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Magazin
für den neuesten Zustand
der
Naturkunde

mit Rücksicht auf die dazu gehörigen
Hülfswissenschaften
herausgegeben
von
Johann Heinrich Voigt,
D.W.D.H.S. Weimar. Hofrath, Professor der
Mathematik zu Jena und verschiedener gel. Ges.
Mitglied.
Zweyter Band.

Mit drey Kupfertafeln.

Weimar,
im Verlag des Industrie-Comptoirs
1800
.

6) Ueber einige ägyptische Fossilien.

[Seite 26]

Aus einem Briefe von Hn. Hornemann aus
Cairo vom. 14. Okt. 1797.

Am 10. Sept. bin ich endlich durch einen
langweiligen Umweg über Cypern in Aegypten an-
gelangt; – dem Lande, was hier als das Jam-
merthal der rechtgläubigem Christen angesehen
wird: – und freylich sind auch schon in den Zei-
ten des alten Bundes die damals Rechtgläubigen
hier baß geplagt worden. – Indeß dem sey wie
ihm wolle, Gottlob und Dank daß ich nur endlich
einmal da bin!

[Seite 27]

In Alexandria habe ich mich nur
10 Tage aufgehalten: und ohngeachtet man um
diese Jahrszeit wegen der Araber aus den
Wüsten, die nahe um die Stadt schwärmen, sich
nicht weit aus derselben wagen darf, doch meine
Zeit möglichst benutzt, besonders auch mit Un-
tersuchung der dortigen Fossilien.

Die Grundmauer unter der sogenannten
columna Pompeii ist vor ungefähr 50 Jahren
reparirt worden und besteht aus einem sehr hüb-
schen leberbraunen eisenschüssigen Pudding-
stein
, der unter seinen eingemengten Geröllen
von Quarz, Feuerstein etc. besonders auch kleine
Aegyptenkiesel enthält. (Die gleiche Bresche
findet sich auch häufig um die erste Pyramide bey
Gize oder Dsjise.

Oestlich von Alexandria findet sich vieles weis-
ses Seesalz an Plätzen, die im Winter unter
Wasser, im Sommer aber trocken sind. Das
Salz setzt sich auf dem Boden in Fingersdicken
und stärkern Lagen an. Unter andern traf ich ei-
ne solche mit Salz überzogene Stelle an, die 10
Minuten lang, und 7 bis 8 breit war.

Ich verließ Alexandria am 21sten, und kam
den 27sten über Rosette auf dem Nil hier
[Seite 28] in Cairo an, wo ich nun so vergnügt und zu-
frieden lebe, als nur möglich.

Vorige Woche kam ein Bekannter von Ih-
nen, Hr. Major Schwarz, ein sehr unterrich-
teter aufgeklärter Mann, der mit Hn. Hope ei-
ne große Reise durch die Levante gemacht hat, hier
an. Wir wohnen zusammen in Einem Hause,
und haben schon mit einander einen Abstecher nach
den Pyramiden von Gize gemacht; haben dabey
besonders die dasigen Steinarten genau untersucht
und von allen Proben abgeschlagen. Und da der
Hr. Major geradeswegs von hier nach Deutsch-
land und zu Ihnen nach Göttingen zurückkehrt,
so wird er ihnen von allen mittheilen, und münd-
lich mehr darüber sagen, als ich in einem eiligen
Briefe schreiben könnte.

Anm. – Hr. Major Schwarz hat mich im vor-
jährigen Frühjahr mit seinem Besuch erfreut, und
mit den aus Aegypten mitgebrachten Fossilien und
andern Seltenheiten sowohl das academische Mu-
seum als meine eigene Sammlung, aufs liberalste
bereichert.

Unter den Granitstücken, die sich zumal um, und theils
auch noch an der dritten Pyramide finden, sind
sowohl welche von eigentlichem Granit oder
dem wahren Syenites Plin., (der nemlich bloß aus
Feldspath, Quarz und Glimmer besteht) als auch
[Seite 29] von Aftergranit, der nemlich entweder an-
statt des Glimmers oder auch zugleich mit demselben
Hornblende enthält. – In beyderley Arten ist der
Feldspath meist von fleischrother Farbe.

Besonders interessant waren mir die Uebergänge vom
Aftergranit zum wahren Basalt der Al-
ten
. In beyden einerley Gemengstoff, nemlich
Hornblende, Feldspath und Quarz; aber verschieden
sowohl in Rücksicht der mehrern oder mindern Men-
ge des einen oder des andern dieser dreyerley Stof-
fe: als auch in der Art, wie sie unter einander
gemengt sind. Z.B. Aftergranit mit bey weitem
vorwaltenden graulichweißen Feldspath und Quarz
und nur sehr wenig dazwischen gesprengter Horn-
blende. Und hingegen der ächte Basaltes veterum
wir bey weitem vorwaltender Hornblende, die mit
wenigem Feldspath innig gemengt ist, und nur hin
und wieder etwas Quarz hält.

Ein gelblich-grauer dichter Stinkstein sowohl von
der zweyten Pyramide als auch aus dem Gange
in der ersten.

Nur dann der berühmte weiche dichte blaß rahmgelbe
Flözkalkstein, auf welchem die Pyramiden stehen,
und aus welchen sie (zumal die Erste und Zweyte)
aufgebaut sind, und welcher größtentheils von
Phociten wimmelt. – Die größern heißen bey
den Arabern Sphinx-Pfennige (denn auch
die Sphinx ist aus diesem Kalkstein gehauen); die
kleinern, die hingegen an Größe und Form den Lin-
[Seite 30] sen ähneln, sind aus der alten Sage bey Strabo
bekannt. – Von beiden habe ich im IV. Heft der
Abbildungen naturhistorischer Gegen-
stände
genaue Vorstellungen nach diesen ägyptischen
Originalen geliefert.

Ein Stück den der Ersten Pyramide zeichnet sich
vor den übrigen sehr auffallend aus. Es enthält
nur wenig einzelne Phociten der kleinern Art. Da-
gegen aber mancherley versteinerte Schnecken, Mu-
scheln und Milleporen. Vor allen aber eine mäch-
tige Menge von Fingerslangen Bruchstücken einer
sonderbaren Gattung von Wurmröhren (Ser-
puliten
), die dicksten wie Gänsespuhlen, die dün-
nen wie Rabenfedern, meist gerade oder nur schwach
und irregulär gekrümmt.

Einen weichern, gleichsam mürben, weißen Kalkstein
von Alexandria, worin die dasigen Catacom-
ben und Bäder ausgehauen sind, sollte man dem
bloßen Ansehn nach, für einen feinen Roggenstein
ansprechen, ohngefähr wie der englische Portland
stone
. Es ist aber ein bloßer Mergeltuff, der
unter dem Vergrößerungsglas eine Menge von zar-
ten Conchylientrümmern, Quarzkörnchen und Mu-
schelsand zeigt; letztere völlig wie die bekannte Are-
na horaria
aus dem Nil.

* * *


Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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