In der neulichen am 8ten d.M. zur sieben
und siebzigsten Jahresfeyer ihrer Stiftung ge-
haltenen Sitzung der Königlichen Societät der
Wissenschaften hielt Herr Hofrath Conradi die
Vorlesung de bronchitidis historia et dia-
gnosi, von welcher demnächst in einem folgenden
Stücke ausführlichere Anzeige gegeben werden wird.
Hierauf ertheilte Herr Ober-Medicinalrath
Blumenbach die am Jahrestage vorzulegende
Uebersicht der bey der Societät seit Jahresfrist
eingetretenen Vorfälle und Veränderungen, aus
welcher wir das auch für diese Blätter gehörige
ausheben.
Das unter den ältesten Mitgliedern der drey
Classen wechselnde jährige Directorium war
an Michaelis von der mathematischen auf die hi-
storisch-philologische, mithin vom Herrn Hofrath
Mayer auf Herrn Hofrath Tychsen überge-
gangen.
Der doppelte große Verlust, den die Societät
durch den Tod von Bouterweck und Sar-
torius erlitten, bedurfte jetzt nur einer leisen
Erwähnung, da die Gedächtnißfeyer dieser beiden
unvergeßlichen Männer erst vor kurzem in einer
besondern Sitzung am gleichen Orte begangen
worden.
Von ihren auswärtigen Mitgliedern
aber sind ihr drey hochverdiente Veterane, Carl
Peter Thunberg, der Medicin und Botanik
Professor zu Upsala; Joseph Planta, Ober-
Bibliothecar am britischen Museum; und Albr.
Thaer, Königl. Preuß. Geh. Ober-Regierungs-
Rath zu Möglin; so wie von ihren Correspon-
denten der Dr. Franz Joseph Gall, prac-
tischer Arzt zu Paris; Wasil. Michailow.
Sewergin, Professor der Mineralogie zu St.
Petersburg; und vorher schon Joh. Bruce,
Historiograph der Ostindischen Compagnie zu
London (früher Prof. der Philos. zu Edinburgh);
und Aegid. C. Joseph de Vivere in Rom,
durch den Tod entrissen worden.
Nun zu den von der Societät für den dießjährigen
November aufgegebenen beiderley Preisfragen.
Für den Hauptpreis von der mathema-
tischen Classe:
Cum tabulae emortuales, quae basin qua-
si arithmeticae politicae constituunt, ab eo
inde tempore quo variolarum vaccinarum
insitio in usum versa est, longe alias quam
antea progressiones exhibeant, desiderat R.
S. ut tabulae istae eo respectu in quadam
[Seite 1883] provincia, decies ad minimum centenorum
millium incolarum, inde ab initio huius se-
culi de novo, quantum ex datis, quinque
lustra complectentibus fieri potest, accura-
tissime reformentur.
Da die bisherigen Mortalitätstabellen
seit Einführung der Kuhpocken als nicht
ferner genau passend angesehen werden
müssen, und die wichtige Basis, welche
sie für alle Berechnungen der politischen
Arithmetik abgeben, die sorgfältigste Be-
rücksichtigung verdient, so wünscht die
Königliche Societät, daß ein Gelehrter,
dem die Geburts- und Sterbelisten eines
ganzen Landes (dessen Einwohnerzahl
aber nicht unter einer Million seyn darf)
zu Gebote stehen, unter genauer Angabe
von sämmtlichen dabey gebrauchten Da-
tis, eine Mortalitätstabelle seit dem An-
fange des gegenwärtigen Jahrhunderts
entwerfen möge, die zur Grundlage für
fernere Bestimmungen gebraucht werden
könnte.
Eine darauf eingesandte, an sich interessante
Schrift konnte nur, da sich ihr Verfasser ganz
gegen die ausdrücklichen Gesetze unserer, so wie
anderer, Preisfragen aufgebenden Societäten gleich
vorläufig und zu wiederholten Malen selbst ge-
nannt hatte, hier nicht in Betracht kommen.
