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Magazin
für die
Naturgeschichte des Menschen.


Ersten Bandes Erstes Stükk.

Mit einer Kupfertafel.


Zittau und Leipzig,
bei Johann David Schöps,
1788
.
[[I]] [[II]]

V.
Ueber die Bewegung der Iris.
Von J.F. Blumenbach.

[Seite 89]

Ich glaube hier am sichersten zu gehen, wenn ich
zuerst von allem, wovon mich Zergliederung verschie-
dener Thieraugen und Beobachtung lebender belehrt
hat, das auswähle, was einiges zur Erklärung der
Bewegung des Augensterns beytragen zu können scheint;
wodurch denn Hallers Ausspruch:

Anatomen brutorum plus boni fecisse in
Physiologia, quam anatomen corpo-
ris humani,

bestätigt wird; doch glaub’ ich, wird überhaupt Nie-
mand weitere Beweise deswegen fordern, welcher die
Vortheile, welche uns die Zootomie, besonders im vo-
rigen Jahrhundert, gewährt hat, hinlänglich kennet.

Nach Beobachtung der Natur wird es dem Ver-
stande
um so leichter werden, die wahrscheinlichere
Erklärung dieser Erscheinungen von den minder wahr-
scheinlichen zu sondern.

Verschiedenheit der Iris bey den Thieren.

[Seite 90]

Zuerst bemerk’ ich, daß überhaupt kein Theil des
Seheorgans einen so mannichfachen Bau unter den
verschiedenen Thiergeschlechtern habe, als dieser.

Was zuerst die Figur der Pupille womit sie durch-
bohrt ist betrift, so hat diese außer den ganz gemei-
nen Verschiedenheiten, wie der transversen Gestalt
bey wiederkäuenden Thieren mit gespaltenen Klauen*),
anderer graßfressenden und mehrerer Froscharten; oder
der oblongen bey Kazzen und Krokodillen u.s.w. noch
bey einigen vorzüglich kaltblütigen Thieren eine ganz
besondere Form.

Kein Thier hat eine so wundersame Gestalt der
Iris als der Rochen, bey dem der obere Theil der-
selben in fingerähnliche, herabhängende Lappen getheilt
ist, und der Pupille eine halbmondförmige, fächerähn-
liche Bildung giebt**).

Diesem ist die halbmondförmige Dekke der Pu-
pille eine Fortsezzung der Iris nicht unähnlich, die
ich bey der Zergliederung der Augen des offizinellen
Blakfisches (Kuttelwurm, (Sepia officinalis) leder-
[Seite 91] artig zähe, und wie die Iris in beträchtlicher Größe,
in derselben Richtung, wie bey dem Rochen, herunter-
hängen und den obern Rand der Crystallinse bedekken
sah*).

Was der unsterbliche Swammerdam von einer
ähnlichen Erscheinung sagt, die er in einem Pferde-
auge bemerkt haben will, so rechne ich diese zu den
Monstrositäten, oder zu dem Falle, wo ein Theil des
Pupillenhäutchens zurükgeblieben ist, wovon ich un-
ten reden werde.

Schwache Merkmahle und gleichsam den ersten
Anfang einer solchen Dekke hab’ ich im Auge der Feuer-
kröte (Rana bombina) bemerkt, deren Augenster-
ne mit einer herzförmigen Pupille sich in der Mitte
ihres obern Randes mit einem spizzen Anhange en-
digen.

Eben so verschieden wie die Figur der Iris, ist
auch ihre Dikke; bey einigen ist sie dünner, bey an-
dern dikker, doch giebt beydes einen nicht geringen
Aufschluß über den Bau dieser Membrane.

Zu dem Ende hab’ ich mich sowohl des äußerst
zarten Augensterns der weissen Kaninchen, als auch
des außerordentlich dikken vom Seehunde bedient, des-
sen Auge ich von meinem Freunde, Herrn Sömme-
ring, erhielt, sorgfältig zergliederte, und worin ich sehr
viel Merkwürdiges fand.

[Seite 92]

Ich zog jene sowohl wegen mehrerer Aehnlichkei-
ten, welche die Augen der savoyischen Leukäthiopen
mit ihnen haben, als auch der Durchsichtigkeit wegen
vor, die so groß war, daß ich sie mit einer Glas-
linse, die nach Lieberkühnscher Methode mit einem
silbernen Spiegel versehen ist, ganz durchschauen konn-
te; aus ähnlichen Gründen zog Ferroin, um seine
neurolymphatischen Gefäße zu demonstriren, graue
Augen den braunen vor.

Die Iris des Seehundes aber schien mir sowohl
wegen ihrer außerordentlichen Dikke, die mir eine
weitere Untersuchung mit dem Messer verstattete, als
auch besonders der treflichen und fast einzigen Art we-
gen, womit ihre Blutgefäße über das erste Blatt weg-
laufen, zu solchen Untersuchungen vorzüglich bequem.
Denn sie sind nicht, wie bey andern Thieren, in die
Traubenhaut eingewebt, sondern sie sind, mit ihren
zahllosen und überaus feinen Verbindungen, wie ein
Nez vor der vordern Fläche der Iris ausgespannt, lie-
gen mehr ganz blos daran, und sind so wenig daran
befestigt, daß man mit einer feinen Zange oder Son-
de ganze Stükke dieses Nezchens von der darunter lie-
genden dikkeren Membrane der Iris loslösen kann,
(fig. II. a. fig. III. a.)

