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Göttingische
gelehrte Anzeigen.
Unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band
auf das Jahr 1837.

Göttingen,
gedruckt bey Friedrich Ernst Huth.

Göttingen.

[Seite 9]

Am 24. December v.J. feyerte die Königl.
Societät der Wissenschaften ihren Jahrestag zum
84sten Mahle.

Die Vorlesung hielt Herr Hofrath Haus-
mann
, welche handelte: de usu experien-
tiarum metallurgicarum ad disquisitiones
geologicas adjuvandas
, von deren Inhalte künf-
tig weitere Nachricht gegeben werden wird.

Herr Obermedicinalrath Blumenbach er-
stattete darauf den Jahresbericht, aus welchem
hier das Wesentlichste.

Das zu Michaelis wechselnde Directorium war
von Herrn Hofrath Himly in der physischen,
auf Herrn Hofrath Gauß in der mathemati-
schen Classe übergegangen.

Der große Verlust, welchen die Societät durch
den Tod zweyer verdienstvollen hiesigen Mitglie-
der, der Hofräthe Wendt und Schrader er-
litten, ist schon früher in diesen Blättern ange-
[Seite 10] zeigt. Ihnen war der auch mit der Societät
verbundene, uns unvergeßliche Geheime Cabinets-
rath Rehberg, der die letzten Jahre seines Le-
bens unter uns zubrachte, voran gegangen.

Von ihren auswärtigen Mitgliedern
sind verstorben: aus der physischen Classe,
Ant. Lorenz de Jüssieu, Prof. der Botanik
zu Paris; Sir William Knighton, Baro-
net, vormals Leibarzt Sr. Majestät Georg IV.
zu London; aus der mathematischen Classe, Jo-
hann Pond
, Königl. Astronom auf der Stern-
warte zu Greenwich;

und von ihren Correspondenten: Sir
William Blizard, Prof. und Wundarzt am
London-Hospital; Dr Fr. Agliotti, Arzt
zu Venedig; Joh. Baptista le Chevalier,
Administrator der Bibliothek der heil. Genoveva
zu Paris; Florian Caldani, Prof. zu Pa-
dua; Friedr. Gottl. von Busse, Berg-
Commissionsrath u. Professor der mathematischen
und physischen Wissenschaften zu Freyberg; Con-
rad Levezow
, Prof. der Alterthümer an der
Kön. Kunstacademie zu Berlin; Dom. Albert
Azuni
, Senator zu Nizza; Julius v. Klap-
roth
, K. Russ. Hofrath in Paris; John Gil-
lies
, Ll. D. in London; Fr. Carl Ludw.
Sickler, Schulrath und Director zu Hildburg-
hausen.

* * *

Nun zu den von der Königl. Societät für das
diesmahlige Anniversarium, so wie für die nächst-
folgenden Jahre bestimmten beiderley Preisauf-
gaben
.

Die von der physischen Classe aufgegebene
Hauptpreisfrage war:

Exhibere accuratam expositionem om-
nium secretionis organorum in plantis ad-
[Seite 11] huc observatorum, ratione simul habita
partium secretarum naturae, nec non ef-
fectus, quem secretio generatim in vege-
tationis processu procreare possit.

Zur Beantwortung war nur eine Schrift ein-
gegangen, mit dem Motto:

‘‘Minuit praesentia famam.’’

