Bey meinem Aufenthalte in Savoyen traf ich zu
Chamouni ein paar Kakkerlaken an. Der ältere von
diesen beyden Brüdern war 20, der jüngere 17 Jahr
alt, sie waren aber für diese Jahre so sehr noch zurük,
daß jener kaum 15, und dieser kaum 12 Jahre zu ha-
ben schien.
Ihre Haut hatte eine eigene Röthe, und die Ober-
haut lösete sich in kleyenartige Schuppen ab.
Ihre Haare waren schmuzig gelb, sowohl auf dem
Kopfe, als auch an den Augenbraunen und Augen-
wimpern und überhaupt am ganzen Leibe. Das Kopf-
haar hieng ganz schlicht und ohne Krümmung beynahe
herab.
Die Augen glichen im Ganzen den Augen der
weissen Kaninchen. Die Iris war dünn und beyna-
he durchsichtig, sehr beweglich, oszillirend, und bey
mäßigem Lichte sehr erweitert. Ihre Farbe stand
ohngefähr zwischen blaßviolet und roth in der Mitte.
Die Pupille war gesättigt roth, wie Himbeerensaft
[Seite 72] ohngefähr. Sie waren bey dem jüngern von verschie-
dener Weite; die rechte war nehmlich kleiner als die
andere.
Im nächtlichen Dunkel konnten sie eben so wenig
sehen, als andere Menschen; aber in der Dämmerung
und beym Mondscheine weit schärfer. Sehr helles
Licht war ihnen zwar nicht sehr lästig, aber doch fast
unnüzz. Ueberhaupt waren sie kurzsichtig.
Sie waren die einzigen Kakkerlaken aus ihrer Fa-
milie, deren Nahme Grasset war; denn ihre Aeltern,
ihre drey Schwestern und der dritte Bruder hatten
braune Augen und Haare.
Mehrere Gründe machen es wahrscheinlich, daß
der schwarze Schleim, mit dem mehrere Häute des
innern Auges bekleidet sind, vorzüglich deshalb da sey,
um das überflüßige, blendende Licht aufzusaugen.
Ohne der Nachahmungen der Kunst zu erwähnen;
da man Fernröhre und Vergrößerungsgläser inwendig
mit schwarzer Farbe bestreicht, so überzeugt uns da-
von schon eine aufmerksame Betrachtung des Fächers
in den Augen der Vögel, der vom Hintergrunde des
Auges an und aus der Insertion des Augennerven
selbst bis mitten in den gläsernen Cörper dringt. Eine
Vergleichung der Augen von den verschiedenen Vögel-
gattungen muß uns sehr bald überzeugen, daß er weit
[Seite 73] mehr zur Absorbtion des Lichts, als wie unter andern
Porterfield meynte, zur Bewegung der Linse, oder
wie Haller glaubte, ihrer Capsel die Gefäße zuzufüh-
ren, diene. Auch diejenigen Thiere sind ein Beweis
für den Nuzzen des Schleims, in deren Auge die in-
nere Seite der sogenannten braunen Augenhaut, vor-
züglich im Grunde, mit dem prächtigen tapetum aus-
gekleidet ist; und alle diese Thiere können, wie wir
wissen, entweder nicht gut in die Ferne sehen, oder das
Licht fällt ihnen lästiger. Denn dies tapetum findet
sich vorzüglich bey grasfressenden Thieren und denen
Myopen, welche nur nahe Kräuter zu unterscheiden
vermögen, auch bey den wilden Thieren, welche bey
Nacht rauben, und den Tag über in ihrem Gebüsche
verstekkt liegen.
Auch schon daraus scheint der Werth des schwar-
zen Schleimes zu erhellen, daß er die Augen des zar-
testen Embryonen bekleidet; denn ich habe ihn schon
in den Augen einiger foetus von fünf Wochen und
von der Größe einer kleinen Werkbiene wie ein Hirsen-
korn groß gefunden.
