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Göttingische
gelehrte Anzeigen.
Unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band.
auf das Jahr 1821.

Göttingen,
gedruckt bey J.C. Baier.

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Nun zu den auf die nächstfolgenden Jahre
aufgegebnen Preisfragen.

Zuerst die von den einzelnen Classen für der Haupt-
preis
.

Für den November künftigen Jahres, von der
mathematischen:

Notum est astronomos nonnullos ex observa-
tis motibus fixarum propriis suspicatos esse
motum proprium systematis nostri solaris ver-
sus signum Herculis.

Nuperiores quidem aliorum disquisitiones et-
si eum motum neutiquam confirmarint, rem
tamen nondum ad liquidum deduxerunt, et
quamquam id doceant, in motibus istis propriis
hactenus observatis effectus motus proprii sy-
stematis nostri solaris nullatenus praevalere
quidem, spem tamen non adimunt, fore ut in-
quisitione accuratiore, calculo probabilium ni-
xa, utique inistis motibus fixarum vestigia
quoque hujus solaris motus agnoscere liceat.

Desiderat ergo R.S.S.

novam eamqun accuratam indaginem ob-
servatorum in stellis fixis motuum pro-
priorum, ad eruendam, si licebit, direc-
tionem verisimillimam motus systematis
nostri solaris.

Bekanntlich haben einige Astronomen in
den beobachteten eignen Bewegungen der
Fixsterne eine Bewegung unsers Sonnensy
-
[Seite 1898] stems, gegen das Sternbild des Hercules
zu erkennen geglaubt. Neuere Untersuchun-
gen anderer Astronomen haben zwar dieß
nicht bestätigt, erschöpfen jedoch den Gegen-
stand nicht, und obgleich siezeigen, daß in
den beobachteten eignen Bewegungen die
Wirkung der eignen Bewegung unsers Son-
nensystems nicht überwiegend vorherrsche,
schließen sie die Hoffnung nicht aus, daß eine
strengere Untersuchung, gestüzt auf die
Wahrscheinlichkeitsrechnung, in jenen noch
die Spuren von diesen erkennen könne.

Die Kön. Societät wünscht demnach:

Eine neue sorgfältige Discussion der beob-
achteten eignen Bewegungen der Fixsterne,
um wo möglich die wahrscheinlichste Rich-
tung der Bewegung unsers Sonnensy-
stems auszumitteln.

Für den November 1823 von der historisch-
philologischen
Classe:

Cum interitus gentis inclytae, numerosae,
ortu, patrio sermone, moribus et institutis a
vicinis populis diversissimae, ad illustrandam
generis humani historiam non levis moment
sit, desiderat R.S.S. ut exponatur, testimo-
niisque a scriptoribus et antiquis et recentio-
nibus petitis comprobetur,

quomodo veteres Aegyptii, inde a Ptole-
maeorum aetate, ab omnibus, quae a ma-
joribus acceperant, paulatim recesserint,
aliisque populis commixti gens esse de-
sierint.

Da der Untergang eines berühmten, zahl-
reichen, durch Abstammung, Mutterspra-
che, Sitten und Verfassung von seinen
Nachbarn höchst verschiedenen Volkes für
[Seite 1899] die Aufklärung der Geschichte des Men-
schengeschlechts von großer Bedeutung ist,
so verlangt die K. Societät eine auf die
Zeugnisse alter und neuerer Schriftsteller
gegründete Darstellung,

wie die alten Aegyptier, seit den Zeiten
der Ptolemäer, allem jenem was sie von
ihren Vorfahren erhalten hatten, allge-
mach entfremdet worden, und durch
Vermischung mit andern Völkern end-
lich aufgehört haben, selbst ein Volk zu
seyn.

Und da nun die Reihe an der physischen
Classe war, eine neue Preisfrage für den November
1824 zu bestimmen, so hat sie meist wörtlich die näm-
liche wieder gewählt, die gerade vor 70 Jahren in
ihrer obgedachten ersten öffentlichen Sitzung von un-
serm Haller zu gleichem Zweck aufgegeben, aber da-
mahls nicht genügend beantwortet worden; und die
nun in den letzten Jahrzehnten vom neuen sovielsei-
tig zur Sprache gekommen, daß sie jetzt mehr als je
die Aufmerksamkeit der Physiologen reizen muß.

