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Göttingisches
Magazin
der
Wissenschaften und Litteratur.
Herausgegeben
von
Georg Christoph Lichtenberg
und Georg Forster
.

Mit einem Kupfer.

Zweyten Jahrgangs viertes Stück.


Göttingen,
bei Johann Christian Dieterich,
1781
.
[[I]] [[II]]

V.
Prof. Blumenbach
über die Liebe der Thiere.

[Seite 93]
Alma Venus –– –– –– ––
–– –– –– –– –– capta lepore
Illecebrisque tuis omnis natura animantum
Te sequitur cupide, quo quamque inducere pergis.
(Lvcret.)

Der gegenwärtige Aufsatz enthält blos einige einzelne
Bemerkungen über einen Gegenstand dessen weitere Aus-
führung nicht nur wegen der Allgemeinheit des Interesse
und wegen des Einflusses den die Liebe aufs Wohl und
Wehe der Menschen hat, unterhaltend; sondern auch
aus mehrerer Rücksicht nutzbar und lehrreich werden
müßte. Ausser der vielseitigen Aufhellung welche sich für die
[Seite 94] Geschichte der Thiere und ihrer Oekonomie überhaupt,
besonders aber für das Zeugungsgeschäfte*) daher er-
warten lies, würde eine solche Untersuchung auch vor-
züglich dazu dienen, das Allgemeine oder Nothwendige
vom Individuellen oder mehr Zufälligen, und dann bey
der Anwendung auf den Menschen, das Thierische in
seiner Liebe vom Sittlichen, den Antheil den sein In-
stinkt, und den welchen seine Vernunft daran hat, ei-
nerseits zwar deutlicher zu unterscheiden, von der an-
dern aber auch die unzertrennliche innige Verbindung
und die wechselseitige Einwürkung derselben auf einan-
der näher zu bestimmen, und auch hierdurch die aben-
theuerlichen Einfälle einiger Sophisten zu widerlegen,
die von ihren Untersuchungen über den natürlichen
Menschen, alle Beziehung auf seine Vernunft verbannen
wollten. Gerade als wenn irgend eine andere Eigen-
schaft wesentlicher und tiefer in die ganze Natur und Bestim-
[Seite 95] mung des gesunden Menschen verwebt wäre, als eben
seine Vernunft! und als wenn es nicht seltsam wäre in
der Natur-Geschichte der Biene alle Beziehung auf ihre
Fähigkeit Zellen zu bauen und Vorrath einzutragen,
beym Elephanten alle Rücksicht auf sein Geschick und
seine Gelehrigkeit, ausschliessen zu wollen u.s.w.

* * *

Zuerst ein paar Worte über das Verhältnis der
beiden Geschlechter gegen einander
.