In der Einleitung verbreitet sich der Verf.
über den sehr schwankenden Begriff von Secre-
tion und Excretion im vegetabilischen Lebenspro-
ceß und bemerkt, daß, da diese Functionen
im Pflanzenleben so nahe an einander gränzen,
in die nachfolgende Darstellung eine gewisse Un-
bestimmtheit komme, indem darin oft secernieren-
de Organe aufgeführt werden, die Andere dem
Excretionsprocesse angehörig betrachten. Nach der
Meinung des Verfs ist an allen Organen der
Pflanzen, welche am bestimmtesten zur Secretion
dienen, Nichts von einem sog. drüsigen Bau zu
beobachten. Ueberall wo solche Gebilde auf der
Oberfläche der Pflanzen auftreten, finde man,
daß die von ihnen abgesonderten Stoffe viel mehr
zu den Excretionen als zu den Secretionen ge-
hören. Wichtig sey daher eine sehr specielle Un-
tersuchung der sog. drüsigen Structur. Nach
der Ansicht des Verfs sind es Zellen, welche die
verschiedenen Stoffe absondern, die bald im In-
nern des Gewebes der Pflanzen liegen, bald
über ihre Oberfläche hinaus ragen. Diese hat
man vorzugsweise mit dem Namen der Drüsen
belegt.

I. Ueber die Organe der Pflanzen,
welche Luft secernieren.

Die Secretion der Gasarten liegt noch sehr
im Dunkeln. Nur durch die Analogie geleitet,
stellt man eine große Anzahl Lust führender Or-
[Seite 12] gane als vermuthliche Secretionsorgane auf; irrt
aber ohne Zweifel oft, indem jene Organe viel-
leicht Nichts mehr als bloße passive Behälter ei-
ner Luft sind, die nicht durch Secretion entstan-
den, sondern entweder aus den aufgenommenen
Nahrungsflüssigkeiten mechanisch geschieden wor-
den, oder in die Behälter eingedrungen ist, so-
bald Feuchtigkeit aus derselben verdampft. Ueber
die Weise, wie die unzähligen Luftbehälter mit
Gasarten gefüllt werden, getraut sich der Verf.
nur Vermuthungen aufzustellen. Die Luftbehäl-
ter entstehen nach dem Verf. entweder durch Zer-
reißungen im Zellgewebe, oder durch bloßes Aus-
einandertreten der Zellenreihen. Die ersteren
nennt er Lücken, Lufthöhlen, die letzteren Luft-
gänge, Luftkanäle. Die Lücken entstehen im fort-
schreitenden Alter der Pflanzen. Der Verf. hält
sie für keine Secretionsorgane, sondern für pas-
sive Luftbehälter. Ausführliche Bemerkungen über
die blasenförmigen Luftbehälter der Fucus-Arten.
Der Verf. ist geneigt zu glauben, daß bey die-
sen eine wirkliche Secretion von Luft statt findet.
Die Luftgänge ober Luftkanäle sieht der Verf.
für wirkliche Secretionsorgane an. Viele schätz-
bare Bemerkungen über ihren Bau. Auch be-
sonders von den streitenden Ansichten der Pflan-
zenphysiologen über die Function der Intercellu-
largänge, welche der Verf. auszugleichen versucht.
Beobachtungen über das Vorkommen von crystal-
lisiertem kohlensauren Kalk an den innern Wän-
den der Luftkanäle gewisser Pflanzen, nebst dem
Versuche, seine Entstehung zu erklären. Ueber
Crystalle im Zellengewebe der Agave. Treffliche
Beobachtungen über den merkwürdigen Bau der
Blasen oder sog. Schläuche der Gattung Utricu-
laria
, die zu den Luft secernierenden Organen
gehören. Die Luft wird nach dem Verf. nicht
[Seite 13] auf die von Decandolle angegebene Weise, son-
dern von der innern Zellenwand, der Blase, und
wahrscheinlich von den Haaren, welche die innere
Fläche bedecken, abgesondert. Auch über die
schlauchartigen Blattanhänge der Nepenthes de-
stillatoria
, welche nach den Beobachtungen des
Verfs im jugendlichen Zustande fast ganz mit
Luft gefüllt sind, später aber bekanntlich Wasser
enthalten.

