Die Königliche Societät der Wissenschaften feyerte
am 16. vorigen Monats ihren Stiftungstag zum
einundsiebzigsten Mahle.
Die Vorlesung hielt Herr Hofrath Hausmann
de Apenninorum constitutione geognostica,
von welcher, so wie von einer Mittheilung des Herrn
Hofraths Tychsen einige der folgenden Blätter An-
zeige geben werden.
Hierauf ertheilte Herr Obermedicinalrath Blu-
menbach den Jahres-Bericht von den wichtigern
Vorfällen die sich seit dem letztern Anniversarium bey
der Societät ereignet.
Das jährige Directorium war an Michaelis vom
Herrn Hofrath Mayer in der mathematischen Classe
auf Herrn Hofrath Tychsen in der historisch-philo-
logischen übergegangen.
Durch den Tod hat die Societät im Laufe dieses
Jahres verloren:
Unter den Ehrenmitgliedern: den Grafen
Samuel Teleki de Szets, Kayserl. Königl.
Cämmerer, Geheimenrath und Canzler der Sieben-
[Seite 1938] bürgischen Canzley; und den Grafen Alexis von
Rasumofsky, Kayserl. Russischen Geheimenrath
und Cammerherrn, Curator der Universität Moskwa.
Von ihren hiesigen Mitgliedern den auch um die
Societät sehr verdienten Hofrath Friedrich Ben-
jamin Osiander, dessen Andenken in der Iunius-
Sitzung durch eine seitdem auch im Druck erschienene
Memoria begangen worden.
Von auswärtigen Mitgliedern: Julius
Friedrich Wilhelm Herschel, Königl. Astro-
nom zu Slough, seit 36 J. mit der Societät ver-
bunden; Friedrich Wilhelm Basilius von
Ramdohr, Königl. Preußischen Cammerhern und
Gesandten zu Neapel; Johann Baptist Joseph
de Lambre, beständigen Secretair der Pariser Aca-
demie der Wissenschaften; Christian Friedrich von
Schnurrer, Prof. der Theologie und Canzler der
Universität Tübingen; Renat Just Hauy Pro-
fessor der Mineralogie am Königlichen Museum der
Naturgeschichte zu Paris; und Johann Natalis
Hallé Professor der Arzneywissenschaft daselbst und
Leibarzt des Grafen von Artois.
Von Correspondenten aber: Gregor von
Bercewiszky, Inspector der Theißer Superinten-
denz der evangelischen Confession in Ungarn; und
Wilhelm Michael von Richter, Russich Kay-
serl. Staatsrath, Leibarzt, Professor, und Präsidenten
der Physisch-Medicinischen Gesellschaft zu Moskwa.
Was zunächst die von der Königlichen Societät
fürs laufende Jahr aufgegebenen Preisfragen betrifft,
so ist von der ökonomischen auf den vorigen Ju-
lius, über die passendsten Nebengewerbe
der Oberharzer, und den erwünschten Erfolg
dieser Aufgabe, gleich damals (im 120. St. der An-
zeigen) Nachricht ertheilt.
Die beiden für den heutigen Jahrstag bestimmten
Fragen haben minder Glück gehabt.
Die von der mathematischen Classe aufgegebene
Hauptfrage, verlangte
novam eamque accuratam indaginem ob-
servatorum in stellis fixis motuum pro-
priorum, ad eurendam, si licebit, direc-
tionem versimillimam motus systematis
nostri solaris; (s. das 190 St. der vorjähri-
gen Anzeigen) ist aber unbeantwortet geblieben.
Die ökonomische, über den Einfluß des Gyp-
sens auf den Klee u. dergl. hatte zwar einen Be-
arbeiter gefunden, der aber gegen die erste Bedingung
irgend einer Preisaufgabe, sich selbst, gleich vorläu-
fig als Verfasser der nachher eingesandten Schrift ge-
nannt hatte, so daß folglich die Soc. auf dieselbe
unter diesen Umständen keine Rücksicht nehmen konnte.
Nun zu den Aufgaben für die nächstfolgenden
Jahre. Und zwar zuerst für den Hauptpreis:
Für den November des künftigen Jahres, von
der historisch-philologischen Classe.
