Während meines Aufenthalts zu Gambron, wü-
teten die Frühjahrs- und Herbstkalten-Fie-
ber unter so verschiedenen Gestalten, als nur irgend
welche in den Beschreibungen angemerkt worden, die
Aerzte von diesen Krankheiten gegeben haben. Die
einfachsten Fieber dieser Art quälten doch die Patien-
ten anhaltend und auf beträchtlich lange Zeit. Andre
waren völlig anomalisch; die Anfälle verdoppelten sich
oft, ohne doch bestimmte Zeit zu beobachten, woraus
leicht ihre bösartige Natur erhellt. Ich habe ein re-
gulaires dreytägiges Herbstfieber gesehen, (bey welchem
die Anfälle nie verdoppelt wurden, als nach zufälligen
Versehen des Kranken) das hartnäckig zwölf bis drey-
zehn Monate lang anhielt, und zuletzt Verhärtungen
der Leber, Milz u.s.f. veranlaßte.
Die Hartnäckigkeit dieser Krankheiten, und die
schlimmen Folgen, so sie verursachen, fallen, wie ich
glaube, nur selten in andern Gegenden vor, und wer-
den hier keinesweges durch Aderlassen oder andre un-
zeitige Ausleerungen verursacht. Wenn durch Diät-
fehler des Patienten die Fieberanfälle entweder vor der
gehörigen Zeit eintreten oder verdoppelt werden, so
nimmt doch das Fieber sogleich wieder seine erste Ge-
stalt an; und so nöthigen mich oft der Mangel an
[Seite 443] Kräften beym Kranken, oder die Furcht für schlim-
mern Folgen, seinen Lauf durch den Gebrauch der
Fieberrinde zu hemmen. Sydenham’s Methode,
dieses Mittel wechselsweise zu wiederholtenmalen zu ge-
ben, erwiese sich nicht würksam.
Andre kalte Fieber waren noch bösartiger, und
mit so verwickelten und verdoppelten Anfällen verbun-
den, daß sie sich zuweilen in ein anhaltendes Fieber
von der schlimmsten Art endeten, zur größten Gefahr
der Patienten, die oft dabey unterlagen.
Anhaltende Faulfieber stellten sich gegen Annähe-
rung der beiden Solstitien ein, waren aber nicht so
häufig, daß sie den Namen von Epidemien verdient
hätten. Unächte Peripnevmonien erschienen von der
Mitte des Octobers bis in die Mitte des Novembers,
sie haben aber auch in verschiednen Jahren die folgen-
den Monate hindurch bis zu Ende des Februars an-
gehalten.
Allein die verschiednen Gattungen von Wechsel-
fiebern, derer ich schon gedacht habe, waren, wenig-
stens während meines dasigen Aufenthalts, die beträcht-
lichsten Krankheiten zu Gambron.
Die eintägigen Fieber waren in den ersten Tagen,
wegen der undeutlichen Anfälle, nicht gar leicht von
den übrigen zu unterscheiden: allein wenn man den
ersten Anfall vom Frost genau bemerkte, und mit dem
Fortgang der übrigen Zufälle verglich, waren sie zu
bestimmen. Der Frost fieng beym Anfang dieses
Fiebers bey den äußersten Theilen des Körpers an, wie
in der Nasenspitze und den Enden der Finger und Ze-
hen: er stieg doch nie zu einem allgemeinen Frost; be-
griff auch nicht alle oder die mehresten fleischichten
Theile des Körpers auf einmal, wie beym Anfall vie-
ler anhaltenden Fieber: noch erreichte er einen so ho-
hen Grad als in einem dreytägigen Fieber. Der An-
[Seite 444] fall von Frost ist oft sehr gelind in Gambron, und
wie ich glaube, in den mehresten heißen Himmelsstri-
chen. Gegen Ende des Frosts befiel oft die Patien-
ten ein schleimichtes Erbrechen mit großer Schläfrig-
keit, und der Puls ward darauf geschwinder mit einer
wellenförmigen Bewegung, doch waren seine Schläge
nicht so stark als in dreytägigen Fiebern, noch so ge-
spannt und hart als in hitzigen Entzündungsfiebern.
