Table of contents

[titlePage_recto]
Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band,
auf das Jahr 1806.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Göttingen.

[Seite 2004]

Versuch einer geognostischen Skizze von
Süd-Niedersachsen,
nach eigenen Beobachtungen
entworfen von J.F.L. Hausmann (herzogl. Braun-
schweigischem Cammersecretär). – Unter diesem
Titel hat die königl. Societät der Wissenschaften ein
ansehnliches handschriftliches, mit netten Gebirgs-
Profilen begleitetes, Werk von diesem ihrem ver-
dienten Correspondenten noch vor Antritt der geo-
logischen und mineralogischen Reise erhalten, auf
welcher derselbe jetzt in Schweden begriffen ist.
Diese reife Frucht vieljähriger eigener Untersuchun-
gen enthält zuerst eine allgemeine physisch-geogra-
phische Schilderung von Süd-Niedersachsen, zumahl
in Rücksicht der Bergketten, Bergebenen und Thä-
[Seite 2005] ler. Dann, Uebersicht der Gebirgsformationen
nach ihrer relativen Altersfolge in den IV Haupt-
classen von Grund-, Uebergangs-, Flöz- und auf-
geschwemmten Gebirgsarten. Jede derselben nach
ihren Arten, und diese wiederum nach ihrem Ver-
halten, sowohl im Kleinen in Rücksicht auf ihre
wesentlichen oder zufälligen Bestandtheile und
deren Umänderung, als im Großen in Bezug
auf ihre Structur, Felsenbildung, darin sich fin-
denden Gänge u. dergl. m. – So I. bey den
Grundgebirgen zuvörderst vom Granit. Unter
andern der mit Thallit bey Schierke. Ueberhaupt
auch am Harze nirgend wahrhaft geschichteter Gra-
nit, sondern überall massig. Von der merkwürdi-
gen Polarität ganzer isolirter Granitfelsen, welche
nicht einzeln beygemengtem Magnet-Eisenstein zu-
geschrieben werden kann. (Eben dergleichen bemerkte
der Verf. an einem Grünstein-Schieferfelsen im
Radauthale oberhalb Neustadt.) Von andern
Grundgebirgsarten: Urtrapp. Hier unter andern
ein Grünsteinschiefer des Radauthales. Lager von
dichtem Quarzfels und asbestartigem Strahlstein.
Und bey der Treseburg unweit Blankenburg Grünstein
mit muschelig-faserigem Quarz (dem dasigen so ge-
nannten Katzenauge), biegsamen Asbest und Axinit. –
Hornfels. So nennt der Verf. ein inniges Ge-
menge von splitterigem Quarz, dichtem Feldspath
und wenigem gemeinem Schörl, so wie er es im
4. Stück des Hercynischen Archivs beschrieben. –
Ur-Kieselschiefer. – Ur-Thonschiefer. In diesen
auch mitunter Magnetkies eingesprengt. – Ur-
Kalkstein. – II. Unter den Uebergangsgebirgs-
arten
zuerst der Uebergangs-Kalkstein. Für den,
der als selbstständige Formation vorkommt, ist der
darin häufig sich zeigende Eisenstein charakteristisch,
daher ihn der Verf. zum Unterschied von dem, der
[Seite 2006] in der Grauwacke Lager bildet, Eisenkalkstein nennt.
In ihm finden sich die beiden großen Stalactit-
Höhlen, die Baumanns- und die Bielshöhle. –
Grauwacke und Thonschiefer. – Uebergangs-Kie-
selschiefer mit dem Bandjaspis. – Uebergangs-
Trapp (Grünstein, Mandelstein etc.) – Porphyr.
Darunter bey Neuhof einer, der in der Grauwacke
Lager bildet, und bey Walkenried einer mit Labra-
dor-Feldspath. – III. Die Flözgebirgsarten:
Aeltester Flöz-Sandstein, Thonporphyr, Alpen-
Kalkstein (bituminöser Mergelschiefer und Zechstein).
– Aelterer Gyps. Darunter bey Osterode ein
großsplitteriger von lichthimmelblauer Farbe, dem
blauen Anhydrit verwandt, aber noch 2 Procent
Eis haltend, und bey Lüneburg eine Lage schuppig-
körnigen röthlichgrauen Gypses, der 4 Procent salz-
sauren Kalk hält. – Blasiger Flöz-Kalkstein
(Rauchwacke, Rauchkalk), in welchem sich auch die
Scharzfelder Knochenhöhle, das berühmte Ablager
des präadamitischen Ursus spelaeus, befindet. –
Bunter Sanstein, unter andern mit fleischrothem
Schwerspath zu Marienspring bey Göttingen. –
Jüngerer Flözgyps. – Quader-Sandstein (von
welchem der Verf. eine ausführliche Abhandlung im
1. Stücke seiner Norddeutschen Beyträge zur Berg-
und Hüttenkunde geliefert). – Trapp-Sandstein
(so nennt der Verf. den merkwürdigen Sandstein mit
Quarzcement, der in splitterigen Quarz und Horn-
stein übergeht, die Unterlage des Flöz-Trapps aus-
macht, sich nahmentlich hier um Dransfeld herum
findet, und vor der Hand als eine selbstständige
Formation aufgestellt ist). – Flöz-Trapp. Wacke,
am Fuße des Dransberges, mit eingesprengtem
Mehlzeolith. Basalt, darunter besonders der kugel-
förmige mit concentrisch-schaligen Ablosungen vom
Ochsenberge bey Dransfeld. Grünstein vom Drans-
[Seite 2007] berge, und Trapptuff (Tuffwacke). – Jüngster
Flözkalk. Muschelkalk. Mergel (darunter der son-
derbar gestaltete so genannte Tutenmergel von Gos-
lar, Quedlinburg etc.). Kreide. – Endlich IV.
die aufgeschwemmten Gebirgsarten. Darunter:
regenerirter Granit; regenerirter Sandstein. Kalk-
tuff. Lehm-, Moor-, Sand-, gemischtes Land, mit
bituminösem Holz, Alaunerde etc. Raseneisen-
stein, Triebsand, Torf, Thon, Lehmen, Geröl-
len und Geschieben. Unter letztern auch Abkömm-
linge von benachbarten Gebirgen, deren Transloci-
rung durch von Süden herkommende Fluthen und
durch den Eisgang bewirkt worden, wie so viele in
den Niedersächsischen Ebenen, deren Geburtsstätte
man noch jetzt am Harze nachweisen kann. Ausser-
dem kommen aber auch in den nördlichen Gegenden
dieser Ebenen welche vor, die von Nordischen Gebir-
gen abzustammen scheinen (so z.B. die schönen granat-
haltigen etc.), und daher eher auf eine andere, von
Norden hergekommene, Fluth deuten können.

Dem lehrreichen Werke sind drey überaus saubere
Gebirgs-Profile vom westlichen Harze beygefügt.
I. von Osterode nach Goslar. II. von Ilsenburg nach
Lauterberg, und III. von Grund bis zum Oderthal.
Auf jedem sowohl der Grundriß nach der Haupt-
streichungslinie, als auch das Profil.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
This page is copyrighted