II. Ueber die Organe der Pflanzen,
welche Schleim, Gummi, Oel, Balsam
und Harze im Innern des Zellgewebes
absondern
.

Auch diese Organe entstehen durch ein Aus-
einandertreten der Zellenreihen, oder durch Er-
weiterung eines Intercellularganges, ohne daß
dabey die Zellenmasse verletzt wird. Die Zellen,
welche unmittelbar um diese Gänge liegen, oder
vielmehr dieselben bilden, sind es, die der Ab-
sonderung des Stoffes vorstehen, welcher die
Gänge erfüllt. Beleuchtung der verschiedenen
Meinungen über die Harzgefäße. Mit der Harz-
secretion verhält es sich wie mit der Secretion
der Luft, daß keine eigenthümlich gebildete Or-
gane dazu erforderlich sind, sondern die Zellen,
welche das Vermögen besitzen, in ihrem Innern
Luft zu schaffen, können auch Harze bilden und
wenn sie diese nach gewissen Richtungen hin ab-
lagern, so entstehen an diesen Stellen erweiterte
Intercellulargänge, welche endlich zu der Größe
und der eigenthümlichen Anordnung der Zellen
kommen, wie sie bey ausgebildeten Organen der
Art zu beobachten. Von den Harzgängen der
Coniferen. Der Saft von Rhus typhinum sey
kein Milchsaft, sondern ein flüssiges Harz. Von
den Harzgängen in den Wurzeln bet Umbellaten.
Sie machen den Uebergang zu den Oelgängen,
[Seite 14] von welchen nächstdem gehandelt wird. In den
Fruchthüllen der Umbellaten haben sie eine ähn-
liche Structur wie die Harz- und Balsamgänge,
nur sind sie niemals so lang. Die Schleim-
und Gummigänge find noch einfacher als die
Harzgänge; es sind ebenfalls Kanäle, die durch
Erweiterung eines Intercellularganges und be-
stimmte Aneinanderreihung der Zellen gebildet
werden; jedoch sind sie weder von der außeror-
dentlichen Länge der Harzgänge, noch mit so re-
gelmäßig abgeglätteten Wänden. Sie sind bald
eckig, bald rund, und von außerordentlich klei-
nem Querschnitt. Ueber die bekannten Gummi-
gänge in den grünen Schalen der unreifen Früch-
te des Mandelbaums und in den Knospen der
Linde; über die im Parenchym des Cactus ala-
tus
, bey den Malvaceen, den Zamien.

