Das äusserst interessante Werk enthält zuförderst
eine Fülle von wichtigen Beyträgen zur Naturgeschich-
te des Menschengeschlechts: namentlich zur nähern
Kenntnis der Mittelraßen und Abarten, wodurch die
weißen Einwohner der Barbarey Stufenweiß bis zu
den schwärzesten Neger-Völkern übergehn und gleich-
sam in einander fließen.
Unter den Letztern selbst so vielartige National-
verschiedenheit. – Die Jaloffs z.B. sind zwar
kohlschwarz: haben aber weder die breite Stumpf-
nase, noch die wulstigen Lippen, wodurch sich andre
Negerstämme auszeichnen.
Die Hautfarbe der Fulahs fällt schon ins Brau-
ne, und dabey haben sie weiches Seidenartiges Haar
und angenehme Gesichtsbildung.
Und hierauf folgen dann in der anthropologi-
schen Skale jenes Erdtheils diejenigen Mauren, die
[Seite 112] wie es scheint, den langen schmalen Landstrich bewoh-
nen, der vom Ausfluß des Senegals, an der Nord-
seite desselben beginnt, und sich östlich bis an die
Grenzen von Habessynien erstreckt. Diese machen ein
wahres Mulattenvolk, nemlich eine überaus merk-
würdige Mittelraße, zwischen den Negern und den ei-
gentlichen Mauren der Barbarey, von welchen letz-
tern sie durch eine große Wüste getrennt sind.
Ueber den ganz auffallenden Contrast im Cha-
racter der Völkerschaften, über die gutherzige Huma-
nität der ehrlichen Neger und anderseits über die rohe
Brutalität der verworfenen Mauren hat Hr. P un-
zählige Erfahrungen zu machen Gelegenheit gehabt.
Bey diesen Mauren wird das Maas weiblicher
Schönheit blos nach dem Gewichte bestimmt. Eine
Frau die dort für schön passiren soll, muß wenigstens
so starkbeleibt seyn, daß sie nicht, ohne von ein paar
Sclaven unter den Armen gestützt zu seyn, gehen
kann. Eine vollkommene Schönheit aber muß eine
volle Camelsladung ausmachen. Zu diesem Behuf
werden die Mädchen von Kindheit an förmlich gemä-
stet; indem man ihnen alle Morgen eine übermäßige
Portion von einer Art Pudding und Camelsmilch ein-
füttert; wollen sie nicht im Guten, so setzt es Schläge
dazu. Und diese Procedur, die bey andern Menschen
der Verdauung und überhaupt der Gesundheit sehr
[Seite 113] nachtheilig seyn mußte, hat bey ihnen keine andere
als die erwünschte Folge, daß sie sein plump und
dick werden.
(– Beyläufig dient diese Bemerkung zur bündigsten
Widerlegung der seltsamen Behauptung eines sonst ein-
sichtsvollen Arztes, des verstorbenen Lorry, der es
dem Menschen zur auszeichnenden Eigenheit anrechnete,
daß man ihn nicht so wie andere Thiere mästen
könne –)
Bey den Mandingo-Negern, werden die Kin-
der beyderley Geschlechts, gegen die Zeit der Mann-
barkeit beschnitten. Sie halten es nicht sowohl für
einen religiösen Gebrauch, als für ein physisches Be-
förderungsmittel der ehelichen Fruchtbarkeit.
Das Camel, dieses unschätzbare Thier für jene
Weltgegend (das Schiff für die Wüste, wie es die Ara-
ber nennen) hat eine überaus bewegliche Oberlippe,
womit es die kleinen Blättchen von dem dornichten
Buschwerk abrupft.
Von wilden Thieren finden sich Antilopen und
Strauße, selbst in den ödesten Sandwüsten, wo sonst
kaum ein beseeltes Wesen hausen kann.
Einst traf Hr. P. im Königreich Bambarra am
Niger eine Giraffe von Mausefahler Farbe und
sehr trägem Gange.
In Kaarta sah er Heerden verwilderter Pfer-
de, die von den Negern, blos des Fleisches wegen ge-
zagt werden, das sie vorzüglich schmackhaft finden.