Eine kleine Ausschweifung vom Auge des See-
hundes und dem Sehen der Amphibien.

[Seite 93]

Dies Auge zeigte mir noch eine bewunderungs-
würdige Einrichtung in einem andern Stükke, deren
Wichtigkeit für Optik und Physiologie es verzeihlich
macht, wenn ich sie hier obenhin berühre, ob sie gleich
eigentlich nicht weiter zu meinem Zwekke führt.

Denn man warf in der Physiologie so oft und so
verschiedentlich Fragen in Absicht der innern Verän-
derungen des Auges nach der Verschiedenheit des Lich-
tes und der Entfernung des Gegenstandes auf, und
beantwortete sie nicht, man war nur noch berechtigt,
hierüber etwas Licht von der Zergliederung des Auges
einer großen und zumahl einer kaltblütigen Amphibie
zu erwarten, die wechselsweis sowohl durch die Lust,
wie die Landthiere als durch das Wasser, wie die Fi-
sche, oder um es kurz auszudrükken, durch ein Mit-
tel, (wie es die Optiker nennen) von verschiedener
Dichtigkeit sehen müste. Auch betrog ich mich in
meiner Hofnung, hier nähere Ausschlüsse zu erhalten,
nicht, und ich fand die ganz einfache und trefliche Lö-
sung der Aufgabe in der verschiedenen Dikke der har-
ten Augenhaut an verschiedenen Stellen. Denn die
Gegend derselben (fig. II. f.) womit die sehr dünne
Hornhaut (fig. II. e.) verbunden ist, hat eine ziem-
lich starke und beynahe knorpelartige Dikke, die darauf
folgende Stelle, welche um die Mitte des Augapfels
liegt (fig. II. g.) ist sehr dünne und ausnehmend
[Seite 94] biegsam; der übrige Theil, welcher den Boden des
Auges ausmacht (durch dessen Mitte der Sehnerve,
der Mitte der Hornhaut und Pupille gerade gegen
über ins Auge tritt (fig. II. d.) wird wieder so dikk,
(fig. II. h.) daß seine Härte die der beynahe knorpe-
lichten vordern Gegend doch noch übertrift. Daraus
fliest, daß der nachgiebige Augapfel durch Hülfe der
starken um ihn herumliegenden Muskeln nach der Ver-
schiedenheit des Elements, worin der Seehund sich
gerade aufhält, sich bald verkürzen, bald verlängern
könne, und nach Maaßgabe des dichtern oder dünnern
Mittels die Hornhaut bald gewölbter, bald flacher ma-
che, die kugelichte Crystallinse bald mehr vorwärts,
bald hinterwärts drükke.

Aber ich kehre zu meinem Zwekke zurük.

Das Auge des Uhu.

Was den Ursprung der Iris betrift, und ihre
Verbindung mit den benachbarten Membranen, so hat
mir kein Thier es deutlicher gemacht, daß sie eine eigne
Membrane, und nichts weniger als eine Fortsezzung
der harten Augenhaut sey, als der Uhu, dessen auf
beyden Seiten pommeranzengelber, beynahe ganz vom
schwarzen Schleim entblöster Augenstern, so in der
wässerichten Feuchtigkeit aufgehangen und frey schwebt,
daß sein äußerer Rand nur durch ganz feine Blutge-
fäße, zwischen denen diese äußerst zarte und durchsich-
[Seite 95] tige Membrane liegt, mit dem Strahlenbande zu-
sammen hängt. (fig. IV. a.)

Die Tafel giebt eine Abbildung von dem Auge
des Vogels nach dem Tode.

Aber um mit Haller zu sagen – a cadauere
motus abest, sed in motu animati corporis
tota physiologia versatur.

Ich wünschte daher sehr, die Bewegung einer so
sonderbar geformten Iris an einem lebenden Uhu zu
untersuchen, und meinen Wunsch erfüllte der Herr
General von Wüllen durch die Uebersendung eines sol-
chen lebenden Vogels. Da aber ein unbewafnetes
Auge die Bewegung nicht hinlänglich unterscheiden
konnte, und die Wildheit des Vogels mir nicht gestat-
tete, mich ihm weit genug zu nähern, so traf es sich
gerade sehr glüklich, daß ich in der Zeit, wo ich mich
mit dieser Untersuchung beschäftigte, des Hrn. Bar.
von Asch Beschreibung des neuen tele mikroscopischen
Apparates des Aepinus in unsern gelehrten Anzeigen
las. Ich sezte mir daher aus zwey Dollondschen
achromatischen Fernröhren ein dazu dienliches Mikro-
scop zusammen. Wenn mein Gehülfe am Bauer nur
das geringste Geräusch machte, so richtete der Vogel
mit weiten Augenliedern, obschon geblendet, die Au-
gen unbeweglich auf ihn hin, und vergönnte mir in
der Ferne mit meinem äpinianischen Apparat bequem
und sorgfältig die Bewegungen der Iris zu beobachten.

[Seite 96]

Auch die erwähnten Gefäße, woran die Iris am
äußern Rande wie aufgehangen war, wurden mir
auf diese Art sehr sichtbar, sie waren etwas gekrümt,
wenn die Iris zurükgezogen und die Pupille weit, et-
was gerader, wenn die Iris ausgedehnt und die Pu-
pille verengert war.

