Table of contents

[titlePage_recto]
J.H. Voigts
Magazin
für den neuesten Zustand
der
Naturkunde
,
mit Rücksicht auf die dazu gehörigen
Hülfswissenschaften.

Zweyten Bandes
Viertes Stück
.

Weimar,
im Verlage des Industrie-Comptoirs
1801
.

[Seite 642]

8) Naturhistorische Bemerkungen aus dem
Ayeen Akbery.

Der Ruhmwürdigste von Tamerlans Nach-
kommen, Kaiser Acbar oder Akber der Große,
der 1605 zu Agra in seinem 50ten Regierungs-
jahre starb, hatte durch seinen Vizier den berühm-
ten Abulfazel ein großes und überaus wichti-
ges Werk über seine Landes- und Hofstaats Ver-
fassung in persischer Sprache verfertigen lassen,
das erst neuerlich von dem gelehrten Francis
[Seite 643] Gladwin ins Englische übersetzt und unter dem
Titel: Ayeen Akbery (d.h. Akber’s Spiegel)
or the institutes of the Emperor Akber 1783
zu Calcutta in drey Quartbänden herausgegeben
worden ist. In Rüchsicht auf dieses Druckjahr schei-
nen freylich Auszüge daraus nicht in ein Maga-
zin für das Neueste der Naturkunde zu gehören.
Da aber das reichhaltige Werk außer Indien, und
selbst in England, zu den größten Seltenheiten
gehört, und meines Wissens in ganz Deutschland
kein Exemplar davon befindlich ist, so darf ich
dennoch hoffen, daß folgende Bemerkungen die ich
mir bey der genauen Durchsicht desselben ausge-
zeichnet, auch hier nicht unwillkommen seyn
werden.


Aus dem Ersten Bande der des Kaisers An-
ordnungen für jedes Departement der
Regierung begreift.

* * *

Der Sandelbaum ist ursprünglich in Schi-
na zu Hause. Unter der jetzigen Regierung ist er
aber nach Hindostan verpflanzt werden und gedeiht
da vortrefflich. Es giebt drey Arten von Sandel-
holz: weisses, gelbes und rothes. Das beste, das
Mekasiry genannt wird, ist gelb und öhlicht.

[Seite 644]

Ganz Hindostan bringt treffliche Ochsen her-
vor; doch hält man die von Gujerat für die besten
von allen. Ihr Gang ist schneller als der gemei-
nen Pferde ihrer.

Wenn der männliche Büffel noch seine vol-
le jugendliche Stärke hat, so ist er zum Bewun-
dern muthig, so, daß er den Tiger und Löwen
anfällt und zunichte stößt.

Zuweilen setzt sich ein Wagehals auf einen
männlichen Büffel und hetzt ihn auf den Löwen
bis dieser mit den furchtbaren Hörnern desselben
zu Tode gestoßen ist. Es ist unmöglich für je-
mand der diese furchtbare Hitze nicht selbst mit an-
gesehen hat sich eine angemeßne Vorstellung davon
zu machen. Zumal von der bewundernswerthen
Festigkeit des Reuters, der trotz der wüthigen
Bewegungen und Stöße des Büffels unverrückt
und Kerzengerade auf ihm sitzt.

Auf des Kaisers Verordnung werden vierer-
ley Sorten von Shawl verfertigt. Die aller-
vorzüglichsten heißen Toos Assel nach dem Na-
men des Thieres von welchem die Wolle dazu
genommen wird; gemeiniglich ist es von grauer
ins röthliche fallenden Farbe; doch giebts auch
ganz weisse. Diese Art Shawl übertrifft alle
übrigen an Feinheit, Leichtigkeit und Wärme.

[Seite 645]

Unter verschiednen Arten von Löwenjagd
auch eine wo dieses Thier so zu sagen mit Leimru-
then gefangen wird! – Man befestigt nemlich
in der Gegend die der Löwe besucht, ein Schaf, und
umgiebt dies mit einer Menge Stroh das mit ei-
nem starkklebenden Leimen beschmiert ist, da dann
die Tatzen des Löwen wenn er über das Schaf
herfallen will so sehr mit dem Stroh verwickelt
und überzogen werden, daß die Jäger aus dem
Hinterhalte über ihn herfallen und ihn entweder
tödten oder zum zähmen lebendig einfangen
können.

