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Göttingische Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zweyte Band
auf das Jahr 1801.

Göttingen,
gedruckt bey Heinrich Dieterich.

Leipzig.

[Seite 1191]

Bey Karl Tauchnitz: Betrachtung eines merk-
würdigen Gesezes der Farbenänderung organi-
scher Körper durch den Einfluss des Lichtes. Im
Namen der Linneischen Societät zu Leipzig her-
ausgegeben von Christian Samuel Weiss, Dr
.
der Philos. 1801. 136 Seiten in Octav.

‘“Je mehr der lebende Körper des Thier- oder Pflan-
zenreichs dem Licht ausgesetzt ist, desto dunkler wird
seine Farbe, desto mehr Lichtstoff einzusaugen wird er
geschickt.”’ Dieß ist der Ausdruck des Gesetzes, un-
ter dem der Verf. die bekannten, schon von Sennebier
u.A. zusammengestellten, die Farbenänderung orga-
nischer Körper im Licht betreffenden, Thatsachen zu-
sammengefaßt hat. Diese Einwirkung des Lichts lei-
tet er nicht, wie man bisher größten Theils gethan
hat, von einer Mischungsveränderung in der Mate-
rie des organischen Körpers, die das Licht durch un-
mittelbare chemische Wirkung hervorbrächte, her,
sondern von seiner auf die Erregbarkeit der Organe,
und zwar auf die specifische Erregbarkeit der das Pig-
ment an der Oberfläche des Körpers absondernden
Organe, wirkenden specifisch reitzenden Eigenschaft.
Aus dieser Annahme einer specifischen Erregbarkeit
[Seite 1192] der Organe gegen das Licht und einer specifisch reitzen-
den Kraft des letztern sucht der Vf. alle bekannte hier-
her gehörenden Erscheinungen zu erklären. Rec. muß
aber gestehen, daß ihn mehrere dieser Erklärungen,
z.B. des Schwarzwerdens der Negerkinder bald nach
ihrer Geburt, der Unveränderlichkeit der Negerfarbe
ausser ihrem Vaterlande unter größeren Breiten u.s.f.
sehr wenig befriedigt haben. Die Gründe, die der Vf.
gegen die chemische Erklärung dieser Farbenänderung
im Licht vorbringt, beweisen nach der Überzeugung des
Rec. bloß, daß der Proceß sein rein chemischer sey, und
daß die chemische Einwirkung des Lichts auf die orga-
nische Materie, die gewiß nicht ganz abgeläugnet wer-
den kann, durch die lebendigen Kräfte der letztern mo-
dificirt werde. – Sinnreich und dem Vf. ganz eigen
ist die Erklärung des Nutzens, den diese Einrichtung
der Organismen, im Lichte an ihrer Oberfläche sich zu
verdunkeln, für sie selbst haben könne. Es werde näm-
lich dadurch das gehörige Maaß des auf die erregba-
ren Organe einwirkenden Lichtes erhalten, indem man
dem einfallenden schwächern Lichte das Pigment nur
wenig verschlucke, sondern größten Theils durch sich
durch auf die des Lichtreitzes bedürfenden Organe ge-
hen lasse, im starken Lichte hingegen durch die nun ent-
stehende dunklere Farbe einen großen Theil desselben
absorbire, und somit die zu heftige Einwirkung eines
Übermaaßes von Licht auf die reitzbaren Organe ver-
hindere. In den Fällen, wo die Organe selbst eine
dunklere Farbe annehmen, was bey den Pflanzen zu
geschehen scheine, könne durch die vermehrte Absorp-
tion des Lichtes in den reitzbaren Theilen selbst, also
durch das größere Quantum von Reitz, der Verlust der
Erregbarkeit, der unter seiner beständigen Einwirkung
entsteht, ersetzt, und hierdurch die Erregung immer in
gleichem Grade erhalten werden.




Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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