III. Von den eigentlichen Drüsen der
Pflanzen
.

Der Verf. schließt bey Aufzählung der Drü-
sen alle diejenigen Gebilde aus, welche keinen
besonderen Saft absondern. Er unterscheidet äu-
ßere Drüsen, die auf der Oberfläche der Pflanzen
liegen, und innere, die im Innern des Pflan-
zengewebes abgelagert sind. Bey den äußeren
Drüsen werden einfache und zusammengesetzte un-
terschieden, und die ersteren in gestielte und un-
gestielte getheilt. Zahlreiche Beobachtungen über
die Entstehung der Haare, welche die Stiele ein-
facher Drüsen bilden. Die Verschiedenheit der
einfachen Drüsen hinsichtlich der Form und des
Inhaltes ist außerordentlich groß. Der Form
nach unterscheidet der Verf. elliptische, kugelför-
mige, becherförmige und hutförmige, welche Be-
nennungen übrigens nicht immer mit denen von
Guettard zusammenfallen. Ueber die nahe Ver-
wandtschaft zwischen den einfachen gestielten Drü-
[Seite 15] sen und den Haaren der Pflanzen. Der Verf.
führt die Organe, welche Guettard mit dem Na-
men der Glandes miliaires belegte, die man
nachher aber Spaltöffnungen (Stomata), Poren,
und später Hautdrüsen genannt hat, unter dem
Namen der einfachen, ungestielten Drüsen auf,
und sucht die bestrittene Meinung geltend zu ma-
chen, daß diese Organe eben so gut als Drüsen
angesehen werden müssen, als die gestielten. Bey-
läufig darüber, daß das sog. Athemholen nicht
allgemein bey den Pflanzen ist. Der Verf. be-
kennt sich zu der Ansicht, daß die Hautdrüsen
bey ihrem Nebengeschäft, nähmlich dem Oeffnen
und Schließen der darunter liegenden, Luft füh-
renden Höhlen, die Natur der Drüsen besitzen,
daß sie nähmlich die Aushauchung der Wasser-
dämpfe und der darin enthaltenen Gasarten be-
wirken, welches man die Transpiration der Pflan-
zen genannt hat. Die zusammengesetzten Drüsen
werden wie die einfachen aus bloßen Zellen ge-
bildet; doch treten hierzu mehr oder weniger
große Massen zusammen, die, gleich wie die ein-
fachen Drüsen, eine mehr oder weniger regelmä-
ßige, sphärische Form annehmen. Es finden Ue-
bergänge zwischen einfachen und zusammengesetz-
ten Drüsen statt, daher keine scharfe Gränze un-
ter ihnen anzunehmen. Nur für die beschreibende
Botanik ist nach dem Verf. die Unterscheidung,
von Wichtigkeit. Die zusammen gesetzten Drü-
sen sind zuweilen in ihrem Innern hohl, und
dann sind sie mit einer secernierenden Substanz
erfüllt. Ein auffallendes Beyspiel liefern die be-
kannten Oel führenden Drüsen von Dictamnus
albus
, über deren Bau und Function der Verf.
genaue Beobachtungen mittheilt. Interessante
Beobachtungen über die merkwürdigen Drüsen
auf der unteren Fläche der Blätter, und beson-
[Seite 16] ders auch an den weiblichen Blüthen des Ho-
pfens (Humulus Lupulus) zumal über die leb-
hafte freye Bewegung der darin befindlichen Kü-
gelchen. Aehnliche Drüsen auf der unteren Blatt-
fläche von Ribes nigrum. An diese Abtheilung
von Drüsen reihet der Verf. die, welche durch
die Secretion eines auf die Haut des Menschen
ätzend wirkenden Saftes sich auszeichnen, wie
namentlich bey den Nesseln. Der Verf. theilt
darüber genaue Beobachtungen mit, wodurch er
die gewöhnliche Vorstellung von jenem Gegen-
stände zu berichtigen sucht, indem er zeigt, daß
nicht die Haare das Brennen verursachen. Aehn-
liche Organe bey den Jatrophen, Loasen; dage-
gen aber nicht bey Malpighia urens. Von ei-
ner besonderen Art von Drüsen, für welche der
Verf. den Namen Perldrüsen vorschlägt, die na-
mentlich bey einigen Arten der Begonia, Ce-
cropia u.A. beobachtet worden. Ueber den Bau
und das Vorkommen der inneren Drüsen, glan-
dulae impressae
bey Link, glandulae vesi-
culares
bey Decandolle, in deren Zellen ein
ätherisches Oel sich erzeugt. Von den Nectarien.
Der Verf. pflichtet der Ansicht von Kurr bey,
daß die Secretionen der Nectarien durch bloßes
Zellgewebe ausgeführt werden, daß aber die Spi-
ralröhren oder sog. Gefäße dabey keinen unmit-
telbaren Einfluß haben. Es scheint ihm nicht
unwahrscheinlich zu seyn, daß die Nectar-Ab-
sonderung mit dem Befruchtungsacte in einem
innigen Zusammenhange steht, und daß dieser
Prozeß dazu bestimmt ist, eine Gleichmäßigkeit
in den Bestandtheilen der Pflanzen hervor zu ru-
fen, indem er die übermäßige Ausscheidung von
Kohle durch die Absonderung der ätherisch-öligen
und harzigen Stoffe gleichsam compensiert.

