(Fortsetzung und Schluß. Magazin für Thier-
geschichte B. I. St. I. S. 88).
Der Ordnung nach folgen auf das Herz die
Lungen, Theile die in der ganzen Oecono-
mie blutbegabter Thiere sowohl, als auch beson-
ders, in der hier abzuhandelnden Vergleichung
wichtig sind, da ihre Einrichtung und ihr Ge-
schäft, zu den diagnostischen Sätzen gehört, durch
welche Amphibien und warmblütige Thiere sich
unterscheiden.
Wenn man auf den Umfang sieht, so haben
die Amphibien sehr große Lungen. Von vorzüg-
licher Größe finden sie sich bey den Schildkröten
und dem Chamäleon, aber auch bey unsern ein-
heimischen Amphibien sind sie, in Verhältniß
gegen warmblütige Thiere, sehr groß.
Je größern Umfang sie aber einnehmen
desto laxer und dünner ist ihr Gewebe.
Bey Fröschen und Kröten bestehen sie nem-
lich aus großen poliedrischen Zellen, eben so auch
bey der Lacerta agilis und dem Molch.
Bey den Wassereidechsen enden sie sich in eine
oblonge Blase, bey der Sumpseidechse (palustris)
so wohl als bey der Wassereidechse (lacustris).
Die Natternlunge besteht aus einem einzi-
gen großen, durch die ganze Höhlung verbreiteten
Sack, und wie sich aus den Meinungen anderer
Anatomen schließen läßt, ist es bey den andern
Schlangen eben so*). Diese sackförmige Nat-
terlunge, ist größer als ein Pariser Fuß. Die
obere und größere Hälfte derselben hat dicke
Wände, die an der innern Fläche artig netzför-
mig gewölbt sind, und die beynahe der innern
Magenhaut der warmblütigen Thiere zu verglei-
chen sind. Die untere aber, oder hintere und
kürzere Hälfte, ist von der Textur einer häuti-
gen Blase.
Die Lungensubstanz der Amphibien ist so sehr
von der Lungensubstanz der warmblütigen Thiere
verschieden, das obgleich sie wie diese leicht,
schwammicht und gleichsam cellulös ist, dennoch,
wenn sie mit dieser verglichen wird, weit com-
[Seite 133] pacter erscheint. Diese besteht aus unzähligen
kleinen Bronchialcellen, die wechselsweise durch
ein sehr dünnes Zellgewebe zusammenhängen.
So daß wenn man ein Säugthier und ein Am-
phibium von gleicher Größe wie z.B. eine Fle-
dermaus mit der Feuerkröte vergleicht, die Lun-
gen der letztern zwar kleiner wie der erstern Lun-
gen sind, aber wegen der großen Menge Zellen
der Feuerkröte Lungen weit zurücksetzen.
So wie aber die Lungen der warmblütigen
Thiere an Kleinheit und Anzahl der Zellen die
Zungen der Amphibien weit übertreffen, eben
so haben sie auch eine erstaunliche Menge Blut-
gefäße, wie man sowohl durchs bloße Auge, als
auch wenn man durchs Microscop eine gut inji-
cirte Lunge der Thiere beider Classen betrach-
tet, lernt.
Obgleich auch dann die Lungen der Amphi-
bien wunderbar dicht in einander geschlungene
Aderngeflechte zeigen, welche sehr schön die Wünde
der Zellen färben, so fehlt ihnen doch die Anzahl
und die Feinheit, wodurch die Ramificationen
der Gefäße auf den Lungen der warmblütigen
Thiere sie bey weitem übertreffen.
Von der andern Seite aber haben die Lun-
gen der Amphibien einen eigenen Vorzug, den
die Lungen der Menschen und anderer Säugthiere
entbehren, ich meine den Tonus und die ihnen
[Seite 134] eigene Energie, der, wenn sie auch mit geöff-
neter Brusthöhle der äussern Luft blosgestellt
werden, sie dennoch aufgebläht und fest erhält*),
da hingegen die Lungen der Säugthiere, so wie
der Brustknochen weggenommen und die Brust-
höhle geöffnet worden, zusammenfallen und
erschlaffen.
Ja auch die mit Fleiß zusammengedrückte
Lunge einer Schildkröte, bey einer Vivisection,
kann sich durch eigene Kraft wieder aufblähen**).
Es ist auch bekannt daß eine Schildkröte,
der man das Bauchschild, was diesen Thieren
als Brustknochen dient, wegnahm, mit geöff-
neter Brusthöhle und der freyen Luft ausgesetzten
Lungen, über eine Woche gelebt habe.***)
Die Ursache dieser Eigenschaft, läßt sich
wohl nur durch eine eigenthümliche Lebenskraft
dieser Eingeweide erklären. Da man sie weder
auf Contractilität noch auf Irritabilität noch auf
Sensilität reduciren kann. Denn vom Muskel-
gewebe konnte ich auf der Fläche der Amphibien-
lungen nicht mehr wie bey den Lungen der warm-
blütigen Thiere erkennen, denen Varnier****)
zu freygebig Reitzbarkeit zuschreibt.
Aus dem Gebrauch aber dieser, den Amphi-
bienlungen so augenscheinlich eigenthümlichen, Le-
benskraft läßt sich leicht schließen, daß sie vor-
züglich bey solchen Thieren statt findet, wo ent-
weder eine unvollkommene oder fast gar keine
knöcherne Brusthöhle vorhanden, oder wo die
Brusthöhle sehr wenig beweglich ist.
Deßwegen findet sie sich bev Fröschen und
Kröten, die gar keine Rippen haben.
Unbeweglich aber ist sie fast bey allen Schild-
kröten – wenn man die wenigen häutigen Arten
ausnimmt*) – wo die Bedeckungen des gan-
zen Körpers so sehr unbeweglich sind, daß weder
Brusthöhle noch das Einziehen des Bauchs zu
den Geschäften taugen, die ihnen beym Respira-
tionegeschäft in warmblütigen Thieren obliegen.
Ueberhaupt zeigt der eigene und künstliche
Bau der Amphibienlungen offenbar, wie wichtig
diese Eingeweide auch bey dieser Thierclasse seyn
müssen, obgleich noch vieles in Rücksicht ihrer
Functionen dunkel bleibt, weil es noch nicht ge-
hörig untersucht ist.
Es ist gewiß daß sie ausser dem Athemholen
auch noch beym Schwimmen thätig sind.
Bey vielen befördern sie auch die Stimme,
bey vielen sage ich, denn einige unserer einhei-
[Seite 136] mischen Amphibien sind, so viel ich weiß, stumm.
Wie z.B. der Molch*), Lacerta agilis, und
die Blindschleiche, andere geben nur selten und
in Gefahren ihre Stimme von sich, wie die
Wassersalamander. Hierin gleichen sie den
Maulwürfen und Hasen, die ebenfalls selten und
in großen Gefahren ihre Stimme von sich geben.