Daß es die natürliche Bestimmung des männlichen
Geschlechts sey, sich in Sachen der Liebe thätig, und
des weiblichen, sich leidend zu verhalten, wird durch
die allgemeine Einrichtung in der ganzen organisirten
Schöpfung erweislich. Selbst bey den Pflanzen sind
die weiblichen Theile, die Saamenkörner, unbeweglich
fest: und der bewegliche männliche Befruchtungsstaub
hingegen, wird als Spiel der Winde, oder durch die
Bienen und andre um die Blüten schwärmende Insecten
zu jenen übergetragen. So sind auch bey vielen Thie-
ren die Weibchen ungeflügelt und müssen schlechterdings
den Zuspruch ihrer geflügelten Männchen erwarten, wie
dieß der Fall bey manchen Schmetterlingen, bey den
Schaben, Johanniswürmchen etc. ist. Bey einigen In-
[Seite 96] secten ist das Gepräge der absoluten Unthätigkeit der
Weibchen, ist Vergleich mit der Lebhaftigkeit ihrer
Männchen, noch ungleich auffallender. Es giebt so
viel wir wissen keine Thiere in der Natur bey welchen
die Bildung der beiden Geschlechter so gänzlich von ein-
ander verschieden wäre, als bey den Schildläusen.
Die Weibchen, auf die allein diese Benennung paßt,
sind das unter den Insecten, was das Faulthier unter
den Säugethieren, der Dudu unter den Vögeln, und die
Schildkröte unter den Amphibien ist – die trägsten
Geschöpfe ihrer Classe. Eine Gattung davon sitzt, oder
klebt vielmehr saft unbeweglich, in Gestalt einer kleinen
flachen bräunlichen Narbe, an der Unterseite der Oran-
genblätter, da indeß das Männchen als eine bunte
kleine Mücke umher schwärmt, und endlich, wenn seine
Stunde gekommen ist, jenen Orangenblättern zuflattert
und auf dem flachen Rücken seiner unansehnlichen trä-
gen Geliebten, die Freuden der Liebe genießt. Aber
auch unter den übrigen Thieren, wo beide Geschlechter
wenigstens in Rücksicht der Bewegungsfähigkeit einan-
der vollkommen gleich sind, muß doch das Weibgen
immer die Aufforderung des Männchen erwarten. Nie
verläßt eine weibliche Spinne ihr Gewebe, sondern
[Seite 97] nimmt blos von der männlichen Besuch an: und wenn
sich auch ja bey verschiedenen Thieren das Weibchen zum
Männchen begiebt, so geschieht dieß doch nie anders,
als wenn es von diesem gelockt und eingeladen worden.
So bey den Feldgrillen, bey den Vögeln etc. wo das
Männchen oft lange erst seine Klagen ertönen lassen
muß eh sich ein mitleidiges Weibgen zu seinen Umarm-
ungen verstehen will. Und doch ist auch dieses Gesetz
der Natur nicht ganz ohne Ausnahme. Es ist nicht in
der ganzen thierischen Schöpfung das Loos des männli-
chen Geschlechts zu den Füssen des weiblichen zu seufzen.
Bey den Schweinen z.E. macht der Eber den Spröden,
und läst die schmachtende Sau oft lange vergebens um
Gegenliebe grunzen. Auch unter den Katzen soll der Kater
nie den ersten Schritt thun, sondern immer die Caressen
der Katze erwarten. Nirgend aber geht dieses Zuvor-
kommen des weiblichen Geschlechts weiter, als bey den
Bienen, deren Königin im nächtlichen Dunkel ihrer
Wohnung den Thron verläst, und etliche hundert Lieb-
haber nach der Reihe in ihren Zellen heimsucht, und
sich mit ihr zu paaren nöthigt.

Gefälligkeit und Sorgfalt der beiden Geschlechter
für einander, gegenseitige Zärtlichkeit, die sich nemlich
[Seite 98] auch jenseits der Augenblicke des Genusses hinaus er-
streckt, hat nur bey denen statt, die wie der Bieber,
wie manche Vögel etc. in Monogamie, und zugleich in
gesellschaftlicher Verbindung beysammen leben. Wie
könnte bey isolirten, ungeselligen Geschöpfen, eine an-
haltende Neigung für einander statt haben? Ihre Brunst
zu stillen paaren sie sich für eine kurze Zeit zusammen;
auserdem sind sie einander gleichgültig, oder wie beym
Hamster, bey den grossen Wasserkäfern, bey den Grillen
und vielen andern einsiedlerischen Thieren gar verhaßt, so
daß sie einander verfolgen, anfallen und wol gar auffressen.

Eben so wenig kan bey Polygamie oder Polyandrie
einige dauerhafte Zärtlichkeit bestehen. Bey den polyga-
mischen Thieren despotisiren die Männchen über ihr Serail:
bey den polyandrischen sind sie gegen die gemeinschaftliche
Maitresse gleichgültig. Der Seebär herscht über seine
Weibgen, er braucht sie, aber ohne ausserdem irgend eine
Spur von Zuneigung gegen sie zu äussern. So der Hahn,
und überhaupt so viel uns bekannt, alle Thiere die in
Vielweiberey leben.

Die Polyandrie wo mehrere Männchen für ein ein-
ziges Weibchen bestimmt sind, ist seltner, und vorzüglich
bey den Bienen, Wespen und Ameisen am auffallend-
[Seite 99] sten. Ein Bienenstock enthält wohl sechszehn und mehrere
Tausende von Arbeitsdienen – völlig geschlechtlose
Thiere, die gezeugt und gebohren werden, ohne die
Bestimmung oder die Fähigkeit zu haben, je wieder
zeugen oder gebähren zu können; nie liebende und nie
geliebte, sondern blos des Tages Last und Hitze zu tra-
gen bestimmte Geschöpfe – –; dann eine Königin;
und gegen dreyhundert männliche Bienen, die aber
mit dem größten Kaltsinn für diese ihre gemeinschaftliche
Gattin, so lange bis sie endlich von ihr aufs zudring-
lichste zur Paarung genöthigt werden ihr Leben im
Müssiggange hinbringen – essen, schlafen, und sich zu-
weilen bey schönen Wetter vor dem Stock an die Sonne
setzen und ihre Brüder arbeiten sehn.

