S. Nou. comm. soc. reg. Goett. Vol. VIII.;
auch einzeln bey Dieterich 1787, 36 Seiten in 4.
unter dem Titel: ‘“Specimen physiologiae com-
paratae inter animantia calidi et frigidi sangui-
nis.’ Ich glaube man wird mir es Dank wissen,
daß ich diese bereits vergriffene Schrift m.v.L.
hier ganz übersetze.
Da die zwey wichtigsten Capitel der Physiolo-
logie, die in einer grossen Reihe von Jahren
von keinen neuern Entdeckungen übertroffen sind:
von der thierischen Wärme nemlich, und von
der Reproduction, zu den vorzüglichen Verschie-
denheiten gehören, wodurch warm- und kaltblü-
tige Thiere von einander abweichen, und zwar
so, daß kaltblütige Thiere vorzügliche Reprodu-
ctionskraft besitzen; warmblütige aber, besonders
mit thierischer Wärme begabt sind: so glaubte
ich beyde Capitel mehr aufklären zu können, und
wie Curius beym Cicero sagt: ‘“vna fidelia plu-
res dealbare parietes”’; wenn ich alle physiologi-
[Seite 89] schen Eigenheiten der warm- und kaltblütigen
Thiere mit einander so vergliche, daß ich beson-
ders der leztern Oeconomie und die Eigenheiten
zeigte, wodurch sie von den warmblütigen Thieren
abweichen. Dies scheint mir ausser dem vorge-
setzten Hauptzweck, noch neben bey manchen Nu-
tzen zu haben.
Denn von der einen Seite kann man durch
eine solche Vergleichung natürlicher Dinge, manche
neue Seite an den Dingen selbst entdecken; wie
z.B. ihre Eigenheiten, Affinitäten und Verbin-
dungen unter einander. Von der andern, kann
man aber die Verschiedenheiten, welche bey der
Oeconomie beyder Thierclassen Statt finden ge-
nauer bestimmen und festsetzen: in wie weit man
die Versuche an kaltblütigen Thieren, auf Men-
schenphysiologie anwenden könne. Denn viele
Gelehrte neuerer Zeiten, die diesen Unterschied
nicht gehörig beachteten, liessen sich besonders bey
ihren Erklärungen: von der Bewegung des Her-
zens, der Reitzbarkeit, der Nervenaction, und
der Würkung des Opiums, hiervon zu weit fort-
reissen.
Endlich schien auch im Ganzen genommen,
besonders die Classe kaltblütiger Thiere, die,
weil sie durch Lungen athmen, den warmblüti-
gen am nächsten kommen, die Amphibien1,
[Seite 90] eine etwas genauere physiologische Untersuchung
zu verdienen; weil dieser Theil der Zoologie, bis
jezt, noch fast ganz unbearbeitet ist.
Wie es sich nemlich von selbst versteht, daß,
wenn ich in dieser Abhandlung von kaltblütigen
Thieren rede, ich nicht die sogenannten exsan-
guia, wie die Alten die Insecten und Gewürme
nannten, sondern die Thiere, die ein kaltes, aber
doch rothes Blut haben, darunter verstehe; so
habe ich auch vorzüglich, deswegen die Amphi-
bien, zum Gegenstand dieser Abhandlung ge-
wählt, da sie in Absicht der thierischen Oecono-
mie so sehr von den warmblütigen Thieren sich un-
terscheiden, denen sie doch in Absicht des Körper-
baus so nahe kommen.
Da ich aber nur einheimische Amphibien,
zum Seciren und andern Versuchen bekommen
konnte2, so begreift man leicht, warum ich
[Seite 91] nur einen Versuch, oder einen Beytrag, dieser
vergleichenden Physiologie geben kann, und an-
dern Männern, denen die Gelegenheit günstiger
ist, nicht blos Spicilegia, sondern das Ganze
überlassen muß.
Der Ordnung wegen aber, will ich den vier
Classen der Functionen folgen, worinn man mit
Recht die Physiologie einzutheilen pflegt, nem-
lich: 1) den zum Leben nöthigen Funditionen, 2)
den thierischen, 3) natürlichen, und 4) den Zeu-
gungsfunditionen. Ich fange mit den zum Leben
nöthigen Functionen an: weil sich dadurch die
warmblütigen Thiere vorzüglich von den kaltblü-
tigen unterscheiden.
Zuerst haben, im Ganzen genommen, die
Amphibien, wenigstens die einheimischen, nach
Verhältniß der körperlichen Größe weniger Blut;
deswegen ist ihr Fleisch weislichter, und einige
Eingeweide, wie z.B. die Lungen, die in warm-
blütigen Thieren vom Blut strotzen, sind sehr
sparsam damit versehn.