Auch bey den Amphibien trifft das ein, was
man von einigen Säugthieren erzählt, daß sie
nemlich in gewissen Gegenden verstummen, wie
z.B. die Hunde in mehrern Americanischen
Provinzen, wenigstens erzählt es G.F. Mül-
ler**) von den Fröschen in einigen Gegenden des
Asiatischen Rußlands.
Das Athemhohlen der Amphibien selbst, ge-
schieht ungleich und nicht selten, hängt, mehr
wie bey warmblütigen Thieren, von ihrem Wil-
len ab, und kann durchaus nicht mit dem im-
mer abwechselnden Ein- und Ausathmen warm-
blütiger Thiere verglichen werden.
Alle scheinen zwar, im wachenden Zustande
von Zeit zu Zeit Luft zu schöpfen, besonders gilt
dieses von den Schildkröten, da, wie bekannt,
die in der See lebenden, nicht lange unter den
[Seite 137] Wasser leben, sondern nach kurzen Pausen in
die Höhe kommen und Luft schöpfen. Auch habe
ich bey Wasser- und Sumpfeidechsm, wenn ich
sie in großen mit Wasser angefüllten Gläsern
aufbewahrte, dasselbe bemerkt.
Im Ganzen genommen können aber die
Amphibien, länger als die warmblütigen Thiere,
sowohl ohne Athemholen als auch in einer verpe-
steten Luft leben.
Denn von den Schildkröten ist es bekannt,
daß sie einen Monate hindurch mit fest zusam-
mengebundenen Kinnladen und verpitschirten
Nasenlöchern leben können.*)
Auch kann man die räthselhaften, unleugba-
ren, Beyspiele hierher rechnen, da man nemlich
von Zeit zu Zeit Kröten in Baumstämmen, oder,
was noch wunderbarer ist, mitten in Marmor-
blöcken oder andern Steinen antraf.**)
Die Amphibien können auch in der fixen so-
wohl, als in der phlogistisirten, Luft länger als die
warmblütigen Thiere leben.
Ueber die fixe Luft, stellte ich in der berühm-
ten sogenannten Schwefelhöhle zu Pirmont Ver-
suche an, und ich sah jedesmahl das sich Tauben
mit genauer Noth wieder erhohlten, wenn man
sie zwey Minuten in dieser Höhle verweilen ließ,
Frösche aber die 6, 7 bis 9 Minuten in dieser
Atmosphäre aushalten mußten. erhohlten sich
dem ungeachtet beständig wieder.*)
Wie sehr abee die Amphibien die warmblü-
tigen Thiere in Absicht des Ausdauerns in der
phlogistisirten Luft übertreffen, hat erst neuerlich
[Seite 139] Carminati*) durch zahlreiche Versuche ge-
zeigt. Ja auch selbst unsere Amphibien phlogi-
stisiren ihre Atmosphäre so wenig, daß wenn ich
unter eine Glasglocke zwey Sperlinge und unter
eine andere von gleicher Weite und zu gleicher Zeit
zwey Frösche setzte, diese, wenn die Sperlinge
schon convulsivisch starben, ihre Luft so wenig
verändert hatten, daß ein brennender Wachs-
stock und glühende Kohlen, unter ihre Glocke
gebracht, erst nach einiger Zeit verlöschten**).
Nach dem bekannten Versuchen die Boyle
und die Cämentiner angestellt haben, ist es auch
bekannt daß die Amphibien im Luftleeren Raum
später als die warmblütigen Thiere sterben.
Da aber die Respirationsorgane, von denen
ich eben gehandelt habe, nach dem neuen Ent-
deckungen, wahrscheinlich die Hauptquellen der
thierischen Wärme sind, so scheint hier der rechte
Ort zu seyn, um etwas von der Verschiedenheit
der thierischen Wärme zu sagen, die zwischen
beiden Thierclassen statt findet.
Wir sehen nemlich, daß die Thiere welche
compacktere und blutreichere Lungen haben und
[Seite 140] so sehr vorteilhaft für den kleinern Blutumlauf
gebaut sind, beständig nach ihrer Geburt in die
Nothwendigkeit gesetzt sind zu athmen, um an-
statt der verdorbenen Luft, die sie ausathmen, reine
wieder einzuschöpfen. Diese haben zugleich einen
sehr hohen Grad thierischer Wärme, der beym
Menschen 96 Grad und darüber der Fahrenhei-
tischen Scala beträgt, bey andern Säugthieren
aber, und besonders bey Vögeln 110 Grad und
darüber nach eben der Scala oft ausmacht.
Die Amphibien aber die nur zweydeutige,
weite, dünne, sehr blutarme Lungen haben, leben
auch bey seltenem und willkührlichen Athmen fort,
ferner athmen sie nur wenig mephitische Luft ein,
und ihre thierische Wärme ist kaum l bis 2 Grade
stärker, als die Wärme der Athmosphäre.
Ich sage einen bis zwey Grade, wenn man
nemlich das annehmen will, was sorgfältige Beob-
achter an Schildkröten wahrnahmen*), bey un-
sern einheimischen Amphibien gelangen mir die
Versuche nicht, wodurch ich etwas hätte bestim-
men können.**)
Die Amphibien können so gut als der Mensch
große Hitze sowohl als große Kälte vertragen,
wenn auch beide Extreme weit über ihre natür-
liche Wärme hinaus gehen.
Zuerst weiß man, daß Amphibien nicht nur
in den wärmsten Weltgegenden, sondern selbst
wie die Fische in warmen Quellen sogar leben und
sich gut darin befinden*).
Obgleich man es oft für eine Fabel hielt,
daß Eidechsen im menschlichen Körper leben könn-
ten, so sind doch Exempel davon vorhanden, die
sich nicht gut leugnen lassen**), hier muß man
nicht bloß das Uebermaß von Wärme darin diese
Thiere leben können, sondern auch das Ueber-
maß mephitischer Luft bewundern. Doch ist zu
bemerken daß diese Thiere, so lange sie lebten, ge-
wöhnlich im Magen selbst wohnten, die Men-
schen aber bey denen sie waren, konnten sich von
ihrem heftigen Leibreissen, das die Thiere verur-
[Seite 142] sachten, nur dadurch etwas Linderung verschaf-
fen, daß sie erstaunlich viel Wasser tranken, wel-
ches theils die fixe Luft im Magen absorbirte, theils
den Amphibien gleichsam ihr Element verschaffte.