[Seite 17]

IV. Ueber die Secretion besonderer
Stoffe durch einzelne Zellen im Innern
des Pflanzengewebes
.

Zusätze zu den von Link bekannt gemachten
Beobachtungen über die Absonderung eines ge-
färbten Saftes innerhalb des Zellengewebes der
Lysimachia punctata. Ueber die Ablagerung
eines salzigen Stoffes in den Zellen der Aloe-
Arten, der Valeriana-Stengel, so wie über
ähnliche Absonderungen bey anderen Pflanzen.

V. Von den Lebenssaft-Gefäßen,
oder den Milchgefäßen der Aelteren.

Bekanntlich sind diese Gefäße Gegenstand ei-
nes wissenschaftlichen Streites gewesen, der durch
Hrn. L. Treviranus aufs Neue wieder ange-
regt worden. Der Verf. hält sich mit Anderen
überzeugt, daß die Milchsaftbehälter sich dadurch
von den Harz-, Balsam-, Gummi-, Oel- und
Luftgängen wesentlich unterscheiden, daß sie ihre
eigenen Wände besitzen. Den von Schultz für
das in diesen Gefäßen Enthaltene gewählten,
und von mehreren neueren Phytotomen angenom-
menen Namen, ‘‘Lebenssaft’’, findet der Verf.
mit Recht nicht ganz passend. Die Richtigkeit
der Angaben von L. Treviranus über jene
Gefäße wird von dem Verf. bestritten. Für die-
jenigen, welche nicht im Besitze eines guten Mi-
croscopes sind, um den Lauf des Milchsaftes zu
beobachten, schlägt der Verf. eine Untersuchung
der Verbreitung des Gefäßnetzes in den Blättern
solcher Pflanzen vor, die, wie Chelidonium
majus
, einen gelben Milchsaft führen, bey denen
die Erscheinung des Hin- und Zurückströmens
des Saftes leicht und unzweydeutig zu erkennen.
Ueber die freye Bewegung der Milchsaftkügelchen,
wobey der Verf. nachzuweisen sucht, auf welche
Weise Hr Schultz bey seinen Beobachtungen
[Seite 18] über die Gestaltung des Milchsaftes getäuscht
worden sey. Hinsichtlich der Bestandtheile dieses
Stoffes lassen sich nach der Ansicht des Verfs
drey Hauptgruppen unterscheiden, je nachdem
Harz, neben welchem Gummi auftritt, oder
Caoutschuk, oder vegetabilisches Wachs, nebst
einer großen Menge eines dem Faserstoffe ähnli-
chen Stoffes darin vorherrscht. Ueber die Fär-
bung des Milchsaftes.

VI. Schluß.

Rückblick auf die Structur der secernierenden
Organe und die Erscheinungen, welche die Se-
cretion begleiten. Besonders auch über die Ab-
sonderung verschiedener Stoffe an der äußeren
Oberfläche mancher Gewächse.

Zehn Tafeln mit sehr sauberen Zeichnungen,
deren ausführliche Erklärung angehängt ist, be-
gleiten die Abhandlung.

Bey dem großen Umfange und den außeror-
dentlichen Schwierigkeiten der Aufgabe, war eine
in allen Stücken befriedigende Lösung derselben
nicht wohl zu erwarten. Obige Arbeit zeugt in-
dessen von großem Fleiß; das Bekannte ist darin
mit sorgfältiger Critik möglichst vollständig zu-
sammengestellt, und durch eine bedeutende An-
zahl neuer Beobachtungen, so wie durch manche
eigenthümliche Ansichten bereichert. Wenn auch
gegen diese hie und da etwas zu erinnern seyn
sollte, so geht daraus doch ein nicht unbedeuten-
der Gewinn für die Anatomie und Physiologie
der Pflanzen hervor, in welcher Hinsicht die
Wünsche der Societät erreicht sind. Einstimmig
ist daher obiger Abhandlung, ob sie gleich mit
keiner anderen concurriert, und gegen die Regel
deutsch verfaßt ist, der Preis zuerkannt.

