Im Auszuge von E.G. Baldinger.
Nachrichten von den Schätzen eines so instructiven Mu-
sei, intereßiren nicht blos allein Reisende, welche
sich auf das vorbereiten wollen, sondern auch jeden Natur-
forscher und Kunstkenner. Herr Hofrath Blumenbach
machte sich also durch diese Nachrichten auf mehr als eine
Weise verdient. Sie erschienen in Herrn Jacobi Chur-
Braunschweigischen Annalen, welche von den Lesern des
Magazins gewiß nur den Allerwenigsten bekannt sind. Aber
es sind einige Druckfehler stehen blieben, die allen Sinn
entstellen. Daher gebe ich einen zweckmäßigen Auszug nach
einem correcten Exemplar.
Die erste Grundlage zu dem göttingischen akademischen
Museo gab die große und berühmte Naturaliensammlung
des Herrn Hofrath und Professor Büttner. Hierzu ka-
men die zahlreichen Geschenke von des Königs Majestät, des
Herrn Baron von Asch zu St. Petersburg, welche diese
Sammlung von Natur- und Kunstsachen zu der Einzigen in
ihrer Art machen. Vieles ist von der königl. Regierung
angekauft worden. (So eben höre ich, daß die vortrefliche
und berühmte Sammlung des sel. Andrää in Hannover
ebenfalls angekauft wird).
Im Jahre 1777 kam die Schlüterische große Mine-
raliensammlung hinzu, welche bis dahin auf der Bibliothek
zu Hannover gewesen war.
Im Jahre 1782 wurde das an Silberstufen reiche Ca-
binet angekauft. Geschenk des Königs ist, die über 350 be-
tragende Sammlung aller Südländischen Merkwürdigkei-
ten, welche der unsterbliche Cook von daher mitgebracht
hatte.
1) Zur Geschichte des Menschen gehören:
Unter den Embryonen, der sechsmonatliche Hot-
tentotte und ein ungeborner Neger von gleichem Alter.
Das Lithopaedion, was eine wassersüchtige Frau
acht Jahre bey sich in der Bauchhöhle trug. Ein Geschenk
des Herrn Hofrath Büchner zu Gotha.
Ein knochenartiger Auswuchs vom Umfange zweyer
geballter Fäuste, fast zwey Pfund schwer, der sich allgemach
am Stirnknochen eines Menschen erzeugte, ihm die Augen
aus dem Kopfe trieb, die ganzen Augenhöhlen, ganze Nase
und einen großen Theil der Hirnschaale einnahm. Ein
Geschenk vom Herrn Prof. Frank zu Pavia.
Eine Sammlung von Verknöcherungen und Steinen
verschiedner Art, aus dem menschlichen Körper.
Eine merkwürdige Verknöcherung, welche sich in ei-
nem Auge statt der Retina befand.
Die Aegyptische Mumie, Geschenk des Königs von
Dännemark.
(S. Heyne und Blumenbach in den Com-
ment. Soc. Gott. und Blumenbach)
in dem Götting. Mag.)
Eine Menge Götzenbilder; ferner Kleider und Waffen,
Schmuck der Südländer, welche Dinge als Kunstsachen nicht
allein, sondern nach ihrer Materie als Naturalien betrach-
tet werden.
Der kleine Maki oder Loris (Lemur cucang) von
Ceilan.
Das kleine formosanische Teufelchen (Manis ma-
croura); das merkwürdige Gerippe eines kleinen Affen.
Geschenk der Frau Fürstin von Waldeck.
Der aufgesägte Hirnschädel eines Elephanten, woran
der Bau der Stirnhöhlen zu sehen.
Die Hirnschaale eines Steinbocks mit den Geruch-
Organen und Hörnern.
Geschenk des Herrn Herzogs von Gotha.
Ein Horn des sibirischen Muffelthiers, oder Arga-
li, (Capra ammon.)
Geschenk des Hrn. B. von Asch.
Ein merkwürdig Stück, groß 9 Pfund schwer. Ver-
muthlich das ursprünglich wilde Schaaf.
Das einfache ostindische Nashorn, das doppelte vom
Süd-Africanischen.
Eine große Sammlung von Steinen in den Mägen
und Eingeweiden der Säugthiere.