Der Durchmesser der Pupille war nach Verschie-
denheit des Lichts auch sehr verschieden; doch verän-
derte er sich zuweilen bey demselben Grade von Licht
und spielte gleichsam.

Die Iris selbst sah im lebenden und mit Lebens-
kraft ganz gefüllten Auge einigermaaßen flokkicht aus,
so ohngefähr, wie die Iris auch im Menschenauge zu
seyn scheint; im todten Auge aber bey der Zergliede-
rung sah sie wie ein zartes Leder aus; derselbe Fall ist
bey der menschlichen Iris, die im lebenden Auge sehr
schön flokkigt aussieht, todt aber ist sie der Blüthen-
kazze der breitblättrigen Rohrkolbe (typhae latifo-
liae
) höchst ähnlich, und ich habe sie gleichsam mit
einem braunen Pulver dicht überstreuet gesehen*).

Die ausgedehnte Iris glich ohngefehr einer aus-
gespannten glatten und durchbohrten Scheibe, die am
äußern Rande dikk und nach der Pupille zu so dünn
war, daß sie beynahe durchsichtig und wegen der
Schwärze des innern Auges grünlich erschien. (fig.
VI. b.
)

[Seite 97]

Was in der ausgespannten Iris die meiste Auf-
merksamkeit zu verdienen schien, war die sonderbare,
besonders mit dem bewafneten Auge, sehr bemerkliche
Bewegung des mittlern Kreißes, welcher, während
daß der Saum unbeweglich fest ruhte, mit einer ganz
gelinden wellenförmigen Seitenbewegung hin und her
flottirte, und selbst auch, wenn er besonders den Son-
nenstrahlen länger ausgesezt war, in eine zitternde
Bewegung zu gerathen schien.

Die Iris ist in der Ruhe zurükgezogen.

Dies Zittern war so unruhig und so krampfartig,
daß die Meynung, die ich immer gehabt habe, da-
durch eine große Bestätigung erhielt, die nehmlich:
daß der natürliche Zustand der Iris, oder der Zustand
ihrer Ruhe in ihrer zurükgezogenen Lage und in der
Erweiterung der Pupille bestehe, daß aber die Iris
ausgedehnt und mit verengerter Pupille in einem ge-
waltsamen Zustande sey.

So viel scheinbare Gründe unser Zinn, (de mo-
tu uveae.
1757. S. 57) und nachher Fontana (dei
moti dell Iride
. 1765. S. 21.) und Cajet. Torac-
ca (Giorn. de Medicina. Vol. IV. S. 321) u.s.f.
für die entgegengesezte Meynung vorgebracht haben, so
bewegt mich doch kein einziger davon, der Meynung
dieser großen Männer zu seyn, vorzüglich nach der
zahllosen Menge von Versuchen, die ich deshalb an
neugebornen Kindern angestellt habe, und die im
[Seite 98] Ganzen darauf hinauslaufen, daß wenn ich ihnen im
Schlafe behutsam die Augenlieder auseinander zog,
ich die Pupille enge fand, welche sich dann bey ihrem
Erwachen plözlich erweiterte, und nach einem kurzen
Beben zum Theil sehr weit offen blieb. Denn es ist
bekannt genug, daß die Augensterne der Kinder in
Vergleichung mit denen der Erwachsenen sehr zurük-
gezogen und die Pupillen sehr groß sind, obgleich die
Augen in diesem zarten Alter, sowohl wegen der kaum
keimenden Augenwimpern, als wegen der noch unzu-
länglichen Ausbildung des obern Bogens der Augen-
höhle, weit mehr, als bey Erwachsenen, dem Reize
des Lichts ausgesezt sind.

Daß aber der Augenstern bey Kindern und an-
dern Säugethieren sich im Schlafe ausdehnt, scheint
mir sehr passend von der Macht der Gewohnheit her-
zuleiten seyn, da bey dem Fötus bey weitem den grö-
sten Zeitraum hindurch, den es schlafend oder vielmehr
erstarrt in der Gebärmutter zugebracht hat, die Iris
mit dem Pupillenhäutchen verschlossen ist, welches nur
in den lezten Monaten vor der Geburt in die Pupil-
le zu bersten anfängt.

Der Nuzzen der Pupillenhaut.

Da der Nuzzen der Pupillenhaut in sehr naher
Verwandschaft mit der Geschichte der Iris zu stehen
scheint, so hab’ ich auch mit großer Sorgfalt ihn zu
ergründen gesucht, und ich glaube ihn darin gefunden
[Seite 99] zu haben, daß er sowohl zur Bildung und Vervoll-
kommung der Iris beyträgt, als sie auch durch Vor-
bereitung zu ihren künftigen Bewegungen geschikter
macht.

Und bey näherer Untersuchung des Zeitpunktes,
in dem die Pupillarhaut zu verschwinden anfängt, muß
uns der Grund dieses Nuzzens um so stärker einleuch-
ten. Denn der Zeitpunkt ist gerade der, in dem die
Iris beynahe ihre ganze Größe für die Zukunft er-
reicht hat.