So wie überhaupt nichts mehr dazu beyträgt, den
Gebrauch der Theile des thierischen Körpers genau zu
bestimmen, als Beobachtung der Erscheinungen, wel-
che sich bey dem Mangel desselben zeigen, wird auch
[Seite 74] hier der eigentliche Nuzzen des schwarzen Schleimes
durch die Krankheiten ausgemacht, welche bey Men-
schen und Thieren den Mangel desselben begleiten.
Die Alten haben diese Menschengattung, weil
man sie zuerst unter den Mohren bemerkte, weisse Moh-
ren (Leucaethiopes) genannt.
Ob man sie gleich weder unter diesen allein noch
auch blos, wie neuerlich de Pauw bemerkt hat, im
heissen Erdgürtel zwischen den Wendekreisen antrift,
sondern sie durch den ganzen Erdkreiß verbreitet, so,
wie ich, in der erstarrenden Kälte der Eißgebürge, und
in jeder von den fünf Menschenvarietäten, worin man
unser Geschlecht füglich abtheilen kann, findet, so er-
laube man mir doch den alten Nahmen: weisse Moh-
ren, Leukäthiopen, beyzubehalten, und mit ihm die
Menschen jedes Geschlechts, welche an diesem Fehler
leiden, zu belegen.
Nur unter den warmblütigen Thieren habe ich
Beyspiele dieses Augenfehlers angetroffen, vorzüglich
bey verschiedenen Arten von Haus, doch auch bey meh-
rern Gattungen anderer vierfüßiger Thiere und eini-
gen Vögelgeschlechtern.
Die gemeinsten unter allen diesen Thieren sind
die Kaninchen, unter denen dieser Augenfehler so sehr
gewöhnlich ist, daß er beynahe eine eigene Varietät
dieser Thiere bestimmt: doch auch unter den Mäusen
(die ich auch zu den Hausthieren rechne, weil sie frey-
[Seite 75] willig die Gesellschaft des Menschen suchen) sollen
sich in einigen Gegenden vor mehrern Jahren derglei-
chen in großer Menge gezeigt haben.
Allen Menschen und Thieren dieser Art ist die
prachtvolle Rosenfarbe der Augen, die ich bey den sa-
voyischen Leukäthiopen bemerkt habe, und die sich
vom gänzlichen Mangel des schwarzen Schleims her-
schreibt, gemein. Bey allen macht dieser Mangel
das Gesicht schwach, und bey einigen dem Auge das
Licht ganz unerträglich; dies nennen die Nosologen
Lichtscheue (Photophobia). Ich habe sie zuweilen
bey weissen Mausen bemerkt, für denn Augen das
Licht so unleidlich war, daß sie den ganzen Tag über
die Augenlieder geschlossen hatten. Ich weiß zwar
sehr wohl, daß andere Mäuse der Art, wie auch weisse
Caninchen, das Licht sehr gut ertragen können; aber
ihr Gesicht ist sicher den Tag über schwächer; ein Um-
stand, der, wenn er auch bey diesen Thieren nicht ganz
gewiß auszumachen ist, doch durch das Beyspiel der
Leukäthiopen erwiesen wird, welche, einer Menge
Zeugnisse nach, fast alle Nüktalopen sind.
Meine Bemerkungen an den savoyischen Knaben
habe ich schon vorgetragen, und ich will nur noch des
merkwürdigen Umstandes erwähnen: daß sie nicht im-
mer das Licht so gut zu ertragen im Stande gewesen
sind, als izt; da Bourrit in seiner Beschreibung des
Mont Blanc vor acht Jahren ihrer erwähnt, mit dem
ausdrüklichen Zusazze, daß sie damals das Tageslicht
[Seite 76] nicht ohne schmerzhafte Empfindungen leiden könnten.
