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Medicinisch-chirurgische
Zeitung
fortgesetzt
von
D. Johann Nepomuck Ehrhart,
Edeln von Ehrhartstein.

Erster Band.
1834.

Liberam profiteor medicinam, nec ab antiquis sum nec
a novis, utrosque, ubi veritatem colunt, sequor.

Klein.

Zu haben posttäglich auf allen löbl. Postämtern;
bandweise in den med. chir. Zeitungs-Comtoirs zu Innsbruck, Arco,
Bern, Cölln, Leipzig, Pest, Straßburg und Wien,
und
in der Mayr’schen Buchhandlung zu Salzburg.

Innsbruck,
gedruckt mit Rauchischen Schriften
.

[Seite 444]

Die vom Hn. Obermedicinalrath Blumenbach zu Göttingen
in der Sitzung der königl. Societät am 3. August v.J. gehaltene
[Seite 445] Vorlesung enthielt ein Spicilegium observationum de generis hu-
mani varietate nativa
; ein Gegenstand, welchen der Verf. seit sei-
ner vor fast sechzig Jahren unter diesem Titel erschienenen Inaugu-
ralschrift, immer mit Vorliebe zu bearbeiten gesucht hat.

Hier nur Einiges zur National-Charakteristik der drey Haupt-
rassen
unter den fünfen, worein er das Menschengeschlecht am na-
turgemäßesten einzutheilen glaubt. Also I. von der caucasischen
Stamm- oder Mittel-Rasse, und deren beyden Extremen, nähmlich
II. der äthiopischen, und III. der mongolischen.

Zur I. Rasse, hier nur Ein Schedel, dieser aber gerade vom
größten Interesse: Ein alter Hippokratischer Macrocephalus vom
schwarzen Meere, ganz so wie ihn der Vater der Heilkunde in sei-
nem goldenen Büchlein von Luft, Gewässer und Klima schildert. Hr.
Bl. verdankt dieses Kleinod für seine reiche Sammlung von Natio-
nalschedeln der Güte des trefflichen weitgereis’ten augsburger Arztes,
Hn. Dr. Stephan, welcher eben zur Zeit, als die russische Regie-
rung die uralten Grabhügel der bosporischen Könige auf den Wasser-
scheiden der Steppenberge in der Nähe von Kertsch (dem Pantica-
paeum
der Alten) aufgraben ließ, sich daselbst befand, und den ge-
dachten Schedel erhielt. Und dieser war den übrigen daselbst gefun-
denen vollkommen gleichförmig; wegen des hohen Alters der
Grabstätte sehr mürbe und brüchig (so wie die früher der kön. So-
cietät vorgelegten und in ihren Commentationen beschriebenen Sche-
del von alten Hellenen, Germanen, Cimbern, Tschuden u.a.m.).

Das auffallend Charakteristische des taurischen Macrocephalus,
von welchem hier die Rede ist, zeigt sich in einer hohen, doch wenig
gewölbten Stirne, dagegen aber ganz auffallend hohen − recht ma-
krocephalischen – Scheitelbeinen. Die Pfeilnaht (so wie die andern
beyden echten Nähte des Hinterkopfes) ganz verwachsen.

II. Zur äthiopischen Rasse, die freylich auf den ersten Blick
mit den übrigen so auffallend contrastirt, daß man den Ausspruch
des Naturforschers Plinius begreiflich findet: quis – Aethiopas,
antequam cerneret, credidit
?

Fast zu gleicher Zeit mit jenem alten Langkopf erhielt Hr. Bl.
von seinem vormahligen theuern Zuhörer, dem Hn. Hofmedicus
Kaufmann zu Hannover, ebenfalls einen ihm gar wichtigen Bey-
[Seite 446] trag zu seiner Sammlung, obgleich ganz anderer Art: den frischen,
netten Kopf eines plötzlich verstorbenen fünfzehnjährigen Negerkna-
ben aus Congo, der als wohlgebildetes Ideal dieser Menschenrasse
gelten kann, und dem Verfasser der Vorlesung Anlaß zu einer kriti-
schen Revision so mancher größten Theils grundlosen Behauptungen
von körperlichen Eigenheiten der Neger gab, die er durch Vorzeigung
von Präparaten widerlegte. Unter diesen auch Embryonen, und dieß
gab ihm Gelegenheit, auch Einiges von der

III. Hauptrasse, der mongolischen, zu sagen. Nicht von dem
Charakter ihrer Schedel, deren Hr. Bl. besonders durch die Güte
des uns unvergeßlichen Baron v. Asch eine lehrreiche Folge besitzt,
sondern jetzt nur zum Contrast mit jenen ungebornen Negern einen
dreymonathlichen weiblichen Kalmückenfötus mit der so sprechenden
Nationalphysiognomie, nahmentlich in der so auffallend schrägen Rich-
tung der Augenliederspalte nach der Nasenwurzel zu. (Göttinger ge-
lehrte Anzeigen, 177. Stück. 1833.)



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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