[Seite 19]

Auf dem in der Sitzung entsiegelten Zettel
nannte sich als Verfasser der Preisschrift:

Dr. J. Meyen
Professor an der Universität zu Berlin.

Die öconomische Preisfrage:

‘Eine gründliche Prüfung der physica-
lischen und chemischen Eigenschaften des
Basaltischen Bodens, nebst einer Erör-
terung seines Einflusses auf die Vege-
tation überhaupt, und die Culturge-
wächse insbesondere.’

war unbeantwortet geblieben, daher die Königl.
Societät beschlossen hat, diese Aufgabe für einen
späteren Termin zu erneuern.

* * *

Die für die nächstfolgenden Jahre be-
stimmten Preisfragen sind folgende, und zwar
zuerst für den Hauptpreis:

Für den November 1837 von der ma-
thematischen
Classe:

Adiumento copiae satis magnae expe-
rimentorum idoneorum atque exactorum
stabilire theoriam resistentiae corporum
in aëre tam lente motorum, ut prae ter-
mino a potestate prima celeritatis pen-
dente omnes reliqui pro insensibilibus ha-
beri possint, et quidem talem, quae va-
lorem numericum coefficientis celeritatem
multiplicantis quatenus a figura superfi-
ciei resistentiam patientis motusque di-
rectione pendet, ex asse determinare
doceat.

Ausführlicher ist diese Preisfrage schon in die-
sen Anzeigen von 1834 im 204. Stück bekannt
gemacht.

[Seite 20]

Für den November 1838 von der histo-
risch-philologischen
Classe:

Cum de incunabulis et primis incre-
mentis tragicae poëseos viri docti jam sa-
tis disputasse videantur, ad absolvendam
tragoediae graecae historiam nihil magis
desiderari videtur, quam eorum tragico-
rum, qui eodem quo Aeschylus, Sopho-
cles et Euripides tempore in scena flo-
ruerunt, et eorum qui insequentibus ae-
tatibus usque ad Alexandrum Macedonem
artem jam afflictam et ruentem sustenta-
vere, perfectior notitia. Quam ob rem So-
cietas Sc. R. Gottingensis optat, ut ho-
rum tragicorum quod fuerit poeseos ge-
nus, qui peculiaris unius cujusque
χα-
ρακτήρ,
quae saeculi et hominum virtu-
tes et vitia in carminibus eorum conspi-
cua, ex antiquitatis judiciis et tragoe-
diarum, quas illi condiderunt, reliquiis,
quantum fieri potest, demonstretur, et –
quod maximi momenti esse videtur ad
subtiliorem Atticae literaturae cognitio-
nem – quam vim studia sophistica et
rhetorica et alia poëseos genera, impri-
mis dithyrambicum, in illorum poësin
exercuerint, studiose inquiratur.

Nun eine neue für den November 1839 von
der physischen Classe:

Inter ea, quae recentioribus temporibus
in Mineralogia comperta habuimus maxi-
me memorabile est, quod substantiae quae-
dam crystallinae exstant, quae chemice
aequaliter constitutae, in crystallisationi-
bus diversorum systematum occurrunt.
Sed fuerunt qui nonnulla de hoc Dimor-
[Seite 21] phismo relata addubitarent; neque diffite-
ri licet, conditiones hujus rei plane fere
latere. Propterea Regia Societas scien-
tiaram proponit quaestionem, ut

experientiae, quae hucusque de Di-
morphismo
qui dicitur substantiarum
quarundam innotuerunt, critice recen-
seantur, conditionesque unde haec res
pendeat, explicentur.

Reg. Societas desiderat, ut in solvenda
hac quaestione non solum naturales sub-
stantiae minerales, sed etiam alia corpora
arte preducta respiciantur, et ut crystal-
la experimentis parata, documentorum in-
star una transmittantur.