Der Yuz (– Felis jubata Linn. –) ist
in seinem Betragen überaus vorsichtig und wahr-
schauend. Ehedem brauchte es zwey bis drey Mo-
nate um ihn zu zähmen und zur Jagd abzurichten.
Der Kaiser hat es aber dahin gebracht, daß man
ihn jetzt binnen 18 Tagen dressirt. Er selbst hat-
te einen Yuz der ihm ohne Kette oder Halsfessel
folgte, und so zahm und kirre war als ein Schoos-
hund.

Den Syagosh (– Felis caracal Linn. –)
brauchte man vordem bloß zur Fuchs- und Hasen-
jagd. Jetzt wird er aber auch auf Gazellen ab-
gerichtet.

[Seite 646]

Die besten Jagdhunde kommen aus Cabu-
listan
, vorzüglich von Hezereeh und Tesheen.
Manche derselben sind so muthig daß sie einen Lö-
wen anfallen.

Unter den Elephanten zeichnen sich die so
man Behder nennt vorzüglich aus. Sie sind
schön gewachsen, tragen den Kopf hoch, haben
breite Brust, große Augen, einen langen Schwanz,
und auf dem Vorderkopf ein paar Auswüchse die
großen Perlen ähneln. Diese Auswüchse heißen
bey den Hindus, die denselben vielerley Kräfte
zuschreiben, Guj Manik.

Zur Brunstzeit schwitzt der Elephant eine
weiße oder rothe äußerst widerlich riechende Feuch-
tigkeit aus besondern Oeffnungen an den Schläfen.

Sie werden gewöhnlich 120 Jahr alt, was
man in Indien auch fürs natürliche Lebensalter
des Menschen hält.

Kaly nennt man eine Krankheit der Elfen-
beinzähne wenn sie nach einer Verletzung hohl und
cariös werden.

Ehedem hielt mans für sehr nachtheilig, zah-
me
Elephanten zur Paarung zu lassen. Aber der
Kaiser hat dieses Vorurtheil überwunden.

[Seite 647]

Der Elephant ist 18 Mondsmonate trächtig
und wirft gewöhnlich nur ein Junges, doch zu-
weilen auch zwey.

Das Junge saugt wohl fünf Jahre lang an
der Mutter.

Einem Elephanten der zur Brunstzeit mit sei-
nem Rival kämpfte, kam ein Junger in den Weg.
Den schob er erst sachte mit dem Rüssel bey Seite
und gieng dann wieder auf seinen Gegner los.

Man hat Elephanten abgerichtet daß sie mit
Bogen und Pfeil schießen lernten.

Auch haben sie Ohr für Musik und lernen in
ihren Bewegungen genau den Takt halten.

Der Elephant bringt oft aus seinem Magen
reines Wasser in den Rüssel um sich damit zu be-
sprützen. Auch giebt er zuweilen Gras das er den
Tag vorher gefressen hat, ganz unverdaut wider
durch den Mund von sich.

Der Preis der Elephanten steigt von hundert
bis zu einem Lac Rupien*).

Daß welche mit 5000 bis 10,000 Rupien be-
zahlt werden, ist gar nichts ungewöhnliches.

[Seite 648]

Unter andern Raubvögeln die zur Reiher-
beize gebraucht werden, ist auch der Moolcheen,
ein grüner Vogel, nicht größer als ein Sperling,
und der doch trotz dem besten Falken seinen Reiher
herabbringt.

Die eigentlich sogenannte Brieftaube
(– columba tabellaria Linn. –) heißt Ruh-
teh
. Allein man kann jede andre Art von Haus-
tauben auch dazu brauchen.

