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Göttingische
gelehrte Anzeigen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1812.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Göttingen.

[Seite 2001]

Der Beschluß der königl. Societät über die für
den November d.J. eingesandten Preisschriften
ist bereits im vorhergehenden Blatt S. 1994 be-
kannt gemacht. Noch ist übrig, die Preisfragen
für die nächsten Jahre, welche theils von neuem,
theils aber auch in der Versammlung am 14. No-
vember zuerst aufgestellt worden, anzuführen.

Erst für die Hauptpreise.

Auf den November des nächst kommenden
Jahren
ist von der historischen Classe aufgegeben
(– s. Gött. gel. Anz. 1811 S. 1867 –):

Quum nostra aetate genus quoddam philo
sophanai invaluerit, quod a quibusdam mysti-
cum esse judicatur, desiderat Societas mysticis-
mi in Germania historiam.
Doceantur igitur
hujus rationis, si rationem dicere fas est, a
saeculo inde XIV. quae est aetas Joannis Tau-
leri, Argentoratensis, origines, mutationes,
incrementa ad nostram aetatem, hac tamen
exclusa; quae fuerit ejus indoles, qui effec-
[Seite 2002] tus ad rem literarium Germanorum, et inpri-
mis ad universitates literarias.

Auf den November 1814, von der Classe
der alten Litteratur und Kunst
(– s. Gött. gel.
Anz. am angef. O. –):

Res Vandalorum in Africa inde a Genserico
ad Gilimerum saeculo V. et VI. quae consti-
tutio regni, et caussae modique rerum per-
euntium.

Zur Beantwortung dieser Preisfrage ist schon im
August d.J., also zwey volle Jahre vor dem
bestimmten Termin, eine Schrift eingelaufen, die
aber, gegen die gesetzliche Vorschrift bey diesen
Hauptaufgaben, Deutsch abgefaßt ist.

Und nun eine neue Aufgabe für den November
1815 von der physischen Classe:

Desideratur accurata et observationibus sol-
liciter institutis suffulta notatio naturae, ori-
ginis, propagationis et disseminationis eorum
corpusculorum fungiformium, quae nomini-
bus Aecidii, Uredinis et Pucciniae innotuerunt.

Equidem Societas neque systematicum eo-
rum recensum, neque descriptionem novarum
specierum adhuc forte praetervisarum cupit;
verum ut maxime de bis agatur, quae ut Uredo
segetum
(Ustilago, Brand) et Uredo linearis
(Rubigo. Rost). etc. late subinde disseminantur,
adeoque aliis plantarum generibus noxiae
fiunt. quibus et nonnullas Aecidii et Pucci-
niae species frequentissime occurrentes adnu-
merare licet.

Praeterea autem investigandum: 1. Quo-
modo Aecidium. Uredo et Puccinia in plan-
tis quae ab his infestantur, oriantur? 2. Num
vere plantae sint sui generis parasiticae, num-
[Seite 2003] ve potius pro morbosis excrescentiis, ex mu-
tationibus humorum in iis quae obsident ve-
getabilibus oriundis, habendae sint? Quo
vero posito analogiam attendere oportet, quae
ea de quibus agitur corpuscula et genuinos
nonnullos fungos gasteromycos (Liceas,
Trichias sessiles etc.) intercedit, tum ad con-
stantem sibique semper similem quam ista ser-
vant figuram. Porro vero quaeritur: 3. Quae-
nam sit maxime probabilis caussa ortus eorum?
4. Quare quaedam vegetabilia v.c. cerealia
toties Rubigine et Ustilagine simul corripian-
tur, alia vero alterutro saltem eorum, alia
denique neutri obnoxiae videantur? 5. Num
plures Ustilaginis species statuere liceat?
6. Num certis sub circumstantiis sive Rubigo
in Ustilaginem, sive contraria ratione haec
in illam mutari posset? 7. Num utriusque
pestis origo aut saltem lata propagatio caveri
possit? Denique 8. quaenam eo scopo reme-
dia certo et explorato successu adhibere liceat?

Qui vero in eo argumento vires suas expe-
riri volent simul rogantur ut ad evitandam con-
fusionem quae ex varia Germanicorum ver-
borum
Brand et Rost significatione verenda
esset, potius Latinis quae diximus vocabulis
technicis utantur; utque scriptis suis, quae
Societati mittent, simul specimina eorum cor-
pusculorum de quibus agent adjungere velint.

Eine genaue, auf Beobachtungen sich
gründende, Nachricht über die Natur, Ent-
stehung, Fortpflanzung und Verbreitung der-
jenigen pilzartigen Gewächse, welche unter
dem Nahmen
Aecidium, Uredo und Puccinia
bekannt sind. Die königl. Societät verlangt
keine systematische Aufzählung derselben, noch
[Seite 2004] viel weniger die Beschreibung neuer, etwa
übersehener, Arten; sondern sie wünscht,
daß man vorzüglich auf diejenigen Rücksicht
nehmen, welche, wie z.B.
Uredo segetum
(Brand), Uredo linearis (Rost) etc., durch ihre
große Verbreitung andern Gewächsen nach-
theilig werden, so wie auf einige häufig vor-
kommende Aecidien und Puccinien, und aus-
serdem folgende Puncte zum Gegenstande der
Untersuchung mache: 1. Wie erzeugen sich