Die Patienten klagten auch nicht sonderlich über Durst,
sondern wurden im Gegentheil mit wässerichten und
schäumenden Speichelauswürfen beschwert. Ferner
stellt sich während der Hitze, so lange sie zunimmt oder
stille steht, ein Schweis ein. Die Hitze selbst ist sehr
gemäßigt, wenigstens in Vergleich mit derjenigen, die
die anhaltenden Entzündungsfieber oder dreytägigen
Wechselfieber, unter den nämlichen Umständen, be-
gleitet. Ist das Gesicht einige Zeit hindurch bleich,
gelblicht, und wie aufgedunsen, mit anhaltender Hy-
pochondrie, so ist der Patiente in Gefahr.
Selten hat der Kranke in den ersten Tagen einen
ächten critischen Schweis. Auch sind die Pausen zwi-
schen den Anfällen nicht recht merklich. Hingegen ge-
ben diese Fieber in 5 oder 6 Tagen ihre Natur deut-
licher zu erkennen, da der Zwischenraum zwischen den
Paroxysmen oft 6 bis 8 Stunden dauert, und, was
ich sonst bey dergleichen eintägigen Fiebern nicht be-
merkt habe; sie endigen sich nach 14 Tagen in Tertian-
fieber. Dieß Fieber erträgt keineswegs eine hitzige
Behandlung; es wird dadurch leicht in ein anhalten-
des faules, oder andres, noch mehr gefährliches, Fie-
ber verwandelt. Eine ganz kalte Behandlung ist an-
dernseits eben so gefährlich. Es ist dieß Fieber zu
Gambron, wenn ich mich anders des Ausdrucks be-
dienen darf, von phlegmatischer, schleimichter Natur,
wobey man einen Mittelweg zwischen den beyden ge-
[Seite 445] dachten Curmethoden einschlagen muß. Beym ersten
Anfall gab ich gemeiniglich ein Brechmittel, entweder
von Ipecacuanha oder Vitriolsalz; zum erstern that
ich auch 1 oder 2 Gran Brechweinstein; bey stärkern
Naturen gab ich zwey Quenten vom Vinum Benedi-
ctum. Die Aderlasse ist in diesem Fieber selten nö-
thig; der Puls muß in Rücksicht auf die übrigen Sym-
ptomen den Gebrauch dieser Operation bestimmen.
So viel ich finden konnte, leidet die Beschaffenheit
von Gambron weder zu heftige noch zu lang anhal-
tende Ausleerungen von irgend einer Art. Zum ge-
wöhnlichen Trank verordnete ich Molken mit Hollun-
derblüthen, Salbeythee, oder Orangenmolken: hierzu
mischte ich einige Gran Sal prunellae, so daß der Pa-
tient ohngefehr anderthalb Quenten davon binnen 24
Stunden zu sich nahm. Ich verordnete panado und
Habergrütze zur Speise, und erlaubte einige Löffel voll
alten Rheinwein oder andre weisse Weine, wenn das
Fieber im Abnehmen war, zu genießen. Ich habe
zuweilen unleidlichen Patienten Hünersuppe erlaubt;
ich kann aber die Fleischspeisen, sie mögen auch so leicht
seyn als sie wollen, durchaus nicht billigen; besonders
in den ersten Tagen des Fiebers, es sey von welcher
Art es wolle: weil sie viel leichter als die Mehlspeisen
in Fäulniß übergehn. Zur Veränderung gab ich oft
Salbey oder einen ähnliches Thee; ich fand aber doch
die Hollundermolke unendlich dienlicher, da sie die Le-
bensgeister mehr stärkt, mithin gewissermaßen nahr-
haft ist, welches der Thee nicht ist.