Cum interitus gentis inclytae, numerosae,
ortu, patrio sermone, moribus et institutis
a vicinis populis diversissimae, ad illustran-
dam generis humani historiam non levis
momenti sit, desiderat R.S.S. ut expona-
tur, testimoniisque a scriptoribus et anti-
quis et receptioribus petitis comprobetur,
quomodo veteres Aegyptii, inde a Ptole-
maeorum aetate, ab omnibus, quae a ma-
joribus acceperant, paulatim recesserint,
aliisque populis commixti gens esse de-
sierint.
Da der Untergang eines berühmten, zahl-
reichen, durch Abstammung, Muttersprache,
Sitten und Verfassung von seiner Nachba-
[Seite 1940] ren höchst verschiedenen Volkes für die Auf-
klärung der Geschichte des Menschenge-
schlechts von großer Bedeutung ist, so ver-
langt die Königl. Societät eine auf die
Zeugnisse alter und neuerer Schriftsteller
gegründete Darstellung,
Wie die alten Aegyptier, seit den Zeiten
der Ptolemäer, allem jenem was sie von,
ihren Vorfahren erhalten hatten, allge-
mach entfremdet worden, und durch Ver-
mischung mit andern Völkern endlich auf-
gehört haben, selbst ein Volk zu seyn.
Die Aufgabe für den November 1824 von der
physischen Classe handelt
de ortu ovi foeminini veri; an in corpore
luteo nascatur? si hoc, quo tempore tunc
in animalibus mammalibus de eo corpore
exeat? et quid vesiculae ovarii huic ovo et
toti generationis negotio utilitatis praestent?
Von der Entstehung des wahren weib-
lichen Eyes bey den Säugethieren; ob
es im gelben Körper erzeugt werde? und
wenn dem so, zu welcher Zeit es dann
aus demselben heraustrete? und wozu
die Bläschen des Eyerstockes diesem Eye
und überhaupt dem Zeugungsgeschäfte
nützen?
Und nun eine neue Preisfrage für den Novem-
ber 1825 von der mathematischen Classe:
Notum est, subter iride primaria interdum
et fascias coloratas, ad judicium oculorum
iridi dictae fere parallelas et plus minusve
extensas esse conspicuas, de quarurn ori-
gine indaganda jam complura quidem ex-
stant physicorum tentamina, minime vero
[Seite 1941] explicationes omnibus numeris completae
et absolutae. Quaenam sunt conditiones,
sub quibus hae fasciae memorabiles appa-
rent, et quaenam est explicatio illarum,
omnibus phaenomenis concomitantibus quam
maxime consentanea? Pendentne tantum a
variis reflexionibus et refractionibus lumi-
nis, an praeterea et inflexionis polaritatis-
que luminis ratio est habenda, ut tandem
genuina, qualem desiderat R.S.S., ex-
plicatio detur.
Es ist bekannt, daß unter dem Hauptre-
genbogen (iris primaria) zuweilen auch
mehr oder weniger ausgedehnte, mit je-
nem Bogen wie es scheint parallele Far-
benstreifen wahrgenommen werden, de-
ren Ursprung zwar schon vielseitig erör-
tert, aber bis jetzt noch nicht hinlänglich
erforscht ist. Welches sind die Bedingun-
gen, unter denen diese farbigen Streifen
entstehen, und nach welcher Ansicht ist
diese merkwürdige Erscheinung am na-
turgemäßesten erklärt? Rührt sie bloß
von Brechungen und Zurückwerfungen
des Lichtes her, oder ist man genöthigt,
auch die merkwürdigen neuern Entdek-
kungen über die Beugung und Polarität
des Lichtes mit in die Erklärung aufzu-
nehmen, damit sie, nach dem Wunsche
der Societät, allen begleitenden Phänome-
nen jener Streifen am besten entspreche?
Die Concurrenz Schriften müssen lateinisch abge-
faßt, und vor Ablauf des Septembers der be-
stimmten Jahre postfrey eingesendet seyn.
Der für jede dieser Aufgeben ausgesetzte Preis ist
von funfzig Ducaten.
Und nun noch die von der Königlichen Societät
für die nächsten vier Termine aufgegebenen ökono-
mischen Preisfragen:
‘“Eine genaue, nach der bekannten Schüb-
lerschen Methode durchgeführte Untersu-
chung der physikalischen Beschaffenheiten
der verschiedenen Bodenarten irgend einer
Gegend, verbunden mit einer Darstellung
des Verhaltens der wichtigsten ökonomi-
schen Gewächse auf denselben, hinsichtlich
ihres Gedeihens im Allgemeinen und des
Durchschnittsertrages der Aernten im Be-
sondern.”’
