Am 15. November feyerte die vor 66 Jahren
gestiftete Königliche Societät der Wissenschaften ihr
Anniversarium in einer öffentlichen Sitzung.
Die Vorlesung hielt Herr Hofrath Eichhorn,
de Aegypti anno mirabili, von welcher, so wie
von einigem was die Herren Hofräthe Heeren und
Stromeyer nachher der Versammlung vorlegten,
demnächst in diesen Blättern ausführlichere Nachricht
gegeben werden wird.
Hierauf erstattete Herr Obermedicinalrath Blu-
menbach als beständiger Secretär der Societät,
den gewöhnlichen Jahrsbericht, aus welchem wir
das Wesentlichste auch hier mittheilen.
Das jährlich zu Michaelis wechselnde Directorium
war dieß Mahl von Herrn Hofrath Tychsen, in der
historisch-philologischen Classe, auf Herrn Hofrath
Osiander in der physischen übergegangen.
Durch den Tod sind der Societät seit Jahresfrist
entrissen:
Von ihren Ehrenmitgliedern, Se. Eminenz der
Fürst-Erzbischof zu Regensburg, Carl Theodor
Freyherr von Dalberg;
Von Mitgliedern in den Königlich Hannover-
schen Landen: Christoph Ludwig Albr. Patje,
vormahls Cammermeister zu Hannover; und Heinrich
Matthias Marcard, Herzoglich Oldenburgischer
Leibarzt und Fürstlich Waldeckischer Geheimer Rath;
Und folgende Mitglieder in andern Ländern:
Mart. Heinrich Klaproth, Königl. Preußischer
Obermedicinalrath und Professor der Chemie zu
Berlin; Franz von Paula Triesnecker, Kaiserl.
Königl. Astronom zu Wien; Don Giov. Andres,
König. Bibliothekar zu Neapel und beständiger Se-
cretär der dasigen Academie der Wissenschaften;
der Graf Gabr. Aug. von Choiseul-Gouffier,
vormahliger Königl. Französischer Gesandte zu Con-
stantinopel; und Heinrich Friedrich von Diez,
Königl. Preußischer Geheimer Legationsrath und
Prälat zu Berlin.
Aufgenommen sind dagegen seit vorjährigem Stif-
tungstage:
Zum hiesigen Mitgliede der historisch-philolo-
gischen Classe: Herr Friedrich Gottlieb Welcker,
ordentl. Professor der Philosophie.
Zum Ehrenmitgliede: Se. Excellenz Herr Ste-
phan von Stratimirowitsch, Griechischer nicht
unirter Metropolite und Erzbischof zu Karlowitz.
Zum abwesenden inländischen Mitgliede der
historisch-philologischen Classe: Herr Tilemann
Dothias Wiarda, Landsyndicus zu Aurich in Ost-
friesland.
Und zum Correspondenten: Herr J.D. Meyer,
Instructionsrichter zu Amsterdam.
Die binnen Jahresfrist gehaltenen oder einge-
reichten Vorlesungen, so wie die außerdem der Ge-
sellschaft von ihren Mitgliedern und Corresponden-
ten und andern Gelehrten mitgetheilten Aufsätze und
Nachrichten sind immer zu ihrer Zeit in diesen Blät-
tern angezeigt.
Was aber die von der Königlichen für
das dießmahlige Anniversarium, so wie für die
nächstkommenden Jahre aufgegebenen Preisfragen
betrifft, so war für den heutigen Hauptpreis von
der historisch-philologischen Classe verlangt:
Historia bonarum artium Graecarum in Syria
inde ab initio imperii Seleucidarum usque ad
tertium a Christo nato seculum.
Geschichte der schönen Griechischen Kunst
in Syrien vom Anfang der Herrschaft der
Seleuciden bis zum dritten Jahrhundert nach
Christus.
Die Gesellschaft hat aber nicht das Vergnügen
gehabt eine Schrift hierüber zu erhalten.
Glücklicher war sie mit der öconomischen Aufgabe:
Speculative Landwirthe haben bisher bey
dem Haushaltungsvieh durch wohlüberlegte
Modificationen sowohl der Züchtung in und
in, als auch der Kreuzung die auffallendsten
Verbesserungen und auch Verschlechterungen
der Rassen hervorgebracht, und ihre darüber
gemachten Erfahrungen in Schriften nieder-
gelegt. Man verlangt die vollständigste gründ-
lichste Darstellung dieser Lehre, so weit als
sie aus den bekannten Erfahrungen gegeben
werden kann.