Wird der Schweis im Anfang des Fiebers mit
Gewalt herausgetrieben, so wird, wie in den mehre-
sten übrigen, der Trieb der Natur gehemmt, und die
Krankheit wird bösartiger, und unordentlich: wenn
er aber durch gelind resolvirende oder verdünnende Mit-
tel bewürkt wird, so bringt er entweder das Fieber ge-
[Seite 446] schwinder zum wechseln; oder er heilt den Patienten
gar, indem er die materielle Ursache des Uebels nach
und nach auflöst und fortschafft. Sind die Därme
verstopft, so kann man ein Clystier von Milch, Oel
und Zucker, mit 2 Quenten von der lindernden Lat-
werge, die darinne aufgelöst worden, appliciren. Al-
lein in den mehresten Fällen ist der Stuhlgang beym
Anfang dieser eintägigen Fieber roh und wässericht,
und ein schicklich Brechmittel wird auf den Fall so viel
Ausleerung verursachen als nöthig ist.
War die Neigung zum Schlaf so heftig, daß man
ein Coma zu befürchten hatte, und die Mattigkeit des
Pulses erfoderte ein Blasenpflaster, so habe ich auch
guten Erfolg von seinem Gebrauch gesehen; allein man
muß dabey sehr behutsam verfahren, weil sonst leicht
ein so heftiger Reiz den Patienten in ein anhaltendes
Fieber stürzen kann: und in der That ob gleich die
eintägigen Fieber sehr bedenklich und oft gefährlich
sind, so daß ich selten mit der Aderlasse dem Fieber
habe Einhalt thun können, so habe ich mich doch auch
sehr selten verbunden geglaubt, den Puls durch ein
Blasenpflaster zu ermuntern. Wenn diese Fieber be-
hutsam behandelt werden, so daß man von keiner Seite
zu viel thut, kriegt der Patient oft in wenigen Tagen
ein paar Stunden täglich Ruhe; und wenn seine Na-
tur stark genug ist, geht es nach 14 Tagen leicht in
ein reguläres dreytägiges Fieber über.
Merkte ich aber, daß der Patient dem Fieber un-
terliegen würde, ehe eine so erwünschte Aenderung er-
folgen dürste, so benutzte ich alsdann die kurzen Zwi-
schenräume, und gab in denselben die Fieberrinde mit
so viel Vorsicht und Behutsamkeit als mir möglich
war. Sie sehen leicht ein, mein Herr, daß man in
diesem Fall keine besondern Regeln geben kann. Man
muß dieß bloß der Klugheit des Arztes oder Chirurgi-
[Seite 447] überlassen, der den Patienten während seiner ganzen
Krankheit beobachtet hat. Ich habe ferner bemerkt,
daß beym ersten, zweyten, dritten oder vierten Nach-
laß (intermission) wenn ich mich dieser Gelegenheit be-
dienen wollte, ich zum wenigsten zwey Quenten China-
rinde vor dem Eintritt des nächsten Paroxysmus ge-
ben konnte, der zwar, wie ich bemerkt habe, ein we-
nig stärker, als der vorhergehende, doch aber ohne
Gefahr war.
Im nächsten Zwischenraum konnte ich überhaupt
den Patienten eine halbe Unze nehmen lassen; und beym
dritten, sechs Quenten ohngefehr: eine unfehlbare Be-
handlung, um entweder das Fieber zu heilen oder es
wenigstens in ein dreytägiges zu verwandeln: ja ich
bin zuweilen genöthigt gewesen, die bloßen Remißio-
nen zu nutzen, und man kann dieß ganz sicher wagen,
wenn man anders von der Natur des Fiebers versi-
chert ist. Zuweilen erreicht man seinen Zweck, wenn
man nur zweymal nach der beschriebnen Methode die
Chinarinde giebt; dreymal hat bey mir niemalen fal-
lirt. Bey den eintägigen Fiebern bemerkte ich fast
durchgängig, daß die China Durchfälle verursachte,
allein ich durfte es nie wagen, sie durch Opiate zu
stopfen: hingegen fand ich durch Erfahrung, daß eine
dritte Dose von Fieberrinde, des Durchfalls ohnge-
achtet, selten ohne den erwünschten Erfolg war.