Sie handelt

de ortu ovi foeminini very; an in corpore
luteo nascatur? sihoc, quo tempore tunc in
animalibus mammalibus de eo corpore exeat?
et quid vesiculae ovarii huic ovo et toti ge-
nerationis negotio utilitatis praestent?

von der Entstehung des wahren weiblichen
Eyes bey den Säugethieren; ob es im gel-
ben Körper erzeugt werde? und wenn dem
so, zu welcher Zeit es dann aus demselben
heraustrete? und wozu die Bläßchen des
Eyerstocks diesem Eye und überhaupt dem
Zeugungsgeschäfte nützen.

* * *
[Seite 1900]

Der auf jede dieser Hauptaufgaben gesetzte Preis
ist von funfzig Ducaten, und der Termin, wann
die Schriften die dazu concurriren wollen, eingesandt
seyn müssen, ist der letzte September der bestimm-
ten Jahre.

* * *

Zum Schluß die von der K. Societät für die näch-
sten vier Termine aufgegebenen öconomischen Preis-
fragen:

Für den Julius des nächstkommenden Jahres
wird die nachstehende von neuem, und zwar mit Ver-
doppelung des sonstigen einfachen Preises

in der Maße aufgegeben, daß im Fall Eine genü-
gende und die andern überwiegende Schrift einkommt,
ihr Verfasser den doppelten Preis, also vier und
zwanzig Ducaten
erhalten solle, falls hingegen
zwey gleich gute einlaufen, jede derselben mit
zwölf Ducaten honorirt werden wird.

Die Aufgabe selbst ist folgende:

Da das Zusammentreffen verschiedener
Umstände bewirkt, daß der Betrieb der Berg-
werke am Oberharz gegenwärtig nicht mehr
so schwunghaft seyn kann, als er es vormahls
war; und da die allmählige Verminderung
der Erze, falls nicht etwa unerwartet neue,
große Anbrüche entdeckt werden sollten, eine
Einschränkung des Betriebes und dadurch die
Verminderung einer Haupterwerbsquelle
für viele Menschen nothwendig zur Folge ha-
ben muß; so ist es gewiß gerathen, bey Zei-
ten zu untersuchen: welche Arten von Ge-
werden sich am besten dazu eignen dürften,
um am Oberharz neben den eigentlichen
Bergmännischen Gewerben mit Vortheil be-
trieben zu werden, und welche Mittel am
dienlichsten seyn möchten, um solche neue
Gewerbe dort mit Glückeinzuführen. Die
[Seite 1901] Königl. Societät d.W. bestimmt daher,
um ihrer Seits dazu beyzutragen, die Auf-
merksamkeit auf diesen, für jeden Freund des
Vaterlandes und jener merkwürdigen Ge-
birgsgegend insbesondre, so wichtigen Ge-
genstand zu leiten, zur Preisaufgabe, die
beste Beantwortung der Frage:

Welche Arten von Gewerben sind in Hin-
sicht auf die natürliche Beschaffenheit und
die übrigen Verhältnisse des Oberharzes
am Mehrsten dazu geeignet, neben den ei-
gentlichen Bergmännischen Gewerben, ei-
nem Theile der dortigen Einwohner einen
angemessenen und dauernden Unterhalt zu
verschaffen, und durch welche Mittel wür-
de dort solchen neuen Gewerben am leichte-
sten Eingang verschafft werden können?

Für den November desselben Jahres:

Die, auf eine kritische Zusammenstellung
der bisherigen Erfahrungen und auf neue
Versuche und Beobachtungen gegründete
Nachweisung, des noch immer nicht gehö-
rig erörterten Einflusses, den das Gyp-
sen
(sogenannte Duxen) auf den Klee
und einige andere ökonomische Gewächse
äußert, um dadurch ein rationelles Ver-
fahren bey der Anwendung desselben zu
begründen.

Für den Julius 1823.

