was hingegen in mehrern der übrigen
Schriften geschehen ist, so hat die Königliche So-
cietät bey den gedachten überwiegenden Vorzügen
[Seite 1189] dieser Schrift Nr. I. mit dem Motto: αριστον μεν ύδωρ.
den Preis zuerkannt.
Bey Eröffnung des versiegelten Zettels in der
öffentlichen Versammlung am 15ten dieses Monaths
fand sich als Verfasser genannt Friedrich Heusin-
ger, Prediger zu Eicha bey Römhild im Meiningi-
schen (Herausgeber und Verfasser des Universal-
Lexicons der Handelswissenschaften, nach Savary
bearbeitet, technologischen Theils).
Die übrigen eilf Zettel wurden wie gewöhnlich
sogleich unerbrochen verbrannt.
Die Königliche Societät hatte Veranlassung ge-
funden neben jener Preisfrage für den gleichen
dießmahligen Termin auch noch eine außerordent-
liche aufzugeben: (– gel. Anz. 1814. S. 1229
und 1900 –)
Wie kann in Deutschland die Zunftverfassung
am zweckmäßigsten modificirt werden, um
zu bewirken, daß die Vortheile derselben
erhalten, die aus ihrer Veraltung und den
bey ihnen eingeschlichenen Mißbräuchen
entspringenden Nachtheile aber möglichst
vermindert werden?
Es sind zu Beantwortung derselben sechs Schrif-
ten mit folgenden Sinnsprüchen eingelaufen:
I. Salus publica suprema lex esto (A).
II. Der Zeitgeist muß die Formen der Staats-
einrichtungen bestimmen.
III. Ebenfalls mit dem Motto: Salus publica
suprema lex esto (B).
IV. Heilige Ordnung, segenreiche Himmelstochter.
V. Es muß in der Theorie richtig seyn was in
der Praxis taugt.
VI. Allmählich bessern, und nicht umwälzen. Diese
kam aber auch für die gesetzmäßige Concurrenz
zu spät.
Eine siebente mit der Aufschrift: Perfectum sub
sole nihil est konnte vollends nicht in Be-
trachtung kommen, da sie erst in diesem Monath
eintraf, wo schon die ganze Sache abgethan
seyn mußte.
So verschieden auch die Tendenz und Behand-
lungsart dieser Schriften, und die Anwendbarkeit
oder Untauglichkeit der darin gethanen Vorschläge
ist, so findet sich doch darunter nur Eine wenig be-
deutende, deren Verfasser sich die Arbeit offenbar
gar zu leicht gemacht, indem er, ohne in die wahre
Absicht der Societät einzugehen, sich bloß im Allge-
meinen über die Leitung der Zünfte durch einen zu
bestellenden Gewerberath ausläßt; dagegen die
übrigen gar manche zweckmäßige brauchbare Be-
merkungen enthalten. Nur daß von den Verfassern
der eine, von der Krankheit des Zeitalters ergriffen,
a priori eine idealische Verfassung für die Zünfte
entwirft, (ungefähr wie Andre dergleichen für die
Staaten entworfen haben, wodurch freylich dieser
ihr Heil nicht eben gefördert worden,) ohne auf
die mancherley der Deutschen Zunftverfassung an-
klebenden, theils zwecklosen, theils offenbar schäd-
lichen Gebräuche specieller Rücksicht zu nehmen;
wieder ein andrer nicht sowohl eine Beantwortung
der Frage als eine Sammlung von zum Theil aller-
dings nützlichen Materialien dazu liefert; nach ein
andrer zu fremdartige Excurse eingewebt hat, z.B.
wie nachtheilig es für den Staat sey, wenn auch
solche Stellen mit puris putis ICtis besetzt wer-
den, zu deren Versehung staatswirthschaftliche und
cameralistische Bildung unumgänglich erfoderlich
ist, u. dergl. m.
Also auch hier: vitiis sine nemo – aber opti-
mus ille qui minimis urgentur, und in so fern
zeichnet sich die Schrift Nr. I. vortheilhaft aus,
die einen mit dem Zunftwesen durch lange Erfah-
rung practisch vertrauten Geschäftsmann verräth,
der den Zweck der Preisfrage richtig aufgefaßt,
und seine Beantwortung dem gemäß, im Ganzen
passend, ausgeführt hat; nur daß er bey der auf-
merksamen Beachtung des engern Kreises, in wel-
chem er seine Erfahrungen gesammelt, den freyen
Blick ins Allgemeine nicht immer verfolgt. Er rechnet
zu den Hauptmängeln und Gebrechen, wodurch die
Zunftverfassung zeither entstellt worden: die Be-
schränkung der Anzahl von Meistern; so wie der
Freyheit bey manchen Handwerken in Hinsicht der
Benutzung derselben; die Districts-Monopole; die
zwecklose Vorschrift von theils ganz unnützen so
genannten Meisterstücken; alle zum Müssiggang und
folglich zur Ausschweifung führende Gebräuche und
eigenmächtige Ausübung vermeintlicher Gerecht-
same; Vervielfältigung der Zünfte und dergl. m.
