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Göttingische
Anzeigen
von
gelehrten Sachen
unter der Aufsicht
der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften.

Der erste Band,
auf das Jahr 1786.

Göttingen,
gedruckt bey Johann Christian Dieterich.

Göttingen.

[Seite 897]

Hr. Prof. Blumenbach hat im Dieterichschen
Verlag eine Geschichte und Beschreibung
der Knochen des menschlichen Körpers
herausgegeben, die 480 Octavs. stark, und mit zwey
Kupfertafeln versehen ist, die von der Hand des
Hrn. Prof. Camper gezeichnet und von R. Vinkeles
in Amsterdam gestochen sind. – Das Buch be-
greift, wie schon der Titel anzeigt, zwey Theile;
davon der erste die Geschichte oder die Physio-
logie der Knochen, der andere die anatomische Be-
schreibung derselben enthält. In jenem umständ-
licher, als bisher in Büchern der Art geschehen,
von der Textur der Knochen, und dann von den
wichtigen Veränderungen, die sie besonders noch
nach der Geburt, und selbst erst in den zunehmen-
[Seite 898] den Jahren erleiden; – alles in Beziehung auf
die Kenntnis und Heilung der davon abhängenden
Knochenkrankheiten.

Die Beschreibung der Knochen im zweyten
Theil ist ganz allein nach ausgesuchten Mustern in
der Natur abgefaßt. Von den endlosen Varietäten,
deren trockne Erzählung sonst meist eben so unfrucht-
bar als ermüdend ist, hat der Verf. nur solche
ausgehoben, die entweder an sich von Wichtigkeit,
oder dem Wundarzt bey chirurgischen Operationen
zu wissen nöthig sind, w.z.B. die schon von Brom-
field angemerkte, bey der Operation der Thränen-
fistel zu beobachtende, Verschiedenheit am Nasen-
fortsatz des Oberkiefers u.d.m. – Von eignen
Bemerkungen des Verf. heben wir nur ein paar zum
Beyspiel aus: – Nach seinen Untersuchungen über
die Veränderungen, die das Schlafbein und die
Gehörbeinchen im innern Wasserkopf erleiden, sucht
er die Ursachen zu bestimmen, warum manche da-
mit befallene Kranke völlig stupide werden, andere
hingegen den Gebrauch ihrer Sinne behalten. –
Wie beym gleichen Uebel durch den Druck auf die
Pflugschaar auch zuweilen die Spaltung des Gau-
mens verursacht werden könne. – Daß die milch-
blaue Farbe der Zähne ein Zufall und Kennzeichen
der Lungensucht seyn solle, wie neuerlich ziemlich
allgemein angenommen worden, bezweifelt der Verf.
nach eignen Beobachtungen an Schwindsüchtigen und
absichtlich deshalb angestellten Versuchen, und ver-
muthet, daß dieß vielmehr den dabey gebrauchten
sauren Mitteln, z.B. den sogenannten Hallerschen
Tropfen, als der Verderbnis der Lungen zuzuschrei-
ben sey. – Das Knochenmark hat er in eignen
Versuchen am Menschen immer gefühllos, und hin-
gegen nie etwas von den vorgegebenen Nerven
gefunden, die zum Marke gehen sollten. – Bey
[Seite 899] den beiden kleinern Knorpelflächen auf der obern
Seite des Fersenbeins, die man zuweilen abgeson-
dert, zuweilen aber in eine gemeinschaftliche ver-
bunden findet, welches letztere Hr. Prof. Camper
bey Frauenzimmern vermuthet, die hohe Absätze
tragen, erinnert der Verf. doch, daß er sie eben
so verbunden bey Untersuchung der Mumie gefun-
den, die der König von Dänemark an die hiesige
Kön. Societät geschenkt, und die im akademischen
Museum befindlich ist. – Zu den von ihm neu-
bemerkten Theilen gehört der clivus, der dem
Türkensattel und der ganzen Grundfläche der Hirn-
höhle ein eignes Verhältnis giebt; der vollkomm-
ne sinulus, womit er die im Hintergrunde der
Augenhöhle liegende Portion des Gaumenbeins aus-
gehöhlt gefunden u.a.d.m. – In den Zähnen
unterscheidet er eine dreyfache Substanz, nemlich
ausser der vitrea und ossea noch eine dritte, von
den andern beiden gänzlich verschiedene, die er
cornea nennt. – Hingegen hat er sich überzeugt,
daß das vermeynte Linsenbeinchen im Ohr im na-
türlichsten Zustande ein bloßer Ansatz des Amboses
sey. – Besonders genau sind die Einlenkungen
und Verbindungen der Knochen unter einander, vor-
züglich in Rücksicht auf die Lehre von den Verren-
kungen, beschrieben. – Und durchs ganze Buch
Anmerkungen aus der osteologia comparata bey-
gefügt, die auch für die Naturgeschichte nützlich
seyn können.

Im gleichen Verlag ist auch des Hrn. Prof.
Blumenbach comm. de oculis leucaethiopum
et iridis motu
mit einer ausgemahlten Kupfer-
tafel besonders zu haben.



Blumenbach, Johann Friedrich. Date:
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