Hierauf sind drey Concurrenzschriften mit nachste-
henden Inschriften eingelaufen:
Nr. I. ‘“Erfahrungen mit Umsicht und Aus-
dauer benutzt, führen weit.”’
Nr. II. Mit den Worten aus unsers Alexander
von Humboldt Versuchen über die gereizte
Muskelfaser: ‘“Organe entstehen um so
häufiger und bilden sich um so vollkomm-
ner aus, je leichter die Bedingungen zu
ihren Functionen erfüllt sind.”’
Nr. III. ‘“Das Gute kommt nie zu spät.”’
Die Verfasser von Nr. I. und III. haben sich aber
ihre Arbeit zu leicht gemacht, und den ganzen Ge-
genstand zu oberflächlich behandelt. Sie tragen
nur Meinungen über die Sache vor; auf die Er-
fahrungen, worauf die Frage hingewiesen hat, haben
sie aber so wenig Bedacht genommen, daß man fast
glauben sollte, es sey ihnen von dem was darüber
in den letzten dreyßig Jahren in England geleistet
worden, gar nichts bekannt gewesen.
Hingegen ist der Verfasser von Nr. II. von den
Resultaten einer Menge dieser Erfahrungen und
Beobachtungen unterrichtet, wenn ihm auch gleich
manche derselben noch entgangen sind. Nur wäre
zu wünschen gewesen, daß er die Quellen und Ge-
währsleute für die von ihm angeführten Thatsachen
angegeben hätte. Eher konnte ein guter an sich
zwar nützlicher, aber nicht gerade zur Frage gehö-
riger Theil der ansehnlichen Schrift wegbleiben, da
der Verfasser weit mehr geliefert hat als die König-
liche Societät verlangte, indem er das Wort Züch-
tung nicht in dem gewöhnlichen Sinne, den auch
die Aufgabe demselben deutlich beygelegt hatte,
sondern für Zucht genommen hat, daher im ersten
Abschnitt die Lehre von der Erziehung der Haus-
thiere mit demselben Fleiße abgehandelt ist, als in
den folgenden beiden die von der eigentlich so
[Seite 1941] genannten Züchtung in und in und von der
Kreuzung. Allein auch diese Abschnitte sind im
Ganzen so zweckmäßig bearbeitet, und besonders die
Umstände und Modificationen so bestimmt unter-
schieden und angegeben, nach welchen die eine oder
die andere dieser verschiedenen Fortpflanzungsweisen
den Vorzug verdient, daß die Königl. Societät ein-
stimmig dieser Schrift den wohlverdienten Preis
zuerkannt hat.
Als Verfasser nannte sich in dem in der Sitzung
entsiegelten Zettel
Joseph Adolph Bachmann, Thierarzt und Be-
reiter und Königlich Preußischer Lieutenant im
fünften Westphälischen Landwehr-Regiment zu
Paderborn.
Zugleich wurden die andern beiden Zettel ordnungs-
mäßig uneröffnet verbrannt.
Nun zu den auf die nächstfolgenden Jahre
aufgegeben Preisfragen.
Für den November des künftigen Jahres, von
der physischen Classe:
Postulatur ut experimentis certis et ex-
ploratis doceatur, num quod hactenus vo-
cabatur acidum muriaticum, idemque tam
simplex quam oxygenatum, revera ad sub-
stantias oxygenatas (ex connubio basis cujus-
dam combustibilis cum oxygenio compositas)
referendum sit; anve potius oxygenio plane
careat, adeoque acidum sic dictum muria-
ticum oxygenatum pro substantia simplici,
oxygenio saltem quodammodo analoga, ha-
bere liceat.
Durch Versuche auf eine unzweydeutige
und entscheidende Art darzuthun, ob die
Salzsäure und oxygenirte Salzsäure wirklich
oxygenirte Substanzen, d.h. Verbindungen
einer brennbaren Grundlage mit dem Sauer-
stoffe sind oder ob in diesen Körpern kein
Sauerstoff enthalten ist, und die oxygenirte
Salzsäure folglich als eine einfache dem
Sauerstoffe analoge Substanz betrachtet wer-
den muß.