Mit der Darstellung dieser Mängel verbindet er
dann immer größtentheils wohl durchgedachte Vor-
schläge zu Tilgung derselben; so wie auch seine Be-
merkungen über die Form der Zunftbriefe, über die
Receptionen der Zunftglieder etc. viel zweckmäßiges
enthalten.
Bey diesen Vorzügen hat die Königliche Societät
dieser Schrift Nr. I. mit dem Sinnspruch: Salus
publica suprema lex esto (A), den Preis zuer-
kannt, ohne doch in Allem mit dem Verfasser der-
selben einzustimmen, und seinen sämmtlichen Vor-
schlägen ihren Beyfall zu geben; wie z.B. wenn er
gegen alle Freymeister eifert, da doch die Ertheilung
der so genannten Concessionen oft das einzige Mittel
ist, das Publicum gegen die sonstigen eigenmächtigen
Bedrückungen von Seiten der Zünfte zu sichern;
[Seite 1192] oder wenn er der Beschränkung der Gesellenzahl
mit geringen Ausnahmen für jeden Meister das
Wort redet; oder zu vermeinter Vervollkommnung
der Arbeit anrathet, daß jeder Meister nur Ein
Geschäfte treiben dürfe (ohne zu bedenken, wie sehr
gerade dadurch das Gelingen solcher Erzeugnisse
erschwert werde, zu deren Gedeihen das Mitwirken
mehrerer erforderlich ist; oder wenn er die gemeine
Einrichtung in Ansehung der Lehrjahre für eine
nützliche Industrieschule zur Bildung der künftigen
Handwerker hält; oder das Müllergewerbe für so
leicht ansieht, das doch, wenn man auch von der
Kenntniß der Mühlenbaues abstrahiren wollte, selbst
zur Verarbeitung der Früchte mannichfaltige Einsicht
erfordert, u. dergl. m.
Als Verfasser fand sich bey Erbrechung des Zettels
Johann Wilhelm Langsdorff, Großherzoglich
Hessischer Geheimer Rath und zweyter Hofcammer-
director zu Gießen.
Die übrigen versiegelten Zettel wurden ordnungs-
mäßig gleich in der Versammlung verbrannt.
Für die nächstkommenden vier Termine hat nun
die Königliche Societät folgende öconomische Preis-
fragen aufgegeben:
Für den November dieses Jahrs verlangt sie
nähmlich:
Die Theorie der Viehmästung überhaupt,
mit der Anwendung auf Mästung des eßba-
ren vierfüßigen Haushaltungsviehes ins-
besondre.
Für den Julius künftigen Jahrs:
Die vollständigste gründliche Darstellung der
Lehre von der Castration (Vernichtung
des Zeugungsvermögens) sowohl des be-
[Seite 1193] haarten als des befiederten Haushaltviehes
beiderley Geschlechts, zur bessern Leitung
der Ausübung.
Für den November des gleichen Jahrs:
Eine auf genaue Versuche gegründete An-
weisung, wie der Holzessig oder die so
genannte Holzsäure, welche mit brenzlich-
öligen Theilen verbunden, in großer Menge
und ohne kostspielige Vorrichtungen bey
dem Verkohlen des Holzes gewonnen wer-
den kann, auf eine im Großen leicht aus-
führbare Weise so zu reinigen ist, daß der-
selbe mit gleichem Vortheile wie gewöhn-
licher Essig in der Oeconomie, ganz be-
sonders aber zur Darstellung mancher Fa-
bricate welche Essig erfordern, z.B. des
Bleyweißes, Bleyzuckers, Grünspans, und
mehrerer pharmaceutischer Präparate, an-
gewandt werden könne.
Zur gründlichen Beantwortung dieser Frage wird
erforderlich seyn:
Endlich wird für den Julius 1817 folgende Auf-
gabe zum erstenmahle bekannt gemacht:
Eine auf genaue Beobachtungen sich grün-
dende, vollständige Naturgeschichte aller
der verschiedenartigen den Rübsaamenfel-
dern schädlichen Insecten, nebst der Angabe
der sichersten und im Großen anwendba-
ren Mittel zur Verhütung des von den-
selben herrührenden Schadens.
Die Königliche Societät wünscht, daß bey der
Beantwortung dieser Frage hauptsächlich folgendes
berücksichtigt werden möge:
Der gesetzliche Termin zur Concurrenz, der Post-
frey einzuschickenden Schriften, ist das Ende des
Mayes und des Septembers jeden Jahres; und
der auf jede dieser Aufgaben ausgesetzte Preis der
Werth von zwölf Ducaten.