Die Amphibien können aber nicht nur große
Hitze sondern auch hinwiederum große Kälte ver-
tragen. Hiervon sey es mir erlaubt ein Bey-
spiel anzuführen, das ich an einem Laubfrosch
wahrnahm, den ich in einem Glase den Winter
hindurch aufbewahrte. Dieser war am Morgen
des 13. Decembers 1783 ganz eingefroren, nach-
dem plötzlich eine heftige Kälte eintrat, so daß
ein nahestehendes Thermometer auf 30 Grad
Fahrenheit gefallen war. Der Frosch saß unter
dem gefrornen Wasser, wie etwa die Insecten
im Bernstein, hatte, wie sich von selbst versteht,
die Augen zu u.s.w. und war durchaus erstarrt,
dennoch kam er, wider meine Erwartung, so wie
nach und nach das Eis aufthauete, wieder zu sich
selbst, und zwar so, daß die Hinterbeine, da das
Eis in ihrer Gegenden zuerst schmolz, auch zu-
erst sich wieder rührten, obgleich Kopf und Rumpf
noch fest im Eise staken, bis endlich das ganze
Thierchen wieder zu sich selbst kam, und noch
nach der Zeit lange fortlebte.*)
Eine ähnliche Erstarrung überfällt die Am-
phibien wenn sie ihren Winterschlaf halten, indeß
[Seite 143] ist er dann weniger wunderbar, weil alle einzel-
nen Functionen der thierischen Oeconomie dann
erstarren, was ich noch unten mit wenigen Wor-
ten zu berühren denke.
Ich komme nun zur zweyten Classe der Func-
tionen welche die sogenannten thierischen Func-
tionen begreift zu deren Unterstüzung das Nerven-
system vorzüglich würkt.
Und hier findet zuerst die Verschiedenheit
zwischen warm- und kaltblütigen Thieren statt,
daß bey diesen das Gehirn nach Verhältniß so
klein gegen die dicken Nerven ist, da bey jenen
im Gegentheil sich bey einem großen Gehirn
zarte Nerven finden. Dieser Unterschied scheint
um so mehr Werth zu haben, je beständiger er
sich bey allen Thieren findet.
So wie aber ehedem das Verhältniß der
Größe des Gehirns zur Größe des ganzen Kör-
pers zu sehr geschätzt wurde, ob gleich sich aus
einer solchen ungewissen und schlüpfrigen Erschei-
nung nichts schließen läßt; so werde ich von Tage
zu Tage mehr von der Wahrheit des Sömmer-
ringischen*) Ausspruchs überzeugt, daß es mehr
auf die Größe des Gehirns ankommt, was zu-
rückbleibt, wenn man die dickern oder dünnern
[Seite 144] Nerven davon abzieht und was man allein Sen-
sorium nennen kann.
Verbindet man mit diesem Satze einen an-
dern sehr glaubwürdigen, den Alexander Monro
der jüngere behauptete*), daß es nemlich im
Körper zweyerley Arten von Energien gäbe, de-
ren eine vom Gehirn und von diesem Sensorium
entstünde, die andre vor sich allein und ohne de-
ren Einfluß entspränge, so bekommen wir durch
beider Vergleichung viel Licht.
Denn beym ersten Blick scheint es, daß die
Amphibien, da sie so dicke und starke Nerven
und ein verhältnißmäßig so kleines Gehirn ha-
ben, sich desto mehr einer eigenen Nervenener-
gie erfreuen, und daß in ihnen die Functionen
im Ganzen genommen, weniger vom Einfluß
des Gehirns abhängen, das hingegen bey warm-
blütigen Thieren und vorzüglich bey Menschen so-
viel vermag.**)
Diese eigene Energie der Theile des Amphi-
bienkörpers, erhellet aus den eignen und bewun-
dernswürdigen Bewegungen, die man noch so
lange in den Theilen wahrnimmt welche vom
übrigen Körper getrennt sind, wie z.B. an den
abgeschnittenen Schwänzen der Wassersalaman-
[Seite 145] der oder den in Stücken geschnittenen Blind-
schleichen, die ich oft zehn und mehrere Stunden
lang, sich aufs lebhafteste bewegen sah.
Daß ein schon lange abgeschnittener Kopf ei-
ner Klapperschlange (crotalus horridus L.) noch
gebissen hat, weiß ich von einem Augenzeugen
dem Herrn General Gage.
Daß ein abgeschnittener Kopf einer Ameri-
canischen Schildkröte aber, noch den zweiten Tag
nachher, als er schon vom Körper getrennt war,
einen vorgehaltenen Stock mit seinen Kinnladen
eifrig faßte und fest hielt, habe ich vom Herrn
Major Gardner, der den Versuch selbst ange-
stellt hat.*)
Eben dasselbe eigenthümliche, für diese hin-
reichende, Leben der Theile und den kleinern Ein-
fluß einer Classe der Functionen in die an-
dere, bey den Amphibien, zeigen die be-
kannten Versuche, da z.B. der Rumpf einer
Schildkröte, nachdem man den Kopf davon ge-
trennt, noch 11 bis 13 Tage seine Glieder be-
wegte**), und andere Schildkröten, nachdem
man sie des Gehirns gänzlich beraubt hatte, den-
noch über ein halbes Jahr fortlebten***), und
Frösche, wie allgemein bekannt ist, obgleich Herz
[Seite 146] und Lungen ihnen geraubt waren, dennoch sehr
lebhaft forthüpften.
Und das letzte Beyspiel ist desto merkwür-
diger, da man daraus sieht, wie wenig abhängig
das Nervensystem vom Einfluß des Herzens und
des Blutumlaufs bey diesen Thieren ist. Da
bey warmblütigen Thieren hingegen beide Func-
tionen so innig mit einander in Verbindung stehen.
Erwägt man dasjenige was hier, vom gerin-
gen Einfluß des Gehirns der Amphibien auf
ihre Nerven, gesagt ist, verbindet damit dasje-
nige was ich oben von ihren Lebenskräften gesagt
habe, und vergleicht hingegen mit diesem allen
die Lebensöconomie der warmblütigen Thiere, so
glaube ich mit Recht schließen zu können, daß,
obgleich ohne Zweifel die Quelle thierischer Wärme
die Lungen sind, und dieser Nahrung hauptsäch-
lich aus dephlogistisirter Luft besteht, nichts desto
weniger die Theile des Gehirns in lebenden Thie-
sowohl unterhalten als anfachen.
Für diese Meinung streiten die Beyspiele der
Schildkröten, bey denen, obgleich die Nahrung
des Feuerstoffs durch das hochrothe Arterienblut
im Körper vertheilt wird, was, gleich beym ersten
Blick, von dem durch Brennstoff schweren und
dunkeln Venenblut, sich unterscheiden läßt, dennoch
eine kaum merkliche thierische Wärme vorhanden
[Seite 147] ist, weil sie, in Verhältniß gegen ihren Körper,
nur ein sehr kleines Gehirn haben.
Ferner streiten hiervor die Phänomene beym
Winterschlaf der warmblütigen Thiere, da, so wie
Verhältnißmäßig die Function ihres Gehirns zu
erstarren anfängt, auch ihre natürliche Wärme
abnimmt, so wie im Gegentheil eben dieselbe
Art wachender Thiere, wenn man sie einem kal-
ten Medium aussetzt, desto mehr intensive Wärme
bekommt.