Denn schon aus des berühmten Mahlers Hogarth
(Analys of the beauty p. 132. u.s.f. Fig. 110. 115.)
scharfsinniger Bemerkung ist es bekannt genug, daß
kein Theil unter allen im menschlichen Körper so schnell
zu seiner vollkommenen Größe und Ausbildung ge-
langt, und so wenig nach der Geburt zunimmt, als
eben dieser.

Die Pupillarhaut verschwindet also, wenn die
Iris ihre völlige Größe erreicht hat.

Der Nuzzen aber, den sie bis auf diese Zeit stif-
tet, veroffenbaret sich nun leicht aus der Figur und
Verbindung der Iris selbst, die von dem sphärischen
Augapfel eingeschlossen, und mit ihren äußern Sau-
me fest daran befestigt ist, deren Pupillarrand aber
frey in der wäßrichten Feuchtigkeit gleichsam herum-
schwimmt.

[Seite 100]

Stellen wir uns daher den kleinen Augapfel des
zarten Embryons vor, der in so kurzer Zeit mit einer
gleichsam reissenden Geschwindigkeit zur Größe eines er-
wachsenen Augapfels anwächst, so kann man sich es
kaum anders denken, als daß die äußerst kleine Iris
dieses Auges, da sie mit ihrem äußern Rande fest an
den Augapfel gewachsen ist, nicht seinem Wachsthum
nachgeben solte, wenn schon vom Anfange an eine Pu-
pille da wäre, und so von dem wachsenden Augapfel
auseinander gezogen, zu einem festen Ring, so ausge-
dehnt würde, daß in dem erwachsenen Auge zur Ver-
engerung der Pupille kaum Beweglichkeit genug übrig
geblieben seyn könnte. Für diese Unbequemlichkeit ist
sie nun durch das Pupillarhäutchen vollkommen gesi-
chert, deren Gefäße als fortgesezte Adern der Iris die
Pupille vollkommen verschließen, und der Iris so lan-
ge die Gestalt einer ganzen Scheibe geben, bis diese
Membrane bey vollkommner Reife des Fötus der
Spannung des immer mehr und mehr zunehmenden
Augapfels wegen ihrer Feinheit nicht mehr widerste-
hen kann, in der Mitte zerreist, aber dadurch ihren
Gefäßen, die sich gegen den Mittelpunkt zu in einen
Bogen krümmen, während der gänzlichen Vervoll-
kommung des Augapfels zu dem innern Rande der
Iris sich zurükzuziehen und die Pupille völlig dadurch
zu öfnen verstattet.

Zugleich giebt auch dies Pupillarhäutchen, wel-
ches die Gefäße der Iris nach ihrem gemeinschaftlichen
[Seite 101] Mittelpunkte zuspannet, der Traubenhaut die nöthige
Beweglichkeit, daß sie nachher um desto leichter, wenn
schon die Pupille gehörig gebildet ist, so oft das Licht
auf die Nervenhaut fällt, in ihre alte ausgedehnte
Lage zurükgehen, und dadurch die Pupille verengern
kann.

Daher ist es auch nicht wunderbar, daß bey je-
dem schlafenden Thiere die Iris durch die Macht der
Gewohnheit in einen dem ähnlichen Zustand wieder
verfällt, worin sie so viele Monate hindurch im ersten
Schlafe gewesen war.

Die beygefügte Kupfertafel wird die ganze De-
monstration erläutern, (fig. I.) welche die Pupillar-
haut eines menschlichen Fötus von ohngefähr 7 Mona-
ten vorstellt, die sich langsam ausdehnt, und gerade
in dem Zeitpunkte ist, wo sie sich zu öfnen anfängt,
und ihre Gefäße sich in elliptischen Bogen zum innern
Rande der ihrer Vollkommenheit nahen Iris zurük-
ziehen.

Wie die Natur bey Vögeln den Mangel dieser
Haut durch eine ähnliche Seitenöfnung der Iris zu er-
sezzen gesucht hat, hat Petsche*) gezeigt.

Consensus zwischen der Iris und Nervenhaut.

[Seite 102]

Alle meine Bemerkungen über den Bau der Iris
in Menschen und Thieraugen, die ich eben vorgetra-
gen habe, glaubt’ ich darum vorausschicken zu müssen,
um mich nachher bey der Untersuchung der zur Bewe-
gung der Iris angewandten Kräfte desto kürzer fassen
zu können und desto verständlicher zu seyn.

Die entfernte Ursache der Bewegung des Augen-
sterns, und zugleich der Veränderung der Pupille ist
doppelter Art:.

Zuerst verschiedenes Licht – und dann verschie-
dene Entfernung der Gegenstände.

Jener hat, wenn ich nicht irre, der erste unter
den arabischen Aerzten Rhases zuerst erwähnt*).

[Seite 103]

Diese hat, so viel ich weiß, Scheiner zuerst durch
Versuche bestimmt*).

Daß die Iris aber nicht selbst vom Lichte gereizt,
sondern nur durch den Consensus mit der gereizten Ner-
venhaut bewegt werde, dies haben außer Zinn’s
Gründen noch die Versuche J.N. Müller**) und
Fontana’s außer allen Zweifel gesezt.

Man stritt sich also blos darüber, auf welchem
Wege dieser Consensus zwischen der Iris und der Ner-
venhaut vor sich gehe.