Es hat sehr viel Wahrscheinlichkeit, daß dieselbe Macht
der Gewohnheit bey den oben erwähnten Thieren statt
findet, und daß sie auch mit der Zeit, besonders wo
dieser Zustand mehrere Generationen hindurch zur an-
dern Natur geworden ist, sich endlich auch so an das
Licht gewöhnen können, daß sie es wenigstens ohne
Beschwerde zu ertragen vermögen, wenn ihnen gleich,
wie den Savoyarden, ein helleres Licht zum Sehen
unnüzz ist.
Unter unsern eigentlich sogenannten Nachtthieren
ist dasselbe sehr sichtbar, vorzüglich unter den Nacht-
eulen, und besonders beym Uhu. Dieser wird, ob er
gleich bey hellem Mittagslichte die Augenlieder weit
eröfnet hat, doch so sehr geblendet, daß, wenn man
sich ihm vorsichtig nähert, man ihm ins Auge stoßen,
und selbst die Hornhaut desselben berühren kann, ehe
er die Gefahr merkt, und die Augenlieder schließt.
Was ich vom Werthe des schwarzen Schleimes
und den Gesichtsfehlern, die den Mangel desselben
begleiten, gesagt habe, könnte hinreichend seyn, um
die krankhafte Beschaffenheit der Leukäthiopen und
der ihnen ähnlichen Thiere zu erweisen, ob sie gleich
neuerlich einige berühmte Männer haben in Zweifel
ziehen wollen.
Aber noch weit nachdrüklicher wird das Gesagte
dadurch erwiesen, daß diese Rosenfarbe der Pupille
und der Iris nur das Symptom einer weit wichti-
gern Krankheit ist, welche die Haut und die Haare –
und bey den Vögeln die Federn – befällt, und sie
mit einer fremden ganz eigenen Weisse überzieht.
So paradox es auch beym ersten Anblikk schei-
nen könnte, die artige Weisse der genannten Kanin-
chen und Mäuse für krankhaft halten zu wollen, so wird
doch ein Jeder die Wahrheit dieses Sazzes leicht be-
greifen, der sich nur die Mühe nimmt, die Betrach-
tung anzustellen, daß diese krankhafte Weisse, welche
immer mit der besondern Beschaffenheit der Augen
verbunden ist, bey den Leukäthiopen einem äußerst
häßlichen Ausschlage sehr ähnlich sieht, und durch
mildere Abstufungen in jene prachtvolle Farbe aus-
artet.
Daß diese fehlerhafte Röthe der Augen würklich
nur symptomatisch und die Folge einer Hautkrankheit
ist, erhellet schon daraus ganz deutlich, daß man (so
viel ich nehmlich izt weiß) jene niemahls allein und
ohne die leztere angetroffen, aber wohl nicht selten
ähnliche Hautkrankheiten ohne gänzlichen Mangel des
schwarzen Schleimes im Auge gefunden hat; denn man
sieht in Ost-Indien und Loanga, wo die Krankheit
der Leukäthiopen endemisch herrschet, einige Patien-
ten mit rothen, andere mit mehr graulichten Augen;
ich kenne sogar einen jungen Menschen, der eine gar-
[Seite 78] stige habituelle Hautkrankheit hatte, welche jener, wo-
mit, nach dem Berichte der tranquebarischen Mißio-
narien und anderer Reisebeschreiber, einige Leukäthio-
pen behaftet sind, völlig ähnlich war, und der doch
braune Augen besaß. Das kann ich mit Gewißheit
versichern, daß niemahls dies Menschengeschlecht brau-
ne und gesunde Augen gehabt habe.
Hierdurch erhält die zwar schon alte und vom Ari-
stoteles diesem großen Manne in seinen Aufgaben*)
gesagte, aber demohnerachtet sehr merkwürdige und
einer weitern Nachforschung wohl werthe Bemerkung,
daß sich die Farbe der Augen ganz genau nach der
Farbe der allgemeinen Bedekkungen richte, eine vor-
trefliche Bestätigung.