Es ist seltsam wenn einige neuere dichterische Na-
turforscher es den Thieren zur Schamhaftigkeit ausle-
gen, und sogar diesen Schmuck gesitteter Menschen zur
physischen Tugend deshalb herabwürdigen wollen, daß sich
manche, wie z.B. der Elephant, der Edelfalke etc. nicht in
der Gefangenschaft und unter den Augen der Menschen
begatten wollen. So könnte man es ungefähr dem Bie-
ber und manchen Vögeln zur Bescheidenheit anrechnen,
daß sie in bewohnten Gegenden nicht bauen wollen!
[Seite 100] Freyheit ist die erste natürliche Bestimmung der Thiere,
und es ist sehr begreiflich wie bey dieser ihrem Verlust
auch andre Triebe erstickt und unterdrückt werden
müssen. Sind doch so viele Thiere bey allem guten
Futter und Pflege doch in der Gefangenschaft gar nicht
einmal beym Leben zu erhalten. Selbst unter unsern
Hausthieren paaren sich diejenigen, die wie die Katzen
noch nicht das ganze Gepräge der Unterjochung, schlappe
Ohren und einen hängenden Schwanz, an sich trägen, nicht
im Angesicht der Menschen, oder höchstens und doch äusserst
selten nur in Gegenwart ihnen sehr bekannter Personen.

Herr Graf Büffon, der überhaupt die Liebe der
Vögel der vierfüssigen Thiere ihrer weit vorzieht, schreibt
es auf die Reinigkeit ihrer Sitten, daß sie sich in ei-
nerley Stellung paaren! Mir ist bey solchen Be-
hauptungen schon manchesmal eingefallen was Fonte-
nelle
von den Schäfern der Asträa sagt:

Ah que j’ai de regret que ce soient là des fables!

Ich hätte die Einförmigkeit ihrer Paarungsweise in
der Einförmigkeit ihrer Bildung gesucht, die hingegen
bey den vierfüssigen Thieren so sehr verschieden ist.
Der Adler und der Sperling, der Schwan und der
Zaunkönig, und überhaupt alle Vögel sind in ihrer Bil-
[Seite 101] dung nicht so sehr von einander verschieden, daß sie
sich nicht alle fast vollkommen in der gleichen Stellung
begatten könnten, die hingegen vielen Säugethieren, z.B.
dem Igel eben so unmöglich – als dem buckelichten langhal-
sigen Kameel die Begattungsweise des Igels – seyn muß!

Die wunderlichen Sagen von der Keuschheit
und ehelichen Treue der Tauben, werden zwar
schon dadurch verdächtig, daß sie wie die vom Vogel
Phönix etc. zu allgemein in die Bilder-Sprache
der Dichter aufgenommen sind: aber man braucht
folgends nur zu bedenken, daß sich selbst mit den
Turteltauben gar leicht Bastarden ziehen lassen, daß
zusammen eingesperrte Turteltaubenweibchen sich auf
eine sehr widernatürliche Weise an einander vergreifen,
und daß sie, was nur die Sperlinge und einige andere
der ausgelassensten Vögel thun, – sich schnäbeln, – um von
jenem allzugünstigen Vorurtheil zurück zu kommen. Wer
gesehen hat, warum die weiblichen Sperlinge und Tur-
teltauben ihre Männchen schnäbeln, und was der un-
mittelbare Erfolg dieser Liebkosungen ist, wird gestehen,
daß ein paar schnäbelnbe Täubgen das undelikateste
Emblem sind, was irgend ein Liebhaber aus der Schule
des Diogenes für die Liebe hätte vorschlagen können.
[Seite 102] Daß die vermeinte ewige Witbenschaft der Turteltau-
ben selten länger als der Witbe von Ephesus ihre
dauert, braucht auch kaum erst erinnert zu werden.

