Die Absicht bey der Herausgabe dieser
Hefte ist, nach und nach einen nützlichen
Vorrath von getreuen und entweder noch gar
nicht, oder doch nur wenig bekannten Ab-
bildungen merkwürdiger und nicht gemeiner
naturhistorischer Gegenstände zu liefern.
Folglich bleiben davon 1) allgemein be-
kannte hieländische Geschöpfe, und 2) die,
so in und aus allgemein bekannten Werken
(wie z.B. dem Büffonischen) schon so oft
vorgestellt worden, gänzlich ausgeschlossen.
Sondern, diese Abbildungen sollen ent-
weder
1) aus der Natur selbst, zumahl von
Stücken im academischen Museum und mei-
ner eignen Sammlung; oder
2) aus Handzeichnungen und andern nicht
gemeinen schönen Blättern; oder
3) aus seltnen (wenigstens in Deutschland
nicht leicht zu habenden) Schriften, entlehnt
[[4]] werden, deren die academische Bibliothek eine
so ausnehmend reiche Fülle besitzt.
Um die Arbeit desto gemeinnütziger zu
machen, sollen alle überflüssige typographi-
sche Zierathen vermieden, und daher z.B.
nur die wenigen Figuren ausgemahlt werden,
die ohne Illumination undeutlich bleiben
würden.
Hingegen soll ein Kupfer nie mehr als
Einen Gegenstand, oder höchstens sehr nah
verwandte und zur Vergleichung zweck-
mässig zusammen gestellte, enthalten: und so
auch die Erklärung eines jeden Kupfers auf
ein besonderes Blatt kommen, damit die Be-
sitzer das Ganze nach jeder ihnen selbst be-
liebigen Ordnung legen können.
Was schon im Handbuch der Na-
turgeschichte über die in diesen Heften
abgebildeten Gegenstände gesagt ist, wird in
denselben nicht wiederholt. Hingegen werde
ich der Erklärung gelegentlich eine oder die
andre nicht eben bekannte speciellere Bemer-
kung über diese Gegenstände beyfügen.
Göttingen, den 24. Jan. 1810.
Joh. Fr. Blumenbach.
Sie machen um so schicklicher den Anfang
in dieser Sammlung, da mir kein anthropolo-
gisches, oder überhaupt naturhistorisches Werk
bekannt ist, worin ächte, porträtmässige und
characteristische Abbildungen der wichtigsten
Rassen im Menschengeschlecht enthalten wären.
Selbst in den kostbaren neuen Trachten-
büchern von Bar, Düflos, Viero u.a. sind
höchstens einige der darin vorkommenden Eu-
ropäischen gekrönten Häupter als getroffene
Porträte anzusehen, hingegen die übrigen Fi-
guren, zumahl die von wilden Völkerschaften
[[6]] fremder Welttheile, was die Gesichtsbildung
betrifft, bloss aufs willkührliche Gerathewohl
hingeworfen.
Hier sind hingegen die characteristischen
und von Meisterhand nach dem Leben ge-
zeichneten Porträte von 5 schon an und für
sich interessanten Personen aus den verschie-
denen Menschen-Rassen gewählt, deren voll-
kommen getroffne Ähnlichkeit sicher verbürgt
werden kann.
Der Calmücke (1) repräsentirt die Mongo-
lische Rasse;
So wie der Mohawk (2) die Americanische;
Der Persianer (3) die Caucasische;
Der Otaheite (4) die Malayische;
und der Neger (5) die Aethiopische.
Die physiognomischen Unterscheidungszei-
chen dieser 5 Rassen habe ich in der 3ten
[[7]] Ausgabe der Schrift de generis humani varie-
tate natiua S. 177 u.f. ausführlich angegeben;
wo auch 5 musterhafte Schedel von denselben
aus meiner Sammlung abgebildet sind, die man
mit den gegenwärtigen 5 Porträten verglei-
chen kann.
Hier nur soviel: – Die Caucasische Rasse
ist nach allen physiologischen und historischen
Datis wahrscheinlich der Urstamm, der mit
der Zeit durch die verschiedenen Ursachen der
Degeneration in die beiden Extreme, näm-
lich einerseits in die Mongolische R. mit dem
platten Gesichte; und anderseits in die Aethio-
pische mit den prominirenden Kiefern, aus-
geartet.