Die dreytägigen Fieber zu Gambron, sowohl
als die Frühlings- und Herbstfieber, zeigen sich oft
einige Tage unter der Gestalt der anhaltenden Fieber.
Man kann sie während dem von andern Wechselfiebern
unterscheiden, indem der Puls während des Fieberan-
falls mehr voll und hart ist; die Hitze brennender und
trockner; und die Symptomen dem Anschein nach hef-
tiger. Der Anfall von Kälte ist oft ernstlicher, doch
findet sich dieß, wie ich schon oben bemerket habe, nicht
[Seite 448] durchgängig. Die Aehnlichkeit zwischen diesen und
den anhaltenden Fiebern ist so groß, daß es während
dieser Zeit schwer hält, etwas mit Gewißheit voraus
zu sagen, oder mit Gewißheit zu bestimmen, was für
eine Art Fieber den Patienten befallen habe. Freylich
kann aber dabey der epidemische Anfall der Krankheit
des Arztes Aussage gewisser machen. Auch dieß kann
man bemerken, daß die Hitze in diesem Fieber, wenn
man nachfühlt, immer gleich gemäßigt ist, und nicht
so stark anwächst als in anhaltenden Fiebern. Den
allen ohngeachtet findet man Sydenham’s und nach
ihm Boerhaaves Ausspruch bestätigt, quin et saepe
initio antumni imitantur tecte indolem continua-
rum, oblongiores et duplicatos paroxysmos, dum
tamen indoles et curatio plane diversae sunt.
Der Anfang dieses Satzes beweißt, daß wenig-
stens zu Anfang des Herbstes die Erscheinungen bey
dieser Krankheit in andern Gegenden eben so betrüglich
find als in Gambron, und der Schluß, daß diese
Wechselfieber und anhaltende Fieber auf ganz ver-
schiedne Weise behandelt werden müssen. Ich muß
gestehn, daß ohngeachtet zweyer so großer Gewärleute,
ich doch oft genöthigt war, etwas Blut zu lassen, um
ihre Wechsel geschwinder zu bestimmen und schlimmern
Folgen für den Patienten vorzubeugen.
Boerhaave sagt in einem andern Aphorism von
kalten Fiebern: venae sectio nocet per se semper,
prodest alias casu ut et tenuis exactaque diaeta. Al-
lein er setzt nachher hinzu, porro symptomati urgenti
occurratur iuxta regulas in acutis datas. Und ich kann
mit Wahrheit versichern, daß ich in Gambron eine
mäßige Aderlasse eben so nothwendig gefunden habe,
als die tenuis exactaque diaeta.
Im Anfang dieser dreytägigen Fieber habe ich zu-
weilen (so wie wenig Regeln ohne Ausnahme sind) bey
[Seite 449] sehr blutreichen Personen die Aderlasse wiederholt, und
ich bin der Meynung, daß die Furcht, das Fieber
möchte sich auf einige Monate hinaus verziehen, we-
nigstens in Gambron, nicht so gefährlich ist, als die
Wage, wenn es in ein unabläßig anhaltendes Fieber
übergehen sollte; in welchem letztern Fall es äußerst
gefährlich und bösartig wird. Ich bin Augenzeuge
von einem Herbstfieber, das ich selbst dreyzehn Mo-
nate nach einander vollkommen regulair gehabt habe,
ohne daß alle dagegen angewandte Mittel das mindeste
gefruchtet hätten: der Paroxismus verdoppelte sich wäh-
rend der ganzen Zeit nie als durch mein eignes Versehn.
Ich habe weder zur Ader gelassen noch auf andre Art
evacuirt, und ich habe den nämlichen Erfolg bey ver-
schiednen andern bemerkt: so daß also in Gambron
diese Art Wechselfieber zuweilen viel länger anhält, als
in andern Ländern; und wenn das Aderlassen versäumt
ward, so hielten auch oft die Frühjahrfieber auf 6 Mo-
nate lang an.
