Aus einem Aufsatz von H. Ed. Howard in den
philosoph. Transact. for. 1802.
Die factische Zuverlässigkeit der Sache selbst
ist nun wohl keinem Zweifel mehr unterworfen,
wenn man einerseits die auffallende Uebereinstim-
mung der Umstände unter welchen der Fall solcher
Massen zu ganz verschiednen Zeiten und in ganz
verschiedenen Weltgegenden beobachtet worden,
und andererseits die eben so merkwürdige Aehnlich-
keit, sowohl was ihre äußeren Kennzeichen, als die
Resultate der chemischen Untersuchung derselben
betrifft, zusammenhält.
Hr. H. hat die seltene Gelegenheit gehabt, vie-
rerley dergleichen Steine die zu verschiedenen Zeiten
und in viererley Gegenden gefallen waren, zu
analysiren, und vergleicht seine Resultate mit de-
nen von zwey andern Analysen ähnlicher Massen
die schon vorher bekannt waren; nämlich mit Hrn.
[Seite 516] Prof. Bartholds zu Colmar Untersuchung des
berühmten zwey Centner schweren Steins, der
schon a. 1492 bey Ensisheim im Ober-Elsas ge-
fallen, und in der dasigen Pfarrkirche aufgehängt
worden; und dem was die Pariser Academisten
an den Stücken gefunden, die a. 1768 an drey
verschiedenen Gegenden in Frankreich gefallen
waren. Was er hingegen selbst zerlegt hat, war
von folgenden Orten:
1) Von dem neuerlichen Steinregen in Hin-
dostan, dessen schon in dies. Magaz. (– im IIten B.
S. 207 u. 629 –) gedacht worden, und wovon
wie nachher noch einige nähere Umstände beybrin-
gen wollen.
2) Von dem 56 Pfund schweren Stein, der
den 13ten Dec. 1795 bey Wold Cottage in York-
shire unter lauten Explosionen fast wie Pistolen-
schüsse, gefallen war. (– s. das Magazin am
erst angeführten Orte –)
3) Von dem bekannten Steinregen bey Siena
am 16ten Jun. 1794 (– s. ebenfalls dieses Ma-
gazin im I. B. 1. St. S. 17 –)
und 4) von einem ähnlichen Fall solcher Stein-
massen, der sich den 3ten Jul. 1753 eine Meile
[Seite 517] von Tabor in Böhmen ereignet,*) und wovon
ein Stück in der Bornischen Sammlung war,
die sich bekanntlich nun in dem reichen Minera-
lien-Cabinet des Hrn. Ch. Greville in Lon-
don befindet.
Die ausführliche und genaue Beschreibung
dieser viererley Steine nach ihren äußern Kenn-
zeichen, hat der als trefflicher Oryctognoste be-
kannte H. Graf von Bournon geliefert. Alle
vier kommen in ihrem Totalhabitus, so wie in al-
len Haupteigenschaften untereinander und folglich
mit derjenigen Charakteristik überein, die wir vom
den in Hindostan gefallenen Steinen nach den
Proben die wir der Güte des Hrn. Baronet
[Seite 518] Banks verdanken, im zweyten Bande dieses
Magazins gegeben haben. Alle waren von außen
mit einer dünnen Rinde von schwarzem Eisenkalk
überzogen; alle haben im Ganzen einerley Ge-
mengtheile, und überhaupt eine ganz eigne und
auffallende Analogie unter einander, und sind hin-
gegen durchaus von allen nur bekannten Fossilien,
den vulkanischen sowohl als andern, gänzlich ver-
schieden!
Von jenen aus Hindostan ist ein umständlicher
Bericht von Hrn. J. Lloyd Williams einge-
schaltet, aus welchem wir das Wesentlichste aus-
heben.
