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Berlinische
Sammlungen
zur Beförderung
der Arzneywissenschaft, der Naturge-
schichte, der Haushaltungskunst, Kameralwissen-
schaft und der dahin einschlagenden
Litteratur.
VII. Band. VI. Stück.

Berlin, bey Joachim Pauli.
1775
.

[Seite 642]

‘„Das unterschiedene
dieses Federbuschpolypen läßt sich am besten aus
der Vergleichung mit den bisher bekannten Gat-
tungen sehen: daher ich sie alle auf eine besondere
Tafel gezeichnet habe. Vorzüglich ist er durch fol-
gende Merkmale kenntlich: Fürs erste hat er alle-
[Seite 643] mal 20 Arme. Die andern haben deren immer
zwischen 50 und 60, und ein vom Herrn Professor
Lichtenberg nur einmal bey Hannover gefundener,
nur viere. Zweytens stehen diese Arme weder in Huf-
eisenform, wie bey vier andern Gattungen, noch
auch so konvergirend, wie an dem gedachten Han-
növerischen,
sondern in einem Zirkel.’

‘Ein Hauptcharakter ist drittens, daß sich,
außer diesen 20 großen Armen, außen an der Basi
derselben noch eine Reihe von kurzen Faden befin-
det, die dicht an den Armen anliegen. Die Aehn-
lichkeit zwischen einem Stamme von Federbusch-
polypen
und gewissen Korallen des Meerwassers
hat immer die Naturforscher aufmerksam gemacht.
Nur war die große Differentz zwischen beyden diese,
daß das Gehäuse des Federbuschpolypen ein zar-
ter schleimiger Ueberzug zu seyn schien, der außer seinem
Elemente in ein unkenntliches Klümpchen zusam-
menfloß, da jene Meer-Polypen hingegen in ei-
nem vesten steinernen Gehäuse wohnten. Ein Zu-
fall hat mich belehret, daß beyde Geschlechter nicht
so weit von einander entfernt sind, als man bisher
zu glauben Ursach hatte. Da ich von ungefähr ei-
nen Stock abgestorbener Federbuschpolypen
noch einige Tage in seinem Wasser stehen lies: so
fand ich nachher, daß er in seiner ganzen natürli-
[Seite 644] chen Gestalt verhärtet war, daß er sich auch außer
dem Wasser hielt, und unter dem Vergrößerungs-
glase völlig einem andern Korallenzweige gleich sahe.’

‘Was die Gleichheit noch vollkommener machte,
ist die mir ganz unerwartete Erscheinung, daß die-
se getrocknete Hülsen der Federbuschpolypen eben
so wohl mit sauren Geistern aufbrausen, als irgend
ein kalchichtes Stück Meerkorallen.’

‘Ich habe die Ehre der Königl. Societät ein
Stück vorzulegen, das ich noch mit Bergöl durch-
sichtig gemacht habe, um die kleinen braunen Kör-
pergen zu zeigen, die sich fast in allen Aesten finden.
Die Herrn Bernhard von Jussieu und Reau-
mur
hielten sie für Eyer von Federbuschpolypen,
und wollten so gar junge aus ihnen gezogen haben.’

‘Dies scheint freylich der Natur der Pflanzen-
Thiere sehr entgegen; wenigstens hat es weder
Trembley, noch so viel ich weis, sonst jemand
nachher bestätigen können: auch alle Versuche, die
ich selbst deshalb angestellet, sind fruchtlos gewesen.
Da die Serpulä diejenigen Thiere sind, welche an ei-
ne ganz andere Ordnung von Würmern, doch zu-
nächst an die Federbuschpolypen grenzen; und bey-
de also die Glieder sind, wodurch die eigentliche so-
genannte Schalthiere und die Pflanzthiere mit ein-
[Seite 645] ander verbunden werden: so habe ich eine in
Seewasser erweichte und ausgeschwemmte Meer-
serpula, die ich noch nicht abgebildet finde,
beygelegt, um die Verwandschaft zwischen diesen
beyden Ordnungen von Thieren zu zeigen.“’

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Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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