Die Americanische macht in der Bildung
den Übergang von der Caucasischen zur
Mongolischen, so wie die Malayische den zu
der Aethiopischen.
In den Hauptzügen nämlich ähnelt zwar
die Americanische der Mongolischen, so wie
[[8]] die Malayische der Aethiopischen; nur sind sie
in jenen beiden Übergangs-Rassen (der Ame-
ricanischen und der Malayischen) annoch stär-
ker ausgewirkt, zumahl im Profil mehr hervor-
springend als in den beiden Extremen. (der
Mongolischen und Aethiopischen R.)
Nun von jedem dieser 5 Köpfe ein Wort
insbesondere.
Dieser wegen seiner grossen Künstler-Ta-
lente berühmte Calmücke war vor etlichen und
50 Jahren als ein kleiner Bube von der Rus-
sischen Kaiserinn an die Erbprinzessinn von
Baden geschenkt, dann in Carlsruh erzogen
worden, und lebte nachher als kunstreicher,
allgemein bewunderter Zeichner lange Zeit in
Rom, wo der sel. Legations-Secretär Tatter
im Herbst 1792 dieses Bildniss desselben, von
ihm selbst in schwarzer Kreite verfertigen las-
sen und mich damit beschenkt hat. Es wird
sowohl wegen der unübertrefflichen geschmack-
vollsten Manier, als wegen der sprechenden,
wie aus dem Spiegel genommenen Ähnlich-
keit, doppelt schätzbar. Für diese bürgt mir
[[12]] das einstimmige Zeugniss so vieler Reisenden,
die diesen grossen Künstler in Rom gesehen,
und dann diess Bild, das ohne Unterschrift in
meiner anthropologischen Sammlung hängt, im-
mer beym ersten Eintritt von selbst erkennen.
Jene aber ist so ganz ausnehmend, dass das
Bild von Künstlern und andern Kennern ohne
Ausnahme als ein wahres Meisterstück in die-
ser Manier bewundert wird.
Interessante Lebensumstände von Feodor
und Nachrichten von seinen kunstreichen Ar-
beiten finden sich sowohl in der 2ten Ausg. von
Meusel’s teutschen Künstlerlexicon als in der
Fortsetzung des Fuesslischen allgemeinen.
Ein unter dem Namen von Cptn Joseph
Brant auch in Europa bekannter Heerführer
der Mohawks oder der ehedem so genannten
Sechs Nationen: ein Mann von ausgezeichne-
ten Fähigkeiten und grossem Einfluss, der sich
vor 50 Jahren in politischen Angelegenheiten
in London aufgehalten, wo der grosse Por-
trätmahler Romney ein Kniestück von ihm
verfertigt, das von J.R. Smith vortrefflich in
schwarzer Kunst gestochen worden.
Ein Aufsatz den dieser so genannte Wilde
zur Widerlegung der ehedem von einigen
Reisebeschreibern behaupteten natürlichen Bart-
losigkeit der Americaner verfertigt, ist im 76ten
Bande der philosophical Transactions v.J. 1786
abgedruckt.
Als Repräsentant der Caucasischen Rasse,
wohin überhaupt die nach unsern Begriffen
von Schönheit bestgebildeten Menschen gehören.
Dieser berühmte A. 1665 verstorbne Vezier
des Grosmoguls Aurungzebe, und überhaupt
einer der grössten Feldherren und Staatsmän-
ner seines Zeitalters, war von Geburt ein Per-
sianer aus Ardistan bey Ispahan.
Sein Bild hier ist aufs getreuste nach einem
wunderschönen mit der äussersten Feinheit aus-
geführten Hindostanischen Gemählde (Rogmala)
gestochen, das ich der Güte des Herrn Professor
Bunsen verdanke, und den tapfern Krieger in
[[20]] seinem Frauenzimmer (Zananáh) neben einer
seiner Weiber mit neun Sclavinnen und ei-
nem Schwarzen Verschnittenen vorstellt. Es ist
das Original zu dem bekannten schönen (aber
freylich sehr manierirten) Kupfer von Fol-
kema, das F. Valentyn in den Levens der
groote Mogols (in seinem Oost-Indien IV. D.