Folgende bekannte Phänomene sind ebenfalls
für diese Meinung, da man z.B. von einer
augenblicklichen aber intensiven Wärme gleich-
sam durchströmt wird, wenn man von ungefähr
strauchelt, mit dem Fuße gegen harte Körper
stößt u.s.w. oder auf eine andere schnelle Art
leidet, so sieht man daß das angegriffene Gehirn
auf das übrige Nervensysten etwas weniger
heftig würkt.
Endlich streiten hiervor, damit ich andere Um-
stände verschweige, unzählige pathologische Phä-
nomene, wo in gewissen Krankheiten durch Ueber-
maß thierischer Wärme, – da übrigens die
Functionen des Athemhohlens nicht litten, –
das sehr gereitzte Gehirn angegriffen wurde; so
wie Krankheiten aus verminderter thierischer
Wärme, die Energie des Gehirns unterdrück-
ten, u.s.w.
Aber ich komme zu meinem Gegenstande
zurück, und will von den wenigen äussern Sin-
nen der Amphibien und von ihrer Vergleichung
mit den Sinnen der warmblütigen Thiere handeln.
Und zwar zuerst von den Organen des Ge-
fühls bey den nackten Amphibien, die weder
Schilder nach Schuppen, sondern eine nackte,
mit einem schlüpfrigen Schleim überzogene Haut
haben, der zu verschiedenem Gebrauch dient,
so braucht ihn z.B. der Laubfrosch, um sich an
die glättesten Körper damit anhängen zu können.
Von diesem Schleim scheint ein anderer,
den einige Reptilien haben, verschieden zu seyn,
desten besondere Schärfe diesen Thieren vielmehr
zum Schutz dient, damit sie vor den Verfolgun-
gen anderer Thiere desto mehr gesichert wären.
Er ist in eigenen verborgenen Höhlungen
eingeschlossen; am deutlichsten sieht man ihn
beym Molch und der Feuerkröte, und er scheint
nach Willkühr abgeschieden werden zu können.
Daß er beym letztern Thier sehr scharf sey,
habe ich durch einen Versuch an mir selbst er-
fahren, da ich durch einen Zufall nur die Hand
verwundete, als ich einige dieser Thiere lebendig
zergliederte und Untersuchungen mit ihnen an-
stellte. Ohne Arg daraus zu haben, brachte ich
den Finger an den Mund um das Blut heraus-
zusaugen, fühlte aber sogleich ein solches Brennen
der Zunge und des Schlundes, als wenn ich
[Seite 149] Seidelbastrinde gekaut hätte, das mehrere Stun-
den fortdauerte.
Durch dieselbe Feuchtigkeit vermögen die
Molche ein geringes Kohlfeuer, darin man sie
gesetzt hat, auszulöschen, obgleich sie durch die
convülsivischen Bewegungen des Körpers zeigen,
daß auch dieß schon sie sehr angreift, und wenn
man sie länger darin zurück hält, wie ich oft gese-
hen habe, sterben. So sehr viel fehlt daran,
daß sie selbst Flammen ohne Schaden ertragen
können, wie nach den fabelhaften Erzählungen
der Alten, noch in neuern Zeiten Benvenuto
Cellini*), ein in seiner Art großer Mann, er-
fahren zu haben wagte.
Ein ähnlicher Saft ist auch derjenige den man
in den lamellösen Fußsohlen der Lacerta Gecko
antrifft, und der die Eßwaren, worüber das
Thier hinläuft, sehr inficirt.
Von diesem Schleim kommt auch wohl der ei-
gene und fast specifische Gestank den mehrere Am-
phibien, wenn sie gereitzt werden, von sich ge-
ben. Bey den Sumpf- und Wassereidechsen
gleicht er zu Zeiten frisch zerschnittener Petersilie,
bey der Kröte dem Knoblauch u.s.w.
Die Crocodille geben zu Zeiten einen Mo-
schusgeruch von sich.*)
Ein sehr häßlicher Geruch kömmt von ge-
reitzten Klapperschlangen**) u.s.w.
Vom Zweck und Nutzen dieser Gerüche wis-
sen wir bis jetzt wenig gewisses.
Man glaubte einst, daß die Klapperschlange
durch diesen Dunst die kleinen Thiere betäube
oder bezaubere, auch neuerlich haben dieses ver-
schiedene behaupten wellen, ich möchte aber lie-
ber dieses Phänomen dem Schrecken zuschreiben,
in welches der Schall der Klapper die Thiere
versetzt, so daß sie gleichsam verblendet in den
Rachen der Schlange stürzen. Ein wichtiger
Grund für diese Meinung wurde mir von Augen-
zeugen mitgetheilt, die mir erzählten daß die
Knaben der wilden Americaner dieß Gerassel
nachmachen, um Eichhörnchen und kleine Vögel
so zu betäuben, daß sie sich leichter fangen lassen.
Die Molche und Wassereidechsen geben, wenn
man sie aufbringt, einen eigenen Gestank von sich,
der ihnen vielleicht als Vertheidigungsmittel ge-
gen ihre Feinde dient, so wie man dieß auch vom
Stinkthier und von mehrern Wanzen weiß.
Vielleicht dient der Geruch ihnen auch im Früh-
ling, um zur Brunstzeit die Männchen anzulocken,
wenigstens ist dieß vom Knoblauchsgeruch der Krö-
ten wohl wahrscheinlich. Denn wenn man die Hand,
womit man eine weibliche Kröte lange hielt, in
Wasser taucht, darin sich männliche Kröten fin-
den, so schwimmen diese herbey und umfassen
begierig die Finger.
So sehr scheint die Haut der meisten Am-
phibien zu den Emunctorien*) zu gehören, daß
sie mehr als irgend ein anderes Thiergeschlecht
die äussere Haut ablegen und durch eine natür-
liche Reproduction, von der Art die man Repro-
duction nach der Natur nennen darf, mit einer
unten schon bereitliegenden Hautlage verwechseln.
Und vorzüglich häuten sich unsere ungeschupp-
ten einheimischen Reptilien wie z. B die Frösche,
Molche und besonders die Wassereidechsen und
Sumpfeidechsen, so daß auch in den Sommermo-
nathen, das kleinste kaum Wochenalte Thier dieser
Geschlechter, eine schleimigte zarte Oberhaut ablegt.
Man sagt daß die Schlangen, wenn sie sich
häuten, zugleich die äussere Lamelle der Horn-
haut ablegen. Da ich aber bey der Natter ge-
nau acht gab, so sah ich daß der Theil der Epi-
[Seite 152] dermis der vor den Augen sich befindet und so
durchsichtig ist als Glas, nie mit der Hornhaut
zusammenhängt, sondern durch eine eigene Feuch-
tigkeit davon geschieden ist. Auch ist er unbe-
weglich, so daß die Augenkugel hinter derselben
wie hinter einem Fenster bewegt wird u.s.w.
Auch ist bey der Haut der Reptilien merk-
würdig daß sie oft ihre Farbe ändert.