Orientalische, vom Aegagrus am Caucasus, ver-
muthlich dem wilden Stammthiere unsrer Hausziege, oc-
[Seite 140] cidentalische vom peruvianischen Schaaf-Cameel, was
die Vicugna-Wolle giebt.
Ein großer Gallenstein, (Piedra del Porco) vom mo-
luckischen Stachelschweine (wurde vorhin mit tausend und
mehr Gulden bezahlt.)
Ein Harnblasenstein von einem wilden Schweine aus
der rußischen Tattarey, jenseit Orenburg. War ehedem
auch Arzeney und wurde theuer verkauft.
Mißgeburten von vierfüßigen Thieren und Vögeln
– zur Widerlegung der praeformirten Keime. –
Kopf, Fänge, Schwungfedern vom Lämmer-
Geyer (Vultur barbatus) merkwürdig wegen seiner Größe,
und zur Widerlegung der Meynung unsrer besten Naturfor-
scher, die ihn irrig für den Condor vom westlichen Süd-
America halten. Der zuverläßigste und bisher meist über-
sehene Character, wodurch der Lämmer-Geyer von diesem
und andern Geyern sich auszeichnet, ist der vorne am Ober-
schnadel befindliche gewölbte Rücken.
Die ziemlich unbekannte Flürlerche der Alpen, (Mo-
tacilla alpina).
Herr Latham hat sie unter zwey ganz verschiedene Ge-
schlechter gebracht, der Staare und der Grasmücke.
Zwey kleine Vögel, Baumkletter von Owhyhee,
aus deren Federn die dasigen Wilden ihren kunstreichen Fe-
derputz machen.
Die Swite der Crocodille, vom Ey an.
Eine andre Swite von dem Lebenslang geschwänzten
Süd-Americanischen Frosche, (Rana paradoxa) und noch
[Seite 141] eine andre Swite der surinamischen Kröte. In dieser ist das
wichtigste, ein Exemplar, wo die auskriechende Junge mit
Schwänzen, wie unsre Aalqvappen (gyrini) versehen sind,
was sonst die Naturforscher geleugnet, und behauptet ha-
ben, die jungen Pipas kröchen gleich als vierfüßige unge-
schwänzte Fröschgen aus dem Ey, ein Irrthum der lange
durch einen doppelten Scheingrund unterstützt ward. Theils
nämlich dadurch, daß bis dahin in Europa in keinem Cabi-
net ein Exemplar bekannt war, wo die Jungen der Pipa
geschwänzt wären, so gemein dagegen wohl Pipas mit Eyern
auf dem Rücken, als mit vierfüßigen ungeschwänzten Jun-
gen in diesen Rückenzellen zu seyn pflegen, und theils durch
den Schluß a priori, daß man meynte, die jungen Pipas
brauchten auch keine solche Ruderschwänze, da sie nicht, wie
unsre Kröten und Frösche im Wasser, sondern auf der Mut-
ter Rücken auskröchen.
Von inländischen Amphibien hat der Hr. Hofrath die
Wassermolche in die Sammlung gegeben, an denen Der-
selbe die Reproductionsversuche angestellt hat, und nun
die Reproduction der amputirten Schwänze, Beine, und
bey einer Lacerta lacustri des exstirpirten Auges, deutlich
zu sehen ist.
Von Fischen sind jene vorzüglich sehr zahlreich vorhan-
den, die Linné zu den Amphibien zählte, und Nantes
nannte.
Auch von Theilen der Fische sind interessante Stücke
vorhanden, z.B. die Belugasteine, die man in den Nie-
ren der Hausen im caspischen Meere und der Wolga findet,
und in der Südländischen Sammlung Waffen der Neu-
Caledonier mit den Stacheln des Giftrochen geschäftet.
Die verschiedenen Gattungen von apulischen Spin-
nen, die man so unbestimmt mit dem gemeinschaftlichen
Namen der Taranteln belegt. Auch die Astrachanische ist
hier.
Die Conchyliensammlung ist sehr zahlreich – an
Seltenheiten, Wendeltreppen, – ausnehmend schöne
südländische Schnecken – und unter den Muscheln ein
polnischer Hammer von einer ganz auffallenden Größe und
Gestalt.
Einige vom ältern Herrn de Luc mit unbeschreiblicher
Eleganz praeparirte Sertularien, von den englischen Kü-
sten.