Aecidium, Uredo und Puccinia bey den Ge-
wächsen, die damit befallen sind?
2. Sind
sie wirklich als parasitische Pflanzen, oder
nur als Erzeugnisse voran gegangener Ver-
änderungen der Säfte der Pflanzen, und
mithin als krankhafte Zustände, zu betrach-
ten? Letzteres zugegeben, darf die große
Analogie, die zwischen ihnen und einigen
Staubpilzen
(Licea, Trichiae sessiles etc.)
Statt findet, so wie ihre stets wiederkehrende
unveränderliche Form nicht übersehen wer-
den.
3. Was ist die wahrscheinlichste Ur-
sache ihrer Entstehung?
4. Warum werden
manche Gewächse, z.B. die Getreide, so
häufig, und zwar mit Rost und Brand zu-
gleich, andere aber mit Rost oder Brand,
manche hingegen mit keinem von beiden,
befallen?
5. Lassen sich mehrere Arten von
Brand annehmen?
6. Kann, bey veränder-
ten Umständen, Rost in Brand, oder dieser
in jenen, übergehen?
7. Läßt sich die Er-
zeugung, sowohl des Brandes als des Ro-
stes, ganz, oder wenigstens ihre zu große
Ausbreitung, verhüten?
8. Welcher Mittel
kann man sich hierzu mit dem beßten und
sichersten Erfolge bedienen?

[Seite 2005]

Bey der Vieldeutigkeit der Worte Brand
und Rost werden diejenigen, welche diese
Preisfrage beantworten wollen, wohl thun,
sich der angenommenen Lateinischen Nah-
men zu bedienen; und von den verschiede-
nen Arten, deren in der Schrift Erwähnung
geschehen wird, Proben beyzulegen.

Die Schriften müssen Lateinisch abgefaßt und
vor dem 1. October jedes Jahres postfrey ein-
gesendet seyn.

Als Preis für jede dieser Aufgaben sind 581
Francs (50 Ducaten) ausgesetzt.

Bey den nun folgenden so genannte öconomi-
schen Preisfragen
sind die Termine aus dem
schon oben (– S. 1994 –) angegebenen Grunde
prolongirt worden.

Also für den Julius des nächstfolgenden Jah-
res
eben die, so auf vorigen November aufgege-
ben war (– s. Gött. gel. Anz. 1810 S. 1880,
1811 S. 1868, 1812 S. 1246 –):

Wie können die Nachtheile, welche nach
Aufhebung der Zünfte oder Gilden ent-
stehen, verhütet oder vermindert werden?

Dahin gehört unter andern die Anhäufung
ungeschickter Meister, welche den geschickteren
den Verdienst rauben, und sie verdrängen; die
Belästigung der Armencassen durch die stets
wachsende Zahl verarmter Handwerker und
ihrer Familien, auch durch die wandernden
Gesellen; ferner der Mangel der Sittenaufsicht
über Meister, Gesellen und Lehrlinge, welche
bisher die [...]en geführt haben.

Für den November des nähmlichen Jahres
1813 (– s. Gött. gel. Anz. 1809 S. 1807, 1810
S. 1122, 1811 S. 1863, und 1812 S. 1246 –):

[Seite 2006]

Welches sind die sichersten Mittel, den Rüb-
samen
(Brassica napus silvestris und Brassica
campestris
) auf den Aeckern wider die
schädlichen Insecten zu sichern?

Für den Julius 1814 (– s. Gött. gel. Anz.
181 S. 1868, und 1812 S. 1246):

Da die geringen Linnen, welche aus Nieder-
sachsen auswärts hauptsächlich doch nur in den
Handel kommen, schon seit vielen Jahren in
einem so niedrigen Preise gestanden haben,
so wünscht man eine, so viel möglich, auf
Erfahrung gegründete Untersuchung, was
der Producent der ersten Materie der Ver-
arbeiter jeder Art, und der Kaufmann
daran wirklich verdient haben, um dar-
nach beurtheilen zu können, ob dieser
Zweig der National-Production mit wah-
rem Vortheile für die Nation verbunden,
oder nur ein Mittel geworden ist, eine
gewisse Summe Geldes aus dem Auslande
zu ziehen.

Dieser Untersuchung bittet man die Betrach-
tung
hinzu zu fügen, was in dem Falle, da
der auswärts gehende Linnenhandel auf-
hören müßte, die daraus entstehende Ver-
minderung des Flachsbaues und der Flachs-
arbeit aller Art für den Ackerbau und die
ländliche Industrie für Folgen haben wür-
de, und wie diese Lücken am zweckmäßig-
sten wieder auszufüllen wären.

Endlich auf den November des gleichen Jahres
1814 (– s. Gel. Anz. v. d. J. 1247 –):

Welches sind in gebirgigen Gegenden die
zweckmäßigsten Vorrichtungen, das Ab-
[Seite 2007] fließen der Aecker bey Regengüssen zu ver-
hüten, ohne in den Grabenbetten, bey star-
kem Falle der Graben, das Ausreißen des
Bodens zu sehr zu befördern?

Der auf jede dieser Preisfragen ausgesetzte Preis
ist von 139 Francs (12 Ducaten).

Der gesetzliche Termin der zur Concurrenz post-
frey einzusenden Schriften das Ende des Mayes
und des Septembers jedes Jahres.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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