2. St. vol. VI. pag. 264) stechen lassen und aus-
führlich beschrieben hat.
Umständliche Nachrichten von des wackern
Jumla’s Leben, Thaten, Character etc. s. in
Dow’s History of Hindostan vol. III., zumahl
pag. 201 und 359 u.f.
Der allgemein bekannte Otaheite (oder eigent-
lich von Ulietea) der ehedem eine Art von
Page bey der Königinn Oberea gewesen, den
dann Cptn Furneaux A. 73 nach London, und
Cptn Cook, auf seiner letzten Reise A. 79 wie-
derum in sein Vaterland zurück gebracht, wo
er einige Jahre nachher gestorben.
Weniger halte ich es für einen Beweis seiner
Gelehrigkeit, dass er in Kurzem bewunderns-
würdige Fortschritte im Schachspiele machte,
als dass er den feinen Londner Weltton sehr
bald so gut angenommen hatte, dass der be-
rühmte Dr. Johnson, da er einst mit ihm in
Gesellschaft speisste, und O-Mai neben Lord
Mulgrave dem Dr. gegen über an der Fenster-
[[24]] seite sass, so dass diesen das Licht blendete,
er, seinem eignen Geständniss nach, bey der
Eleganz von O-Mai’s Manieren, ihn anfangs
nicht von dem Lord unterscheiden konnte.
So wohl es aber auch dem guten Otahei-
ten in London ward, so sehnte er sich doch
herzlich wieder nach seinem glücklichen Him-
mel und nach dem dulce natale solum seiner
gepriesenen Insel. Er sagte davon einst kurz
vor seiner Abreise zu einer Englischen Dame:
‘“Zwar gibt es bey mir keine Pferde und kein
Franz-Obst und keine Thee-Tische: – ach
Miss ich gehe ohne das alles, und – doch
werde ich dort froh seyn!”’
Sein Bild ist von dem vortrefflichen grossen
Blatt genommen, das Jacobe nach dem Origi-
nal-Gemählde von Sir Joshua Reynolds ge-
stochen hat, und ähnelt genau einem meister-
haften Miniatur-Gemählde O-Mai’s, womit
Lady Banks meine Sammlung bereichert hat.
Von diesem auch durch seine Predigten und
andere Schriften so er in lateinischer und hol-
ländischer Sprache herausgegeben, bekannten
Neger, habe ich im 1ten Theil der Beyträge
zur Naturgeschichte. S. 93 der zweiten Auflage
Nachricht gegeben, wo ich überhaupt genug
Beyspiele von talentreichen Negern, zumahl
von solchen die sich als Schriftsteller ausge-
zeichnet, aufgestellt habe; und bin noch jetzt
der daselbst geäusserten Ueberzeugung, dass
mir kein sogenanntes wildes Volk unter der
Sonne bekannt ist, das sich durch solche Bey-
[[28]] spiele von Perfectibilität und selbst wissen-
schaftlicher Culturfähigkeit so ausgezeichnet
hätte, als die Neger.
Das Original von Herrn Capitein’s Bilde
hat P. Tanjé nach P. van Dyk gestochen.
Eine der allermerkwürdigsten und schon
seit einer guten Reihe von Jahren wenigstens
in manchen Ländern von Europa nicht un-
bekannten und doch in unsern Zoologien
noch fast unberührten Hunderassen, deren auf-
fallende Eigenheiten im Handbuch der Natur-
geschichte angegeben sind.
Wann und von wannen aber diese Hunde
zuerst nach Neufundland gekommen, darüber
kann ich noch keinen befriedigenden Aufschluss
auffinden. Dass sie bey der ersten Niederlas-
[[32]] sung der Engländer A. 1622 noch nicht als
solche dort einheimisch gewesen, schliesse ich
aus des braven Cptn Rich. Whitbourne’s
eben so classischen als äusserst seltnen Dis-
course and Discovery of New-found-land; pu-
blished by Authority. Lond. 1622. 4. worin er
S. 8. unter den dort einheimischen Thieren den
Wolf, aber nicht den Hund nennt; und hin-
gegen gleich nachher sagt, dass seine eigne
Dogge (mastiffe dogge), von welcher Art
Thiere (wie er ausdrücklich hinzusetzt) sonst
dort zu Lande keins noch gesehen worden, sich
mehrmahlen unter die dasigen Wölfe gemacht
und mit ihnen zu Holze gezogen, 9 bis 10
Tage bey ihnen geblieben, und dann unver-
sehrt wiederum zurück gekommen sey.