Für den November 1819 von der mathema-
tischen Classe:
Examen theoriae Daltonianae de expan-
sione fluidorum tam liquidorum quam ela-
sticorum, Mercurii inprimis et aëris at-
mosphaerici, a calore genita, experimentis
simplicibus et certis nixum, et eum prae-
cipue in finem institutum, ut de necessitate,
graduum, quales thermometrorum scalae
hucusque receptae, referunt, progressiones
mutandi, a Daltono agitata, judicium dubiis
exemtum ferre liceat.
Eine auf einfache und scharfe Versuche
gegründete Prüfung der Daltonischen Theorie
über die Ausdehnung der tropfbaren und
elastischen Flüssigkeiten besonders des Queck-
silbers und der atmosphärischen Luft, durch
die Wärme mit hauptsachlicher Beziehung
auf die von Dalton behauptete Nothwendig-
keit, die Progressionen der Grade auf den
bisherigen Thermometerscalen ändern zu
müssen.
Und nun für den November 1820 eine neue
Aufgabe von der historisch-philologischen Classe:
Instituatur recensus ac comparatio critica
monumentorum priscorum omnis generis,
quae hactenus in America innotuerunt, cum
monumentis Asiae et Aegypti. Doceatur qua-
tenus inter se conveniant, quatenus differant.
Censurae subjiciantur argumenta, quibus
conjectura ex iis ducta, communionem jam
antiquitus inter terras hasce longinquas
earumque incolas exstitisse, superstructa est.
Man verlangt eine Uebersicht und critische
Vergleichung derjenigen alten Denkmähler
aller Art, welche bis jetzt in America
bekannt worden, mit den Asiatischen und
Aegyptischen Denkmählern. Man zeige wie
fern sie mit einander übereinkommen oder
von einander verschieden sind; und würdige
darnach die Gründe, auf welche die daher
abgeleiteten Vermuthungen gebaut sind, daß
schon in früher Zeit Verbindungen zwischen
diesen fernen Ländern und deren Bewohnern
statt gehabt.
Die Schriften müssen Lateinisch abgefaßt, und vor
Ablauf des Septembers jedes Jahrs postfrey ein-
gesendet seyn.
Der für jede dieser Aufgaben ausgesetzte Preis
ist von funfzig Ducaten.
Von öconomischen Aufgaben aber sind folgende
für die nächsten Jahre ausgesetzt:
Da aus den Versuchen, die man seit vie-
len Jahren in verschiedenen Gegenden von
Deutschland, über die Cultur Nordameri-
[Seite 1944] canischer Waldbäume angestellt hat, zwar
hervorgeht, daß manche darunter, zumahl
einige Nadelholz-Gattungen, bey uns gut
gedeihen, aber doch noch kleine genügende
Resultate zur Entscheidung der wichtigen
Frage gezogen worden sind: Ob unter jenen
Bäumen gewisse Species sind, die zur Cultur
im Großen besonders empfohlen, oder wohl
gar gewissen einheimischen Waldbäumen vor-
gezogen zu werden verdienen?
so findet sich die Königliche Societät der Wissen-
schaften zur Aufgabe folgender Preisfrage veranlaßt:
Gibt es Nordamericanische Waldbäume,
die unter gewissen Verhältnissen in Deutsch-
land mit gleichen oder größern Vorthei-
len, als gewisse einheimische Waldbäume im
Großen cultivirt werden können?
Zur vollständigen und gründlichen Beantwortung
dieser Frage sieht die Königliche Societät als Haupt-
erfordernisse an:
Für den November 1818 wird nachstehende im
vorigen Jahre unbeantwortet gebliebene Frage noch
einmahl aufgegeben, aber mit Verdoppelung des
sonstigen Preises, und zwar so, daß falls Eine
genügende und die andere überwiegende Schrift
einkommt, ihr Verfasser den doppelten Preis, also
vier und zwanzig Ducaten, und wenn hingegen
etwa zwey gleichgute einlaufen, jede derselben
den gewöhnlichen einfachen Preis erhalten soll. Die
Societät wünscht nähmlich:
Eine auf genaue Versuche gegründete An-
weisung, wie der Holzessig oder die so
genannte Holzsäure, welche mit brenzlich-
öligen Theilen verbunden, in großer Menge
und ohne kostspielige Vorrichtungen bey dem
Verkohlen des Holzes gewonnen werden kann,
auf eine im Großen leicht ausführbare Weise
so zu reinigen ist, daß derselbe mit gleichem
Vortheile wie gewöhnlicher Essig in der
Oeconomie, ganz besonders aber zur Darstel-
lung mancher Fabricate welche Essig erfor-
dern, z.B. des Bleyweißes, Bleyzuckers,
Grünspans, und mehrerer pharmaceutischer
Präparate, angewandt werden könne.