Durch die von dem Hrn. Professor Schüb-
ler
im 5ten Hefte der landwirthschaftlichen
Blätter von Hofwyl gegebene, treffliche An-
leitung zur Untersuchung der physikalischen
Eigenschaften der Ackerkrume, ist ein neues,
weites Feld für die Agronomie gewonnen.
Um aber daraus für diese Lehre, wie für
[Seite 1902] den practischen Ackerbau wahren Vortheil
ziehen zu können, ist es erforderlich, daß
nach jener Methode durchgeführte Untersu-
chungen verschiedener Bodenarten, möglichst
vervielfältigt und daß die erhaltenen Re-
sultate mit den Local-Erfahrungen über
das Gedeihen der ökonomischen Gewächse
und den Ertrag der Aernten, sorgfältig ver-
glichen werden. Um nun zu Untersuchun-
gen dieser Art, deren großer Nutzen nicht
zu verkennen ist, zu ermuntern, so macht
die K.S.d.W. zum Gegenstande einer
Preisfrage:

“eine genaue, nach der bekannten Schüb-
lerschen Methode durchgeführte Untersu-
chung der physikalischen Beschaffenheiten
der verschiedenen Bodenarten irgend einer
Gegend, verbunden mit einer Darstellung
des Verhaltens der wichtigsten ökonomi-
schen Gewächse auf denselben, hinsichtlich
ihres Gedeihens im Allgemeinen und des
Durchschnittsertrages der Aernten im Be-
sondern.”

In Hinsicht der Beantwortung dieser Frage
wird noch folgendes bemerkt:

1. Es ist wo möglich eine Gegend zur
Untersuchung der Bodenarten zu wählen,
wo diese recht auffallende Verschiedenheiten
zeigen. Dabey würde es der K.S.d.W.
besonders angenehm seyn, wenn die Arbeit
eine Gegend, z.B. ein Amt, im Königreiche
Hannover beträfe.

2. Wenn gleich die K.S.d.W. verlangt,
daß die musterhafte Schübler'sche Anleitung
zur Untersuchung des Bodens im Allgemei-
nen befolgt werde, so sollen doch dadurch
Verbesserungen oder Erweiterungen, deren
[Seite 1903] dieselbe in gewissen Stücken fähig seyn dürf-
te, nicht ausgeschlossen seyn; in welcher Hin-
sicht z.B. die darauf sich beziehenden Be-
merkungen des Hrn. Prof. Völker, in den
Mögelin‘schen Annalen, Bd. 4 St. 1. Be-
rücksichtigung verdienen möchten.

3. Um den Einfluß desuntersuchten Bo-
dens auf die Vegetation gehörig beurthei-
len zu können, werden die Preisbewerber
auch auf die äußeren Verhältnisse desselben,
z.B. auf seine Lage, seine Tiefe, die Be-
schaffenheit des Untergrundes u.s.w. fer-
ner auf die klimatischen Beschaffenheiten
der betreffenden Gegend, Rücksicht zuneh-
men haben.

4. Die K.S.d.W. wünscht mit den Con-
currenzschriften, auch Proben von den un-
tersuchten Bodenarten zu erhalten.

Für den November desselben Jahres aber wird
nachstehende am vorigen Julius unbeantwortet geblie-
bene öconomische Preisfrage vom neuen aufgegeben:

Der Mangel sehr feuerfester Schmelzge-
fäße, welche höhere Hingrade als z.B.
die bekannten Almeröder Tiegel aushal-
ten können ohne zu schmelzen, ist in man-
chen Gegenden von Deutschland, bey ver-
schiedenen technischen Anwendungen, sehr
fühlbar. Die Erfahrung lehrt, daß Talk-
erde die Feuerbeständigkeit des Thons sehr
zu vermehren vermag und es frägt sich,
ob nicht etwa die aus den Mutterlau-
gen von der Kochsalzsiedung auf manchen
Salinen in Menge darstellbare kohlensaure
Bittererde oder Talkerde haltige Fossilien,
wie u.A. der Serpentin, mit Vortheil als
Zusatz bey der Fabrication solcher Schmelz-
gefäße angewandt werden könnten?

[Seite 1904]

Die Kön. Societät d.W. macht daher zum
Gegenstande einer Preisaufgabe:

Eine auf Versuche gegründete Beantwor-
tung der Frage: wie die auf den Salinen
zu gewinnende kohlensaure Talkerde, oder
andre Talkerde haltige Körper, zur Ver-
fertigung sehr feuerfester Schmelzgefäße
mit Vortheil benutzt werden können?

Wobey die Königl. Societät d.W. erwartet,
daß der Anleitung zu Anfertigung derselben,
Proben von dem nach derselben bereiteten
Schmelzgeräthe zur Prüfung beygefügt wer-
den.

Der gewöhnliche Preis besteht in zwölf Duca-
ten
, und der späteste Termin der postfreyen Einsen-
dung ist Ausgang des Mays und des Septembers.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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