D. 19. Dec. 1798 Abends um 8 U. ward in
und um Benares beym heitersten Himmel, eine
Feuerkugel unter donnerähnlichem Getöse gesehen,
und zugleich waren bey Krakhut einem Indischen
Dorfe, ungefähr drey deutsche Meilen von jener
Stadt, am nördlichen Ufer des Goomty-Fl. die
gedachten Steine gefallen. Sie hatten auf dem
benachbarten Acker, ungefähr 6 Zoll tief in den
Boden geschlagen, und die Erde daselbst heraus-
geworfen. Sie lagen theils etliche hundert Fuß
weit aus einander. Einer war in die Hütte eines
Wächters durchs Dach gefahren, und ein paar
Zoll tief in den festgeschlagenen Leimboden einge-
[Seite 519] drungen. Die mehresten waren etliche Pfund
schwer, und ihre Form fast cubisch aber mit abge-
rundeten Ecken. Bekanntlich giebts in Hindostan
keine Vulcane, und eben so wenig kennt man dort
irgend ein Fossil, das diesen Steinen nur irgend
ähnelte.
Nach Hrn. Howard’s Untersuchung hielten
die steinartigen Gemengstoffe dieser Masse = 50
Kieselerde; 15 Talkerde, 34 Eisenkalk und 2½
Nickelkalk. Außerdem war Schwefelkies und ge-
diegen Eisen mit Nickel eingemengt. Und im
Ganzen genommen, fand er auch die gleichen Be-
standtheile in den übrigen dreyerley Steinen, die
bey Siena, in Yorkshire und in Böhmen gefal-
len waren. Nur beyläufig merkt er auch an, daß
als er einen electrischen Schlag von 37 Quadrat-
fuß Glas über einen der Steine von Benares ge-
hen ließ, dieser wohl eine Viertelstunde lang im
Finstern leuchtete.
Nächstdem liefert er aber auch genaue Analy-
sen von den beyden berühmten Eisenmassen, näm-
lich von der Sibirischen die Hr. Staatsrath Pal-
las beschrieben, und von der zu Choco im Spa-
nischen Südamerica, (– von beyden s. die älte-
ren Jahrgänge dieses Magazins; von jener näm-
lich IX. B. 4 St. S. 117; und von dieser VI.
[Seite 520] B. 4 St. S. 60 –) so wie von ähnlichem gedie-
genen Eisen, das der General O’hara vom Sene-
gal mitgebracht hatte; und findet bey allen die
merkwürdige Erfahrung bestätigt, die schon Hr.
Proust bey seiner Untersuchung jenes Eisens
aus Südamerica gemacht hatte, daß sie nämlich
auch Nickel enthalten; das Americanische unge-
fähr 10 im Hundert, das Sibirische 17 und das
aus Senegambien 5 bis 6. Eine Erscheinung, die
nun um so auffallender wird, je genauer sie mit
der bey den vom Himmel gefallenen Steinmassen
zusammentrifft, als welche wie gedacht, ebenfalls
gediegen Eisen und Nickel enthalten.
Auch das dem Chrysolith ähnelnde Fossil, das sich
bekanntlich in den Blasenräumen der Sibirischen
Eisenmasse findet, hielt in 50 Granen = 27 Kie-
selerde, 13½ Talkerde, 8½ Eisenkalk, und ½ Ni-
ckelkalk. – Und eben das waren die Bestand-
theile der kleinen rundlichen Körner in den Stei-
nen von Benares (– s. dieses Magaz. II. B.
S. 630 –) nur daß diese nach Verhältniß weni-
ger Talkerde und hingegen mehr Eisenkalk halten.
Ich füge diesem Auszug aus H. Howards Ab-
handlung noch ein paar Worte bey.
Die sogenannten Steinregen dienen zu einem
lehrreichen Beyspiele statt vieler, wie oft wohl
schon der Zuwachs und die Erweiterung der Na-
turwissenschaften dadurch behindert oder verzögert
worden, daß man merkwürdige Naturerscheinun-
gen bloß deshalb gar keiner Aufmerksamkeit und
Nachforschung gewürdigt, weil man sie geradezu
für unmöglich gehalten und verworfen.
