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Göttingische
Anzeigen
von
Gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band.
auf das Jahr 1774.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Albrecht Barmeier.

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Ich that am 11ten Januar Abends halb sechs
Uhr drey Drachmen Merkurius in ein klein Zucker-
glas, und legte auf selbigem ganz locker in das Glas
Schnee und Aegyptischen Salmiak zu gleichen Thei-
len gemischt, so daß doch der Merkurius von allen
Seiten frey darin lag, nur mit dem, was ich darauf
gelegt hatte, als mit Stücken Eis bedecket war, und
alles mit dem Glase etwas über eine Unze wog. Dies
hieng ich vor ein Fenster 3 Treppen hoch, auf ein klein
Dach gegen Westen, so daß das Gläschen gegen Nord-
west frey zu liegen kam, und mischte noch unter den
Schnee, worauf es lag, zwey Drachmen Salmiak.
Der Schnee und Salmiak im Gläschen froren gleich
an freyer Luft wie Eis zusammen, am Quecksilber
aber zeigte sich denselben Abend durch noch keine merk-
liche Veränderung. Allein um 1 Uhr des Nachts
fand sich dasselbe zu einer festen Masse gefroren.
Es waren zwey große und vier kleinere Körper. Einer
hemisphärisch, einer fast cylindrisch, jeder dem An-
schein nach von etwas mehr als einer Drachme am
Gewicht, und die kleinern etwa von einem halben Scru-
pel. Alle waren mit ihrer platten Seite ganz fest
am Glas angefroren, und keiner war unmittelbar
mit der Salmiaksmischung berührt. Aller ihre Farbe
war ganz bleich, matt, ins blaulichte fallend, wie
Zink, und sehr von der natürlichen verschieden. Ich
hätte gern sogleich das Glas zerschmissen, und ver-
sucht, wie sich die Körper unter dem Hammer verhal-
ten würden; da ich aber doch einige Zeugen dieser
seltenen Erscheinung zu haben wünschte, unterließ ich es.
Der Spiritus vini in einem vortreflichen Branderi-
schen Thermometer stund um diese Zeit 10 Grad unter 0
(Farenheitischer Skale,) wobey Upsal 1740 steht. Ich
fand am andern Morgen, als den 12ten um 7 Uhr,
daß die größere Halbkugel schon wieder zu schmelzen
anfieng: vielleicht weil sie am mehresten der blosen
[Seite 107] Luft ausgesetzet, und der unterliegenden Salmiaks-
mischung nicht so nah als die andern war. Sie glich
in diesem Zustand einem Amalgama, senkte sich ein
wenig nach der Seite, wohin man das Glas hielt,
doch ohne von der Fläche des Glases zu weichen, wo
sie noch fest angefroren war, die fünf übrigen Stücke
waren noch unverändert in dem Zustand, hart gefro-
ren, wie ich sie in der Nacht bemerkt hatte. Ich
eilte sogleich einige meiner Freunde herbey zu rufen,
die dies alles noch mit mir deutlich beobachteten.
Es waren Hr. Dr. Vogel, des Hrn. Leibmed. Sohn,
und die Herren Weber, Wagner, Graumann. Gegen
8 Uhr fieng das cylindrische Stück auf die nemliche Art,
als das hemisphärische, an zu erweichen; ihm folgten
die übrigen vier und um 8 Uhr fielen sie von der Flä-
che des Glases, und zertheilten sich in mehrere flüssige
hellglänzende Kugeln, die sich bald in den Zwischen-
räumen der festgefrornen Salmiakmischung verlohren,
auf dem Grunde theils wieder zusammen liefen, und
sich nun völlig wieder wie Quecksilber verhielten.

Joh. Friedr. Blumenbach, d. A. g. B.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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