Die öconomische Aufgabe betraf:
‘‛Eine möglichst vollständige und auf
Erfahrung gegründete Anleitung, wie die
natürlichen und künstlichen Schafweiden
am besten zu cultivieren und zu verbes-
sern, und wie die letzteren in unserem
[Seite 1884] Clima am vortheilhaftesten anzulegen
sind?’’
Es ist nur eine Schrift zur Beantwortung ein-
gegangen, mit dem Motto nach Virgil:
‘‛Doch in der Mittagsglut erspäh die
schattigen Thäler etc.’’
Der Verf. hat sich offenbar viel Mühe gegeben,
um den Gegenstand möglichst zu erschöpfen; ihre
Abfassung entspricht aber dennoch nicht ganz den
Absichten welche bey der Aufgabe zum Grunde
lagen. Ein großer Theil der Abhandlung bezieht
sich nicht zunächst auf die Preisfrage, indem bis
zum 42. § vom Schafe, seinem Nutzen und sei-
ner Behandlung die Rede ist. Es werden darin
allgemein bekannte und daher vorauszusetzende
Dinge weitläuftig mitgetheilt, und doch auch
mitunter Meinungen geäußert, die mit den all-
gemeinen Erfahrungen streiten. Ein gleiches gilt
vom zweyten Theile der Abhandlung, der von
den künstlichen Schafweiden und der Verbesserung
der natürlichen handelt. Das Bekannte ist auch
hier weitschweifig vorgetragen; dabey sind aber
die in andern Ländern gemachten Erfahrungen
nicht gehörig berücksichtigt, und bey dem was
dem Verf. eigenthümlich ist, stößt man hin und
wieder auf Behauptungen, die mit bekannten Er-
fahrungen im Widerspruche stehen.
Es konnte daher auch dieser Schrift, wenn
gleich aus ganz anderm Grunde als bey der ge-
dachten mathematischen der Preis nicht ertheilt
werden, sondern der derselben beygelegte versie-
gelte Zettel ward ordnungsmäßig gleich in der
öffentlichen Sitzung verbrannt.
Dagegen ward, wie unten noch angezeigt wer-
den wird, dieselbe wichtige Frage für einen künf-
tigen Termin von neuem aufgegeben.
Ueberhaupt aber sind für die nächsten Jahre
folgende Preisfragen bestimmt:
Für den November künftigen Jahrs von
der historisch-philologischen Classe:
Exponatur historia systematum chronolo-
gicorum, quae Graeci inde a temporibus
Logographorum usque ad Eusebium, maxime
viri litterati Alexandrini, composuerunt;
in qua potissimum ad fontes, ex quibus ii
temporum indicationes hauserunt, atque ad
rationes et calculos, quos computationibus
suis fundamento posuerunt, attendendum est.
Die Königliche Societät wünscht eine
geschichtliche Darstellung der chronologi-
schen Systeme, welche die Griechen von
den Zeiten der Logographen an bis auf
Eusebius, zumal aber die Alexandrini-
schen Gelehrten, aufgestellt haben; wo-
bey hauptsächlich auf die Quellen, aus
welchen dieselben ihre Zeitbestimmung ge-
schöpft, so wie auf die Principien und
Rechnungen, die sie bey ihren chronolo-
gischen Arbeiten zum Grunde legten, zu
achten seyn wird.
Für den November 1830 von der physi-
schen Classe:
De D. Civialis methodo calculorum de-
misso in urinae iter instrumento, quod Li-
thotriteur nominatur, in vesica urinaria
comminuendorum, et ex illa fragmentorum
forcipe extrahendorum, quid judicandum
sit? – utrum Lithotomia nunc carere pos-
simus, aut non? Si non, – quando isti me-
thodo novae? quando Lithotomiae locus sit?
Beurtheilung von des D. Civiale’s Me-
thode die Harnblasensteine mittelst seines
Lithotriteurs in der Blase zu zerstückeln,
und die Fragmente davon mittelst der
Zange auszuziehen. Ob sie nun den Stein-
schnitt entbehrlich mache oder nicht? Wo
nicht, unter welchen Umständen dann jene
neue Methode, oder aber der Steinschnitt
den Vorzug verdiene?
