Hr. Blas. Merrem, aus Bremen, unser bis-
heriger gelehrter Mitbürger, der sich noch
ferner dem akademischen Leben zu widmen,
und vorzüglich die Naturgeschichte zu bearbeiten ge-
denkt, hat eine ansehnliche Probe seines Fleisses in
den vermischten Abhandlungen aus der Thier-
geschichte gegeben, die bey Bossiegel auf 172 S. in
groß Quart mit 7 Kpfrn., wovon man auch ausge-
malte Exemplare haben kan, herausgekommen sind.
Der Verf. hält diejenigen Kennzeichen der Thiere,
die von ihrer Farbe und Zeichnung hergenommen
sind, für unzureichend und trüglich, und will sie da-
gegen blos nach der Bildung ihrer Theile bestimmt
wissen. (So schwerlich dieß in einigen Thierclassen,
zumal bey den Schmetterlingen, Conchylien etc. allein
[Seite 738] zureichen möchte, so vortheilhaft ist es doch, über-
all das Auszeichnende der Bildung zu bestimmen,
und dadurch die Anzal der sicher unterscheidenden
Charactere zu vermehren). Er hat bey Säugethie-
ren und Vögeln den Versuch gemacht, und von jenen
die Linneischen Nager (Glires), von diesen aber die
Adler und Falken, nach der blossen Gestalt bestimmt.
(Da er dem Linneischen, und keinem natürlichen
System folgt, so darf es nicht befremden, daß man
auch hier die Bieber zwischen die Stachelschweine und
Haafen rangirt sieht.) Erst die Geschlechter der
Nager, deren er zwölfe annimt: dann die einzelnen
Arten und Spielarten (unter den leztern vermissen
wir den weissen Hamster mit rosenrothen Augen und
das schwarz und weiß gefleckte Eichhörnchen); und
drittens eine sehr genaue und vollständige Monogra-
phie der Hausmaus. Ihre Lebensart, Sitten etc.
mit interessanten eigenen Bemerkungen, z.B. von
eingesperrten Mäusen, die sich mit den Schwänzen
unzertrennlich in einander verwickelt hatten, und die
Entstehung der sogenannten Rattenkönige erklären.
Die Zergliederung, ungemein sorgfältig. Merk-
würdig ist, daß auch bey diesen Thieren die Leber
bald mit, bald ohne Gallenblase gefunden wird.
Beym Gerippe ist doch das in der Zootomie so wich-
tige os intermaxillare zu nennen vergessen. Von
der Hausratte versichert Hr. M.: ‘”sie sey zuverlässig
nicht in Europa zu Hause, ob es gleich viele Na-
turforscher behauptet haben – sondern stamme von
den Amerikanischen Inseln, und habe sich erst
von da aus über fast ganz Europa und Amerika
verbreitet.”’ (Wo mögen doch also wol alle die
Nordischen Naturforscher des zwölften u.d.f. Jahr-
hunderte, Silvester Giraldus, Vincenz von Beau-
vais etc. die Hausratte kennen gelernt haben?) Es
folgen die Kennzeichen der Adler und Falken, die er
[Seite 739] in zwey besondere Geschlechter trennt. Dann die
einzelnen Arten; und zulezt wieder eine mit unge-
meinem Fleiß ausgearbeitete Beschreibung eines in
der Nachbarschaft von Göttingen gefangenen Adlers,
den der V. den weißköpfigen nennt, und für noch
nirgend beschrieben hält. Besonders schäzbar ist
dabey die überaus mühsame und exacte Osteologie und
Myologie, die Hr. M. von diesem Rauboogel giebt,
wobey er viele Fehler seiner wenigen Vorgänger in
diesem Fach verbessert, und zumal durch die forgfäl-
tige Beschreibung und Abbildung der Muskeln eine
bisherige beträchtliche Lücke in der Zootomie ausfüllt.
Noch folgt eine genauere Beschreibung und Abbild-
dung des braunen Falken, und zulezt auch des Sack-
egels (Fasciola saccata) in den Lebern der Hausmäuse,
von welchem auch unser sel. Röderer in diesen gel.
Anz. v. J. 1762. S. 537 u.f. Nachricht gegeben hat.