Zahme Pferde haben sie aber nicht, sondern bedienen
sich des Esels zum Lasttragen. – Die Mauren hin-
gegen sind desto treflichere Reuter, und werden haupt-
sächlich dadurch den benachbarten Negervölkern über-
legen und furchtbar.
Auch Hrn. P. scheint der Afrikanische Ele-
phant eine besondere, vom Asiatischen specifisch ver-
schiedene, Gattung.
Im Gambia finden sich Nilpferde und Croco-
dile in Menge.
In Ludamar stieß er auf Schwärme von Zug-
heuschrecken. Die Bäume sahen wie schwarz davon
aus: und der beständige Fall ihres Unraths auf die
Blätter, rauschte in der Ferne wie ein Regenschauer.
Großer Vertrieb von Wachs nach dem Ausfluß
des Gambia. Aus dem Honig bereiten die Neger
einen stark berauschenden Meth.
Die Moskiten-Schwärme sind zumal für die mo-
rastigen Gegenden im Innern von Afrika eine über
alle Beschreibung lästige Landplage. Ihre Stiche
verursachten Hrn. P. Blasen an Armen und Beinen
und zogen ihm Fieber zu.
Der sogenannte Nervenwurm (Gordius medi-
nensis) zeigt sich bey den Negern, zumal in den Re-
genmonaten. Sie geben besonders dem unreinen
Quellwasser die Schuld; wenn man hingegen Fluß-
wasser trinke, sey man ihm nicht so ausgesetzt.
Zu bewundern ist, wie tief im Herzen von Afrika
die bekannten Kauris (Cypraea moneta) statt Schei-
demünze cursiren. Ihrer dritthalbhundert standen in
Bambarra im Werth eines engl. Schillings (ohnge-
fähr 7 Ggr.). Mit hundert Stück konnte Hr. P.
den täglichen Unterhalt für sich und sein Pferd bestrei-
ten. (In Bengalen rechnet man zehnmal so viel,
nemlich 2500 auf einen Schilling. Und doch giebts
dort Handelsartikel, die man für den unbegreiflich klei-
nen Werth eines einzigen solchen Schneckchens auf
dem Markte kaufen kann!).
Ein paar überaus interessante Beyträge zur exo-
tischen Pflanzenkunde, sind die Betreibungen und
Abbildungen zweyer sehr wichtigen Gewächse: des fa-
mosen Butterbaums und der Lotusstaude.
Von jenem liefern wir hier einen genauen Nach-
stich. (Tab. II.) Der wildwachsende Baum heißt dort
Shea und ähnelt im Totalhabitus der Americanischen
Eiche: die Frucht aber eher einer Olive. Von dieser
werden die Kerne über Feuer, oder auch nur an der
Sonne getrocknet und dann durch kochen, die Butter
[Seite 116] (Shea-toulou, d.h. Baum-Butter) daraus gezo-
gen, die von Konsistenz und Ansehen und Geschmack
die beste Kuhbutter übertrifft, und einen wichtigen
Handelsartikel für jene Afrikanische Bienenländer ab-
giebt.
Die Lotusstaude (Rhamnus lotus) fand Hr.
P. zumal in den Königreichen Kaarta, Ludamar und
Bambarra. Sie trägt eine gelbe, mehlichte, ausneh-
mend schmackhafte Beere, die Hauptnahrung der wei-
land so hochberühmten Lotophagen des Alterthums.
Noch jetzt backen die Neger aus dem mehlichten
Fleische der Beere eine vortrefliche Art von Pfefferku-
chen, und aus dem Aufguß der Kerne, mit Zusatz
von etwas gestossener Moorhirse, ein angenehmes Ge-
tränke.
Die verschiedenen Gattungen von solcher Moor-
hirse, die das Hauptgetraide jener Negervölker aus-
machen, sind Holcus spicatus, niger, cernuus und
bicolor.
Das gemeine Senegal-Gummi ist bey Wasser-
mangel in den Wüsten ein sehr wohlthätiges durst-
löschendes Mittel.