Doch wir kehren von dieser kleinen Ausschweifung
wieder zur Hauptsache. Ich habe oft gesehn, daß das
Fieber, wenns anhielt, den Patienten in wenig Tagen
so entkräftete, daß ich gar gern die Fieberrinde gleich
in der ersten Zwischenzeit gab, welches dann auch im-
mer vom besten Erfolg war. Freylich folgte zuwei-
len das was wir schon von den eintägigen Fiebern be-
merkt haben, nämlich daß sich die Arzeney nicht gleich
aufs erstemal würksam erzeigen wollte; ja es schien
zuweilen wohl gar der nächstfolgende Paroxysmus hef-
tiger als der erste auszufallen, doch ohne alle Gefahr
des Kranken. Allein schon die zweyte Dose von dieser
schätzbaren Arzney war zureichend, das Fieber auf
einige Zeit zu hemmen, und oft es völlig zu besiegen.
Wenn nach der Zwischenzeit des Fiebers die Anfälle
nicht dringend wurden, so gab ich meinen Patienten
[Seite 450] früh und Abends ein Quentgen Polychrestsalz in einem
bittern Trank; und ließ eben diesen Trank außerdem
täglich noch zwey bis dreymal, besonders aber in den
Zwischenzeiten nehmen. Dabey ließ ich nur sorgen,
daß meine Patienten nicht zu heiß gehalten wurden,
daß sich ihr Uebel nicht in ein anhaltend Fieber verwan-
delte, welches doch (wenn nicht durch üble Diät der
Kranken besondre Zufälle hinzu kamen) nicht eben ge-
fährlich war, wenn nur die guten Zwischenzeiten beym
Fieber recht vollkommen und deutlich ausfielen.
Ich bereitete meinen Kranken auf eben diese Weise
zum Gebrauch der China zu, die von den größten
Aerzken in Europa beobachtet wird. War nur einmal
die Zwischenzeit richtig und gut, so durfte man nicht
das mindste üble von der Rinde erwarten. Es würde
nicht am rechten Orte seyn, wenn ich Ihnen mehr über
diesen Gegenstand sagen wollte: ich setze daher blos
hinzu, daß ich zuweilen die Paroxysmen in diesen Fie-
bern, ohne daß ich die mindeste Ursache hätte angeben
können, sich verdoppeln gesehn habe; ich gab denen
wohl eher in der dritten Zwischenzeit die Rinde, die
dann sogleich den weitern Fortgang des Uebels hemmte.
War das Fieber mit Hülfe der Rinde gehoben, so wur-
den alle abführende Arzneyen gefährlich, die Brech-
mittel ausgenommen; und doch waren auch die nur
beym Recidiv nöthig. Ich weis aus sichern Beyspie-
len, die ich sowohl zu Gambron als anderwärts be-
merkt habe, daß der verliebte Umgang mit dem schö-
nen Geschlecht ganz unausbleiblich einen Rückfall ver-
ursacht, auch selbst, wenn gleich keine würkliche Ver-
bindung damit verknüpft gewesen. Große Arbeitsam-
keit, vieles Nachdenken, und alle Arten von Leibes-
übung, auch nur in dem mäßigen Grade gebraucht, da
sie sonst dienlich seyn würden,verursachen doch auch Rück-
fälle, besonders wenn die heiße Witterung dazu kommt.
[Seite 451] Viertägige Fieber sind in Gambron bey weiten
nicht so häufig als die eben gedachten; viertägige
Frühlingsfieber habe ich weder hier noch anderswo be-
merkt, und die so im Herbst sich einfinden, haben
außer dem, was ich unten bey Gelegenheit der Ver-
knüpfung der Fieber unter sich, sagen werde, nichts
besonders. So viel ich auch bemerken konnte, haben
die Quartanfieber zu Gambron nie das Ansehn der
anhaltenden Fieber gehabt, oder ihre Paroxysmen ver-
doppelt, oder die mindeste andre als die auch bey uns
gewöhnliche Behandlung erfodert. Was die compli-
cirten Fieber betrifft, so muß ich gestehn, daß mir
nie doppelte eintägige Fieber vorgekommen sind,
außer wenn etwa der Patient anfänglich einen Schweis zurück-
getrieben hatte, und daher der Paroxymus vor der
bestimmten Zeit einfiel.