Morgagni nahm an, daß durch den Reiz des
Lichts in der Nervenhant Schwingungen entständen,
die vorwärts zum Strahlenbande, dann durch dies in
die Iris fortgepflanzt würden, und so die Bewegung
derselben verursachten.

Ob mich gleich mehr als ein Grund hindert, die-
ser Meynung beyzutreten, so kann ich doch nicht um-
hin zu versichern, daß die Gründe, welche man so
gewöhnlich gegen die Fortpflanzung der Empfindun-
gen durch die Schwingungen der Nerven, eine Theo-
rie, welcher vorzüglich Hartley und sein Commentator
Priestley beygetreten sind, daher nimmt, daß die wei-
che Nervensubstauz unmöglich solcher Schwingungen
[Seite 104] fähig seyn könnte, wie eine gespannte Saite, mir sehr
wenig Gewicht zu haben scheinen, weil die Schwin-
gungen unendlich feiner seyn müssen, als daß man sie
mit der rohen Schwingung einer gespannten Saite
vergleichen könnte.

Ungleich wahrscheinlicher ist die Meynung derer,
welche diesen Consensus der Iris mit der Nervenhaut
von dem gemeinschaftlichen Empfindungssiz ableiten,
auf den die gereizte Nervenhaut zuerst würke, und
durch dessen Zurükwürkung die Iris in die Bewegung
gesezt würde.

Und die Bemerkung Petits, welche dieser Mey-
nung entgegen zu seyn scheint, und welche ich im
Uhuauge treflich bestätigt gefunden habe, daß, wenn
nur in das eine Auge Licht fällt, auch nur in diesem
einen die Pupille sich zusammenziehe, während,
daß die des andern Auges erweitert bleibt, beweist
doch weiter nichts, als daß die Sehenerven, ob sie
gleich zusammenzuschmelzen scheinen, sich doch nicht
innigst mit einander vermischen.

Verschiedene Meynungen über die Kräfte, wel-
che die Iris bewegen.

Aber überhaupt ist der Consensus der Iris mit
der Nervenhaut, er mag seyn, welcher er will, nicht
[Seite 105] so schwierig zu erklären, als die nächste Ursach dieser
Bewegung anzugeben.

Die größten Physiologen haben in ihren Mey-
nungen nicht übereingestimmt.

Denn ohne nur des Jatromathematiker Weitbrecht
Lösung dieser Aufgabe durch die Ausdehnung der glä-
sernen Feuchtigkeit oder der des Demours, durch die
bloße Elastizität der strahlenförmigen Fasern der Iris
– oder der des Della Torre*) durch die Zusammen-
ziehung der Nerven, und mehrere dergleichen zu ge-
denken, so hab ich hier zwey andere ungleich scharfsin-
nigere zu prüfen, von denen jede einige berühmte
Physiologen zu Vertheidigern hat.

Einige geben der Iris Muskelfasern, und über-
lassen diesen die verschiedenen Bewegungen derselben.

Andere leiten ihn von dem Zufluß und Abfluß
der Säfte her.

Ich muß daher die Gründe für jede dieser Mey-
nungen prüfen.

Die eingebildeten Muskeln der Iris.

Was die Fleischmuskeln der Iris betrift, so macht
schon das die ganze Sache verdächtig, daß ihre Ver-
[Seite 106] theidiger sowohl in Absicht ihrer Lagen und ihres Baues,
als auch ihrer Würkungsart, so wenig unter sich eins
sind.

Einige glauben sich am kürzesten aus der ganzen
Sache zu ziehen, wenn sie der Iris eine doppelte
Lage von Muskeln geben, nehmlich auf der vordern
Fläche, eine kreisförmige zum Zusammenziehen der
Pupille, auf der hintern eine andere Lage von strah-
lenförmigen zu ihrer Erweiterung.

Andere, wie Desmours, lassen nur die vordern,
welche die Stelle eines Schließmuskels vertreten, zu,
verwerfen aber die hintern.

Andere wieder, worunter auch, wie bekannt,
unser Zinn gehört hat, leugnen die kreisförmigen, und
wollen nur die strahlenförmigen anzunehmen erlauben.

Es giebt dergleichen gar nicht.

Es gehören zwey Stükke dazu, um einen Mus-
kel zu machen. Zuerst ganz sichtbare Fleischmuskel-
fasern, und dann die merkwürdige Kraft im lebenden
Cörper, dessen genauere Kenntniß zuerst von unserer
Sozietät aus, sich in ganz Europa verbreitete: die
Hallersche Reizbarkeit.

Aber auch nicht einmal mit einem Scheine des
Rechtens, läßt sich eins von diesen beyden in der
Iris erweislich machen.

[Seite 107]

Daß von der eigentlichen Reizbarkeit, die als das
Eigenthum der Muskelfasern, ja von dem Zusammen-
ziehen anderer ähnlichen Theile unterschieden werden
muß, nichts in der Iris sey, davon haben mich außer
den Untersuchungen Hallers, Müllers, Fontanas,
u.s.w. auch andere eigene Versuche völlig überzeugt,
die ich an Thieren von verschiedenen Gattungen, vor-
züglich aber an Hunden, angestellt habe, denen ich
entweder die Hornhaut mit einer Nadel durchstach,
oder ganz wegschnitt, und mit der Messerspizze dann
die Iris reizte, ohne die allermindeste Spur der Be-
bungen, die bekanntlich auf die Reizung eines mus-
kulösen Theiles erfolgen, zu entdekken. Denn kein
Physiologe wird die krampfhafte Zusammenziehung,
die man darauf zu bemerken pflegt, mit eigentlicher
Muskelreizbarkeit verwechseln, weil diese ebenfalls un-
zähligen vom Fleisch entblösten z.B. dem Brustfell,
der Haut, und andern Membranen, die gar keine
Muskelfasern haben, bekanntlich gemein ist.