Ueberhaupt verdient dies wohl bemerkt zu werden,
daß nur die Augen der Thiere veränderlich sind, de-
ren Haare und Haut Veränderungen unterworfen, was
nicht blos, wie wir wissen, bey Menschen und Pferden,
sondern auch bey mehrern andern Thieren, vorzüglich
aus der Classe der Hausthiere, statt findet.
Sehr deutlich läst sich daraus die sonderbare Zu-
sammenstimmung der Haut und der Augen, besonders
der Farben der Iris, erweisen, welche im Ganzen
[Seite 79] immer mit der Farbe der Haut korrespondiren, wie
schon vorher die Alten bemerkt haben, und wie wir es
nun durch alle Varietäten des Menschengeschlechts be-
stätigt finden.
So war unter den Alten schon das, was Vitru-
vius sagt, daß in den mitternächtlichen Gegenden Völ-
ker lebten von weisser Farbe, nicht nur von der Haut,
sondern auch von den Augen und dem Haare bekannt;
auch Juvenal bemerkt, daß wir Deutschen himmel-
blaue Augen und gelbe Haare hätten.
Unmöglich kann sich Jemand darüber wundern,
daß die nordischen Völker nicht mehr izt einförmige
Augen haben, wenn er nur an die Einfälle der ver-
schiedenen fremden Nationen, und andere Verbindun-
gen dieses Geschlechts denkt, weswegen unsere Vor-
fahren durch Vermischung mit fremden auch die ge-
mischten Farben dieser Theile des Cörpers bekamen.
Ein Beyspiel vom Gegentheile geben uns die Juden,
die, weil sie nie außer ihrem Stamme heyrathen, un-
ter jedem Himmelsstrich die Schwärze der Augen und
Haare behalten haben, welche ihren Geburtsort, den
Orient, verräth.
Um nicht in Hererzählung mehrerer Beyspiele von
dem Consensus dieser Art zwischen den Augen und Haa-
ren zu weitschweifig zu werden, will ich blos noch
zweyer erwähnen: nehmlich zuerst des von den Moh-
ren, die bey der Schwärze ihrer Haut und ihres Haa-
[Seite 80] res eine so gesättigt braune Iris haben, daß man sie
vorzüglich bey lebenden nur bey näherer Betrachtung
von der Pupille unterscheiden kann; und dann zwey-
tens des von den Leuten mit rothen und beynahe bren-
nenden Haaren, deren Haut mehrentheils mit Flekken
von ähnlicher Farbe, die man Sommerflecke (ephe-
lides) nennt, bestreuet ist, und deren Augensterne
einen ganz grünlichen beynahe Praserglanz haben.
Ein weit einleuchtender Beweis für diese innige
Verbindung so verschiedener Theile, sind die Thiere,
die in der Farbe variiren; denn ihre Iris stimmt
ganz genau mit der Farbe ihrer Haare überein. So
hat man schon ehedem bey Hunden, deren Fell flekkigt
ist, eine Iris mit mehreren Farben gefunden*). Et-
was ähnliches habe ich bey Schafen und Pferden be-
merkt, nirgends aber schöner und deutlicher, als bey
Kaninchen. Waren diese grau, das heist, hatten sie
ihre ursprüngliche, wilde Farbe noch, so waren ihre
Augensterne ganz braun; hatten sie aber ein schwarz
und weißgeflecktes Fell, so fand ich, zwar nicht immer
mit einerley Deutlichkeit, doch offenbar auch die Au-
gensterne eben so geflekkt; außerdem bedarf es keiner
Erinnerung, daß sie bey ganz weißen, rosenroth, wie
bey den Leukäthiopen, waren.
Eine ähnliche nicht weniger merkwürdige Ueberein-
stimmung findet bey einigen Thieren, in Absicht des
[Seite 81] Schlundes statt, so daß bey einfärbigen Hunden und
Schafen auch die Zunge und der Gaum eben so gleich-
förmig gefärbt war; daß ich aber bey geflekkten auch
diese Theile mit verschiedentlich gefärbten Flekken be-
sprengt fand*).