Die Farbenveränderung des Chamäleons,
die durch fabelhafte Zusätze unglaublich wurde,
hat zuerst Brown*) bey mehrern Eidechsen der
südlichen Länder wahrgenommen, und auch bey
unsern einheimischen Landreptilien sah ich sie
mehrmahls, besonders bey der Lacerta agilis und
dem Laubfrosch. Die FarbenverŠnderungen des
letztern sind allgemein bekannt. Bey der erstern
aber sah ich in heißen Sommern das Thier leb-
haft grün, fast schmaragdartig gefärbt, nicht
so häufig aber in regnichten kalten Sommern
greislicht oder von einem dunklern Grün.
Was die übrigen Sinne der Amphibien
anbetrifft, so scheint bey einigen der Geruch
ziemlich stark zu seyn, wie die von mir erzählte
Beobachtung, daß die männlichen Kröten sehr
schnell sich der Hand nähern, die vorher die weib-
lichen betastet hatte, und mehrere ähnliche beweisen.
Das eigene der Zunge und der Gehörwerk-
zeuge übergehe ich hier weil es sehr bekannt ist.
Vielleicht ist es gut wenn ich von den Seh-
wertzeugen erinnere, daß ich unter den Amphi-
bien nie die geringste Spur von Kackerlacken selbst
gefunden, oder auch nur in einem Buche davon
gelesen hätte, da man doch diesen Fehler der be-
kanntlich vom Mangel des schwarzen Schleime
im innern Auge herrührt, bey allen warmblüti-
gen Thieren, und sogar beym Menschen täglich
bemerkt.
Viele Arten der Amphibien sind von Natur
lichtscheu, schweifen bey Nacht herum um ihre
Nahrung zu suchen, und verbergen sich am Tage.
Andere aber lieben das Licht sehr, entweder das
Sonnenlicht, wie Lacerta agilis und Rana viridis,
oder das Kerzenlicht, wie der Laubfrosch.
Bey den Augen des Chamäleons ist das ei-
gene, daß es nicht beide Augen zusammen nach
einer Axe bewegt, sondern daß es jedes einzelne
Auge zu gleicher Zeit nach verschiedenen Rich-
tungen bewegen kann.
Von den innern Sinnen der Amphibien ist
noch nicht sehr viel erforscht.
Die Stärke des Gedächtnisses bey den
Schlangen, scheinen die bekannten Gaukelkünste
als Tanzen u.s.w. zu beweisen, die man der
[Seite 154] Klapperschlange, der Riesenschlange, dem Co-
luber Naja und selbst in Deutschland den Nat-
tern beybringt.
Ja man findet auch bey glaubwürdigen
Schriftstellern Beyspiele, daß einige Reptilien
gezähmt wurden, wie das Nilcrocodill*) und
unsere einheimische Kröte.**)
Von Kunsttrieben, die den Säugthieren
und Vögeln so eigen sind, erinnere ich mich, in
der ganzen Amphibienclasse nicht die geringste
Spur gefunden zu haben.
Die Amphibien haben keinen gewissen und
zu gewissen Zeiten bestimmt wiederkehrenden
Schlaf, die Meerschildkröten ausgenommen, von
welchen einzelne Schriftsteller dieß bezeugen***).
Der Winterschlaf aber ist nicht nur den ein-
heimischen Amphibien sondern fast allen eigen,
denn selbst vom Nilcrocodill erzählt Herodot
schon, daß es dem Winterschlaf zu Zeiten unter-
worfen sey.
Uebrigens sind die Phänomene dieses Win-
terschlafs bey warmblütigen sowohl als bey kalt-
blütigen Thieren sich gleich. Besonders darin,
daß den Erschlaffungen des Nervensystems eine
[Seite 155] allgemeine Erstarrung der andern Functionen
folgt. So daß z.B. bey den warmblütigen
Thieren im Winterschlaf so wie das Gehirn und
die willkührlicken Bewegungen weniger würken,
auch der Herzschlag und der Blutumlauf nachzu-
lassen anfangen, das Athemhohlen sehr anfängt
sich zu vermindern, so wie wir es bey heftigen
Zufällen des Gehirns wodurch die Nervenkraft
gewaltsam unterdrückt wird, ungefähr sich zu-
tragen sehen.
Auch kommen in dem merkwürdigen Um-
stande die Amphibien mit den warmblütigen Thie-
ren überein, daß sie in einer warmen Stube gar
nicht im Winterschlaf verfallen, wenn sie aber
einmahl davon überrascht werden, vor Ablauf
der bestimmten Zeit, ohne Lebensgefahr, nicht
daraus erweckt werden können.
Daß Molche, Wassereidechsen und Laub-
frösche den ganzen Winter hindurch ohne Win-
terschlaf in einer warmen Stube zubringen kön-
nen ist bekannt, auch weiß man dieß von den
Murmelthieren.
Tödtliche Wirkung aber von der plötzlichen
Erweckung aus dem Winterschlaf sah Gleditsch*)
bey den Fröschen, bey zwey Erdzeiselgen des Car-
pathischen Gebürges und bey den Haselmäusen
[Seite 156] unserer Nachbarschaft sah ich es selbst, andere be-
merkten es bey den Schwalben.
Auch ist das merkwürdig, daß bey den Am-
phibien sowohl, als auch bey warmblütigen Thie-
ren einige allein, andere zusammen schlafen. Zu
den letztern gehören von warmblütigen Thieren
die Fledermäuse und Schwalben, von den Am-
phibien Frösche und Molche.*)
Ich gehe zu den natürlichen Functionen über,
wo ich bey den Freßfunctionen anfange, deren
Befriedigung hier weit unordentlicher, als bey
den warmblütigen Thieren ist.
Von der einen Seite findet man hier Ge-
fräßigkeit und Heißhunger, so daß die Molche
ihre eigene Excremente sowohl, als auch bloßen
Koth fressen, von der andern eine fast unglaub-
liche Fähigkeit zu hungern, so daß, um von den
bekanntesten Beyspielen**) zu schweigen, Cal-
desi erzählt wie Schildkröten ein ganzes halbes
Jahr hungern konnten***). Das Beyspiel der
[Seite 157] in Marmorblöcken eingeschossenen Kröten führe
ich hier nicht an, da diese wahrscheinlich bestän-
dig erstarrt sind.
Mehrere Amphibien fressen alles, andere
nur bestimmte Arten von Speisen, wie z.B.
der Laubfrosch, der, wie wir wissen, nur von
wenig lebenden Insectenarten sich nährt.
Im Ganzen genommen kenne ich kein Bey-
spiel von Amphibien was die Speisen wirklich
kaute, auch die Grasfressenden rupfen sie ab, kauen
sie aber nicht.
Die meisten Schlangen führen ein heftiges
Gift, was durch seine faulend machende Kraft, die
Verdauung der Speisen befördert, und das
Kauen ersetzt.
