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Göttingische
gelehrte Anzeigen.
Unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1819.

Göttingen,
gedruckt bey J.C. Baier.

Göttingen.

[Seite 1053]

Die von der Königlichen Societät der Wissen-
schaften für den dießjährigen Julius-Termin auf-
gegebene ökonomische Preisfrage, über die An-
wendung des Wasserdampfes statt son-
stiger Brennmaterialien zu mancherley
Bereitungen im Stadt- und Landhaus-
halte
etc. (– g.A. 1817. S. 1236 u.f. –) ist bey
ihr unbeantwortet geblieben. Vielleicht daß die
indeß vor anderthalb Jahren erschienene wichtige
Schrift des Hrn. Dr. Dingler über diesen Ge-
genstand, manchen von der sonstigen Concurrenz
abgehalten haben mag.

Für die nächsten beyden Jahre sind aber fol-
gende öconomische Aufgaben theils wieder in An-
denken zu bringen, theils zuerst nun bekannt zu
machen:

Für den November des laufenden
Jahres:

Es ist bekannt, wie nachtheilig in gewis-
sen Jahren und unter gewissen Umständen
die Ackerschnecke
(Limax agresiss) den Saa-
ten ist, und besonders fühlbar sind diese
[Seite 1154] Nachtheile im verflossenen und gegenwärti-
gen Jahre in unsern Gegenden geworden.
Die Mittel, welche bisher zur Vertilgung
derselben in Vorschlag und in Anwendung
gebracht worden, sind entweder unvollkom-
men (wie das Ueberwalzen der Saat, der
Gebrauch von Kalk, Heerdasche, Ofenruß,
u.s.w.) oder umständlich und kostspielig
(wie das in neuesten Zeiten empfohlne Absu-
chen der Schnecken), und man wird schwer-
lich eher mit glücklichem Erfolge jenen Feind
der Saaten bekämpfen können, bevor man
nicht im Besitze einer genauen Runde der Na-
turgeschichte des Thiers und der Bedingun-
gen der außerordentlichen Vermehrung des-
selben zu gewissen Zeiten ist.

Die Königliche Söcietät wünscht daher

eine auf genaue Beobachtungen gegrün-
dete, vollständige Angabe der Naturge-
schichte der Ackerschnecke
(Limax agrestis)
nebst einer Anleitung zur Anwendung siche-
rer, durch Erfahrungen erprobter und im
Großen mit Vortheil verknüpfter Mittel
zur Verhütung der starken Vermehrung
oder zur Vertilgung derselben.

Für den Julius künftigen Jahrs:

Da das Zusammentreffen verschiedener
Umstände bewirkt, daß der Betrieb der Berg-
werke am Oberharz gegenwärtig nicht mehr
so schwunghaft seyn kann, als er es vormahls
war; und da die allmählige Verminderung
der Erze, falls nicht etwa unerwartet neue,
große Anbrüche entdeckt werden sollten, eine
Einschränkung des Betriebes und dadurch die
Verminderung einer Haupterwerbsquelle
für viele Menschen nothwendig zur Folge ha-
ben muß; so ist es gewiß gerathen, bey Zei-
[Seite 1155] ten zu untersuchen: welche Arten von Ge-
werben sich am besten dazu eignen dürften,
um am Oberharz neben den eigentlichen
Bergmännischen Gewerben mit Vortheil be-
trieben zu werden, und welche Mittel am
dienlichsten seyn möchten, um solche neue
Gewerbe dort mit Glück einzuführen.

Die Königl. Societät d.W. bestimmt daher,
um ihrer Seits dazu beyzutragen, die Auf-
merksamkeit auf diesen, für jeden Freund des
Vaterlandes und jener merkwürdigen Ge-
birgsgegend insbesondre, so wichtigen Ge-
genstand zu leiten, zur Preisaufgabe, die
beste Beantwortung der Frage:
Welche Arten von Gewerben sind in Hin-
sicht auf die natürliche Beschaffenheit und
die übrigen Verhältnisse des Oberharzes
am Mehrsten dazu geeignet, neben den ei-
gentlichen Bergmännischen Gewerben, ei-
nem Theile der dortigen Einwohner einen
angemessenen und dauernden Unterhalt zu
verschaffen, und durch welche Mittel wür-
de dort solchen neuen Gewerben am leichte-
sten Eingang verschafft werden können?