Es gehört zu den merkwürdigsten neue-
ren Erfahrungen in der Mineralogie, daß
es gewisse crystallinische Substanzen gibt,
welche bey gleicher chemischer Constitution
in Crystallisationen von verschiedenen Sy-
stemen vorkommen. Indessen sind gegen
einige diesen Dimorphismus betreffende
Angaben Zweifel erhoben; so wie das,
was dieser Erscheinung zum Grunde lie-
gen mag, noch so gut wie ganz verbor-
gen ist. Die Königl. Societät der Wis-
senschaften stellt daher als Preisfrage:

‘Eine critische Revision der bisher über
den sogenannten Dimorphismus ge-
wisser Substanzen bekannt gewordenen
Erfahrungen, nebst einer Ausmittelung
der Bedingungen, von welchen diese
Erscheinung abhängig ist.’

Die Königl. Societät wünscht, daß bey
Beantwortung dieser Frage nicht bloß
[Seite 22] natürliche Mineralsubstanzen, sondern auch
andere künstlich dargestellte Körper be-
rücksichtigt werden, und daß die bey den
Versuchen erhaltenen Crystalle als Belege
der Angaben übersandt werden mögen.

Die Concurrenzschriften müssen vor Ablauf
des Septembers jedes Jahrs postfrey einge-
sandt seyn.

Der für jede dieser Aufgaben gesetzte Preis
beträgt funfzig Ducaten.

* * *

Die von der Königlichen Societät für die näch-
sten vier Termine aufgegebenen öconomischen
Preisfragen sind folgende:

Für den Julius 1837:

‘Unter welchen Umständen, zumal bey
welchen Boden- und Fruchtarten, ist
die Knochendüngung mit Vortheil an-
zuwenden, und welches Verfahren hat
sich dabey als das vorzüglichste be-
währt?’

S. diese Anzeigen von 1836. S. 1140.

Für den November 1837:

‘Eine gründliche Untersuchung, auf
welche Weise der Hanfbau im König-
reiche Hannover mit Nutzen zu erwei-
tern, und unter Berücksichtigung der
in anderen Ländern üblichen Verfah-
rungsarten, wesentlich zu verbessern
seyn dürfte.’

S. diese Anzeigen von 1836. S. 1141.

Für den Julius 1838:

‘Welchen Einfluß hat der gebrannte
Thon
bey seiner Anwendung zur Ver-
[Seite 23] besserung der Aecker; wie ist seine
Wirksamkeit zu erklären; und auf wel-
che Weise und unter welchen Verhält-
nissen macht man davon den vortheil-
haftesten Gebrauch?’

Für den November 1838 ist folgende Preis-
frage von neuem aufgegeben:

Der günstige Einfluß des durch Ver-
witterung des Basaltes und einiger an-
derer ihm nahe verwandter Gesteine ge-
bildeten Bodens auf viele Gewächse ist
zwar im Allgemeinen bekannt; aber noch
nicht genügend sind seine physicalischen
und chemischen Beschaffenheiten unter-
sucht, und seine Einwirkungen auf die
Vegetation nachgewiesen und erklärt. Die
Königl. Societät verlangt daher:

‘Eine gründliche Prüfung der physica-
lischen und chemischen Eigenschaften des
Basaltischen Bodens, nebst einer Erör-
terung seines Einflusses auf die Vege-
tation überhaupt, und die Culturge-
wächse insbesondere.’

* * *

Der gewöhnliche Preis für die beste Lösung
jeder der vorstehenden öconomischen Aufgaben, be-
trägt zwölf Ducaten, und der äußerste Ter-
min, bis zu welchem die zur Concurrenz zu-
lässigen Schriften bey der Kön. Societät postfrey
eingesandt seyn müssen, ist für die auf den
Julius ausgesetzten Preisfragen der Ausgang
des Mayes, so wie hinsichtlich der für den
November aufgegebenen, das Ende des Sep-
tembers
.




Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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