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Göttingische
Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1786.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

Luzern.

[Seite 139]

Bey Jos. Al. Salzmann ist von des Hrn. Se-
ckelmeister von Balthasar historischen topographi-
schen und ökonomischen Merkwürdigkeiten des Kan-
tons Luzern der Ite Theil auf 263 Octavseiten abge-
druckt. Der edle Verf., der als einer der größten
Schweizer-Geschichtforscher bekannt ist, verwendet
einen Theil der wenigen Muße, die ihm von seinen
Staatsgeschäften übrig bleibt, sehr patriotisch auf
die Ausarbeitung nützlicher Schriften, wodurch er
[Seite 140] die vaterländische Geschichte und Rechte bey seinen
Landsleuten immer mehr in Umlauf zu bringen
sucht. Das gegenwärtige Werk ist aber auch ausser-
dem um so wichtiger, da in demselben aus der großen
Urkundensammlung des Verf. manches neue Datum,
zumal zur Geschichte des mittlern Zeitalters ange-
geben oder berichtigt ist. – Wir heben nur wenige
Proben aus: Schon im Anfange des 15ten Jahr-
hunderts ist in Luzern dafür gesorgt worden, daß
nicht zu viele Grundstücke in die Hände der Geist-
lichkeit fallen ‘„umbe daß unser Statt nit gerad
eigen der Pfaffen werde„’ wie es in einer Rathser-
käntnis v. 1413 heißt. – Der fischreiche Lucerner
See: unsern Gefühlen nach, wegen seiner unbeschreib-
lich malerischen wilden Ufer bey weitem der schönste
von allen den größern Schweizer-Seen: Des zu-
fälligen Interesse nicht zu gedenken, daß an dem-
selben die Schweizerfreyheit zuerst gegründet wor-
den etc. Für Luzern wird er besonders des italiä-
nischen Handels wegen wichtig, da fast alles, was
über die große St. Gotthardsstraße geht, dahin
kommt. Die erste bekannte Spedizion, die darüber
gegangen, ist die von den Reliquien der heil. drey
Könige, da sie Kaiser Friedrich Barbarossa nach Kölln
schenkte. – Wie Ritter Bussi von Unterwalden,
Gesandter der catholischen Schweiz ans Concilium
von Trident, seine geliebte Cleophe, des Ritter Zukäs
von Luzern Tochter, heimlich entführt ‘„und wülen
eben in selbiger Nacht ein nüwer Schnee gefallen,
und daneben ihre Tritt wären erkennt worden, hat
er sie selbst auf seinen Armen bis in das Schiff ge-
tragen, und nachher Unterwalden gebracht.„’ –
Im 15ten Jahrhundert hatten die Closterjungfrauen
zu Rathhausen einiges Recht am Luzerner-See,
nemlich so weit als sie hineinwaden konnten. – Erst
gegen Ende des 16ten Jahrhunderts ist den Weibs-
[Seite 141] personen das Baden in der Reuß verboten worden.
– Wie Kaiser Sigismund, vom Costnitzer Concilio
aus, einen Abstecher nach Maria-Einsiedlen gemacht,
und vorher auch drey Tage lang in Luzern gezecht,
‘„und hand wir Ime geschenkt (wie es im Protocoll
heißt) was er hie verzert die Zyt Er hie gelag mit
den Synen, das bracht 500 Pfund„’ – Der Bur-
gundische Krieg mit Carl dem Kühnen brachte Luxus
und Staat unter die ehrlichen Aepler, der dann Klei-
derordnungen veranlaßte. ‘„Man soll die Kleider
(heißt es daher in einer Ordonanz v. 1484) in somm-
lichen Maaß machen, daß Eim hinten und vor die
Schaam decken mag etc.„’ – oder wie es in einer
andern Verordnung noch genauer bestimmt wird:
‘„daß die Röck also sollend bschaffen syn, und so
lang, daß wenn man einen Ellenstab zwüschen den
Beinen und unterm Hosenlappen durchstoßt, und
der Rock druf gatt, daß dann sömmlich Rock lang
gnug syn soll etc.„’

Im gleichen Verlag und von der gleichen Fe-
der sind auch, schon im Jahre 1784, erschie-
nen: Nachrichten von der Stadt Luzern und ihrer
Regierungsverfassung, oder historische und mora-
lische Erklärungen der 8 ersten Gemälde auf der
Kapellbrücke der Stadt Luzern. Neue verbesserte
Aufl. nebst einem Anhange. 201 S. in Octav. –
Luzern hat bekanntlich drey sehr lange bedeckte Brü-
cken, deren Sparrwerke oben mit artigen Malereyen
gefüllt sind; die dann auf der einen biblische Hi-
storien, auf der andern einen Todtentanz, und auf
der dritten Gegenstände aus der Schweizerischen und
besonders Luzerner Geschichte vorstellen. Zu den
letzten hatte der Hr. v.B. schon vor 10 Jahren eine
nützliche Einleitung zum Gebrauch der Jugend dru-
cken lassen, die auch damals in unsern Blättern um-
ständlich angezeigt worden, die nun aber in dieser
[Seite 142] neuen Auflage mit drey nützlichen Zugaben vermehrt
ist, davon die erste eine allgemeine geographisch-
statistische Schilderung der Schweiz, die zweyte
eine kurze Geschichte des Anfangs und Fortgangs
des Schweizerbundes, und die dritte eine Anzeige
der besten Quellen zum Studium der Schweizer-
geschichte für Anfänger, enthält.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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