Für den November desselben Jahrs
1820:

Die Innerste, welche bey Langelsheim den
Harz verläßt, und dann ihren Lauf durch das
Hildesheimische nimmt, um sich bey Ruhte
mit der Leine zu vereinigen, führt von den
Abfällen der am Oberharze an ihr liegenden
Poch- und Hüttenwerke viele Theile mit
sich fort, wodurch nicht allein ihr Wasser
gewisse nachtheilige Eigenschaften zu erhal-
ten scheint, sondern wodurch auch besonders
die in ihrer Nähe liegenden Wiesen und an-
dere Ländereyen mit sehr unfruchtbaren, der
[Seite 1156] Vegetation schädlichen Theilen über-
schwemmt werden, wodurch jährlich der Er-
trag eines sehr großen Areals bedeutend ver-
mindert wird, wie solches mit Mehrerem
aus einem diesen Gegenstand betreffenden
schätzbaren Aufsatze im 28. Stücke des dieß-
jährigen Hannoverschen Magazins zu erse-
hen ist. Es sind bereits zu verschiedenen Zei-
ten Mittel vorgeschlagen, um jenem großen
Uebel zu steuern, gegen deren Anwendbar-
keit man aber mit Recht Zweifel erhoben hat.
Man wird auch wahrscheinlich nicht eher
zweckmäßige Vorkehrungen zur Verminde-
rung des durch die Innerste bewirkten Scha-
dens auffinden, bevor man nicht eine gründ-
liche Einsicht in die Natur desselben erlangt
hat. Es ist aber bis jetzt noch nicht einmahl
entschieden, ab die Innerste allein durch die
sogenannten After (die Abfälle von den Poch-
werken) welche durch sie aufgeschwemmt
werden, oder auch durch ihr Wasser, wel-
ches vielleicht schädliche Theile chemisch auf-
gelöst enthält, schade; ob die After bloß me-
chanisch, oder ob sie auch durch ihre Be-
standtheile nächtheilig einwirken u.s.w.

Die Königliche Societät d.W. ver-
langt daher, um die Aufklärung dieser
Sache und wo möglich die Auffindung
wirksamer Mittel gegen das große Ue-
bel, welchem die Landwirthschaft einer
Provinz des Königreichs Hannover fort-
während ausgesetzt ist, zu veranlassen,

eine gründliche Untersuchung der Ursachen
des Schadens, den die Innerste den an-
gränzenden Ländereyen aus ihrem Laufe
durch das Hildesheimische zufügt, nebst
Vorschlägen zu wirksamen und im Großen
ausführbaren Maßregeln, um demselben
so viel wie möglich Einhalt zu thun.

[Seite 1157]

Was die zu erwartenden Vorschläge betrifft, so
würde dabey unter Andern zu berücksichtigen seyn:

Und nun eine neue für den Julius 1821:

Der Mangel sehr feuerfester Schmelzge-
fäße, welche höhere Hingrade als z.B.
die bekannten Almeröder Tiegel aushal-
ten können ohne zu schmelzen, ist in man-
chen Gegenden von Deutschland, bey ver-
schiedenen technischen Anwendungen, sehr
fühlbar. Die Erfahrung lehrt, daß Talk-
erde die Feuerbeständigkeit des Thons sehr
zu vermehren vermag und es frägt sich,
ob nicht etwa die aus den Mutterlau-
gen von der Kochsalzsiedung auf manchen
Salinen in Menge darstellbare kohlensaure
Bittererde oder Talkerde haltige Fossilien,
wie u.A. der Serpentin, mit Vortheil als
Zusatz bey der Fabrication solcher Schmelz-
gefäße angewandt werden könnten?

Die Königl. Societät d.W. macht daher
zum Gegenstande einer Preisaufgabe:

[Seite 1158]

Eine aus Versuche gegründete Beantwor-
tung der Frage: wie die aus den Salinen
zu gewinnende kohlensaure Talkerde, oder
andre Talkerde haltige Körper, zur Ver-
fertigung sehr feuerfester Schmelzgefäße
mit Vortheil benutzt werden können?

Wobey die Königl. Societät d.W. erwartet,
daß der Anleitung zu Anfertigung derselben,
Proben von dem nach derselben bereiteten
Schmelzgeräthe zur Prüfung beygefügt wer-
den.

Der auf jede dieser Preisfragen ausgesetzte Preis
ist von zwölf Ducaten.

Die Concurrenz-Schriften für die Juliusaufga-
ben müssen vor Ablauf des Mayes, und die
für den November vor Ende des Septem-
bers
jedes Jahrs postfrey eingesandt seyn.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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