Aus einem Schreiben des Hofraths Blumenbach.
Hornemann’s Journal ist glücklich in London ange-
kommen, und schon unter der Presse. Sobald ich es
erhalte, schicke ich Ihnen eine Anzeige davon. In-
dess hier noch eine kleine Nachlese zu meinen vori-
gen Nachrichten, die ich ebenfalls der Güte des Ba-
ronets Banks verdanke*).
Der letzte Brief unsers Reisenden war aus Tripoli
vom 29 Sept. vorigen Jahres, und er gedachte Tags
darauf von dannen wieder nach dem Innern von
Afrika aufzubrechen.
Er war den 5 Sept. 98 von Cairo ausgereist, und
kam von da zuerst in eine ebene Sand-Wüste, in
welcher er eine grosse Menge versteinertes Holz
fand*); mitunter ganze Stämme. Einige derselben
standen aufrecht: wie er vermuthet, durch Menschen-
hände so gestellt. Und das sind wol die angeblichen
Mast-Bäume in der Wüste, von welchen die Einwoh-
ner erzählen. Auch vermuthet er, dass unter dem
Bahr Belamé oder See ohne Wasser (– denn so
müsste es eher heissen als Fluss ohne Wasser, wie es
auf D’Anville’s grosser Karte übersetzt ist**) diese
Wüste zu verstehen sey.
Bey Seewah untersuchte er Ruinen, die sich in
beträchtlichem Umfang um die merkwürdige Kapelle
erstrecken, die Browne beschrieben hat: und er zwei-
felt nicht, dass hier wirklich der Tempel des Jupiter
Ammon gelegen habe. Ebenfalls bey Seewah sah er
eine Menge Catacomben, theils noch mit Gebeinen:
zumahl einige noch gut erhaltene Hirnschalen, aber
ohne dass sie wie Mumien-Köpfe mit Harz ausgegos-
sen gewesen wären.
Nachdem er einige Tagereisen von Seewah ent-
fernt und durchs Gebiete von Augela (Aijula) ge-
kommen war, gelangte er zu einer bergigen Wüste,
[Seite 50] Harrutch*), die ganz aus Basalt-Felsen besteht,
auch schon auf Major Rennell’s Karte im I Bande der
Proceedings mit dem Namen Rocky Desert bezeich-
net ist.
Von da kam er durch eine Wüste von weissem
Kalk-Felsen, genannt Harrutch el Abiad (die weisse
Harrutch) und von da nach Temissa. Hier ward die
Karavane mit grossen Freuden von den Einwohnern
empfangen, die von der Französischen Invasion in
Aegypten Nachricht erhalten hatten, und daher für
ihre Bekannten bey der Karavane sehr besorgt gewe-
sen waren. Verschiedene Angaben liessen ihn hier
alte Inschriften erwarten, denen er auch emsig, aber
vergebens, nachgespürt hat.
Der nächste Ort, den er erreichte, war Zuela,
wo ein Sheriff und mehrere reiche Leute wohnen,
und der vormahls die Residenz des Sultans von Mour-
zouk gewesen seyn soll. Auch zeigte man unserm
Reisenden noch die Ruinen eines grossen Gebäudes,
das er bewohnt habe.
Den 17 November kam er endlich nach Mourzouk
und ging nachher, wie bekannt, von da nach Tripoli,
von wannen er sein Journal nach England abge-
schickt hat.
Ausserdem stehen aber auch noch über manches,
seine bisherige Reise betreffendes, ausführlichere
Nachrichten und Bemerkungen von ihm zu erwar-
ten, die einer seiner dortigen Freunde im Junius nach
Tripoli bringen und von da nach England beför-
dern wird.
N.S. – Eine kleine beyläufige Bemerkung über
die gedorrten Heuschrecken*), die ihm, zumahl zwi-
schen Zuela und Mourzouk, häufig vorgesetzt wurden,
wo sie für eine wahre Delicatesse gehalten werden,
und deren Geschmack er mit der Picklinge ihrem
vergleicht, aber sie doch diesen noch vorzieht, erin-
nert mich an ein Paar ehrliche, auch im übrigen meist
glaubwürdige Reisende nach den Morgenländern, den
frommen Buchhändler Jonas Korte und den eifrigen
Judenbekehrer Stephan Schultz, die beyde das Heu-
schreckenessen für eine Fabel zu erklären sich nicht
entblödet haben! – ‘“denn”’ (sagt z.B. der letzte in
seinen Leitungen des Höchsten nach seinem Rath)
‘“so weit ich in der Welt herumgekommen bin, habe
ich noch kein Volk gefunden, welches Heuschrecken,
auch nur zur Delicatesse, in Speisen gebraucht hätte.”’
Das hiesige academische Museum besitzt Holzstein (Kir-
selholz) aus Aegypten, das der Justizrath Niebuhr von
daher mitgebracht hat.
Eine genaue Beschreibung von dem Fluss ohne Was-
ser, die der Französ. General Andréossy in den Memoires
sur l’Egypte gegeben hat, steht bereits im May-Heft der
Monatl. Correspondenz S. 448–454. H.
Unser Professor Tychsen belehrt mich, dass dieses
Wort vermuthlich Harrat heissen soll; denn diess bedeute
im Arabischen eine steinige Gegend, besonders aber, was
hier vollkommen auf den Basalt passt, locus lapidibus ni-
gris, velut adustis constans. Der Plural davon sey Harrât
oder Harrùn, welches dem Harrutch im Klange näher
kommt. Dass dieses Wort hier gemeint sey, werde auch
durch die nachher folgende Zusammensetzung, Harrat el
Abiad, weisse Stein-Gegend, wahrscheinlich.
Gryllus migratorius, wovon im III Heft meiner Abbild-
dungen naturhistorischer Gegenstände Tab. 29 zwey nach
lebenden Exemplaren verfertigte ausgemahlte Vorstellun-
gen befindlich sind.