In Hinsicht der Beantwortung dieser Frage
wird noch folgendes bemerkt:
1. Es ist wo möglich eine Gegend zur
Untersuchung der Bodenarten zu wählen,
wo diese recht auffallende Verschiedenheiten
zeigen. Daher würde es der K.S.d.W.
besonders angenehm seyn, wenn die Arbeit
eine Gegend, z.B. ein Amt, im Königreiche
Hannover beträfe.
2. Wenn gleich die K.S.d.W. verlangt,
daß die musterhafte Schübler’sche Anleitung
zur Untersuchung des Bodens im Allgemei-
nen befolgt werde, so sollen doch dadurch
Verbesserungen oder Erweiterungen, deren
dieselbe in gewissen Stücken fähig seyn dürf-
te, nicht ausgeschlossen seyn; in welcher Hin-
sicht z.B. die darauf sich beziehenden Be-
merkungen des Hrn Prof Völker, in den
Mögelin’schen Annalen, Bd. 4. St. 1. Be-
rücksichtigung verdienen möchten.
3. Um den Einfluß des untersuchten Bo-
[Seite 1943] dens auf die Vegetation gehörig beurthei-
len zu können, werden die Preisbewerber
auch auf die äußeren Verhältnisse desselben,
z.B. auf seine Lage, seine Tiefe, die Be-
schaffenheit des Untergrundes u.s.w. fer-
ner auf die klimatischen Beschaffenheiten
der betreffenden Gegend, Rücksicht zu neh-
men haben.
4. Die K.S.d.W. wünscht mit den Con-
currenzschriften, auch Proben von den un-
tersuchten Bodenarten zu erhalten.
Für den November desselben Jahres:
Der Mangel sehr feuerfester Schmelzge-
fäße, welche höhere Hitzgrade als z.B.
die bekannten Almeröder Tiegel aushal-
ten können ohne zu schmelzen, ist in man-
chen Gegenden von Deutschland, bey ver-
schiedenen technischen Anwendungen, sehr
fühlbar. Die Erfahrung lehrt, daß Talk-
erde die Feuerbeständigkeit des Thons sehr
zu vermehren vermag und es fragt sich,
ob nicht etwa die aus den Mutterlau-
gen von der Kochsalzsiedung auf manchen
Salinen in Menge darstellbare kohlensaure
Bittererde oder Talkerde haltige Fossilien,
wie u.A. der Serpentin, mit Vortheil als
Zusatz bey der Fabrication solcher Schmelz-
gefaße angewandt werden könnten?
Die Kön. Societät d.W. macht daher zum
Gegenstande einer Preisaufgabe:
Eine auf Versuche gegründete Beantwor-
tung der Frage: wie die auf den Salinen
zu gewinnende kohlensaure Talkerde, oder
andre Talkerde haltige Körper, zur Ver-
[Seite 1944] fertigung sehr feuerfester Schmelzgefäße
mit Vortheil benutzt werden können?
Wobey die Königl. Societät d.W. erwartet,
daß der Anleitung zu Anfertigung derselben,
Proben von dem nach derselben bereiteten
Schmelzgeräthe zur Prüfung beygefügt wer-
den.
‘“Welche Mittel sind anzuwenden, um
einen Thon, der zu kalkhaltig ist, um bey
gewöhnlicher Behandlung gute Ziegel lie-
fern zu können, so zu verbessern, daß die
bekannten Mängel der aus einem solchen
Thone gebrannten Steine verschwinden?”’
Und für den November desselben Jahres wird
nun die folgende, schon oben erwähnte Preisfrage
vom neuen ausgegeben:
‘“Die, auf eine kritische Zusammenstellung
der bisherigen Erfahrungen und auf neue
Versuche und Beobachtungen gegründete
Nachweisung, des noch immer nicht gehö-
rig erörterten Einflusses, den das Gyp-
sen (sogenannte Duxen) auf den Klee
und einige andere ökonomische Gewächse
äußert, um dadurch ein rationelles Ver-
fahren bey der Anwendung desselben zu
begründen.”’
Der auf jede dieser Aufgaben ausgesetzte Preis ist
von Zwölf Ducaten.
Und der gesetzliche Termin der zur Concurrenz post-
frey einzusendenden Schriften das Ende des Mays
und des Septembers jedes Jahres.