Die Wahrheit der Sache ist hinlänglich bestätigt.
Aber die Gründe anzugeben, warum es sich so
verhalte, ist unendlich schwierig.
So wie es überhaupt nichts geringes ist, die be-
wunderungswürdige Sympathie, welche zwischen ver-
schiedenen Theilen des thierischen Cörpers herschet, und
welche schon den Scharfsinn und den Fleiß so großer
Männer beschäftigt hat, erklären zu wollen, eben so
sind auch die Quellen von dieser höchst schwer aufzu-
finden.
Ist es aber erlaubt, bey ganz dunkeln Gegenstän-
den wahrscheinliche Muthmaßungen zu wagen, so scheint
mir die Verbindung zwischen der Farbe der Iris und
der der Bedekkungen aus der Quelle der Sympathie zu
fließen, deren Grund die Physiologen in der Aehnlich-
keit des Baues gesucht haben.
Auf dieselbe Art, wie einige Gattungen des Con-
sensus von den Nerven, andere von den lymphatischen
[Seite 82] und Blutgefäßen, andere wieder von andern Ursachen
abhängen, so lassen sich auch einige von der Aehnlich-
keit des Baues herleiten, welcher unser großer Haller,
ganz vorzüglich den Consensus zwischen den Brüsten
und der Gebärmutter, und andere Verbindungen der
Art, zuzuschreiben pflegte.
So geringe auch bey dem ersten Anblikk die Ver-
wandschaft der Iris mit den allgemeinen Bedekkun-
gen des Cörpers in Absicht der Aehnlichkeit des Baues
zu seyn scheint, so leuchtet es doch bey genauerer Er-
wägung ein, daß sie in mehr als einem Stükke über-
einkommen.
Denn so wie offenbar die Farben der Iris in dem
äußerst zarten Zellgewebe, das ihren ursprünglichen
Grundstoff ausmacht, ihren Sizz haben, eben so deut-
lich liegt die Farbe, welche die allgemeinen Bedekkun-
gen überzieht, in einem ähnlichen feinen Zellgewebe.
Man mag nun die Oberhaut und das darunter
liegende malpighische Häutchen für einen Auswuchs
der eigentlichen Haut ansehen, oder sie für eine eigne
Haut halten, deren Materie in denen die Haut durch-
bohrenden Gefäßen herausgeführt würde, so besteht
dieser Stoff aus nichts, als aus dünnem Zellgewebe,
so wie das, woraus die braune Augenhaut (choro-
idea) die Iris und die andern obenerwähnten Mem-
branen des innern Auges gebildet sind, welche auf
beynahe dieselbe Art den für sie bestimmten Schleim
[Seite 83] aufnehmen, so wie das malpighische Nezz vorzüglich
bey Mohren, seine Schwärze.
Gehen wir überhaupt die Theile des thierischen
Cörpers durch, welche mit einer ähnlichen Schwärze
gezeichnet sind, so werden wir sie sämmtlich darin über-
einstimmend finden, daß sie aus Zellgewebe bestehen;
aber was das hauptsächlichste hiebey zu seyn scheint,
diese Schwärze scheint sich vorzüglich gern in die Thei-
le des zellichten Gewebes zu sezzen, welche Membra-
nen gebildet haben, und zur Aufnahme des Fettes
unfähig sind*), oder was eben so viel heist, man wird
sie nie in dem Zellgewebe, welches unter der eigentli-
chen Haut und zwischen den Muskeln liegt, auch zu-
gleich zur Aufnahme des thierischen Oels bestimmt ist,
antreffen.
