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Göttingische
Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1786.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

Frankfurt und Mainz.

[Seite 302]

Sam. Th. Sömmerring über die körperliche
Verschiedenheit des Negers vom Europäer. 80 und
24 Seiten in gr. Octav. – Wir haben die erste
Ausgabe dieser merkwürdigen Schrift im 11ten St.
dieser Blätter v.J. angezeigt. Sie hat hier in die-
ser neuen Auflage beträchtliche Vermehrungen, vor-
züglich aber nähere Bestimmungen einiger Ausdrücke
der vorigen erhalten, die man verschiedentlich da-
hin hatte misdeuten wollen, als ob sich der Hr.
Hofgr. R. beykommen ließ, noch jetzt mehrere Gat-
tungen (Species) im Menschengeschlecht anzuneh-
men, oder die gemeinschaftliche Abkunft aller uns
bekannten Menschen-Raçen von einem einzigen
Stamm-Paare zu bezweifeln. – Wenn er z.B.
gesagt, die Mohren scheinen etwas näher ans Affen-
geschlecht zu gränzen als wir Europäer, so will das
eben so wenig sagen, als ob nun deshalb die Ne-
gern nicht von Adam abstammen sollten, als man
für die Bewohner einzelner Inseln der Südsee des-
wegen eigene Adame anzunehmen braucht, weil beob-
[Seite 303] achtende Reisende einige Aehnlichkeit mit Affenphy-
siognomien an ihnen gefunden. Vielmehr wiederholt
er es nochmals ausdrücklich: ‘„die Negern sind
wahre Menschen, so gut wie wir, und nach höchst-
wahrscheinlichen Gründen, die uns Naturge-
schichte, Physiologie, Philosophie, und schriftliche
Nachrichten darbieten, von einem gemeinschaftli-
chen Stammvater mit allen übrigen Menschen ent-
sprossen, und so gut und um nichts weniger Men-
schen, als eine der schönsten Griechinnen.„’ –
Und wirklich zeigt sich auch zwischen Negern und
Negern selbst, wenigstens eben so viele Verschiedenheit,
als zwischen manchen Neger-Raçen und der an-
gränzenden Völkerschaften, die dann zu den übri-
gen Varietäten im Menschengeschlecht die unmerk-
lichen Uebergänge machen. Auch wird sich nicht
leicht eine einzige Verschiedenheit am Körperbaue der
Mohren finden, die man nicht auch, wenigstens
unter gewissen Umständen, bey andern Menschen
finden sollte. Z.B. das Weisse im Auge der Moh-
ren, ist zunächst um die Hornhaut gelblichbraun,
fast wie bey einigen Affen (und wie schon Hr. Prof.
Walter erinnert hat, auch bey alten Europäern).
– Hr. S. fand die knöcherne Brust bey drey männ-
lichen Mohren groß, geräumig, und gewölbter als
beym Europäer; und die Schultern breit. (also bei-
des wie bey den schönen Tschirkassiern) – Beyläu-
fig bestätigt Hr. S. allerdings, daß die Läuse der
Mohren braunschwarz sind.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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