Die doppelten Tertianfieber waren zu Gambron
nicht selten und leicht von den eintägigen Fiebern zu un-
terscheiden, weil die Paroxismen genau einander ent-
sprachen; so daß wenn z.B. der eine Paroxysmus
heute um neun und der andre Morgen Abends um sechs
einfiel, so kam der dritte Uebermorgen wieder um neun
und der vierte den folgenden Tag Abends um 6; doch
kamen die Anfälle zuweilen ein wenig früher, (antiquius)
Wenn ein einfaches Tertianfieber auf die Art verdoppelt
wurde, suchte ichs in der ersten, zweyten oder dritten
Pause durch die China gleich wieder in Ordnung zu
bringen. Hatte es aber gleich vom Anfang diese Ge-
stalt gehabt, so gab ich erst ein Brechmittel, behandelte
dann das Uebel einige Tage lang wie ein eintägiges
Fieber, und ergriff denn gemeiniglich die erste beste
Gelegenheit, die China in kleinen Dosen zu geben.
Selten schlug es alsdann fehl, daß ich die Krankheit
nicht in ein einfach Tertianfieber hätte verwandeln sol-
len; nur übereilte ich mich bey dieser Procedur nicht.
Ein Semi-Tertianfieber läßt sich, wie ich gefun-
den habe, zuweilen auf die nämliche Art wir ein eintä-
giges, heben, nur muß man in dem Fall mit der
Chinarinde behutsam verfahren. Manchmal habe ich
dreytäge Fieber bemerkt, die den Patienten zwey Tage
nach einander befielen, und erst am dritten ausblieben,
oder auch so, daß zwey gute und zwey schlimme Tage
einander folgten; doch fallen beyde Fälle nur selten vor:
so wie Sie hingegen auch unter dieser Art Fiebern
noch vielmehr als die gedachten Abweichungen finden
werden. Fürchten Sie Sich etwa, die Rinde in so
vermischten und verwickelten Fiebern, oder auch über-
haupt in regelmäßigem Wechselfiebern, zu geben, so
ist das Vitriol-Elixir eine treffliche Arzney, besonders
wenn sie mit bittern Tropfen verbunden wird. Vor-
züglich ist sie dazu gut, daß sie Rückfälle verhindert.
Das einfache anhaltende Entzündungsfieber habe
ich gar nie zu Gambron beobachtet; und anhaltende
Faulfieber sind hier auch selten, diejenigen ausgenom-
men, die sich periodisch einstellen.
Was die Aderlasse in dergleichen Fiebern betrifft,
so muß solche zuförderst durch den Aderschlag bestimmt
werden. Außerdem ist diese Art der Ausleerung in einer-
ley Fieber, und zu einer Jahrszeit bey manchen Personen
unumgänglich, bey andern aber nicht so nöthig oder
rathsam; doch habe ich, im Ganzen genommen, ge-
sunden, daß das Fieber sowohl als die Art des Clima
die Aderlassen erlauben, wenn sie anders nicht zu heftig
sind. Brechmittel habe ich immer so zeitig als mög-
lich gegeben, und wenn sie nicht zugleich Stuhlgang
bewürkten, so verordnet ich noch am gleichen Abend
in erweichend Clystier; dann gab ich nur genau auf
den Lauf des Fiebers Achtung, bediente mich der küh-
lenden antiphlogistischen Heilart, mit verdünnendem
Salz und sauren Tränkgen mit Vitriol-Elixir, doch
[Seite 453] daß ich nie das ne quid nimis dabey aus den Augen
gesetzt hätte. Gewaltsam verdünnende oder auflösende
Mittel in Uebermaaß gegeben, lösen leicht das Blut
zu sehr auf, und können gerade gegen ihre der Fäulniß
widerstehende Kräfte, und gegen allen Zweck, weswe-
gen sie verordnet werden, leicht die thierischen Säfte
in eine fäulichte und den Geschäfften des körperlichen
Lebens völlig untüchtige Gauche verwandeln. Giebt
wan sie beym Anfang des Fiebers zu häufig, so ver-
ursachen sie leicht unzeitige Schweise; ehe noch die
Natur die Fiebermaterie zur Reife gebracht hat. Sol-
chen verdrüßlichen Folgen entweder vorzubeugen oder
sie zu hemmen, habe ich kein dienlichers Mittel gefun-
den als das Gas sulphuris oder den Vitriolgeist öfters
in Juleppen oder, im gewöhnlichen Trank des Patienten
gegeben. Orangensaft und destillirter Weinessig sind
ebenfalls würksame Mittel, und der letztere findet sich
in Gambron in Menge. Die Lebensgeister werden
bey solchen Fiebern in Gambron mehr als an irgend
einem andern mir bekannten Orte entkräftet, besonders
wenn die Witterung heiß oder dunstig und naß ist; so
daß ich niemalen zu herzstärkenden erhitzenden Mitteln
meine Zuflucht genommen, hingegen mich der säuer-
lichen Julepp mit dem besten Erfolg bedient habe.