Die Mandingos vergiften die Pfeile die sie im
Kriege brauchen, mit dem ausgekochten Safte aus
den Blättern einer Gattung des Echites-Geschlechts,
womit sie einen baumwollenen Faden tränken und den-
selben nahe hinter die Pfeilspitze wickeln.
In Ludamar findet sich natürlicher Salpeter
als weißer Beschlag auf ausgetrockneten Pfützen, die
nur zur Regenzeit voller Wasser stehn. Die Neger
sammlen diesen Salpeter, reinigen ihn, und machen
Schießpulver daraus, wozu sie den Schwefel von den
Mauren erhalten.
Die Negervölker in den Küstenländern erhalten
ihr Eisen von den Europäern. Die im Innern von
Afrika schmelzen es selbst aus den Erzen. So sah
Hr. P. in Manding einen einfach und doch ganz zweck-
mäßig gebauten Ofen, worin Rotheisenstein ge-
schmolzen und dann auch mit vielem Geschick verar-
beitet ward.
Das Waschgold, oder der auch von den Ne-
gern sogenannte Goldstaub, findet sich unter den von
Hrn. P. besuchten Reichen des Innern Afrika, vor-
züglich in Manding und Iallonkadoo. Die rechte
Zeit zum Goldwaschen ist vom Anfange des Decembers
an, wenn sich nun die während der Regenzeit ange-
schwöllenen Flüsse wieder gesetzt haben. Man wäscht
theils den Flußsand, theils aber auch den, so man
aus trocknen Gruben zu Tage fördert, die in Gegen-
den, wo man Goldkörner bemerkt hat, gegraben wer-
den. Das Waschen selbst geschieht blos aus freyer
Faust, und ist ausschließlich das Geschäft der Weiber,
die von Kindesbeinen an, in ähnlichen Arbeiten, z.
[Seite 118] B. das Korn rein zu lesen, geübt sind. Die Geräth-
schaft dazu besteht hauptsächlich aus ein paar Calabas-
sen-Schaalen.
Ein großer Theil des gewonnenen Goldes, wird
an die Mauren gegen Seesalz umgesetzt, diesem
großen aber kostbaren Bedürfniß fürs afrikanische Bin-
nenland. Wie dringend dieses Bedürfniß für Ange-
wohnte sey, hat Hr. P. selbst gar oft erfahren. Un-
ter den zahllosen Beschwerden, womit er auf seinen
unerhörten Wanderungen kämpfen mußte, war ihm
doch keins in der Länge unerträglicher, als wenn er
geraume Zeit das Salz entbehren mußte. Aber es ist
auch für jene Negerländer eine kostbare Maare. Eine
Salzscholle, etwa dritthalb Fuß lang, 14 Zoll breit
und 2 Zoll dick, wird zuweilen mit drey Louisd’or be-
zahlt; und um einen wohlhabenden Mann zu be-
zeichnen, sagt man, der hat Salz zum Essen.
Die Hitze in den Sandwüstem zumal um Mit-
tagszeit, ist über alle Vorstellung, brennend. Es ist
buchstäblich wahr was Seneca von Aethiopien sagt:
ardens pulvis, nec humani vestigii patiens.
Selbst die Neger können dann nicht ohne Sandalien
nur von einem Zeit zum andern gehn.
Eine andere drückende Last jenes Erdstrichs sind
die Wirbelwinde, die zumal im April furchtbar
stürmen, und ungeheure Staubwolken erregen.
Um so wohlthätiger ist hingegen die Wirkung
des austrocknenden Harmattanwindes, der auch
Hrn. P. zweimal vom Nervenfieber befreyte; und
von dessen wunderbar heilsamen Einfluß auf den
menschlichen Körper, im 1sten Bande meiner medici-
nischen Bibliothek, S. 90. u.f. ausführliche Nach-
richt zu finden ist.
Travels in the interior Districts of Africa: perfor-
med under the Direction and Patronage of the Afri-
can Association a. 1795–97. by Mungo Park, Sur-
geon. Lond. 1799. 4. mit Kupfern und Landcharten.