In der Versammlung der königl. Socie-
tät der Wissenschaften in Göttingen am
14 Octob. zeigte der Hofrath Blumenbach
ein lehrreiches Stück derjenigen Steinart
von der Côte du Mole an der grande Terre
von Guadeloupe vor, worin neuerlich die
fossilen Menschengerippe entdeckt worden,
von welchen unser vormahliger gelehrter
Mitbürger Charles König, erster Auf-
seher des Naturalien-Cabinets im brittischen
Museum, eine treffliche Abhandlung und
Abbildung im vorjährigen Bande der philo-
sophical Transactions gegeben hat.
Sich über dieses so unerwartete – und
der jetzt nach aller critischen Prüfung für er-
wiesen angenommenen Nonexistenz von wah-
ren Anthropolithen dem ersten Anschein nach
widersprechende – Phänomen Aufschluß zu
verschaffen, kam es hauptsächlich auf Unter-
suchung des Gesteins, worin jene Skelete
brachen, und der Entstehungsart desselben
an. Es ist dasselbe, wie es schon König
genau beschrieben hat, ein gelblich grauer,
weiß gesprenkelter marmorharter Kalkstein
mit milchweißen kleinen Körnern, durch ein
denselben übrigens gleichartiges Cäment zu-
sammen verbunden, so daß die Körner mit
demselben häufig wie zu einem dichten homo-
genen Guß verschmölzen sind (– so wie das
auch bey manchen Roggen- und Erbsenstei-
nen der Fall ist –). Hin und wieder ent-
hält es Reste von Conchylien und Corallen,
namentlich von Helix acuta und Millepora
miniacea; beyde also aus der jetzigen Schö-
|| pfung; dagegen nirgend eine Spur von in-
cognitis aus der Vorwelt; mithin auch jene
Gerippe doch wohl von keinen Präadami-
ten. Aber überhaupt auch wol, nach der
Frischheit der gedachten Reste von Schne-
cken- und Corallengehäusen zu urtheilen,
von keinem hohen Alter, wie schon Sir
Joseph Banks urtheilte, der sie zumahl
nach dem indianischen Namen der Galibis,
unter welchem sie auf den Inseln bekannt
sind, wahrscheinlich für Gebeine der Carai-
ben ansieht (vollens falls sich Lavaysse’s Be-
merkung in seiner Reise nach Trinidad bestä-
tigen sollte, daß diese Skelete immer in ei-
nerley Richtung von Osten nach Westen, und
neben ihnen im gleichen Gestein auch steiner-
ne Waffen und Geräthschaften von derselben
Art gefunden werden, wie sich deren die Ca-
raiben noch neuerlich bedienten).
Merkwürdig bleibt aber aus mehrfacher
Rücksicht die Entstehungsart jenes so harten
Muttergesteins, das offenbar wol größten-
theils aus Sand von zertrümmerten Conchy-
lien zusammencämentirt ist. Um dieß an-
schaulich zu machen, hat der Hofr. Bl. eine
Folge von Gradationen solcher Steinbildung
(freylich aus verschiedenen Weltgegenden) zu-
sammengebracht, wovon er die vorzüglich
beweisenden in der Sitzung vorzeigte, wobey
er von der Calx testudinea Linn. dem (von
Osbeck beschriebenen) saubern, ganz losen
Muschelsand vom Strande der Ascensions-
Insel ausging, von da sich der allmählige
Uebergang des Muschelsandes zur Steinver-
härtung bis zu jenem so harten so genannten
Galibi stone von Guadeloupe, unter andern
[3259/3260] || auffallend an einem Stücke von einer der
englischen Küsten zeigte, das er der Güte
des Prof. Hausmann verdankt. Auch fin-
den sich in diesem Conglomerate, so wie in
jenem losen Muschelsande, außer den abge-
rollten weißen Conchylienkörnern, auch eben
so rothe, wie in der Steinart von Guade-
loupe.
Uebrigens gibt das Vorkommen der Reste
von noch jetzt vorhandenen Conchylien und
Corallen in der festen Lagerstätte jener Men-
schengerippe einen lehrreichen Beweis von
der Wichtigkeit der in der Mineralogie so
genannten empirischen Kennzeichen im
philosophischen Studium der Petrefacten-
kunde, zumahl in der chronologischen An-
sicht derselben; so wie anderseits der zu er-
wartende nähere Aufschluß über die Weise,
wie jene Skelete in diese Lage gerathen, ei-
nen bedeutenden Beytrag zu den merkwürdi-
gen historischen datis verspricht, wodurch
schon so manche partielle Umänderungen
und Erzeugnisse in der Rinde unsers Plane-
ten aufgeklärt worden.