Und nun eine neue Preisfrage für den No-
vember 1831 von der mathematischen
Classe:
Quaeritur adhuc in astronomia practica
modus determinandi aciem lucis corporum
coelestium, siquidem methodi hactenus eo
scopo propositae parum ei satisfecerunt.
Cum vero non uno respectu utilissimum
foret, diversas gradationes lucis stellarum et
mutationes cui obnoxia est, certo et facile
dijudicandi,
desiderat R.S. nova curatis explicationi-
bus illustrata consilia ad tales principiis
photometricis nixos apparatus, quarum ope
diversi gradus luminis fixarum certo, con-
venienter et faciliter dijudicari et deter-
minari possint, ita ut ex plena exposi-
tione observationum et quae exin sequun-
tur consectariorum in stellis diversae mag-
nitudinis demonstratorum, certum in istis
apparatibus dignoscere et dijudicare liceat.
In der practischen Astronomie mangelt
es noch immer an einem Mittel zur sichern
Bestimmung der Lichtstärke der Himmels-
körper, und die früher zu diesem Zwecke in
Vorschlag gebrachten Vorrichtungen haben
sich in der Anwendung wenig brauchbar
gezeigt.
Da es jedoch von vielfachem und großem
Nutzen seyn würde, die verschiedenen Ab-
stufungen des Sternenlichtes und die darin
statt findenden Veränderungen mit Sicher-
heit und Leichtigkeit beurtheilen zu können:
so wünscht die Königliche Societät neue,
durch vollständige Beschreibungen erläu-
terte Vorschläge zu solchen auf photome-
trischen Grundsätzen beruhenden Vorrich-
tungen zu erhalten, mittelst welcher die
verschiedenen Grade des Lichts der Fix-
sterne mit Sicherheit, Gleichförmigkeit
und Leichtigkeit beurtheilt und festgestellt
werden können, und deren Leistungen aus
einer ausführlichen Darlegung der Re-
sultate, die aus ihrer Anwendung auf
Sterne von den verschiedensten Größen
erhalten worden sind, sich erkennen und
beurtheilen lassen.
Die Concurrenzschriften müssen vor Ablauf
des Septembers jedes Jahres postfrey einge-
sandt seyn.
Der für jede dieser Aufgaben gesetzte Preis ist
von funfzig Ducaten.
Von ökonomischen Preisfragen hat die Kö-
nigl. Societät für die nächsten vier Termine fol-
gende aufgegeben, die in frühern Stücken dieser
Anzeigen vom laufenden Jahre schon ausführ-
licher bekannt gemacht worden.
Für den Julius des nächstkommenden Jahrs:
‘Eine vollständige Darstellung und auf
Erfahrungen gegründete Prüfung der
Methoden, welche man in verschiedenen
Ländern und Gegenden bey der Kno-
chendüngung anwendet.’’
Für den November desselben Jahrs:
‘‛Eine gründliche Erörterung der Män-
gel, die sich in den mehrsten Gegenden
von Norddeutschland bey dem Flachsbau
finden, nebst Angabe der Maaßregeln, wo-
durch derselbe wesentlich verbessert wer-
den könnte, um das zu erzielende Pro-
duct, der Güte des in den Niederlanden
gewonnenen, möglichst zu nähern.’
‘‛Welche Einrichtung müssen technische
Lehranstalten (sogenannte polytechnische
Institute, Gewerbschulen, Handwerksschu-
len) haben, damit sie ihren Zweck, eine ange-
messene, theoretisch-practische Ausbildung
der Gewerbetreibenden zu bewirken, best-
möglichst erfüllen können?’
Für den November desselben Jahrs ist, wie
schon bemerkt worden, folgende Preisfrage von
neuem aufgegeben:
wie die natürlichen und künstlichen Schaf-
weiden am besten zu cultivieren und zu
verbessern, und wie die letzteren in un-
serm Clima am vortheilhaftesten anzule-
gen sind?
Der für jede dieser öconomischen Aufgaben be-
stimmte Preis ist von zwölf Ducaten, und der
gesetzliche Termin, zur Concurrenz der postfrey ein-
zusenden Schriften, für die Julius-Preisfragen
das Ende des Mayes, und für die auf den
November ausgesetzten, das Ende des Sep-
tembers.