Im Ganzen genommen findet auch der Un-
terschied zwischen warm- und kaltblütigen Thie-
ren statt, daß bey den erstern, kaum ein eigent-
lich giftiges Thier vorhanden ist, denn von der
Wuth rede ich hier nicht. Auch wüßte ich kein
Beyspiel von einem verborgenen Gift aus dieser
Thierclasse anzuführen, wenn man nicht die ver-
dächtige Natur der Polarbärenleber hierher rech-
nen will, deren Genuß Heemskerk und seinen
Gefährten, als sie anf Nova-Zemlaja überwin-
terten, beynahe gefährlich und tödtlich gewor-
den wäre, wie Gerhard de Veer, sein Reise-
gefährte erzählt.*)
Aber daß auch einige Amphibienarten sonst
mit Unrecht für giftig gehalten wurden, hat eine
genauere Untersuchung neuerlich gezeigt, hieher
gehört der unschuldige Molch, den Plinius für
sehr gefährlich hielt.
Die meisten Amphibien schlucken langsam.
Die Speiseröhre kann besonders bey den
Schlangen, sehr erweitert werden, die auch zwey
durch wechselseitige übel befestigte Juncturen ver-
bundene Kinnladen haben.
Der Magen ist bey vielen verhältnißmäßig
nur klein.
Der Darmcanal ist bey den Schlangen sehr
kurz, so daß er bey der Natter ungefähr 4 Fuß
lang seyn mag, wenige sah ich deren Länge über
drey Fuß hinausging, der Mastdarm war fast
immer grade, aber doch etwas gewunden.
Der ganze Weg wodurch die Nahrungsmit-
tel bey den Amphibien gehen, ist mit einem zä-
hen Schleim überzogen, worin viele Wurmge-
schlechter sich aufhalten.
Bey ihrer Ernährung ist das noch merkwür-
dig, daß ich, so sehr ich mich auch bemühte, nie
Frösche und Eidechsen mit dem Krapppulver fär-
ben konnte, um ihren Knochen die schöne Ro-
senfarbe mitzutheilen, womit man bekanntlich so
leicht die Knochen der Vögel und warmblütigen
Thiere färbt, wenn man sie damit füttert.
Viel Verwandschaft mit der Ernährung hat
die Reproduction, die zugleich einen bequemen
Uebergang zur letzten Classe der Amphibienöco-
nomie, zur Erzeugung nemlich, darbietet. Ich
glaube nicht sehr von der Wahrheit mich zu ent-
fernen, wenn ich die Ernährung, als eine be-
ständige unmerkliche Fortsetzung der Erzeugung,
die Reproduction aber als eine an einzelnen Thei-
len wiederhohlte Erzeugung ansehe.
Und obgleich diese Reproduction keinem blut-
führenden Thier ganz versagt zu seyn scheint, so
besitzen sie doch andere vorzüglicher und in einem
höhern Grade, unter den Amphibien aber vor-
züglich mehrere der Reptilien.
Die gewöhnlichen Experimente nach denen,
nicht nur bey den Wassereidechsen sondern auch
bey der Lacerta agilis*), die abgeschnittenen
Schwänze mehrmahls wieder wachsen, sind zu
bekannt, als daß es nöthig wäre sie hier wieder
zu erzählen.
Auch habe ich wie Bonnet**), mit der Re-
production der Eidechsenaugen Versuche ange-
stellt, welche immer so ausfielen, daß, da ich
[Seite 160] jederzeit das ganze Auge nahe bey der Insertion
des Augennerven ausschnitt, nie ein wahres Auge
wieder sich erzeugte, daß vielmehr aus dem Rest
des Nervens ein weißlichter, sester Schwamm
hervorsproßte, der nach und nach die Augenhöhle
ausfüllte, unter dessen Zunahme die Eidechsen
gleichsam wassersüchtig anschwellen und nach weni-
gen Monathen, wie ich dieß bey drey, mit denen ich
ich diesen Versuch anstellte, wahrnahm, sterben.
Beym vierten Thier schnitte ich, im May
1784, zuerst in die Hornhaut, daß die Crystall-
linse und die übrigen Feuchtigkeiten herausliefen,
darauf schnitt ich die übrigen zusammengefallenen
Häute so weg, daß nur ein kleiner Theil der
Häute, die der Augenkugel eigen sind, zurück-
blieb, die nach genauer Untersuchung, (indem
ich das ausgeschnittene in Wasser warf und mit
bewaffnetem Auge untersuchte) kaum den fünften
Theil der ganzen Kugel ausmachten.
Und bey diesem Thier schien in den nächsten
Monathen die Augenhöhle gleichsam durch Au-
genwimpern verschlossen zu seyn, die aber unge-
fähr im sechsten Monath nach der Operation sich
wieder zu öffnen anfingen, wo man dann leicht
eine neue aus dem Grunde der Augenhöhle her-
vorkommende kleine Augenkugel erkennen konnte,
die obgleich sie im 11. Monath nach der Opera-
tion, – im April 1786, wo das Thier durch
Zufall starb, – weit kleiner wie das unbeschä-
[Seite 161] digte Auge war, dennoch so vollkommen ausge-
bildet schien, daß man wieder darin die gold-
farbne Hornhaut nebst der, von ihrer Pupille
durchbohrten, Iris unterscheiden konnte und noch,
in der Leiche, unterscheiden kann.
Neulich stellte ich auch über die Reproduc-
tionskraft der Molche Versuche*) an, und fand
daß sie ihnen gleichfalls eigen ist, so daß der
dritte Theil des Schwanzes und eine Zähe welche
ich abschnitt, zwar vollkommen aber nur langsam
wieder wuchsen, denn nach einem Jahr hatten
sie noch nicht wieder die Größe der unverletzten
Theile erreicht.
Aus allem diesen entspringt eine große Ver-
schiedenheit zwischen den warmblütigen Thieren
und den Amphibien, wenn man die beschränkte,
unvollkommenere Reproduction der erstern er-
wägt. Von Tage zu Tage überzeuge ich mich
daher je mehr und mehr, daß beym Menschen und
andern Säugthieren nur diejenigen Grundtheile
wieder hergestellt werden können, die bloß aus
Zellgewebe bestehen, und deren Lebenskraft ein-
zig das Vermögen ist, sich zusammenzuziehen.
Aber weder die Muskeln denen Hallers Reitz-
barkeit eigen ist, noch das durch Empfindlichkeit
beseelte Nervenmark, noch diejenigen Theile die
eigenthümliche Lebenskraft besitzen, können, wie
ich bis jetzt glaube, jemahls reproducirt werden.
Zuletzt muß ich noch etwas über das Zeu-
gungsgeschäft der Amphibien reden.
Was die äussern Zeugungsglieder betrifft, so
sieht man sie bey einigen Männchen, wie bey den
Fröschen und Wassereidechsen, fast gar nicht, bey
andern aber, wie bey den Erdeidechsen und
den Schlangen, sind sie doppelt vorhanden.
