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Göttingische
Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der zeweyte Band.
auf das Jahr 1780.


Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

Kopenhagen.

[Seite 1175]

Bey Rothe ist auf 452 Seiten in Octav abge-
druckt: Oth. Fabricii fauna Groenlandica. Der
Verf. hat die gleiche ruhmvolle Bahn betreten,
auf der sich die protestantischen Missionarien in
beiden Indien so ausnehmend hervorthun, in dem
sie die Muse, die ihnen von ihrem Beruf, den
Saamen des Christenthums auszubreiten, übrig
bleibt, dazu anwenden, zugleich allerhand nuz-
bare Kenntnisse wiederum einzuernden, und da-
durch auch der Wahrheit und den Wissenschaften
in ihrem vaterländischen Welttheile nüzlich zu
werden. Hr. F. hatte sich während seines Aufent-
halts in Grönland die ganze Naturgeschichte die-
ses merkwürdigen Landes, Sprache u.s.w. zum
Vorwurf gewählt, und liefert hier jezt den Theil,
[Seite 1176] der die Thiergeschichte betrift, als eine vor-
läufige Probe seiner Arbeiten, deren Vollständig-
keit sich sowohl auf die ansehnliche Menge der
Gattungen, (worunter, zumal in der Classe der
Insecten und der Gewürme, viele neue sind,) als
auf die umständlichen Nachrichten von ihnen,
erstreckt. Lebensart der Thiere, ihre Nahrungsmit-
tel etc. zu geringst ihre Stimme; und dann ihr
Fang, ihre Benutzung, was Kaufwaaren sind u.s.w.
ist alles genau angezeigt. Auch von manchen
schon bekannten Thieren, wie vom Raben etc. fin-
den sich artige, nicht gemeine, Bemerkungen.
So auch von solchen, über deren Lebensart sich
insgemein so gar wenig sagen läßt, wie die Fi-
sche etc. Die Ordnung ist Linnäisch, doch sind die
neuen Geschlechter des Hrn. Etatsrath Müller und
einige des Hrn. Brünnich eingeschaltet. Ein
förmlicher Auszug läßt sich aus solchen Werken
nicht in eine Anzeige bringen, also müssen wir
uns begnügen, einige wenige von den vielen
besondern Bemerkungen, die hier vorkommen,
auszuheben. Die Grönländer sind nicht von Na-
tur unbärtig, sie raufen sich den Bart aus. Der
Seelöwe soll weinen, und sogar daher triefäugicht
werden. Aus seinen und aus verschiedener ande-
rer Thiere Därmen macht man Fensterscheiben.
Umständlich von den verschiedenen Gattungen der
für die Grönländer so äusserst wichtigen Thier-
geschlechter, des Seehunds, Schwimmvögel,
Stockfische, Schollen u.s.w. Der Häring hin-
gegen werde dort zu Lande wenig geschäzt. Der
Grönländische Hund bellt doch zuweilen.
Beis-sigte Hunde werden besänftigt, wenn man ihnen
Thran in die Ohren flösst. Toller Hundsbiß ist
in Grönland unerhört. Vom weissen Bär hätten
wir eine Zeichnung gewünscht, oder nur Anzeige,
[Seite 1177] welche von den so verschiedenen bisherigen Abbil-
dungen die wahre sey. Auch vom Wallrath hätten
wir gern noch mehr Bestimmtes gelesen. Der Pott-
fisch, der diese sonderbare Fettigkeit führt, ist das
einzige Geschöpf, vor welchem der sonst so furcht-
bare und zugleich äusserst scharf hörende Hayfisch
flieht. Der Wittfisch sey ein Delphinus. Rat-
ten, die etwa zu Schiff nach Grönland kommen,
können doch nie über Winter da ausdauren. Es
giebt mehrere Entenarten, die wie der Eidervogel
Dunen geben. Manche Fische scheinen den Win-
ter über im Sumpf völlig einzufrieren, und im
Frühjahr beym Aufthauen doch wieder aufzuleben
(wie die Insectenpuppen, die, des Lebens ohn-
beschadet, im Winter zuweilen wie Eiszapfen
durchfroren sind.) Der grosse Wasserkäfer mit
der gelben Einfassung, der auch in der See lebt,
soll wol eher mit dem Trunk verschluckt und
dadurch tödtlich worden seyn. Die Flöhe halten
sich dort bloß auf den (weissen) Hasen auf, kom-
men nicht zu den Menschen. Tipulae, die schon
einige Tage für todt an der Nadel gesteckt hat-
ten, bewegten sich wieder, da sie mit den Ge-
burtsgliedern an einander stiessen. Die beyspiel-
lose Zärtlichkeit, mit der die Sackspinne ihre
Brut bewacht, und sie unter allen Qualen nur
desto inbrünstiger an sich drückt. Selbst die
Grönländer wissen, daß in den Krätzgeschwüren
Milben nisten. (Daß dieß bey äusserst unrein-
lichen Krätzigen statt finden und das Uebel
verschlimmern und unterhalten könne, haben wir
nie geläugnet; nur können wir nicht glauben,
daß die Krankheit von diesen Thieren herrühre,
verursacht werde
etc. und wissen hingegen zu-
verlässig, daß sich bey reinlichen Kranken dieser
Art, die wir gesehen haben, auch nicht eine
[Seite 1178] Spur von solchem Ungeziefer gezeigt hat.) Die
Grönländischen Kinder sind häufiger mit Maden-
würmern (Ascarides), als Spulwürmern (Lum-
brici
) geplagt. Vielerley Bandwürmer, auch mit
dem sogenannten Kopf. Was man Wallfisch-
fraß nennt, sey das Thier aus einer Art Schiff-
boot (Argonauta arctica.) Reptilia, als Frösche,
Schildkröten, Eidexen etc. giebts fast gar nicht in
Grönland. Auch keine Schlangen.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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