Denn diesen schwarzen Schleim habe ich, außer
im innern Auge, im Nezze der Mohren und einiger
Affenarten und dem Schlunde einiger oben angeführ-
[Seite 84] ten Thiere – sehr häufig um die Schleimdrüsen her-
um, welche bey dem Menschen neben der Luftröhre
liegen, selbst auf der Oberfläche der Lungen gefunden,
auch mehr als einmahl in dem Zellgewebe, welches
zwischen der nervigten und der Flokkenhaut der mensch-
lichen Gedärme liegt; zuweilen auch auf der harten
Hirnhaut der Schafe und anderer Thiere zerstreuet.
Einige andere haben diese Schwärze in großer Men-
ge um die Beinhaut einiger Vögel angetroffen, so wie
ich sie selbst auf den Knochen und hin und wieder auf
dem Gekröse der Frösche gesehen habe: ohne einmahl
des Dintenfisches zu erwähnen, dessen Schwärze le
Cat mit der Schwärze der Mohren vergleichen muste.
Alle diese hier angeführte mit Schwärze überzo-
genen Stellen haben das unter sich gemein, daß sie
aus zartem Zellgewebe bestehen, das ohne Fett und
mit unzählbaren Blutgefäßen durchwebt ist, oder sie
wenigstens in der Nähe hat.
Die genaue Verwandschaft des schwammichten
Gewebes, woraus die Haare bestehen, und des Zell-
gewebes, wovon hier die Rede ist, wird aus mehr als
einem Grunde sehr wahrscheinlich. Sie haben mit
dem malpighischen Schleime einerley Ursprung, sie sind
bey den verschiedenen Thiergattungen und in den ver-
schiedenen Lebensaltern eben so mannichfaltig, als er.
[Seite 85] Denn so ist es bekannt genug, ohne anderer Fälle zu
erwähnen, daß bey den alten Mohren in eben dem
Maaße das ehedem schwarze Haar sich bleichet, indem
die Schwärze der Haut in eine häßliche gelbe Farbe
übergehet.
Auch habe ich neuerlich gelesen, daß in unsern
Gegenden bey bejahrten greisenden Leuten eben so vor-
her die braune Augenhaut verbleiche*); und ich ha-
be schon oben bemerkt, wie bey Leukäthiopen weisse
Farbe der Haare eine Folge von der Weisse der Haut
und dem Mangel des braunen Schleimes im Auge ist.
Diese weisse Farbe der Haare scheint in beyden
Fällen sowohl angebohren als auch beym Greise, aus
einer fehlerhaften Ernährung zu entstehen.
Aber auch die Farbe der Iris erleidet solche Ver-
änderungen wie die der Haare. Bey uns haben fast
alle neugebohrne Kinder weißliches Haar, und, wie
Aristoteles schon bemerkt hat, graue Augen. Bey
vielen bleibt diese angebohrne Farbe dieser beyden Thei-
le; bey andern artet sie aber oft schon in den Kinder-
jahren in die braune aus.
Andere Ursachen, welche die Farbe der Iris bey
dem Menschen und bey andern Thieren verändern
sollen, bedürfen noch einer weitern Untersuchung und
genauern Prüfung.
Hiezu rechne ich die Kunst, die der seiner Ver-
dienste und seines Schiksals wegen sehr bekannte Joh.
Winkelmann*) anführt: daß man durch Arzneymit-
tel graue Augen in schwarze umändern könnte. Zu-
gleich beruft er sich auf eine schlesische Gräfin, die die-
ses Kunststükk, ihrer Liebhaber wegen, zwar vollkom-
men gut, aber mit Verlust ihres Gesichts bewerkstel-
ligt habe.
Wer ihm glauben will, thue es. – Nur das,
was er hinzu sezt: daß nehmlich die Alten schon dies
Kunststück gekannt, und Dioskorides allein seines Er-
finders erwähnet habe, ist sehr verdächtig: denn das,
was nicht nur Dioskorides, sondern auch Galen hier-
über hat, betrift gar nicht die Iris, sondern die Pu-
pille und ihre graue Farbe nach dem Staare, die sie
durch Haselnußschalenöl, das man auf die Stirne
striche, heben zu können glaubten.