Ich machte einen Versuch mit den Wassermol-
chen, von denen ich 24 ausgewachsene gesunde,
die zusammen 1½ Unzen wogen, und im Anfange
des Frühjahrs lebendig gefangen wurden, zer-
schnitt, um das Blut zu messen. Ich erhielt
aber von allen nur 2⅓ Scrupel Blut: so daß
sich das Gewicht des Bluts, zum Gewicht des
ganzen Körpers wie 2½ zu 36 verhielt: da im
[Seite 92] ausgewachsenen gesunden Menschen, dies Ver-
hältniß wie 1 zu 5 zu seyn pflegt.
Auch ist es merkwürdig, daß das Arterien
und Venenblut der Amphibien, gar nicht von ein-
ander verschieden ist, so daß man es nur, der Lage
und Richtung der Gefässe nach, unterscheiden
kann3; dahingegen bey den Säugthieren, das
blühende Arterienblut, sehr von dem dunklern aus
den Venen verschieden ist: man müßte sie denn in
ein warmes Bad, oder ein anderes warmes Inter-
medium bringen, wo nach Crawfords4 Versu-
chen das Venenblut abblaßt, und dem Arterien-
blut ähnlich wird.
Eben der Fall scheint auch beym Fötus im
Thierischen Uterus Statt zu finden, dessen Blut
aus den verschiedenen Gefäsen, sich eben so we-
nig durch die Farbe unterscheidet.
Nur bey den Schildkröten, soll nach einigen
Beobachtern5, das Arterienblut heller; das Ve-
nenblut aber schwärzer seyn.
Im Ganzen genommen aber, ist das Blut
nach Verschiedenheit der Nahrungsmittel, bey
einheimischen Amphibien, verschieden gefärbt;
bey fastenden ist es blässer; röther bey gesättig-
ten: fängt man dies aus den Venen aber auf,
und setzt es der Atmosphäre aus, so bekömmt es,
wenn es sich coagulirt, eine blühendere Farbe.
Die Bestandtheile des Bluts selbst, scheinen
übrigens die Amphibien mit den warmblütigen
Thieren gemein zu haben, wenn man die elasti-
schen Luftkugeln ausnimmt, die dem purpurrothen
Blutsaft beygemischt sind, welche mit dem Blute
in den Blutgefässen umlaufen, so daß das Blut da-
durch der Quecksilbersäule eines verdorbenen Ba-
rometers gleicht, da Luft hineingedrungen ist6.
Es ist bekannt, daß bey warmblütigen ge-
sunden Thieren, sich die Sache ganz anders ver-
hält; mit Fleiß sage ich gesunden: denn mit ih-
nen allein beschäftigt sich die Physiologie und auch
[Seite 94] gegenwärtige Abhandlung. Denn es ist nichts
ungewöhnliches, daß man im Cadaver krank-
hafter Thiere, bey einer besondern Beschaffenheit
des Bluts, die Venen mit ihrem Blut angefüllt
findet, und dieses durch Luft von einander geschie-
den sieht7. Bey sehr gesunden Thieren aber,
findet sich die Luft, obgleich sie nach einigen, den
30sten Theil der ganzen Blutmasse ausmachen
soll, so innig mit dem Blute selbst verbunden, und
so unmerkbar gemischt, daß sie nur durch Kunst
oder Stockung, davon getrennt, und in elasti-
scher Form sichtlich gemacht werden kann.
Die Circulations-Phänomene, haben im Gan-
zen genommen, die Amphibien mit den warmblü-
tigen Thieren gemein: und zwar ist dies um so
gewisser, da Malpighi zuerst den Blutumlauf
bey den Fröschen entdeckte, und man noch heut
zu Tage ihn gewöhnlich an diesen Thieren zu er-
klären pflegt. Beyläufig will ich hier noch die
Frage berühren: ob die Blutkügelchen ihre Form
ändern, wenn sie in anscheinend enge Gefäse
eindringen?
Ich habe bis jezt noch keine gewisse Bestä-
tigung davon gelesen, ob man je diese Verände-
rung in warmblütigen Thieren richtig bemerkt
hat; ich selbst habe weder im bebrüteten Ey,
(wo man, besonders bey einem Hühnerey von
fünf Tagen, den Blutumlauf deutlich und zier-
[Seite 95] lich sehen kann), noch in Eidechsen oder Fröschen,
jemahls ovale Blutkügelchen gesehen: denn bey
den letztern Thieren, nemlich im Gekröse der
Frösche, wollte der seel. Reichel die Veränderung
der Blutkügelchen, aus der runden in die sphäri-
sche Form gesehen haben, und gab davon eine
schöne Abbildung.8
Obgleich man die Behauptung eines so ge-
nauen Beobachters nicht bezweifeln darf, so weiß
ich doch nicht recht, ob nicht diese Form, viel-
mehr von einer unnatürlichen krampfhaften Zu-
sammenziehung herrührt, die bey einem in der
Lieberkühnschen Maschine eingesperrten Thier, ge-
wiß nicht unerwartet kömmt.