Zur gründlichen Beantwortung dieser Frage wird
erforderlich seyn:
In der Anwendung des Wasserdampfes zu
mancherley Bereitungen, bey denen man sonst
die durch Holz oder andere Brennmaterialien
bewirkte Hitze mehr unmittelbar anzuwenden
pflegte, hat man in neuerer Zeit bedeutende
Fortschritte gemacht, und daraus auch hin
und wieder schon im Stadt- und Landhaus-
halte Vortheile gezogen, die nicht allein in
einem geringeren Verbrauche von Brenn-
material, sondern oft auch in Ersparung von
Zeit und Arbeitslohn bestehen.
Obgleich diese Vortheile bey verschiedenen
Bereitungen keinem Zweifel unterworfen seyn
können, so hat doch die Anwendung des Was-
serdampfes zu obigen Zwecken bis jetzt im
Stadt- und Landhaushalte nur geringen Ein-
[Seite 1947] gang gefunden, wovon der Grund haupt-
sächlich mit in dem Mangel gründlicher,
populärer Anleitungen zu liegen scheint. Da
nun aber bey den immer mehr steigenden
Holzpreisen, die allgemeinere Einführung
jener Anwendung von großer Wichtigkeit ist,
so würde man sich wesentlichen Nutzen ver-
sprechen dürfen von
einer gründlichen, populären auf sichere
Erfahrungen gestützten Anleitung zur An-
wendung des Wasserdampfes bey verschie-
denen Bereitungen im Stadt- und Land-
haushalte, wobey man bisher die durch
Holz oder andere Brennmaterialien bewirkte
Hitze unmittelbar anzuwenden pflegte.
Und jetzt eine neue Aufgabe für den November
1819:
Es ist bekannt, wie nachtheilig in gewissen
Jahren und unter gewissen Umständen die
Ackerschnecke (Limax agrestis) den Saaten
ist, und besonders fühlbar sind diese Nach-
theile im verflossenen und gegenwärtigen
Jahre in unsern Gegenden geworden. Die
Mittel welche bisher zur Vertilgung dersel-
ben in Vorschlag und in Anwendung ge-
bracht worden, sind entweder unvollkommen
(wie das Ueberwalzen der Saat, der Ge-
brauch von Kalk, Heerdasche, Ofenruß u.s.w.)
oder umständlich und kostspielig (wie das
in neuesten Zeiten empfohlne Absuchen der
Schnecken), und man wird schwerlich eher
mit glücklichem Erfolge jenen Feind der
Saaten bekämpfen können, bevor man nicht
im Besitze einer genauen Kunde der Natur-
geschichte des Thiers und der Bedingungen
[Seite 1949] der außerordentlichen Vermehrung desselben
zu gewissen Zeiten ist.
Die Königliche Societät wünscht daher
eine auf genaue Beobachtungen gegrün-
dete, vollständige Angabe der Naturge-
schichte der Ackerschnecke (Limax agre-
stis) nebst einer Anleitung zur Anwendung
sicherer, durch Erfahrungen erprobter
und im Großen mit Vortheil verknüpfter
Mittel zur Verhütung der starken Vermeh-
rung oder zur Vertilgung derselben.
Der gewöhnliche Preis für die beste Beant-
wortung jeder dieser Aufgaben ist zwölf Ducaten,
und der äußerste Termin, innerhalb dessen die zur
Concurrenz zulässigen Schriften bey der Societät
postfrey eingegangen seyn müssen, für die Julius-
Preisfragen der Ausgang des Mayes, und für die
auf den November ausgesetzten das Ende des
Septembers.