Eifersucht ist, wenigstens bey den warmblütigen
Thieren und vor dem Genuß – unzertrennliche Ge-
fährtin der Liebe. Man weis wie die Stiere, die Hir-
sche, so viele männliche Vögel etc. ihr Leben aufs Spiel
setzen um sich den ausschließlichen Besitz ihrer Gelieb-
ten zu erkämpfen, und man weis auch wie zutraulich
sich nachher diese dem Sieger unterwerfen und seine
durch Blut gerechtfertigten Wünsche befriedigen. Nach
dem Genuß
ist die Eifersucht wenigstens bey weiten
nicht so allgemein. Die Thiere die sich nur zur Brunst,
zeit paarweis zusammenhalten, trennen sich nachher wider
ohne daß sich das eine weiter um die künftigen Liebeshän-
del des andern bekümmern sollte. Bey denen hingegen
die in einer geschlossnen ehlichen Verfassung leben, hat
kein Anlaß zur Eifersucht statt: denn ein Bie-
ber z.B. berührt seines Nachbarn Gattin so wenig
als seinen Proviantvorrath. Und daß doch diese monogami-
schen Thiere wirklich eine Art von Gefühl ihrer ehelichen
Eigenthumsrechte haben mögen, scheint aus dem Bey-
spiel der Störche erweislich, deren gereizte Eifersucht
[Seite 103] dem Pöbel in Klein-Asien zu einen gewöhnlichen Zeit-
vertreib dienen soll*). Man legt nemlich den brüten-
den Störchen Hüner-Eyer unter, und die unerwartete
Erscheinung der jungen Hünchen soll den alten Storch
so ausser Fassung bringen, daß er mit lauten Geschrey
seine Nachbarn zusammen ruft, Zeugen von der Schande
seines befleckten Nests zu seyn, die denn auf die unschuldi-
ge Pflegmutter losstürmen und sie zu Tode hacken, wärend
ihr betrogner Gatte mit dem kläglichsten Geklapper sein
Schicksal betrauert.

Bey den allermehrsten Thieren sind die Regungen
der Liebe auf eine bestimmte Jahreszeit eingeschränkt.
Wenn auch einige ausser dieser Zeit, z.B. der Hirsch
im Januar, oder die Rehe im August brünstig zu wer-
den scheinen, so sind dieß doch nur kurz vorübergehende
und fruchtlose Anwandlungen. Manche Thiere, wie die
Sperlinge etc. haben zwar auch bestimmte, aber doch
nicht einen, sondern mehrere Paarungstermine im
Jahr. Bey einigen andern aber, besonders unter den
Hausthieren, ist hingegen die Liebe wie beym Menschen
an gar keine besondere Jahrszeit gebunden. Und doch
fallen auch bey ihm die zahlreichsten Geburten in die
[Seite 104] Wintermonate, die sich folglich auf das vorhergehende
Frühjahr, und auf das allgemeine Erwachen der ver-
jüngten Schöpfung beziehen. Hingegen würde das Men-
schen-Geschlecht auf schwachen Füssen stehen, wenn die
Bemerkung in der Natur und nicht blos in den scholastischen
Köpfen des Mich. Scotus*), Augustin Niphus etc.**)
gegründet wäre, daß die Damen nur im Sommer, die Cha-
peaux hingegen im Winter zur Liebe aufgelegt seyn sollen.

Die zügellose Heftigkeit der Paarungstriebe ist
ihrer Wichtigkeit, da es nicht blos um individuelle
Selbsterhaltung sondern um Erhaltung der ganzen
Gattung und des Ganges der Schöpfung zu
thun ist – aufs weiseste angemessen. Selbst
die schläfrichsten oder sanftmüthigsten Thiere, die Schaa-
fe, Cameele etc. werden muthig und wild, so bald in
ihnen der unwiderstehliche Ruf zur Bestimmung ihr Ge-
schlecht fortzupflanzen erwacht. Man hat sehr häufig,
Papageyen u.a. ausländische Thiere, denen man hier
zu Lande keinen Gatten schaffen konnte, wenn zu ihrer
[Seite 105] Zeit die Liebestriebe in ihnen erwacht sind, aus Sehn-
sucht sterben oder wüthend werden gesehen. Man findet
im Frühjahr vier, fünf und mehr männliche Frösche die
sich in der Hitze an ein schon verknüpftes Paar unter
krampfhaften Zuckungen anklammern. Man hat Frösche
und Seidenfalter sich sogar an todten Weibchen – und
Häne und Frösche an Thieren ihres eigenen Geschlechts
sich vergreifen gesehn. Man hat langbeinichte schwan-
kende Mücken (Tipulae) nachdem sie schon Tage lang
für todt an der Nadel gesteckt hatten, wenn durch
Zufall beide Geschlechter mit den Zeugungstheilen an
einander stießen, sich wieder aufs lebhafteste bewe-
gen gesehen,*) und man weis daß beym sterben-
den Wallfisch noch die Verwunderung eines gewissen
Glieds, das ungeheure bey 100’000 Pfund wiegende
Geschöpf am ganzen Leibe zittern macht.**)

Vielleicht haben solche Erscheinungen zuerst die
Meynung veranlaßt, für die Liebe einen besondern sechsten
[Seite 106] Sinn*) so wie fürs Kitzeln unter den Achseln**)
einen siebenten anzunehmen.

