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Taschenbuch
zum
Nutzen und Vergnügen
fürs Jahr 1788.

Mit
Kupfern von Chodowiecky,
nebst den
neuesten Frauenzimmer- und
Manns-Kleidungen, in Kupfer.

Göttingen,
bey Johann Christian Dieterich.

Manipulation
bey den Morgenländern
.

[Seite 172]

Einer der aufgeklärtesten Reisenden unserer
Zeit, Herr le Gentil, zweifelt daß irgend ein
Volk auf der Erde sey, das ein solches raf-
finirtes Studium aus der großen Kunst des
sinnlichen Genusses gemacht habe, als die
Indier. Zu einem Beweis dafür, statt aller,
erzählt er wie sich diese uppigen Menschen
manipuliren lassen; indem sie sich leicht be-
kleidet auf ein Sopha legen, und von einer
in dieser Kunst initiirten Person am ganzen
Leide mit den Händen gestrichen, gerieben
u.d.m. werden.

Diese Operation, sagt Hr. le G. ist viel-
leicht eine der wollüstigsten und sinnlichsten
die je die Liebe zum Vergnügen ausgefunden
hat. – Sie erregt die entzückendsten Empfin-
dungen, unter welchen man dann, wie vom
[Seite 173] süßesten Rausch, in Schlaf verfällt. Auch
viele dortige Europäische Frauenzimmer fin-
den ein solches Wohlbehagen an dieser Hand-
habung, daß sie sich täglich zu gewissen
Stunden in diesen merkwürdigen Schlaf ein-
manipuliren lassen.

Ein Englischer Reisender in jene Gegen-
den, Herr Grose, versichert, die Empfindun-
gen die durch diese Manipulation erweckt
würden, seyen bey manchen Personen zum
erstaunen, so daß sie eine Art von wollüsti-
gem Hinbrüten oder Außersichseyn bewürken,
die zuweilen in eine würkliche Ohnmacht über-
gehe. Er bringt dabey einige Stellen aus dem
Martialis und andern Schrifstellern an, wo-
raus sich ergiebt, wie gut sich auch schon die
üppigen Römer auf den Genuß dieses sinn-
lichen Vergnügens verstanden haben.

B.


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Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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