Was aber die eingebildeten Muskelfasern betrift,
so habe ich auch nicht eine einzige davon, sowohl in
Augensternen von Menschen und Thieren, die ich ganz
frisch unter das Vergrößerungsglas brachte, als auch
bey solchen, die ich in verschiedenen Flüssigkeiten, be-
sonders in Essig, Küchensalz und Salpeter hatte ma-
zeriren lassen, ausfindig machen können, die sowohl
in Ansehung der Figur, als der Farbe für eine wahre
Muskelfaser hätte anerkannt werden können.

[Seite 108]

Alles, was nach einer glükklichen Einsprüzzung
der Blutgefäße, und nach Abzug der Nerven von dem
Stoff der Iris übrig bleibt, löst sich alles im Wasser
sehr leicht in ein Zellgewebe auf.

Außerdem bestätigt auch das noch den gänzlichen
Mangel der Muskelfasern, daß man die Iris des
oben erwähnten Seehundes, welche aus einem dikken
schwammigten Gewebe bestand, sehr leicht in Zellen,
ohne alle Spur von Muskelfasern, aus einander zie-
hen konnte; zudem waren die Augensterne der weissen
Kaninchen, wie ich schon oben bemerkt habe, so durch-
sichtig, daß, wenn etwas Fleischigtes darin gewesen
wäre, es einem bewafneten Auge gewiß nicht entge-
hen konnte.

Die kreisförmigen Muskelfasern und ihre Wür-
kungsart scheinen auch des Baues der Augensterne
wegen, die ich oben von dem Blakfisch, Rochen und
der Feuerkröte beschrieben habe, nicht zulässig zu
seyn.

Den strahlenförmigen Fasern widerspricht der be-
trächtliche Unterschied in Absicht der Breite bey der
ausgedehnten und zusammengezogenen Iris, der vor-
züglich bey Kazzen und andern Nachtthieren sichtbar
wird, und allen Gesezzen der Muskelzusammenziehung
gerade hin zuwider ist, nach denen sich ein Muskel,
weder in seine natürlichen noch in der allerheftigsten
Zusammenziehung, kaum über das Drittel seiner Länge
verkürzen kann.

[Seite 109]

Ich übergehe die veränderliche und unbeständige
Weite der Pupille nach dem Tode; und den Umstand,
daß der schwarze Schleim, als ein Ueberzug muskulö-
ser Theile, in der thierischen Haushaltung unerhört
ist.

Aber auch das Hinströmen der Säfte kann
nicht die Ursache der Verengerung der
Pupille seyn.

Da also die Meynung, die Bewegung der Iris
käme von Muskelfasern her, auf so wenig haltbaren
Gründen beruhet, so gehen wir zur Prüfung der
andern, nach welcher dieselbe auf einem Hin- und Zu-
rükkfluß der Säfte beruhet.

Man giebt die Art, wie es geschehen könnte,
zwiefach an.

Zuerst durch das wechselsweise Ergießen und
Aussaugen der farbenlosen Säfte in den Stof der Iris
und aus demselben, ganz so, wie das, was bey der
Erektion und dem Erröthen vorgehet.

Oder durch wechselsweises Anfüllen und Auslee-
ren der Blutgefäße.

Aber diese beyden Meynungen sind nicht minder
schwierig, als die eben erwähnte.

Denn daß keine der Erektion gleiche Ergießung
in die Substanz der Iris bey ihrer Ausdehnung Statt
finden könne, davon haben mich vorzüglich die Beob-
[Seite 110] achtungen an den Augen der savoyschen Leukäthiopen
belehrt, die ich nachher unzähligemahle an weissen
Kaninchen wiederholt habe; bey ihnen ist es ganz deut-
lich, bey der Durchsichtigkeit ihres Augensterns zu
bemerken, daß er bey seiner Ausdehnung nicht nur
nicht von ausgegossenem Safte strozze, sondern, daß
eher noch das Gegentheil geschehe, und er jemehr
ausgedehnt desto dünner werde.

Dasselbe konnt ich auf die beschriebene Art an
der Iris des Uhu sehr deutlich bemerken, die, nach
und nach ins Helle gebracht, in eben dem Maaße aus
ihrer lederartigen Dichtigkeit (Fig. V.a.) in eine
hornartige Durchsichtigkeit übergieng. (Fig. IV. b.)

Eben so wenig kann ich der andern Meynung bey-
treten, nach der die Ausdehnung der Iris vom An-
triebe des Blutes in ihre schlangenförmigen Gefäße
abhängen sollte.