Emulsionen habe ich selten verschrieben. Ich fand,
daß sie im Magen gerinnen; es sey nun wegen Hitze
des Wetters, oder aus Magenschwäche der Patienten,
oder durch die sauren Juleppe, die aber doch in diesen
Fiebern so unentbehrlich sind: ich ließ daher zum ge-
wöhnlichen Trank Molken brauchen, in der nur Mit-
telsalze, die mir dienlich schienen, auflösen, und die
ich so stark als ich wollte, säuren lassen konnte; ohne
daß ich eben den Patienten mit einem Wüste von Mit-
teln zu überhäufen brauchte, die ihm natürlicher Weise
bald zum Ekel werden müssen. Durch die sauren
[Seite 454] Tränkgen hingegen habe ich die Kräfte des Patienten
besser erhalten, als durch Emulsionen oder Thee; doch
habe ich den letztern, besonders aus Salbey, zur Ver-
änderung oft erlaubt. Zuweilen vergönnte ich auch
meinen Patienten eine kalte Schaale mit alten Rhein-
wein, oder in dessen Ermangelung auch mit einen andern
weißen Wein. War er nicht sauer genug, so schärfte
ich ihn mit Orangensaft oder Vitriolgeist. Doch rathe
ich nicht, den Patienten dasselbe ganz kalt trinken zu
lassen, so sehr sie es auch wohl verlangen, weil eine
solche Erkältung leicht Verstopfung verursachen kann.
Ich ziehe die Mehlspeisen, dünnen Wasserbrey, Brod-
weichel und dergleichen den leichtesten Fleischspeisen vor,
die ich in diesen Fiebern ernstlicher untersage, als etwa
im Anfang irgend eines Wechselfiebers.
Zuweilen ist ein kühlendes Clystier nothwendig,
besonders wenn der Kopf im Fieber heftig angegriffen
wird, und durch diese gelinde Behandlung werden diese
Fieber in 5, 7, 9, 11 bis 14 Tagen allmählig gehoben;
ein Verfahren, das der Natur angemessen ist, und bey
dem man nicht das mindeste auf die Wage setzt.