Die Brunst*) befriedigen die Amphibien
heftig, so daß sie widernatürlich sich vermischen,
wie z.B. die Frösche mit den Kröten u.s.w.
Doch habe ich nie Bastarde aus so unähnli-
chen Mischungen entstehen sehen.**) Wenn
man nicht vielleicht die Menge der Varietäten der
Wassereidechsen, die zwischen den Wasser- und
Sumpfeidechsen mitten inne stehen, hieher rech-
nen will, und die man, in eben den Gräben wo
die benannten Eidechsen leben, leicht auffinden
kann. Wenn sich auch beide Arten nicht mit
einander vermischen sollten, so können doch daher
diese Bastarde entstehen, daß das Männchen der
einen die Eyer der andern Art mit seinem männ-
lichen Saamen befruchtet.
(Diese vielen Varietäten brachten den seligen
Dr. Schnecker in Hildesheim auf die Idee, die
Lacerta palustris anders zu bestimmen und so
mehrere Eidechsenarten daraus zu machen, doch ist
hierüber nichts weiter bekannt geworden, wie ich
dieß aus sichern Quellen weiß. Mr.)
Eine sehr starke Nachkommenschaft haben
besonders die Amphibien, die ihre Eyer ins Was-
ser legen, wie z.B. die Kröten und Frösche.
Einige Thiere dieser Art legen bey tausend und
mehr Eyer auf einmahl.
So viel ich bis jetzt weiß, gehören die Am-
phibien alle durchaus zu den eyerlegenden Thieren.
Obgleich die Vipern, nach Varro, ihren
Nahmen vom lebendig gebähren haben, so brin-
gen sie doch ihre Jungen nicht nackt zur Welt, son-
dern diese erscheinen, obgleich ausgebildet, immer
von Häuten umgeben, und können mit der, bey
den Menschen zu Zeiten bemerkten, trocknen Ge-
burt, verglichen werden.
Auch das Gebähren der Molche ist diesem
ähnlich, da nemlich diese berühmte Eidechse zarte,
ovale, den Blasenwürmern fast ähnliche Blasen
erzeugt, in denen aber das ganze, schon völlig
ausgebildete Thierchen sich befindet, was im Au-
genblick der Geburt den Schwanz bewegt, die
Häute des Eyes zerreißt, und als ein vierfüßiger
runder Körper hervorkommt.
Bey diesem räthselhaften Thier ist noch das
merkwürdig, was zuerst Wurfbain*) sah, und
was auch mir, erst während gegenwärtiger Ar-
beit, zu sehen glückte, daß ein lange einsam le-
bendes und von allen Männchen entferntes Weib-
chen, unvermuthet trocken gebahr. Seit fünf
Monathen bewahre ich einen weiblichen Molch,
den ich den Schwanz abgeschnitten habe, in ei-
nem einzelnen Glase so einsam, daß ich in der
Zeit nicht einmahl einen andern Molch gesehen
habe, und doch hat demungeachtet eben dieß
Thier, dessen langes Fasten ich bewunderte, in
diesen Tagen angefangen Eyer zu legen, so daß
ich schon 34 lebende Fötus vor mir habe.
Zweyerley läßt sich aus dieser merkwürdigen
Beobachtung schließen.
Zuerst daß sich zwar die Molche einander
begatten, aber daß nicht die Eyer, wie bey den
Wassereidechsen, während dem Legen, von Männ-
chen befruchtet werden.
Dann auch, daß die Molche die Eigenschaft
mit den Hennen gemein haben, wenn sie nem-
lich einmahl befruchtet sind, nicht, wie Fabri-
cius von Aquapendente**) glaubt, sondern
nach dem genauern Reaumur***) bis in die
fünfte Woche nachher fruchtbare Eyer legen können.
[Seite 165] Diese jungen Molche haben einen breitge-
randeten Schwanz, der ihnen beym Schwim-
men gute Dienste thut, und am Nacken haben
sie die beiden gefranzten, Swammerdamschen
Fortsätze, die aber wenn sie älter werden, wo
auch der zweyspaltige Schwanz sich in einen
Wirtelförmigen umändert verschwinden*). Aber
auch selbst dieß ist im Ganzen mehreren Reptilien
vorzüglich aus dem Eidechsengeschleckte und**)
allen Fröschen eigen, wenn ich nicht irre, daß
sie ihre Form so ändern, daß Kaulquappe und
erwachsenes Thier gänzlich von einander verschie-
den sind. Da hingegen bey der Oeconomie
warmblütiger Thiere nichts dieser Metamor-
phose ähnliches zu finden ist.
Das Ende des Wachsthums der Amphibien
ist bey vielen, aus einem ähnlichen Grunde wie
bey den Vögeln und einigen, obgleich nicht bey
allen Säugthieren, die Mannbarkeit.
Bey andern aber, wie bey den Crocodillen,
Schildkröten und Schlangen, dauert er immer
fort, in der Säugthierclasse ist vielleicht bey den
Wallfischen etwas ähnliches, von deren Größe
man kaum festgesetzte Gränzen bestimmen kann.
Vom Lebensziel der Amphibien ist bis jetzt
noch wenig bekannt.
Die meisten leben gewiß sehr lange, wie z.
B. die Schildkröten*), Schlangen und Croco-
dille, die nach Verhältniß ihrer Statur aus ei-
nem kleinen Ey kriechen, langsam wachsen und
doch eine erstaunliche riesenhafte Größe errei-
chen können.
Nachdem ich bis jetzt die Hauptmomente wo-
durch die thierische Oeconomie der Amphibien,
von der Oeconomie warmblütiger Thiere ver-
schieden ist, vorgetragen habe, so will ich zum
Beschluß einige allgemeine Sätze anhängen, durch
deren Beyhülfe man gleichsam wie mit einem
Blicke, alle diese Verschiedenheiten übersieht.
Die warmblütigen Thiere haben von ihrer
ersten Entstehung an, bis zum letzten Lebens-
hauche den eigenen phlogistischen Proceß; durch
Beyhülfe des Mutterkuchens wird in den Säug-
thieren das Phlogiston des Fötus durch das
Feuer der Mutter verändert. Beym bebrüteten
Hühnchen**) geschieht eben dieß durch die poröse
Eyerschale und durch das Eyweiß, welche gleich-
falls der Feuerluft den Zutritt, dem Phlogiston
[Seite 167] aber den Abzug verstatten. Bey gebohrnen
Vögeln sowohl als bey den Säugthieren geht der
phlogistische Proceß durch das Athmenhohlen
vor sich.
Dieser phlogistische Proceß, ist aufs innigste
mit den Classen der übrigen Functionen verbun-
den, besonders aber mit den Nervensystem, wie
man deutlich aus den oben erzählten Phänome-
nen des Winterschlafs sieht.
Die innige Verbindung des Nervensystems
aber mit den übrigen Functionen, besonders durch
Hülfe der Reaction des Gehirns, hängt besonders
von den Theilen des Gehirns ab, die ausser den
Uranfängen der Nerven noch vorhanden sind.