Dies wird zuerst schon von dem beschriebenen
und sorgfältigst abgebildeten (Fig. II. und III.) Bau
der äußerst dikken Iris beym Seehunde widerlegt,
bey dem das Nez der Gefäße nicht in die Substanz
selbst eingewebt, sondern vorn lose aufgelegt ist, so,
daß es der Bewegung der dikken Membrane wohl
nachzugeben, aber sie unmöglich selbst zu spannen oder
auseinander zu ziehen im Stande wäre.

Ich hatte vor einigen Jahren selbst Gelegenheit,
eine Bemerkung, die nicht sehr zu Gunsten dieser
[Seite 111] Meynung ausfiel, zu machen. Da ich auf einige
Zeit einen sehr stark intermittirenden Puls bekam, der
aus einem Fehler in den ersten Wegen herrührte, so
wandte ich diese Krankheit, um doch aus ihr einigen
Nuzzen zu schöpfen, dazu an, daß ich verschiedene
Beobachtungen über den Synchronismus des Ader-
schlages, und andere dergleichen physiologische Mate-
rien anstellte.

Unter andern belehrte mich dies auch, daß die
Bewegung der Iris nicht im geringsten bey der ge-
störten Bewegung des Herzens mit gestört werde, so
daß beym Ausbleiben des Pulses, (wobey ich sehr
lebhaft die Heftigkeit fühlte, mit der das Blut in die
Arterien des Gesichts, der Schläfe, der Lippen etc.
andrang,) meine Pupille doch ganz ruhig blieb, und
nicht im geringsten dadurch etwa verengert wurde.

Da das Uebel ordentlich typisch, und gegen
Abend dies Ausbleiben des Pulses häufiger und län-
ger wurde, so stand ich ganze Viertelstunden lang vor
dem Spiegel mit einer immer gleichen Aufmerksamkeit,
und sah die Iris immer vollkommen und gleichmäßig
ruhig, und ihre Ruhe nie durch den ungleichen Puls
gestört.

Zulezt wird auch der Einfluß der Gefäße auf die
Bewegung der Iris durch die sehr bekannte Erschei-
nung widerlegt, daß die Weite der Pupille, lange
nach dem Tode, selbst in abgehauenen Köpfen durch
[Seite 112] verschiedene Ursachen, vorzüglich durch Kälte und
Wärme, so sehr verändert werde, daß gar nicht die
geringste Muthmaßung übrig bleibt, daß der Andrang
und Zurückfluß des Blutes in den leeren Gefäßen et-
was zur Bewegung der Iris beytragen könne.

Die Bewegung des Augensterns kommt von
einer eigenen Lebenskraft her.

Dies sind die Gründe, womit ich die Unzuläng-
lichkeit dieser Kräfte, welche die Physiologen zur Be-
wegung der Iris anzunehmen beliebt haben, hinläng-
lich erwiesen zu haben hoffe.

Man kann gewiß nicht leugnen, daß auch in der
Widerlegung irriger Hypothesen etwas Verdienstliches
liege, wenn man sie auch gleich nicht mit einer wahr-
scheinlichern ersezzen kann.

Der Ausspruch unsers scharfsinnigen Bonnets,
daß die Entdekkung eines alten Irthums, mehr Werth
habe, als die Erfindung einer neuen Wahrheit ist sehr
wahr. Denn wie wenig wissen wir, und wir müssen
daher nur sehen, daß das Wenige, was wir wissen,
nicht falsch ist.

Um mich aber nicht dem Vorwurf auszusezzen,
den man dem ältern Helmont machte, daß er nehm-
lich mehr niederreiße, als aufbaue, will ich zum
Schluß noch einen andern Grund der Bewegung des
Augensterns anhängen, welchen, wenn ich nicht sehr
[Seite 113] irre, die Naturkundiger der Natur angemeßner fin-
den werden.

Und diesen glaub ich in einer eignen Lebenskraft
der Iris gefunden zu haben.

Um aber nicht etwas Dunkles, mit etwas eben
so Dunklem zu erklären, oder um nicht dem Scheine
ausgesezt zu seyn, als nähme ich nur zu einer andern
unbekannten Kraft, als Dekkmantel der Unwissenheit,
meine Zuflucht, so muß ich das noch erinnern, daß
ich, um die Bewegung der Iris zu erklären, nicht
diese eigene Lebenskraft ängstlich aufgesucht und her-
beygeholet habe, sondern daß ein Beyspiel dieser Le-
benskraft, deren Wahrscheinlichkeit schon lange vor mir
bewiesen ist, und worüber ich viel nachgedacht habe,
sich freywillig mir selbst in der Bewegung der Iris
darbot.

Obgleich die drey berühmten Kräfte des thierischen
Cörpers, die Nervenkraft, die eingebohrne und die
todte zur Erklärung der bey weitem mehresten Lebens-
verrichtungen der ganzen Maschiene hinreichen, und
der Stifter unserer berühmten Gesellschaft, der erste
der Physiologen, das unsterbliche Verdienst hat, die
Natur dieser drey Kräfte und ihren Unterschied zu-
erst richtig bestimmt zu haben, so scheint der große
Mann doch zuweilen zweifelhaft gewesen zu seyn, wel-
cher von diesen Kräften er einige Verrichtungen des
menschlichen Cörpers zuschreiben sollte! – und von
[Seite 114] diesem Wanken finden sich nicht undeutliche Spuren in
seiner unsterblichen Physiologie bey der Bewegung des
Darmkanals, der Fleischhaut der Hoden, der Ge-
bärmutter und sonst hin und wieder.