Die Zeichnung ist nach dem Leben von ei-
nem den ich besessen.
Nach einer trefflichen Tabula anecdota die
P. Camper kurz vor seinem Tode nach seiner
meisterhaften Handzeichnung auf einem ein-
zelnen nicht ins Publicum gekommenen Blatte
von Rein. Vinkeles stechen lassen.
Die Verschiedenheit im Totalhabitus dieser
beiden Schedel, zumahl aber in Rücksicht des
Gebisses, fällt von selbst in die Augen.
Das Africanische Rhinocer hat keine Vor-
derzähne, sondern vorn am Gaumen nur ein
ganz kleines und blindes os intermaxillare.
Beym Asiatischen hingegen ist dieser be-
rühmte Knochen grösser und fasst zwey hurze
stumpfe Vorderzähne, der Unterkiefer aber
zweye von fast Pfriemenartiger Gestalt. Auch
reichen bey diesem die Backenzähne nicht so
weit vor als bey jenem, sondern sind durch
einen ansehnlichen leeren Zwischenraum von
den Schneidezähnen getrennt.
Folglich müssten nach dem Linnéischen
System, wo die Säugethiere nach dem Bau des
Gebisses geordnet sind, diese beiden, einander
übrigens so ähnliche Geschöpfe, in zwey ganz
verschiedene Ordnungen von einander versetzt
werden. Das Africanische müsste unter die
Bruta, das Asiatische unter die Glires.
Nach einer Handzeichnung von G. Forster.
Auf Neu-Seeland: ohngefähr von der Grösse
einer Drossel: hat eine sehr melodische Stimme.
Die Purpur-Röthe der Federchen um die
Schnabelwurzel soll zufällig seyn, und von
dem Blumenstaube mancher röhrenförmigen
Blüthen herrühren, in welchen der Vogel Ho-
nigsaft oder Insecten sucht.
1. a Ein Männchen in natürlicher Grösse.
2. a Ein geschlechtloser Arbeiter (Spado)
in natürlicher Grösse.
3. Ein Weibchen im geflügelten Zustande,
um etwas vergrössert.
4. Ein trächtiges Weibchen, das bald legen
will, in seiner natürlichen unge-
heuren Grösse.
Ich verdanke eine vollständige Folge dieser
berufnen Geschöpfe der Güte des Baronet
Banks, der sie von dem vortrefflichen Ge-
schichtschreiber derselben, dem Dr. König aus
Trankebar erhalten, welcher auch seinen Nach-
richten von denselben (im 4ten B. der Be-
schäftigungen der Berlinischen Gesellschaft
naturf. Freunde) Abbildungen derselben, nur
gerade keine von dem merkwürdigsten von al-
len, nämlich von der colossalisch-trächtigen
Mutter-Termite, beygefügt hat.
Aus dem 71ten Bande der philosophical
Transactions.
Das prodigiose dieser Gebäude ergibt sich
schon aus der Vergleichung ihrer Grösse mit-
telst des darunter gesetzten Fussmasses, mit
der winzigen Statur ihrer Erbauer, die näm-
lich nur um wenig grösser sind, als die Ost-
indischen auf dem vorigen Blatte.
Die Einrichtung dieser Gebäude überhaupt
ist im Handbuch der N.G. beschrieben.
Im Verticaldurchschnitt auf dem Kupfer
ist besonders die unten (über dem 11ten Fuss
des Maassstabs) etwa 1 Fuss hoch über der
Grundlinie, in die queer laufende Zelle der
Mutter-Termite zu bemerken.
Die grossen runden Mündungen in den
dicken Thonwänden des Gebäudes, sind Durch-
schnitte der schräg durch dieselben laufenden
Hauptgänge, theils vom Caliber einer grossen
Kanone.
Die beiden nicht schattirten fast wie eine
6 geformten Bogen unten auf dem Boden des
innern Gewölbes, sind brückenartige Verbin-
dungsgänge zwischen den über der Mutter-
Zelle befindlichen Wohnungen und denen in
den innern säulenförmigen Abtheilungen.