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Bergmännisches Journal.

Vierter Jahrgang.

Erster Band.
Fünftes Stück. May, 1791.

VI.
Uiber den Strontianit, ein Schotti-
sches Foßil, das ebenfalls eine neue
Grunderde zu enthalten scheint.

[Seite 433]

(Aus einem Briefe des Herrn Rath Sulzer zu Ron-
neburg, mitgetheilt von J.F. Blumenbach).*)


‘„Ich habe dieses interessante Fossil, das eine
eigne Grunderde zu enthalten scheint,
einstweilen in meiner kleinen Sammlung Stron-
tianit
getauft, und werde, was ich noch davon
habe, zu fernern Versuchen aufopfern. Es ist
eine luftsaure Erde, davon einige Stücken aller-
dings mit dem Witherit (der luftsauren Schwer-
erde) im äußern große Aehnlichkeit haben; aber
sich schon durch ihr geringeres specifisches Gewicht
davon unterscheiden, als welches beym Witherit
gegen 43, beym Strontianit hingegen kaum 36
beträgt. Außerdem unterscheidet sich aber auch
dieser letztere durch seine meist lichtgrüne Farbe,
durch seine weit geringere Härte und leichtere Zer-
[Seite 434] reiblichkeit, durch die stärkere Dicke und den ge-
ringeren Zusammenhang der Fasern seiner strali-
chen Textur, und daß diese aus großkörnichen
strahlicht aus einander laufenden abgesonderten
Stücken besteht, da hingegen die Fasern beym
Witherit sehr dicht auf einander liegen, mehr ei-
nerley Richtung haben etc.”’

‘„Der Witherit läßt ferner auch im heftig-
sten Feuer seine Luftsäure nicht fahren; der Stron-
tianit hingegen, ob er gleich dazu weit größere
Hitze als jede Kalkart erfordert, wird doch, ehe er
verglaßt, seiner Lustsäure beraubt; erhitzt sich dann
heftig mit Wasser, und ist schon in 200 Theilen
desselben auflösbar: erfordert also weit weniger
Wasser zu seiner Auflösung als irgend eine andere
Erdart. Dagegen wird diese Art von Kalkwas-
ser bey der geringsten Berührung von freyer Luft
sehr geschwinde trübe, und läßt den größten Theil
der aufgelößten Erde wieder fallen. Mit Sal-
petersäure giebt sie nicht wie die Schwererde kleine
doppeltvierseitige schwer auflösbare, sondern sechs-
seitig tafelartige, ziemlich große und leicht auflös-
bare Crystallen.”’*)

Notes
*).
[Seite 433]

Aus Lichtenbergs Magazin der Physik und Naturge-
schichte 7ten Bandes 3tes Stück.

*).
[Seite 434]

Ich kann den hier von Hrn. R. Sulzer angeführten
Unterscheidungszeichen zwischen dem Witherit und
Strontianit noch einige andere beyfügen. – Der
Witherit (der sich bis jetzt blos in den Bergwerken zu
Anglezark bey Chorley in Lancashire findet) ist be-
kanntlich für warmblütige Thiere ein tödtliches Gift,
daher sich die Bergleute zu Anglezark seiner längst
statt Rattenpulver bedienen. Ich selbst habe mancher-
ley Versuche über die tödtliche Wirkungsart desselben
an Thieren angestellt, wovon ich in einem der nächsten
[Seite 435] Stücke der medicinischen Bibliothek Nachricht erthei-
len werde. Den Strontianit hingegen, dessen Pulver
ich Thieren derselben Art in gleicher Quantität und
unter gleichen Umständen gegeben, ward von denselben
begierig und ohne den mindesten Nachtheil gefressen.

Ein mit der salpetersauren Auflösung des Withe-
rits getränktes Papier, giebt, wenn es getrocknet und
angezündet wird, eine gelblichweiße Flamme da hin-
gegen nach der Bemerkung des Hrn. Dr. Ash der
Strontianit unter gleichen Umständen mit einer sehr
schönen purpurrothen Flamme brennt. Das specifische
Gewicht eines ausgesuchten Stücks Witherit aus mei-
ner Sammlung das der Hr. Hofr. Lichtenberg zu
wiegen die Gefälligkeit gehabt, betrug (das Gewicht
des Wassers zu 1000 in einer Temperatur von ohnge-
fehr 64 Gr. Fahrenh. angenommen) 4271, das von
einem reinen Stücke Strontianit hingegen nur 3591.

Die Crystallen aus der salpetersauren Auflösung
des Strontianits ähneln des Spinels seinen, wie sie
in der neuen Ausgabe des Handbuchs der Naturge-
schichte Tab. III. Fig. 6. abgebildet sind.

Das Fossil selbst findet sich bis jetzt blos in dem
Bleygang des Granitgebirges bey Strontian in
Schottland.

Die Stücken, die ich davon besitze, sind theils
von weißer Farbe, meist aber ins Spargelgrüne, durch-
scheinend, mattglänzend: meist in strahlichsten Stän-
geln, die in keilförmigen Stücken zusammengehäuft,
und diese theils selbst wieder in derben Schwerspath
eingewachsen sind.

J.F.B.



Blumenbach, Johann Friedrich and Sulzer, Friedrich Gabriel. Date:
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