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Medicinische
Bibliothek
herausgegeben
von
Joh. Friedr. Blumenbach,
der Medic. Prof. ord. zu Göttingen.
Dritten Bandes erstes Stück.
FR. HOFFMANN.xxx

Prüfet alles, und das Gute behaltet.


Göttingen,
bey Johann Christian Dieterich,
1788
.

XIII.
Medicinische Bemerkungen auf einer
Schweizerreise.

[Seite 178]

(– s. I. B. S. 725. u.f. II. B. S. 163 u.f. –
und S. 537 u.f. –)

Die merkwürdigen Untersuchungen des ber. Dr.
Richard Price über die relative Salubrität der
berühmtesten Städte in Europa, haben mich auch
in der Schweiz auf den gleichen Gegenstand auf-
merksam gemacht. Freylich kan man nicht behut-
sam genug seyn, wenn man aus einzelnen theils
abgebrochenen Datis allgemeine Folgerungen zie-
hen will: und was ich in der Schweiz darüber
habe bemerken oder sammlen können, waren nichts
als einzelne Data. Indeß glaube ich doch mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit unter den Orten die
ich besucht, (und ich habe doch außer Freyburg und
Solothurn die mehresten ansehnlichen Orte der ei-
gentlichen Schweiz gesehen,) Wallenstadt am See
gleiches Namens, bey seiner dumpfen Lage und
dem fast allgemeinen cachectischen Ansehen der Ein-
wohner, und den wenigen gesunden Alten die mir
vorgekommen, nach Verhältnis für einen der un-
[Seite 179] gesundesten, und hingegen Bern für den aller-
gesundesten zu halten. Selbst die Ausschweifun-
gen scheinen daselbst nicht ganz so schnelle und
gefahrvolle körperliche Folgen nach sich zu ziehen
wie anderwärts, und einen ziemlich sprechenden Be-
weis für die ausnehmende Salubrität dieser über-
haupt so vorzüglichen Stadt, giebt nachfolgende
Uebersicht von der erstaunlichen Menge alter Leute
unter ihrer Bürgerschaft, die ich der Güte meines
unvergeßlichen Freundes, des seel. Hrn. v. Haller
von Nyon, verdanke.

* * *
Ao. 1757 waren unter der Berner Bürgerschaft
137 Todte, und darunter 33 von 70 bis
100 Jahren.
1758 unter den 125 Todten ebenfalls 33 von
gedachtem Alter.
1759 unter 115 Todten 23 so alte
1760 –––– 131 –––––– 22
1761 –––– 143 –––––– 32
1762 –––– 187 –––––– 36
1763 –––– 127 –––––– 28
1764 –––– 192 –––––– 38
1765 –––– 123 –––––– 33
1766 –––– 114 –––––– 33

Summa aller Todten in diesem Decennio = 1394.

[Seite 180]
Darunter sind 189 von 70 bis 79 Jahren
111 80 89
11 90 100
––––
311

Eben so waren im folgenden Decennio von
1767 bis 76 unter den damaligen 1140 Todten,

211 von 70 bis 79 J.
103 80 89
13 90 100
––––
327
Eben so a. 1777 unter 97 Todten 35 v. 70 bis 100 J.
1778 ––– 144 –––––– 28 so alte.
1779 –––– 93 –––––– 26
1780 –––– 92 –––––– 32
1781 ––– 103 –––––– 34
1782 –––– ...–––––– 33

Ueberhaupt ist es in Bern eine gewöhnliche
Redensart von einem verstorbenen Sechziger zu
sagen, er sey in seinen besten Jahren gestorben:
– von einem Siebziger, Alters halber hätte er
wohl noch leben können: – und erst von einem
Achtziger, er sey freylich nicht mehr jung ge-
wesen.

[Seite 181]

Eine andre physiologische Merkwürdigkeit, die
sich aus dem Detail der Sterbeliften ergiebt,
wovon gegenwärtiges blos ausgezogen worden,
ist, daß überhaupt nach dem vier und achtzigsten
Lebensjahr die Zahl der Alten gar merklich abfällt.
Das scheint gleichsam der terminus ad quem,
den in der That auffallend viele Alte erreichen,
hingegen nur sehr sehr wenig überschreiten.




Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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