Molinelli ist der erste und einzige Schriftsteller,
welcher behauptet, daß nach der Unterbindung oder
dem Durchschneiden des Sehenerven, der Augenstern
seine Farbe verändert habe; und bey den Versuchen,
die ich an einem Hunde wiederholt habe, konnte ich
[Seite 87] keine Veränderung in der Farbe der Iris, und höch-
stens nur ein Erlöschen des lebhaften Glanzes im thrä-
nenden Auge bemerken.
Auch hat man behauptet, daß bey der fürchterli-
chen Wasserscheu die Farbe der Iris sich verändere;
und ob ich gleich die ganze Sache nicht läugnen will,
so will ich den Beobachtern doch nur das einige zu
bedenken geben, daß derselbe Augenstern nach Maaß-
gabe der Verschiedenheit des Lichts und der Lage des
Beobachters seine Farbe verschiedentlich verändern kann;
wovon ich sonstwo schon ein Beyspiel angeführt habe,
daß nehmlich Voltaire und Maubertuis bey den Kak-
kerlaken. die sich im Jahre 1744 zu Lüttich sehen lies-
sen, dieser rosenrothe, jener graue Augen gesehen ha-
ben wollte. Fontenelle aber sagte sehr richtig: die
Augen schienen in einer gewissen Lage röthlich zu seyn.
Ich kann ganz dreist behaupten, daß man noch
keinen Fall habe, wo diese besondere Beschaffenheit des
Auges der Leukäthiopen zuerst bey einem schon er-
wachsenen Menschen sich veroffenbaret habe, oder was
eben so viel heist, daß einem Menschen der schwarz-
braune Schleim nach und nach verschwunden sey.
Also wird die Krankheit angebohren, und ist wohl
nicht selten erblich. Und man darf um so weniger
[Seite 88] daran zweifeln, daß die Leukäthiopie eine würkliche
Krankheit sey, da überhaupt helle Farben der Augen
und Haare eine Art von Schwäche zu bezeichnen schei-
nen.
So nannte schon Verulam die weisse Farbe feh-
lerhaft; und es ist eine alte Bemerkung, daß die weis-
sen Varietäten der Hausthiere wie der Lastthiere, der
Pferde u.s.w. wenn sie auch gehörig geschwärzte Au-
gen haben, doch schwächer sind.
Daß die Augen, welche, ich will nicht sagen, ganz
ohne Schleim, sondern nur grau sind, und deren Trau-
benhaut, nach Sim. Portiös Bemerkung eine dünnere
Lage von Schleim hat, schwächer und empfindlicher
sind, hat schon lange Aristoteles und neuerlich nach ei-
nigen Arabern u.a. Demours bemerket. Auch scheint
es aus dem oben Gesagten zu erhellen, daß schwar-
zen Augen der Sonnenglanz erträglicher ist, graue aber
in der Dämmerung schärfer sehen; daß daher die Na-
tur weislich diese den nordischen Völkern gegeben habe,
weil sie längere Dämmerungen haben, jene aber den
südlichen, welche, wie Plinius sagt, von den Dünsten
der nahen Sonne verbrannt sind.
Vorzüglich schön bestätigt dies die Bemerkung des
Ben. Staehelin, der, als er in einem Kalbsauge eine
widernatürliche Fettlage zwischen der braunen und
harten Augenhaut fand, zugleich bemerkte, daß der
schwarze Schleim fehlte und die sogenannte braune
Augenhaut ganz weiß war. S.s. Thesaur. anat. bo-
tan. Basil. 1721. p. 13. u.f. fig. 2.
Ich selbst habe mehr als einmahl in frischen Mohrenkö-
pfen den Gehörgang, der mit Ohrenschmalz gefüllt ist,
ganz bleich und nicht so schwarz gesehen, wie den übri-
gen Theil des äußern Ohrs.