Gowlah, eine wilde Taubenart. Wenn
deren nur erst einige Wenige eingefangen sind, so
folgen diesen dann tausend andre von selbst nach. –
Es giebt Indianer die sich ihren Unterhalt da-
durch verschaffen, daß sie solche Tauben abrichten
draußen im Felde Getraide zu fressen und gleich
hernach heim zu kommen, wo man sie Salzwas-
ser saufen läßt, worauf sie das Futter aus dem
Kropfe wieder von sich geben.


Aus dem zweyten Bande der eine historische
und geographische Beschreibung der
zwölf Soobahs oder Vicekönigreiche
von Hindostan enthält.

* * *

Narain Doß der Zemeendar von Ider, einer
[Seite 649] der Heerführer der Rahtoren, Chef von 500 Reu-
tern und 2000 M. Infanterie, lebt nach den reli-
giösen Satzungen der Brahminen mit solcher
Strenge, daß er von keinem andern Getraide ge-
nießt als was schon einmal durch Ochsen passirt
und aus dem Miste derselben ausgelesen ist.

In Cashmeer werden viele Maulbeerbäume
zur Seidenzucht gebaut. Die Seidenwurmeyer
kommen von Kelut und klein Tibbet. Doch sind
die vom erstgenannten Orte die besten.

Bey Matehhamoo in Cashmeer ist eine Art
von schwimmender Insel, die, wenn der Wind
in ihre Bäume stürmt, selbst dadurch bewegt wird.

Bey Puckely, ebenfalls in Cashmeer, wird
Gold auf folgende Weise gewaschen. Man
breitet langhaarige Ziegenfelle ins Flußbette und
befestigt sie mit aufgelegten Steinen. Nach zwey
oder drey Tagen werden sie herausgenommen, an
der Sonne getrocknet und dann die Goldkörner
daraus geschüttelt, worunter sich zuweilen Stücken
von drey Tolahs am Gewicht finden*).

[Seite 650]

Einige Afghanen in Cashmeer halten sich selbst
von Aegyptischer Abkunft, und behaupten, daß
als die Kinder Israel von Jerusalem nach Aegyp-
ten gezogen wären, dieser ihr Stamm hernach
gen Hindostan emigrirt sey.

Bey Tooman Bekhrad in Cashmeer findet
sich der sogenannte fliegende Fuchs, der ohn-
gefähr eine Elle hoch vom Boden aufflattern
kann.

Eben daselbst eine Art Bisamratten, nemlich
Mäuse von einem angenehmen Müsk-Geruch.

Auch in Caschmeer Elenne in Menge, die mit
dem Yuz (– Felis jubata –) gejagt werden.

Die Haushüner in Indore und Neermul
(im Vicekönigreiche Berar) haben schwarze
Knochen
.

In Cashmeer ist eine Quelle in welcher sich
Probirsteine finden (– vermuthlich die Ab-
art des Kieselschiefers die Hr. Berg R. Werner
lydischen Stein nennt –).

Die Provinz Tooman Ghaurbund im
Cashmeer hat Silberbergwerke.

Eben daselbst bricht auch Lasurstein.

[Seite 651]

Unter den Hindostanischen Edelsteinen werden
namentlich auch Smaragde genannt.


Aus dem dritten Bande der von der Reli-
gion der Hindus, ihren Secten und
heiligen Büchern handelt.

* * *

Der Bunammis ist eine Affenart mit
sehr menschenähnlicher Gesichtsbildung. Er ist
ungeschwänzt und geht aufrecht. Seine Haut ist
schwarz und dünnbehaart. Der Kaiser erhielt
eins dieser Thiere aus Bengalen. Das Betra-
gen desselben war bewundernswürdig.

Unter den Hindostanischen Thieren werden
hier besonders auch die Bären angeführt.

Zusatz zu S. 631. Zeile 5 v. unten: das spe-
cifische Gewicht beträgt 3,075.


Notes
*).
[Seite 647]

Ein Lac Rupien macht ohngefähr 80,000 Rthlr.

*).
[Seite 649]

Vergl. des Hrn. Grafen von Veltheim
Sammlung einiger Aufsätze historischen, antiqua-
rischen, mineralogischen und ähnlichen Inhalts.
Helmst. 1800. gr. 8. II Th. S. 276 u.f.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
This page is copyrighted