Der Stein zu Ensisheim hing drey lange
Jahrhunderte hindurch dort in der Pfarrkirche zur
Schau, ward angegafft und belacht, ohne daß bis
auf Hrn. Prof. Barthold jemand es nur der
Mühe werth gefunden hatte, ihn doch ein Bis-
chen näher zu untersuchen.
Als a. 1766 der bey Albereto fiel, so gab es
Denker in Modena, die in allem Ernst sich das Räth-
sel dadurch lösten, daß ihn wahrscheinlicherweise ir-
gend ein Spaßvogel aus einem Feuermörser wie eine
Bombe hergeworfen habe. (– s. Troili’s Ra-
gionamento p. 43 –)
Noch von meinen Schuljahren her besitze ich
ein kleines Pamphlet s.t.: Nachricht und Ab-
handlung von einem in Bayern unweit Mauer-
kirchen d. 20. Nov. 1768 aus der Luft herabge-
fallenen Stein. Straubingen, 1769. 8. mit einem
[Seite 522] Kupf.; dessen Verf. sich über die Leichtgläubigkeit
derer, die das Herabfallen eines Steins aus der
Luft für möglich hielten, gar weidlich lustig
macht. – Und doch stimmt die dabey befindliche
Beschreibung dieses Steines, der inwendig von
bläulicher Farbe, von außen aber mit einer schwar-
zen Rinde überzogen gewesen etc. recht gut mit
jenen obgedachten unbezweifelbaren überein.
Um so mehr macht es also dem Scharfsinn
des Hrn. D. Chladni Ehre, daß er in seiner
merkwürdigen Schrift über den Ursprung der von
Pallas gefundenen und andern ihr ähnlichen Ei-
senmassen, (– s. das ältere Magazin B. IX..
S. 116 –) das Phänomen der Steinregen mit
dem von diesen Eisenmassen in eine Verbindung
gebracht, die jetzt durch Hrn. Howard’s Unter-
suchung so große Bestätigung erhält.
Und nun theilt mir, da ich gerade an diesen
Zeilen bin, mein verehrungswürdiger Freund der
Freyherr von Zach den Auszug eines Schrei-
bens mit, das er von Hrn. De la Place aus Pa-
ris erhalten, worinn dieser große philosophische
Physiker die Frage aufwirft: ob alle diese Massen
nicht wohl vulcanische Producte aus dem
Monde seyn könnten? Er hält es für möglich,
[Seite 523] wenn man annimmt, daß sie mit einer fünf bis
sechsmal größern Geschwindigkeit ausgeschleudert
worden, als eine Kanonenkugel läuft, und es
scheine, daß die Vulcane auf unserm Planeten
allerdings Körper mit einer noch größern Geschwin-
digkeit auswerfen. Die Kleinheit des Mondes
und seine äußerst dünne Atmosphäre (wenn er ja
eine hat) machen die Sache möglich, vorausge-
setzt, (wie er ausdrücklich hinzufügt) daß erst
die Facta, und dann auch alle anderen Erklärun-
gen die man davon geben kann, sorgfältig geprüft
werden müssen.
Von diesem Steinregen existirt eine Monographie
des ehemaligen Prager Mathematikers und Astro-
nomen Jos. Stepling unter dem Titel: De
pluvia lapidea anni 1753 ad Strkow et eius cau-
sis meditatio. Prag. 1754. 8. Sie ist großentheils
dem eben so wenig bekannt gewordnen Werke in-
secirt, das der Jesuite Domin. Troili über
ein ähnliches Phänomen, so sich im Jul. 1766 bey
Albereto im Modenesischen ereignet, unter dem
Titel: Ragionamento della caduta di un Saffo
dall’ aria zu Modena im nemlichen Jahre in 4.
herausgegeben hat.