Und würklich finden sich zahlreiche Verrichtungen
einzelner Theile, sowohl in der Haushaltung des
menschlichen Cörpers, als auch in der Physiologie der
Thiere, die sehr schwer und nicht ohne Zwang zu den
Würkungen dieser drey Kräfte gerechnet werden kön-
nen. Es sind auch in einigen Organen, deren Ver-
richtungen wir einer von ihnen zuzuschreiben pflegen,
so unendlich von einander verschiedene und höchst son-
derbare Kräfte, daß wir sie kaum für Modifikationen
einer und derselben Kraft halten können. Ein Bey-
spiel davon giebt uns das Seheorgan selbst, wovon
izt die Rede ist. Denn sein vornehmster Theil, die
Nervenhaut, hat, außer der ihr mit andern Nerven
gemeinen Empfindungskraft, welche die wahre Ner-
venkraft ausmacht, noch zwey andere ganz eigene Fä-
higkeiten; einmahl den Eindruck des Lichtes zu em-
pfinden, und dann der Bilder empfänglich zu seyn.
Denn daß unter diesen Fähigkeiten ein würklicher Un-
terschied Statt finde, beweisen einige Augenfehler ganz
offenbar; z.E. einige Arten des schwarzen Staares,
die das Auge ganz unfähig machen, Bilder zu em-
pfangen, aber ihm noch einiges Gefühl des Lichtes
gelassen haben, und andere, die auch dies rauben.

[Seite 115]

Diese Schwierigkeit dadurch zu heben, scheint so-
wohl der Vernunft, als der Erfahrung gemäß zu seyn,
daß man außer dem Leben, das im ganzen Cörper
herschet, noch ein besonderes und eigenes Lebensprin-
zipium annimmt; daß man dies, wenn auch nicht allen
Theilen des belebten Cörpers, doch denen wenigstens zu-
schreibt, die besondere Verrichtungen auszuüben be-
stimmt sind. Auch stimmt nach dem scharfsinnigen
J. Bapt v. Helmont, Stahl, der trefliche Physio-
loge, dieser Meynung bey, der im Cörper eine der
eigenthümlichen Lebenskraft, wovon ich rede, ähnliche
Fähigkeit annimmt.

Es wäre aber kein leichtes und überhaupt hieher
nicht passendes Unternehmen, ihre verschiedene und
meistens zu unbestimmten Meynungen über diese Fä-
higkeit anzuführen.

Ich begnüge mich daher, das, was zu dieser
kleinen Ausschweifung Gelegenheit gegeben hat, und
worauf ich wieder zurükk komme, nehmlich die Bewe-
gung der Iris, als das vorzüglichste Beyspiel dieser
eigenthümlichen Lebenskraft angeführt zu haben.
Dies wird niemanden thöricht vorkommen, der dar-
auf aufmerksam ist, daß sowohl in Absicht des Baues
und der lebhaften Farben, bey verschiedenen Thieren,
als auch der Bewegung kein Theil im ganzen übrigen
thierischen Cörper ihm gleich ist, und daß sie wohl
Sonderbares und Eignes genug hat, um ihr, wo
[Seite 116] nicht mit fester Gewißheit, doch mit großer Wahr-
scheinlichkeit, eine eigene Lebenskraft zuschreiben zu
können.

Desine quapropter nouitate exterritus ipsa,
Expuere ex animo rationem; sed magis acri
Iudicio perpende, et, si tibi vera videtur,
Dede manus; aut si falsa est, accingere contra!

Notes
*).
[Seite 90]

Die parallelogramförmige transverse Figur der Pu-
pille im Hirschauge hat, so viel ich weiß. Eandi in s.
Memorie istoriche intorno gli studi del P. Giam Bati-
sta Beccaria.
S. 76 u.s.f. zuerst bemerkt.

**).
[Seite 90]

S. die trefliche Beschreibung des Rochenauges von
Stenonis in s. observ. de. musc. et glandul. S. 58. und
von Camper in d. Mem. présentés. Vol. VI. S. 191.

*).
[Seite 91]

Vergl. Swammerdamii biblia naturae. p. 880. u.f.
893. u.f.

*).
[Seite 96]

Vergl. Ad. Murray descript canalis ciliar. in Nov.
Act. Vpsal. Vol. III. p.
44.

*).
[Seite 101]

Sylloge anat. Select. observ. p. 6.

*).
[Seite 102]

*) Tract. I. ad regem Almanzor cap. 8. fol. 13. ed. Lugd.
1511.

‘„In vueae autem medio, in loco scil. vbi grandineo
opponitur humori est foramen, quod quandoque di-
latatur, quandoque constringitur, prout grandineo
humori causa luminis necessarium fuerit. Constrin-
gitur enim cum lumen est multum: et dilatatur cum est
in obscuro.
Hoc autem foramen est pupilla
.”’

*).
[Seite 103]

Ocul s. fundam. Optic. p. 31.

**).
[Seite 103]

De irritabilitate iridis hincque pendente motu pupil-
lae. Bas.
1760. p. 9.

*).
[Seite 105]

Nuoue Osseruaz. microscopiche. S. 68. Taf. X.
Fig
. 2. 3.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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