Da inzwischen jener blos solchen Thieren zugeschrie-
ben wird die sich durch eine würkliche Paarung fort-
pflanzen: so scheint diejenigen ein sehr ungleiches Loos
betroffen zu haben, von denen nur wenige Individuen
mittelst dieses Sinnes, und die allermehresten hin-
gegen ohne denselben sich fortpflanzen müssen. Diese
wunderbare Einrichtung findet sich bey den Blattläusen,
den kleinen meist grünen Insectchen, die den Sommer
hindurch in unzälicher Menge allerhand Pflanzen, beson-
ders auch die Rosen-Stiele und Knospen überziehen.
Nur diejenigen wenigen Blattläufe, die im Herbste ge-
bohren werden, dürfen sich mit einander gatten und
paaren. Dieß ist die einzige Jahrzeit wo man zweyerley
[Seite 107] Geschlechter unter ihnen unterscheidet. Alle die Millio-
nen hingegen, die vom April bis in September jung
werden, sind samt und sonders weiblichen Geschlechts
und samt und sonders ohne Paarung fruchtbar, da nur
erst in dem leztgenannten Monat für eine kurze Zeit
ausser diesen weiblichen auch männliche Blattläufe ge-
bohren werden.

Das Vergnügen was die Natur den Sommer-
Blattläufen, auch den mehresten Fischen, und überhaupt
allen den Thieren, die sich ohne eigentliche Begattung
fortpflanzen, entzogen zu haben scheint, hat sie hingegen
bey einigen sehr unansehnlichen Geschöpfen, z.B. bey
den Schnecken und Regenwürmern verdoppelt. Diese
sind wahre Zwitter die bey ihrer Paarung einander
wechselseitig befruchten, und sich im gleichen Augenblick
mit der doppelten Empfindung durchdrungen fühlen,
über deren Unterschied und Vorzüge einst nur Tiresias
aus Erfahrung urtheilen konnte.


Notes
*).
[Seite 94]

Harvey hatte, zumal aus dieser Rücksicht, viel über die
Liebe der Thiere gearbeitet (Exerc. de generat. animal.
p. 19.), aber das unglückliche Schicksal seines Königs,
der mit so vieler Wißbegierde an seinen Untersuchun-
gen Theil genommen hatte, und der Undank so vieler
stumpfsinnigen Zeitgenossen, die sich seinen Entdeckun-
gen und der Wahrheit so muthig widersetzten, mußten
ihm freylich die Lust zu ihrer weitern Bekanntmachung
benehmen!

*).
[Seite 103]

van egmont & heyman Travels I. p. 85.

*).
[Seite 104]

Liber phisionomie magistri mich. scoti, cum multis
secretis mulierum
S. 6. der Leipz. Ausg. von
1495. 4.

**).
[Seite 104]

avgvstini niphi libri de pulchro et de amore
p.
154. der Lyoner Edit. v. 1549. 8.

*).
[Seite 105]

oth. fabricii fauna Groenlandica p. 201.

**).
[Seite 105]

Fr. Martens Spitzbergen S. 112.

*).
[Seite 106]

Was le Cat, Lamy und Büffon (– lauter Franzo-
sen –) über diesen sechsten Sinn geschrieben, ist be-
kannt. Aber weniger bekannt ist vielleicht folgendes
Werk das ich vor mir habe, und dessen Verf. mit ei-
nen Eifer der seines gleichen sucht, die Würde und
eigenthümlichen Vorzüge dieses von ihm sogenannten
sensus corruptionis aufs umständlichste auseinander ge-
setzt hat: De variolis earumque causa hypothesis Carolina
philippi de carolis et de sexto in viuentibus
sensu ad
gerard. swietenivm. Rom.
1773. 4.

**).
[Seite 106]

ivl. caes. scaliger de subtilitate p. 882. der
Frankf. Ausg. von 1612.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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