Aus allen diesen Dingen entsteht höchste
Kraft der Functionen, höchste Beweglichkeit;
dieß ist die Ursache daß der lebende Körper auf
so mancherley Art, so vielfacher unzähliger Reitze
fähig ist, deren Eindrücke und Wirkungen er
aufnimmt, daher kömmt vor allen andern das
höchste Vorrecht des Menschen, nach welchem,
wie Hippocrates zuerst wahrnahm, ein Zusam-
menfluß, eine Verbindung, alles übereinstimmt, so
daß dadurch die größeste und unermeßlichste Ver-
bindung, in der ganzen übrigen ihn umgebenden
Schöpfung entsteht.
Weit anders aber ist die Natur der Amphi-
bien. Der phlogistische Proceß geht bey unsern
einheimischen sehr geringe vor sich.
Auch ist bey den meisten Amphibien der Ein-
fluß des Bluts auf das Gehirn schwach.
Ferner ist die Reaction des kleinen Gehirns
auf die dicken Nerven geringe.
Daher ist im Ganzen der Consensus klein
und die Herrschaft einer Function über die an-
dere geringe.
Von der andern Seite dauert nun aber auch
dieses einfachere Leben länger, weil, wenn ein
Theil verletzt wird, oder ein System leidet, die
andern Theile nicht so leicht daran Theil nehmen.
Im Ganzen genommen führen sie daher
mehr ein Pflanzenleben, das die Reproduc-
tion, – wie man aus den Erscheinungen in bei-
den organischen Reichen weiß, – mehr begün-
stigt, als ein Leben daß durch größere Fähigkei-
ten, vermehrten Consensus und mehr complicir-
ter Subtilität sich erhält.
S. z.B. Coit. obs. anatom. chirurg. p. 126. Cha-
ras nouv. obs. sur la viper, p. 39. Paris 1627. Tyson
philos. Trans. N. 144. p. 30. T. I. F. 1. Tab. II.
Fig. 4. Seba Thesaur, Vol. II. T. CIX. Fig. 1. 3. 4. 5.
Morgagni adversar. anatomic. V. 29. Vergl. die
schönen Versuche an einer gefangenen Schildkröte
in Histoire des animaux T. II. p. 194. ff.
Bey diesem, glaube ich, wenn ich ihn verwundete,
einen kurzen, dumpfen, pfeifendklagenden Laut ge-
hört zu haben. Mr.
Ich führe nur hier einige Beyspiele davon an.
Luidii Lithophylac. Brittan. p. 172 (ein Augenzeuge)
Le Cat bey Allalon Du lac in Melang. d’hist. natur.
Vol. IV. p. 615. Hist. d. L’acad. des scienc. á Berlin
1782. Mehrere erwähnen Haller de c.h. fabr. et
funct. Vol. VII. p. 151. Kästner Vorred. zu den
Schwed. Abhandl. B. 3.
Hiermit kommen die Versuche überein, welche an-
dere in der Grotta del cane nahe bey Neapel an-
stellten S. Nollet Mem. de l’acad. de scienc de
Paris 1750 p. 72. Ad. Murray Svensk. Vetensk.
acad. Handling 1775. V. XXXVI p. 249. Della
Torre fand daß eine Kröte in dieser Höhle fast eine
halbe Stunde leben konnte, eine Eidechse aber
lebte noch nach fünf viertheil Stunden. Eben so
erkläre ich auch Bern. Connor’s Worte S. 64. sei-
ner Schrift de autr. lethif. vom ähnlichen gleich-
falls langen aber auf keine Art beständig fortdau-
renden Leben der Amphibien in der fixen Luft.
‘„Quod Ranae, Testudines, et alia amphibia, quae
pauciorem aërem ad vitam reservandam requirunt,
in hoc antro diutissime vivere possunt.„’
S. ausser Cignam noch Spallanzani Opusc. de
fisic. anim. e vegetabili. Vol. II. p. 145. wo auch
Verattis Fehler bey diesen Versuchen verbessert
werden.
Braun Nov. Comment. Acad. Petropolit. T. XIII.
p. 427. seq. ‘„post plurima circa ranas instituta
experimenta, asserit, eas omni calore addititio ca-
rere, sed tantum calorem habere medii ambientis,
neque a vitio subreptionis immunes putat, qui
hisce amphibiis aliquor caloris interni tribuere, in-
depedentes a fluido vel generatim a medio ambi-
ente, aëre et aqua etc.’
Ich führe nur folgende an: Th. Reines bey Th.
Bartholin. Act. Hafn. V. II. p. 110. seq. Harder
apiar. observ. p. 89. I.R. Zwinger Act. Helvet.
V. I. p. 22. seq. Batigne hist. de l’acad d. scienc.
d. Berl. 1770 p. 40. Iacob de ran. et lacert. p. 12.
seq. Paulini de bufon. p. 38. seq. Schroek ad
I. Helwig obss. p. 249. seq. 172. seq. Kundmann
promtuarium p. 108. seq. A.C.N. Coll. Vratis-
lav. Comm. Litt. Nor. etc.
Du Fay Mem. de l’acad d. sc. d. Paris 1729. p.
144. ff. Bemerkt dieß auch von Sumpfeidechsen.
Dissert. de bas. enceph. p. 17. Ueb. die körp. Ver-
schied. d. Neg. v. Europ. 2 Aufl. S. 60. ff.
Vesling de crocodile. Observ. anat. 39. Schneider
Naturgeschichte der Schildkröten. S. 285. ff.
Von Americanischen Crocodillen. De Pages Voyage
autour du monde. T. I. p. 41. 48. Dobritzhofer
Geschichte der Abiponer. B. I. S. 396.
Es fällt mir nicht gleich ein ein passendes Deutsches
unaffectirtes Wort hiervor ein. Reinigungsmittel
sagt das nicht. A.d.H.
Daß das Hungerleiden der warmblütigen gesunden
nicht den Winterschlaf haltenden Thiere, dem Hun-
gerleiden der Amphibien nicht zu vergleichen ist.
S.a.a. Diss. academicor. instit. Bonon. (interp.
Beccario) op Benedict. XIV. P.M. de servor. Dei
beatificat. L IV. P. I. p. 328. Auch Beccarius in com-
ment. Instit. Bonon. T. II. P. I. p. 323.
Ph. Jac. Hartmann dubia de generat. vivip. ex ovo
p. 26. S. auch Oldendorp Geschichte der Carai-
bischen Mission S. 97, von den Eidechsen der
Antillen.
Der Recensent dieses Magazins in der Gothaischen
gelehrten Zeitung, führt bey Anzeige des ersten
Stücks, in einem der letzten Stücke vom Jahre 1790,
Bastarde von der gemeinen Kröte und den brau-
nen Grasfrosch, wenn ich nicht irre, als Augen-
zeuge an. Mr.