Die Bewegung des Herzens, besteht bey den
einheimischen Amphibien, in dem Zusammenziehn
und Erweitern, ihres einfachen, nur mit einem
Ohr und einer Kammer versehenen Herzens. Diese
Bewegung geht bey ihnen eben so abwechselnd
vor, wie das Zusammenziehn und Erweitern des
Herzens der warmblütigen Thiere: was aus zwey
Kammern und zwey Ohren besteht.
Man hat die Frage aufgeworfen: ob beym
Zusammenziehn, die Herzkammern kürzer, oder
nur enger würden? Die erste Meynung hat sich
in unsern Tagen, sowohl bey warm- als auch bey
kaltblütigen Thieren bestätigt; bey keinem Thier
aber, habe ich die Wahrheit dieses Satzes, deut-
[Seite 96] licher und in die Augen fallender bemerken kön-
nen, als bey der Natter (coluber natrix).
Oft hat man mir von dieser Schlange, aus
den benachbarten Wäldern, besonders von der
Plesse, welche gebracht, die zwey Ellen lang
waren: bey deren Vivisection, ich oft die Herz-
kammer, um zwey ganze Ellen kürzer werden sah,
wie ich auch vielen meiner Zuhörer bemerken ließ.
Daß durch dies Zusammenziehn die Herzkam-
mer vollkommen, und so ausgeleert werde, daß
auch nicht das geringste Blutströpfgen in der
Mündung der Aorta zurückbleibt, habe ich so-
wohl bey dieser Schlange, als auch bey Fröschen
und Kröten, oft und deutlich gesehn. Eben dies
sah ich auch beym Küchelchen im Ey: vom 5ten bis
zum 8ten Tage. In wie weit dies auch vom
menschlichen Herzen, und vom Herzen der Säug-
thiere gesagt werden kann, und ob nicht vielleicht
die halbmondförmigen Klappen, einige Tropfen
des fortgedrängten Bluts auffangen und in die
Herzkammer zurückpressen, wage ich nicht zu be-
stimmen.
Eben diese Schlange hat einen deutlichen und
starken Herzbeutel, und dieser hängt mit dem Brust-
fell durch ein laxes Zellgewebe zusammen, und ist
gleichsam damit zusammengeflossen: so daß bey-
des, wenn man es im Ganzen besieht, fast eine
doppelte Lamelle dieser Membran vorzustellen
scheint.
Der Igel, dessen Herzbeutel viele Zergliede-
rer leugneten und einige bezweifelten: wie z.B.
Blasius, Peyer und neulich Ottavio Tozzetti,
kömmt der Natter in diesem Stück gleich; denn
nach vielen Zergliederungen desselben, fand ich
den Grund des Irrthums in der laxen und zarten
Bildung des Herzbeutels, der vom nahgelegenen
Mittelfell entspringt.
Heut zu Tage braucht man kaum zu erinnern, daß
zu den Amphibien, im systematischen Sinn des
[Seite 90] Worts, nur die Reptilien und Schlangen gehö-
ren; obgleich Linne’ mit Unrecht die Knorpelfische
von den Fischen trennte, und zu den Amphibien
rechnete.
Vergl. Broussonet in d. Mem. d. l’acad. des
Sciences de Paris. 1780. p. 679 u. folg.
Camper in den Schriften der Gesellsch. natur-
forsch. Freunde zu Berl. B. 8. St. 2. S. 197 folg.
Aus dem Froschgeschlecht vorzüglich Rana bufo, bom-
bina, temporaria, esculenta und arborea; von Ei-
dechsen, Lacerta agilis, palustris, lacustris und Sala-
mandra; von Schlangen nur, Coluber natrix und
fragilis.
Haller merkt dies auch von den Fröschen an. Siehe
Op. min. Vol. I. p. 138. ‘“Arteriosi et venosi san-
guinis nulla in ranis diuersitas apparet”’. Spallan-
zani aber vom Wassermolch: Degli fenomeni della cir-
colazione, p. 100. ‘“Avutasi egualita di diametro, il
colore del sangue venoso e somigliantissimo al colore
areterioso”’. Und S. 193.: ‘“il sangue arterioso, in
nulla differisce del venoso, sia nel colore, sia nella
densita”’.
Caldesi hat dies zuerst bemerkt, so viel ich weiß in s.
Osserv. anat. intorno alle Tartarughe p. 60. folg.
Mery hist. de l’acad. des Scienc. de Paris avant 1699.
Vol. II. p. 210.
Bey den Schildkröten sah es Caldesi l.c.p. 64.
Redi op. ed. Veru. Nap. 1778. Vol. VI. p. 32 folg.
Bey einheimischen Reptilien kennt man es schon.