Wenige dieser Fieber ziehen sich in die Länge; we-
nige dauren länger als 7 bis 9; noch weniger 14 Tage;
manche enden sich in 5, ja wohl gar in 3 Tagen; doch
sind diese dafür desto heftiger. Was mir merkwürdig
geschienen hat, war, daß sich einige derselben in Wech-
selfieber endeten, andre wenige aber nach Monatsfrist
ein Wechselfieber nach sich zogen. Ich getraue mir nicht
zu entscheiden, ob die Schuld hiervon etwa an sonderba-
rer Beschaffenheit der Luft liegt, die solche Fieber be-
sonders in schwächlichen Körpern vorbringen könne;
oder aber ob die Natur im ersten Fieber die kranke Ma-
terie nicht genug zur Reife bringen und behörig aus
dem Körper schaffen könne. Ja ich ziehe auch ohne
Rücksicht auf diese schlimme Folge (die sich doch ohne-
[Seite 455] hin nur selten eräugnet) allemal eine behutsame lang-
same Endung des Fiebers, wenn sie anders critisch
wird, aller der Wage vor, die doch immer bey einer
unvollkommnen Crisis zu befürchten steht. Nach En-
dung des Fiebers pflege ich meine Patienten wenig-
stens noch zweymal mit den Decoctum amarum cum
senna, dem ich einige Tropfen Vitriolelixir zugieße,
zu laxieren. Zuweilen habe ich auch statt der Magen-
tropfen einen dergleichen Aufguß mit weißen Wein
verordnet. Ich fand, daß der Patient auf diese Weise
ziemlich für einem folgenden Wechselfieber gesichert ist,
ob ich gleich nicht behaupten kann, daß er ganz zuver-
läßig davon hätte befreyt bleiben müssen. War der
Aderschlag hart und voll, so bediente ich mich selten oder
gar nicht der Blasenpflaster, auch nicht eben bey jedem
Anfall eines gelinden Phantasirens oder Irreredens.
Wenn aber der Puls sank, und sich Nervenzuckungen
und Schlafsucht dabey einstellten, verordnete ich sie.
Es giebt auch zu Gambron eine Art schleichen-
des Fieber, das mit großer Entkräftung verbunden ist,
und durchaus Blasenflaster erfodert. Ich glaube, es
sey dieß die Krankheit, die man in Europa Nervenfie-
Ueberhaupt bedient man sich der Blasenpflaster lie-
ber in periodischen Fiebern (sie mögen gelinde oder fäu-
licht seyn) als in den anhaltenden.
Bey Nervenzufällen wird der Gebrauch des Bern-
stein-Salzes, der Bibergeil Tinctur etc. nothwendig.
Die unächten Peripnevmonien erfodern zu Gam-
bron, so wie überall, starke Blasenpflaster; so wie ich
auch im Anfang des Uebels eine Aderlasse, die nach den
Kräften des Patienten eingerichtet seyn muß, für nöthig
halte. Balsamische Mittel, sonderlich die erhitzenden,
schaden oft mehr, als sie nutzen. Zuweilen habe ich auch
ein wenig Oxymel Scilliticum mit Succeß verschrieben.
So lange ich mich zu Gambron aufgehalten habe,
entsinne ich mich keiner hitzigen Fieber, die man hätte
epidemisch nennen können, bemerkt zu haben; und als
sporadisch hielten sie ihren gewöhnlichen Lauf.
Die Pocken werden von den Einwohnern überhaupt
für epidemisch und tödtlich gehalken, so wie man auch
will bemerkt haben, daß sie ohngefehr alle 7 Jahre ein-
mal wüteten. Ich für mein Theil aber habe die ganze
Zeit über, da ich an diesem Orte war, auch nicht einen
einzigen Pockenpatienten gehabt. Bey allen hitzigen
Krankheiten, sowohl als bey den langwierigern, war
immer meine vorzüglichste Sorge, die Lebenskraft so
viel möglich in dem gemäßigten Zustand zu erhalten,
daß eines Theils der Kranke nicht seinem Uebel, wenn
es einen zu hohen Grad erreichte, unterliegen dürfte,
und die Natur doch anderseits auch nicht etwa so kraft-
los und unvermögend gemacht würde, daß sie ihre Ab-
sichten, nämlich eine gelinde Zertheilung oder einen
critischen Auswurf, nicht erreichen könnte. Sie wissen,
dieß ist die goldne Mittelstraße, die man bey Heilung
der Fieber betreten muß.
Wenn Sie abrechnen, daß der besondre Geist ei-
ner hitzigen Krankheit, und die Zufälle, die von den
verschiednen Idiosymrasiren abhängen, lediglich durch
eigne genaue Beobachtung erforscht werden können; so
hoffe ich, daß meine Bemerkungen in Verbindung
mit dem so eben gesagten nützlich und brauchbar seyn
dürften.